Ausgetommen sind
Aufgekommen sind
im Monat
Januar 1922
vom 1. April 1920 bis Ende Januar 1921
vom 1. April 1921 bis Ende Januar 1922
im Monat
Januar 1921
Mithin Rechnungsjahr 1921
Rechnuregt ahr 1920 deist die Einnahme insgesamt
+ mehr — weniger (Spalte 4 und 6)
ℳ ℳ — ℳ ℳ
Im Reichs⸗ haushaltsplan Bemerkun
für das Rechnungs⸗ jahr 1921 veranschlagt auf
4 5
8
II. Reichs⸗Post⸗ und Telegraphenverwaltung
1 402 590 541
6 998 791 201 497 288 803 3 639 867 804
3 358 923 397
8 076 600 500
Summe II für sich. Darunter: Lefwessees Telegraphengebühren
Fernsprechgebühren ... Scheckverkehr . . . .
III.
Verwaltung der Deutschen Reichsbahn. Personen⸗ und Gepäckverkehr. . . . . “ 11p““ Sonstige Betriebseinnahmen .. . . . . .
773 160 866 142 305 839 439 463 165
10 050 594
613 757 000 3 589 100 000 212 008 000
3 966 725 564 890 738 609 1 566 383 826 292 917 725
1 995 208 586 309 331 929 894 700 239 171 878 626
1““
207 840 210 34 618 664 204 107 804 3 787 841
5 788 734 000 22 018 771 000 1 210 738 000
3 788 484 000 9 485 454 000 584 584 000
333 862 000 1 040 164 000 108 366 000
1 971 516 978 581 406 680 671 683 587 121 039 099
2 000 250 000 6 12 533 317 000 29 600 000 000 626 154 000
4 737 600 000 671 250 000 1 999 150 000 421 100 000
700 000 000 800 000 000
Summe III .
8
c) Sicherheitsleistungen mit S
4 414 865 000] 29 018 243 000
Diskontierte Schatzanweisungen und Schatzwechsel gangs der preußischen Eisenbahnen auf das Reich) . . . . . . . .. ͦ b) Weitere Zahlungsverpflichtungen aus Schatzanweisungen und 111AX“X“ “ “ c1A4*“
13 858 522 000
1 482 392 000
IV. Stand der schwebenden Schuld am 28. Februar 1922:
090 0 22 2—2
15 159 721 000
37 100 000 000
(hierunter 9 600 000 000 ℳ für Uebernahme preußischer Schatzanweisungen aus Anlaß des Ueber— 1 öööö8281ö50 00 6
10 968 087 795,89 3 532 712 403,09
Summe IV 277 318 320 498,98 ℳ.
11131“2“ 2
„ „ „ 2 2
8 Anmerkung: Wegen der Grundsätze für die Aufstellung der Uebersicht vgl. die Anmerkung zu der Veröffentlichung der Einnahmen für Januar 1920 in Nr. 36 S. 1251 des Zentralblatts für das Deutsche Neiz
Die vorstehende Uebersicht enthält unter Abschnitt I das, wirkliche Aufkommen an Besitz⸗ und Verkehrssteuern, Zöllen und Verbrauchssteuern einschließlich der eingezahlten Zoll⸗ un Steuerstundungen und abzüglich der Ausfuhrvergütungen und der noch ausstehenden Stundungen, 8 Abzug irgendwelcher Verwaltungsausgaben. G 8 Zelh
Deutscher Reichstag. 184. Sitzung vom 10. März 1922. Nachtrag. .“
.. Die Rede, die bei der Beratung des Haus altsplans für das Reichswehrministerium der Reichswehrminister Dr. Geßler gehalten hat, hatte folgenden Wortlaut:
Mieine sehr verehrten Damen und Herren! Der dem hohen Hause vorgelegte Etat hat seine besondere Bedeutung darin, daß in ihm zum ersten Male die Neuorganisation von Heer und Marine nach den Bestimmungen des Friedensvertrags voll zum Ausdruck kommt. Nicht nur das Heer und die Marine selbst sind den Bestimmungen des Friedensvertrags entsprechend gegliedert, sondern auf Grund des Ultimatums ist nunmehr auch die ganze Heeres⸗ verwaltung, soweit sie nach den Bestimmungen des Friedensvertrags zuständig ist, von der Militärverwaltung rückübernommen.
In dieser Organisation, in diesem äußeren Aufbau steckt eine ganz gewaltige Arbeit, die von den verschiedensten Herren und von den verschiedensten Parteien im Ausschuß anerkannt worden iSu. darf dankbar feststellen, daß den Offizieren und Beamten des Ressorts, die die für sie schmerzvolle Arbeit leisten mußten, hierbei volle An⸗ erkennung gezollt wurde.
Nachdem diese Bestimmungen des Friedensvertrags ausgeführt sind, haben wir ein Recht darauf, daß nunmehr auch die interalliierten Militärkommissionen, die nach den Bestimmungen des Friedens⸗ vertrags nur die zeitlich festgelegten Rüstungsbeschränkungen zu ontrollieren haben, ebenfalls an einen energischen Abbau denken.
8 (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten.)
Der Herr Berichterstatter hat von den großen Kosten gesprochen, die Heer und Marine für den Etat bedeuten. Ein großer Bruchteil der Kosten dieses Heeres entfällt auf die Lasten, die wir nach dieser Richtung hin noch zu tragen haben. Ich darf die Gelegenheit benutzen, wie ich das schon im Ausschuß getan habe, den Vorwürfen, die zwar nicht von verantwortlicher militärischer Seite im Auslande gemacht werden, die aber um so mehr immer und immer wieder in der Presse der Ententeländer gelegentlich von Zeit zu Zeit wiederkehren, wir bereiteten durch eine Art Krümpersystem den Revanchekrieg vor, auch in diesem Hause in aller Ruhe, aber auch mit aller Entschiedenheit entgegenzutreten. (Sehr richtig! bei der Deutschen Volkspartei.)
Meine Damen und Herren, derartige Gedankengänge wären
vielleicht möglich gewesen, wenn wir die Erfahrungen des Weltkriegs nicht hinter uns hätten. Aber die Erfahrungen des Weltkriegs müßten eigentlich jedem Unbefangenen — dazu braucht er gar kein Militär zu sein — klarmachen, daß heute ein Befreiungs⸗ und Revanchekrieg mit den Mitteln Scharnhorsts nicht mehr vorbereitet werden kann. Wir haben doch gesehen, daß wir den Weltkrieg nur führen konnten, weil sich ein ganzes Volk in den Dienst der Ver⸗ teidigung des Vaterlands eingestellt hat. Ohne Rohstoffe und die Arbeit des letzten Arbeiters und der letzten Bauersfrau könnte doch heute kein Krieg mehr geführt werden! Es wäre also geradezu ver⸗ rückt, wenn wir glaubten, wir könnten, wenn etwa in aller Heimlich⸗ keit ein paar hunderttausend Mann ausgebildet, damit einen Revanchekrieg vorbereiten. Das hieße nur, dem Feinde Kanonenfutter bereiten, worauf wohl im Deutschen Reiche kein ernster Mann kommen kann. Aber eins glaube ich auch: Wenn die Feinde annehmen, daß wir zwar militärisch abgerüftet sind, aber noch nicht moralisch, dann möchte ich allerdings meinen, wenn ich die Seele unseres Volkes richtig verstehe: auf dem Wege, auf dem uns die Entente moralisch abzurüsten glaubt, auf dem Wege befürchte ich — ich sage: ich befürchte —, wird ihr das nicht gelingen. (Lebhafte Zustimmung rechts, im Zentrum und links.) Wenn man von dem Sinn des Friedensvertrags spricht, dann kann dieser Sinn nicht darin liegen, daß Deutschland wehrlos in einem Kreis von Gegnern liegt, die bis an die Zähne bewaffnet sind, und daß wir als ein Sechzigmillionenvolk jeden Augenblick befürchten müssen, daß uns irgend jemand — um den Ausdruck zu wiederholen — die Faust an die Kehle legt. (Er⸗ neute Zustimmung.) So rüstet man ein Volk moralisch nicht ab. Wir erwarten unsere Zukunft von dem Siege des Rechts. Aber dazu gehört auch, daß die anderen uns nach Recht und Billigkeit behandeln (lebhafte Rufe: sehr wahr!), und daß die anderen nach Recht und Billigkeit die Gleichberechtigung unseres Volkes anerkennen. Das ist der Weg zur moralischen Abrüstung. Der Weg ist sicher, aber er fordert auch von den anderen Einsicht und Umkehr. (Sehr gut!)
Nun, meine Damen und Herren, wollen Sie mir gestatten, einige Worte zu dem äußeren und inneren Ausbau des Heeres auch an dieser Stelle zu wiederholen. Der Herr Berichterstatter hat
darauf aufmerksam gemacht, daß die Lasten, die die Reichswehr für den Reichsetat bedeutet, höher sind als die Lasten, die wir für das Heer vor dem Weltkriege zu tragen hatten. Ich darf nur darauf aufmerksam machen, daß das, was in unserem Etat steht, Papiermark sind (sehr richtig! rechts), und daß die Summe, wenn man sie in Goldmark umrechnet, viel viel kleiner ist als das, was wir im Frieden, in der Zeit vor dem Kriege, für das Heer ausgegeben haben (Rufe rechts: Im Gegensatz zu Frankreich!), während in den Ländern um uns herum viel höhere Summen ausgegeben werden.
Abgesehen von dieser finanziellen Bemerkung darf ich besonders hervorheben: jetzt erst treten die Probleme der 12 jährigen Dienst⸗ pflicht allmählich plastisch an uns heran. Zunächst kommt es natürlich darauf an, das Heer mit den Waffen auszubilden, die uns zur Ver⸗ fügung stehen, und die ja im großen und ganzen gerade die Waffen nicht enthalten, wie schwere Artillerie und Flieger, die ein Heer zum Kampf mit modernen Gegnern befähigen. Es ist unser Recht und unsere Pflicht, dafür zu sorgen, daß das Heer wenigstens in diesen Waffen richtig und gut ausgebildet wird. Daß wir dabei nicht nur Rückzüge üben können, meine Damen und Herren, wie man das hier und dort zu verlangen scheint, das ist klar. (Lebhafte Zustim⸗ mung.) Es muß vielmehr jede Waffe nach jeder Richtüͤng in An⸗ griff und Verteidigung ausgebildet und ihre Führung geübt werden.
Nun ist aufgefallen, daß in diesen Tagen eine Bestimmung unserer Artillerieausbildung Angriffe in einer Note erfahren hat. Ich glaube, wenn der Sinn dieser Vorschrift mitgeteilt wird, dann wird das Unberechtigte dieser Beanstandung anerkannt werden. In dieser Bestimmung kommt nichts anderes zum Ausdruck, als was der Reichstag früher immer gewünscht hat, daß nämlich die Ausbildung keinen Paradezwecken irgendwelcher Art dienen soll (sehr gut! bei den Deutschen Demokraten und Sozialdemokraten), sondern daß sie sich nur auf die militärischen Bedürfnisse des Kampfes einstellen darf. Dagegen ist von irgendeinem Angriffskrieg gar keine Rede. Dazu sind unsere leitenden Militärs viel zu gescheit (Heiterkeit und sehr gut!), als daß sie annehmen könnten, mit den Mitteln, die wir heute haben, irgendwie einen Angriffskrieg führen zu können. Man wundert sich, wie auf der Gegenseite, wo doch auch hervorragende Militärs sind, eine derartige Auffassung überhaupt entstehen kann; denn wir wollen doch nicht daran zweifeln, daß diese Auffassung durchaus gutgläubig ist und nicht aus der Absicht entsprungen, ist, das Leben der interalliierten Militärkommissionen in Deutschland, was für uns ein sehr kostspieliges Leben ist, kostspieliger als die Kommission für Verleihung der Eisernen Kreuze, verlängern zu wollen. (Sehr gut! rechts.)
Die technische Ausbildung der Truppe hat im vorigen Jahre in dem Rahmen, der uns gezogen ist, gute Fortschritte gemacht. Das äußere Auftreten der Soldaten ist anders geworden, man freut sich, Soldaten wieder auf der Straße zu sehen. Dafür hat der Soldat selbst ein feines Verständnis, daß er am meisten dann Achtung bei der Bevölkerung genießt, wenn er selbst sich durch sein eigenes Auf⸗ treten diese Achtung verschafft. (Sehr richtig!) Da brauchen wir dem Soldaten keine Ratschläge zu erteilen, er weiß das selbst am allerbesten. Hier ist zweifellos gut und tüchtig gearbeitet worden.
Auch das innere Verhältnis, das Verhältnis der Kameradschaft⸗ lichkeit zwischen Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaften ist zweifellos im vergangenen Jahre wesentlich gefestigt worden. Ich bin nicht naiv genug, anzunehmen, das schon alles in Ordnung sei. Im Gexgenteil, es liegt vielleicht gerade hier das größte und schwierigste Stück der Arbeit noch vor uns, vor allem, wenn Sie bedenken, daß ein großer Teil — über ein Viertel — des Offizier⸗ korps eine militärische Friedensausbildung überhaupt nicht gehabt hat, sondern daß das Gros der Oberleutnants und Leutnants nur die Kriegsausbildung hat, die natürlich vielfach der Vertiefung bedarf, weil der jüngere Ofizier im Frieden vor allem Lehrer und Erzieher der Truppe sein muß. Ich erwarte nach der Richtung hin sehr viel davon, daß die Truppen jetzt in ihren Garnisonen liegen und sich dadurch auch der erzieherische Einfluß der älteren Offiziere geltend machen kann.
Ich bin im Ausschuß gefragt worden, ob ich die Garantie dafür übernehmen könne, daß das Heer seine verfassungsmäßige Pflicht tue. Ich habe diese Frage ohne jeden Rückhalt bejaht. (Lebhafte Rufe: Hört! Hörtl! links.) Ja, meine Herren, hören Sie nur zul (Rufe links: Auch in Bayern?) Auch in Bayern!
Ich sage das nicht ohne Grund. Was ist dem Heere in den letzten zwei Jahren zugemutet worden, allein um die Bestimmungen der Entente durchzuführen! Was ist von dem Heere an wirtschaft⸗ lichen Opfern gefordert wordent Dieses ständige Umziehen von einer
—
Opfern für die Beteiligten verbunden; überall ist ruhig und schweigend gehorcht worden. Auch sonst hat das Heer während der Zeit, für die ich verantwortlich bin, niemals auch nur den geringsten Versuch gemacht, sich etwa in die Politik, in die Außenpolitik der Regierung einzumischen. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Das wäre noch schöner!) Ja, meine Herren, das ist doch früher vorgekommen. Ih sage eben, das ist völlig falsch. (Zuruf bei den Unabhängigen Soziꝛl⸗ demokraten.) Ich meine, darin kommt doch zum Ausdruck, daß das Heer seine Pflicht tut. Das ist der große Gegensatz zu manchen Freikorps, die doch immer und immer sich in die Politik der Regie⸗ rung einmischen wollten und dadurch große Schwierigkeiten bereiteten. Ich glaube, daß ich für die Führer des Heeres jede Verantwortung diesem hohen Hause gegenüber übernehmen kann.
Nun wird immer wieder auf einzelne Zwischenfälle Bezug ge⸗ nommen, aus denen man die entgegengesetzten Schlüsse für den Geist des Heeres zieht. Ich darf dazu folgendes bemerken. Niemand be⸗ klagt diese Zwischenfälle mehr als ich, und sie werden von mir mit der größten Entschiedenheit geahndet. Ich habe in allen schwereren Fällen jeweils die Verabschiedung der Schuldigen veranlaßt. Ich habe aber dazu folgendes zu bemerken. Die Herren haben die Militär⸗ gerichtsbarkeit aufgehoben. (Zurufe rechts: Hört! Hört! — Leider“ In den meisten Fällen steht die Feststellung des Tatbestands nicht dem Wehrminister zu, sondern ist Sache der bürgerlichen Gerichte Erst nach deren Erledigung ergibt sich für mich die Möglichkeit zum disziplinären Einschreiten. Das ist ebenfalls der grundlegende Unter⸗ schied gegen früher. Jetzt steht sowohl der Offizier wie der Unter⸗ offizier und der Mann in einem festen Vertragsverhältnis zum Reich, das nur aus ganz bestimmten Gründen gelöst werden kann, einem Vertragsverhältnis, durch das er, wie bei der Beratung des Wehr⸗ gesetzes von allen Parteien gesagt worden ist, möglichst gegen eine willkürlich Einmischung der Vorgesetzten geschützt wird. Ich bin erstaunt, daß gerade von den Seiten, von denen dieser Schutz auss dringlichste gefordert worden ist, nun von mir, wenn irgend etwas vorkommt, sofort eine Art Kabinettsjustiz verlangt wird. Mem derartige Zwischenfälle in der Zeitung stehen, ist zunächst neistens nicht die Frage zu stellen: Was gedenkt der Wehrminister zu tund sondern es muß heißen: „Wir erwarten, daß der Staatsanwalt den Tatbestand feststellt, daß die Gerichte aburteilen und daß auf Grund dieser Aburteilung dann von dem Wehrminister das disziplinär Not⸗ wendige veranlaßt wird.“ Das ist der Weg der im heutigen Staate gegangen werden muß
Ich habe bereits im Ausschuß darüber geklagt — und ich tut das auch jetzt —, daß diese richterlichen Feststellungen häufig außer⸗ ordentlich lange ausstehen. (Hört, hört! auf der äußersten Linken) Diese Langsamkeit ist natürlich bei dem engen Zusammenleben in der Kaserne besonders zu bedauern. Wenn nun jemand, der unter dem Verdacht des Diebstahls steht, monatelang mit seinen Kameraden noch zusammen ist, oder bei Soldatenmißhandlungen ist das natürlich auf das höchste zu beklagen. Aber gerade weil die Feststellung des Tatbestandes gar nicht Sache der militärischen Stellen ist, muß auch hier von vornherein eine gewisse Vorsicht geübt werden, damit nicht der Vorwurf erhoben werden kann, daß von Vorgesetzten etwa Zeugen in ungesetzlicher Weise beeinflußt worden sind.
Meine Herren, was ich hier generell über diese Zwischenfälle ausgeführt habe, darf ich noch konkret bezüglich der Soldatenmiß⸗ handlung ergänzen. Die Soldatenmißhandlungen sind immer ein trübes Kapitel der Militärgeschichte gewesen, nicht nur bei uns⸗ sondern auch in anderen Ländern. Ueberall dort, wo Menschen bei⸗ sammen wohnen, kommen auch Rohheiten vor. Ich bin auch der Ueberzeugung, daß sie sich nie ganz werden vermeiden lassen. Aber eines, glaube ich, ist zu fordern, und eines ist zu erreichen: daß gegen diejenigen, die sich derartige Verfehlungen zuschulden kommen lassen mit der allergrößten Energie vorgegangen wird. Ich habe im Aus⸗ schuß erklärt: ich kann einen deutschen Soldaten, der sich schlagen läßt, ohne den Beschwerdeweg zu gehen, ebensowenig gebrauchen; einen Vorgesetzten, der einen Soldaten mißhandelt. Was ich aber verlangen muß von dem Mißhandelten, ist, daß er den Mut zu Beschwerde aufbringt, um so mehr, als eine Beschwerde ja gar nich mehr von seinen militärischen Vorgesetzten entschieden wird, sonde von den bürgerlichen Gerichten. Damit sind ja für ihn alle Garantien der Unparteilichkeit gegeben, die eben menschliche In stitutionen überhaupt ermöglichen.
Was die Beschleunigung des Verfahrens anlangt, so habe Wich mich mit dem Herrn Reichsjustizminister in Verbindung gesetzt. Ii hoffe, daß wir einen Weg finden werden, der es ermöglicht, schon bei den gegenwärtigen Strafverfahren zu einer Beschleunigung zu
Garnison in die andere ist vielfach mit den schwersten finanziellen
kommen, indem wir erreichen, daß die Militärstrafgerichtssachen
wälzung betrachtet, relativ wenig vorgekommen ist.
wenigstens behandelt werden wie die Haftsachen im bürgerlichen Strafprozeß. “
Viel erwarte ich mir für das Verhältnis von Offizieren, Unter⸗ fffizieren und Mannschaften durch die Ausbildung im Sport. Da⸗ durch, daß bei Spiel und Sport Offizier, Unteroffizier und Mann in derselben Reihe stehen und sich auch körperlich miteinander zu messen haben, wird ganz von selbst eine viel engere Verbindung hergestellt, ferner auch dadurch, daß nach den neuen Vorschriften über die Offizierslaufbahn künftighin jeder Offizier mindestens zwei Jahre in der Truppe gestanden haben muß, bis er überhaupt auf die Offiziersschule kommen kann.
Meine Damen und Herren, schon der Herr Berichterstatter hat darauf aufmerksam gemacht, daß einen großen Teil der Be⸗ ratungen des Haushaltsausschusses die Frage des sogenannten staats⸗ hürgerlichen Unterrichts eingenommen hat. Nach meiner Auffaff ung ist der staatsbürgerliche Unterricht im Heer nicht nur eine Fürsorge⸗ einrichtung, sondern er soll dazu dienen, den inneren Wert des Mannes zu heben und ihm damit eine feste sittliche Unterlage zu geben. Nicht mit Verboten und Geboten allein kann man die Disziplin aufrechterhalten, sondern sie kann nur aufrechterhalten werden unter in sich gefestigten Männern. Ich glaube, daß wir gerade durch diese Erziehung am besten auch einen weiteren Kampf gegen große Volkskrankheiten führen können, gegen den Alkoholismus und die Geschlechtskrankheiten. Diese großen Krankheiten unseres Volkes kommen auch in unserem Heer immer wieder vor, und wenn ich die verschiedenen Zwischenfälle betrachte, die sich da und dort ab⸗ gespielt haben, so handelt es sich immer um Zwischenfälle, die auf den Alkoholgenuß zurückzuführen sind. Ich denke dabei vor allem an das überaus betrübliche Vorkommnis in Rathenow. Der Fall ist an sich sehr traurig. Er ist aber um so betrübender, als gerade jetzt, wo das Verhältnis zwischen Militär und Zivilbevölkerung wieder gut zu werden beginnt, wo man sich wieder gegenseitiges Vertrauen entgegenbringt, immer zu befürchten ist, daß derartige Vorkommnisse zu Rückschlägen führen. 1
Wenn das Heer innerlich zu uns gehören soll, wenn es innerlich auf dem Boden der Staatsverfassung stehen soll, dann ist das doch nur dadurch möglich, daß das Heer sich auch als gleichberechtigt fühlt, daß es von keiner Klasse der Bevölkerung als Feind oder gar als minderwertig betrachtet wird. Ich hoffe, daß die Fortschritte, die wir gerade in den letzten zwei Jahren nach dieser Richtung hin ge⸗
macht haben, sich auch weiterhin fortsetzen. Ich sehe es als einen besonderen Vorzug an, daß doch im allgemeinen, vor allen Dingen wenn man die ungeheuren geschichtlichen Schwierigkeiten dieser Um⸗ Gerade wenn von anderer Seite immer wieder betont wird, es komme so viel vor, und man daraus einen üblen Geist im Heer schließen will, wundere
ich mich umgekehrt, daß so relativ wenig vorgekommen ist. Wer
große geschichtliche Parallelen ziehen kann, wer weiß, wie früher die Auflösung von großen Heeren erfolgt ist, und was diese Probleme
früher bedeutet haben, der wird, glaube ich, diesem Urteil nicht ohne weiteres widersprechen können.
Meine Damen und Herren, ich halte dieses Urteil für um so mehr berechtigter, wenn ich gleichzeitig hervorhebe, welche schweren wirtschaftlichen Sorgen auf dem Heere lasten. Da ist zunächst die Wohnungsfrage zu nennen, die schon seit vielen Jahren besteht, dann die Unsicherheit über die Garnison. Kaum war eine Kompagnie, kFaum war ein Bataillon irgendwo eingerichtet, mußte es infolge des ständigen Zusammenziehens wieder wandern. Das ist besonders hart und drückend für die verheirateten Unteroffiziere, für die verheirateten Offiziere und für die verheirateten Beamten gewesen. Viele von ihnen sind seit Ausbruch des Krieges von ihren Familien getrennt gewesen, und sie haben die Hoffnung gehabt, nach Beendigung des Krieges mit ihren Familien verbunden zu werden. Trotzdem haben sie jahrelang durch ganz Deutschland hindurch eine Art Nomadenleben führen müssen. Besonders drückend ist die Sache dadurch, daß wir infolge der Entwicklung der Verhältnisse heute eine große Zahl von vermögenslosen Offizieren und vermögenslosen Unteroffizieren haben. Für die Unteroffiziere selbst ist es noch besonders drückend, daß die Stellen für Militävanwärter jetzt überall angefüllt sind. Der Militär⸗ anwärter kommt außerordentlich schwer unter, und oft tönt mir immer wieder entgegen: wären wir gleich weggegangen wie die andern und hätten uns nicht noch die Jahre zur Verfügung gestellt, dann säßen wir heute wohlgeborgen in einem Amt, während wir jetzt, wo alles überfüllt ist, mit großer Sorge der weiteren Entwicklung ent⸗ gegensehen. Ich hoffe, daß sich auch hier ein billiger und gerechter Ausgleich finden läßt.
Auch die Verpflegung hat uns unendliche Schwierigkeiten be⸗ reitet, vor allem, so lange die Verpflegungsämter von der Militär⸗ „verwaltung getrennt waren. Der Aufenthalt auf den Truppenübungs⸗ plätzen, die Einrichtung der Kantinen, alles das war unendlich schwierig. Wir haben uns bemüht, hier zu helfen, wo wir helfen konnten. Man hat sich bemüht, die Kantinen besser einzurichten und in der Kaserne selbst für den Soldaten ein behaglicheres Heim zu schaffen. Wir stehen hier erst in den Anfängen, aber ich hoffe, daß sich auch hier die Verhältnisse noch wesentlich bessern werden.
Mit besonderem Dank empfinden wir es, daß uns von seiten des Herrn Berichterstatters bereits rasche Hilfe gewährt worden ist durch den Antrag, die Mittel für die Bereitstellung von Wohnungen für verheiratete Offiziere und Unteroffiziere zu verdoppeln, und ich boffe, daß wir mit diesen Mitteln in der Tat Nennenswertes schaffen können. Es gibt nichts besseres, wenn man die Truppe auf den Boden unserer Zeit und der neuen Verhältnisse stellen will, als wenn man der Truppe die Ueberzeugung beibringt, daß der Reichstag für ihre wirtschaftlichen Sorgen und Bedürfnisse vollstes Verständnis hat.
Auch sonst ist in den Kasernen noch manches der Besserung bedürftig. Im Zusammenhang mit dem bürgerlichen Unterricht ⸗ steht die Frage der Unterkunft und der Beleuchtung. Um all diese Dinge muß jetzt erst gekämpft werden, und bei den enormen Kosten, die heute derartige Einrichtungen erfordern, kann natürlich nicht alles von heute auf morgen beschafft werden. Aber auch hier darf ich mit Genugtuung feststellen, daß gerade die Verhandlungen in der Heereskammer und Marinekammer, in denen die Angehörigen der Truppe in der Lage sind, ihre nächsten Wünsche vorzutragen, mit der allergrößten Sachlich⸗ keit geführt worden sind, und daß ich mich besonders über die offene Aussprache in jenen Verhandlungen gefreut hatte, die zwischen den verschiedenen Chargen, Offizieren, Unteroffizieren und Mannschaften,
gepflogen wurde. Es ist mir immer eine Genugtuung gewesen, diesen Verhandlungen beiwohnen zu können, und ich hoffe, daß sich die Heereskammer und die Marinekammer als gute Instrumente weiter
entwickeln werden, um die Verbindung zwischen den militärischen
Spitzen und der Truppe zu erhalten.
112“*
Wenn ich dann noch auf die Ausführungen des Herrn Bericht⸗
erstatters wegen der Verleihung des Eisernen Kreuzes eingehen darf, so kann ich mich wohl aller weiteren Ausführungen enthalten und nur feststellen, daß das Eiserne Kreuz eine preußische Auszeichnung ist, über deren Verleihung ausschließlich die preußische Regierung zu bestimmen hat. Wir haben es aber als ein nobile officium angesehen, überall auch für die Angehörigen des alten Heeres zu sorgen, vor allem weil infolge der Wirren der Revolution und der Kriegs⸗ gefangenschaft viele nicht zu ihrem Rechte kommen konnten, und gerade, wenn es richtig ist, was der Herr Berichterstatter gesagt hat, daß da und dort auch äußere Stellen langsam gearbeitet haben, so deshalb, um zu verhindern, daß dadurch die Berechtigten geschädigt sind. (Sehr gut! in der Mitte und rechts.) Wenn jetzt viele Umfragen gehalten worden sind, so ist das nur ein Beweis dafür, mit welcher Sorgfalt wir uns bemüht haben, an dem Grundsatz festzuhalten, daß das Eiserne Kreuz nach der Revolution nur noch verliehen werden soll, wenn es vor dem Feinde verdient worden ist.
Im Ausschuß habe ich schon auf die besonderen Schwierigkeiten hingewiesen, die der Dienst in der Marine mit sich bringt, dadurch, daß wir aus äußeren und inneren Gründen, vor allem auch der hohen Kosten wegen nur eine geringe Anzahl von Schiffen in Dienst halten können. Das ist hart besonders für das technische Personal, das viel⸗ fach nur für die Fahrt auf hoher See vorgebildet ist, und sich jetzt für den Dienst zu Land verwenden lassen muß. Daraus haben sich Reibungen der verschiedensten Art ergeben, und es sind Fehler auf beiden Seiten gemacht worden. Ich hoffe, daß hier die Zukunft die Maßnahmen, die wir getroffen haben, um diese Schwierigkeiten abzustellen, Abhilfe bringen wird.
Es ist mir immerhin eine besondere Freude, daß trotz der Schwierigkeiten, mit denen wir zu kämpfen haben, schon heuer im Winter unsere Marine, unsere Kreuzer Gelegenheit gehabt haben, droben im Rigaischen Meerbusen in der Ostsee ein Hilfswerk für die eingefrorenen Schiffe zu vollbringen, und ich kann feststellen, daß unsere Mannschaften mit dem größten Heldenmut die größten Strapazen und Gefahren dort ertragen haben. (Allseitiger Beifall.) Unsere Bevölkerung hat für tüchtige Leistungen ein feines Empfinden dafür. Als die „Medusa“ vor acht Tagen in Stettin eingelaufen ist, ist sie von der dortigen Bevölkerung mit allergrößtem Jubel begrüßt worden. 8
Die Eisbrecherarbeiten mußten von den Kreuzern geleistet werden, da wir die großen Eisbrecher abliefern mußten. Man hat früher nicht daran gedacht, mit Kreuzern Eis zu brechen; das war Sache der Eisbrecher oder der großen Panzerschiffe. Daß natürlich diese Schiffe jetzt beschädigt worden sind, ist klar. Aber ich glaube, der Schaden, den wir haben, indem wir die Schiffe reparieren müssen, steht außer allem Verhältnis zu dem Schaden, der entstanden wäre, wenn die Handelsschiffe zugrunde gegangen wären oder gar Menschenleben zu Verlust gegangen wären. (Sehr wahr) Ich freue mich, daß unsere junge Marine schon jetzt Gelegenheit hatte, sich in diesem Dienst bewähren zu können. (Beifall.) 1
Ich darf mich auf weitere Einzelheiten wohl dann noch ein⸗ lassen, wenn sich dazu in der Spezialdiskussion Gelegenheit bietet. Ich möchte heute das hohe Haus nicht aufhalten.
Aber zusammenfassend möchte ich dem Wunsche Ausdruck ver⸗ leihen, daß unserem Heere eine ruhige, stille Entwicklung werde, daß die Erziehungsarbeit, die wir im Sinne der Verfassung leisten nicht unterbrochen und daß dadurch eine geistige Brücke zwischen Volk und Heer geschaffen wird, wenn wir auch die allgemeine Wehr⸗ pflicht nicht mehr haben, zwischen Volk und Heer eine Verbindung hergestellt wird, die uns auch für das neue Heer die sittlichen Kräfte der allgemeinen Wehrpflicht sichert. (Bravo! bei den Deutschen Demokraten und rechts.)
Preußischer Landtag. 113. Sitzung vom 11. März 1922, Vormittags 11 Uh (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger“*).) Tagesordnung steht zunächst der Antrag der De Voer kspa 8 8. 8-— wonach an den 20 Millionen Mark, die als Beihilfen für die durch das Oder⸗
ochwasser im Jahre 1920 Geschädigten “ sollen. auch die Anlieger an der Warthe und Netze teilnehmen sollen. 8 2 Schiftan (D. V.) begründete den Antrag: erade im Ser. crchch han 8 87, Eisversetzungen schwere Schäden verursacht worden. Das shas ist mit zerstörender Wucht durch die Dämme gebrochen. Es handelt sich nicht bloß um den rein materiellen Verlust, große Ländereien sind der Nutzbarmachung für die Volksernährung entzogen worden. Es ist Pflicht des Landtags, hier einzugreifen. Meine sind der Meinung, daß sich der Antrag vielleicht ohne besondere Ausschußberatung erledigen läßt, da wir ja keine Geldmittel fordern, sondern nur eine Erweiterung der Verwendung der bereits bewilligten Mittel. Die Abgg. Streese (D. Nat., Müller⸗Breslau (Soz.), Elsner (Zentr) und Herrmann⸗Breslau (Dem.) erklären sich mit dem Antrag einverstanden, befürworten aber Ueb weisung an den Hauptausschuß. 8 Der Antrag wird dem Hauptausschuß überwiesen. Es folgt die Beratu Mentz -- Stettin (D. Nat.) und Genossen gegen die Sozialisierung von Handwerk und Ge⸗ werbe, über die Neuregelung der Ge⸗ werbe⸗ und Betriebssteuern im Interesse des Kleingewerbes, die Regelung des öffentlichen Verdingungswesens, den Ab⸗ bau der staatlichen Regiebetriebe und die Förderung der Ausstellung von Lehrlings⸗ 1“ ): Der Ant behandelt wichtige I (D. Nat.): Der Antrag behandelt wichtig des Sin hat Handwerks. Bedauerlich ist, daß der bereits vor einem Jahre eingebrachte Antrag heute erst zur Behandlung kommt. Schöne Reden haben wir hier und im Reichs⸗ tag, auch von seiten der Regierung, genug gehört; wir wollen endlich Taten selee Der Antrag ist entstanden, als seinerzeit eine große Erregung durch die Kreise des gewerblichen Mittelstandes über den Entwurf eines Kommunalisierungsgesetzes ging. Er⸗ freulicherweise hört man von diesem Entwurf jetzt nichts mehr, wohl infolge des energischen Widerstandes seitens des Mittelstandes. Durchaus falsch ist es, wenn von einer Kommunalisierung eine rationellere Betriebsweise erhofft wird. In keinem anderen Ge⸗ werbe wird mit den Rohstoffen so rationell gewirtschaftet wie beim andwerk. (Widerspruch links. Lebhafte Zustimmung bei der Mehr⸗ Fans Die Kommunalisierungen haben sich als verfehlt erwiesen,
-—, Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen; der H2. Uäünsgen die im Wortlaute wiedergegeben sind.
des Antrags der Abgg.
die kommunalisierten Betriebe leben ausschließlich von Zuschüssen der Gemeinden. Wir lehnen jede Kommunalisierung und Soziali⸗ sierung des Handwerks entschieden ab. (Lebhafte Zustimmung.) Auch in sozialistischen Kreisen sind die Ansichten über die Zwec⸗ mäßigkeit der Sozialisierung des Mittelstandes geteilt, wie sich aus Presseäußerungen ergibt. Sozialisierung und Kommunalisierun
widersprechen auch der Reichsverfassung. (Widerspruch links.) Die sozialisierten Baugenossenschaften stellen im Grunde keine Soziali⸗
fierung dar. So hat im September 1920 das sächsische Finanz⸗
ministerium eine Unterstützung dieser
Baugenossenschaften ah⸗
gelehnt mit der Begründung, daß es sich in der Hauptsache um rein geschäftliche Unternehmen handelt. Das Handwerk leidet schwer A 1 Weite Kreise des gewerblichen Mittelstandes können die zum Leben notwendigen Mitiel nur mit
unter einer Steuerüberlastung.
größter Mühe aufbringen. Sie haben aber nicht bloß Einkommen
steuer zu zahlen, sondern darüber hinaus noch allerhand Steuern
zu entrichten. Besonders schwer lastet auf dem gewerblichen Mittel stand die Gewerbestener, die als einzige Steuerquelle der Ge meinden bis 1 äußerste emporgeschraubt wird; so werden Zu schläge auf die Gewerbesteuer bis zu 5000 Prozent erhoben. Ver
deutsche Mittelstand verlangt die Beseitigung jeder Sonder⸗
besteuerung. Er will gern Steuern zahlen nach seiner Leistungs⸗
fähigkeit. Wir verlangen, daß zunächst schleunigst die Gewerbesteuer so geändert wird, daß sie den Charakter einer unerträglichen
Sonderbesteuerung verliert. Auch das Verdingungswesen bedarf
einer gründlichen Aenderung, es muß reichsgesetzlich geregelt werden. Gegenwärtig kommt es für die deutsche Wirtschaft vor allem auf die Herstellung von Qualitätsarbeiten an. Das deutsche
Handwerk hat in dieser Beziehung bereits die Initiative ergriffen
durch die Veranstaltung einer großen Ausstellung von Lehrlings⸗
und Gesellenarbeiten. Es liegt im Interesse der deutschen Wirt⸗ schaft, daß die Regierung diese Bestrebungen aufs nachdrücklichste unterstützt, und wir bitten den Finanzminister, daß er zu diesem Zwecke etwas tiefer in den Beutel greift als bisher. Beifall rechts.) Abg. Altegoer (Zentr.): Gegen die Bestrebungen, das Handwerk zu kommunalisieren oder zu sozialisieren, wird mit Recht eingewendet, daß nicht bewiesen ist, daß auf diesem Wege das Interesse der kosumierenden Bevölkerung an befriedigender Er⸗ nährung und Kleidung besser gewahrt wird, als es bisher durch das selbständige Handwerk geschah. Praktisch ist die Kommunalisie⸗ rung auch gar nicht durchführbar. (Zurufe links.) Ich führe nur als praktisches Beispiel die Errichtung einer städtischen Wurst⸗ fabrik in Flensburg an, die schon nach einigen Monaten wieder geschlossen werden mußte, nachdem man dafür 35 000 Mark städtische Gelder verausgabt hatte. Es ist das Bestreben der Freunde von Sozialisierungsmaßnahmen, den selbständigen Mittel⸗ stand in den großen Strom des Proletariats hineinzuziehen. Hauptsächlich stößt man sich an der Selbständigkeit des Handwerkes, denn wer wirtschaftlich auf eigenen Füßen steht, hat für Klassen⸗ kampf keinen Sinn. Eine gesetzliche Regelung der Besteuerung des Handwerks ist im Sinne einer gerechteren Besteuerung durch⸗ aus notwendig, zurzeit sind insbesondere durch die kommunalen Realsteuern, vor allem durch die Gewerbesteuern Handwerk und Gewerbe so überlastet, daß von gerechter Besteuerung nicht mehr die Rede sein kann. Selbst bei einem kleinen Einkommen von 30 000 Mark zahlt der Handwerker 4 bis 5 000 Mark Steuern. Die Forderungen des Abbaus der staatlichen und städtischen Regie⸗ arbeiten, die Forderung einer Regelung des öffentlichen Ver⸗ dingungswesens werden von uns ebenso unterstützt, wie die Förderung der Lehrlingsausstellungen, die durchaus die vielfach verlangten Zwischenprüfungen ersetzen können. Mit der Ueber⸗ weisung des Antrags an den Ausschuß für Handel und Gewerbe sind wir einverstanden. 1 Abg. Wiglow (Dem.): Ein großer Teil der Forderungen des Antrags ist nicht bloß von rechts, sondern von beiden Seiten der Volksvertretung schon früher erhoben worden. Auch wir sind der Auffassung, daß auch in der künftigen Wirtschaft das Handwerk Aufhoben zu leisten 8e die nur von ihm geleistet werden können. Zudem ist bei der Beratung der Verfassung in der Landesversamm⸗ lung ausdrücklich beschlossen worden, die Sozialisierung und Kommunalisierung des Handwerks abzulehnen, weil dadurch zahl⸗ reiche selbständi e “ Snen werden würden. Das Gefühl der Selbständigkeit, der Selbstverwaltung und der Selbstverantwortung des Handwerks ist der starke Ansporn für unser Wirtschaftsleben, für die Produktivität. Das Handwerk muß deshalb im Dienste unseres Volkes selbständig und nicht in einer sozialisierten oder kommunalisierten Form erhalten bleiben. In dem Antrag wird diesmal das Genossenschaftswesen nicht so wie früher mit in den Vordergrund gerückt. Ich möchte das nachholen. Gerade die Kreditgenossenschaften haben sich als die beste, die billigste und die für das Handwerk geeignetste Kreditquelle gezeigt. Auch bezüglich der Belastung durch die Gewerbesteuer hat schon üher unsererseits ein Antrag Crüger Beschwerde erhoben, und 81 ist es nicht besser, sondern schlimmer geworden, da die Städte die Gewerbesteuer immer stärker und schließlich höher als die Einkommensteuer belastet haben, einen Zustand, den wir auf das lebhafteste beklagen. Es ist zu wünschen, daß der Ausschuß rasche Arbeit macht und uns baldigst einen Gesetzentwurf vorlegt, der die ganze Frage zugunsten des Handwerks erledigt. Abg. Freundel (D. Vp.): Nach der vorzüglichen Be⸗ gründung, die der Antragsteller gegeben hat, bleibt nur noch wenig hinzuzufügen. Der Antrag spricht für sich selbst. Schon mit Rücksicht 85 die Notwendigkeit des Wiederaufbaues des deutschen Vaterlandes darf Widerspruch gegen ihn nicht erhoben werden. Wir sind gegen jedwede Kommunalisierung und Sozialisierung. Es trifft nicht zu, daß die von hier drohende Gefahr nicht mehr so groß sei, die Frage wird bestimmt wieder auftauchen. Mein Handwerk (Redner ist Schornsteinfegermeister) hat man als eins der ersten bezeichnet, die sozialisiert werden sollten, aber man har sich von der Unmöglichkeit überzeugt. Kein Stand ist mit Steuern stärker belastet, als der gewerbliche Mittelstand. Es ist nicht richtig, wenn behauptet wird, daß jede Steuer durch Preiserhöhung abwälzbar sei. Auch für eine gesetzliche Regelung des öffentlichen Verdingungswesens und für den Abbau der städtischen Regie⸗ betriebe sind wir durchaus. Wer in Stadtverwaltungen tätig gewesen ist und weiß, wie da gearbeitet wird, kann nur wünschen und muß fordern, daß ein weiterer Ausbau dieser Betriebe nicht stattfindet, weil die Arbeit schematisch ausgeführt wird und niemand ein persönliches Interesse daran hat. Das heutige Handwerk er⸗ fordert gerade Qualitätsarbeit, ohne sie ist heute überhaupt nichts mehr zu machen. Es muß unbedingt darauf gehalten werden, daß das Handwerk auch weiter die Beachtung . die es ja zum großen Teil bis jetzt gefunden hat. Den Städten sind 8 keider zur Deckung ihrer Finanzbedürfnisse fast nur noch die Realsteuern geblieben, und da hat man in den Kommunalver⸗ waltungen ganz besonders bei der Gewerbesteuer zugegriffen und sie zum Teil mit Zuschlägen bis zu 4000 Prozent belastet. Da⸗ egen kann das Handwerk nicht aufkommen. Es tritt hinzu, 5 der Handwerker fast durchweg gezwungen ist, Laden und Werkstatt zu halten, so daß das Handwerk auch durch die nene Grundsteuer wieder am meisten betroffen werden wird. Der
Förderung der Lehrlingsausstellungen, die ihr gutes Teil zu einer
tüchtigen Lehrlingsausbildung beitragen, muß jede Unterstützung ei den.
nee FeneFirthe (u. Soz.) tritt in Widerspruch zum An⸗ trage für Sozialisterung des Handwerks und des Gewerbes ein. Gerade aus den kleinen Gewerbetreibenden und Handwerkertreisen ertöne der Schrei nach Sozialisierung. Das gesamte Steuerwesen der Städte müsse reformiert werden; es gehe nicht an, 898 man einen Teil, die Gewerbesteuer, herausnimmt. Dem Wunsche nach einer gesetzlichen Regelung des Verdingungswesens schließe er sich an. Es sei falsch, wenn man sagt, wir seien Gegner des Hand⸗ werks und wir wollten es ruinieren. Die Lehrlingsausbildung wünschen auch wir zu fördern.
sen D 5 wi tz e ehe,) antwortet auf einen Zuruf am Beginn seiner Ausführungen: Was hat die Steuerpolitik augen⸗ blicklich mit dem Großkapital zu tun? (Lachen links.) Wenn Sie
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