8 Preußen. . Ministerium für Volkswohlfahrt. 1AXAXX“ 12. bis 18. März 1922 auf Grund der Bundesratsverordnung über Wohlfahrts pflege
Imn der Woche vo
während des Krieges vom 15. Februar 1917 genehmigte
öffentliche Sammlungen und Mitgliederwerbungen.
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Iu fördernder Wohlfahrtszweck
Stelle, an die die Mittel abgeführt werden
sollen
Zeit und Bezirk, in denen das Unternehmen 8 ausgeführt wird
Deutscher Beamten⸗Wirtschafts⸗ bund, Berlin schaf
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Vorstand des Vereins der Ber⸗ liner Stadtmission. Berlin gaben, insbesondere SW. 61, Johannistisch 5
und Frauen
Heilsarmee (Nationales Haupt⸗ quartier), Berlin C. 19.
Arbeiterinnenhilfe, Berlin N. 37, Schönhauser Allee 163a
bestrebungen
edelung ihrer
fleglinge
Berlin, den 23. März 1922
Nichtamtliches.
(Fortsetzuna aus dem Hauptblatt.) Deutscher Reichstag.
195. Sitzung vom 24. März 1922, Mittags 12 ½ Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger*).)
Auf der Tagesordnung stehen zunächst Anfragen.
Auf eine Anfrage der Abgg. Kniest und Genossen (Dem.) über die Not im Zeitungsgewerbe wird regierungs⸗ “ folgende Antwort erteilt: Die im Jahre 1921 vom Reichstage im Interesse des deutschen Zeitungsgewerbes gefaßten Beschlüsse sind im wesentlichen durchgeführt worden. Die Kom⸗ mission zur Nachprüfung der Gestehungskosten für Zellstoff und Zeitungsdruckpapier hat ihre Arbeiten bereits im Sommer 1921 be⸗ endet und dem Ergebnis der amtlichen Nachprüfungen der Ge⸗ stehungskosten nach eingehenden stimmt. Das Reichswirtschaftsministerium hat dann in der Folge die Gestehungskosten eingehend nachgeprüft, und auf Grund dieser Fest⸗ ist eine Verständigung der Interessenten über die Preise ür Druckpapier für das erste Vierteljahr 1922 herbeigeführt worden. Die Schwierigkeiten der Tageszeitungen und der Fach⸗ presse beruhen im wesentlichen auf der infolge der Geldentwertung un 6e allgemeinen Entwicklung der wirtschaftlichen Verhält⸗ 5 r Steigerung der Preise für Papierholz, Halbstoffe und Hilfsstoffe der Erzeugung, der Löhne und Gehälter und anderen eemen Umständen. Daraus ergibt sich, daß alle
hördlichen Maßnahmen zur Senkung des Preises, wie Sperre der Zellstoffausfuhr, scharfe Drosselung der Ausfuhr von Druck⸗ papier usw., nur einen bedingten Erfolg haben konnten. Ent⸗
scheidend bleibt die hohe Preislage für Papierholz. Welche Maß⸗
nahmen bei der gegenwärtigen Lage als durchführbar erscheinen, wird die Reichsregierung bei der Bedeutung der Angelegenheit im Einvernehmen mit dem interfraktionellen Ausschuß des Reichstags und dem Reichsrat beschleunigt entscheiden.
—Eine Anfrage des Abg. Dr. Rosenfeld (U. Soz.) verlangt Auskunft darüber, ob die Regierung beabsichtige, durch das an⸗ gekündigte Gesetz zum Schutze der Republik das Streikrecht der Be⸗ amten einzuschränken oder zu beseitigen. — Die Antwort der Regierung lautet dahin, daß tatsächlich beabsichtigt sei, in den Entwurf des Gesetzes zum Schutze der Republik auch Be⸗ stimmungen über das sogenannte Streikrecht der Beamten aufzu⸗ nehmen. Ein Vorentwurf sei jedoch noch nicht fettiggestellt und die Erwägungen der Reichsregierung, ob und in welchem Umfange die Absicht ausgeführt werden soll, seien noch nicht abgeschlossen.
Auf eine Anfrage der Kommunisten, die sich auf die Durchsuchung des Gepäcks des Abgeordneten Thomas (Komm.) bezieht, läßt die Regierung erklären, daß die bayerische Staatsregierung auf das Ersuchen um Mitteilung der Tatsachen bei der Kürze der Zeit noch nicht habe antworten können, und daß die Frage, inwieweit Durchsuchungen bei “ zulässig sind, 11“ aus anderem Anlaß den schäftsordnungs⸗ ausschuß des Reichstags beschäftigen werde. — 8
Die Abgg. Dr. Quaatz (D. Vp.) und Genossen führen Be⸗ schwerde über die am 14. März beschlossene allgemeine Zulauf⸗ sperre nach dem Eisenbahndirektionsbezirk Essen. Diese Speere war — wie die Regierungsantwort besagt — notwendig, um eine die Kohlenabfuhr schwer beeinträchtigende Verbandssperre aus dem Ruhrbezirk zu vermeiden. Di . Wagen sei inzwischen wieder aufgehoben worden, der Leerwagen⸗ zulauf werde langsam wieder verstärkt.
Eine Anfrage der Abgg. Schultz⸗Bromberg und Bud⸗ juhn (D. Nat.) wünscht, daß das Prüfungsdienstalter für die Beamten des gehobenen unteren Postdienstes, die aus Posen und Westpreußen nach Berlin versetzt werden mußten, mit dem für die in Betracht kommenden Berliner Beamten gleichgesetzt wird. der Regierungsantwort wird erklärt, daß das Prüfungsdienstalter der aus den abgetretenen Gebieten versetzten Beamten genau so festgesetzt wird wie für diejenigen Beamten des neuen Bezirks, die die Prüfung für den gehobenen Dienst mit ihnen am gleichen Tage abgelegt haben. Eine Verschlechterung der vertriebenen Beamten in bezug auf das Prüfungsdienstalter trete nicht ein. Mit der gegenwärtigen Regelung dieser Frage haben sich auch die beteiligten großen Postbeamtenorganisationen einverstanden erklärt.
Die Zeitungsmeldung, wonach eine Breslauer Firma große Mengen Getreide nach Danzig verlade, das dann als Auslands⸗ getreide zu hohen Preisen wieder nach dem Inlande verkauft werde — Anfrage der Abgg. Domsch (D. Nat.) und Genossen — wird von der Regierung nachgeprüft, eine etwaige verbots⸗ widrige Ausfuhr werde veastecttch verfolgt werden.
Eine kommunistische Anfrage führt Beschwerde darüber, daß verschiedene Gemeinden und Kreiswohlfahrtsämter des Regierungsbezirks Merseburg die aus den Strafanstalten Entlassenen, die anläßlich der Märzunruhen verhaftet worden waren, bei der Beantragung von Arbeitslosenunterstützung ab⸗ weisen. Die Angelegenheit soll nach der Mitteilung der Re⸗ gierung durch den Minister für Volkswohlfahrt geklärt werden.
Die erste Beratung des Gesetzentwurfs wegen vorläufiger Regelung des Reichshaushalts für 1922, der Ergänzungshaushalt für 1922 und der Entwurf einer 6. Ergänzung des Be⸗ soldungsgesetzes werden bis zum zurückgestellt.
*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck H2re eha en die en Wchtlann, wübe
hervorgehobenen Reden en sind
Zugunsten der Beamtenerholungsheime und der Beamtenkinderfürsforge
Zugunsten seiner satzungsgemäßen Auf⸗ einer
arbeit an sittlich gefäͤhrdeten Mädchen
Zugunsten ihrer deutschen Wohlfahrts⸗
Sittliche Ertüchtigung und innere Ver⸗
Der Minister für Volkswohlfahrt. J. A: Bracht.
Verhandlungen allgemein zuge⸗
schließung einmütig anzunehmen. (Lebhafter
Zulaufsperre für beladene
chluß der Sitzung
30. September 1922 für Preußen. — Sammlung von Geldspenden durch Aufrufe und Werbeschreiben, ins⸗ besondere durch die Veranstaltung eines Opfertages innerhalb der Beamtenkreise.
31. Dezember 1922 für Preußen. — Sammlung von Geldspenden in und Zeitschriften, Werbe⸗ schreiben und mündliche Werbung in protestantischen Kreisen.
Verlängert bis 31. Dezember 1922 für Preußen. — Sammlung von Geldspenden durch Sammelboten.
Verlängert bis 31. Dezember 1922 für Preußen. — Werbung von Mitgliedern mittels Aufrufe nach
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Vorstand ettungs⸗ 1b
Heilsarmee Arbeiterinnenhilfe
dem vorgelegten M
Der Gesetzentwurf über Verlängerung der Geltungsdauer von Demobilma Sungs⸗ verordnungen wird zurückgestellt, da eine Anzahl hand⸗ schriftlicher Anträge dazu vorliegen.
In zweiter und fosort auch in dritter Beratung genehmigt das Haus nach dem Antrag des Auswärtigen Ausschusses den Gesetzentwurf, betreffend den Vertrag zum Abschluß der endgültigen Donauakte.
Präsident Löbe: Meine Damen und Herren! Eine Anzahl von Parteien hat eine Entschließung eingebracht gegen ein neues schweres Unrecht, gegen eine Vertragsverletzung gegen die om Ufer der Weichsel wohnenden Landsleute. Sie haben eine Deputation zu uns gesandt und, den Reichstag gebeten, seine Stimme zu erheben das ihnen drohende Unrecht, gegen welches die Körperschaften der Provinz sich bereits gewendet haben. 88 Ee dieser Bitte ist die folgende Entschließung ent⸗
anden:
„Der Deutsche Reichstag nimmt mit Befremden und tiefer Entrüstung davon Kenntnis, daß auf Grund einer Entscheidung der Interalliierten Kommission zur Festsetzung der deutsch⸗pol⸗ nischen Grenze die auf dem Ostufer der Weichsel gelegenen deutschen Gemeinden Johannisdorf, Außendeich, Neuliebenau, Kramersdorf und Kleinfelde sowie der Hasen von Kurzebrack am 31. März d. J. endgültig an Polen abgetreten werden sollen. Diese Verfügung hat nicht nur in den unmittelbar davon be⸗ troffenen Gemeinden, sondern auch in ganz Östpreußen, und dem Reiche helle Empörung hervorgerufen, weil der Be⸗ völkerung nicht, wie feierlich eee vorher Gelegenheit ge⸗ geben worden ist, ihre Wünsche
zu äußern, und Artikel 97 Absatz 5 des Friedensvertrags von Versailles dadurch gröblich verletzt worden ist. Danach obliegt den alliierten und assoziierten Hauptmächten die Pflicht, gleich⸗ zeitig Vorschriften zu erlassen, die der ostpreußischen Be⸗ völkerung den Zugang zur Weichsel und die Benutzung des Stromes für sie selbst, für ihre Waren und für ihre Schiffe unter billigen Bedingungen und unter vollster Rücksichtnahme auf ihre Interessen sichern. Der Deutsche Reichstag legt gegen diese Verletzung des Friedensvertrags schärfste Verwahrung ein und erwartet von der Botschafterkonferenz, daß sie die Inter⸗ alliierte Kommission anweist, von der endgültigen Festsetzung der ostpreußischen Weichselgrenze so lange Abstand zu nehmen, bis die Bevölkerung gehört und der Provinz Ostpreußen durch die alliierten und Lifoziterten Hauptmächte der freie und ungehinderte Zugang zur Weichsel tatsächlich garantiert worden ist.“ — 3 -Die Verlesung der Entschließung wird von der rechten
Seite mit lebhaftem Beifall aufgenommen.
Präsident Löbe fährt darauf fort: Meine Damen und Herren! Die Verletzung des Selbstbestimmungsrechts, der Bruch des Vertrages, der hier vorliegt, ist so eklatant, daß der in unserem Vaterlande leider nur seltene Fall eingetreten ist, daß alle Par⸗ teien Ostpreußens, diesmal wirklich alle, sich einmütig dagegen ewandt haben. (Lebhafter Beifall.) Indem ich bitte, eine etwaige
esprechung auf die demnächst zur Verhandlung kommende Interpellation zu vertagen, möchte ich em fehler. diese Ent⸗ eifall.
Die Entschließung wird mit großer Mehrheit ange⸗ nommen. Die Kommunisten bleiben sitzen, von der Rechten ertönen stürmische Pfuirufe.
setzt das Haus die zweite Lesung der Steuer⸗ vorlagen, und zwar die zweite Beratung des Gesetzentwurfs Zöllen fort.
Am Schlusse der gestrigen Sitzung (heute früh nach 12 ½ Uhr) war die Beratung der §§ 1 und 2 zum Abschluß ge⸗ bracht worden. Diese Paragraphen werden in der Ausschuß⸗ fassung nunmehr gegen die Stimmen der Unabhängigen Sozial⸗ demokraten und der Kommunisten angenommen.
über die Erhöhung von
§ 3 betrifft die Nachverzollung von Kaffee
und Tee.
Abg. Frau Nemitz (Unabh. Soz.): Die enorme Erhöhung des Kaffeezolls macht es den Arbeiterfamilien jetzt vollends unmög⸗ lich, auch nur noch ¼ Pfund Kaffee für ihren Haushalt ein⸗ zukaufen. Die Mehrheit, zu der auch die Mehrheitssozialisten zählen, scheint sich darüber keine Gedanken zu machen, wo der Arbeiter noch Arbeitsfreudigkeit hexbekommen soll, wenn ihm das letzte Mittel der Anregung, der Kaffee, genommen wird. Man
wird die Bevölkerung auf diese Weise dem Schnapsteufel wieder
in die Arme jagen.
Abg. Remmele (Komm.) bekämpft die Nachverzollung. Derselbe Herr Hermes, der Wein zum alten Preise bezogen hat, will hier Kaffee und Tee nachverzollen.
Der Antrag der Kommunisten, den § 3 abzulehnen, wird abgelehnt gegen die Stimmen der Antragsteller und der Unabhängigen.
Ohne Debatte angenommen wird § 4, den der Ausschuß neu eingefügt hat. Danach wird der Reichsfinanzminister er⸗ mächtigt, den Zoll für getrocknete Bananen zur Herstellung von Müllereierzeugnissen unter Zollsicherung vorübergehend herab⸗ zusetzen oder aufzuheben.
Angenommen wird ein Hhile gantra Dr. Gildemeister (D. Vp.), v. müller (Soz.), Dietrich
der Abgg. é6r ard (Zentr), N i 8b ⸗ den (Dem.), Dr. Deer⸗
hinsichtlich der Grenzregulierung
Teile jedes der übrigen Gesetze. —
maäann (Bayer. Vp.), wonach der Finanzminister ferner er⸗ mächtigt wird, nach Bedarf den Zoll für Kaffee, auch Kaffee⸗ schalen, roh, bis auf 130 ℳ und den Zoll für Tee bis 220 ℳ für den Doppelzentner herabzusetzen. .
Nach der Regierungsvorlage sollte der Finanzminister mit Zustimmung des Reichsrats den Zeitpunkt des Irntrafttreteng des Gesetzes bestimmen. Ein Antrag derselben Abgeordnete die den Zusatz zu § 4 beantragt hatten, will, daß der Finanzz minister allein den Zeitpunkt des Inkrafttretens bestimmt und ermächtigt wird, die einzelnen Zollerhöhungen zu verschiedenen Zeitpunkten in Kraft zu setzen.
Vor der Abstimmung über diesen Antrag bezweifelt —
Abg. Remmele (Komm.) die Beschlußfähigkeit des Hauses. Präsident Löbe läßt unter Widerspruch der Kommunisten die Beschlußfähigkeit durch Abstimmung über den Antrag im
Wege des Hammelsprungs feststellen — der Antrag wird mit
160 gegen 117 Stimmen angenommen. Das Haus ist also be⸗ schlußfähig. 1“
Ueber das von dem Präsidenten eingeschagene Ver⸗ fahren entspinnt sich eine Geschäftsordnungsdebatte, an der sich außer dem Präsidenten Löbe die kommunistischen Abgeord⸗ neten Remmele, Höllein und Thomas beteiligen, Präsident Löbe weist darauf hin, daß das von ihm beob.⸗ achtete Verfahren im Hause üblich sei und nur dann nicht stattfinden dürfe, wenn etwa das Haus durch einen förmlichen Beschluß sich dagegen erklärte.
Nunmehr folgt die zweite Lesung des Gesetzent⸗ wurjesüber die Aufhebungvörkbergehen er Zollerleichterungen. Es handelt sich um die Wieder⸗ einführung verschiedener Zölle, die während des Krieges im Interesse der Ernährung des deutschen Volkes aufgehoben worden waren. Unter anderem soll wieder eingeführt werden der Zoll für zubereitete Fische und zubereitetes Fleisch sowie für gewisse zubereitete feinere Gemüsesorten. empfiehlt unveränderte Annahme. „
Abg. Remmele (Komm.) beginnt um 2 ½ Uhr eine längere Rede gegen die Vorlage. Der Redner spricht absichtlich überaus leise und wird vielfach von Zurufen aus dem Hause: Lauter! unterbrochen. (Präsident Löbe bittet den Redner, vernehmlicher zu sprechen.) —
Nach dieser 2 5stündigen Rede wird die Vorlage nach den Ausschußanträgen angenommen.
Es folgt die zweite Beratung der Novelle zum Zuckersteuergesetz von 1903. Nach der Vorlage sollte die i für den Doppelzentner auf 100 ℳ erhöht werden. Der Ausschuß hat den Satz auf 50 ℳ ermäßigt. Von den Kommunisten wird die Aufhebung des Zuckersteuergesetzes beantragt. Ein Antrag aller Parteien mit Ausnahme der Kommunisten und Unabhängigen Sozialdemokraten will die Geldstrafen in dem Gesetz auf das Zehnfache und noch darüber
hinaus erhöhen.
Abg. Frau Schilling (Soz.): Mit unserer Zustimmung zu dem Ausschußvorschlag bringen wir ein schweres Opfer. Es is wenigstens gelungen, die Erhöhung auf die Hälfte herunter zudrücken, so daß die Verteuerung für das Pfund Zucker statt 50 nur noch 25 Pfg. beträgt.
Man kann ohne Uebertreibung fagen, daß diese Steuererhöhung auf-die Preisbildung des Zuckers ohne Einfluß bleibt. Die früher Zuckersteuergesetzgebung hat in der Begünstigung und B rechtung der Landwirtschaft immer eine ihrer wichtigstend gaben gesehen. In dieser Beziehung fängt man jetzt mit Abbau wenigstens an.
Hierau lautem Veif äußersten Linken stürmischer Widerspruch und andauernder Lärm entsteht. “ b
Artikel 1, § 2 der Vorlage wird in der Ausschußfassung angenommen, ebenso die weiteren Abänderungen des § 2 nach den Ausschußvorschlägen, nachdem nach einer kurzen Erwiderung des Abg. Semmler (D. Nat.) auf die Ausführungen der Abg. Frau Schilling abermals ein Schlußantrag ange nommen worden ststt.
Zu § 5, der die Ermächtigung der Reichsregierung aus⸗
spricht, mit Zustimmung des Reichsrats die Nichterhebung der
uckersteuer ganz oder teilweise zu versagen, legt
Abg. Stöcker (Komm.) schärfsten Protest ein gegen die selb in diesem Parlament unerhörte Vergewaltigung der Minder 1 (Große Unruhe bei der Mehrheit.) Man hätte es nicht für möglich halten sollen, daß die Rechtssozialisten, nachdem sie ihrerseits eine Rednerin vorgeschickt hatten, die eine von politischer Heuchelei sondergleichen strotzende Rede gehalten habe, sich an diesem Gewalt⸗ akt beteiligten. Das Zuckersteuergesetz sei eines der arbeiter⸗ feindlichsten Gesetze, welches die Koalition Stinnes⸗Scheidemann dem Volke beschert habe. Die Sozialdemokraten führten nur ein Scheingefecht gegen die Rechte. Die arbeitenden Massen würden aber bald erkennen, wie arbeiterfeindlich sich die Rechtssozialisten verhalten hätten. Jede Partei, die zur weiteren Verteuerung des Zuckers die Hand biete, mache sich eines Verbrechens mitschuldig. Der Artikel 5 speziell bedeute eine schamlose Begünstigung der Agrarier, indem er den exportierten Zucker von der Steuer befreie. Was die Vorlage durch den Zusatz zu Artikel 5 bezwecke, könne dieses Unrecht nicht beseitigen, man müsse auf der völfigen Streichung dieser Steuerbefreiung bestehen. Die Sozialdemokratie habe früber zu der indirekten Besteuerung einen ganz entgegen⸗ gesetzten Standpunkt eingenommen als heute, wo sich bei ihr eine diametrale Wandlung vollzogen habe. Gerade der Abgeordnet Bernstein habe 1902 den Kampf gegen die Zuckersteuer am hart⸗ näckigsten geführt. Heute sehe man im kapitalistischen Volksstaat den Kampf gegen die breitesten Volksmassen genau so verbrecherisch führen wie früher, und heute seien die Mehrheitssoziaälisten die Helfershelfer einer solchen verbrecherischen Politik.
Der Antrag der Kommunisten auf Aufhebung des Zuckersteuergesetzes wird abgelehnt. Inzwischen ist ein Antrag
des Zentrums, der Demokraten und der Deutschen
Volkspartei eingegangen, den Rest des Zuckersteuergesetzes in einer gemeinsamen Erörterung zu erledigen und ebenso alle Der Antrag wird mit den Stimmen der bürgerlichen Parteien und der Sozialdemokraten angenommen (stürmische Zwischenrufe auf der äußersten Linken). 1 “ Abg. Frau- Agnes (U. Soz.): Es ist mir unbverständlich, ber die Sozialdemokratie sich dazu hergeben kann, die Minderher mundtot zu machen. Wir lehnen das Zuckerstentergesetz ab wegen seiner schweren gesundheitlichen Schäden für die breiten Masse und insbesondere für die Jugend. 1n Die Vorlage wird Unter Zustimmung zu dem Antrage aller Parteien mit Ausnahme der Kommunisten auf Erhöhung der Geldstrafen in der Ausschußfassung angenommen. Es folgt die Beratung des Süßstoffgesetzess, Ni Ausschußvorlage sieht vor, daß die Reichsminister für Er nährung und ermächtigt werden, mit Zustimmung des Beirates nach Anhörung von Sachverständigen zu 3 stimmen, ob und inwieweit die Vorschriften dieses Gesetes
auf
Der A usschuß!
Andererseits werden die Einnahmen aus der Zuckersteuer dadurch auf 500 Millionen herabgedrück
wird ein Schlußantrag eingebracht und unter all der Mehrheit angenommen, worauf auf der
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auch auf Stoffe Anwendung finden sollen, die in einfacher Weise in Süßstoff umgewandelt werden können. Soll nach dem Inkrafttreten des Gesetzes die Herstellungsbefugnis er⸗ weitert oder Hrugeschrünet werden, so hat die Reichsregierung vor der Entschlußfassung den Beirat zu hören. Den an das Reich abzuführenden Erlösanteil haben der Finanzminister und der Reichsminister für Ernährung zu bestimmen, die auch den Verkaufspreis nach Anhörung des Beirats festzusetzen haben. Der Reichsanteil aus dem Inlandabsatz ist so zu be⸗ messen, daß er zu dem Preise des inländischen Zuckers in einem angemessenen Verhältnis steht. Die Geldstrafe für Zuwiderhandlungen gegen das Gesetz beträgt eine Million, während die Regierungsvorlage nur eine 88 von 100 000 Mark vorsieht. Neben der Geldstrafe ist . efängnisstrafe bis zu einem Jahre vorgesehen. Ein Antrag der Unabhängigen fordert, daß die Herstellung und der Absatz oder die Einfuhr von Süßstoff durch das Reich geschieht, und daß Privatbetviebe, die bisher Süßstoff herstellten, vom Reich übernommen werden können. Ein Antrag aller bürgerlichen Parteien und der Sozialdemo⸗ kcatie will die Geldstrafe für eine fahrlässige Zuwiderhandlung bis zu 100 000 Mark vesgehehat wissen, während die Aus⸗ schußvorlage hier eine Höchststrafe von 5000 Mark vorsieht.
Abg. Ernst (u. Soz.) lehnt das Gesetz für seine Partei ab.
Hierauf wird ein Schlußantrag angenommen.
Das Haus stimmt darauf der Gesetzesvorlage in der Aus⸗ schußsassung unter Annahme des erwähnten gemeinsamen Antrages und unter Ablehnung des unabhängigen An⸗ trages zu.
Es folgt der Gesetzentwurf über die Be⸗ steuerung der Rennwetten und Lotterien. — Der Ausschuß hat die Vorschriften der Regierungsvorlage über die Konzessionierung der Buchmacher angenommen. Da⸗ nach bedarf, wer gewerbsmäßig Wetten bei öffentlichen Leistungsprüfungen für Pferde abschließen oder vermitteln will (Buchmacher), der Erlaubnis der Landeszentralbehörde oder der von i bezeichneten Behörde. Die Erlaubnis kann jederzeit beschränkt oder widerrufen werden. Der Ausschuß hat beschlossen, daß die Erlaubnis nur an deutsche Reichs⸗ angehörige erteilt werden darf. Der Buchmacher und seine Beauftragten haben bei Ausübung der Wettätigkeit ein Ab⸗ eichen zu tragen, dessen Form die Landeszentralbehörde be⸗
stimmt. Nach den Ausschußbeschlüssen bestimmt der Finanz⸗ minister, unter welchen Voraussetzungen und Bestimmungen Totalisatorunternehmungen zugelassen werden dürfen. Er
darf der Zustimmung des Reichsrats. Der Unternehmer
Totalisators und der Buchmacher haben über die Wette
2 Urkunde auszustellen. Bei Buchmachern ist statt dessen
uch die Eintragung der Wette in ein amtlich geliefertes Wett⸗ duch zulässig. Nach den Kommissionsbeschlüssen ist auf den unplätzen den Buchmachern nur das Legen von Wetten zu ten Odds gestattet. Auf den Rennplätzen dürfen von den chmachern nur Wetteinsätze im Betrage von mindestens
Mark angenommen werden. Der Wettbetvieb durch nicht⸗
zessionierte Buchmacher ist strafbar. Die Lotteriesteuer ist auf 20 % des Nennwerts sämtlicher Lose bemessen. Abg. Bruhn (D. 85 befürwortet einen Antrag seiner tei, die Konzessionierung für Buchmacher zu streichen. Durch ² Konzessionierung, so führt Redner aus, son ein bestehendes besen poligeilich sanktioniert werden. Die erwarteten Steuex⸗ ügen werden auch kaum eingehen. Dagegen werden die Buch⸗ her sich bemühen, ihre Kundenzahl zu vergrößern. Als häftsgewandte Leute werden sie es verstehen, durch Ver⸗ herung ihres Betriebes den Betrieb des Totalisators zu ver⸗ ern und damit die Einnahmen der Rennvereine zu schmälern, urch den Pferdezüchtern nicht gedient ist. In der Frage der zessionierung der Buchmacher steht ja Behauptung gegen Be⸗ btung. Die Tatsachen aber werden erweisen, daß diejenigen haben, welche eine Schädigung des Totalisators behaupten. Hman von den Ausführungsbestimmungen hört, kann auch ht dazu dienen, die Konzessionierung der Buchmacher zu recht⸗ fertigen. Die Anhänger der Leressfich ereng denken immer an 2 Zeiten, wo die moralischen Verhältnisse noch ganz anders en. Heute besteht mehr als je die Neigung, die Gesetze zu ttreten. Es steht auch zu befürchten, daß bei der Kon⸗ bnierung gerade die ehrlichen Geschäftsleute ausgeschlossen den. Die konzessionierten Buchmacher werden dahin wirken, nicht viele die Konzession erhalten. Gewiß werden auch an⸗ dige Leute darunter sein, aber die große Mehrheit gehört fellos zu denen, die immer nur ernten wollen, ohne gesät zu
Abg. Ernst (u. Soz.): Es würde uns sehr angenehm sein, der Regierung zu hören, wie sie sich die Konzessionierung der hmacher denkt. Wir möchten wissen, wer sie erteilen soll, und richt etwa in irgendeiner From dem Union⸗Club auf die Er⸗ ing der Konzession Einfluß gewährt werden soll. Auch die essionierten Buchmacher werden nur das Bestreben haben, den sen das Geld abzunehmen, wo sie nur können. Von der ierung müssen wir unter allen Umständen verlangen, daß ein paar Kapitalisten die Geschichte an sich reißen, sondern ß eine möglichst große Anzahl konzessioniert wird, wenn man Konzessionierung überhaupt zulassen will. 8 Die Besprechung wird geschlossen. — Angenommen wird ein Antrag der Koalitionsparteien, wonach die Steuerschuld 88 Wetten am Totalisator mit Schluß der Annahme von Wetteinsätzen entsteht. Die Kommissions⸗ fasung wollte die Steuerschuld mit der Entscheidung des Rennens, auf das sich die Wette bezieht, lassen. Abgelehnt wird ein Antrag der Unab ängigen, “ Buchmacherwetten bei Wetten zu festen Odds die Steuerschuld bei Ausstellung des Wettscheins entstehen sollte. Ferner wird angenommen ein Antrag der Koali⸗ tionsparteien, wonach die Maximalstrafe für Ueber⸗ Fitungen des Gesetzes überall auf 100 000 Marr festgesetzt Zur Lotteriesteuer wird ein Antrag der Koalitions⸗ 8 ien 1egaecs gls wonach von der Lotteriestener solche Ausspielungen befreit sind, bei denen der Gesamtpreis der Lose 300 Mark (Vorlage 100 Mark) nicht überstegc, 8 Im übrigen wird das Gesetz nach den Ausschußbeschlüssen. ungenommen unter Ablehnung des Antrages auf Streichung Konzessionierung der Buchmacher. 4 1 Abg. Thomas (Komm.): Bei der Anzweiflung 8 1 sgaßschigkeg vorhin 8 der Früscen durch Gewalt das Recht Nbenugt. Wir le dagegen Protest ein. 1 8 Feprästse o 29as Püü war einstimmig der 855 daß das Haus beschlußfähig ist. Ich muß diese Kritik als durchau unzulässig zurückweisen. (Stürmische Proteste bei den Komm. Rufe: Rechtsverdreher!) 181 Es folgt die zweite Beratung des Entwurfs eine raftfahrzeugsteuergesetzes. Abg. Schiele (D. Nat.), Berichterstatter: Der Ausschuß ehen der Steuerbefreiungen erweitert. Er hat faälan 1. den Personenkraftwagen den von der Vorlage vorgeschlagenen Steuersatz von den ersten vier Pferdestärken von 90 auf 100, von
den nächsten vier Pferdestärken von 120 auf 200 Mark 5 und die Sätze der Vorlage von 150 auf 200 Mark verdoppelt. Steuerfrei sollen die Kleinkrafträder und die im Besitze des Reiches, der Länder oder der Gemeinden befindlichen Kraftfahr bleiben, soweit sie ausschließlich im Feuerlöschdienst, zur Krankenbeförde⸗ rung, zum Wegebau oder zur Straßenreinigung verwendet werden, endlich Kraftfahrzeuge, die ausschließlich im Dienste der Wehrmacht oder der Polizei verwendet werden, jedoch nicht solche mit weniger als 8 Sitzplätzen. Auf einen Antrag der Mehrheitsparteien und der Deutschnationalen werden auch Kraftfahrzeuge mit höchstens 8 Pferdekräften im Eigentum von Aerzten, b. ihren Sitz in Orten unter 20 000 Einwohnern haben und das Fahrzeug zur Ausübung ihres Berufes benötigen, von der Steuer befreit. Nach § 17 ist in den Ländern zu Zwecken der öffentlich⸗rechtlichen Wege⸗ unterhaltung eine Steuer für die Benutzung der Wege durch andere Fahrzeuge als Kraftfahrzeuge zu erheben. Befreiungen für bestimmte Arten von Fahrzeugen sind unzulässig. Mit dem In⸗ krafttreten des nwärtigen Gesetzes, frühestens mit dem 1. April 1922, wird die eee von Chaussee⸗ und ähnlichen Wegegeldern von w; ahrzeugen für die “ 2 öffentlicher Wege zulässig. Das gleiche gilt für sonstige Fa rzeuge mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Fahrzeugsteuer in einem Lande.
§. 17 wird mit einer von dem Abg. Schiele beantragten redaktionellen Aenderung angenommen, ebenso der Rest der Vor⸗ lage. Hierauf wird der Entwurf eines Versicherungssteuergesetzes in zweiter Lesung nach einer kurzen Empfehlung durch den Abg. Pohlmann (Hem.) in der Ausschußfassung angenommen. Ein abermaliger Versuch der Kommunisten, die Beschlußfähigkeit des Hauses zu bezweifeln, scheitert an dem einstimmigen Widerspruch des Präsidiums.
Die von dem Abg. Müller⸗Franken und Genossen (Soz.) eingebrachten Gesetzentwürfe zur Abänderung des Weinsteuergesetzes und des Schaumwein⸗ steuergesetzes werden entgegen dem Widerspruch der ohne Erörterung an den Steuerausschuß ver⸗ wiesen.
Es folgt die zurückgestellte Beratung des Gesetzent⸗ wurfs über die Verlängerung der Geltungs⸗ dauer von Demobilmachungsverordnungen. Nach der Ausschußvorlage bleiben die Demobilmachungs⸗ verordnungen, deren Geltungsdauer am 31. März d. J. ab⸗ läuft, in der Hauptsache bis zum 31. Oktober 1922, zum Teil auch bis zum 31. März 1923 in Wirksamkeit, während einzelne Verordnungen nicht mehr verlängert werden.
Abg. Hensel (D. Nat.) schildert ausführlich die schwierigen Verhältnisse auf dem Lande infolge Kräftemangels und begründet Anträge seiner Partei auf Aufrechterhaltung der die die Möglichkeit bieten, dem Lande die erforderlichen Arbeits⸗ kräfte zuzuführen. 3 8
Akg. Schmidt⸗Cöpenick “ Beseitigung der Be⸗ stimmungen, nach denen Industriearbeiter zwangsweise auf das Land verpflanzt werden können. Nicht Zwang, sondern ver⸗ nünftige Lohnregelung sei das Mittel, dem Lande ausreichende Kräfte zuzuführen. 18 8
Abg. Carsten (U. Soz.) wendet sich gegn die Beschränkung der Freizügigkeit der Arbeiter und fordert Aufrechterhaltun der Bestimmungen, die sich auf die Betriebseinschränkungen und Still⸗ legungen beziehen. Er wünscht baldige Ersetzung der Demobil⸗ machungsverordnungen durch ein einheitliches Arbeitsrecht.
Ministerialdirektor Dr. Brecht bittet, von Aenderungen der Ausschußfassung abzusehen, weil es sich hier nur um eine formale Verlängerung eines Uebergangsvechts handele. Gesetzentwürfe, die die Rechtsfragen materiell regeln, seien in Vorbereitung und bei diesen Gesetzesvorlagen würden Iwesmäßigegheie die ent⸗ sprechenden Aenderungen vorzunehmen sein. Die Regierung habe den Wunsch gehabt, die Verordnung zur Behebung des Arbeiter⸗ mangels in der Landwirtschaft aufzuheben. Von einzelnen Ländern sei jedoch auf den dort herrschenden Arbeitermangel auf dem Lande hingewiesen worden, und so habe man sich im Ausschuß darauf geeinigt, die Landesregierungen zu ermächtigen, im Be⸗ dürfnisfalle die Verordnung zur Behebung des Arbeitermangels in der Landwirtschaft bis zum 31. Oktober d. J. in Kraft zu
erhalten.
Abg. Malzahn (Komm.): In der Kommission haben sich die Vertreter der Deutschen Volkspartei mit besonderer Energie für die Streichung der Bestimmung ausgesprochen, wonach Ent⸗ lassungen erst nach Durchführung einer verkürzten Arbeitszeit ulässig sein sollen und wonach ferner Betriebseinschränkungen und Penles tillegungen nur mit Zustimmung des Demobilmachungs⸗ amts erfolgen dürfen. Das zeigt uns, wohin die Reise geht. Wir wissen, daß die gegenwärtige Konjunktur nur eine Schein⸗ konjunktur ist, die jeden Augenblick zusammenbrechen kann. Kommt es dann zu Arbeiterentlassungen und im Anschluß daran zu Hungerrevolten, dann tragen Sie (nach rechts) die Hauptschuld daran. Wir bitten dringend, solange wir in unseren Arbeits⸗ verhältnissen noch nicht zu einer gewissen Stabilität gelangt sind, diese Schutzbestimmungen aufrechtzuerhalten und die entgegen⸗ stehenden Anträge der Rechtsparteien abzulehnen.
Abg. Molkenbuhr (Soz.) schließt sich führungen an.
Die Vorlage wird mit einer von den Sozialdemokraten beantragten Erweiterung in der Fassung der Kommission angenommen.
Der Gesetzentwurf, betreffend die vor⸗ läufige Regelung des Reichshaushalts für das Jahr 1922, wird in erster Lesung erledigt.
Der Ergänzungsetat zum Reichshaus⸗ haltsplan für 1922 wird ohne Erörterung an den Haushaltsausschuß verwesem w8. der Entwurf einer sechsten Ergänzung des Besoldungsgesetzes.
Nächste Sitzung Dienstag, 2 Uhr (Entgegennahme einer Erklärung der Reichsregierunoaag.
Schluß 8 Uhrn. 1
diesen Aus⸗
Parlamentarische Nachrichten.
Der Reichstagsausschuß für auswärtige An⸗ gelegenheiten hat sich gestern in kurzer Sitzung mit em Ver⸗ trag zum Abschluß der endgültigen Donauakte beschäftigt und nach einem Referat des Vertreters des Auswärtigen Amtes, Ge⸗ sandten Seeliger, dem Vertrage und dem darauf bezüglichen Gesetzentwurfe zugestimmt. . G
— Im Hauptausschuß des Reichstags wurde der Haus⸗ halt der Reichseisenbahn weiter behandelt. Auf en ens⸗ Anfragen aus der Mitte des Ausschusses wurden von seiten der Re⸗ gierung die erforderlichen Auskünfte gegeben. Angenommen wurde ein von fast sämtlichen Parteien unterstützter Antrag, der am Per⸗ sonalbestand des Reichsverkehrsministeriums verschiedene Einschrän⸗ kungen vorsieht. Ferner wurde ein Antrag des Abg. Dr. Pach⸗ ni 1 e (Dem.) angenommen, wonach die Reichsregierung schleunigst in die Prüfung der Frage eintreten soll, inwieweit der Vororttarif auszudehnen ist, insbesondere auf Orte, in denen durch die hohen, den Verkehr mit dem Zentralort erschwerenden Fahrtkosten eine Entwertung des Haus⸗ und Grundbesitzes, eine Einschränkung der Erwerbsmöglichkeit und eine Er chwerung der Siedlung herbeigeführt wird. Auch wurde ein Antrag des Abg. Stücklen (Soz.) angenommen, daß die Reichsregierung dahin wirken möge, in den Industrie⸗ gebieten für den Arbeiterberkehr Vorortzüge zu Vororttarifen einzulegen. Die e wurde außer⸗
zu so
dem ersucht, mit größter Beschleunig dafür rgen, daß der Betrieb 8 innerhalb des Dentschen Reiches verkehrenden
1 2. 2
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trag der Mitglieder
Schlafwagen wieder von den Reichsessenbahnen übernommen werde. Der Hauptausschuß ersuchte des weiteren die Reichsregierung, entsprechend einem Antrage des Abg. Dr. Qugatz (D. Vp.), in Zukunft die Geschäftsberichte der Reichsbahn tunlichst bald nach Schluß des Rechnungsjahrs vor⸗ zulegen und die Geschäftsberichte in der gleichen Vollständigkeit und Genauigkeit wie die Betriebsberichte der früheren Staatseisenbahnen, amentlich der preußischen, aufzustellen. Im Verlauf der weiteren Debatte fragte Abg. Dr. Höfle (Zentr.), nach welchen Gesichts⸗ punkten die Entlassung von Arbeitern erfolge. Es seien ihm Fälle bekanntgeworden, in denen junge Arbeiter weiter beschäftigt worden, während Arbeiter bis zu 30 Dienstzahren entlassen worden seien mit der Begründung, sie hätten genügenden Landbesitz. Die Reichs⸗ verkehrsverwaltung erklärte, daß die Richtlinien für die Entlassung mit dem Hauptbetriebsrat vereinbart worden seien. Bei der Erörterung der Frage, inwieweit es möglich sei, den
ersonalbestand noch zu verringern, wies der Staats⸗ sekretüär Stieler u. a. auf die ganz besonderen Schwierigkeiten hin, die sich hinsichtlich der Entlassung von Arbeitern im besetzten Gebiete ergäben. Seitens der Ententebehörden im be⸗ setzten Gebiet sei mehrfach gegen die versuchte Verringerung des Personalbestandes Einspruch erhoben und erklärt worden, daß davon keine Rede sein könne. Dieser Versuch der Entente, sich bei der Arbeiterschaft des besetzten Gebietes besondere Sympatien zu er⸗ werben, sei ohne Erfolg; der Eingriff sei um so unverständlicher, als gerade auf der andern Seite von der Entente auf eine wirt⸗ schaftlichere Gestaltung der Reichsbahn fortgesetzt hingewiesen werde. Abg. Dr. Reichert (D. Nat.) bezeichnete es als einen ganz un⸗ erhörten Eingriff der Feinde in die Eisenbahnhoheit des Reichs, wenn die Veränderung, insbesondere die Herabsetzung des Personal⸗ bestandes der Reichsbahn im besetzten Gebiet verboten werde. Dadurch werde die finanzielle Gesundung der Reichsbahn unmöglich
macht. Der Wirtschaftsminister Schmidt habe in der vorigen
oche selbst ausgeführt, wie viele gelernte Facharbeiter bei der Eisenbahn zurückgehalten würden und so den in der Industrie be⸗ stehenden Mangel an Facharbeitern vergrößerten. Die Entente handle widerspruchsvoll, wenn sie einerseits die Beseitigung der Defizit⸗ wirtschaft der Eisenbahn fordere, aber der Regierung in die Arme falle, wenn sie dies auch im Rheinland tun wolle. — Hierauf vertagte sich der Ausschuß.
— Im Reichstagsausschuß fur Bildungswesen wurde gestern der En twurf eines Reichsschulgesetzes weiter beraten. Abg. Dr. Düringer (D. Nat.) betonte, daß nicht, wie es von verschiedenen Rednern geschehen sei, das Kompromiß. sondern die Verfassung selbst Eerhelens werden müsse. Er ent⸗ wickelte den Standpunkt des Reichsgerichts hinsichtlich der Richt⸗ linien für Deutung und Anwendung von Gesetzen, bei der die Kommissionsberatungen zu berücksichtigen seien, foweit sie im Gesetze Ausdruck finden. Es sei zuzugeben, daß Absatz 1 die Simultanschule als Regelschule meine, wenn man den Erklärungen des Staatssekretars Schulz folge. Immerhin könne auch die Ausnahme zur Regel werden, wenn nämlich, was theoretisch denkbar sei, die Mehrheit der Erziehungsberechtigten die Bekenntnis⸗ schule fordere. Der Redner bemerkte noch, bgß die Regelschule in der Verfassung keinen Ausdruck finde. Die Anträge der Deutsch⸗ nationalen, der Deutschen Volkspartei und des Zentrums auf Gleichwertigkeit der Gemeinschafts⸗, Bekenntnisschulen und bekenntnisfreien Schulen widerspräͤchen nicht der Verfassung. Abg. Kunert (Unabh. Soz.) polemisierte gegen die Anträge der bürgerlichen Parteien, die er auf die Gegnerschaft gegen die weltliche Schule zurückführte. Er betonte, daß eine Einigung mit den bürger⸗ lichen Parteien ausgeschlossen sei.Abg. Wei 5b eem.) verwies darauf, daß die Erklärung des Staatssekretärs Schulz über die Simultan⸗ schule als Regelschule, die er in seiner Rede in der Nationalversamm⸗ lung abgegeben habe, eine authentische Austegung der Verfassung sei, wie auch Abg. Dr. Düringer anerkannt habe. „Der Redner führte aus, daß auch bei Annahme der demokratischen Anträge dem Zentrum nicht zugemutet würde, auf alle Bekenntnisschulen zu verzichten. Einem absoluten Schulmonopol habe er niemals das Wort geredet. Der Staat sei aber nicht nur eine Rechts⸗, sondern auch eine Bildungsgemeinschaft. Der Wille der Erziehungsberechtigten dürse nicht ausschließlich maßgebend sein; sonft könnte es keinen Schulzwang geben. Der Redner entwickelte sein Schulideal, das den geschichtlichen Religionsunterricht in die Hand des Lehrers legt. Hierfür sei aber keine Partei zu haben gewesen. Eine Verständigung
dem Boden des Kompromisses sei aber möglich und müsse ge⸗ funden werden.
— Bei der dritten Lesung des Gesetzentwurfs über bie Eöö der Frauen zum öffen⸗ und eschworenenamte im Rechtsauzschuß des Reichstags wurde das Recht der Ablehnung des Schöffen⸗ und Geschworenen⸗ amts außer den im Gesetze bezeichneten Religionsdienern auch den Mitgliedern religiöser Genossenschaften, und außer den Aerzten auch den Hebammen und Krankenpflegern zugestanden.
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Dem wirtschaftspolitischen Ausschuß des Reichs⸗ wirtschaftsrats ag n seiner Sitzung am 24. Rars ein An⸗ r. Frank und Brauns, betr. den Entwurf einer Verordnung siber die Beförderung gefährlicher Gegenstände mit Kauffahrteischiffen, vor. Der Ent⸗ wurf enthält nach der Meinung der Antragsteller Bestimmungen, die für eine große Anzahl wichtiger zur Ausfuhr kommender Chemi⸗ kalien, die Versrachtung über deutsche Seehäfen praktisch unmöglich machen würden. Der Antrag geht dahin, daß die Regierung die Küstenländer des Reichs veranlassen soll, die für den 1. April vorgesehene Inkraftsetzung der neuen Verordnung zurückzu- stellen und in eine nochmalige Beratung ihrer Bestimmungen unter Mitwirkung von Sachverständigen aus Interessentenkreisen einzutreten. Der Vertreter des Reichswirtschaftsministeriums führte dazu aus, daß es nur um einen Neudruck der alten Verordnung von 1912 handele, in den alle inzwischen eingetretenen Veränderungen, die zum großen Teil auf die Gutachten von jeweils zugezogenen Sachverständigen zurückzuführen seien, Üee ne worden seien. Preußen und Hamburg hätten das Inkrafttreten der Verordnung zum 1. April bereits bekannt⸗ egeben, eine Zurückstellung sei daher nicht möglich. Die Regierung ei jedoch bereit, mit den Interessenten in eine Prüfung der sie angehenden Vorschriften einzutreten und den Ländern gegebenfalls bestimmt umgrenzte Abänderungsvorschläge zu machen. Der Aus⸗ schuß 1. te für die Prüfung der Verordnung einen Unterausschuß ein. Auf Antrag des Mitglieds Hansen beschloß der Ausschuß ferner, einen Arbeitsausschuß von fünf Mitgliedern einzusetzen, der be⸗ schleunigt Maßnahmen zu prüfen hat, welche die bereits eingetretene und noch schwerer werdende Betriebsstoffnot (Benzol) der gewerblichen Verbraucher zu beheben geeignet sind. Der Reichswirtschaftsminister hatte den Ausschuß um ein Gutachten darüber ersucht, ob die zurzeit bestehende Ausfuhrsperre für Spezialmaschinen zur Herstellung von Bleistiften und Schiefertafeln weiterhin aufrecht zu erhalten oder aufzuheben ist. Der Unterausschuß für Ausfuhrbedingungen hat in seiner Sitzung am 2. März die Frage der Sperre der Ausfuhr von Spezialmaschinen sowohl grundsätzlich als auch für die zwei Spezialfälle der Ausfuhr von Mlaschinen für die Herstellung von Bleistiften bezw. Schiefertafeln beraten und ist zu dem Beschluß ge⸗ kommen, daß 1. allgemeine Grundsätze für den Erlaß von Ausfuhr⸗ sperren für Spezialmaschinen nicht durchführbar sind und 2. die sre bestehenden .eee en für Spezialmaschinen der Blei⸗ tift⸗ und Schiefertafelindustrie aufgehoben werden müssen. Der Unterausschuß ist bei der Fassung des Beschlu es davon ausgegangen daß die Feststellung des Begriffs „Spezialmaschinen“ in gesetzgeberis brauchbarer Form unmöglich ist. Aus den 2 erhandlungen hat si ferner ergeben, daß die tatsächliche Ausfuhr durch eine Sperre nicht verhindert werden kann, wenn es sich, wie in den meisten Fällen, um Maschinen und Maschinenteile handelt, die auch für andere als für diese Spezialzwecke verwendel werden und bei denen z. B. nur ein in die Maschine eingesetztes Werkzeug sie für die speziellen Zwecke brauchbar macht. In solchen
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