Bedeutung zuweisen als neuen Paragraphen, die wir vielleicht machen. (Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.)
Zum körperlichen und moralischen Wiederaufbau gehört der geistig wissemschaftliche. Meine Damen und Herren! Ich freue mich, daß im Hauptausschuß von allen Parteien eine Summe an gefordert und bewilligt worden ist zugunsten unserer darnieder liegenden deutschen Wissenschaft, dieser deutschen Wissenschaft, die mit dem deutschen Staate, mit dem deutschen Staatsbegriff immer enger verbunden gewesen ist als in irgendeinem anderen Lande, dieser deutschen Forschung, die auf dem Gebiete der Geisteswissen⸗ schaft und der Naturwissenschaft heute nicht mehr die notwendigsten und elementarsten Instrumente hat, um ihre Arbeit weiter zu verrichten, dieser deutschen Wissenschaft, die nicht das Geld hat, um die aus dem Ausland kommenden periodischen Zeitschriften zu kaufen, dieser Wi senschaft, die jetzt selber gezwungen ist, ihre Zeit⸗ schriften eine nach der anderen eingehen zu lassen, und der dadurch selbst das notwendige Tauschmatevial abhanden kommt, um die wichtigsten der fremden Zeitschriften einzutauschen.
Zu diesem geistigen Wiederaufbau gehört auch die Sorge für den geistigen Arbeiter, die Sorge nicht nur für die deutschen Studenten, sondern auch für alle diejenigen freien geistigen Arbeiter, die heute unter unseren wirtschaftlichen Zuständen schlimmer leiden als irgendein anderer Beruf. Wir prüfen in unserem Amte, ob wir nicht einem heute wirtschaftlich und beruf⸗ lich besonders bedrohten Stande, nämlich dem deutschen Journa⸗ listen, der von Jahr zu Jahr, in den letzten Jahren stürmisch und rapide, in eine immer größer werdende Abhängigkeit von der Wirtschaft, vom Kapital zu kommen droht (sehr richtig! bei den Sozialdemokraten), ob wir nicht diesem deutschen Journalisten gesetzlich helfen können. Ich möchte auch in diesem Zusammen⸗ hang darauf aufmerksam machen, daß die Not, in der die deutsche Presse augenblicklich lebt, nicht nur eine wirtschaftliche Frage ist, sondern eine Frage, die den Aufbau des geistigen und politischen Deutschlands tief berührt, und daß wir uns darüber klar zu werden haben, was nicht nur für wirtschaftliche Folgen ein weiterer Zusammenbruch und ein weiterer Ausfall von Dutzenden kleiner deutscher Zeitungen bedeutet, sondern was er auch für zunser politisches Leben, für den Aufban unseres politischen Ge⸗ meinbewußtseins bedeutet. (Sehr richtig! bei den Sozial⸗ demokraten.)
Kurz lassen Sie mich zum Schluß berühren den Kreis meiner Aufgaben, den ich umfassen möchte mit dem Worte des staatlichen Wiederaufbaues. Das Problem ist, diesen stürmisch gewordenen neuen Staat auch denjenigen Schichten innerlich und äußerlich nahe zu bringen, die sich bisher abseits von ihm halten. Ich bilde mir nicht ein, daß mir das gelingen wird, aber ich möchte den Herren und den Vertretern derjenigen Schichten, die sich in einem prinzipiellen Gegensatz zu diesem neuen Staat bewegen, heute und an dieser Stelle einmal eines zu bedenken geben. Meine Herren von der Rechten, haben Sie einmal darüber nachgedacht, wie der deutsche Staat aussehen würde, der vor der Revolution durch die Erlasse des Kaisers im September und durch die Erlasse der kaiserlichen Regierung im Oktober 1918 angebahnt wurde? (Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Im September 1918, lange vor der Revolution, hat der ehemalige deutsche Kaiser einen Erlaß hexausgegeben, in dem es heißt:
Ich wünsche, daß das deutsche Volk wirksamer als bisher an der Bestimmung der Geschicke des Vaterlandes mitarbeitet. Es ift daher mein Wille, daß Männer, die vom Vertrauen des Volkes getragen sind, in weitem Umfange teilnehmen an den Rechten und Pflichten der Regierung.
(Sehr richtig! rechts.) Und wenige Tage später (Zuruf rechts) — es geht noch weiter, Herr Kollege — hat die kaiserliche Regierung am 4. November, als noch keine Revolution da war, folgendes herausgegeben:
Wichtiges ist erreicht. Das gleiche Wahlrecht in Preußen ift gesichert. Eine neue Regierung hat sich aus Vertretern der Mehrheitsparteien des Reichstags gebildet. Der Reichskanzler und seine Mitarbeiter bedürfen zu ihrer Amtsführung des Ver⸗ trauens des Reichstags und damit des Volkes. Grundlegende Rechte sind von der Person des Kaisers auf die Volksvertretung übertragen worden. Kriegserklärungen und Friedensschluß unter⸗ liegen der Genehmigung des Reichstags. Die Unterstellung der Militärverwaltung unter den verantwortlichen Reichskanzler ist durchgeführt. Amnestieerlaß, Preßfreiheit und Versammlungs⸗ recht sind gewährleistet. Doch vieles bleibt noch zu tun. Die Um⸗ wandlung Deutschlands in einen Volksstaat
— am 4. November, vor der Revolution —, v161666““ der an politischer Freiheit und sozialer Fürsorge hinter keinem Staate der Welt zurückstehen soll, wird entschlossen weitergeführt.
(Zurufe von den Deutschnationalen.) — Herr Kollege Helfferich, ielleicht hören Sie diesen interessanten Satz noch an:
Die Neugestaltung kann ihre befreiende und heilende Wirkung nur ausüben, wenn sie einen Geist in den Verwaltungs⸗ und Militärbehörden findet, der ihren Zweck erkennt und fördert. Wir erwarten
— die kaiserliche Regierung — von unseren Volksgenossen, die in amtlicher Stellung dem Ge⸗ meinwesen zu dienen berufen sind, daß sie uns willige Mit⸗
aarbeiter sein werden.
(Zurufe rechts: Also warum die Revolution?)
Meine Damen und Herren, wozu lese ich Ihnen das vor?
Damit Sie sich die Frage vorlegen (Zurufe rechts) — und ich habe
sie vorhin schon formuliert —: wie würde das Deutschland aus⸗ sehen, das nicht die Revolution gehabt hätte, das einfach nach diesen kaiserlichen Erlassen regiert worden wäre? (Fortdauernde Zurufe rechts.) Ich sage Ihnen, daß das parlamentarische Deutschland, das Sie heute noch bekämpfen, schon in diesen Erlassen fest be⸗ schlossen war. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten. — Abg.
D. Dr. Kahl: Also wozu die Revolution?) — Herr Kollege Kahl,
wozu die Revolution? Ich habe sie nicht gemacht. Ich sage Ihnen also, wenn Sie dieses parlamentarische Deutschland bekämpfen, be⸗ kämpfen Sie eben etwas, was organisch im Kriege und unter der
Sanktion der kaiserlichen Regierung schon beschlossen war. Wieder⸗
holte Zurufe rechts.) Ich hatte ja gehofft, Herr Kollege Dr. Rießer, daß vielleicht diese kleine historische Reminiszenz hes und das war der Zweck meiner Ausführungen — Ihnen, die gemeinsam fühlen, es leichter macht, sich in die nene staatliche Form zu fügen. Ich hoffe, daß wenigstens draußen diese kleine Erinnerung von mir einen besseren Erfolg hat als bei Ihnen. V
Meine Damen und Herren! Darüber werden wir uns ja alle klar sein, daß der deutsche Staatsbegriff, ob vor, ob nach, ob mit, ob ohne Revolution, durch die Umwälzung vollkommen ins Wanken geraten und erschüttert worden ist. Die Aufgabe ist, diesen Staatsbegriff — und nun nicht den alten, sondern einen neuen Staatsbegriff im deutschen Volke zu stabilisieren. Noch heute wird dieser Staatsbegriff andauernd ins Wanken gebracht — darauf möchte ich auch hier Ihre Aufmerksamkeit richten — nicht nur durch politische Phantasten von links und rechts, sondern er wird mindestens in dem gleichen Maße erschüttert und bedroht durch die wirtschaftlichen Verbände, durch die großen wirtschaft⸗ lichen Organisationen, die in dem neuen Deutschland in Gefahr sind, eine viel größere Macht zu erreichen als es ihnen im alten Deutschland möglich war. (Zuruf von der Deutschen Volkspartei: Also auch die Gewerkschaften!) — Kollege, ich verstehe unter Organisationen nicht nur die Unternehmer⸗, sondern auch die gewerkschaftlichen Organisationen. (Hört, hört! auf der äußersten Linken.) Es wird die Aufgabe einer staatsschöpferischen Politik sein, den klassischen deutschen Staatsbegriff gegen wirtschaftliche Zerreibung und Pulverisierung des Staates zu verteidigen. Hört, hört! auf der äußersten Linken.) Diese Verteidigung ist die Auf⸗ gabe der deutschen Demokratie, und wir werden diesen Staats⸗ begriff verteidigen nach rechts und nach links. Wir werden ihn verteidigen mit dem neuen Staatsbegriff, den zu schaffen, den aus sich heraus zu schaffen die Aufgabe dieses Volkes ist.
Im früheren Staat war das Beamtentum eine der festesten Stützen dieses Staates. Es ist kein Wunder, daß auch die Beamtenschaft von dieser Erschütterung erfaßt worden ist. Wir alle haben in den letzten Monaten erlebt, wie weit diese Er⸗ schütterung des Staatsbegriffes in Teilen der Beamtenschaft schon vorgedrungen ist. (Sehr richtig! auf der äußersten Linken.) Der Beamtenschaft wird es gemäß ihrer starken Stellung im früheren Staat ganz natürlicherweise in gewissem Sinne schwerer, diesen Uebergang in den neuen Staat, der von der Beamtenschaft ganz andere Dinge verlangt, zu machen. Denn die Beamtenschaft, der Beamtenkörner ist heute eben nicht mehr der kaiserliche und könig⸗ liche Beamtenkörper, sondern er ist gewissermaßen das Organ, mit dem sich das Volk selbst verwaltet. Die Reichsregierung hat nichts getan und wird nichts tun, der Beamtenschaft diesen Ueber⸗ gang schwerer zu machen. Aber was sie verlangt und was sie ver⸗ langen muß, ist, daß diese Beamtenschaft, die eben jetzt zu einem Organ geworden ist, mit dem sich das Volk selbst verwaltet, nicht nur fest auf dem Boden der Tatsachen steht, sondern fest in diesem Boden wurzelt. Wir werden keine Gesinnungsschnüffelei treiben, und wir werden, wie in anderen Dingen, so auch hier nicht kleinlich sein. Aber das werden wir verlangen, daß der Beamte in dieser Beziehung ganz fest steht.
Und noch eins. Woran sich der Beamte dieses Volksstaates gewöhnen muß und woran er sich auch, wie ich glaube, bald ge⸗ wöhnen wird, ist, daß in diesen Beamtenkörper des neuen Staates auch von außen her, auch aus anderen Berufen Leute herein⸗ kommen, vorausgesetzt, daß Sie die Fähigkeiten für diese Tätig⸗ keit haben. Ich bin gar nicht bange, daß unser Beamtentum in dem Wettlauf, in dem Wettstreit mit diesen neuen Mitarbeitern, gegen die es sich im Anfange vielleicht gesperrt hat, eine ganz gute Figur machen wird; denn ich bin fest davon überzeugt: mag es im Anfange der Umwälzung hier und da zu Mißgriffen ge⸗ kommen sein, auf die Dauer läßt sich ein Volk wie das deutsche nur das gefallen, was dieses Volk sachlich und tüchtig regiert. (Lachen rechts. — Abg. Dr. Helfferich: Sehr richtig!)
Meine Damen und Herren! Im Zusammenhang hiermit ein kurzes Wort über die Aufgabe meines Ministeriums, den neuen Staat auch in seinen neuen Formen im Volke fest einzuwurzeln. Ein Staat ohne Formen, ein Staat ohne Symbole ist kein Staat. Wir haben diese neuen Formen, wir schaffen diese neuen Formen. Diese neuen Symbole sind nicht beim Kanonendonner und unter
Fahnen enthüllt worden; diese Symbole stammen aus einer
schweren Zeit. Aber ich bin fest überzeugt, daß derjenige Teil des Volkes, der diese Symbole erfaßt hat, und zwar gerade deshalb, weil sie aus diesem Elend heraus geboren sind, sie für immer festhalten wird. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.)
Meine Damen und Herren! Ich verstehe nun vollkommen, daß genau so, wie zu dem ganzen Staat größere Schichten des Volkes Mißtrauen haben, wie sie zum ganzen Staat abseits stehen, sie auch abseits dieser neuen Formen stehen. Was ich aber gerade denjenigen, die abseits stehen, empfehlen möchte, ist, daß sie genau denselben Respekt, den diejenigen, die früher ab⸗ seits standen, den alten Symbolen entgegengebracht haben; auch den neuen Symbolen entgegenbringen, daß grade Sie (nach rechts) als Männer, die auf das sogenannte Nationale doch das Hauptgewicht zu legen behaupten, im Kampfe gegen diese Sym⸗ bole niemals den Blick auf das Ausland verlieren. Ich muß sagen: es ist ein merkwürdiges Nationalbewußtsein, wenn vor einigen Wochen eine Reihe von Reichsdeutschen des Auslandes nach Deutschland schrieben und es veröffentlichen ließen, sie müßten sich überlegen, ob sie nicht amerikanische und südamerikanische
Flagge werden sollten. (Hört, hört! bei den Sozialdemokraten.) Was ist das für ein Nationalbewußtsein, das die Stellung zu einem Symbol zum Angelpunkt des ganzen Nationalgefühls macht. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Also, was ich fordere, ist nicht, daß Sie (nach rechts) in Untreue in Dinge hineinspringen und Dinge anerkennen, die Sie innerlich nicht an⸗ erkennen können, aber daß Sie diesen Kampf mit jenem Maß an Respekt führen, das früher aufgebracht wurde, und mit jener Rück⸗ sicht auf nationales Ansehen draußen, das doch gerade Sie so oft betonen. (Zurufe rechts.)
Meine Däͤmen und Herren! Ich komme zum Schluß. Mein Ministerium ist stolz darauf, unter den großen Aufgaben, die es zu lösen hat, auch die zu haben, in besonderem Maße für die jetzt seit drei Jahren besetzten Gebiete des Westens zu sorgen. Ich möchte nicht ausführlich auf einen Punkt eingehen, der uns in der Debatte noch beschäftigen wird. Aber das möchte ich gerade in Anknüpfung an das, was ich eben gesagt habe, auch hierbei hervorheben. Wir arbeiten für das besetzte Gebiet. Wir schützen das besetzte Gebiet aber nicht nur dadurch und nicht nur dann, wenn wir wirtschaftliche oder andere Unterstützungen diesem Ge⸗ biet zuteil werden lassen, sondern die Kraft der Bindung zwischen
dem besetzten Gebiet und Deutschland wird immer von der Kraft
Staatsangehörige angesichts der neuen schwarz⸗rot⸗goldenen
der Einheit abhängen, die in dem übrigen Deutschland vor
handen ist. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Auch von
diesem Gesichtspunkt aus möchte ich Sie dringend bitten: führen Sie den Kampf gegen den neuen Staat, gegen seine Formen, aber denken Sie nicht nur dabei an das große Ausland, sondern auch daran, daß jeder solcher Streit, ausgetragen in den Formen, in denen sich jetzt der Kampf um die Flaggen ausgewachsen hat, auch die Stimmung und den Geist des besetzten Gebietes schwächt. (Zuruf rechts: Die Rede von Bernstein!) 1
Wenn ich den ganzen Komplex der hier berührten Fragen im großen formulieren will, dann möchte ich sagen, daß es sich inner⸗ politisch bei uns heute darum handelt, ein neues Staatsbewußtsein, ein neues Nationalbewußtsein aufzubauen, zu pflegen, wachsen zu lassen. Dieses neue, dieses gewachsene, von unten auf gewachsene Nationalbewußtsein wird demokratisch oder es wird nicht sein. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten — Lachen rechts.) Es wird an die reichen Traditionen anknüpfen, die unsere Geschichte und unser Volk hat. (Zuruf von der Deutschen Volkspartei: Die waren nicht demokratisch!) Aber es wird über dies alte nationale Staatsbewußtsein hinaus sich mit einem Stolz und einem Selbst⸗ bewußtsein füllen, das dem deutschen Nationalbewußtsein von früher leider sehr oft gemangelt hat.
Meine Damen und Herren! Das einzige, was uns allen — auch Ihnen (nach rechts) und auch Ihnen (zur äußersten Linken) auf der Linken — nach diesem Zusammenbruch,noch geblieben ist, und auf dem wir alle feststehen, das ist dieses Reich. Füllen wir dieses Reich, füllen wir diesen staatsrechtlichen Begriff des Reiches mit sozialem Verantwortungsgefühl, mit republikanischem Staats⸗ bewußtsein und mit jenem demokratischen Nationalbewußtsein, von dem ich eben gesprochen habe, dann werden wir das werden, was wir sein müssen: nach außen eine Nation und nach innen ein Volk (Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten. — Zischen rechts.)
Abg. Dr. Schreiber (Zentr.): Der Minister würde sich seine Stellung erleichtern, wenn er sich in bezug auf die Staats auffassung besonders seinen Beamten gegenüber eine größere Reserve auferlegte. An das Reichsministerium des Innern sind immer neue Aufgaben herangetreten, denn es hat auch die Not⸗ zustände des deutschen Volkes und des besetzten Gebietes sowie die Gesundheitsaufgaben zu bearbeiten. Allerdings werden im Jahre 1923 auch gewisse Aufgaben abbröckeln können, wie z. B. die Abteilung für Elsaß⸗Lothringen und das Reichsnachweisamt. Der Etat ist mit bemerkenswerter Sparsamkeit aufgestellt, er schließt mit 490 Millionen weniger ab als der Etat für 1921. Alle Ver⸗ suche für die Verwaltungsreform haben bisher zum Ziele nicht geführt. Der Verbilligungsausschuß ist wieder eingeschlafen. Das Abstreichen von Summen ist ein grausames Verfahren, aber die Sparsamkeit muß praktisch in Erscheinung treten, wenn sie auch etwas mechanisch ist. Die wichtigste Frage ist aber eine organische Reform; eine Kommission dafür muß mit solchem Ansehen und solcher Legitimatin ausgerüstet sein, daß sie dem Kabinett Vor schläge machen kann. Das Ministerium des Innern muß be⸗ sonders eine stetige Linie in der Personolpolitik innehalten; die alte eingewurzelte Beamtenschaft mit ihren wertvollen Tra⸗ ditionen muß als Stamm erhalten bleiben. Wir werden die Per sonalpolitik des Ministeriums scharf prüfen. Vom Haushalts ausschuß ist eine Entschließung angenommen, wonach die unehe liche Mutterschaft bei weiblichen Beamten und Hilfskräften nicht Grund zu einem Disziplinarverfahren oder zur Nichtbeförderung von Hilfskräften zu Beamtinnen sein soll. Der schuldige Mann hat allerdings eine schwere Verantwortung auf sich geladen, und der Charitasverband für das katholische Deutschland hat eine an⸗ gemessene Versorgung der unecehelichen Kinder von Kriegs teilnehmern befürwortet, aber die völlige Gleichheit der unehelichen Kinder mit den ehelichen geht zu weit, denn dadurch wird die christlich⸗deutsche Familie, die Grundlage unseres Volkes, die unter den besonderen Schutz der Verfassung gestellt ist, geschwächt. Auch zahlreiche Beamtinnen haben gegen diese Entschließung scharfen Einspruch erhoben. Man kann gewiß mit dem einzelnen Fall Mitleid haben und soll auch eine erhöhte Fürsorge für die unehe lichen Mütter aus sozialem Verständnis im Auge behalten, aber man kann es verstehen, daß zahlreiche Frauen diese Gleich berechtigung ablehnen. Ich weise auch auf die strenge Auffassung Goethes über die Ehe in seinen Wahlvervandtschafsen⸗ hin. Für die Versorgung der Beamten aus Elsaß⸗Lothringen müssen Länder und Gemeinden ernstes Verständnis haben. Das Staatssekretariat für die besetzten Gebiete und die Vermittlungsstelle im Mini sterium des Innern zwischen dem besetzten und unbesetzten Gebiet haben erfolgreich gearbeitet. Dem Staatssekretariat muß eine größere Bewegungsfreiheit gelassen werden. Schlimm wäre es, wenn in den Fragen des besetzten Gebietes eine Ressorteifersucht oder Reibereien zwischen den einzelnen Gliedstaaten entständen. Das Reich trägt der Lage des besetzten Gebietes Rechnung, aber in ganz Deutschland muß das Verständnis dafür immer mehr wachsen. Mit gelegentlichen Demonstrationen zugunsten des be⸗ setzten Gebietes ist es nicht getan; das besetzte Gebiet braucht moralische Unterstützung und praktische Hilfe in Gesetzen und Ver⸗ waltung. Wir Deutschen müssen lernen, die Frage des besetzten Gebietes als eine gesamtdeutsche Angelegenheit zu behandeln. — Den Reichswasserschutz wünschen wir zu erhalten. Irgendwelche Abstriche bei der Technischen Nothilfe mache ich nicht mit; diese ist nicht ein “ sondern ein Not⸗ zustand. Ich wünschte, daß auch ohne die Technische Not⸗ hilfe die Räder des Wirtschaftslebens wieder laufen könnten. Es muß ein Schlichtungsverfahren praktisch wirksam gemacht werden und die Technische Nothilfe überflüssig machen. Wir müssen aber mit aufrichtigem Dank der Technischen Nothilfe gegenüberstehen. Das Reichsamt für die Landesaufnahme hat dankenswerte Arbeit geleistet, und eine Entschließung des Aus⸗ schusses wünscht, daß die Druckerei desselben wieder in vollem Um⸗ fange betrieben und rentabel gemacht wird. Die Statistik über die Volksseuchen spricht eine ernste und grausame Sprache, aber das Ausland irrt, wenn es meint, daß Deutschlands Gesundheit untergraben sei. Tuberkulose und andere Volksseuchen sind viel⸗ mehr international. Bis jetzt ist es uns gelungen, die Volks⸗ seuchen einzudämmen, wenn aber Deutschland finanziell und wirt⸗ schaftlich weiter geschwächt wird, dann entsteht die Gefahr, daß einmal eine Ueberflutung kommt und Seuchenherde in das Aus⸗ land abwandern, dann können dem Auslande die Augen. aufgehen. Für die Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit hätten wir gern höhere Mittel gewünscht, wir begrüßen aber wenigstens die Förde⸗ rung der Jugendpflege durch das Ministerium des Innern. Der Notlage des besetzten Gebietes und den dort auftretenden Volks⸗ seuchen muß besonderve Aufmerksamkeit gezollt werden. Dies gilt auch für das rheinisch⸗westfälische Industriegebiet wegen der An⸗ häufung der Industriebevölkerung durch neue Zechen und Berg⸗ werke. Zur Bekämpfung des Materialismus bedürfen wir des Zusammenwirkens aller sittlichen Kräfte. Auf unsere Forderung zur Bekämpfung des Schmutzes und der Unsittlichkeit in Kunst und Literatur werden wir nie verzichten. Gewiß lassen sich diese Probleme schwer lösen, aber wo eine Wille ist, wird auch ein Weg sein. Die Filmindustrie soll sich nicht bloß einstellen auf Schauer⸗ geschichten, Banalitäten und Roheiten. Schon im Interesse der Volksbildung legen wir großen Wert darauf, daß an eine Re⸗ vision des Lichtspielgesetzes herangetreten wird. Dem Notstand der deutschen Wissenschaft muß abgeholfen werden. Wir begrüßen es, daß aus dem Ausland namhafte Spenden eingegangen sind, wir haben aber auch gern dem Antrag zugestimmt, die Position
— 1
8 “
(Fortsetzung in der 8
Zweite B eilage
zum Deutschen Reichsanzeiger und Preußi
Berlin, Dienstag, den 4. April
neeAerermwewrce üveh-deen
esxnxaeere.
Tr. 80.
ZE“ (Fortsetzung aus der Ersten Beilage.)
r Förderung der von der Notgemeinfe ft verfolgten Zwecke auf 40 Millionen zu erhöhen. Kein Ministerium hat den Begriff der Volksgemeinschaft so zu pflegen wie gevade das Ministerium des Innern. Seine Aufgabe wird es sein, alle die Güter zu bewahren und zu fördern, die der Volks⸗ inschaft dienen. Nun hat dasselbe Ministerium in seinem Fereich die Pflege des Minderheitsrechtes durch ein besonderes Referat aufgenommen. Es wird darauf ankommen, nicht bloß den Schutz der Minderheiten in den abgetretenen ehemaligen Ge⸗ bieten des Deutschen Reiches im Westen, Osten und Norden ins Auge zu fassen, nein, auch 8-eeeHgö-⸗ müssen wir den Gedanken des Minderheitenrechtes ausbauen. rin liegt eine der großen Aufgaben des Ministeriums und eine seiner beherrschenden Leit⸗ motive, den Gedanken der Volksgemeinschaft und den des Minder⸗ heitenrechtes in harmonischen Einklang zu bringen. (Lebhafter Beifall im Zentrum.) Mumm (D. Nat.): Der Minister hat manches gesagt, das 1ce. . als das Wort eines Staatsmannes, soe er b mehr eines Parteimannes ansehen möchte. Wären die Erlasse des Kaisers zur Ausführung gekommen, so wäre uns ein soziales S erhalten geblieben. Dadurch, daß jene Erlasse voraus⸗ gegangen sind, wird das Verbrechen der Revolution noch größer. (Großer Lärm auf der äußersten Linken.) Eine v. war die Ankündigung eines neuen Gesundheitsministeriums. Ist das ein Beschluß des Kabinetts oder die Privatansicht des Mi⸗ nisters? Wir wollen die Gesundheitspflege in dem kisherigen Sinn des Reichsgesundheitsamtes, aber nicht alle Fans üeene Experimente, wie sie von den Unabhängigen und den Mehrheitssozialisten empfohlen werden. Turnen und Sport soll man nicht verwechseln, wir wollen die Pflege der Leibesübungen ohne Schaustellun n. Dunkel waren die Worte des Ministers über die Beamten. Wir werden im Sinne der See. darauf halten, daß die Beamten die volle Freiheit, auch die völlige Frechen ihrer monarchischen Gesinnung haben. (Großer Lärm auf der äußersten Linken. Der Abg. Thomas wird wegen eines beleidigenden Zurufs zur Ordnung gerufen.) Ueber die Entschließung des Ausschusses, wonach für weibliche Beamte die Tatsache der unehelichen Mutterschaft als solche nicht Grund zur Entlassung oder Anstrengung eines Disziplinarverfahrens 8 soll, werden wir namentliche Abstim⸗ mung beantvagen. i die Massene inwanderung stammes⸗ fremder Elemente aus dem Osten muß endlich eingeschritten werden. Anders dagegen müssen wir uns verhalten gegen die bluts⸗ und stammesverwandten Deutschen von der Wolga und aus der Ukraine, die in höchster Not des Leibes und der Seele zur Mutter Germania zurückgehen wollen. Diesen müssen wir helfen. In der Forderung ciner Bekämpfung der und⸗ und Schmutz⸗ Ritevatur ist die Nationalversammlung, der vorläufige Reichs⸗ präsident Ebert und der Reichstag einig. ch frage die Regierung, ob sie bereit ist, dem vom vorläufigen Rei äsidenten Ebert am 16. Februar 1921 geäußerten Ersuchen zu entsprechen. Bis zum K, n zape hat die Reichsregierung noch keine Vorlage macht. Pr Zustände in Deutschland sind heute so, daß sie eine samtfront aller anständigen Menschen zur Folge haben müßten. Der schon vorhandene gesetzliche Schutz gegen unsittliche und ver⸗ rohende Darstellungen, gegen Nackttänze und den Schmutz so⸗ Familienrestaurants wird nicht ausreichend ausgeübt. ir haben die Pflicht, die Menschenwürde der Schauspieler und Schauspielerinnen gegen den gewissenlosen Mammonisnus 15 schüten. In einem Kabarett der Friedrichstvaße treten nackte Frauenzimmer auf. An den Bauzäͤunen liest man Ankündigungen: zBeig mir mal dein Muttermal!“ (Zurufe links: Da geht bein Arbeiter hin!) Allerdings ist es meist der reiche Pöbel, der diese Dinge Im „Intimen Theater“ in der Bülow⸗ ße werden Stü⸗ Fipfelt mit Titeln wie „Warum läufst Du immer so nackt herum?“ Derartiges wird in der Reichshauptstadt aufgeführt, während ringsum die inde auf unser Verderben sinnen. (Abg. Malzahn: Und das i Sie sich alles angesehen?) Ist es nicht möglich, daß durch die Devisenordnung ausgeschlossen wird, daß die Tantiemen für solche Schmutzstücke an die Pariser Schmutzdichter kommen? Nach den Berichten von Sachverständigen wird 70 vH des ganzen deutschen Papiers ser Schundliteratur verbraucht. Die “ des großstädtischen Straßenlebens wird am besten in einer kschrift der Kafseehausbesitzer von Groß Berlin an den Minister des Innern geschildert. Ueberall geigt sich dieselbe breite Schmutzwelle, die unser öffentliches Leben überfluten sucht, überall dieselbe erotische Verschmutzung. — er „Fränkische Kurier“ vergleicht in einem Leitartikel unsere Zeit mit dem Verfall im alten Rom. Während Frankreich uns end⸗ nzösischen Schwänke, einer immer wertloser und unsittlicher als r andere. Wo agc man dagegen eine Aufführung von Schiller, Kleist und Hebbel? (Zuruf links: Volksbühne!) Die Volksküͤhne nehme ich ausdrücklich aus, ebenso die anderen Arbeiterbühnen. sind im großen und ganzen die Berliner Bühnenleiter, die das Land der Deutschen mit der Seele suchen? Geschäftsleute sind es, die mit geschäftstüchtiger Reklame die Gimpel anziehen. Heute ist jedes fünfundzwanzigfte Neugeborene syphilitisch belastet. Auch wir begrüßen die Freiheit der Kunst, die aber nicht Zü losigkeit bedeuten darf. Die Kunst muß sittlich sein. Bei den geschilderten Zuständen handelt es sich aber nicht um Kunst, sondern um das allergemeinste Geschäft, das man sich denken kann. Diejenigen, die gegen diese Zustände ankämpfen, müssen sich eine Hehe sonder⸗ leichen gefallen lassen, so früher Adolf Stöcker, jeßt Professor unner. Unerfrenlich ist es, wenn der Reichskunstwart Dr. Redslob als Gutachter ein Werk als nicht anstößig bezeichnet, das Gericht aber durch die Verurteilung des betreffenden An⸗ Fnese zeigt, wie wenig es auf dieses Gutachten legt. Der Reichskunstwart sollte nicht als gerichtlicher Sachverständiger auftreten, er hat genug zu tun, wenn er sich um die neuen elenden Briefmarken kümmern wollte. Ein ichen der Zeit ist es auch, wenn in einem Augenblick, wo wissenschaftliche Werke nur in Not⸗ drucken und in völlig ungenügender Ausstattung erscheinen können, Lugusdrucke erscheinen, wie z. B. der Venns i, der nur für reiche Wüstlinge bestimmt ist. Solche Zustände schädigen auch den veüschen Namen und .“ Fnnst im 2288 ber. ünschen die möglichst nige übschiedung eines Notgesetzes Pgen 1. ⸗gngn Eäe und die schärfste Bekämpfung der chieber und Wucherer. Durch Gesetz sollte den Jugendlichen bis zum vollendeten 18. Lebensjahre der Besuch von Varietés und Kabaretts verboten werden. Einer scharfen Zensur bedürfen auch die öffentlichen Plakate. Wir kommen nicht weiter, ehe wir nicht eine andere öffentliche Meinung haben. Diejenigen müssen wieder Mut gewinnen, die die Würde der ffrau und die Reinheit des Lindes zu ihrem Leitstern machen. Es geht nicht an, bei dem Grundsatz zu verharren, daß jeder mit seinem Körper machen könne was er wolle. Niemand darf die Sittlichkeit durch den Gebrauch seines Körpers verletzen. Wir haben die dringende Pflicht, jeden Schmutz und Schund zu bekämpfen und unfere Jugend zu schützen, und der Reichstäag hat das überragende öffentliche Interesse gegen⸗ über der entfesselten Selbstsucht zu betonen. Wir bedürfen einer srraffen Anwendung der bestehenden Gesetze, die Behörden müssen uskehr halten. Zum drittenmal stehe ich hier als Interpellant: das erstemal galt es, einen Angriff auf den Religionsunterricht ebzuwehren (lärmende Zwischenruße links), und die Sbi. war der W 8
meinschaft der dentschen Wi .
Fens erdrosseln will, jagen sich auf den Berliner Bühnen die
—
Artikel 149 der Verfassung, der den Religionsunterricht zum ordentlichen Lehrgegenstand macht; das zweitemal galt es, der mammonistischen Entartung des Lichtspielgewerbes entgegen⸗ zuwirken, und die Frucht war das mit überwältigender Mehrheit angenommene Lichtspielzensurgesetz. Heute gilt es, den Kampf gegen Schund und Schmutz nicht auf das Lichtspielgewecbe zu beschränken, sondern auf alles auszudehnen, was bekämpfens⸗ wert ist, um die Jugend zu schützen. (Abg. Adolf Hoffmann (u. Soz.): Auch die Bibel! Wo bleibt die Schulbibel2) Dieser Zwischenruf steht so niedrig, ich kein Wort darauf habe, das parlamentarisch zulässig wäre. Ich erwarte, daß der Minister für diese Sache eintritt, und hoffe, daß die überwältigende Mehrheit des Reichstages das Empfinden hat: so wie bisher geht es nicht weiter. Hier offenbart sich das ärgste Dunkel des Kapitalismus, und gerade die breiten Schichten des Volkes, die nur in geringem Umfang eine gute Erziehung genießen können, sollten hier praktisch mitarbeiten. Sie (zur Linken) sollten die Macht, die Sie in der Regierung haben, benutzen, daß vorwärts gegangen wird. An uns auf der Rechten wird es nicht fehlen, wenn es den Kampf gegen Schmutz und Schund zum Schutze der Jugend gilt. (Lebhafter Beifall rechts.)
Um 61 ¼ Uhr vertagt das Haus die weitere Beratung auf Dienstag, 2 Uhr (außerdem dritte Beratung des Mantel⸗ gesetzes für die Steuergesetze).
Preußischer Lanbtag. 126. Sitzung vom 3. April 1922, Mittags 12 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger“).)
Die Beratung des Erlasses des Ministers für Volkswohlfahrt über die Erhöhung der Gebühren für Kreisärzte und Chemiker wird durch Kenntnisnahme für erledigt erklärt.
Den zweiten Teil der Ausführungsanweisung vom 21. Januar 1921 über die Versorgungs⸗ gebührnisse der Wartegeldempfänger, Ruhe⸗ gehaltsempfänger und Hinterbliebenen das Haus nach dem Antrag des Ausschusses für
eamtenfragen unverändert, und es nimmt gleichzeitig den Antrag dieses Ausschusses an, die Regierung zu ersuchen, die Ausführungsanweisung vom 20. Dezember 1921 zum Gesetz über eine Aenderung der Dienst⸗ und Versorgungsbezüge der unmittelbaren Staatsbeamten vom 11. November 1921 dem Landtage vorzulegen. Weiter wird eine vom Ausschuß beantragte Entschließung gefaßt, in der das Staatsministerium ersucht wird, nach Benehmen mit der Reichsregierung baldigst die zum und vor dem 1. April 1920 in den Ruhestand ver⸗ setzten Beamten und die Hinterbliebenen vor dem 1. April 1920 verstorbener Beamten mit dem nach dem 1. April 1920 ausgeschiedenen Beamten und den Hinterbliebenen dieser Beamten hinsichtlich der Einreihung in Aufrückungs⸗ und neugeschaffene Beförderungsstellen gleichzustellen.
Ein Antrag der Abgg. Limbertz und Genossen (Soz.) auf Vorl einer Nachweisung über die Aufstiegsmöglichkeiten der preußischen Beamten wird dem Ausschuß für Beamtenfragen über⸗ wiesen.
“ gelangen die beiden großen Anfragen der unabhängigen Sozialisten und der Deutsch⸗ nationalen über die Vorgänge an der staaat⸗ lichen Bildungsanstalt in Lichterfelde zur Besprechung. Das Staatsministerium hat sich zur Beant⸗ wortung bereiterklärt.
Die Anfrage der unabhängigen Sozialdemo⸗ kraten lautet:
„Nach Pressemeldungen mußten 50 Schüler der oberen Klassen von der Anstalt verwiesen werden. Als Grund wird angegeben unbotmäßiges Verhalten dieser Schüler, veranlaßt durch politische Verhetzung gegenüb r Personen anderer, d. h. nicht nationalistischer Gesinnung. Die politische Unduldsamkeit trieb diese Schüler bis u wüsten Beschimpfungen, Drohungen und Versuchen tätlicher
ngriffe gegenüber Aufsichtspersonen. Ist dem Staatsministerium bekannt, inwieweit Lehrer und Verwaltungsbeamte sich an dieser rhetzung dieser Schüler beteiligten, sie förderten oder duldeten?
s gedenkt das Staatsministerium zu tun, um an der Anstalt einen Lehrkörper und eine Verwaltung zu schaffen, die bereit und fähig sind, die Schüler zu e a. republikanischer Staats⸗ gesinnung“ zu erziehen, den Feif der Völkerversöhnung zu pflegen und volksschädigende nationalistische Treibereien unmöglich zu machen?“
Die Anfrage der Abgg. Winkler und GFenossen (D. Nat. besagt: 1 8
„In der staatlichen Bildungsanstalt in Lichterfelde sind Mag. lich eines Disziplinarfalles unter den Schülern zahlreiche Ma regelungen vorgenommen, die in der Oeffentlichkeit großs Be⸗ unruhigung erregt haben. Obwohl die Lehrerkonferenz der Anstalt auf die vorgekommenen Ausschreitungen von Schülern hin zahl⸗ reiche keineswegs milde Bestrafungen verhängt hatte, ist auf Beschluß des Staatsministeriums eine zweite T-aee. erfolgt, bei der 41 Primaner, von denen 24 mitten in der 2 bgangsprüfung standen, strafweise entlassen, eine große 5 jüngerer Schüler mit der Androhung der Verweisung bestraft worden sind. Wie edenkt das Staatsministerium die dem Rechtsempfinden wider⸗ eeve Ausnahmemaßregel einer zweiten Bestrafung, die voll⸗ zogen wurde, nachdem die ersten von der Lehrerkonferenz ver⸗ hängten Strafen bereits vollzogen waren, und bei deren Festsetzung die berufenen Lehrer und Erzieher der Anstalt völlig ausgeschaltet wurden, zu rechtfertigen? Hat das Staatsministerium bei der Bestrafung in Betracht gezogen, daß die schwankende, jeder Konsequenz entbehrende Behandlung der Anstalt und ihrer Zög⸗ linge durch Maßnahmen des ä während der letzten Jahre einen erheblichen Teil der Schuld trägt? Glaubt das Staatsministerium, daß die verhängten chweren Strafen, die in zahlreichen Fällen die Meõ lichkeit einer abschließenden Bildung zu vernichten drohen, wirklich den erwiesenen Verfehlungen ent⸗ sprechen und den ersten Zweck jeder pädagogischen Bestrafung erfüllen, nämlich den, eine Besserung herbeizuführen? Müssen sie nicht vielmehr die Seelen der Betroffenen und ihrer Angehörigen
gemeinen und insb wird. Die sozialistis daß der Reaktion in abweichender politi tätlicher Angrif es von wüsten besondere Art de man sie gera Verminderu ich um Arbe
warum er nicht
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praktischen 18. Januar ist au Die Einigung de 1866 und 1870/ 1848 vorh n, aus den Ho orgänge geboren. inister, kann ni Schule gefeiert Pakt zwis geben. De die die Attenta republikanischen Gedanke Untaten eines M geführt hat. denburg darf die deut Ebenso hat alles zu ges Schulen auszuro
at.) führt zur Rede des Vertreters der Unabhängigen
Wort haben. taktvolle Bene ge Verhalten der Schüler eltsamerweise hat der schärfere Bestrafung verhä ihren Besch hatte, nochm berufenen Ri die höhere J
letzung des vorg Unabhängigen: Lied: „Deutschla
terfelde en Lehrerkollegium au Es ist eine Art worden; es ist jedenfa gogisch richtig verfah gesehen, an die Spi es hauptsächlich auf gut Rücksicht darau bestimmten Gesi Linken haben doch tümlichen Erfah Schicksal der Elte stehenden Schüler i Frechheit! Abg. Meier⸗Berlin [u. Soz.] erhält einen Ordnungsruf.) Hat man den Verhältnissen Rechnung getragen, die entstehen straffe militärische Zucht aufhörte und Herr Karsen ut nicht mit den Schülern fertig zu werden vermochte? e links.) Es wird behauptet, daß die Frau Sorge nicht als „Sau!“ und „Hure!“ apostrophiert worden ist, sondern daß und „cura!“, das lateinische Wort für „Sorge“, gelautet hätten. (Stürmisches Gelächter links.) Ein anderer Schüler hat ausgesagt, daß er wohl Schimpfwörter — sie indessen nicht rtdauernde stürmische 1 1 epräsident Garnich muß wiederholt eingreifen.) in einer pädagoisch nicht aufgeklärten Affäre hat der Minister jedenfalls in weitesten Kreisen ein fehr lebhaftes Kopfschütteln hervorgerufen.
f nimmt der Minister für Wissenschaft, Kunst und ig Dr. Boeli
mußten, als die kam, der absol (Andauernde Unruh
die Rufe „Raus!“ verstanden habe.
äußersten Linken; Mit seiner Maßnahme
H Volksbildu laute wiedergegeben wer derselben eingeht.
Auf Antrag des Abg. Dr. v. Campe (D. Vp.) wird Besprechung beschlossen.
g. Frau Dr. We Ministers wird den Abg. Oe
der Vorgänge noch
die sich fälschli
nicht später Lügen der Verein
ehemaliger 8 der Fnstalt verkreitet. Was das Lied von Fallersleben betrifft, so war es Deutschland als ein revolutionäres Lied .25 Jahre lang ver boten, und erft 1878 hat es Artur Stodthagen in den A ““ zu Ehren gebracht. Die Strafen sind nicht nur nicht zu hart, e Be
mit großer Milde bemessen, auch auf eine sehr geringe Zal
Die Schüler, die die Anstalt haben verlassen müssen, werden wohl kaum schon nach einem halben Jahr See wo die Reifeprüfung bestehen können, sie werden wohl ein Jahr und
von Hoffmann
schränkt worden.
mit tiefster Erbitterung erfüllen? Zur Begründung der ersterwähnten Anfrage erhält
das Wort⸗ Abg. Kleinspehn (u. Soz.): Der Vorfall in Lichterfelde ist ein charakteristisches Zeichen, welche Erziehung heute im all⸗
*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden Ninister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.
mehr dazu gebrauchen. von Lichterfelde
zieherischen
ndere in den höheren S ulen e
i Kreise müssen die Em 1. bes üeseez
der Schule freie Bahn 4
er Gesinnung wurde von
eine der Hausdame
89 gelte.
der Kadettenbrüderlichkeit ist so häuft
dezu als typisch für jene Kreise bezeichnen hüufg, daß
8 8n wir nicht billigen —
er handelt, dann sind die Herr echts nicht io
bei Verfehlungen. (Zustimmung ninshhc ich a
te, daß der Vorfall das letzte Glied j
Fälle gewesen wäre, dann möchten wir doch 8
“ eher eingeschritten ist. Es ist eine Prov 8
in einer republikanischen Anstalt „Deutschland Deutsch⸗
8 gesungen wird. (Große Heiterkeit rechts.) Wir
militaristisches Deutschland, das sich über alle Warum perte der Minister nicht
in der Schu
hung so aussieht, dann haben
ernste Pflicht, -, ür zu sorgen,
Verneinung der Republik wird.
ch weiter nichts als eine Fürsgenangeingen ee schen Volkes ist nicht erst durch die Kriege
71 erfolgt, sondern war chon in der Paulskir
handen. Aus den nationalistis
nzollern⸗ und Ludendorfflegenden werden
bekommen assen wird
Wenn es g, links.) Wenn der
e. Wenn in der P
een und monarchistischen Ein ehrlicher Republikaner, Herr
cht dafür eintreten, daß der 18. Januar i 8 wird, denn es kann in dieser Beziehung chen dem alten Hohenzollernreich und der Republik geist von Lichterfelde hat auch die Mordatmosphäre te gegen jeden aufrechten Vertreter des ius erzeugt, die den Erzbergermord, die Marloh und der Marburger Studenten herbei⸗ Mit dem Nationalismus eines Ludendorff und Hin⸗ che Jugend nicht mehr vergiftet werden. hen, um das Unkraut des Antisemitismus de. ei-Lge dne ens nih. “ Staatsonstalten r militaristisch⸗monarchistischen Res i dienen. (Beifall bei den Unabhängigen. Z Abg. Oelze (D. N 8 seiner Fraktion aus: Die offenbarte den tiefen Haß yund illustrierte das veeeende. rasenschwall nicht beikommen. Hier muß der Pädago Vorgänge sind hervorgeruse I
egründung der Anfrage
seiner Anhänger gegen alles Nationale
Crispiensche Wort: „Ich kenne kein deutsches
kann man mit internationalistischem
n worden durch das
hmen einer e. und das ordnungs⸗
üle atte seine Sühne gefunden. Minister eingegriffen und eine neue
hängt, ohne daß die Lehrerkonferenz, die uß nach gründlicher vvedch dähen Beratung befaßt als gehört worden wäre. Warum hat man hier die chter ausgeschaltet? Die Le rerkonferenz hat nicht nstanz angerufen. Hier ist al un es richtig ist, daß ein Lehrer die Hausdame gewiesen hat, so läge hier doch eine chwere Ver⸗ eeschriebenen Instanzenweges vor. (Ruf bei den Darüber sind wir doch hinaus! Lachen rechts.) Das and, Deutschland über alles“ ist doch nur eine einzige zur Einheitlichkeit, zum Zusammenhalt. Die vom Minister tsandte Kommission hat den Direktor und das ch ihrerseits ausgeschaltet. (Hört, hört! rechts.) Kabinettsjustiz und Kabinettspolitik geübt Ils sehr zweifelha ren worden 82 Man hätte besser davon ab⸗ tze der Kommis
o Aufklärung dringend
ft, ob in diesem Falle päda⸗
joon einen Juristen zu stellen, dem
geschriebene Protokolle ankam. Mußte nicht
genommen werden, daß die Schüler alle in einem
chtskreise aufgewachsen sind? Die Herren auf der auch mit den Novembersozialisten ihre eigen⸗
rungen gemacht. Mußte mh
der — der dicht vor dem Examen
in Betracht
t auch das äußere
ommen? (Lärm links, Ruf links:
nterbrechungen auf der
das Wort, dessen Rede im Wort⸗ wird, rh, ben das Stenogramm
I. (Soz.): Die Rede des z
e überzeugt haben, daß seine Kenntnis
etwas schwächer ist, als er es bei dem Abg. Kleinspehn konstatieren zu müssen glaubte. Die erste Be⸗ strafung hat also nicht durch eine Klassenkonferenz vx und instanzenweg ist durchaus innegehalten worden. Mit 1
inister jene an der veaw-geas . ährliche egoistische Zusammenarbeit für einzelne Zwecke be⸗ 8 Habeticge ehai be 8 Eenmenenc ausgab. Hoffentlich wird ber Optimismus des Ministers und des neuen Anstaltsleiters gestraft. Wer kann verhindern, daß
it Recht hat
detten seine Anschauungen weite
Banz haltlos ist die Pehauptung, daß der
8 2 die Erlasse des peiners Hänisch über die Schülerjelbstverwaltun gezüchtet worden sei.
t Herr Karsen nicht versagt, im Gegenteil,
s ein Kesseltreiben veranstaltet worden, an dem au er aus dem Ministerium etilzunehmen sich nicht gescheut haben. Nur in Harmonie mit dem Reich kann die große schöne Anstalt er⸗ erhalten bleiben, ihre großen schö
es ist gegen ihn 8 Herren