Bießereien zum Erliegen kommen, dann ist es selbstverständlich, daß wenige Tage später die ganze Berliner Industrie feststeht. Bei dem Mangel an inländischer Kohle hat sich die Ein⸗ Üuhr ausländischer Kohle, besonders englischer Kohle rotz des wesentlich höheren Preises der letzteren erheblich gesteigert. Allein im Monat März wurden 300 000 Tonnen englischer Kohle eingeführt. Eine Besserung dieser nicht sehr angenehmen Lage st vornehmlich nur durch eine Aenderung unserer Reparations⸗ lieferungen und Verpflichtungen an die Entente möglich. Die zuständigen Reichsstellen sind in dauernden Verhandlungen darum emüht, haben aber trotz aller Anstrengungen bisher einen Erfolg licht gehabt. Das ist um so bedauerlicher, als wir feststellen nüssen, daß die früher deutschen Gruben oder die Gruben, die ins bis zu einem gewissen Grade noch nicht entrissen sind, die Saargruben Feierschichten einlegen müssen. Die gegen⸗ wärtige Verwaltung der Bergwerke geht dazu über, die in Deutsch⸗ land wohnenden Arbeiter zu entlassen, weil eine Produktions⸗ nöglichkeit für sie nicht gegeben ist. Daß die Staatsregierung lles tut, um diese Entlassungen zu verhindern, und daß sie be⸗ müht ist, darauf hinzuweisen, daß es doch widersinnig ist, im aarrevier die Arbeiter feiern zu lassen und hier die Frage der Ueberschichten immer wieder in den Vordergrund stellen zu müssen, ist selbstveständlich. Wenn die Entente aber nicht darauf ingeht — wir haben ja keine Machtmittel, diesen Anforderungen nigegenzutreten —, wenn es nicht möglich ist, eine Aenderung serbeizuführen, indem die Vernunft zur Geltung kommt, dann werden wir in Deutschland der Frage näher treten müssen, inwie⸗ veit wir die Kohlenförderung steigern können. Das wird bei en beschränkten Wohnverhältnissen nur dadurch möglich sein, daß Ueberschichten ausgeführt werden, daß der Versuch, durch Mehr⸗ rbeit mehr Kohlen zu erzeugen, sichergestellt wird. (Hört, hört! ei den Kommunisten.) Die Bergarbeiter haben bisher diesen strebungen ablehnend gegenüber gestanden. (Zuruf bei den sommunisten: Mit Recht!) Weil eine gesetzliche Regelung ihrer Urbeitszeit noch nicht erfolgt ist. Das ist richtig. Dem Mangel t aber insofern schon abgeholfen, als dem Reichstag das neue itszeitgesetz für den Bergbau vorliegt und demnächst sicherlich auch zum Abschluß kommen wird. Es sieht die Arbeitszeit vor, die gegenwärtig gilt. (Zuruf bei den Kommunisten: Acht Stunden!) — Lesen Sie sich doch einmal, verehrter Kollege, das Gesetz durch! Da steht nichts von achtstündiger Arbeitzeit drin, sondern von siebenstündiger Arbeitszeit unter Tage, einschließlich der Ein⸗ und Ausfahrt. Wie können Sie solche Behauptung auf⸗ stellen! Sie verwechseln vielleicht das allgemeine Arbeitszeit⸗ gesetz mit dem Arbeitsgesetz für den Bergbau. Das trifft gar nicht zu, was Sie behaupten. (Widerspruch bei den Kommunisten.)
Ferner wurde es als außerordentlich betrübend bezeichnet, daß die Bemühungen der Bergarbeiterorganisationen auf Abschluß eines Reichsmanteltavifs immer noch keinen Erfolg ge⸗ habt haben. Ich bin überzeugt, wemn man mit größerer Energie, vielleicht auch mit größerer Liebe an diese Sache herangegangen wäre, hätten sich die gegenwärtigen Streiks im Ruhrrevier sehr gut ver⸗ meiden lassen. Die Volkswirtschaft hat den allergrößten Nachteil, wenn solche abschließenden Verhandlungen unnötigerweise verzögert werden. Ich will aber auf die Frage des Streiks, den wir kürzlich im Ruhrrevier gehabt haben, nicht eingehen; ich hoffe noch im Laufe der Debatte Gelegenheit dazu zu haben.
So viel will ich über die Kohlenlage sagen: das Bild, das ich Ihnen entrollt habe, ist genau so unschön trotz der gestiegenen Förderung wie das, das ich bei dem vorjährigen Etat Ihnen vorzu⸗
tragen die Ehre hatte. Aber diese gesamte Kohlen lage für Deutsch⸗ land wird noch ungünstiger, wenn die endgültige Trennung in Oberschlesien, die ja jetzt min bald bevorsteht, eintritt. Denn diese Tvennung des oberschlesischen Industriegebiets bvingt be⸗ sonders für den Bergfiskus große, beträchtliche Verluste. Ich habe darüber eingehende Mitteilungen bei der vorjährigen Etatberatung gemacht. Ich darf jetzt nur ganz kurz in die Erinnerung zurückrufen, daß von dem dem Bergfiskus gehörigen Eigentum an Kohlen die Berginspektionen 1 und 4 in vollem Umfange abgehen, während die Berginspektion 3 in Bielschowitz etwa mit 28, die Berginspektion 2 in Zaborze, abgesehen von kleinen Feldesteilen, fast ganz bei Deutsch⸗ land bleiben. Der Verlust ist außerordentlich schwer, da die Berg⸗ inspektion 1 mit einer Förderung von etwa 2 Millionen Tonnen im Jahre über ausgedehnte Betriebsanlagen und außerordentlich große Kohlenmengen verfügt, die unter wirtschaftlich günstigen Verhältnissen abgebaut werden können, während die Berginspektion 4 ein in der Entwicklung begriffenes Werk mit ausgedehnten und wertvollen Berg⸗ werksfeldern darstellt, so daß die investierten großen Anlagekapitalien in nächster Zeit zu namhafter Förderung kommen sollten. Die Berg⸗ inspektion 3 wird insofern empfindlich von der neuen politischen Grenze getroffen, als diese mitten durch das Grubenfeld hindurchgeht. Es fallen hierbei wichtige Betriebseinrichtungen, z. B. ein Wetter⸗ schacht, sowie Sandgewinnungsfelder, und auch Wohnungen für Be⸗ amte und Arbeiter an Polen. Zur Aufrechterhaltung des Betriebes in dem uns verbleibenden Feldesteile müssen daher unverzüglich große Aufwendungen gemacht werden, und zwar handelt es sich dabei sowohl um Betriebsanlagen wie um Wohnungsbauten. Die Aufwendungen für Wohnungen werden um so höher sein, als die zurückgebliebenen Anlagen auch einen Teil der Beamten, Angestellten und Arbeiter der künftigen preußischen Bergwerke übernehmen müssen.
Der Verlust von gegen 80 % Kohlenförderung des ganzen ober⸗ schlesischen Industriereviers legt ferner dem Fiskus im allgemeinen Interesse besondere Pflichten auf; er muß alsbald alle Schritte tun, um tunlichst für Ersatz der ausfallenden Kohlenmengen zu sorgen und zu dem Zwecke in den uns verbleibenden Gebietsteilen mit möglichster Schnelligkeit die Förderung erhöhen. Das hat einmal durch tech⸗ nische Verbesserungen der Betriebseinrichtungen der deutsch bleibenden Staatsgruben und durch Erweiterung der Betriebsanlagen zu ge⸗ schehen. Für diese Zwecke sind schon im Haushalt 1922 beträchtliche Mittel vorgesehen. Ferner sollen die im, Kap. 7 der einmaligen und außerordentlichen Ausgaben unter I „Steinkohlenbergwerke“ für Bauten der künftig polnisch werdenden Berginspektionen ausge⸗ worfenen Beträge auch für andere, ähnliche Zwecke in dem bei Preußen verbleibenden Teil Oberschlesiens verwendet werden. Entsprechende Anträge sind im Hauptausschuß dem Landtage zur Beschlußfassung vorgelegt worden, und ich bitie dringend um ihre Annahme.
Darüber hinaus erwächst gerade dem Bergfiskus die Pflicht, auf eine baldige Anlage neuer Bergwerke Bedacht zu nehmen. Ganz abgesehen von dem Verlust seiner oberschlesischen Werke, ist der Staat hierzu um so mehr genötigt, als von den beiden ihm verbleiben⸗
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eine der beiden Schachtanlagen nur noch über eine be⸗ schränkte Kohlenmenge verfügt. Leider wird der Bergfiskus auch von seinen noch unerschlossenen Steinkohlenfeldern Oberschlesiens den größten Teil verlieren. Es bleiben ihm von wertvollen Feldern nur beschränkte Feldesteile zur Verfügung. Pläne zu deren Erschließung liegen bereits vor. Für noch feldesfreie Bezirke sind Untersuchungs⸗ arbeiten im Gange. Wie das bereits bei den Verhandlungen des Hauptausschusses geschehen ist, muß aber auch hier von vornherein sehr entschieden betont werden, daß bei der bekannten allgemeinen Ver⸗ teuerung aller Betriebsmaterialien und der Löhne die Kosten für neue Schachtanlagen so hoch werden müssen — man rechnet die Kosten für eine Schachtanlage jetzt mit ungefähr 1 bis 1,5 Milliarden Mark —, daß unter den jetzigen Verhältnissen eine Rentabilität nicht in Frage kommen kann. Wenn trotzdem an die Errichtung solcher Anlagen her⸗ angegangen werden muß, so handelt es sich dabei lediglich für den Staat um die Erfüllung einer ihm im allgemeinen Interesse obliegenden Pflicht, und zwar um eine Steigerung der Kohlenförderung und da⸗ neben auch aus sozialen Rücksichten um die Unterbringung und Be⸗ schäftigung deutschgesinnter Angestellter und Arbeiter. Unbedingt not⸗ wendig ist es, an die Erschließung solcher neuer Felder schon bald heranzutreten und schon bald hierfür Mittel zu bewilligen, da bei Anlage neuer Bergwerke vor Ablauf von etwa 10 Jahren auf eine nennenswerte Förderung nicht zu rechnen ist.
Schließlich bedeutet die Grenzziehung in Oberschlesien für den Bergfiskus insofern einen schweren Verlust, als die staatliche Friedrichshütte mit einem Teil der Erzbergwerke an Polen fällt. Friedrichshütte ist ein gerade in den letzten Jahren ganz modern entwickeltes Bleihüttenwerk, das neben Blei, Bleiglätte, Silber und Schwefelsäure erzeugt. Infolge seiner musterhaften Anlagen hat es dem Staat in den letzten Jahren einen erheblichen Ueberschuß abge⸗ liefert: im Jahre 1919 über 30 Millionen und im Jahre 1920 über 17 Millionen Mark. Voraussichtlich wird der Ueberschuß auch im laufenden Jahre über 30 Millionen Mark betragen. Da die zu dieser Hütte gehörende staatliche Friedrichsgrube, ein bis jetzt kleiner Betrieb, deutsch bleibt und außerdem ein großer Teil der Zinkerzbergwerke seine Bleierze dem Staat abliefern muß, wird zurzeit die Frage geprüft, ob die im ganzen nicht unbeträchtlichen Mengen der dem Fiskus verblei⸗ benden Bleierze in einer neu zu erbauenden Bleihütte in Schlesien oder aber in bestehenden Hütten im Harz verarbeitet werden sollen.
Die gesamten Pläne über die Zukunft der staatlichen Betriebe in Oberschlesien lassen sich zurzeit im einzelnen noch nicht weiter vorführen, da einmal die Grenze noch nicht endgültig feststeht, andererseits die Frage der Autonomie Ober⸗ schlesiens noch ihrer Klärung bedarf. Ich will zu der Frage der Autonomie hier heute nicht Stellung nehmen, darf aber das eine zum Ausdruck bringen, daß es nach meiner Ansicht im Interesse der An⸗ gestellten, Arbeiter und Beamten dringend notwendig erscheint, daß Oberschlesien bei Preußen bleibt. Vor allen Dingen darf ich zum Ausdruck bringen, daß es völlig falsch ist, wenn in einem Artikel der „Germania“ vom Sonntag, den 30. April d. J., dargelegt wird, daß Oberschlesien ein eigenes Land werden müsse, weil es immer von Preußen nicht gut behandelt worden sei. Ich bin der Auffassung, das demokratische Preußen von heute darf man nicht die Sünden des alten früheren Preußens entgelten lassen. Ich bin auch überzeugt, daß die Bevölkerung dieser Frage die Bedeutung beimessen wird, auf die sie selbst Anspruch hat. 1
Im Zusammenhang mit Oberschlesien will ich allerdings nicht unerwähnt lassen, daß wir in der letzten Zeit mehrere recht beklagenswerte Unglücksfälle im oberschlesischen Bergbau gehabt haben. Soweit diese Mitteilungen bei uns eingingen, sind sie ein⸗ gehend geprüft worden. Vor allen Dingen ist die Frage sehr eingehend geprüft worden, ob nicht eine Verschärfung der poli⸗ zeilichen Ueberwachungsbestimmungen erforderlich ist. In den letzten Tagen hat sich wieder in Bleischarley ein außerordentlich betrübender Unglücksfall zugetragen, indem eine Förderschale durchgegangen ist und dabei drei Beamte und Arbeiter schwer und sechs leicht verletzt worden sind. Die Feststellungen haben bereits ergeben, daß der Fördermaschinist an dem Unfalle die alleinige Schuld trägt. Ich bin überzeugt, daß die beklagens werten Unglücksfälle in Oberschlesien bis zu einem gewissen Grade auf die ganze Stimmung der Bevölkerung dort zurückzuführen sind, denn sonst ist es unerklärlich, daß wir ausgerechnet gerade in Oberschlesien in viel stärkerem Maße mit Unglücksfällen zu rech⸗ nen haben als in allen anderen Bergbaubezirken unseres Vater⸗ landes. Die Prüfung darüber, ob eine Verschärfung der poli⸗ zeilichen Ueberwachungsbestimmungen notwendig ist, ist zurzeit noch nicht abgeschlossen.
Dann will ich dem Hohen Hause davon Mitteilung machen, daß, entsprechend dem Wunsche des Landtags, in meinem Ministerium das Grubensicherheitsamt gebildet worden ist. Der Landtag hat bekanntlich den Beschluß gefaßt, aus dem vorhandenen Referat ein Grubensicherheitsamt und in Ver⸗ bindung damit auch Grubensicherheitskommissionen einzusetzen. Grubensicherheitsamt hat seine Tätigkeit am 1. März d. J. aufgenommen. Die Vorarbeiten für die Gruben⸗ sicherheitskommissionen sind im Gange, und sowohl die sogenannte Hauptkommission beim Ministerium wie die Kommissionen in den einzelnen Oberbergamtsbezirken werden demnächst zusammen⸗ treten. Ich hoffe mit dem Landtage, daß das Grubensicherheits⸗ amt und diese Kommissionen eine segensreiche Tätigkeit entwickeln verden. Ich habe schon einmal zum Ausdruck gebracht und möchte diesen einen Satz nochmals in Ihre Erinnerung zurück⸗ rufen: Leben und Gesundheit der Angestellten, Arbeiter und Be⸗ amten sind ein so außerordentlich kostbares Gut, daß wir alles tun müssen, um es zu schützen. Und wenn das Grubensicherheits⸗ amt auch nicht alle Unglücksfälle verhindern kann, so kann es sie doch sicherlich wesentlich einschränken und alle Maßnahmen ein⸗ gehend prüfen, um einen wirksamen Schutz der Arbeiter durchzu⸗ führen.
Ueber die Zusammensetzung der einzelnen Kommissionen will ich weitere Ausführungen nicht machen. Der Hauptkommission und den Bezirkskommissionen gehören auch Mitglieder des Landtages an. Die Hauptkommission wird erstmals am 27. Mai zusammentreten, so daß sie alsbald ihre Tätigkeit aufnehmen kann.
Im Zusammenhang damit darf ich die Mitteilung machen, daß darüber hinaus auch auf Grund der Bestimmungen des Betriebsräte⸗ gesetzes die Frage eingehend geprüft worden ist, inwieweit die Betriebs⸗ vertretungen zur Unfallverhütung mit herangezogen werden
inspektion
Das
den Berginspektionen die eine eine sehr alte Anlage ist, deren Feld zum
können. Am 28. April d. J. habe ich die Leitsätze herausgegeben, die
Teil dem Verhieb entgegengeht, während auf der andern Berg⸗] diese Mitwirkung der Betriebsräte regeln sollen, und zwar einmal bei
den Grubenbefahrungen, zweitens unter Anhörung bei bergbehördlichen Prüfungen, Genehmigungen und Anordnungen, drittens durch Hinzu⸗ ziehung bei Unfalluntersuchungen und viertens durch zu tätigende Be⸗ sprechungen über die Frage der Unfallverhütung. Diese Leitsätze sind das Ergebnis langwieriger Verhandlungen mit den Vertretern der Reichsarbeitsgemeinschaft für den Bergbau.
Weiter darf ich in diesem Zusammenhange noch mitteilen, daß dem Reichstage nun, dem Wunsche des Landtages entsprechend, das Reichsknappschaftsgesetz zugegangen ist. Ich glaube, in Ihrer aller Namen zu sprechen, wenn ich dem ver⸗ dienten Vertreter meines Ministeriums, Herrn Geheimrat Reuß, für seine aufopferungsvolle Tätigkeit Dank sage. Seinen Be⸗ mühungen in Verbindung mit den Arbeitgebern und Arbeit⸗ nehmern ist es gelungen, die Beratungen darüber so zeitig abzu⸗ schließen, daß der Gesetzentwurf schon jetzt dem Reichstage zugehen konnte. Ich habe auch alles getan, um die Verhandlungen im Reichsrat zu beschleunigen, so daß von wesentlichen Verhand⸗ lungen im Reichsrat nicht gesprochen werden konnte. Die Sache ist rein formal verhandelt worden; in einer einzigen Sitzung ist die ganze Angelegenheit verabschiedet worden.
Ich will noch auf eine weitere Frage eingehen, die in den Beratungen des Hauptausschusses eine große Rolle gespielt hat. Im Hauptausschuß hat der Herr Abg. Hue — ich bedauere, daß wir ihn heute nicht mehr in unserer Mitte sehen, und darf wohl auch meinem Schmerz und meiner Trauer zugleich im Namen des ganzen Staatsministeriums Ausdruck geben; wir haben ihn ols einen außerordentlich tüchtigen und sachverständigen Mann jeder⸗ zeit kennen und schätzen gelernt — von den Reparations⸗ gewinnen der Firma Stinnes gesprochen. Ich habe damals keine Möglichkeit gehabt, auf seine Anfrage erschöpfend zu antworten. Inzwischen ist dem hohen Hause die große Anfrage Nr. 115 des Abg. Sobottka zugegangen. Ich möchte auf diese Frage hier antworten, weil sie einerseits zum Berghaushalt gehört, andererseits weil sie kereits zu einer Besprechung im Hauptaus⸗ schuß geführt hat. Ich darf wohl erwarten, daß der Herr An⸗ fragende seine große Anfrage zurückziehen wird, wenn er die Ant⸗ wort darauf gehört hat. An sich ist dieser Vorgang gerade nicht sehr erheblich. Die Feststellungen haben ergeben, daß von Re⸗ parationsgewinnen, die einer Firma zufließen und an denen der Staat keinen Anteil hat, gar nicht die Rede sein kann. Der Herr Abg. Hue ging von der Annahme aus, daß die Firma Stinnes für jede Tonne gelieferter Reparationskohle eine Lieferprämie von 8 Franken erhalte. Er wünschte zu wissen, ob auch die preußische Bergverwaltung für die aus den staatlichen Bergwerken gelieferte Reparationskohle diese Prämie bekommt. Die Anfrage geht von irrigen Voraussetzungen aus. Der auch von inländischen und französischen Zeitungen gebrachten Nachricht liegen folgende Tat⸗ sachen zugrunde: Die Firma Hugo Stinnes hat vor dem Kriege in Duisburg eine Separationsanlage gebaut mit der ausdrück⸗ lichen Bestimmung, darin die Ruhrkohlen für die Pariser Kund⸗ schaft zu waschen und auszusieben. Es handelt sich um die Durch⸗ siebung von Halbfettnüssen I und II für den Pariser Haasbrand. Der frühere Vertreter der Firma Stinnes in Paris, A. Kraus, hat mit der Firma Stinnes ein Abkommen über die Benutzung der Stinnesschen Anlage in Duisburg und der darauf befindlichen Siebeinrichtung getroffen. Herr Kraus, der die Unterverteilung der Reparationskohle an die französische Kundschaft für eigene Rechnung ausführt, erhielt von dem französischen Händlersyndikat ein Angebot von 8 Franken für das Durchsieben der Kohle. Das Geschäft ist rein privat und entzieht sich vollständig der Ein⸗ wirkung der deutschen Regierung. Es ist auch ganz ohne ihr Zu⸗ tun gemacht worden.
Daß die Anlage der Firma Stinnes in Duisburg jetzt wieder ihrer ursprünglichen Bestimmung zugeführt wird, ist volks⸗ wirtschaftlich durchaus richtig und kann auch nicht verhindert werden, da ein Eingriff der Gegenseite gegenüber kaum begründet werden könnte. Das Verfahren liegt aber auch durchaus in deutschem Interesse, weil hierdurch wenigstens für einen Teil der Reparationskohlenlieferungen die dauernden Qualitätsschwierig⸗ keiten bei den Ententekohlenlieferungen aus dem Wege geräumt werden.
Die Höhe der Bezahlung für diese Arbeit, die einen Ver⸗ feinerungsprozeß darstellt, kann die deutsche Oeffentlichkeit nicht berühren, da sie von den Franzosen geleistet wird und in keiner Weise mit der Abrechnung zwischen der deutschen Regierung und der Reparationskommission zusammenhängt. Es trifft deshalb nicht zu, daß die Firma Stinnes an ihren Reparationskohlen⸗ lieferungen einen Gewinn ohne Gegenleistung macht, den andere Zechen nicht haben. Vielmehr handelt es sich um einen privaten Vertrag, der durchaus im Interesse der deutschen Regierung und
schon seit langem dahin gehen, die Reparationslieferungen auf d Grundlage privater Verständigung und des unmittelbaren Ver⸗ kehrs mit den französischen Verbrauchern zu legen, um dem natür⸗ lichen Gesetz von Angebot und Nachfrage gerecht zu werden.
Ich hatte die Absicht, bevor ich zu den einzelnen Antrögen Stellung nehme, zwei aäͤndere Auskünfte zu erteilen, und zwar einmal über das Verhältnis zum Kohlensyndikat und dann über das zum Zechenverbande. Unser Verhältnis zum Zechenverbande hat der Herr Berichterstatter schon im einzelnen dargelegt. Ich werde deshalb wohl diese Frage nicht mehr näher zu behandeln brauchen. Ich habe aber auch im Aus⸗ schusse über unser Verhältnis zum Kohlensyndikat eingehend Auskunft gegeben, so daß es wohl auch kaum jetzt nötig sein wird, sachlich dazu Stellung zu nehmen. Wir haben ja im Kohlensyndikat auch andere Grundlagen bekommen wie vordem.
(Fortsetzung in der Ersten Beilage.)
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Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt Berlin, Wilhelmstr. 32. Acht Beilagen (einschließlich Börsenbeilage und Warenzeichenbeilage Nr. 48 A und B) und Erste, Zweite und Dritte Zentral⸗Handelsregister⸗Beilage.
der deutschen Oeffentlichkeit liegt. Da die deutschen Bemühungen
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Berlin, Dienstag, den 16. Mai
1922
Es sind durch den Eingriff des Reichswirtschaftsministers im letzten Augenblick Aenderungen getroffen, die in keiner Weise unsere Interessen berühren. Ich brauche deshalb wohl auch nicht mehr näher darauf einzugehen. Sollte es gewünscht werden, werde ich es im Laufe der Debatte tun. Ebenso glaube ich, ist es nicht erforderlich, noch einmal auf die Zechenverbände einzugehen. Ich habe in eingehender Weise über unser Verhältnis zu den Zechenverbänden Mitteilungen ge⸗ macht. Der Herr Berichterstatter hat ja auch in ganz kurzen Sätzen diese Mitteilungen hier wiederholt. Dann will ich ganz kurz zu den Anträgen Stellung nehmen, soweit sie für mich von Bedeutung sind. Da liegt einmal der Antrag bezüglich der Beiräte bei den Oberberg⸗ ämtern vor. Ich habe bereits im Hauptausschusse zum Aus⸗ druck gebracht, daß die Einrichtung der Beiräte bei den Oberberg⸗ ämtern sich durchaus bewährt hat. Aber es ist doch nun nötig, daß ihre Eingliederung erfolgt. Sie schweben gewissermaßen in der Luft, wenn ich mich so ausdrücken darf, sie sind in keinem festen Angestelltenverhältnis, ihnen ist ein bestimmtes Arbeitsgebiet nicht zugewiesen. Das ist aber unter allen Umständen nötig, und ich habe deshalb die Absicht, diese Frage alsbald in einer Be⸗ sprechung mit den Berghauptleuten, als Leiter der Oberberg⸗ ämter und den Beiräten selbst zu besprechen.
Ich muß aber doch auf einen Vorgang eingehen, den der Herr Abgeordnete Harsch im Hauptausschuß zur Sprache gebracht hat. Der Herr Abgeordnete Harsch rügte im Hauptausschuß, daß die Beiräte bei den Oberbergämtern nicht die ihnen entsprechende Behandlung erführen. (Sehr richtig; im Zentrum.) Er hat vor⸗ getragen, daß bei dem Oberbergamt in Halle ein Mitglied des Oberbergamts dem Beirat bei der Besprechung einer Arbeiter⸗ angelegenheit erklärt habe: davon verstünde er nichts. Es habe sich dabei um eine Angelegenheit gehandelt, die sich sehr wohl in den Erfahrungen des Beirats bewegt habe. Das zum Bericht auf⸗ geforderte Oberbergamt erklärt, daß sich die Aeußerung des Ab⸗ geordneten auf eine Unterredung bezöge, die vor etwa vier Monaten zwischen dem Beirat Collet und einem Mitglied des Oberbergamtes stattgefunden habe. Es chabe sich dabei im wesentlichen um den Weg gehandelt, den ein Salinenarbeiter zur Anerkennung seiner vermeintlichen Lohnansprüche einzuschlagen hätte. Hierüber sei zwischen beiden kein Einverständnis erzielt worden. Das Mitglied des Oberbergamts bestreitet entschieden, daß es hierbei die Worte „davon verstünde er nichts“ dem Beirat gegenüber gebraucht habe.
Die Angelegenheit ist dann in der ersten Sitzung, die der Berchauptmann geleitet hat, zur Sprache gekommen. Dieser habe dabei empfohlen, im Interesse eines gedeihlichen Zusammen⸗ arbeitens frühere Streitfälle als erledigt anzusehen. Dem hat der Beirat Collet zugestimmt.
Die Angelegenheit ist beim Oberbergamt Halle aus Anlaß des Vortrags des Abgeordneten Harsch erneut besprochen worden. Eine Klärung der Angelegenheit war auch diesmal nicht zu er⸗ zielen, da beide Teile bei ihren Behauptungen verblieben und die Unterredung unter vier Augen stattgefunden hat.
Weiterhin hat dann Herr Abgeordneter Harsch bemängelt, daß das Oberbergamt der Tätigkeit der Gewerbemedizinalräte Schwierigkeiten bereite. (Zuruf.) Das Oberbergamt sagt zu dieser Angelegenheit, daß das unrichtig sei. Bisher sei überhaupt noch kein Gewerbemedizinalrat mit dem Oberbergamt in Verbindung getreten und wahrscheinlich auch kaum mit den Bergrevierbeamten. Denn auf alle Fälle ist es natürlich notwendig, daß die Bergrevier⸗ beamten davon Kenntnis bekommen müssen, daß die Gewerbe⸗ medizinalräte überhaupt da sind. Das ist ganz selbstverständlich. Der Beirat Collet soll das auch bestätigt haben, in dem er angab, daß er in der Sache der Gewerbemedizinalräte, aber in anderem Sinne, an einen Parteigenossen geschrieben habe. Er halte sich als ein von seiner Organisation vorgeschlagener Beirat trotz der Vor⸗ schrift der dienstlichen Verschwiegenheit für verpflichtet, seiner Organisation fortlaufende Mitteilungen zugehen zu lassen. Er könne im übrigen nicht dafür verantwortlich gemacht werden, wenn sie dort in falscher Weise ausgelegt werden.
Meine Damen und Herren, wenn hier ein Mißverständnis vorliegt, soweit die Gewerbemedizinalräte in Frage kommen, mag Herr Abgeordneter Harsch das nachher richtig stellen. Aber auf keinen Fall kann ich mich mit der Erklärung des Beirats Collet einverstanden erklären, daß die Beiräte bei den Oberbergämtern, die doch nur von der Organisation dem Minister vorgeschlagen worden sind — die Ernennung ist durch die Minister erfolgt — nunmehr sich weiter als die Auskunftgebenden ihrer Organisation gegenüber halten. Davon kann gar keine Rede sein. Wir werden. also die Pflicht haben, alsbald zu dieser Frage Stellung zu nehmen und die Beiräte in die ganze Organisation der Oberbergämter ein⸗ zuordnen und einzugliedern. Ich bin überzeugt: dann wird auch dieser Zustand beseitigt werden, der hier und da noch zu Miß⸗ helligkeiten Anlaß gegeben hat. (Zuruf.) — Ich habe gar nicht die Absicht, die als Beiräte tätigen Herren irgendwie kalt zu stellen; denn wenn ich diese Absicht hätte, würde ich doch nicht die eine Sitzung einberufen, an der die Beiräte beteiligt sein sollen, um auch ihre Ansicht zu hören. Aber es ist eine reine Personenfrage, ob ich diesem oder jenem ein Referat übertragen oder nur in irgendeiner Weise mitbeteiligen kann. Das liegt zum Teil im Interesse der Beiräte selbst. Die ersten Gehversuche auf diesem Gebiet müssen sehr vorsichtig behandelt werden. Steht man der Sache nicht nur freundlich gegenüber, sondern will man die Ein⸗ richtung weiter ausbilden, dann muß man nicht nur mit der nötigen Sachkenntnis, sondern auch mit gutem Willen an die Arbeit gehen. Ich bin überzeugt, daß es dann gelingen wird, ein ersprießliches Verhältnis herbeizuführen.
Was die Bezahlung anlangt, die auch im Hauptausschuß ernst⸗
Hauses durchaus einig. Ich kann mitteilen, daß sich auch der Herr Finanzminister mit dieser Frage eingehend beschäftigt hat und die Erwägungen über eine ordnungsmäßige Einstufung ihrem Ab⸗ schluß nahe sind. Um keine Mizhelligkeiten nachher zu haben, bitte ich den Aenderungsantrag Hartmann und Gen., Drucks. Nr. 2663, anzunehmen, der die Möglichkeit schafft, um die ich eben gebeten habe.
Dann möchte ich Stellung nehmen zu dem Antrag 2666. Der Antrag will die Bergrevierbeamten als Vorsitzende der Spruch⸗ kammern der Berggewerbegerichte beseitigen und diese Aufgabe den Oberbergämtern zuweisen. Der Zweck des Antrags soll sein, eine Einheitlichkeit der gewerblichen Rechtsprechung im Bergbau zu erzielen, um die Bergrevierbeamten zu entlasten. Die Berg⸗ revierbeamten, die eigentlich nicht dazu da sind, Rechtsprechung zu üben, sondern in erster Linie die bergpolizeilichen Vorschriften zu überwachen haben, haben natürlich ganz andere Aufgaben als die ihnen nur nebenher zugewiesenen. Eine Einheitlichkeit der gewerb⸗ lichen Rechtsprechung im Bergbau herbeizuführen, halte ich nicht nur für erstrebenswert, sondern für nötig. Es wird zu prüfen sein, wie man dieser Frage gerecht wird. Eine Umfrage bei den Oberbergämtern hat ergeben, daß durch diese Tätigkeit eine wesent⸗ liche Belastung der Bergrevierbeamten nicht eingetreten ist. Die Oberbergämter machen darauf aufmerksam, daß im Interesse der engeren Fühlungnahme zwischen Arbeitnehmern und Arbeiter⸗
geber der Bergrevierbeamte sicher der geeignetste als Vorsitzender
der Spruchkammer ist. (Widerspruch bei den Kommunisten.) — Ich habe nur gesagt: die Oberbergämter sind dieser Ansicht; mir ist bekannt, daß die Arbeiter wesentlich anderer Auffassung sind. Der Antrag verlangt nun eine eingehende Prüfung vom Staats⸗ ministerium. Ich bin gern bereit, in diese eingehende Prüfung einzutreten, möchte aber doch die Herren Antragsteller bitten, daran zu denken, daß das kommende Arbeitsgerichtsgesetz diese Frage erschöpfend für alle regelt; und ob es nicht tunlich sei, diese Regelung erst abzuwarten. Selbstverständlich wird die gewünschte eingehende Prüfung stattfinden, indem ich erwarte, daß der Antrag die Zustimmung des hohen Hauses findet.
Ich möchte nun zu der Frage der Umstellung der Staatsbergwerke, Hütten und Salinen übergehen. Das Verlangen nach dieser Umstellung ist nicht neu. Das preußische Abgeordnetenhaus hat im März 1910 zu dieser Frage eingehend Stellung genommen. Auch vorher haben die Etats⸗ beratungen des Bergetats oft Anlaß gegeben, eine Aenderung des bestehenden Zustandes zu verlangen. 1910 — die Dinge sind inter⸗ essant für die gegenwärtige Beratung — waren es besonders die
eamtenverhältnisse in den Saargruben, die hierzu Anlaß gaben. Der Abgeordnete von Kessel von der konservativen Partei sagte damals:
Soll man mehr zu einer Art privatwirtschaftlichen Betriebs übergehen, soll man Tantieme einführen, oder was soll gemacht werden? In jedem Fall sind wir uns, meine Freunde und ich, vollkommen darüber klar, daß eine Aenderung in der Beziehung sehr schwierige Folgen hätte und auch auf die anderen Betriebs⸗ verwaltungen nicht ohne Einfluß sein würde. Aber daß hier etwas geschehen muß, daran zweifle ich nicht.
Herr Macco von der nationalliberalen Partei — ich will kurz auf die Debatte eingehen, um den ernsten Willen aller Parteien zu zeigen, daß eine Trennung zwischen Hoheitsverwaltung und Werksverwaltung erstrebt wurde —, Herr Abgeordneter Macco be⸗ mängelte insbesondere die etatsmäßige Einstellung der Steiger und Obersteiger, die kurz vorher erfolgt war; im übrigen aber schlug er vor, die Werke des Staates zu verkaufen oder zu verpachten. Ich erwähne das nur der Vollständigkeit halber; die Sache hat an sich damit nichts zu tun. In der Sache hat dann noch der Abgeordnete Leinert gesprochen, der im wesentlichen den von mir oben vorgetragenen Aeußerungen des Abgeordneten Macco ent⸗ gegentrat, dann aber besonders der Abgeordnete Spinzig. Der Abgeordnete Spinzig sagte: .
Vergleiche ich die Abrechnung im staatlichen Bergwerks⸗ betriebe mit der in den Privatbetrieben, so muß ich sagen: es sind viel Investitionen und Ausgaben im Etat aufgeführt, die an einem Privatbetrieb nicht aus den Ueberschüssen genommen werden würden, bzw. mit denen er überhaupt nicht zu rechnen braucht. Aus den Ueberschüssen der alten Werke werden, wie ja auch der Etat zeigt, die ganzen Kosten der Bergpolizei und der Bergverwaltung, der staatlichen Lehranstalten und, was sonst damit zusammenhängt, genommen. Diese Summe beträgt schon jetzt ungefähr 6 Millionen Mark.
Dann ist vom Abgeordnetenhaus ein Unterausschuß eingesetzt worden, und zwar auf Antrag des Abg. von Pappenheim. Der Unterausschuß hat dem Hause Bericht erstattet. Dieser Bericht ist außerordentlich interessant. Ich will einiges von den Ausführungen des Herrn Berichterstatters Hirsch (Essen) von der national⸗ liberalen Partei ganz kurz vortragen.
Um nun in diesen Verhältnissen eine Besserung herbeizuführen, um die Möglichkeit zu gewinnen, die mittleren Beamten durch be⸗ sondere Zuwendungen zu besonderen Leistungen anzuspornen, anderer⸗ seits aber auch, um unfähige oder gar faule Beamte aus dem Dienste entfernen zu können, haben sich Unterkommission wie die Budgetkommission einstimmig dafür ausgesprochen, daß in Zu⸗ kunft die mittleren Beamten auf Vertrag anzustellen seien, wie dies im Privatbergbau und im westfälischen Staatsbergbau der Fall ist. Es handelt sich hier lediglich um die Frage, ob in einem Erwerbsbetrieb eine organisatorische Aenderung angezeigt erscheint. Wenn eine solche organisatorische Aenderung, die nützlich oder not⸗ wendig erscheint, in einem Betrieb deshalb, weil dieser Betrieb ein Staatsbetrieb ist, nicht möglich sein sollte, so, meine ich, würde das doch die schärfste Verurteilung sein, die über den Staatsbetrieb überhaupt ausgesprochen werden kann. Das muß man aussprechen, wenn eine solche Empfindlichkeit zur Schau getragen wird, die, soweit die heute im Staatsbeamtenverhältnis stehenden Beamten
in keiner Weise verletzt werden sollen. Gegenüber dieser wenig angebrachten Empfindlichkeit muß grundsätzlich zum Ausdruck kommen, daß von organisatorischen Aenderungen, die notwendig sind, auch wenn sie einschneiden, nicht bloß deshalb, weil es sich um den Staatsbetrieb handelt Abstand genommen werden kann. — Der Arbeiter wie der Beamte ist mehr auf sich selbst gestellt und muß in dem Augenblick darauf gefaßt und in der Lage sein, selbständig und nach bestem eigenen Ermessen zu disponieren, wenn das Ganze gedeihen soll. Gerade darum ist der Bergbau vielleicht am allerwenigsten für einen bürokratischen Betrieb geeignet. Darin liegt in letzter Linie das Motid für die von der Kommission ge⸗ machten, die Aenderungen der Beamtenverhältnisse betreffenden Vorschläge.
Dann hat noch Herr Abg. von Pappenheim gesprochen. Ganz besonders interessant ist aber eine Aeußerung, die der nationalliberale Abgeordnete Dr. Röchling gemacht hat. Er sagte:
Wir halten es zwar für ganz natürlich, ja für selbstverständlich, daß jede tiefgreifende organisatorische Veränderung in den Kreisen der davon betroffenen Beamtenschaft Unruhe und Besorgnis erregt, und wir wundern uns gar nicht darüber, daß die Steiger dieser Unruhe und Besorgnis oft in scharfen Ausdrücken Luft machen. Wir würden es aber für ein Zeichen von Schwäche halten, wenn eine als notwendig erkannte organisatorische Veränderung nur des⸗ halb unterbliebe, weil sie in dem betreffenden Beamtenkreise Un⸗ ruhe erregt. Denn das wird bei jeder Art von Veränderung ein⸗ treten, und es hieße, der geplanten Verwaltungsreform, die ja doch darauf abzielen soll, die Zahl der Beamten zu vermindern, das Todesurteil sprechen, wenn wir uns durch Unruhe in Bec een⸗ kreisen abhalten lassen wollten, das zu tun, was sachlich notwendig ist Die Staatsbergbauverwaltung steht und fällt nach meiner Meinung, je nachdem der kaufmännische Geist sich in ihr zu kräftigen Entschließungen aufschwingt, oder das Althergebrachte Altgewohnte und Bequeme siegt über die neuen Anforderungen, die eine neue Zeit und neue schwierige Verhältnisse stellen.
Diese wenigen Ausfühungen der damaligen Verhandlungen mögen den Nachweis führen, daß man sich auch damals schon sehr ein⸗ gehend mit dem Mißstand beschäftigt hat, daß in einer Hoheits⸗ verwaltung nebenher oder meinetwegen in hervorragendem Maße Werksverwaltung getrieben wird. Das Ergebnis dieser Verhand⸗
lungen ist aus dem Spöteren kaum zu erkennen; es ist eigentlich
an dem damaligen Zustande nichts geändert worden.
Bei dem vorjährigen Etat ist dann die ganze Frage von neuem aufgerollt worden. Diese Ausführungen sind sicherlich den Mitgliedern dieses hohen Hauses noch in Erinnerung. Ich will nur den Beschluß anführen, der damals gefaßt worden ist:
die von dem Herrn Minister für Handel und Gewerbe in Aus⸗ sicht gestellte Vorlage über Neugestaltung der Betriebe der staat⸗ lichen Bergwerke, Hütten und Salinen in Anbetracht der Dring⸗ lichkeit einer kaufmännischen Verwaltung dem Landtoge sobald als möglich zuzustellen. Ursprünglich wurde die Vorlage ja schon für den vergangenen Herbst erwartet. Die Vorlegung zu dieser Zeit war natürlich ganz unmöglich. Ich hoffe aber die Vorarbeiten so zu be⸗ schleunigen, wie es ja auch der Hauptausschuß in seinem neuen Beschluß von diesem Jahre wünscht, daß noch im Laufe dieses Jahres die gesetzgeberischen Maßnahmen getroffen werden können. Ich brauche deshalb auf die damals gehaltenen Reden nicht ein⸗ zugehen. Ich kann erklären, wie ich es schon im Ausschuß getan habe, daß ich den Standpunkt, den ich bei der letzten Etatsberatung hier vertrat, erst die Wirkung der neuen Steuergesetze auf die Umstellung abzuwarten, nicht aufrechterhalten konnte. Abgesehen davon, daß wir alle Augenblicke andere Steuern bekommen können, und daß sicher auch in der nächsten Zeit mit neuen Steuern zu rechnen ist, die diese oder jene Form belasten, bin ich überzeugt, daß wir einen Weg finden werden, wo die in Fvage kommenden Steuergesetze herzlich wenig Einfluß haben werden. Ich bin vielmehr der Auffassung: gerade weil lange Jahre nichts in der Sache geschehen ist, drängtes, und es drängt nicht nur hier in diesem Hause. Der Staatsrat hat sich bei der Beratung dieses Etats auch eingehend mit dieser Frage baschäftigt. Besonders der Herr Abg. Dr. Klöckner vom Zentrum hat darauf aufmerksam ge⸗ macht, daß die Dinge auf keinen Fall so weitergehen können wie bisher. Die Ausgaben der Oberbergämter gehörten nicht in einen Etat, der Werke umfaßt. Er verlangte demnach in der Sitzung vom 20. Januar dieses Jahres eine Trennung der Hoheitsver⸗ waltung von der Werksverwaltung. In demselben Sinne hat sich der Herr Finanzminister Dr. von Richter sowohl im Staatsrat wie nachher hier im Landtag bei der ersten Etatsberatung ausge⸗ sprochen. Ich will nur einen Satz daraus verlesen, der das ent⸗ hält, worauf es ankommt: Ich habe ganz den Eindruck, daß man bisher vielleicht zu sehr in der Betriebsverwaltung die staatliche Verwaltung gesehen hat und daß hinter den Gesichtspunkt der staatlichen Verwaltung wenigstens bis zu einem gewissen Grade der Gesichtspunkt der Betriebsverwaltung zurückgetreten ist. Es ist nicht damit getan, daß man allein, wie ich das im vorigen Jahre schon in einer Rede hier gesagt habe, die staatlichen Betriebe grundsätzlich im Haushalt von der staatlichen Hoheitsverwaltung trennt, sondern man muß nach meiner Auffassung die staatliche Betriebsver⸗ waltung grundsätzlich auf eine andere Grundlage stellen als die Hoheitsverwaltung. Also auch nach der Richtung hin brauche ich mich nicht auf eigene Worte zu berufen oder Ausführungen in Erimnerung zu bringen, die hier gemacht worden sind, sondern es ist sehr deutlich auch bei der Haushaltsberatung von den Abgeordneten Heilmann, Walraff, Dr. Hager und Dr. von Campe ausgesprochen worden, daß sie jetzt unter allen Umständen darauf dringen müßten, daß wir zu einem Ziele kommen, das uns allen vorschwebt, nämlich, daß unsere staatlichen Bergwerke auf eine beweglichere Grundlage gestellt werden. Sie haben mit den Soheits⸗ verwaltungen und überhaupt mit der Staatsverwaltung nicht die
haft gerügt wurde, so bin ich mit den Mitgliedern dieses hohen
in Frage kommen, völlig unberechtigt ist, weil deren Interessen
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geringsten Berührungspunkte. 8