uns alle in dem Ziel einig sind, kam man doch immer Widerstände feststellen. Es ist eigentümlich, daß immer noch wieder Leute glauben, es wäre am besten, wenn gar nichts gemacht würde oder, wenn etwas gemacht wird, es recht langsam vorwärts gehe. (Zuruf links: Besonders in Ihrem Ministerium!) — Ich habe nicht gesagt, wo sie sind. Ich habe nur festgestellt, daß sie da sind. Mir ist auch bekannt, wo sie sind. Ich bin aber der Ansicht, daß man auf diesem Wege niemals zu einem Ziele kommen wird. Wir müssen schon mit Lust und Liebe an die Sache herangehen, und wer nicht ver⸗ mag, Lust und Liebe dafür aufzubringen, der soll lieber die Finger davon lassen, sonst ist die Arbeit wirklich nicht zu machen. Wenn wir uns also in dem Ziele völlig einig sind, dann müssen wir auch alles daran setzen, dem Wunsche zu entsprechen, und ich hoffe, Ihnen bereits im Herbst einen Gesetzentwurf darüber vorlegen
können. Daß ich heute auf Einzelheiten nicht eingehe, ist wohl selbstverständlich und wird hoffentlicht auch nicht von mir erwartet. ch kann nur in großen Zügen meine Gedanken zum Ausdruck bringen. Wir wollen bei der Umwandlung der Staatsbergwerke eine größere Ertragsfähigkeit erzielen. Wir wollen an der Spitze der Werke selb⸗ ständige technische Leiter haben, wir wollen eine größere Beweglich⸗ keit haben, wir wollen die bürokratische Bevormundung beseitigen und kaufmännischen Geist hineinbringen. Das ist im wesentlichen das ziel, und wir haben nur zu prüfen, wie wir diesem Ziele näher
ommen und welche Grundlage wir zu schaffen haben. Ich stehe persönlich auf dem Standpunkte, daß es unsere Auf⸗ gabe ist, nicht Experimente zu machen, sondern, wenn wir uns über die Form und über den Weg klar sind, ohne weiteres an die Arbeit zu gehen. Dabei spielen Kleinigkeiten gar keine Rolle. Ob es uns möglich sein wird, wenn es einmal eine Aktiengesellschaft wird — ich halte diese Form nach eingehender Prüfung für die beste Lösung der Frage —, eine Aktiengesellschaft, der der preußische Staat die Verwaltung der Staatsbergwerke, Hütten und Salinen überträgt, so daß alle steuerlichen Belange dabei bis zu einem gewissen Grade zurückgedrängt werden. Aber ich würde es für ganz verfehlt halten, besonderen Wert darauf zu legen und womöglich, na, ich will mal sagen, Schwierigkeiten dadurch eintreten zu lassen, daß man uns den Vorwurf machen könnte, wir wollten alles in einen Topf werfen. Der preußische Staat hat so verschiedene Formen von Eigentum im Berg⸗, Hütten⸗ und Salinenwesen; er hat Salinen⸗ und Hüttenbetriebe, Stein⸗ und Braunkohlenbergwerke, Bernsteinwerke, die Rüders⸗ dorfer Kalkberge usw. Ob wir alle Werke in eine Gemeinschaft ineinbringen oder in mehrere Aktiengesellschaften, das spielt im Augenblick für mich eine untergeordnete Rolle. Darüber wird sich ine Verständigung herbeiführen lassen. Ich habe mich weder nach der einen, noch nach der anderen Richtung entschieden. Es ist für mich auch ganz belanglos, ob wir die Gemeinschaftswerke, die wir mit Lippe und mit Braunschweig haben, gleich in diese Organisation auf⸗ nehmen können, ob wir Werke wie Barsinghausen oder Rüdersdorf, ie wir auch nicht allein besitzen, aufnehmen können. Wenn wirk⸗ ich einige dieser Gemeinschaftswerke nicht gleich in die Organisation aufgenommen werden könnten, wäre das kein namenloses Unglück. Ich bin immer noch überzeugt, daß es gelingen wird, auch nach der Richtung hin eine Regelung herbeizuführen, um so mehr, weil bei einigen sogenannten Gemeinschaftswerken das ganze Verhältnis ein sehr loses ist. Die Rüdersdorfer Kalkberge gehören dem preußischen Fiskus, ich glaube, zu %, zu 4¼ gehören sie der Stadt Berlin. Die Stadt Berlin zehrt von den Ueberschüssen, zu Fehlbeträgen braucht sie nichts zuzuzahlen, so daß also mit Eingriffen in die Verwaltung seitens der Stadt Beulin gar nicht gerechnet werden kann. Also man soll nicht kleinlich sein, wenn es sich um eine derart große Aufgabe handelt wie die, die preußischen Staatsbergwerke, Hütten und Salinen in eine andere Verwaltungsform hineinzubringen, sie auf die Grund⸗
age einer besseren Ertragsfähigkeit zu stellen. Ich glaube auch nicht, daß die im Jahre 1911 gemachten Bemerkungen wegen der Beamten heute noch irgendwelche Bedeutung haben. Ich bin überzeugt, daß unsere Beamten dieser Umwandlung volles Verständnis entgegen⸗ bringen und daß sie keine Schwierigkeiten machen werden.
In allererster Linie stehe ich aber auf dem Standpunkt, daß
ir Wert darauf legen müssen, die großen Erfahrungen der Privatindustrie bei dieser Umstellung in den Vorder⸗ grund zu stellen, daß wir neben die technische Leitung auch eine
kaufmännische Leitung und eine soziale Leitung stellen, von der die
Verhältnisse der Arbeiter und Angestellten erledigt werden. Dazu
bedarf es keiner Experimente, da ist der Weg vorgeschrieben. Die
Privatindustrie hat ihre großen Egfolge dadurch erzielt, daß sie jeden ngestellten auf den Platz gestellt hat, auf den er gehörte. Das ist
natürlich bei einem schwerfälligen Hoheitsbetriebe, wie wir ihn gegen⸗ ärtig haben, ganz ausgeschlossen.
Ueber die Gestaltung der Generalversammlung, ob es sich um eine oder mehrere Aktiengesellschaften handeln soll, ebenso über die Gestaltung des Aufsichtsrats will ich mich im einzelnen nicht aus⸗ lassen. Ich habe einige Ausführungen darüber im Ausschuß gemacht. Aber auch die Ausführungen, die aus den Kreisen der Mitglieder des Hauses im Ausschuß gemacht worden sind, erscheinen mir wichtig und der Prüfung wert, so daß ich nicht unterlassen möchte, erst nach Ab⸗ schluß der Prüfung weitere Ausführungen zu machen. Es würde auch über den Rahmen der gegenwärtigen Besprechungen weit hinaus⸗
ehen, wenn ich im einzelnen Ausführungen machen würde.
Die Umstellung wird natürlich nicht leicht sein. Es ist ganz selbstverständlich, daß eine derart große Aufgabe, die größte Aufgabe, die die Bergabteilung des Handelsministeriums je gehabt hat, Schwierigkeiten mit sich bringen wird; aber die Schwierigkeiten müssen beseitigt und die Aufgabe muß gelöst werden. Ich hoffe dabei ganz besonders auf den sachverständigen Rat der jetzigen Werks⸗ leiter und Direktoren, die ich zu Besprechungen über die ganze Frage, nachdem ich mich in einer gewissen Richtung entschieden habe, zu⸗ ammenberufen werden, bevor die Auffassungen, die ich vertrete, die
Grundlage eines Gesetzentuwrfs erhalten werden. Erst nach diesen
Verhandlungen kann nach meiner Meinung der Plan der Umstellung
dem vom Landtage gewünschten Ausschuß vorgelegt werden. Der Hauptausschuß hat bekanntlich einen Beschluß gefaßt und ersucht den Landtag, diesem Beschluß beizutreten: Zur Prüfung und Begutachtung der in der Bergverwaltung ausgearbeiteten Pläne zur Umstellung der staatlichen Bergwerke,
Hütten und Salinen einen besonderen Ausschuß zu bilden. Das
Staatsministerium wird ersucht, diesem Ausschuß baldmöglichst das
einschlägige Material zu unterbreiten. 1 Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin natürlich gern bereit, auf den Boden des Antrages zu treten, wenn er so verstanden
allen, die ich genannk habe, über die einzuschlagende Richtung und die zu gehenden Wege völlig klar bin, das Material diesem Ausschusse vorgelegt wird. Wenn das nicht der Zweck sein sollte, dann wird der Ausschuß unter Umständen berufen sein, ein Richteramt zu über⸗ nehmen zwischen der Ansicht des Ministers und der vielleicht entgegen⸗ stehenden Ansicht der Herren, die in seinem Ministerium sind. Da⸗ gegen müßte ich mich verwahren; und ich nehme aber nicht an, daß das der Zweck des Antrages sein soll. Es wird hierbei übrigens auch noch der Herr Finanzminister ein gewichtiges Wort mitzusprechen haben. Es wird für mich vor allen Dingen darauf ankommen, die Sachverständigen zu hören. Das sind Männer, die heute unter schwierigen Verhältnissen als Leiter der Werke tätig sind; es sind Männer der Praxis, denen wir unter allen Umständen Gehör schenken müssen. Erst dann, wenn ich mir selbst über die einzuschlagenden Wege klar bin — ich suche mit allem Nachdruck zu einem solchen Abschluß zu gelangen —, kann der Ausschuß des Landtages gehört werden. Ob nun Pläne oder nur ein Plan hierbei in Frage kommen ist für mich eine Sache von untergeordneter Bedeutung; das spieli gar keine Rolle. Ich nehme an, daß die Mitglieder des Haupt⸗ ausschusses und die Mitglieder des hohen Hauses den Antrag auch nicht anders verstehen, als ich es eben ausgeführt habe. Sellte er cher eine andere Bedeutung haben dann bitie ich die Antragsteller, das bier ganz deutlich zum Ausoruch zu bringen. In diesem Falle möchte ich das hohe Haus bitten, den Antrag abzulehnen; denn dann wäre bieser Ausschuß gleichbedeatend mit dem Ausschuß, dem der Gesetzentwurf vom Landtag überwiesen werden muß, und der sich nachher mit der Umstellung selbst zu beschäftigen hat. Vielleicht wird, wenn der Antr ⸗g m dem von mir bezeichneten Sinne cn⸗ genemmen wird, doppelte Arbeit gemacht, aber ich bin dazu gern bereit. Aber, wie gesagt, es müssen sachverständige Männer mit⸗ wirken. Wenn der Kreis der Sachverständigen auch nicht gicß ist, so gibt es doch eine Reihe von Maͤnnern die in diesem Ausschuß sicherlich den allerbesten Platz eimnehmen werden.
Mein Ziel geht dahin, daß dieser Etat der letzte ist, den Sie in dieser Form bekommen, und daß der neue Etat unter allen Umständen die Trennung der Werkverwaltung von der Hoheitsverwaltung vorsehen muß. Soll aber eine Trennung am 31. März des nächsten Jahres durchgeführt sein, dann müssen selbstverständlich die Vorarbeiten rechtzeitig be⸗ gonnen werden. Der Antrag des Hauptausschusses auf Druck⸗ sache Nr. 2420 zu B1 scheint mir durchaus berechtigt zu sein, weil die Dinge nicht anders gemacht werden können. Die Trennung selbst muß in meinem Ministerium vorbereitet werden. Wenn aber beispielsweise am 1. April 1923 die neue Aktien⸗ gesellschaft — sagen wir einmal die „Preußischen Staatsberg⸗ werke“ oder wie wir sie sonst nennen wollen — in Kraft treten soll, dann müssen auch in den Werken die nötigen Vorbereitungen getroffen werden. Wir brauchen dazu tüchtige Kaufleute. Ich glaube, daß ein großer Teil unserer Beamten bei genügender Umstellung und Schulung durch tüchtige Kaufleute den Werken noch erhalten werden kann, ohne daß man daran denken muß, daß wir nun überall neue Leute für die kaufmännische Abteilung haben müssen. Ein großer Teil unserer jüngeren Beamten auf diesen Werken ist sicherlich in der Lage, sich von der kameralistischen auf die kaufmännische Buchführung umzustellen, so daß hier wohl keine erheblichen Schwierigkeiten vorliegen werden. Daß Geld⸗ mittel hierzu erforderlich sind, ist selbstverständlich. Aber kommen keine Unsummen in Frage. Es kann sich um zwei bis drei Millionen Mark handeln, und das ist bei den heutigen Geld⸗ verhältnissen und bei der Crröße der Aufgabe doch nicht sehr erheblich. Es müssen auch Näume für die zentrale Verwaltung geschaffen werden. Anders sind die Dinge gar nicht zu meistern. Wenn wir uns über die Hauptsache klar sind, dann werden die Einzelheiten kaum noch Schwierigkeiten bereiten. Die Beratungen im Hauptausschuß waren allseitig — ich erkenne das bei allen Parteien mit Dank an — von dem Gedanken getragen, diese großen Aufgaben unter Beseitigung aller Schwierigkeiten zu lösen, und ich sage allen den Damen und Herren, die dazu ge⸗ sprochen haben, dafür meinen besonderen Dank, daß sie dieser Frage mit so großer Sachkenntnis entgegengetreten sind.
Ich will deshalb auf diese Angelegenheit heute nicht weiter eingehen, möchte aber noch zum Ausdruck bringen, daß auch von mir und von den mir unterstellten Herren im Ministerium die Aufgabe nur gelöst werden kann durch Ihre tatkräftige Unter⸗ stützung, ich rechne aber auch auf die verständige Mitarbeit der Beamten, Angestellten und Arbeiter. Wenn alle Gruppen, die bereits ihre Unterstützung zugesagt haben und sogar darum bitten, daran beteiligt zu werden, sich dafür einsetzen, einig und von dem guten Willen beseelt sind, im Ministerium und auch hier im Hause, daß wir die große Aufgabe der Umstellung der Staatsbergwerke auf größere Betriebsfähigkeit, durchdrungen auch von kaufmännischem Geist und moderner Betriebstechnik, durch⸗ führen wollen, müssen wir in diesem Jahre alle Kräfte daran⸗ setzen. Tun wir das, dann werden wir das Ziel sicherlich inner⸗ halb der von mir gestellten Frist erreichen, das heißt wir werden viel⸗ leicht im Herbst dem Landtag einen Gesetzentwurf vorlegen können und werden dann in der Lage sein, im Laufe des Herbstes oder Winters auch die gesetzliche Grundlage zu beschließen. Ich bitte Sie, in der Beziehung uns auch weiter Ihre Unterstützung zu leihen, und ganz besonders ersuche ich darum, soweit Sie sonst noch Anregungen zu geben haben, in Ihrer Debatte damit nicht zu sparen. Für alle Anregungen nach der Richtung hin bin ich außerordentlich dankkar. (Bravo! bei den Sozial⸗ demokraten, den Demokraten und im Zentrum.)
Abg. Osterroth (Soz.): Wenn bei der Forderung der Um⸗ stellung keine Hintergedanken obwalten, so sind wir durchaus dafür; uns ist es um die Sache zu tun. Die “ muß kommen und muß bald kommen. Die Bindung an den Etat mit seinen 85 überholten Ziffern, wo der Kohlenpreis nur ein Drittel des heutigen Preises beträgt, kann gerade verhängnisvolle Folgen haben. Mit den immer noch in seinem Ministerium vorhandenen mächtigen bürokratischen Widerständen muß der Minister endlich aufräumen. An der Kohlennot ist die Verkehrsnot, der Wagen⸗ mangel, die Politik des Reichsverkehrsministeriums nicht ganz ee. Die Verstopfungen im Ruhrrevier sind dort weit mehr die Ursache der Unzuträglichkeiten als der Wagenmangel. Das Reichsverkehrsministerium muß sich eben auf die Bedürfnisse des Bergbaues namentlich im Ruhrbezirk einstellen. Die „Bergwerks⸗ itung“ führt eine im Zeitalter der Arbeitsgemeinschaft unerhört erausfordernde Sprache gegen die Bergarbeiterschaft und ihre Lohnforderungen. Die Weltmarktpreise für Kohle sind bei uns
es
und kommunale Betriebe bei solchem Kohlenpreis hinkommen?
Im Ruhrrevier kostet heute das Pfund Kartoffeln mehr als eine
Flasche guten Reichsfinanzministerweins (Heiterkeit links); soll das
die Bergarbeiter nicht reizen? Die Kohlensteuer muß umgestaltet
werden; es geht unmöglich, daß die Kohle, ein Grundpfeiler der
deutschen Finanzwirtschaft, so maßlos besteuert wird. Die monat⸗
liche Kohlensteuer beträgt 7 Milliarden, die Monatslohnsumme im
deutschen Kohlenbergbau nur 4 Milliarden Mark. Auch das Aus⸗
land muß es hören, daß wir in unserer wirtschaftlichen Ent⸗
wicklung unerträglich gehemmt werden, wenn diese starrem
Reichsvorschriften bestehen bleiben. Die preußische Regierung
muß beim Reiche auf eine Aenderung hinarbeiten. Für unsere Verluste an Bergbaubesitz in Oberschlesien müssen wir entschädigt
werden. Preußen kann eine weitere Schädigung desselben nicht
mehr ertragen. Wir dürfen im Osten nicht von polnischer
Kohle abhängig werden. — Das Vertrauen der Bergarbeiter in
die Bergrevierbeamten als Berggewerberichter ist gleich Null. Darum verlangen wir eine Einheitlichkeit der gewerblichen Recht⸗ sprechung im Bergbau, 8 es durch Schaffung von besonderen Arbeitsrechtsabteilungen bei den ordentlichen Gerichten, sei es durch Schaffung von mit Juristen zu besetzenden Gewerberechts⸗ abteilungen bei den Oberbergämtern. In Oberschlesien muß auf die Schaffung einer einheitlichen Organisation bei der Inangriff⸗ nahme und Durchführung des Siedlungswesens hingewirkt werden. Ein allgemeiner Bergarbeiterstreik im Ruhrevier ist nur mit Mühe und Not vermieden worden. Die Ursache der Differenz lag in der Frage der Behandlung des 1. Mai und des 9. November als poli⸗ tische Feiertage; die Vermittelung des Reichsministers in Essen scheiterte an dem Widerstand des Zechenverbandes. Mit ein ganz klein wenig Entgegenkommen hätte auch der Teilausstand im Dort⸗ munder Revier vermieden werden können. 8
Abg. Steger (Zentr.): Wir begrüßen die Erklärung des Ministers, daß er mit allen Mitteln die Vorlage des Gesey⸗ entwurfes zur Umstellung der staatlichen Bergwerke erstrebt. Mit dem grundsätzlichen Gedanken sind wir einverstanden, wünschen aber, daß nicht wieder eine neue andere Art von Bureaukratismus geschaffen wird. Eine Vermehrung des Beamtenkörpers muß dabei unter allen Umständen vermieden werden. Wir wünschen ferner einen schnelleren Ausbau der technischen Einrichtungen. Trotz der gestiegenen Förderung an Kohlen, trotz der Mehrleistungen der Bergarbeiter ist die Kohlenversorgung nur noch schlimmer ge⸗ worden. Wir begrüßen daher auch die Erklärung des Ministers, daß in Oberschlesien der Ausbau der bestehenden und die Errich⸗ tung neuer Werke gefördert werden wird. Im Saargebiet mußten dagegen wegen der französischen Frankenwirtschaft Feierschichten eingelegt werden und die Arbeiter haben sich sogar Lohnabzüge ge⸗ fallen lassen müssen. Auf das Saargebiet möge der Minister zur Erhaltung des Deutschtums sein besonderes Augenmerk vichten. Wir müssen uns trotz des Anschlusses an den Zechenverband oder andere Vergbauvereihe die nötige Ellenbogenfreiheit bewahren. Wenn ein unbeteiligter Leser die „Deutsche Bergwerkszeitung“ lies, könnte er manchmal auf den Verdacht kommen, als ok diese Zeitung ein Interesse habe, die Bergarbeiter zu unbesonnenen Schritten zu verleiten. Solche Artikel, wie sie manchmal dort erscheinen, sind geeignet, Unruhe und Erbitterung in die Reihen der Bergarheiter zu tragen. Auch die „Rheinische Zeitung“ geht bei der Beurteilung der Kohlenpreise von falschen Voraussetzungen aus. Wenn⸗ die Presse sich über die Zusammensetzung des Kohlenpreises besser unterrichten würde, wurde sie nicht zu Ausdrücken wie „Kohlen⸗ wucher“ kommen. Allein 45 vH beträgt heute die Kohlenstener. Die Arbeitgeber sollten nicht so kurzsichtig sein und bei den 1.⸗Mai⸗ Feiern einen Tag vom Urlaub abziehen. Das sieht wie eine Ve⸗ trafung aus. Andererseits ist es ebenso zu verurteilen, wenn die eiernden Arbeiter die Zechentore belagern, die Arbeitenden an ihrer Tätigkeit hindern und ihnen die Köpfe blutig schlagen. Solche Vorkommnisse sind nur geeignet, die Achtung vor dieser Maiseier herabzumindern. In einem Falle wurde von der demonstrierenden lichen!“ Man muß Achtung vor der Ueberzeugung anderer haben. Die Kommunisten haben die Maifeier für ihre Zwecke auszunutzen gesucht; jeßt haben die Bergarbeiter ihnen aber eine deutliche Absage erteikt. Die Arbeitswilligen sind verhindert worden, zur Arbeitsstätte zu gelangen öö hat die Schupo in diesem Punkte ihre Pflicht nicht getan. Hier muß Remedur eintreten. (Zuruf bei den Komm.: Gehen Sie doch auf die Ursache des Streiks ein.) Ich stehe hier nicht, um Ihnen, sondern um mir zum Gefallen zu reden. In der Kartoffelver⸗ sorgung muß gründlicher Wandel eintreten, dem Wucher muß man zu Leibe gehen; die Wuchergerichte müssen endlich beweisen, daß sie da sind und daß sie einen Zweck haben.
Der Oberberghauptmann erwidert auf einige Aus⸗ führungen des Abgeordneten Osterroth. Er bestreitet, daß bei den Entwürfen wegen Umstellung der Betriebe irgendwelche büro⸗ kratische Rechthaberei obgewaltet hat. Den Revierbeamten habe der Abgeordnete Osterroth die Unparteilichkeit abgesprochen, ohne die Spur eines Beweises dafür beizubringen.
Abg. Nehring (D. Nat.): Auch nach unserer Meinung gibt der Berghaushalt mit den darin stehenden Ziffern nicht entfernt mehr ein Bild der tatsächlichen Verhältnisse. Die Verschlechterung des Kohlenmarktes ist zum großen Teil auch darauf zurück⸗ zuführen, daß die Entente ihre Anforderungen an uns nicht etwa ermäßigt, sondern noch weiter gesteigert hat; tatsächlich verkauft Frankreich mit Nutzen die von uns a “““ Kohle weiter, was doch gewiß nicht der Sinn der Vorschriften des Friedensvertrages und der Abmachungen von Spaa sein kann. Die Ausschußanträge, betreffend Umstellung der Betriebe, nehmen wir an und danken dem Minister, daß er die vorbereitenden Maßnahmen getroffen hat und daß im Herbst eine Vorlage an den Landtag kommen wird. Diese Umstellung und Einstellung auf den Betrieb nach kaufmännischen Grundsätzen ist eine dringende Notwendigkeit. Wir wollen, daß der Leiter der einzelnen Werke auch eine wirkliche Selbständigkeit und Verantwortlichkeit übertragen erhält. Wer sich von den Beamten dazu nicht verstehen will, muß seine Fas zastellang quittieren. Auch in der Zentrale muß jede bürokratische Schabklone aus⸗ geschaltet werden. In unserem Niederlausitzer Braunkohlenrevier hat man wegen des Wagenmangels ganz erhebliche Bestände auf die Halden legen müssen; die Umlaufszeit der Wagen zu verkürzen, muß sick, die Verwaltung durchaus angelegen sein lassen. Auch wir bedauern sehr, daß neuerlich die Kohlensteuer verdoppelt worden ist. Sollte es denn gar nicht möglich sein, die Bergarbeiterschaft zu bestimmen, freiwillig Ueberschichten zu leisten, da doch aus einem besonderen Arbeitszeitgesetz unfehlbar große Schwierigkeiten sich ergeben müssen? Die Arbeitsintensität wird nicht nur von den Unternehmern, sondern vielfach auch von den Betriebsräten in unliebsamer Weise gestört und gebremst; hier muß ebenfalls ein wirksamer Riegel vorgeschoben werden. Wenn die Stellung der Beiräte bei den Oberbergämtern, wie es der Hauptausschuß wünscht, weiter ausgebaut werden soll, so muß dabei nach unserer Auffassung jede Einseitigkeit unterlassen werden. Die Bergwerke Oberschlesiens müssen dem Staat Preußen verbleiben, der sonst völlig leistungsunfähig werden würde; daher können wir nicht wünschen, daß ein neuer Gliedstaat Ober chlesien entsteht. Die Oberschlesier werden doch zu würdigen 8 en, was ihre Heime den großen preußischen Königen verdankt. roße Unruhe auf d äußersten Linken, lebhafter Beifall rechts.)
Hierauf wird Vertagung beschlossen.
Nächste Sitzung Dienstag, 12 Uhr (Wahl von acht Mi gliedern in den Ausschuß für die Staatsschuldenverwaltun Strafverfolgungssachen, betreffeno die Abgg. Scholem, Geschk Schnetter, Dahlem, Sobottka, Schiffer und Severing; Antrag der Kommunisten, betreffend die Auslieferung des Italiener⸗ Bolgrini; Fortsetzung der Beratung des Berghaushalt Vorlage, betreffend das Großkraftwerk Hannover).
erreicht, weil mit der neuen Kohlensteuer, Umsatzsteuer usw. etwa
wird, daß, sobald ich mit den Herwen meines Ministeriums und mit
45 Prozeut Steuerlast auf der Kohle liegen. Wo sollen Hausbrand
Menge gerufen: Nieder mit den Pfaffen! Nieder mit den Christ⸗
Aℳ 1 4
sei. beschäftigt. Abg. Gothein (Dem.) verlangte Aufschluß darüber,
Preußischer Staatsrat. 1 Sitzung vom 15. Mai 1922. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger
Der preußische Staatsrat trat am Montagnachmittag um 5 Uhr unter dem Vorsitz seines Präsidenten Dr. Adenauer zu einer Plenarsitzung zusammen. Als erster Punkt stand auf der Tagesordnung der Gesetzentwurf über die Erhöhung der Ausgleichs⸗ zuschläge zur Besoldung der Staatsbeamten, der diese auf 65 vH festsetzt. Das Staatsministerium kann diesen Satz jeweils den wirtschaftlichen Verhältnissen anpassen. Nach Mitteilung des Berichterstatters bedeutet das Gesetz für Preußen eine Mehrbelastung von 4 Milliarden Mark. Nach kurzer Debatte wurde dem Gesetzentwurf mit der Maßgabe zugestimmt, aß das Staatsministerium verpflichtet ist, Aenderungen der Ausgleichszuschläge jeweils dem Landtag und Staatsrat als⸗ bald Ohne Aussprache zugestimmt wurde dem Gesetzentwur betreffend die Erhöhung des E“ bens nr. festsetzung des Geschäftsjahres der Preußischen Staatsbank (Seehandlung), nach dem das Grund⸗ kapital um einen Betrag bis zu 400 Millionen Mark erhöht werden soll. Gegen den vom Landtag angenommenen Entwurf eines Gesetzes zur Aenderung des Kreis⸗ und Provinzial⸗ abgabengesetzes wurde ein Einspruch nicht erhoben. Damit war die Tagesordnung erschöpft. Nächste Sitzu Mittwoch, Nachmittags 5 Uhr. 2 sesf Schluß 6 Uhr.
Parlamentarische Nachrichten.
Dem Reichstag sind der Entwurf eines Gesetzes über Mieterschutz und Mieteinigungsämter und h Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung der Pacht⸗ schutzordnung nebst Begründungen zur Beschlußfassung zu⸗ gegangen. —
Im Hauptausschuß des Reichstags wurde gestern der Gesetzentwurf über die Autonomie der Reichs⸗ bank weiterberaten. Auf Antrag des Berichterstatters Abg. Dr. Rießer (D. Vp.) wurde § 26 des Gesetzentwurfs in folgender Fassung angenommen: ‚Die Leitung der Reichsbank steht aus⸗ schließlich dem Reichsbankdirektorium nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes zu.“ Zu § 27 befürwortete Abg. Frau Sender (. Soz.), dem Vorschlage des Reichswirtschaftsrats zu folgen, wonach der Präsident und die Mitglieder des Reichsbankdirektoriums nicht lebenslänglich, sondern auf 10 Jahre ernannt werden sollen. Der Vorschlag wurde vom Ausschuß abgelehnt und § 27 in der Fassung der Regierungsvorlage angenommen. Nach § 28 haben die Beamten der Neichebhank die Rechte und Pflichten der Reichs⸗ beamten, Hieran wird in der Regierungsvorlage auch fernerhin grund⸗ sätzlich festgehalten. Reichsbankpräͤsident von Havenstein führte, wie das Nachrichtenhüxro des Vereins deutscher Zeitungsverleger’berichtet, aus, daß der § 28 mit der Autonomie der Reichsbank durchaus vereinbar sei. Nur seien einige NVorschriften zu aͤndern gewesen. Der Präsident wies noch auf die erheblichen Schwserigkeiten hin, die der Gewinnung eines geeigneten Nachwuchses für die Beamten der Reichsbank ent⸗ gegenstehen, und empfahl unter Bezugnahme auf einen Antrag des Reichswirtschaftsrats eine Verbesserung der Besoldungs⸗ ordnung für die Reichsbankbeamten. Abg. Dr. Levi (Komm.) sprach sich gegen die Fassung des § 28 der Regierungsvorlage aus. Abg. Stücklen (Soz.) und Geheimrat Kühnemann vom Reichsfinanzministerium warnten davor, besondere Besoldungs⸗ bestimmungen für die Reschsbankbeamten zu treffen. Die Be⸗ amten der preußischen Seehandlung würden naturgemäß dasselbe für sich beanspruchen, auch der Reichstagsetat habe für seine Beamten schon eine besondere Einstufung. Schließlich würde sich die ganze Besoldungsordnung in lauter einzelne Besoldungseinstufungen für die verschiedenen Behörden auflösen. Es gehe nicht an, den Reichsbank⸗ beamten gegenüber den anderen Beamten unverhältnismäßige Vorteile zu verschaffen. Die Abgg. Gothein (Dem.) und Dr. Helfferich (Dnat.) wiesen darauf hin, daß die Reichs⸗ bank sich ihren Nachwuchs nicht sekbst heranziehen könne, sondern aus kaufmännischen Kreisen holen müsse und deshalb zur Erlangung tüchtiger Kräfte entsprechend Gehälter zahlen müsse. Nachdem sich der Abg. Dr. Pachnicke (Dem.) für den Antrag des Reichswirtschaftsrats ausgesprochen, dabei den großen Abgang der Reichsbankbeamten zur Privatbankwelt betont hatte der sich in letzter Zeit gezeigt habe, beschloß der Ausschuß, zur Gewinnung eines kaufmännisch geschulten Nachwuchfes für die Beamten der Reichsbank allen beteiligten Instanzen größtes Entgegenkommen in bezug auf die Verbesserung der Besoldungsordnung für die Reichsbankbeamten zu empfeblen. — Alsdann wurde der Gesetzentwurf verabschiedet, und der Ausschuß erledigte einige Eingaben, über die Abg. von Gurard (GZentr.) referierte.
Hierauf folgte die Beratung des Gesetzentwurfs über die Verwendung von Wartegeldempfängern. Der Berichterstatter Abg. von Gusrard (Zentr.) führte aus, daß infolge des unglücklichen Ausgangs des Krieges die Reichs⸗ regierung gezwungen gewesen sei, viele Beamte einstweilen in den Rubestand zu versetzen, weil es infolge der Umgestaltung des Staatswesens oder aus Ansaß der Durchführung des Friedensvertrags nicht mehr möglich gewesen sei, diese Be⸗ amten weiter zu beschäftigen. Demgegenüber sei jedoch im Laufe der Zeit das dringende Bedürfnis entstanden, diese Wartegeld⸗ empfänger wieder zu Dienstleistungen auf anderen Gebieten heran⸗ zutjehen, weil sich die Staatsausgaben in erheblichem Umfange ver⸗ mehrt hätten und anderweit nicht genügend geeignete beamtete Arbeits⸗ kräfte zu erlangen gewesen seien. Immerhin bedeute der Gesetzentwurf eine Verfassungsänderung, die nur bei äußerster Notwendigkeit vor⸗ genommen werden sollte. Abg. Stücklen (Soz.) hielt es bei der Motlage der Reichsfinanzen schon aus Sparsamkeitsgründen für geboten, die Wartegeldempfänger, die vom Staate ¾ ihres Dienst⸗ einkommens erhalten müßten, beranzuziehen, um die unnötige Ausgabe dieser WMerdehesSessc nach Möglichkeit zu vermeiden. Der Redner verwies darauf, daß besonders von seiten der Kriegsgerichts⸗ räte Sturm gegen das Gesetz gelaufen werde, daß aber das Staats⸗ wohl dem persönlichen Interesse und der persönlichen Bequemlichkeit vorangehe. Er führte Beispiele dafür an, daß mehrfach Oberkriegs⸗ gerichtsräte, die ihr volles Gehalt als Wartegeld empfingen, sich ge⸗ weigert hätten, ein ihren Fähigkeiten entsprechendes Amt neu an⸗ zunehmen. Der Redner empfahl, daß die Wartegeldempfänger bei
erlust des Wartegeldes zur Annahme jedes planmäßigen Amtes sowie jeder mindestens zweijährigen Beschäftigung im Reichsdienst verpflichtet sein sollen, sofern ihnen die auszuübende Tätigkeit unter Berücksichtigung ihrer Fähigkeiten und ihrer bisherigen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden könne. Geheimrat Kühnemann (Reichsfinanzministerium) betonte, daß der Gesetzentwurf schon aus Rücksicht auf die öffentliche Moral angenommen werden müßte. Abg. Schmidt⸗Stettin (D. Nat.) hob hervor, daß sich bereits eine sehr große Zahl von Wartegeldempfängern, insgesamt rund 17 000, fresfwillig bereit gefunden habe, neue Dienststellen zu über⸗ nehmen. Die angeführten Fälle von Oberkriegsgerichtsräten seien nur Einzelfälle und Ausnahmen. Der Ministerialdirektor Dr. Falck gab zu, daß die überwiegende Mehrzahl der Wartegeldempfänger freiwillig Dienst angenommen habe; das sei aber meist vor dem 1. April 1920 geschehen, also vor dem Termin, zu dem die Angleichung des Wartegeldes an die neuen Besoldungen geschehen
““ . “ 2 ““ 1“ in welcher Weise etwaigen Härten gegenüber den Wartegeldempfängern bei Versetzung usw. (Umzugskosten u. dergl.) vorgebeugt werden solle. Ein Regierun gsvertreter antwortete, daß entsprechende Um⸗ zugsgelder oder andere Entschädigungen gezahlt werden würden. Abg. Ersing (Zentr.) war der Meinung, daß man Leuten gagenüber energische Maßnahmen anwenden müsse, die aus reinem Egoismus heraus Dienst verweigerten, weil ihre Bezüge jetzt den übrigen Be⸗ soldungen in entsprechender Weise angeglichen worden seien. Angenommen wurde ein Antrag des Zentrums, der Demokraten und der Sozialdemokraten, daß die Mindestzeit einer vorübergehenden Wiederbeschäftigung im Reichsdienst für Warte⸗ geldempfänger zwei Jahre sein müsse. Auch sollen Wartegeld⸗ empfänger, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, berechtigt sein, unter Stellung eines Antrags auf Versetzung in den Ruhestand die Uebernahme eines anderen Amtes oder einer vorübergehenden Be⸗ schäftigung abzulehnen. Weitere wesentliche Aenderungen wurden an der Regierungsvorlage nicht vorgenommen und der Gesetzentwurf er⸗ ledigt. Zum Schluß gab Abg. Morath (D. Vp.) für seine Partei noch folgende Erklärung ab: Die Deutsche Volkspartei würdigt die Motive, die zur Vorlegung des Gesetzes geführt haben, hat aber gegen die Annahme schwerste Bedenken, weil das Gesetz Bestimmungen des Reichsbeamtengesetzes durchbrechen würde. Die Fraktion behält sich deshalb ihre Stellungnahme vor. — Hierauf vertagte sich der Ausschuß.
Der sozialpolitische Ausschuß des vorläufigen Reichswirtschaftsrats beriet gestern den eines Gesetzes über Aenderung des Versicherungs⸗ gesetzes für Angestellte. Der für die Vorberatung des Gesetzentwurfs einberufene Unterausschuß unterbreitete ein⸗ gehende Vorschläge, die sich auf den Umfang der Versicherung (Doppelversicherung), die Versicherungsleistungen, Beiträge und An⸗ wartschaften, das Beitragsverfahren, die Organisation der Recht⸗ sprechung und die Verwaltungsorganisation erstreckten. Be⸗ züglich der Frage der Doppelversicherung hatte sich der Unterausschuß für ihre Beseitigung durch völlige Trennung der Invalidenversicherung und der Angestelltenversicherung entschieden. Der der Angestelltenversicherung unterliegende Personenkreis war in sechs Berufsgruppen spezisiziert worden. Der § 1226 der Reichs⸗ versicherungsordnung sollte dahin geändert werden, daß die nunmehr dem Versicherungsgesetz für Angestellte unterliegenden Fürlens der Invalidenversicherung ausdrücklich entzogen würden. Für die Versicherungsleistungen waren neue Gehalts⸗ klassen gebildet worden, als deren obere Grenze 80 000 ℳ festgesetzt wurden. Die Arbeitnehmer hatten ursprünglich die gänzliche Beseitigung der Versicherungsgrenze, die Arbeitgeber die Festsetzung derselben auf 50 000 ℳ gewünscht. Auf dem Kompromißwege hatte man sich schließlich auf 80 000 ℳ geeinigt. Für weibliche Angestellte war die Rückerstattung der Hälfte der bis zur Verheiratung für sie geleisteten Beiträge zugestanden worden, wenn sie nach Ablauf der Wartezeit für das Ruhegeld heiraten. Hinsichtlich es Beitragsverfahrens hatte man sich für das obligatorische Markensystem entschieden; die Durchführung und Aus⸗ führung sollte aber zwecks kaufmännischer Anpassung an die jeweiligen Erfahrungen und Bedürfnisse den Organen der Reichsversicherungs⸗ anstalt im Einvernehmen mit dem Reichsarbeitsministerium über⸗ lassen werden. In der Organisation der Rechtsprechung war von einer Zusammenlegung der Rechtsprechungsinstanzen Abstand ge⸗ nommen worden Die Rentenfestsetzung sollte durch die Reichsver⸗ sicherungsanstalt vorgenommen werden, wobei der Rentenausschuß die erste Instanz im Streitverfahren bilden sollte. Angestelltenkammern bei wenigen Oberversicherungsämtern und ein Angestelltensenat beim Reichsversicherungsamt sollten die Berufungs⸗ und die Revisions⸗ instanz sein. Grenzfälle der Invalidenversicherung und der An⸗ gestelltenversicherung wären einem aus Mitgliedern der beider⸗ seitigen Spruchsenate gebildeten Großen Senat zu über⸗ lassen. Für die Verwaltungsorganisation wear einhellig die Forderung nach mehr Selbstverwaltung erhoben worden. Der Verwaltungsrat der Reichsversicherungsanstalt sollte die geschäft⸗ liche Beaufsichtigung übernehmen und mindestens die leitenden Funktio⸗ näre wählen. — Dem Hauptausschuß lagen neben dem Bericht des Unterausschusses noch besondere Anträge der Anhänger der Invalidenversicherung vor, in denen die Beseitigung der Doppelversicherung durch Schaffung eines einheitlichen Ver⸗ sicherungsweges, systematische Durchführung der bereits eingeleiteten Anpassung der Beiträge zur Angestelltenversicherung an die Bei⸗ träge zur Invalidenversicherung, derselbe Aufbau bezüglich der Gliederung der Gehalts⸗ und Lohnklassen in beiden Versicherungen, Vereinheitlichung der Rechtsprechung durch Einführung der Schieds⸗ gerichte als Kammern bei den Oberversicherungsämtern bezw. des Oberschiedsgerichts als Senat bei dem Reichsversicherungsamt, Durch⸗ führung wirklicher Selbstverwaltung und Vereinheitlichung der Organisation gefordert wurden. — Die Aussprache gestaltete sich zu einer Auseinandersetzung zwischen den Vertretern der Invaliden⸗ versicherung und denen der Angestelltenversicherung. Beide traten für Beseitigung der Doppelversicherung ein, wobei jedoch die ersteren dieses Ziel durch Schaffung eines einheitlichen Ver⸗ sicherungsträgers, letztere durch Trennung beider Versicherungen erreicht wissen wollten. Die Vertreter der Invaliden⸗ versicherung erklärten, daß die Notlage des deutsches Volkes zwei nebeneinander bestehende Versicherungen nicht ertragen könne, zumal da eine Wesensungleichheit zwischen beiden nicht bestehe. Die Verschmelzung sei notwendig und möglich; falls sie jetzt nicht zustande komme, sei es unbedingt falsch, die Angestelltenversicherung so zu ge⸗ stalten, wie es der Unterausschuß wolle, da hierdurch die Möglichkeit der Verschmelzung für lange Zeit ausgeschaltet würde. Trenne man beide Versicherungen vollständig, so würden diejenigen Angestellten⸗ gruppen, die zu einem erheblichen Teil aus Arbeiterberufen hervor⸗ gehen, wie Werkmeister, Betriebsbeamte usw., beim Berufswechsel ihrer Ansprüche verlustig gehen, wenn sie dieselben nicht durch freiwillige einseitige Beitragsleistungen aufrecht erhielten. Die Vertreter der Angestelltenversicherung betonten, daß der Nachweis für die böbere Belastung der Reichsfinanzen durch die Aufrechterhaltung der TET11“ bisher nicht geführt worden sei; der Verwaltungsapparat der Angestelltenversicherung sei auch nicht zu teuer. Ueber die Verschmelzung würde sich reden lassen, wenn die Invalidenversicherung dahin gelangt sei, wo die Angestellten⸗ versicherung hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit heute stehe. Die Arbeitgeber schlossen sich der Ansicht der Vertreter der Angestelltenversicherung ausdrücklich an und gaben eine motivierte Erklärung zu ihrer Stellungnahme ab, in der sie darauf hin⸗ wiesen, daß sie gern die Gelegenbeik ergriffen, der Angestellten⸗ schaft durch die Tat zu beweisen, da sie an der Anerkennung der gehobenen Bedeutung und Stellung derselben fest⸗ hielten und infolgedessen sich für den Fortbestand einer selbständigen Angestelltenversicherung mit differenzierten Leistungen gegenüber der Invalidenversicherung entschieden hätten. Die Abstimmung ergab eine Mehrheit für die Beschlüsse des Unteraus⸗ schusses. Die Anträge der Gegenseite wurden zum überwiegenden Teile abgelehnt. Dem Vorschlag des Unterausschusses, die gefaßten Beschlüsse mit Zustimmung des Vorstandes des Reichswirtschaftsrats der Reichsregierung unbeschadet der Stellungnahme des Plenums un⸗ mittelbar zuzuleiten, wurde gegen die Stimmen der Vertreter der Invalidenversicherung, die eine vorherige Beratung in der Voll⸗ versammlung verlangten, ebenfalls zugestimmt.
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Der Aeltestenrat des preußischen Landtags hielt am Montag vor Wiederaufnabme der Vollsitzungen eine Be⸗ sprechung über die Geschäftslage ab. Zunächst wird, wie vorher be⸗ reits in Aussicht genommen war, der Haushalt der Bergverwaltung erledigt. Da bei der Beratung auch die Streikverhältnisse im Ruhr⸗ gebiet besprochen werden sollen, ist die Redezeit auf zwei Stunden erhöht worden. Nach Erledigung des Haushalts der Bergverwaltung soll u. a. auch der Gesetzentwurf über das Kraftwerk Hannover noch behandelt werden. Vom Staatshaushaltsplan will man dann vor
Jetzt seien noch rund 10,000 Wartegeldempfänger un⸗
agengestellung für Kohle, Koks und Briketts
Ruhrrevier —Oberschlesisches Revier Anzahl der Wagen
am 13. Mai 1922: EE A“““ Nicht gestellt.. — Beladen zurück⸗
geliefert.
9 250
9 250
23 428
am 14. Mai 1922: 5 443
570
Gestellt. Nicht gestellt.. Beladen zurück⸗
5 352 560
Die Elektrolptkupfernotierung der Vereinigung für deutsche Elektrolytkupfernotiz stellte sich laut Berliner Meldung des „W. T. B.“ am 15. Mai auf 8544 ℳ (am 13. Mai auf 8600 ℳ) für 100 kg.
Berichte von auswärtigen Wertpapiermärkten.
Köln, 15. Mai. (W. T. B.) (Amtliche Devisenkurse.) Holland 11 028,70 G., 11 056,30 B., Frankreich 2609,20 G., 2615,80 B., Belgien 2277,00 G., 2283,00 B., Amerika 285,10 G. 285,90 B., England 1270,15 G. 1273,35 B., Schweiz 5483,10 G., 5496,90 B. Italien 1510,60 G., 1514,40 B., Dänemark 6102,35 G., 6117,65 B. u 5343,30 G., 5356,70 B., Schweden 7310,85 G 7329,15 B., Spanien 4434,45 G., 4445,55 B., Prag 548,50 G. 550,20 B., Budapest 37,90 G., 38,00 B., Wien 3,13 G., 3,17 B.
Hamburg, 15. Mai. (W. T. B.) (Börsenschlußturse.) Deutsch⸗Australische Dampfschiff⸗Gesellschaft 508,00 bis 522,00 bez., Hamburger Paketfahrt 408,00 bis 416,00 bez., Hamburg⸗Südamerika 712,00 bis 735,00 bez., Norddeutscher Lloyd 320,50 bis 326,50 bez., Vereinigte Elbeschiffahrt 723,00 bis 727,00 bez., Schantungbahn 464,00 bis 480,00 bez., Brasilianische Bank —,— G., —,— B., Commerz⸗ und Privat⸗Bank —,— G., —,— B., Vereinsbank 8 , —,— B., Alsen⸗Portland⸗Zement 1590,00 bis 1610,00 bez., Anglo⸗Continental 1670,00 bis 1685,00 bez., Asbest Calmon 738,00 bis 747,00 bez., Dynamit Nobel —,— G., —,— B., Gerbstof Renner —,— G., Norddeutsche Jutespinnerei —,— „ —,— B., Merck Guano 900,00 bez., Harburg⸗Wiener Gummi 1598,00 bis 1627,00 bez., Kaoko 230,00 bez., Sloman Salpeter —,— G., —,— B., Neuguinea —,— G., —,— B., Otavi⸗ “ G., —,— B., do. do. Genußsch. —,— G., —,— B. — Fest.
Leipzig, 15. Mai. (W. T. B.) Sächsische Rente 65,50, 5 % Leipziger Stadtanleihe 99,00, Allgemeine Deutsche Credit⸗ anstalt 259,50, Bank für Grundbesitz 210,00, Chemnitzer Bank⸗ verein 300,00, Ludwig Hupfeld 665,00, Piano Zimmermann 810,00, Leipziger Baumwollspinnerei 1000,00, Sächs. Emaillier⸗ u. Stanz⸗ werke vorm. Gebr. Gnüchtel 600,00, Stöhr u. Co. 1810,00, Thür. Wollgarnspinnerei 1125,00, Sächf. Wollgf. vorm. Tittel u. Krüger 1250,00, Tränkner u. Würker 790,00, Zimmermann⸗Werke 530,00, Germania 628,00, Peniger Maschinenfabrik 390,00, Leipziger Werk⸗ zeug Pittler u. Co. 1020,00, Wotan⸗Werke 1040,00, Leipz. Kammgarn⸗ spinnerei 1035,00, Hugo Schneider 740,00, Wurzner Kunstmühl. vorm. Krietsch 550,00, Hall. Zucker⸗Fabrik 900,00, Mittweidaer Kratzen 1480,00, Fritz Schulz jun. 1020,00, Riebeck u. Co. 520,00, Thüring. Gas 520,00, Hallesche Pfännerschaft —X,—. — Fest. 1
Frankfutt. 211525 Matit. Z Kredit —,—, Badische Anilin 760,00, Chem. Griesheim 775,00, Höchster Farbwerke 694,00, Lahmeyer 420,00, Westeregeln Alkali —,—, Adlerwerke Kleyer 505 00, Pokorny u. Wittekind 625,00, Daimler Motoren 450,00, Maschinenfabrik Eßlingen 920,00, Aschaffenburg Zellstoff 830,00, Phil. Holzmann 560,00, Wayß u Freytag 710,00, Vereinigte Deutsche Oelfabriken —,—, Zellsto Waldhof 835,00, Fuchs Waggonfabrik 650,00, Heidelberg Zement 775,00, Zuckerfabrik Waghäusel 899,00, Zuckerfabrik Frankenthal 889,00, Zuckerfabrik Offstein 890,00, Zuckerfabrik Stuttgart 860,00.
DHanzig, 15. Mai. (W. T. B.) Noten: Amerikanische 284,71 G., 285,29 B., Englische —,— G., —,— B., Französische 7 8 G., 18 Holländische es haes B., Polnische 7,08 ½ G., 7,11 ½ B., Warschau —,— G., —,— B., Posen
8 G., — B. Telegraphische Auszahlungen: Londen 1273,70 G., 1276,30 B., Holland 11 069 90 G., 11 091,10 B., Paris 2604,85 G., 2610,75 B., Warschau 7,03 G., 7,06 ½ B., Polen —,— G., —,B— B., Posen 7,01 G., 7,04 B.
Wien, 15. Mai. (W. T. B.) Türkische Lose —,—, Mai⸗ rente 144, Februarrente 146, Oesterreichische Kronenrente 144, Oesterreichische Goldrente 2350, Ungarische Goldrente —,—, Ungarische Kronenrente Anglobank 20 995, Wiener Bankverein 7800, Oesterreichische Kreditanstalt 7580, Ungarische Kreditanstalt 24 900, Länderbank 19 180, Oesterreichisch⸗Ungarische Bank —,—, Wiener Unionbank 7400, Lloyd Triestina —,—, Staatsbahn 181 050, Süd⸗ bahn 47 000, Südbahnprioritäten 62 500, Siemens u. Halske 12 390, Alpine Montan 99 000, Poldihütte 75 900, Prager Eisen 167 000, Rima Murany 50 005, Skoda⸗Werke 88 000, Brüxer Kohlen —,—, Salgo⸗Kohlen 115 000, Daimler Motoren 4660, Veitscher Magnesit —,—, Waffenfabrik 5300, Galizia⸗Petroleum 703 000, Kaiser⸗ Ferdinand⸗Nordhahn 690 000.
Wien, 15. Mai. (W. T. B.) Notierungen der Devisen⸗ zentrale: Amsterdam 388 250,00 G., Berlin 3520,00 G., Kopen⸗ hagen 212 875,00 G., London 44 675,00 G., Paris 91 450,00 G., Nena 192 375,00 G., Marknoten —,— G., Lirenoten 52 570,00 G., Jugoflawische Noten 14 608,00 G., Tschecho⸗Slowakische Noten 19 290,00 G., Polnische Noten 242,00 G., Dollar 9994,00 G., Ungarische Noten 1287,00 G.
Prag, 15. Mai. (W. T. B.) Notierungen der Devisen⸗ zentrale (Durchschnittskurse): Amsterdam 2020,00, Berlin 18,40, Stock⸗ holm 1345,00, Christiania 975,00, Kopenhagen 1117,50, Zürich
—,— — 2 —,—
Rcseesariö408 89, 8 eegethäaes. Lühachs
—,—,
den Pfingstferien noch den Haushalt des Ministeriums für Volks⸗ wohlfahrt und den des Instizministeriums beraten.
8
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“
1010,00, London 233,25, New York 52,25, Wien 0,53, Mark⸗ noten 18,40, Polnische Noten 1,30.
London, 15. Mai. (W. T. B.) Devisenkurse. aris 48,71, Belgien 53,44 ½, Schweiz 23,19, Holland 11,51, New York 444 7⁄%, Spanien 28,41 ½, Italien 84,43, Deutschland 1270,00.
London, 15. Mai. (W. T. B.) Silber 36 ¾, Silber auf Lieferung 36,25. 8 Paris, 15. Mai. (W. T. B.) Devisenkurse. Deutschland 2243, Amerika 1094,00, Belgien 91 1, England 48,71, Holland 423,25, Italien 57,75, Schweiz 210,00, Spanien 171,25.
Zürich, 15. Mai. (W. T. B.) Devisenkurse. Berlin 1,82, Wien 0,05 ¾, Prag 10,00, Holland 201,50, New York 520,00, London 23,17 ½, Paris 47,62 ½, Italien 27,47 ½, Brüssel 43,30, Kopen⸗ hagen 111,35, Stockholm 133,75, Christiania 97,40, Madrid 80,80, Buenos Aires 187,50, Budapest 0,67 ½, Bukarest —,—, Agram 190,00, WW 16. Pral
msterdam, 15. ai. (W. T. B.) Devisenkurse. Lond 11,51, Berlin 0,90 ¾, Paris 23 65, B.n2, 49,55, l. 0,02 Kopenhagen 55,10, Stockholm 66,40, Christiania 48,20, New York b; 1 21,55, “ 40,30, e 13,60.
Kopenhagen, 1 ai. W. T. B.) is 8 London 20,90, Kew York 470,50, Se. 1,67, “ Antwerpen 39,15, Zürich 90,50, Amsterdam 182,00, Stockholmt 120,75, Christiania 87,75, Helsingfors 9,85, Prag 9,20.
Stockholm, 15. Mai. (W. T. B.) Devisenkurse. London 17,35, Berlin 1,38, Paris 35,76, Brüssel 32,50. schweiz. Plätze 75,10, Amsterdam 150,75, Kopenhagen 83,10, Christiania 2,85 eleh 880,00, Halsingfors 12,res 7,70. 8 8 ristiania Mai. T. B.) Devisenkurse. L 23,87, Hamburg 2,00, Paris 49,25, New York vülenh 208,00, Zürich 103,50, Helsingfors 11,50, Antwerpen 44,75, Stock⸗