Wertpapiere gemäß dem mit der kschecho⸗slowakischen Regierung getroffenen Wirtschaftsabkommen vom 29. Juni 1920, vom 17. Mai 1922.
eine Verordnung zur Aenderung der preußischen Polizei⸗ verordnung für die Schiffahrt auf der Unterelbe vom 20. April 1904 und der hamburgischen Verordnung für die Schiffahrt auf der Unterelbe vom 20. April 1904, vom 17. Mai 1922.
Berlin W. 9, den 23. Mai 1922.
Gesetzsammlungsamt. Krüer.
Miuisterinumbes Innern. 8
An Stelle des bisherigen Reichs⸗ und Staatskommissars für das Memelgebiet, Grafen Lambsdorff in Gumbinnen, ist der Regierungspräsident Dr. Rosencrantz zum Reichs⸗ und Staatskommissar für die Ueberleitiung im Mem lgebiet bestellt worden. “
Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten.
An Stelle des bisherigen Oberpräsidenten, Wirklichen Geheimen Oberregierungsrats Dr. vvö ist der Ober⸗ präsident Gronowski in Münster i. W. für die Dauer seines Fauptamtes bis auf weiteres zum Staatskommissar für die
andschaft der Provinz Westfalen ernannt worden.
Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung.
Der ordentliche Prcseser Dr. “ in Hamburg ist zum ordentlichen Professor in der philosophischen Fakultät der Universität in Fran ernannt worden.
Nichtamtliches.
Dentsches Reich.
Der Reichsrat versammelte sich heute zu einer Voll⸗ sitzung; vorher hielten der Ausschuß für Rechtspflege, die ver⸗ einigten Ausschüsse für Verkehrswesen, für Haushalt und Rechnungswesen und für Volkswirtschaft, die vereinigten Aus⸗ schüsse für Volkswirtschaft und für Haushalt und Rechnungs⸗ wesen, die vereinigten Ausschüsse für Volkswirtschaft und für Rechtspflege sowie die vereinigten Ausschüsse für auswärtige Eceeatdetlen fuͤr Volkswirtschaft, für innere Verwaltung, für Verkehrswesen, für Haushalt und Rechnungswesen, für Steuer⸗ und Zollwesen, für Rechtspflege und für Durchführung des Friedensvertrags Sitzungen.
Der franzöfische Botscha Charles Laurent hat Berlin verlassen. Während seiner Abwesenheit führt der Botschafts⸗ rat Comte René de Saint⸗Quentin die Geschäfte der Botschaft. Der österreichische Gesandte Riedl ist nach Berlin zurück⸗ gekehrt und hat die Leitung der Gesandtschaft wieder über⸗ nommen.
Deutscher Reichstag.
216. Sitzung vom 22. Mai 1922, Vormittags 11 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger*).) Das Haus ist bei Beginn der Sitzung wiederum sehr schwach besetzt.
Die Interpellationen der Deutschen Volkspartei und der Deutschnationalen wegen Zerwertung des Materials aus dem Prozeß Coßmann⸗Fechen⸗ bach zur Widerlegung der Behauptung von der deutschen Schuld am Kriege werden nach der Erklärung eines Regierungsver⸗ treters in der geschäftsordnungsmäßigen Frist beantwortet werden. 1 Der Gesetzentwurf über die Verteilung des Gewinns der Reichsbank für das Jahr 1921, wonach die eichsbank vorweg einen Betrag von 500 Millionen Mark an as Reich Fasr-a. hat, wird in allen drei Lesungen ohne Erörterung angenommen. Darauf wird die Beratung des Haushalts des Ministeriums für Ernährung und Landwirt⸗ schaft fortgesetzt. Die Abstimmungen über die am Sonn⸗ abend beratenen Entschließungen werden vorläufig noch aus⸗ gesetzt. Die allgemeine Besprechung war am Sonnabend ge⸗ sclsgen worden. In der Einzelbesprechung nimmt rnabhs das Wort der . Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft Fehr: Meine Damen und Herren! Es scheint auf den ersten Blick sach⸗ lich durchaus begründet, daß die beiden Verwaltungszweige Veterinärwesen und Siedelung dem Ministerium für Landwirt⸗ schaft angegliedert werden. Die Zweckmäßigkeit einer solchen Um⸗ stellung wird aber unter Berücksichtigung aller Folgen und Aus⸗ wirkungen gemeinsam mit den jetzt zuständigen Ressorts zu unter⸗ suchen sein. Dazu bietet die Entschließung, die in bezug auf das Siedlungswesen bei Beratung des Etats des Reichsarbeitsministe⸗ riums von Ihnen angenommen wurde, Veranlassung. In der
des Innern, die auf Grund der einstimmig angenommenen Ent⸗ schließung des Reichstags vom 15. Dezember 1920 aufgenommen sind. Den breitesten Raum in der Generaldebatte hat die Frage der Gestaltung der Brotversorgung im kommenden Wirtschaftsjahr eingenommen. Es ist dies bei der Lebhaftigkeit, mit der die Frage der Umlage dank der teilweise nach Ton und Inhalt über die Ihnteressenwahrnehmung der Landwirtschaft hinausgehende Agi⸗ tation in landwirtschaftlichen Kreisen seit Wochen erörtert wird, durchaus begreifklich. Dabei ist es nicht ohne Vorhaltung gegen mich dahingehend abgegangen, daß ich in meiner Etatsrede über diesen Punkt volle
“ 1 8 Klarheit nicht gegeben habe. Ich habe es mit Rücksicht auf den zur Beratung stehenden Gegenstand für ausreichend erachtet,
meine grundsätzliche Stellung zu dieser Frage bekanntzugeben. Dies schien mir um so mehr ausreichend, als sich das hohe Haus doch in kürzester Zeit mit der Borlage eines Gesetzes zur Regelung der Brotversorgung beschäftigen muß. Diese Vorlage, die in Aus⸗ arbeitung ist, sieht Maßnahmen vor, durch welche eine der vor⸗ jährigen Erfassung entsprechende Menge Brotgetreide in die öffentliche Hand kommen soll und zu der in bestimmten Terminen der Getreidebau treibende Landwirt einen seiner Lieferungs⸗ fähigkeit entsprechenden Anteil zu festgesetzten Preisen abzugeben verpflichtet sein soll. Man kann nun eine solche Maßnahme Um⸗ lage, Brothilfe oder öffentliche Brotreserve nennen; das ist ein Spiel der Worte, das nur den Nachteil hat, daß bei unklarer Fassung des Begriffes Verwirrung und Beunruhigung in der Oeffentlichkeit entsteht. Dies befürchte ich auch von der im Haus⸗ haltsausschuß angenommenen Entschließung des Zentrums, die ja in ihrem Endziel auch nichts anderes will als das, was in der beabsichtigten Vorlage verankert werden soll. In der Frage der Preisgestaltung zeigt diese Entschließung einen durchaus gang⸗ baren Weg. Der Preis wird in Verhandlungen mit der Land⸗ wirtschaft festgesetzt werden müssen. Welche Grundlage diesen Verhandlungen gegeben wird, die Indexziffern oder Relationen zwischen landwirtschaftlichen Produktionsmitteln wie Kunstdünger⸗ preisen, Arbeitslöhnen und Getreide in ihrem Verhältnis zum Friedensstand, ist eine Zweckmäßigkeitsfrage, die ich offen lasse. Auf alle Fälle müssen die Preise — und darüber sind sich wohl alle Kreise klar — die Gestehungskosten decken, einen angemessenen Gewinn und die Möglichkeit der Bestellung der nächsten Ernte ein⸗ schließen. Der volle Marktpreis wird dieser Preis nicht sein können, weil sonst ein wesentliches Moment der öffentlichen Ver⸗ sorgung, die Abgabe des Brotes zu erträglichen Preisen, in Fort⸗ fall kommt. Die Vorschläge, diese Frage auf dem Wege einer allgemeinen steuerlichen Heranziehung der tragfähigsten Teile unseres Wirtschaftskörpers zu lösen, haben, schon von rein taktischen Gesichtspunkten aus betrachtet, viel Bestechendes für sich. Der Gedanke ist in diesem Hause wiederholt aufgetaucht und hat starken Widerhall gefunden. Er ist aber mit äußerster Vorsicht zu behandeln, und es wäre falsch, mit ihm Hoffungen zu erwecken, die letzten Endes nicht erfüllt werden könnten, weil finanztechnische Schwierigkeiten und besonders außenpolitische Einflüsse ihn undurchführbar machen. Mit der Durchführung des Gedankens wären die durch die alleinige zwangsweise Heran⸗ ziehung des getreidehauenden Landwirtes im Hinklick darauf, daß alle anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen in freier Wirtschaft stehen, innerhalb der Landwirtschaft unstreitig be⸗ stehenden Ungerechtigkeiten auszugleichen. Auch das Problem der Einschränkung der Versorgung auf die Minderbemittelten wäre mit der Suche der Reichsten durch steuerliche Heranziehung, also auf umgekehrten Wege zu lösen; denn die Suche der Minder⸗ bemittelten ist, darüber sind sich alle städtischen und Kommunal⸗ vertretungen durchweg einig, mangels jeglicher fortlaufender Unterlagen, wie diese Versuche im Kriege gezeigt haben, undurch⸗ führbar. Unstreitig hat aber diese Frage eine ganz andere Be⸗ deutung als im Kriege. Die Ungerechtigkeiten haben sich durch die gründliche Verschiebung der sozialen Verhältnisse, durch die Möglichkeit der unbeschränkten Versorgung der Finanzstarken nach jeder Richtung in einer mit den Kriegsverhältnissen nicht vergleichbaren Weise gesteigert. Ich möchte mich daher mit dem ablehnenden Standpunkt der Städte nicht ohne weiteres abfinden. Man könnte zur Vereinfachung der Arbeit zum Beispiel daran denken, die Minderbemittelten nicht zu suchen, sondern sich melden zu lassen, und Brotmarken nur auf mit der Darstellung der Ein⸗ kommensverhältnisse hegründeten Antrag abzugeben. (Unruhe links.) Das Proklem ist so wichtig, daß es weiter geprüft werden muß. Deshalb kann aber die Erledigung der Vorbereitungen zur Einbringung der Gesetzesvorlage doch weitergehen. Es ist auch schon ein Referentenentwurf fertig und mit den Landes⸗ regierungen durchberaten. Es mußte dies unbekümmert um die Verhandlungen, die auf der Suche nach geeigneten Wegen zur Erreichung des mir gesteckten Zieles mit den verschiedenen Organisationen und Gruppen gepflogen wurden, geschehen, wenn ich nicht bei Ergebnislosigkeit der Verhandlungen in der vor⸗ gerückten Zeit vor einem Nichts stehen wollte. Schließlich ist es doch besser, eine unvollkommene Maßnahme rechtzeitig, als eine ideal vollkommene zu spät zu treffen. Deswegen wäre immer noch die Möglichkeit gegeben, wenn die Verhandlungen mit der Landwirtschaft zu einem Ergebnisse führten, das die Sicherung der Nothrotversorgung bietet, einen anderen Weg zu gehen. Die Ergebnisse der bisherigen Ver⸗ handlungen bieten diese Sicherungen leider nicht. In seinem letzten Vorschlag übernimmt der Reichsausschuß der deutschen Landwirtschaft allerdings die Gewähr für die Auf⸗ bringung einer bestimmten, der Höhe nach nicht näher bezeich⸗ neten Menge. Er verbürgt dafür sein Wort. Ich schätze dieses Wort hoch ein, dieses Pfand ist mehr als Geldeswert. Ich schätze auch das Ansehen des Reichsausschusses der deutschen Landwirt⸗ schaft in den Kreisen der Landwirtschaft sehr hoch ein und kenne die starke Autorität der ihn bildenden Organisationen im Lande draußen; aber ich kenne auch die Schwierigkeiten, die sich ergeben, wenn es sich darum handelt, den Einzelnen durch bloße Be⸗ einflussung zu Opfern zu bewegen. Der Blick auf des Nachbarn Leistung, der Blick des Kleinen auf den Großen, der böse Eigen⸗ nutz, der als Hauswurz auf manchem Bauernhofdache wächst, womit ich die Opferfreudigkeit der Landwirtschaft im allgemeinen, von der sie durch ihre freiwilligen Leistungen im Vorjahre leuchtende Beispiele gegeben hat, durchaus nicht verkennen will, würde es doch recht fraglich erscheinen lassen, ob der Reichs⸗ ausschuß in der Lage wäre, ohne gesetzliche Ermächtigung und Befugnisse sein Wort einzulösen. Für die Regierung wäre dieser Weg ein Wagnis, ein Wagnis auf einem Gebiete, wo es nur Sicherungen für die ver⸗ antwortliche Stelle geben kann, nachdem auch die Landwirt⸗ schaft — die Herren Abgeordneten Döbrich und Dr. Böhme haben dies besonders betont — die Notwendigkeit der Sicherstellung der Versorgung durch eine Brotreserve in der öffentlichen Hand anerkennen muß. Diese Erkenntnis verpflichtet zur Mitarbeit
Zum wiederholten Male bin ich verpflichtet, der Auffass eig entgegenzutreten, mein Herr Amtsvorgänger habe in offizieller Form Zusicherungen dahingehend gegeben, daß die vorjährige Umlage die letzte Zwangsmaßnahme gegen die Landwirtschaft sei. Er hat offizielle verbindliche Erklärungen immer unter dem Vor⸗ behalte abgegeben, daß sich die wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zu unseren ungunsten verändern. Diese Veränderungen sind leider eingetreten. Sie haben mich veranlaßt, von meiner unzwei⸗ deutigen Auffassung im Vorjahre abzukommen. Auch die Auffassung, die Reichsgetreidestelle belaste den Brot⸗ preis übermäßig, ist wieder zum Ausdruck gekommen. Ich habe diese Frage eingehend behandelt und darf mich darauf be⸗ schränken, die Mitteilung des Herrn Abgeordneten Thomsen dahin richtigzustellen, daß die Reichsgetreidestelle nicht 800 ℳ auf die Tonne Getreide Unkosten hat, sondern nur 650 ℳ, die sich wie folgt zusammensetzen: Getreidepreiszuschläge Erfassungsvergütung Frachten ““ Lagerkosten. Schwund 1u“ Geschäftskosten „ Qualitätsrisiko . 2 2. 1 2 Binsverlust . 8 Umahumnnng“ Den größten Teil dieser Kosten hätte der freie Handel auch auf⸗ zuweisen, und in einzelnen Punkten könnten für ihn die Ansätze nicht ausreichen. Bei den Gesamtumsätzen der Reichsgetreide⸗ stelle von über 50 Milliarden Mark sind auch die Gesamt⸗ unkosten, die nicht 72 Millionen, wie der Herr Abgeordnete Blum annimmt, sondern 105 Millionen Mark betragen, verhältnis⸗ mäßig niedrig. Der Herr Abgeordnete Diernreiter hat Beschwerde über ein angebliches Ausfuhrverbot für Backwaren nach dem Saargebiet vorgebracht. Es ist kein Ausfuhrverbot irgendwelcher Art gegen⸗ über dem Saargebiet erlassen worden. Die Lebensmittelausfuhr in dieses Gebiet muß aus Gründen gleichmäßiger Verteilung kontingentiert werden. Um ein solches Kontingent, das in den letzten Monaten stark gekürzt werden mußte, handelt es sich anscheinend bei der Beschwerde. Von Ausfuhrzöllen auf ein⸗ heimische Lebensmittel bei Lieferung ins Saargebiet kann keine Rede sein. Der Versorgung der Einwohner des Saargebiets dürfen keinerlei Schwierigkeiten gemacht werden. Sie sollen als deutsche Brüder mit uns leben, mit uns sein. Das Wort „Schutzzoll“, welches ich in Verbindung mit der Regelung der Einfuhrbewilligungen gebraucht habe, hat als Blink⸗ feuer gewirkt und unnötig zwei Kämpfer auf den Plan gerufen; denn ich habe in meinen Ausführungen über den Schutzzoll in Verbindung mit den Einfuhrbewilligungen tatsächlich nicht an einen Schutzzoll für die Einfuhr von Getreide gedacht; das um so weniger, als ich ja unmittelbar vorher erwähnte, daß die Ein⸗ fuhr für Brotgetreide und Futtermittel völlig freigestellt werden soll. Die Debatte über diesen Punkt hat mir aber doch gezeigt, wie nötig meine ausgleichenden Worte am Schlusse meiner Red gewesen sind. Stadt und Land, Verbraucher⸗ und Erzeugerschaft können unter verschiedenen Verhältnissen aufeinander angewiesen sein. Sie müssen sich zur gegenseitigen Erhaltung in Zeiten der Not auch gegenseitig unterstützen.
Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Thomsen hat am Schlusse seiner Ausführungen herrliche Worte aus Frey⸗ tags „Soll und Haben“ zitiert, die mir nicht unbekannt sind. Worte, die mich in gehobene Stimmung versetzen, wenn ich sie draußen in freier Natux am schönen Frühjahrsmorgen in Wirk⸗ lichkeit sehe. Ihre Wahrheit löst den Neid dessen aus, dessen Existenz sich nicht auf den freien Besitz stützen kann. Diese Frei⸗ heit des Besitzes verpflichtet, sie verpflichtet, den Staat zu erhalten, ihn zu verteidigen, in der Not zu unterstützen. Nur so kann der Staat die erhabene Freiheit der deutschen Bauernschaft, die als lebens⸗ notwendig für den Staat nicht angetastet werden darf, erhalten, sichern und befestigen.
a Löbe stellt fest, daß durch die Rede des Ministers die Deba naggant,g. beistent sest, — Titel „Ministergehalt“ wieder eröffnet ist.
Die Entschließung Müller⸗Franken (Soz.) ist dahin abgeändert worden, daß gesagt werden soll „die Preise für das Umlagegetreide sind auf der Grundlage der Produktionskosten festzusetzen“, Außerdem soll durch die Lieferungsverträge eine
enge von 5 Millionen Tonnen Kartoffeln sichergestellt werden, die entsprechend dem Umfang des Kartoffelbaues in den einzelnen Ländern aufzubringen sind.
Neu eingegangen ist ein Abänderungsantrag der Kommunisten (Heydemann) zu dem Antrag Müller, wonach von der Getreideumlage 8 bleiben sollen bei geringer Bodenqualität 15 ha, bei mittlerer 10 ha und guter Bodenqualität 8 ha der gesamten landwirtschaftlich nutz⸗
aren Fläche eines Betriebes. Die Ablieferung hat in drei Raten am 1. Oktober, 1. Januar und 15. küean zu erfolgen. Der Preis für das Umlagegetreide darf nicht hoͤher sein als im Wirtschaftsjahr 19217ℳ Die Ablieferung des Umlage⸗ getreides durch die Großbauern und Großgrundbesitzer unter⸗ teht der Kontrolle der landwirtschaftlichen Betriebsräte oder Obmänner. Die Abgabe des Mehls und Brotes aus Umlage⸗ getreide erfolgt durch die Arbeiterkonsumvereine. Bezugs⸗ berechtigt sind Personen oder Familien, deren Einkommen das Existenzminimum um nicht mehr als 50 vH übersteigt. Per⸗ sonen, deren Einkommen unter dem Existenzminimum liegt, be⸗ sonders Erwerbslose und Sozialrentner, einschließlich der Kriegsrentenempfänger, erhalten Brot, Mehl und mehlhaltige Nahrungsmittel zu verbilligten Preisen. Der Antrag will erner die Zwangsbewirtschaftung der Fertsftein wieder ein⸗ fnhen mit Ausnahme der Kleinbetriebe, Zur Wiedereinführung der Zuckerzwangswirtschaft, wie sie der Antrag Müller will, schlägt der Antrag Heydemann noch vor, daß die Zucker⸗ rübenerzeugung bei Großbauern und dem Großgrundbesitz der Kontrolle der landwirtschaftlichen Betriebsräte oder Obmänner, die Zuckerverarbeitung und Verwendung der Kontrolle der Spitzenorganisationen der Arbeitnehmer und Verbraucher unterliegen soll. Bei der Preisfestsetzung sollen die Spitzen⸗ organisationen der Arbeitnehmer und Verbraucher mitwirken.
Abg. Hammer (D. Nat.):; Unter der außergewöhnlich roßen Zuckernot leiden besonders die fleißigen und sparsamen Hausfrauen. Solche Zustände sind seit Jahren nicht daggcssen. Die Zuckerwirt⸗
schaftsstelle hat deswegen schon die Freigabe der Zuckereinfuhr Ee. fordert. Während im vorigen Jahre 20 Kilogramm auf den Kopf
13,70 ℳ 180, 285,—
an der Erreichung dieses Rieles, um die ich die Landwirt⸗
* it Ausnahme der durch Sperrdeuck hervorgehobenen Reden “ die imm Wortlaute wiedergegeben
schaft bitts.
zur Verfügung standen, find es in diesem Jahr, trotzdem die Ernte
h mn ausgetogen ist, nicht einmak s F 5 gut ekallen ist, nicht einmak *½ Pfund pro Woche, und doch ist Zucker reichlich vorhanden. Leider wandert sehr viel Zucker in die Schokoladen. und Likorfabriken. Die Likörfabriken haben außer⸗ Fentlic starke Einkäufe gemacht. Die Behauptung in einer 2½ der Großhändler, daß die Kleinhaͤndler die Schuld am Zucker⸗ * r hätten, wurde mit einer solchen Entrüstung aufgenommen, aß der Vertxreter des Großhandels bei der Beratung in der Zucker⸗ wirtschaftsstelle sich Fenctigt fühlte, diese törichte Behauptung zurück⸗ zunehmen. Fast sämtlie uckerraffinerien haben die Chnsue. Fee senfeasht der Kleinhändler systematisch bopkottiert und nicht be⸗ üsert während sie dasselbe bei der Konsum gengsenschaft nicht wagen.
ir haben der Regsrung ahh⸗ Reihe von Großhändlern genannt, die Wucher getrieben haben. So hatte ein Händler aus Stettin Zucker aus Magdeburg den Görlitzer Kaufleuten zu höherem Preise angeboten, als er in Wirklichkeit war; zwei große Zuckerhändler in Mainz sind dem Staatsanwalt wegen Wuchers angezeigt worden, leider ver⸗ geblich, weil sie sich immer noch innerhalb keeiler Paragraphen Fbens haben, während man den Kleinhändler sofort fassen würde. Auf Berliner Märkten verkaufen Händler Zucker zu 18 Mark, wenn die Frauen noch andere Waren dazu abnehmen, und die Frauen kaufen, um nur einmal Zucker zu bekommen. Damit ziehen die Händler den Kleinhändlern die Kunden aus dem Laden, die Großhandier errichten logar eigene Läden zum ses mgeen Wir können uns diese Dinge
ch
t länger gefallen lassen und müssen einschreiten. Wir brauchen statten. Die Gemüse vnserver abriken zwingen die Kleinbeinbhen damit der eingeführte Zucker nicht wieder Schieberzucker wird. Die Braunschweiger Konserbenfabriken haben beantragt, ihnen die Aus⸗
hr von 1,8 Millionen Dosen Gemüse⸗ und Obstkonserven zu ge⸗ statten. Die Gemüsekonservenfabriken, zwingen die Kleinhäündker ihnen die Ware zu jedem Preise abzunehmen, den der Schutzverband der Konservenindustrie festsetzt, und sie dürfen keine Einwendungen egen die Bescha fenheit der Ware erheben, die ihnen nach zwei oder rei Monaten geliefert wird. „Wir bitten, die Ausfuhr zu verbieten und verlangen von der Eegtegung eine Erklärung, daß sie nichts men gebeg läßg. was wir selbst gebrauchen.
8. Dr. Moses (U. So..) bespricht die Frage der wissenschaft⸗ lichen Untersuchung des Ernährungswesens. Es heißt, daß unsere Finanzen es nicht gestatten, die wissenschaftliche Untersuchung des Ernährungswesens so zu ferbeen wie es andere Staaten tun. Dem Ernährungsministerium is lediglich ein wissenschaftlicher Ausschuß an⸗ fegtiedent worden, und es sind nur 500 000 ℳ für diese wissenschaft⸗ ichen Fhrschungen ausgeworfen worden. Ich hoffe, daß der vcheft Etat mehr Mittel liefern wird. Es wäre interessant, zu erfahren, wie das Hilfswerk der Landgwirtschaft sich bereits finanziell an dieser Aufgabe beteiligt hat. Ich frage den Minister, wie hoch die Wissen⸗ chaftsspenden der Landwirtst aft bisher sind. Ueber dem Problem der nterernährung wird das Problem der unzweckmäßigen Ernährun vergessen; das Volk muß über eine richtige Ernährung ausgetlärs
rden.
Die Sozialdemokraten und die Unabhängi⸗ gen bringen noch einen neuen Antrag ein, wonach die Re⸗ gierung ermächtigt werden soll, um Arbeiterentlassungen zu vermeiden, die Ausfuhr von Spargelkonserven in dem Maße zuzulassen, daß die Ernährung der heimischen Bevölkerung nicht wesentlich beeinträchtigt wird.
Braunschweigischer Gesandter Boden bemerkt, daß die Leitung des Ernährungsministeriums in Braunschweig Gewähr dafür biete daß die Frage der Ausfuhr von Gemüsekonserven objektiv beurteilt werde. Bei der Ausfuhr von Gemüsekonserven handele es sich nicht um die großen Mengen, die in der Oeffentlichkeit und vom Ab⸗ Ferdaene Hammer genannt seien, sondern nur um eine Ausfuhr von 00 000 Dosen, die für die gesamte Ernährung nicht in Betracht kämen. Die Berechtigung dazu liege in den eigenartigen Verhältnissen der Gemüsekonservenindustrie. Die Spargelkonserven könnten gar nicht im Inlande aufgebraucht werden, die Konsgrvenindustrie brauche cher Päitel, um sich Kredite zu beschaffen und vKurch frühere Kredite abzubürden.
Abg. Schiele (D. Nat.); Der Minister Fehr sagt, daß niemals
eine offizielle Aeußerung der Regierung dahin gefallen sei, daß die letzte Umlage die allerletzte sein solle. Wenn aber ein Minister sich grund üblich über die Getreideversorgung äußert, so nnuß das als eine offizielle Stellungnahme nige becchen werden, Diese Aeußerung des Perrn Hermes ist hier im Reichstag ganz bedingungslos gefallen. Er hat ohne jede Einschränkung und Bedingung davon gesprochen, daß die Getreideumlage noch einmal erhoben werden solle, er hat dann noch⸗ mals gesagt, daß „noch einmal für eine Uebergangsperiode“ die Brot⸗ versorgung sichergestellt werden müsse, und zum dritten Mal hat er das „noch einmal“ wiederholt, Denn er sagte zum Schluß seiner Rede: Unser Wersch ag bezweckt, noch einmal eine bestimmte Menge Getreide umzulegen. Es handelt sich also um eine Fesilsgung der Regierung. Das Bedenkliche an der Zwangswirtschaft ist, daß die Verteuerung des Brotes durch die Fftfntfice Bewirtschaftung erfolgt ist. Das Brot, das markenfrei sel efert werden konnte, stellte sich billiger als das Markenbrot. Die öffentliche Bewirtschaftung wirkt verteuernd auf das ganze Getriebe. Daher heraus aus der Gebundenheit und wieder hinein in ein freies Fahrwasser! Gewiß ist das ein Wagnis, aber es ist eine berechtigte Forderung, hier einmal ein Wagnis zu unter⸗ nehmen, denn es muß endlich für die Förderung der Produktion und nicht für die Schädigung gesorgt werden. Es bleibt eine Kardinal⸗ frage, wie wir uns in der Ernährung vom Ausland unsshängig machen. Wird diese Frage nicht im Sinne wahrer und nationaler Volkswirte gelöst, und zwar bald gelöst, so wird durch die wachsenden Summen der Unterbilanz zwischen Innen⸗ und Außenhandel die Geld⸗ entwertung ins ürieiv Ner fortschreiten.
Abg. S g (Soz.): Daß das markenfreie Brot billiger ist als das Markenbrot, entspricht nicht den Tatsachen. Die „Berliner Volkszeitung“ schrieb dieser Tage mit Recht, auf dem Lebensmittel⸗ markt sei die Anarchie eingerissen. Wir Sn im Verhältnis zu 1914 eine Inder üffer von 2800.—3000 in der Ernährung, in anderen Staaten beläuft sich diese Indexziffer nur auf einige hundert. Da muß die Regierung endlich eingreifen. Das Volk ist z. B. ein Opfer des Zuckerkartells, es haben sich Privatmonopole gebildet, die das Volk ausbeuten., Nicht die Reichszuckerstelle hat zu bestimmen, sondern das Zuckerkartell. Im Oktober 1921 hatten wir einen Zuckerpreis von 627 ℳ, jetzt kostet der Zucker 2000 ℳ. Die Zuckerraffinerien begründen das mit der Steigerung ihrer Unkosten, aber das ist ungeheuer über⸗ trieben. So geht es nicht weiter. Die Zuckereinfuhr allein genügt nicht. Es ist ein Skandal, daß die Regierung nicht gegen das⸗ Schiebertum einschreitet. Der Zucker müßte beschlagnahmt werden. Wir verlangen eine neue Bewirtschaftung dieses wichtigen Volks⸗ nahrungsmittels durch das Reich. b Abs. Dr. Hertz (U. Soz.): Es besteht gar kein Zweifel dar⸗ über, daß die Aufhebung des Getreideumlageverfahrens den Brotpreis ganz außerordentlich erhöhen würde. Dem hat auch der Leiter der Berliner Ernährungsdeputation, der der Rechten nahesteht, Ausdruck gegeben. Der Reichslandbund treibt offene Auflehnung gegen behörd⸗ liche Anordnungen, indem er seine Mitglieder angewiesen hat, die amt⸗ lichen Erhebungsformulare nicht auszufüllen oder nicht weiterzugeben. Wie stellt sich der Minister zu dieser Auflehnung? Wenn er den Widerstand der landwirtschaftlichen Organisationen nicht sofort und energisch bricht, wird er später nur um so stärkeren Widerstand finden.
Abg. Schiele (D. Nat.): Von dem, was ich über die Ent⸗ wicklung des Brotpreises gesagt habe, habe ich nichts zurückzunehmen. Es bleibt Tatsache, daß um den 15. Februar herum markenfreies Brot billiger war als Markenbrot. Auch jetzt noch gibt es in Friedenau ein markenfreies Vierpfundbrot für 18 Mark (Zuruf des Abg. Dr. Hertz: Schwindel! Ordnungsruf des Präsidenten.)
bg. Dr. Hertz (U. Soz.)! Die Angaben des Abg. Schiele über den Brotpreis können einfach deswegen nicht stimmen, weil die Bäcker Groß⸗Berlins organisiert sind und der Brotpreis einheitlich von der Innung festgesetzt wird. Es gibt in Groß⸗Berlin nur einen Einheitspreis für markenfreies Brot und einen solchen für Markenbrot.
Staatssekretär Heinrici: Es ist nicht meine Aufgabe, die Zuckerstelle zu verteidigen, aber es steht fest, daß, wenn die Zuckerstelle nicht bestanden hätte, es Zuckerpreis zu Beginn des Jahres sehr viel höher gewesen wäre. Die Zuckerstelle hat dafür gesorgt, daß die An⸗
gewiesen,
sich davon überzeugt, daß ein — für die Fabriken fofort den ganzen Zucker herauszugeben, nicht zu einer endgültigen Regelung ge⸗ führt haͤtte, denn am Ende des Wirtschaftsjahres hätte dann Zucker überhaupt nicht mehr zur Verfügung gestanden. Wenn wir mehr Zucker haben wollen, erreichen wir das nur durch Freigabe der Zucker⸗ einfuhr. Wir haben daher in den letzten Monaten der zucker⸗ verarbeitenden Industrie die Möglichkeit der Zuckereinfuhr gegeben. Für die Anregung auf Förderung der Forschungen auf dem Er⸗ nahrungsgebiete sind wir dankbar. Wir werden uns A. K. größere Mittel für diesen Zweck verfügbar zu machen. Die Berechnung des Abg. Schiele über die Verteuerung des Brotes durch die Zwangs⸗ bewirtschaftung trifft zum großen Teil nicht zu. Die Erhebungen über die Anbauflächen werden auf Grund der vor dem Kriege erla senen allgemeinen Anordnungen vorgenommen. Die Zentralbehörden haben das Recht, besondere Erhebungen über die Anbauflächen und über die Ferte, vorzunehmen. Wir werden darauf hinwirken, daß alle die 2 Ehhlahmen, ie zur Durchführung der Umlage notwendig jind, durchgeführt werden. Der von allen Parteien mit Ausnahme der Kommunisten ein eebrachte Antrag auf Streichung einer Anzahl höherer Beamter etscheint mir zu weitgehend, er würde unsere Leistungsfähigkeit efährden. Im übrigen bestehen bei dem Antrag, auch einige Zweifel, die hoffentlich bis zur dritten Lesung no beseitigt werden können.
Abg. Hemeter (D. Nat.): Meine Freunde haben die Er⸗ klärun des Ministers begrüßt, daß uns nur die Hebung der eigenen Produktion aus den Ernährungsschwierigkeiten herausbringen kann. (Unruhe links, Ruf: Zu Wucherpreisen!) Jeder, der volkswirtschaft⸗ lich und ernährungspolitisch objektiv zu denken vermag, muß sich rückhaltlos auf die Erklärungen des 8 stellen. g die Zu⸗ kunft erwachsen dem Reichsernährungsministerium neue Aufgaben, bei der Produktionsförderung aktiv mitzuwirken. Bisher hatte es sie einseitig mit der Zwangswirtschaft zu beschäftigen, jetzt muß es sch auch beschäftigen mit Fragen der Produktion. Aus dieser Ueber⸗ zeugung heraus, sind wir für die Beibehaltung des Ministeriums ein⸗ getreten. der, der die Verhältnisse kennt, weiß, daß der o⸗ duktionsgang in der Landwirtschaft außerordentlich kompliziert ist, es kommen Ackerbau, Viehhaltung und andere betriebswirtschaftliche Faktoren in Betracht. Es liegt in der Natur der Sache, daß nur jemand positiv mit Erfolg an Produktionsfragen mitarbeiten kann, der voll und ganz mit der Landwirtschaft verwachsen ist und voll und ganz mit ihr denkt und fühlt. Wenn wir uns daraufhin den Ge⸗ schäftsverteilungsplan des Ministeriums ansehen, so muß festgestellt werden, daß bei der Abteilung, die mit der Produktionsförderung be⸗ traut ist, in erster Linie nicht dus fachtechnische Element vertreten ist. Bei aller Anerkennung der Bedeutung der Juristen für unser ganzes Staatsleben und für die Verwaltun muß anderseitig betont werden, daß bei den besonderen Verhaktnisser der Landwirtschaft dies ein Mißstand ist. Es geht nicht an, daß in den Ministerien der einzelnen Länder und Landwirtschaftskammern Fachtechniker sitzen, während sich in der obersten zusammenfassen⸗ den Instanz, dem Reichsernährungsministerium, das doch die An⸗ regung und die großen Grundlinien für die Produktion zu geben hat, Nichtfachtechniker befinden. Bei der Auswahl der Beamten muß in erster Linie die fachliche Tüchtigkeit ausschl nd sein. Es geht nicht an, daß Leute hineinkommen in die ersten Stellen zur Fengerang der landwirtschaftlichen Produktion, die sozusagen un⸗
schriebene Blätter find. Sie müssen Erfolge und ein besonderes Maß von Vertrauen aus ihrem bisherigen Wirkungskreis mit⸗ bringen. Wir bitten den Herrn Minister, unserer Forderung nach⸗ zugeben und diese Gesichtspunkte speziell auch walten zu lassen bei der notwendig werdenden Streichung von Beamtenstellen. Wird unsere Forderung erfüllt, dann wird dadurch unserer Landwirtschaft ein wertvoller g. geleistet und das Ansehen des Ministeriums wird wesentlich gehoben werden. (Beifall.)
Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft Fehr: Ich habe bei meiner Etatrede bereits im besonderen darauf hin⸗ daß es eine Hauptaufgabe des Landwirtschafts⸗ ministeriums sein wird, gesetzgeberische Maßnahmen vorzubereiten, die zum Schutze und zur Förderung der Produktion erforderlich sind. Es ist ganz selbstverständlich, daß bei dieser Arbeit die Er⸗ fahrungen und die Mitarbeit der Verwaltungsbeamten die erfte Rolle spielen müssen, schon von dem Gesichtspunkte der reinen Ge⸗ setzestechnik aus. Aber das Gesetz muß Leben bekommen; es muß aus dem praktischen Leben, aus dem Fache heraus beeinflußt werden. Infolgedessen erachte ich es für absolut erforderlich, daß der Beamtenkörper des Landwirtschaftsministeriums dieses Fach⸗ ressorts mit einer entsprechenden Zahl von fachtechnisch durch⸗ gebildeten Beamten durchsetzt werde. Dieser Forderung hat das Reichslandwirtschaftsministerium bis jetzt im großen ganzen Rech⸗ nung getragen; denn von 36 Beamten, die heute etatmäßig im Reichslandwirtschaftsministerium verwendet sind, sind neun fach⸗ technisch ausgebildet; von zurzeit acht kommissarisch beschäftigten Beamten sind vier Fachleute und von den zwölf höheren Angestellten des Ministeriums sind sieben fachtechnisch durch⸗ gebildet. Vom gesamten Beamtenkörper von 56 sind 20 Beamte Fachbeamte. Bis zu einem gewissen Grade ist also schon heute der Forderung, die der Herr Abgeordnete Hemeter aufgestellt hat, im Reichslandwirtschaftsministerium entsprochen. Ich werde selbst⸗ verständlich auch künftighin besonders darauf bedacht sein, mit Rücksicht auf die Beziehungen, die wir unter allen Umständen im Reichslandwirtschaftsministerium mit der Praxis und mit dem Fach unterhalten müssen, den durchaus berechtigten Forderungen Rechnung zu tragen, die in dieser Beziehung aufgestellt sind, und ich werde nicht versäumen, auch bei der durch die Streichung des Reichstages erforderlich gewordenen Kürzung der Beamtenstellen, soweit das nur irgendwie angängig und möglich ist, den Wünschen des Herrn Abgeordneten Hemeter Rechnung zu tragen. (Zurufe bei den Unabhängigen Sozialdemokraten.)
Der Streichungsantrag aller Parteien (die Kommunisten ausgenommen) wird angenommen.
Beim außerordentlichen Etat wendet sich der
Abg. Lind (D. Nat.) gegen den kostspieligen Apparat der Reichsgetreidestelle. Die Debatte hat bewiesen, so führt Redner aus, in welcher Weise die Reichsgetreidestelle während des Krieges den Produktionswillen der Landwirtschaft gelähmt hat und wie sie jetzt breisverteuernd wirkt. Die Hereinbringung der Zwangsumlage ist nicht as Verdienst der Reichsgetreidestelle. Darüber sind wir uns einig, daß das zu niedrigen Preisen abgelieferte Getreide für die Landwirt⸗ schaft ein Opfer von 14 % Milliarden bedeutet. Wo ist dieses Geld geblieben? Die Reichsgetreidestelle hätte noch im Dezember bei relativ günstigem Valutastand Auslandsgetreide bekommen können, hat aber statt dessen Aufträge an den inländischen Markt herausgegeben, die diesen erheblich beunruhigten. Solange der Kleiepreis unker dem Umlagepreis des Getreides liegt, werden Sie sich nicht wundern dürfen, wenn die Landwirte lieber das Getreide verfüttern. Der Antrag, den Landwirten die Kleie zurückzuliefern, ist von der Reichs⸗ getreidestelle abgelehnt worden. Gegen die kostspielige Einrichtung der Reichsgetreidestelle muß von allen Landwirten schärfster Protest erhoben werden.
Abg. Hoch (Soz.): Die Linke leitet nur das eine Bestreben den breiten Massen der Bevölkerung die Möglichkeit zu geben sich auch im nächsten Jahre Brot kaufen zu können. Nach meinen Beob⸗ achtungen in Berlin essen die Schieber und die Reichen das billige Brot nicht. Wenn guch die Rechte die Versorgung der Bevölkerung, insbesondere der Minderbemittelten, sicherstellen will, so hätte sie schon im Hauptausschuß Vorschläge dazu machen sollen. In dem
leichung der Zuckerpreise bei uns an den Weltmarktpreis sich in amen Etappen vollzogen hat. Im Reichswirtschaftsrat hat man
8
wie sie sich die Sicherstellung der Bersorngung zmit verdimgtem
Getreide denken.
Staatssekretär Heinrici: Dem dneten Lind gegen⸗ über möchte ich zunächst feststellen, ½ die Vertr der Landwirt⸗ schaft jederzeit legenheit ben. sich über a inzelheiten der VE Reichsgetreidestelle zu unterrichten. Der Vor⸗ wurf, daß die ichsgetreidestelle durch die Art des Getreideein kahfs den inländischen Markt beunruhigt hätte, ist unberechtigt. Im vorigen Jahre haben wir inländisches Getreide nicht aufgekauft, um nicht unsererseits die Preise in die Höhe zu treiben. Nachdem beschlossen worden war, daß wir in diesem Jahre inländisches Getreide aufkaufen sollten, sind wir bei dem Einkauf mit aller Vorsicht Werke ge⸗ gangen und haben dafür wiederholt Anerkennung gefunden. Wir haben auch versucht, günstig auf die Preise zu wirken. Auch der Vor⸗ wurf hinsichtlich des von uns gezahlten Preises entbehrt der Grund⸗ lage. Die von uns gezahlten Preise waren zwischen den liefernden Organisationen und der Reichsgetreidestelle vereinbart. Daß die Frage der Rücklieferung der Kleie an die Landwirtschaft nicht be⸗ friedigend gelöst ist, erkennen wir an, sehen aber vorläufig keinen besseren Weg. Eine Besserung würde sich auch nicht erzielen lassen durch die Schaffung eines großen Apparates. Deshalb müssen wir zunächst schon die unerfreulichen Unebenheiten des jetzigen Zustandes mit in Kauf nehmen. Bei der Preisbemessung darf nicht übersehen werden, daß ein erheblicher Teil des Getreides aus dem Auslande
kommt.
Abg. Lind (D. Nat.): Ich habe nur „daß die Getreide⸗ händler des Reiches im Dezember einen Bericht herausgegeben haben, in dem festgestellt wurde, daß die Reichsgetreidestelle den inländischen Markt dadurch beunruhigt habe, daß sie 385 ℳ für den Zentner Weizen zahlte, während der Weizen sonst nur 334 ℳ notierte Diese Behauptung ist unwidersprochen geblieben. Wenn der Herr Staats⸗ sekretär diese Angaben heute widerlegt, so befriedigt mich das. Es wäre Aufgabe des Ministeriums gewesen, die Behauptung sofort zu widerlegen. Weiter habe ich nur gesagt die Landwirte wollten ihre Kleie zurückhaben, und zwar zu einem Preise, der mit dem für das Umlagegetreide gezahlten in Einklang steht. Die Futtermittel dürfen nicht teurer sein als das Umlagegetreide, da andernfalls die Gefahr des Verfütterns besteht, die auch ich als Landwirt vermieden wissen will. Wenn keine besonderen Bestimmungen über die aus dem Um⸗ lagegetreide gewonnene Kleie bestehen, so weise ich darauf hin, daß der Reichslandbund wiederholt den Erlaß einer Verordnung verlangt hat, wonach die Zurücklieferung der Kleie zu einem erträglichen Preise gesichert wird. Eine solche Verordnung ist aber nicht erlassen worden, und der von der Reichsgetreidestelle errechnete Preis hat eben Beunruhigung hervorgerufen. vX“
Damit ist die Aussprache beendet.
Der Etat wird erledigt. 1
Die Abstimmung über die Entschließungen wird bis zur dritten Lesung zurückgestellt.
„Es folgt die Beratung des Haushalts des Reichs⸗ wirtschaftsministeriums.
Der Ausschuß schlägt mehrere Entschließungen vor, in denen die Reichsregierung ersucht wird, einen Min⸗⸗ sterialrat mit der ausschließlichen Bearbeitung der Hags⸗ werkerangelegenheiten und des gewerblichen Genossenschafts⸗ wesens zu betrauen, ferner darauf hinzuwirken, daß die beim Reichswirtschaftsgericht und seinen Organen schwebenden Ent⸗ schädigungsverfahren auf das schnellste abgewickelt werden, darauf Bedacht zu nehmen, daß das Reichswirtschaftsgericht auf die Entscheidung grundsätzlicher Fragen in letzter Instanz be⸗ schränkt bleibt und in Erwägungen über eine Zusammen⸗ legung des Reichsschiffsvermessungsamts mit der Abteilung „Wasserstraßen“ des Reichsverkehrsministeriums einzutreten. Weiter wird die Regierung ersucht, auf eine erhebliche Steige⸗ rung der Kohlenproduktion, auf beschleunigten Abtranspori der Lagerbestände von Kohle und Koks, auf sofortigen Beginn der Ansammlung von Kohlen⸗ und Koksvorräten in Suüdeutschland und auf eine Verbesserung der Qualität der Kahlen hinzu⸗ wirken. Eine weitere Entschließung fordert die * haltung der bisher bestehenden Delegiertenstellen des Reich issars für Ein⸗ und Ausfuhrbewilligung.
Vom Etat hat der Ausschuß die Einrichtung des Reichs⸗ e für die Ueberwachung der Ein⸗ und Ausfuhr ge⸗ trichen.
Zum Haushalt des Wirtschaftsministe⸗ riums liegt ferner eine Interpellation der Deutschnationalen, der Deutschen Volks⸗ partei, der Demokraten, der Bayerischen Volkspartei und der Deutsch⸗Hannoveraner vor, die die Lehrlingsausbildung zum Gegenstand hat. Die Interpellotion, die die vom Reichsverband des deutschen Hand⸗ werks aufgestellten Forderungern über die Lehrlingsausbildung und die Stellungnahme des Reichsverbandes zur künftigen Regelung des Lehrlingswesens enthält, verlangt von der Re⸗ gierung die Darlegung ihrer Stellungnahme zur Frage der Handwerkerlehre. 8
Den Bericht des Ausschusses erstattet der
Abg. Dr. Rießer (D. Vp.), der u. a. die Verhandlungen im Ausschuß über die Druckpapierpreisfrage und die 652 abgegebenen Erklärungen der Regierung erörtert und im Anschluß daran den Reichswirtschaftsminister um eine ergänzende Auskunft darüber er⸗ sucht, welche Maßnahmen inzwischen uffasge der eingetretenen neuen Papierpreiserhöhung getroffen worden sind.
Die Rede des Reichswirtschaftsministers Schmidt kann wegen verspäteten Eingangs des Stenogramms erst morgen im Wortlaut veröffentlicht werden. Abg. Hammer (D. Nat.): Die Ausführungen des Ministers he die Schwere der Zeit gezeigt. Es ist ihm sicherlich in Genua auch erkennbar geworden, wie die Dinge im Ausland liegen. Im Ausland herrscht eine Arbeitslosigkeit, wie sie Gott sei Dank in Deutschland noch nicht besteht. Die Entente hat uns das große Steuerbukett und die Zwangsanleihe aufgezwungen, das sind Steuern, die bis zum Weißbluten gehen. Die Entente hat uns auch zur Einstellung der Zuschüsse des Reichs für die Lebensmittel verpflichtet, und unsere Noten⸗ presse soll stillstehen. Wir müssen unsere Kohlen an die Entente abgeben, und uns werden die Kohlen durch die hohen Steuern verteuert. Auf unseren Eisenbahnen dürfen wir den Transit⸗ verkehr zwischen Frankreich oder Belgien und Tschechien z. B. nicht höher tarifieren als unseren Inlandsverkehr. An Baustoffen herrscht großer Mangel, die Holzpreise sind unerschwinglich. Im Interesse des Handwerks möchte ich anregen, daß die Bauabteilung des Reichs⸗ schatzministeriums als selbständige Abteilung an das Wi ministerium abgegeben wird. Bei den Vergebungen von Staats⸗ lieferungen muß den Handwerkern gestattet werden, Erhöhungen zu verlangen, wenn inzwischen die Löhne gestiegen . Es ist ein chwerer Mangel, daß das Handwerk nicht an den en essen er Industrie teilnehmen kann. 88 keinem Lande der Welt besteht ein solches Verhältnis zwischen Industrie und Handwerk wie in Deutschland, wie wir es wieder an der Gewerbeschau in München 1S Es ist dem Minister zu danken, daß er Mittel ausgeworfen t, daß auch das Handwerk ausstellen kann. Die Damenschneider⸗ innungen beschweren sich mit Recht über die Personen, die keine regelrechte Lehrzeit durchgemacht haben. Die rSes erreicht vielfach eine unerhörte Höhe. Die Ausgaben für die Sozialisierungs⸗ kommission beantragen wir zu streichen, den Antrag werden wir gleich einbringen. Wir haben im Ausscheß leider nicht den Zusatz durchbringen können „künftig wegfallend“. Die Sozialisierungs⸗
Antrage der beiden Rechtsparteien ist nichts darüber enthalten,
kommission ist ein überflüssiges Möbel, das schleunigst beseitigt werden muß. Die Konsumvereine schädigen den Kleinhandel. bedaure,