Finanzen der Länder und Gemeinden wird weiter Vorsorge dadurch getroffen, daß die Ueberweisung von Steuern möglichst bald nach dem Einlaufen in die Reichskasse erfolgt. Den Ländern sollen die Erträge aus der Körperschafts- und Einkommen⸗ steuer nach Maßgabe des tatsächlichen Aufkommens in möglichst kurz zurückliegender Zeit überwiesen werden. Es wird bestimmt, daß die Anteile der Länder an beiden Steuern mit drei Viertel des Aufkommens eines jeden Monats mit Ablauf des folgenden Monats fällig werden. Ferner sollen die Lasten der Länder möglichst erleichtert werden. § 52 des jetzigen Gesetzes ent⸗ hielt die Bestimmung, daß, wenn das Reich den Ländern oder Ge⸗ meinden (Gemeindeverbänden) neue Aufgaben zuwiefe, die Beteiligung des Reiches an den Kosten gesetzlich geregelt werden sollte. Nunmehr wird dieler Paragraph dahin geändert:
Das Reich darf den Ländern oder Gemeinden (Gemeinde⸗ verbänden) neue Aufgaben nur zuweisen, wenn es gleichzeitig für die Bereitstellung der erforderlichen Mittel Sorge trägt. Was unter neuen Aufgaben zu verstehen ist, entscheidet sich nach dem Stande vom 1. April 1920.
Bisher gab das Reich den Gemeinden und Ländern Vorschüsse zur Bestreitung der erhöhten Besoldungen für Beamte und Angestellte unter der Voraussetzung, daß die Erstattung dieser Vorschüsse erfolgen follte, sobald die Mehreinnahmen aus den Reichssteueranteilen dies gestatten. Nunmehr sollen statt der Vorschüsse „Zuschüsse“ des Reichs gewährt werden, und zwar sollen diese Zuschüsse nach den
Ausschüsse des Reichsrats mit der Reichs⸗ der Mehrbefoldungen betragen, die über das hinausgehen, das bis zum Oktober 1921 übrigbleibende Rest von 25 vH soll einen sogenann en Sparsamkeitsfaktor bilden und die Gemeinden und Länder veranlassen, die Zahl ihrer Beamten und Angestellten allmählich abzuhbauen. In den Ausschüssen wurde mehrfach verlangt, daß auch für die Geistlichen vom Reich Zuschüsse gewährt werden sollten. Die entiprechenden Anträge wurden aber abgelehnt mit Rück⸗ sicht darauf, das die Rechtsverhältnisse zwischen Staat, Reich und Kirche noch der gesetzlichen Regelung harren. Die Ausschüsse schlagen deshalb lediglich eine Resolution vor, worin der Reichsrat es aus⸗ spricht daß er in Andetracht der Finanzlage der Länder es für nötig hält, daß daa Reich sich an den Mehraufwendungen der Länder für die Bezüge der Geistlichen in entsprechender Weise be⸗ teiligt, wie bei den Beamten und Angestellten der Gemeinde. Mit Rücksicht darauf aber, daß eine finanzielle Regelung der Lage der Geistlichen in den Einzellandern gegen⸗ wärtig noch nicht überall zum Abschluß gelangt ist, sieht der Reichsrat von einer Einbeiehung in das Gesetz ab, in der Voraussetzung, daß eine entsprechende Beteiligung des Reiches demnächst durch ein be⸗ onderes Reichsgesetz sichergestellt wird.
Auch die Frage der Fortdauer des Sperrgesetzes
m in den Ausschüssen zur Beratung. Die Ausschuüsse haben sich
nit der Reichsregierung dahin geeinigt, daß das Sperrgesetz noch bis um 1. April 1926 in Geltung bleiben soll. Die Wünsche auf Ab⸗ ünderung dieses Gesetzes wurden zurückgestellt mit Rücksicht auf eine Erklärung der Regierung, daß sie bereit sei, das Sperrgesetz noch auf eine Anzahl von Jahren weiter bestehen zu lassen und balomöglichst eine Novelle einzubringen, die den Wünschen der Einzelländer gerecht werden soll. Bezüglich der Rückerstattung von Ausgaben der Ge⸗ neinden und Gemeindeverbände für Kriegswohlfahrtszwecke hat sich ie Regierung in den Ausschüssen bereit erklärt, den Gemeinden und Gemeindeverbänden, deren Forderungen festgestellt sind, die ent⸗ sprechenden Summen, soweit sie noch nicht getilgt sino, auf Antrag bar zurückzuerstatten. Dabei soll kein Unterschied gemacht werden für Forderungen, für die schon Anleihen für Rechnung des Reichs auf⸗ genommen worden sind, und für solche, für die noch keine langfristigen Anleihen aufgenommen worden sind. Mit den Staͤdtstaaten sollen besondere Vereinbarungen getroffen werden. Diese Erklärung wurde von der Regierung gestern im Plenum des Reichsrats wiederholt.
In zwei Fällen hat sich eine Uebereinstimmung zwischen Reich und Ländern nicht erzielen lassen. § 43 der Regierungsvorlage sieht vor daß von dem Aufkommen der Kraftfahrzeugsteuer die Länder zu⸗ sammen 50 vH erhalten. Die eine Häaälfte des Gesamtanteils ist nach der Bevölkerungszahl, die andere nach dem Gebietsumfang zu ver⸗ teilen. Wenn nun ein Land eine Fahrzeugsteuer einführt, so sind ihm auch die weiteren 50 vH zuzuweisen. Die Ausschüsse haben diese Bestimmung dahin geändert, daß das volle Auf⸗ kommen der Kraftfahrzeugsteuer ohne jegliche Bedingung den Ländern zu überweisen ist. Hiergegen erhob Preußen wie schon im Ausschuß, so auch in der Vollrversammlung erheb⸗ liche Bedenken, weil in Preußen bereits eine Fahrzeugsteuer vorgelegt worden ist. Der preußische Antrag, die Reglerungsvorlage wieder herzustellen, wurde von der Vollversammlung mit 36 gegen 13 Stimmen angenommen. Streitig blieb serner eine Vorschrift in § 5, der die Frage regelt, unter welchen Voraussetzungen Gemeinde⸗ steuerordnungen erlassen werden können und diese für gewisse Fälle von einer Genehmigung durch die Reichsregierung abhängig machen Die Reichsregierung ist berechtigt, gegen den Erlaß einer Steuer⸗ ordnung Einspruch einzulegen und tann unter Umständen die Ent⸗ scheidung in letzter Instanz durch den Reichsfinanzhof herbeiführen lassen. Nun ist streitig, ob durch die Einlegung des Einspruchs seitens der Reichsfinanzverwaltung das Inklafttreten der betreffenden Steuerordnung fuspendiert wird oder nicht. Der Reichsfinanzhof hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß der Einzpruch keine auf⸗ schiebende Wirkung hat, während das thüringische Oberverwaltungs⸗ gericht entgegengesetzter Ansicht ist, und dieser Ansicht hat sich die Reichsregierung angeschlossen. Dagegen haben sich die Ausschüsse des Reichsrats auf den Standpunkt des Reichsfinanzhofs gestellt und die aufschiebende Wirkung des Einspruchs ausgeschaltet. Wahrscheinlich wird die Reichsregierung in diesem Punkt eine Dbppelvorlage machen, so daß schließlich der Reichstag die Entscheidung hat. Die Ausschüsse des Reichsrats schlagen schließlich noch zu dem „Finanz⸗ ausgleichsgesetz“ eine weitere Resolution folgenden Wortlauts vor:
„Wenn auch die Regierungsvorlage die finanzielle Notlage der Länder und Gemeinden mehr als bisher zu berücksichtigen sucht und auch der Reichsrat durch Aenderungen an dem Entwurf dieser Not⸗ lage noch weiter Rechnung getragen hat, so kann doch bei den gegenwärtigen wirtschaftlichen und gelolichen Verhältnissen nicht übersehen werden, ob die hier geschaffene Grundlage ausreicht, um Länder und Gemeinden lebensfähig zu erhalten. Die im Interesse der Selbständigkeit und Selbstverantwortlichkeit der Länder und
Gemeinden grundsätzlich zu fordernde Wiederherstellung ihrer finanziellen Selbständigkeit konnte mit Rücksicht auf die Zeitverhältnisse noch nicht verwirklicht werden. Dieses Ziel st nur zu erreschen durch möglichst weitgehende Ueberlassung großer Steuern an Länder und Gemeinden unbeschadet der reichsrechtlichen kormierung in den Grundsätzen zur selbständigen und selbstver⸗ ntwortlichen Ausschöpfung und individuellen Anpassung. Wenn er Reichsrat gleichwohl dem Gesetzentwurf seine Zustimmung rteilt, so geschieht es in der Voraussetzung, daß auch die jetzige Regelung nur als vorläufige anzusehen ist und unter dem Vor⸗ behalt der Geltendmachung seiner weitergehenden Forderungen für inen endgültigen Finanzausgleich.
Der Gesetzentwurf wurde mit den beiden Resolutionen von der Vollversammlung nach den Beschlüssen der Ausschüsse an⸗ genommen.
Der Reichsrat genehmigte sodann den Gesetzentwurf über das deutschpolnische Abkommen, betreffend Teilung des ober⸗ slestschen Knappschaftsvereins, und eine Erhöhung
er Erwerbslosenunterstützung, die am 20. November in Kraft treten soll. Ein Antrag Sachsens, ihr rückwirkende Kraft bis zum 1. Oktober zu geben und zugleich die Familien⸗ zuschläge weiter zu erhöhen, fand keine Unterstützung. Da der Referent Ministerialdirektor Frick keine Angaben über die Höhe der Sätze im einzelnen machte, kann darüber hier nichts weiter verichtet werden. Dasselbe gilt von dem Gesetz⸗ entwurf, der die Zuständigkeitsgrenzen des Gewerbe⸗ gerichts⸗ und des Kaufmannsgerichtsgesetzes wesentlich erhöht. Auch hier war Ministerialdirektor Frick Referent.
Vereinbarungen der regierung 75 vH. sogenannte Altgehalt gezahlt wurde Der
Der Reichsrat nahm die Negierungsvorlage an, ber gerichtliche Tätigkeit der Gewerbegerichte auf 1500 ℳ. wurde serner der Höchstbetrag der Darlehnskassenscheine auf 100 Milliarden und die Tage⸗ und Uebernachtungsgelder bei Dienstreisen der Reichsbeamten um 75 vH. 1“ Die Ausfuhrmindestpreise sind geändert für: Salmiak sublimiert (durchweg) und für Salmiakgeist 0,910 nach der Schweiz. Näheres durch die Außenhandelsstelle Chemie in Berlin W. 190.
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Deutscher Reichstag. — 268. Sitzung vom 16. November 1922, Nachmittags 3 Uhr.
(Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger*).)
Präsident Löbe eröffnet die Sitzung um 2 ¼ Uhr.
Der Entwurf eines Gesetzes zur Verminderung der Lasten des Reichs aus der Gesetzgebung über die Entschädigung und das Ausgleichsverfahren aus Anlaß des Friedensvertrags von Versailles geht ohne Aussprache an denselben Ausschuß, der die Novelle zu den Gewaltschädengesetzen bercät.
Das Haus setzt die Besprechung der Interpellation des Zentrums, betreffend die Not der deutschen Wissenschaft, fort.
Abg. Dr. Moses (Soz.): Wissen ist Macht, und Wissen schafft Macht, mit diesen Worten hat Wilhelm Liebknecht die Arbeiter⸗ bildungsschule in Berlin seinerzeit eröffnet. Dieser Ausspruch beweist den hohen Respekt, den die Arbeiterschaft stets vor der Wissenschaft gehabt hat und gerade die Arbeiterschaft empfindet es als einen be⸗ sonders schweren Schlag, wenn jetzt die Wissenschaft leidet, denn sie wird dadurch in harte Mitleidenschaft gezogen, die Not der Wissen⸗ schaft hindert den Aufstieg des Proletariats. Wir haben daher die Intervellation Marx freudig begrüßt, wenn uns auch die Antwort des Staatssekretärs Schulz nicht recht befriedigt hat. Ohne die Wissenschaft ist der Wiederbau nicht bloß des geistigen, sondern auch des wirtschaftlichen Lebens unseres Volkes undenkbar. Leidet die Wissenschaft, so bekommt das zuerst die Volksgesundheit und damit die ganze Industrie zu spüren. Schon längst wäre es eine Ehren⸗ pflicht unserer Großindustrie gewesen, die Institute und Forschungs⸗ stälten, namentlich die naturwissenschaftlichen, vor dem Verfall zu be⸗ wahren. Am letzten Sonnabend hat in Berlin bei einem Abendessen in der japanischen Botschaft der japanische Stinnes Hoshi, der schon vor zwei Jahren viele Millionen für die großen Dahlemer⸗ Institute stiftete, zugunsten der deutschen Wissenschaft, insbesondere für die Chemie, angekündigt, daß er weitere 300 Millionen Mark und dazu noch einen Beitrag von 50 Millionen Mark⸗ für die allgemeinen Zwecke der deutschen Wissenschaft stiften wird. (Lebhafter Beifall.) Das hat der japanische Stinnes für die deutsche Wissen⸗ schaft getan. Wenn mir von dem, was die deutschen Stinnesse dafür getan haben, nur sehr wenig bekannt ist, so liegt das selbstverständlich nur an meiner Unkenntnis. (Heiterkeit links.) Die Rockefeller und Carnegie haben in Amerika längst dieser Ehrenpflicht genügt. Ist die deutsche Großindustrie schon so verarmt, daß sie sich vom Ausland be⸗ schämen lassen muß? Auch von Schweden sind fortgesetzt große Summen für die in Not geratene deutsche Wissenschaft hergegeben worden. Wo bleiben bei uns die Großindustriellen, wo bleiben die Banken, die im Gelde schwimmen? Auf die neuen Reichen, auf die deutsche Schibo⸗ kratie ist doch für diese Zwecke nicht zu rechnen, diese gibt lieber für ein Theaterbillett 20 000 ℳ an den Billetthändler, sie stiftet unaus⸗ gesetzt für den roben Boxkampf Preise bis zu 200 000 ℳ! Die Not der Forschungsinstitute ist schon so groß, daß es selbst an Versuchs⸗ tieren, sogar an Feöschen und Mäusen, zu mangeln beginnt; in Dahlem sind die wenigen noch vorhandenen Tiere schon halb verhungert, weil nicht einmal mehr die Futterkosten aufgebracht werden können. Besonders beklagenswert ist es, daß die Röntgenforschung ebenfalls so schwer leiden muß, zumal heute, wo von ihren Uutersuchungen die Heilung des Krebses erwartet wird. Alle Forschung gerät ins Stocken. Neben die Not der Forschungsinstitute stellt sich die Notlage der Forscher und der Bibliotheken. Geht die Wissenschaft zugrunde, so muß das ganze Volf wirtschaftlich und kulturell verelenden. Unbe⸗ denklich gibt man Milliarden aus für die Reichswehr, aber nicht auf ihr, sondern auf der deutschen Wissenschaft beruht die deutsche Bydung und Kultur. die Herren von der Volkspartet das Ziel der Produktionssteigerung erreichen wollen, so sollen sie dafür nicht die Arbeiter allein in Anspruch nehmen, sondern ibre kapital⸗ kräfrigen industriellen Mitglieder auffordern, die Wissenschaft zu unterstützen. Die Universitäten sind leider ein Hort der Reaklion. Hat doch der Ausschuß der Berliner Studentenschaft gestern die Be⸗ teiligung an der Gerhard Hauptmann⸗Feier abgelehnt, weil Hauptmann als Republikaner kein charakterfester Deutscher sei. (Hört! hört! links). Ein großer Teil der Studentenschaft ist heute zum Proletariat zu rechnen Warum liefert die Re⸗ gierung nicht den wissenschaftlichen Instituten möglichst steuerfrei den Alkobol, ohne den wissenschaftlich nicht gearbeitet werden kann? Der Ausbreitung des Alkoholismus selbst aber sieht die Regierung tatenlos zu, sie muß sich erst von der Entente Maßregeln gegen den Alkoholkonsum vorschreiben lassen. Gegen die Not der Aerzte kann nur die Vergesellschaftung der Heilkunde Abhilfe schaffen. Die Arbeiterschaft wird alles aufbieten, um die Wissenschaft zu erhalten, denn Wissenschaft und Arbeiterschaft gehören zusammen. Versagt die bürgerliche Gesellschaft, so wird die Arbeiterschaft mit ihren bescheidenen Witteln für die Wissenschaft eintreten, die Macht ist und Macht schafft. Soz.)
917 1 Wena
(Beifall bei den Soz.)
Abg. Dr. Strathmann (D. Nat.): In Frankreich ist man immer noch bemüht, die deutsche Wissenschaft und Kultur herabzusetzen und in den Staub zu ziehen. Dabei ist es unseren Gegnern selbst in sieben Jahren nicht gelungen, uns auf dem Gebiet der chemischen Wissenschaft auch nur zu erreichen. Die englische Farbstoffindustrie ist selbst mit Staatshilfe nicht gediehen. Siebzehnmal ist der Nobelpreis für Chemie verliehen worden, neunmal fiel er an Deutsche. Nitti, der frühere italienische Ministerpräsident, hat ausdrücklich anerkannt, daß auf wissenschaftlichem Gebiet alle anderen Völker bei uns in die Schule gegangen sind. Freilich, die Entente möchte uns auch kulturell vernichten. Deutschland ist durch methodische Schulung des Forschergeistes der unser Volk durchdrungen hat, groß geworden. Die entscheidenden Entdeckungen auf dem Gebiet der Chemie, z. B. bei den Anilinfarben, sind in Deutschland gemacht worden, nachdem Jahrzehnte lang die Forscher daran gearbeitet haben. Die wissenschaftlichen Forschungen haben auch der Landwirtschaft die große Steigerung der Erträge er⸗ möglicht. Die biochemischen Entdeckungen Liebigs haben besonders daiu beigetragen. Die deutschen medizinischen Forschungen sind weltberühmt, es brauchen nur Namen genannt zu werden, wie Koch, Pehring und Ehrlich. Ueberall ist Deutschland methodisch wissenschaftlich vorgegangen, während die Engländer rein empirisch verfahren sind. Heute bestehen aber ganz außer⸗ ordentliche Schwierigkeiten für die deutsche Forschung. Es gibt Institute,, deren ganzer Etat allein durch den Kohlen⸗ verbrauch aufgezehrt wird. Trotz der großen Opfer, die deutsche Verleger gebracht haben, können sich wissenschaftliche Zeit⸗ schriften vielfach nicht mehr halten, und der Austauschverkehr solcher Zeitschriften mit dem Ausland wird immermehr vermindert. Die Bezahlung geistiger Arbeit steht heute in großem Mißverhältnis zu der Bezahlung der Handarbeit. Gewiß soll diese nicht herabgesetzt werden, aber die geistige Arbeit ist doch wohl kulturell höher zu be⸗ werten. Was Herr Dr. Schreiber über die Notlage des
2) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.
1
8 .“ —
brauche ich nicht zu mit den Handarbeitern in Berührung kommen, ist t, aber ein Student, der schwere körperliche Arbeit verrichtet, kann nicht genügend Energie auf das Studium verwenden Im ganzen wird in dieser Weise die geistige Arbeit unseres Nachwuchses geschädigt. Die französische Revolution hat die Académie française aufgeboben, allerdings entstand sie wieder. Die russische Revolution hat den Gelehrtenstand unter den Handarbeiterstand heruntergedrückt. Die deutsche Revolution hat auch zu einem Abbau der geistigen Kultur geführt. Es muß etwas gegen die Not der Wissenschaft geschehen. Die 40 Millionen des laufenden Etats werden im kommenden Jahr entsprechend der Geldentwertung auf eine halbe Milliarde erhöht werden müssen. Auch die Reparationskommission kann nicht das Odium auf sich laden, uns die Mittel für unsere geistige Kultur zu versagen. Ich kann eine pessimistische Auffassung des Abg. Moses über die Leistungen der deutschen Industrie für di Wissenschaft nicht teilen. (Ruf linke: Was hat sie denn geleistet ) Das eignet sich nicht alles zur Mitteilung in der Oeffentlichkeit. (Heiterkeit) Die Papierindustrie hat z. B. viel für die Wissenschaftz geleistet. Die wissenschaftliche Arbeit Einzelner wird durch den er⸗ schwerten Bezug von Büchern gehindert. Warum sollte nicht wenigstens die Post das Porto für den Bücherversand ermäßigen? Die Verkümmerung der Laboratorien bedeutet die Verkuͤmmerung der chemischen Industrie. Die Arbeit der Laboratorien bedeutet Brot für die Arbeiter. Der frühere Reichskanzler hat ja gesagt: Zuerst Brot für das Volk, dann Reparationen. (Beifall rechts)
Abg. Dr. Moldenhauer (D. Vp.): Es sind uns heute und gestern 18 wertvolle Vorlesungen gehalten worden. Ich darf mich daher auch angesichts der Geschaͤftslage (Heiterkeit links) um so ebher kurz fassen. Gegen den Vorwurf des Abg Moses, daß die Vertreter der deutschen Wissenschaft Reaktionäre seien, muß ich die deutschen Professoren in Schutz nehmen, allerdings gehören sie noch nicht zu denen die vor der Straße ihr Haupt beugen. (Unruhe links) Vor den Werkstudenten und hrem Idealismus muß man den Hut ziehen aber ein Ideal ist natürlich der Werlstudent nicht. Der Vorwurz des Abg. Moses gegen die deutsche Industrie ist ungerecht, ich bin bereit, das Gegenteil seiner Behauptung jedem Kollegen jeder⸗ zeit privatem zu beweisen. Bis jetzt ist in der Industrie Gebefreudig⸗ keit dagewesen. Diese privaten Mittel werden aber nicht immer fließen, ihre Ergiebigkeit hängt von der Konjunktur ab. Dem Leiter der Notgemeinschaft, dem Staatsminister Schmidtbonn müssen wir den grögzten Dank zollen (Beifall). Aber wenn diese Notgemeinschaft weiter kommen soll, muß ihr die Hilfe von Staat und Reich noch weit reichlicher zugewendet werden. Da ist es mit den 40 Millionen vom Reich nicht getan. Dem Volke und dem Reichstag ruse ich in Umdeutung auf die Wissenschaft mit Hans Sachs zu: Verachtet mir die Meister nicht! (Beifall bei der D. Vp.).
Abg. Dr. Schücking (Dem.): Es gilt im deutschen Volk als echte nationale Gesinnung ein einheitliches Kulturbewußtsein zu schaffen. Wenn an den deutschen Universitäten Plätze frei sind, sollen wir uns freuen, wenn die studierende Jugend aus andern Ländern zu uns kommt. Die Pflege der deutschen Wissenschaft lag ursprünglich bei den Fürsten und Höfen und ging von da erst allmählich auf den Staat über. Das wilhelminische Zeitalter erneuerte diese alte Ein⸗ richtung; die Kaiser⸗Wibhelm⸗Gesellschaft trag einen stark höfischen Einschlag. Auch späterhin hat der Staat den übercwiegenden Ein⸗ fluß aur die Pflege der Wissenschaft ausgeübt und so mittel⸗ bar verhindert, daß aus dem Volke selbst jene Förderung der Wissenschaft hervorging, wie sie in Amerika usw. in gewaltigen Seiftungen und dergl. sich manifestiert. Jenes Verhältnis hat es mit sich gebracht, daß hHeute auch die deutsche Wissenschaft in die Notlage des Staates und des Reiches hineingezogen worden ist. Es fehlt uns heute noch an politischer Kultur in Deutschland. Ich be⸗ klage mit Dr. Moses als ein teauriges Beispiel des Mangels an politischer Kultur das Verhalten der Berliner Studen enschaft im Punkte der Hauptmann⸗Feier. Das Ausland versteht diese Er⸗ scheinungen nicht. Wir drauchen Kulturpolitik, und dazu brauchen wir die Mitarbeit der Universitäten in weit höherem Grade, als sie bisher geleistet worden ist. Wir müssen Kulturattachés in das Ausland entsenden; für ihre spätere Verwendung brauchen wi nicht zu bangen. Solange nicht die Universitäten der deutschen Jugend einen ganz andern Geist einhauchen, wird auch der deutsche Ober⸗ lehrer nicht von seinem viesach s engen Horizont loskommen. Von der mächtig aufstrebenden slawischen Rasse wissen wir bis jetzt bei uns sehr wenig, es genügt nicht, sich mit ihrer Literatur vertraut zu machen. Das Arbeiterrecht ist an den deutschen Universitäten bisher viel zu sehr zurückgetreten. — Das völkerrechtliche Seminar in Kiel steht vor der Schließung, wenn nicht 250 000 ℳ beschafft werden. Das Porto für Bücherpakete ist unerschwinglich geworden, Die Steuerfreiheit für den von naturwissenschaftlichen Forschungs⸗ instituten benbrigten Alkohol ist mit vollem Recht verlangt worden. Das „Freie Deutsche Hochstift“ in Frankfurt a. Main befindet sich in ärgster Notlage. Druckkosten, Buchbinderpreise sind ins Tausend⸗ fache und darüber hinaus gestiegen. Zu diesen Lasten steht das Ge⸗ halt des Professors in keinem Verhältnis. Viele Professoren kämpfen heute mit Nahrungssorgen. Im Ausland wird schon für deutsche Gelehrte gesammelt. Besonders schwer ist die Notlage der Privatdozenten. Früher schon wußte man nicht, wovon sie lebten, beute können sie
nicht mehr, leben und stehen un⸗ weigerlich auf dem Aussterheetat. Bei der Notlage der Studenten handelt es sich um Unterlassungsfünden früherer Zeit. Man hat keine Studentenheime gegründet, wohl gab es aber Korpshäuser für bemittelte Studenten. In Schweden gibt es landsmannschaftliche Studentenbeime. Warum haben die Städte nichts für die Studenten getan, wahrend sie doch Rathäuser mit Türmen bauten, die nie semand bestieg. 85 vH aller Studenten haben heute nicht das Existenzminimum. So sozial segensreich das Werkstudententum ist, so ist es leider heute schon so, daß das Studium von den Werkstudenten nur im „Nebenamt“ bekrieben werden kann. Vor⸗ mittags sind die Hörfäle leer, Abends gefüllt. Wir wünschen eine fröhliche Jugend, darum blutet uns das Herz, wenn wir sehen, wie unsere studentische Jugend hart arbeiten muß. Die ausländischen Studenten müßten für den Besuch unserer Hochschulen in Goldmark zahlen. Die reichen Leute bei uns müssen wir darauf binweisen, daß sie mehr für die Wissenschaft tun müssen. Aber auch der Staat muß mehr tun. Die Position für die Notgemeinschaft ist auf wenigstens 500 Millionen zu erhöhen. Das Ausland muß über die Not der Wissenschaft bei jeder Gelegenheit unterrichtet werden. Auch das wird dazu beitragen, die Fesseln des Versailler Vertrags zu sprengen. (Beifall.)
Abg. Dr. Beyerle (Bayer. Vp.): Meine Partei schließt sich von ganzem Herzen der Interpellation des Zenktrums an. Bayern legt Wert darauf, daß die Kulturpolitik in erster Linie von den Ländern getragen wird. Bayern ist in der Unterstützung der Privat⸗ dozenten führend vorangegangen. Eine Fülle deutschen Idealismus ist in Bayern in wissenschaftlichen Schöpfungen verkörpert, ich erinnere nur an das Deutsche Museum. Redner empfiehlt weiterhin das Ost⸗ Europa⸗Institut in Breslau und das Römisch⸗Germanische Museum in Mainz zur besonderen Unterstützung durch das Reich. Gestern und heute ist hier, so fährt Redner fort, das hohe Lied der deutschen Wissenschaft gesungen worden, es handelt sich dabei nicht um Lohn⸗ kämpfe, sondern um das Existenzminimum. (Beifall.)
(Fortsetzung in der Ersten Beilage.)
wissenschaftlichen sagte
Nachwuchses wiederholen. Daf durch die arbeiler
durchaus
Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr Torol. Charlottenburg. Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteber der Geschäaäftsstelle Rechnungsrat Mengering in Berlin Verlag der Geschäftsstelle (Men gering) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckeret und Verlagsansta
Berlin Wilbelmstr 32.
Sechs Beilagen (einschließlich Börsenbeilage und Warenzeichenbeilage Nr. 100 A u. B)
und Erste, Zweite und Dritte Zentral⸗Handelsregister⸗Beilage.
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Erste Beilage
anzeiger und Preußisch
Verlin, Freitag, den 17. November
gatsanzeiger 1922
(Fortsetzung aus dem Hauptblatt.)
Abg. Heydemann (Komm.): Nur ein Zufall ist es, daß die Not der geistigen Arbeiter hier zur Sprache gekommen ist. Wäre der Regierung nicht ein Malheur passiert, so hätte diese Debatte nicht stattgefunden. Dabei haben wir aber aus allem nichts heraus⸗ gehört, was die Hungernden satt machte. Geistesarbeiter wie Hand⸗ arbeiter sind in gleicher Weise Opfer des Kapitalismus mit seiner verlogenen Kultur, von der jetzt auch der letzte Firnis abfällt. Es ist alles faul, es ist überfaul im Reich des Vaters Ebert. Es ist endlich Zeit, daß dem geistigen Mittelstand durch Taten geholfen wird. Die Hyänen des kavpitalistischen Schlachtfeldes dürfen sich nicht länger an seinem Elend mästen. Was gedenkt die Regierung dagegen zu tun, daß Männer, wie Toller und Erich Mühsam, im Gefängnis sitzen müssen? Wir stehen der Lage der Studenten völlig vorurteilslos gegenüber. (Ruf rechts: Na! Na!) Herr Schreiber hat wiederholt zur Linken gewandt gesagt, auch die Handarbeiter müßten Verständnis für die Not der Kopfarbeiter haben. An welche Handarbeiter hat er da gedacht, etwa an die⸗ jenigen, die in den grünen Heften des Zentrums geschrieben haben, daß die Achtung vor der Ueberzeugung anderer Teufels⸗ werk sei? Wie kann Herr Schreiber den Handarbeitern, die im Klassenkampf stehen, Verständnis für die Not der Wissenschaft absprechen? Die herrschenden Klassen sollten nur ihre Steuern richtig zahlen, dann könnte die Not beseitigt werden. Man singt „Frei ist der Bursch“ und predigt die voraussetzungslose Wissenschaft, 88 die scharfmacherischen Professoren haben sich bis zum Speichel⸗ lecken gebeugt vor den Generalen und Wilhelm II. Der Abg Kahl hat als Prorektor der Universität einen Erlaß nach dem anderen gegen die Freiheit der Wissenschaft erlassen und die „Frei⸗ studentischen Blätter“ verboten. Bei der Mechterstedter Mordaffäre, beim Rathenau⸗Mord usw., überall sind antirepublikanische Studenten dabei, trotzdem wollen wir der Not der Studenten steuern helfen. Studenten sind es, die in der technischen Nothilfe die Streikbrecher stellen. Die kavitalkräftigen Kreise sollten gesetzlich gezwungen werden, Geld für die Wissenschaft zu geben. Wir verlangen vöhiige Freiheit für die Studenten, unentgeltliche Lehrmittel für die armen Studenten und Beschlagnahme der Ver⸗ bindungshäuser für andere Zwecke. Kommen wird der Tag, wo die körperliche und die geistige Arbeit über die Ausbeutung und die Lohn⸗ sklaverei triumphieren und diejenigen aus ihrer Herrschaft vertreiben werden, die glauben, das Rad der Weltgeschichte rückwärts drehen zu können. Wir wollen den wirtschaftlichen Individualismus ausrotten durch den Sozialismus und den Sieg der kommunistischen Idee. (Beifall b. d. Komm.)
Abg. Wegmann (Parteil. Komm): Der Krieg hat mit der objektiven Wissenschaft autgeräumt, alle Redner haben nur an die privilegierte Wissenschaft gedacht. Der Nachwuchs wird für diese Wissenschaft gedrillt, und er wird immer geringer werden und sich auf die kapitalskräftigen Kreise beschränken Wir verlangen aber auch für die Arbeiterkreise den Zugang zur Wissen⸗ schaft, sonst würden Sie Recht damit behalten, daß sich die Wissenschaft im Abbau befindet. Durch das Zu⸗ sam menarbeiten von Kopfarbeitern und Handarbeitern in der Industrie haben sich große Fortschritte ergeben. Die russische Revolution hat nicht die Wissenschaft zertrümmert. Maxim Gorki und andere hochstehende Intellettuelle sympathisieren mit der Sowjet⸗ regierung. Der deutsche Staat hat schwere Unterlassungssünden an der deutschen Wissenschaft begangen. Eine Menge Instrumente von Zeiss in Jenag, an denen die deutsche Wissenschaft Mangel leidet, hat die russische Regierung, die angeblich alles geistige Leben totschlägt, angekauft. Die Vorbedingung für das Heil der Wissenschaft ist die Abschaffung des Kapitalismus.
Im Schlußwort für die Interpellation führt der
Abg. Dr. Pfeiffer (Zentr.) aus: Die Debatte hat eine er⸗ heh . Uebereinstimmung der Auffassung über die Not der Wissen⸗ chaft ergeben. scheint der Genius der Wissenschaft nicht in diesem Hause zu walten; wäre er hier, würde er sich eines Lächelns über die geringe Teilnabme der Mitglieder an dieser Debatte nicht erwehren können. In seinen westeren Ausführungen weist Redner besonders auf die Notlage der Aerzte und Rechts⸗ anwälte hin und wünscht, daß bei der Ausfübrung der sozialen Gesetze die Rechtsanwälte herangezogen werden. Auf Mäcenatentum könne man nicht rechnen, denn Raffke, dieser Typus unserer Zeit, habe kein Verständnis für Kunst und Wissenschaft. Sollte sich aber nicht ein reicher Mann in Deutschland finden, der das gefährdete Goethe⸗Haus in Frankfurt am Main vor dem Verkauf bewahrte? Die Einigkeit in dieser Debatte habe erfreulicherweise gezeigt, daß alle Parteien sich gegenseitig unterstützen und tragen wollen in der Fürsorge für die deutsche Wissenschaft. (Beifall.) 8
Damit ist die Interpellation erledigt. 111“
Die Abgg. Koenen (Komm.) und Ledebour (Unabh.) be⸗ antragen, morgen auch die Anträge gegen die Auslieferung der ftalienischen Anarchisten Chezzi und Vacci auf die Tagesordnung zu etzen.
6 Abg. Hoch (Soz.) wendet dagegen ein, daß keine Regierung da sei, die sich dazu äußern könne.
Der Antrag wird gegen die Stimmen der Kommunisten und eines Teils der Sozialdemokraten abgelehnt. (Lärm bei den Kommunisten.)
Schluß nach 7 Uhr. Nächste Sitzung Freitag, 2 Uhr (Anzeigensteuer; Geschäftsordnungsberatung; Novelle über Ge⸗
werbe⸗ und Kaufmannsgerichte).
Leider
Parlamentarische Nachrichten. 8
Im Reichstagsausschuß für Wohnungswesen wurde gestern der Gesetzentwurf über Mieterschutz und Miets⸗ einigungsämter meiter beraten. Zur Verhandlung stand ein Antrag des Abg. Kuhnt (Soz., wonach der Vermieter nur dann berechtigt sein soll, auf Aufhebung des Miets verhältnisses zu klagen, wenn für ihn aus besonderen Gründen ein so dringliches Interesse an der Erlangung des Mietsraumes besteht, daß auch bei Berücksichtigung der Verhältnisse des Mieters und seines künftigen Mitverhältnisses die Vorenthaltung eine schwere Unbilligkeit für den Vermieter darstellen würde. Die Absicht des Vermieters, den Raum selbst in Gebrauch zu nehmen oder ihn Angehörigen zum Gebrauch zu überlassen, soll nach dem sozialdemokratischen Antrage die Aufhebung allein nicht rechtfertigen. Auch soll der Erwerber eines Grundstücks erst drei Jahre nach dem Erwerb des Grundstücks das Recht haben, aus dem oben angeführten Grunde die Aufbebung des Mietsverhältnisses zu fordern, es sei denn, daß er das Grundstück im Wege der Zwangsversteigerung zur Ver⸗ meidung des Ausfalls einer für ihn auf dem Grundstück ein⸗ getragenen Forderung erstanden hat. Ueberdies soll auf Aufhebung des Mietsverhältnisses erst dann erkannt werden dürfen, wenn fest⸗ steht, daß der Mieter in den “ von Ersatzräumen gelangt, die seinen bisherigen Wohn⸗ und Geschäftsverhältnissen entsprechen. Gegen den Antrag machte sich auf Seiten der Rechten sowohl wie des Zentrums und der Demokraten in der Diskussion starker Wider⸗ spruch geltend. Die Beschlußfassung über den Antrag wurde vertagt,
Se HsKt e gwege berddre wrcen Nödhs pe Ferraugeeeru.
— —
weil die Mitglieder des Zentrums durch eine Fraktionssitzung be⸗ hindert waren. Heute Weiterberatung des Mieterschutzesetzes.
— Der Reichstagsausschuß für das Luft⸗ verkehrsgesetz führte seine Beratungen über die Abänderung des Gesetzes, den Verkehr mit Kraftfahrzeugen betreffend, fort. Es waren verschiedene Anträge eingebracht, so ein Antrag der Abgg. Schumann (Soz.) und Schirmer⸗Dresden (Soz.), wonach die Zulassung nur unter der Voraussetzung erfolgen darf, daß der Halter des Kraftfahrzeuges für das Fahrzeug und, falls das Fhürzeng nicht von dem Halter selbst geführt wird, auch für den Fahrer eine aus⸗ reichende Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat. Auch soll nach dem gleichen Antrage der Reichsverkehrsminister mit Zustimmung des Reichsrats und eines Ausschusses des Reichstags über die Dauer der täglichen Ruhezeit der Führer von Kraftfahrzeugen im Interesse der Verkehrssicherheit Anordnungen treffen.
— Der wirtschaftspolitische Ausschuß des Vorläufigen Reichswirtschaftsrats hielt heute eine Sitzung.
Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln. Dem Reichsgesundheitsamt ist das Erlöschen der Maul⸗ und Klauenseuche vom Schlachtviehhofe in Leipzig am 14. November 1922 gemeldet woen.
Handel und Gewerbe.
In der nächsten Woche finden Vollbörsen laut Meldung des „W. T. B.“ in Berlin am Montag und Donnerstag statt. Am Dienstag, Freitag und Sonnabend werden nur Devisen und Noten gehandelt. Der Metall⸗ und Produktenverkehr findet wie bisher statt. 8 f21e (Bußtag) bleibt die Börse für jeden Verkehr ge⸗ schlossen.
— Zur Verkehrslage im Ruhrgebiet meldet „W. T. B.“ aus Essen: Die Betriebslage im Ruhrgebiet war in der abgelaufenen Woche in jeder Richtung befriedigend. Sowohl die für Brennstoffe als auch andere Güter angeforderten leeren offenen Wagen konnten ohne jeden Ausfall gestellt werden. Die Anforderung von bedeckten Wagen an der Ruhr war noch hoch; dagegen gingen die Eingänge an Kartoffeln zurück, da offenbar der Bedarf des Industriegebiets in weitem Umfange gedeckt ist. Wenn auch die Abgabe an leeren bedeckten Wagen von der Ruhr an die Kartoffelversandgebiete nicht mehr den bisherigen Umfang hatte, so waren infolge des niedrigen Eingangs an beladenen Wagen dieser Gattung die Bestände noch nicht so hoch daß der Bedarf voll gedeckt werden konnte. Es besteht jedoch die Aussicht, daß sich in kurzem die Gestellung von bedeckten Wagen fühlbar bessern wird. Für Kohlen, Koks und Briketts wurden in der vergangenen Woche im arbeitstäglichen Durchschnitt einschließlich der nachträglich bestellten Wagen 23 539 Wagen (ge⸗ rechnet zu je 10 t) angefordert und auch gestellt. (Höchstgestellung am 10. November 23 931). Im gleichen Zeitraum des Vorjahres betrug die Durcchschnittsgestellung 20 513 Wagen. Die Wasserwelle, welche die starken Niederschläge im ganzen Zufluß des Rheins zu Anfang voriger Woche mit sich brachten, läuft nur langsam ab, so daß die Wasserstandsverhältnisse für die Jahreszeit denkbar günstig sind. Die Verschiffungen sind denn auch ziemlich umfangreich, namentlich haben neuerdings wieder be⸗ deutende Transporte in englischen Kohlen für die süddeutschen Eisen⸗ bahnen ab Rotterdam eingesetzt. Die Leistungen an den Kippern der Duisburg⸗Ruhrorter Häfen betrugen 25 583 (24 212) t; der Brenn⸗ stoffumschlag in den privaten Nheinhäfen bezifferte sich auf 5671 (5444) t, derjenige in den Zechenhäfen der Kanäle auf 26 602 (28 186) t werktäglich.
— Die Roheisenpreise erfahren laut Meldung des „W. T. B.“ in Anwendung der festgelegten Kurs⸗ und Koksklausel sowie unter Berücksichtigung der inzwischen eingetretenen Spatpreis⸗ erhöhungen und der Steigerung der Fabrikationskosten für das dritte Monatsviertel des November (16.— 23) folgende Erhöhungen: Hämatit um 48 122 auf 143 365 ℳ, Cu⸗armes Stahleisen um 48 122 auf 142 697 ℳ, Gießereiroheisen I um 30 831 auf 110 173 ℳ, Gießereiroheisen III um 30 831 auf 110 103 ℳ, Siegerländer Stahl⸗ eisen um 26 714 auf 102 034 ℳ, Spiegeleisen um 33 638 auf 110 994 ℳ, Gießereiroheisen (Luxemburger Qualität) um 30 903 auf 105 465 ℳ, Ferrosilicium (10 %) um 58 765 auf 165 014 ℳ, Temper⸗ coheisen um 49 586 auf 141 005 ℳ.
— Der Verein deutscher Eisengießereien (Gießereiverband), Düsseldorf, hat laut Meldung des „W. T. B.“ mit Wirkung ab 16. November die bestehenden Preise für Bau⸗ und Maschinenguß um 30 vH plus 40 ℳ je Kilogramm, für Handelsguß um 50 vH erhöht.
— Der Aufsichtsrat der Vereinsbank in Hamburg be⸗ schloß laut Meldung des „W. T. B.“ das derzeitige Kapital von 125 Millionen Mark Stammaktien auf 250 Mil⸗ lionen Mark Stammaktien zu erhöhen durch Ausgabe von 125 Millionen Mark Stammaktien, von denen 50 Millionen Mark den alten Aktionären im Verhältnis von fünf zu eins mit Dividenden⸗
berechtigung ab 1. Januar 1923 zu einem noch festzusetzenden Kurse
anzubieten sind, und 75 Millionen Mark Stammaktien mit 25 vH Einzahlung ebenso wie die außerdem neu zu schaffenden 100 Millionen Mark Vorzugsaktien mit einfachem Stimmrecht und 25 vH Einzahlung an ein aus den Kreisen der Verwaltung zu bildendes Konsortium zu überlassen sind mit der Verpflichtung, sie nicht weiter zu begeben.
— Die Generalversammlung der Walter Hoene A⸗G. hat laut Meldung des „W. T. B.“ die Erhöhung des Kapitals um 20 Millionen Mark auf 40 Millionen Mark beschlossen. Die jungen Aktien werden von einem Konsortium über⸗ nommen, das unter Führung der Deutschen Bank steht, und dem ferner die Commerz⸗ und Privat⸗Bank sowie die Darmstädter und Nationalbank angehören. 16 Millionen Mark junge Aktien werden den alten Aktionären im Verhältnis von 5:4 zum Kurse von 300 vH angeboten; die restlichen vier Millionen Mark sollen zur Verfügung der Gesellschaft gehalten werden.
— Die Generalversammlung der Neckarsulmer Fahrzeug⸗ werke A.⸗G., Neckarsulm, in der 24 Aktionäre mit 38 396 Stimmen vertreten waren, beschloß die Erhöhung des Aktien⸗ kapitals um 41 Millionen auf 82 Millionen Mark durch Ausgabe von 39 000 Stück auf den Inhaber lautenden Stamm⸗ aktien und 2000 Stück auf den Namen lautenden Vorzugsaktien über je 1000 ℳ, gewinnanteilsberechtigt je ab 1. Oktober 1922, sowie die Umwandlung der bisherigen 1000 “ in auf den Inhaber lautende Stammaktien. — Die Aktien übernimmt ein Bankenkonsortium, das unter Ausschluß des unmittelbaren Bezugsrechts den seitherigen Aktionären die neuen Stammaktien zum Kurse von 200 vH im Verhältnis von 1:1 anbietet. Die Zeichnungen geschehen in der Zeit vom 25. November bis 9. Dezember 1922 bei den bekannten Stellen.
— In der Aufsichtsratssitzung der Danziger Credit⸗ anstalt A.⸗G., Danzig, wurde laut Meldung des „W. T. B.“ die Halbjahrsbilanz vorgelegt, die ebenso wie der Geschäftsgang der letzten Manate eine befriedigende Entwicklung des Instituts erkennen
infolge der starken Nachfrage nach der 7 % Mainzer Sta anleihe entschlossen, eine weitere Anleihe von 40 000 000 ℳ zu begeben, welche gleicher Weise ausgestattet ist wie die bisher begebenen 100 000 000 ℳ. Auch diese 40 000 000 ℳ werden von dem unter Führung des Bank⸗ hauses Mendelzsohn & Co., Berlin, stehenden Konsortium zum Ver⸗ kauf gestellt.
verändert), (Zun. 6 077 486), Notenumlauf 67 934 531 (Abn. 2 070 401) guthaben 8 066 354 (Zun. 2 877 633), (Zun. 5 316 761).
232 943 047 (232 208 162), Deckungsverhältnis 53,0 (49,9) vH.
15. November 1922
läßt. Gleichzeitig wurde beschlossen, einer auf den 6. Dezember ein⸗ zuberufeuden außerordentlichen Generalversammlung die Erhöhung des Grundkapitass mark vorzuschlagen.
auf 100 Millionen Reichs⸗
ch — Die Stadt Ma inz hat sich laut Meldung des „W. T B.* Stadt⸗
hinsichtlich Verzinsung, Tilgung und Sicherung in
lt. Der Verkaufpreis beträgt zunächst freibleibend 95 vH. — Die Interessengemeinschafrt deutscher Kakao⸗
und Schokoladefabriken G. m. b. H. (Ideka), Dresden, gibt bekann:, nisse (Ladenverkaufspreise) vom 16. November 1922 ab wie folgt geändert worden sind: Kakaopulver stark entölt, 2800 — 3600 ℳ per 1 kg, Kakaocpulver schwach entölt 3600 — 4400 ℳ per 1 kg, Vanille⸗ schokolade aus fester Masse, 40/60, 285 — 295 ℳ per 100 g, Vanilleschokolade 50/50 320 — 330 ℳ per 100 g, 50/50 350 — 375 ℳ per 100 g, Schmelzschokolade, bitter, 60/40 390 bis 410 ℳ per 100 g, Milchschokolade 390 — 410 ℳ per 100 g, schokolade 390 — 410 ℳ per 100 g, per 100 g, Mokkaschokolade 50/50 390 — 410 ℳ schokolade 290 — 310 ℳ per 100 g.
daß die Richtpreise für Kakaoerzeug⸗
g, Feine Schmelzschokolade
v, Nuß⸗ Milchnußschokolade 390 — 410 ℳ per 100 g, Creme (W. T. B.)
Budapest, 16. November. Wochenausweis des
Königlich ungarischen staatlichen Noteninstituts vom 7. November 1922 (in Klammern Zunahme und Abnahme im Ver⸗ gleich zu dem Stande am 31. Oktober) in tausend Kronen: Metall⸗ schatz 14 740 (Zun. 132), Noten der Oesterreichisch⸗Ungarischen Bank 18 227 314 (Zun. 1060), Postsparkassennoten 1 367 906 (Zun. Banknotennachahmungen 16 591 (unverändert), Wechsel, Warrants und Effekten E
132),
31 833 762 (Abn. 185 136), Darlehen gegen Handpfand 1 849 679 (Zun. 121 513). Vorschüsse an den Staat 12 000 000 (un⸗ Effekten 2283 (Zun. 164), sonstige Aktiven 23 631 559 Giro⸗ sonstige Passiven 12 810 752
Kopenhagen, 16. November. (W. T B.) Wochenausweis der Nationalbank in Kopenhagen vom 11. November (in Klammern der Stand vom 4. November) in Kronen: Goldbestand 228 290 2¼ (228 298 571), Silberbestand 4 652 806 (4 509 591), zusammen Notenumlauf 439 740 995 (466 117 201),
Stockholm, 16. November. (W. T. B.) Wochenausweis de
Schwedischen Reichsbank vom 14. November (in Klammer der Stand am 6. November) in Kronen: (273 939 172), davon Wechsel auf Inland 317 830 314 (323 909 411), davon Wechse auf Ausland 38 359 154 (566 443 077), Notenreserve 121 950 573 (106 435 267), guthaben 177 029 044 (175 581 924). .“
Metallvorrat 274 087 700
Ergänzungsnotendeckung 783 333 520 (794 477 967),
(47 793 252), Notenumlauf 551 224 827
Girokonto
Wagengestellung für Kobhle, Koks und Briketts am 15. November 1922:
Ruhrrevier Oberschlesisches Revier Anzahl der Wagen
Geltellt 22 097 2 364
Nicht gestellt.. 8 92 Beladen zurück⸗ 1
geliefert: 66 8
am 14. November 22 698
am 15. November 21 906
(Bericht von Gebr. Gaufe.) Berlin, den Butter. Infolge der andauernden Knapphei gingen die Preise abermals um 150 ℳ per Pfund höher. Die heutige amtliche Notierung ist: Ia Qualität 1250 ℳ IIa Qualit; —,— ℳ. — Margarine. Die Preise sind zurzeit 958 — 1137 ℳ ver Pfund, je nach Qualität. — Schmalz. Infolge der hoben Preise und der Unsicherheit der Marktlage war die Nachfrage seh gering Die Preise gingen im Einklang mit Devisenkursen zurück um heute plötzlich wieder anzuztehen. Die amerikanischen Fettwaren märkte waren sehr fest und die Packerforderungen wurden herauf gesetzt. Preise nominell. — Speck. Vorräte knapp. Preise fest.
Berlin, 16. November. (W. T. B.) Großhandels vreise in Berlinim Verkehrmitdem Einzelhandel offiziell festgestellt durch den Landesverband Berlin und Branden burg des Reichsverbands des Deutschen Nahrungsmittelgroßhandels E. V., Berlin. Die Preise verstehen sich für ½ kg ab Lage Berlin. Gerstenflocken, lose —,— bis —,— ℳ, Gerstengrauven lose 273,50 — 279 00 ℳ, Gerstengrütze lose 273,50 — 275,50 ℳ, Hafer flocken, lose 264,75 — 266,00 ℳ, Hafergrütze, lose 265,75 — 267,00 ℳ, Hafermehl, lose —,— ℳ, Kartoffelstärkemehl 125,00 — 135,00 ℳ Maisflocken, lose —,— bis —,— ℳ, Maisgrieß 228,25 — 229 50. Maismehl 223,25 — 224,50 ℳ Maispuder, lose 262 50 — 264,00 ℳ, Makkaroni, lose 317,00 — 320,00 ℳ, Schnittnudeln, lose 250 00 bis 290,00 ℳ, Reis —,— bis —,— Burmareis 295 00 bis 297,00 ℳ, glas. Tafelreis 299,00 — 444,00 ℳ, grober Bruch reis 206,50 — 246,00 ℳ, Reismehl, lose 235,00 — 239,00 ℳ, Reis grieß, lose 246,00 — 249,00 ℳ, Ringäpfel, amerik. 1099,00 — 1385,00 ℳ getr. Aprikosen, cal. 2600,00 — 2981,00 ℳ, getr. Birnen, cal. 1364 00
is 1582,00 ℳ, getr. Pfirsiche, cal. 1174 00 — 1589,00 ℳ, getr. Pflaumen 356,00 — 536,00., Korinthen, 1921 Ernte 1359,00 — 1418,00. ℳ Rosinen
kiup. carab., 1921 Ernte 784,00 — 973,00 ℳ, Sultaninen in Kisten, 1921
Ernte2182,00-2659,00 ℳ, Mandeln bittere 1070,00-1179,00, ℳ, Mandeln
süße 1 756,00 — 2053,00 ℳ, Kaneel 1934.00 — 3913,00 ℳ, Kümmel 1620,00 bis 2032,00 ℳ, schwarzer Pfeffer 1089,00 — 1114,00 ℳ, weißer Pfeffer 1476,00 — 1757,00 ℳ Kaffee prime roh 2005,00 — 2130,00 ℳ, Kaffee superior 1913 00 — 2000,00 ℳ, Bohnen, weiße 240,00 — 280,00 ℳ. Weizenmehl 220,00 — 245,00 ℳ, Speiseerbsen 278,00 — 303,25 ℳ, Weizengrieß 264,00 — 300,00 ℳ. Linsen 210,00 — 355,00 ℳ. Purelard 1330,00 — 1335,00 ℳ, Bratenschmalz 1290,00 — 1300,00 ℳ, Speck, ge⸗ salzen, fett 1180,00 — 1190,00 ℳ, Corned beef 12/6 lbs per Kiste 51 000 bis 51 200 ℳ, Marmelade 122,00 — 275,00 ℳ, Kunsthonig 139,00 bis 145,00 ℳ, Auslandszucker raffiniert 434,00 — 472,00 ℳ, Kernseife
—,— ℳ.
Speisefette
Berichte von auswärtigen Wertpapiermärkten.
Köln, 16. November. (W. T. B.) (Amtliche Devisenk Holland 2882,77 G., 2897,23 B., Frankreich 495,25 G. 197—75“Ne.; Belgien 457,85 G., 460,15 B. Amerika 7251,85 G., 7288,18 B.) England 32119,50 G. 32280,50 B., Schwei; 1931,66 G., 1338,34 B.⸗ Italien 329,12 G., 330,83 B., Bänemark 1421,43 G. 1428,57 B. Norwegen 1306,72 G., 1313,28 B., Schweden 1895,25 G., 1904,75 B.⸗ Spanten 1067,23 G., 1072,68 B. Prag 221,94 G., 223,06 B., Budapest 2,96 G., 2,98 B., Wien (neue) —,— G B.
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