isch, Alfred, Lehrer, Beufhen, O. S.,
It, Otto, Eisenbahnoberinspektor, Kreuzburg, O. S. oppe, August, Zimmerhäuer, Hindenburg, O. S., itsch, Gasanstaltsbesitzer, Rosenberg O. S.,
mula, Konradin, Superintendent, Beuthen, O. S., öring, Robert, Böttchermeister, Pitschen, Kr. Kreuzburg,
ck, Frl. Margarete, Privatangestellte, Groß Strehlitz, Storz, Paul, Oberlandmesser, Carlsruhe, Landkr. Oppeln, Knechtel, Paul, Kreisamtssekretär, Leobschütz, Councler, Otto, Kaufmann, Konstadt, Kr. Kreuzburg, Lewandowski, Eduard, Förster, Lowoschau, Kr. Rosen⸗
berg, O. S., Schlusche, Wilhelm, Schlossermeister, Gnadenfeld, Kr. Soppert, Karl, Justizdolmetscher, Kupp, Landkr. Oppeln,
— SSFSSSmn 9G SA
*
— —
—4
— — —
Kosel,
—
Herhudt, Frau Jenny, Neustadt, O. S. Wahlvorschlag Nr. 9. 8
olnisch⸗Katholische Partei Oberschlesiens.
Kennwort: Polnisch⸗Katholische Partei
Oberschlesiens.
Napieralski, Adam, Chefredakteur, Beuthen, O. S.,
Graf von Sierakowsti, Stanislaus, Rittergutsbesitzer,
Groß Wapplitz, Kr. Stuhm,
Pordzik, Ambrosius, Gewerkschaftssekretär, Hindenburg,
O. S., zel, Paul, Bes. Gemeindeschöffe, Hindenburg, O. S., etta, Anton, Kaufmann, Oppeln, z. ch, Josef, Häuer, Roßberg, Landkreis Beuthen, 7. Gallus, Josef, Verlagsvertreter, Beuthen, O. S. Abgeänderter Landeswahlvorschlag Nr. 1. Sozialdemokratische Partei Deutschlands. Kennwort: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (S. P. D.). „Voges, Felix, Staatlicher Hilfsförster, Wallendorf, Kr. Neidenburg, Woldt, Richard, Dozent, Elberfeld, „Haußherr, Otto, Verbandssekretär im Zentralverband der Angestellten Mahlsdorf (Ostbahn), Kähler, Frau Wilhelmine, Referentin im Reichswirtschafts⸗ ministerium, Berlin⸗Steglitz, Feige, Hans, Magistratssekretär, Breslau, Subke, Hugo Invalide, Berlin, Bernier, Wilhelm, verband, Berlin, . Dr. Grein, Heinrich, Studienrat, Neunkirchen (Saar) Stoll, Carl, Bürgermeister, Lauenburg (Elbe), Buchholz, Robert, Lehrer, Wittenberge, “ .Dr. Drucker, Alexander, Zahnarzt, Referent im Wohlfahrts⸗ ministerium, Charlottenburg,. Zucker, Frau Gertrud, städtische Beamtin, Charlottenburg, 8. Siering, Gustav, Kriminaloberwachtmeister, Düsseldorf, Mäüller, Heinrich, Arbeitersekretär, München⸗Gladbach. Abgeänderter Landeswahlvorschlag Nr. 4. Deutschnationale Volkspartei. Kennwort: Deutschnationale Volkspartei. Kimbel, Wilhelm Hoftischlermeister, Berlin, von Dickhuth⸗Harrach, Gustav, General d. Inf. a. D., Berlin⸗Wilmersdorf, Freiherr von Maltzahn, Jasvper, Präsident des Deutschen Seefischereivereins, Landrat a. D., Vanselow, Kr. Demmin, Leseune gen. Jung, Adolf Franz Paul, Syndikus, Berlin⸗ Wilmersdorf, von Bonin, Frau Dorothea Maria, Berlin, Büren, Gustav, Oekonomierat und Gutsbesitzer, Hilden, Schleifenbaum, Eduard, Kausmann, Langerfeld, Kr.
Schwelm,
Zimmermann, Friedenau, Kirchner, Martin, Wirkl. Geh. Obermedizinalrat, Berlin, Krause, Friedrich, Klempnermeister, Erkurt, Kreft, Karl, Gutszbesitzer, Vogelsang⸗Greifenhagen, Dr. Schmaltz, Reinhold, Geh. Regierungsrat an der Tierärztlichen Hochschule, Berlin. Landeswahlvorschlag Nr. 13. Vereinigte Sozialdemokratische Parte Deutschlands. Kennwort: Vereinigte Sozialdemokratische Partei. 1, Löbe, Paul, Präsident des Reichstags, Berlin, Seger, Frau Ella, Parteisekretärin, Cöpenick. Berlin, den 7. Dezember 1922. Der Landeswahlleiter. Dr. Saenger.
— — — NS
Verbandssekretär im
Landarbeiter⸗
Ministerialsekretär,
Bekanntmachung. Kolonialwarenhändler Eduard Engel⸗ hardt, geboren am 30. Dezember 1882 in Karbach. wohnhaft in Frankfurt a. M., Niddastraße Nr. 65, Geschäftslokal ebenda, wird hierdurch der Handel mit Gegenständen des täg⸗ lichen Bedarfs, insbesondere Nahrungs⸗ und Futtermitteln aller Art, ferner rohen Naturerzeugnissen, Heiz⸗ und Leuchtstoffen vom heutigen Tage ab wieder gestattet.
Frankfurt a. M., den 2. Dezember 1922. Der Polizeipräsident. Ehrler.
Dem
Bekanntmachung. 8 — Auf Grund der Bekanntmachung zur Fernhaltung unzuverlässiger Personen vom Handel vom 23. September 1915 habe ich dem Kaufmann Erich Amend — Inhaber der Firma Juera, Moltkestraße Nr. 31 — den Handel mit Gegenständen aus Gold, Silber, Platin sowie mit Edelsteinen und Perlen untersagt. Cassel, den 29. November 1922. Der Polizeipräsident.
Haackk.
Bekanntmachung.
Auf Grund der Bekanntmachung zur Fernhaltung unzuverlässiger Personen vom Handel vom 23. September 1915 habe ich dem Kellner Karl Mund — A ufkäufer der Firma K. Steinlauf in Caffel, Wolfsschlucht Nr. 6 — den hüede mit Edelsteinen, Gold⸗ und Silbergegen⸗ ständen, Platin und Perlen wegen Unzuberlässigkeit untersagt. 8 8 8
Cassel, den 1. Dezember 1922.
8
Der Polizeipräsident. Haack.
Bekanntmachung.
Auf Grund der Bekanntmachung zur Fernhaltung unzuverlässiger Personen vom Handel vom 23. September 1915 habe ich dem polnischen Staatsangehörigen Karl Steinlauf in Eassel, Wolfsschlucht Nr. 6, den Handel mit Edelsteinen, Gold⸗ und Silbergegenständen, Platin und Perlen wegen Unzuverlässigkeit untersagt. E11““ 8
gassel, den 1. Dezember 1922. Der Polizeipräsident. Haack.
von Eicke, Hans, Rittergutsbesitzer, Gläsen, Kr. Leobschütz, ““ G
Bekannkmachung. 1 Nachdem amtlich festgestellt worden ist, daß der guf mann Soika in Arnolosdorf, Kreis Neisse, trotz meiner wiererholten Verwarnungen. auch weiterhin unerlaubten Handel nach der Tschecho⸗ Slowakei betrieben hat, habe ich dem Genannten mit Wirkung vom 15. Dezember 1922 ab auf Grund der Verordnung des Bundesrats vom 23. September 1915 (RGBl. S. 603) den Handelsbetrieb mit Lebens⸗ und Fiiemnmnitteln sowie überhaunpt mit sämtlichen Gegenständen des täglichen Be⸗ dar ss unter sagt. “ Neisse, den 30. November 1922. 8
Der Landrat. von Ellerts.
Der Reichsrat versammelte sich heute zu einer Voll⸗ sitzung; vorher hielten die vereinigten Ausschüsse für Rechts⸗ pflege und für Volkswirtschaft, der Ausschuß für See wesen sowie die vereinigten Ausschüsse für Haushalt und Rechnungswesen und für Volkswirtschaft Sitzungen.
——
Die Ausfuhrmindestpreise für Bleiweiß (in Oel und in Pulver) sowie für Buchdruckwalzenmasse sind geändert. Näheres durch die Außenhandelsstelle Chemie in Berlin W. 10.
Deutscher Reichstag. 276. Sitzung vom 5. Dezember 1922. Nachtrag. “ Reichsjustizministers Dr. Heinze, die vor⸗ gestern nur auszugsweise nach dem Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverlegee veröffentlicht worden ist, hatte folgenden Wortlaut:
Meine Damen und Herren! Nachdem ich das Amt des Reichs⸗ justizministers wieder überommen habe, möchte ich die erste Rede in diesem hohen Hause nicht beginnen, ohne meinem Herrn Amts⸗ vorgänger trotz aller sachlichen Gegensätzlichkeiten, die mich von ihm trennen, den Dank für den Ernst und die Pflichttreue auszusprechen, mit denen er sich in dem Jahre, während dessen er als Reichsjustiz⸗ minister gewaltet hat, seinem Amt hingegeben hat. (Bravo!)
Was nun im einzelnen die Fragen angeht, die an mich gerichtet worden sind, so werden Sie einsehen, daß ich im Augenblick eine große Etatsrede nicht halten kann. Ich bin aber gern bereit, in der Kürze, die mir die Umstände gebieten, auf die Dinge einzugehen.
Der Herr Abgeordnete Rosenfeld hat zunächst gesagt, daß das, was die Rede des Herrn Reichskanzlers über die Justiz enthalten habe, sehr mager gewesen sei. Hochverehrte Damen und Herren, ich habe mich mit Bewußtsein bei der großen politischen Rede des Reichs⸗ kanzlers beschieden. Ich wollte Sie nicht zu sehr in die juristischen Details einführen und deswegen habe ich den Herrn Reichskanzler gebeten, nur die wenigen Worte über die Justiz zu sagen, die Sie aus seinem Munde vernommen haben. Bei einer Gelegenheit wie der, bei der er sprach, muß man die Aufmerksamkeit auf die ganz großen politischen Linien konzentrieren. Im übrigen glauben Sie nicht, daß ich die Dinge auf dem Gebiet der juristischen Politik nicht mit Eifer verfolgt habe und mit Eifer verfolgen werde! Ich bin aber, was die ganz große politische Richtung und die Justiz betrifft, der Ansicht, daß die großen politischen Fragen, um die sich alles dreht, die Fpagen unserer auswärtigen Politik und unserer Wirtschaftspolitik sind. Zunächst müssen wir wirtschaftlich in Ordnung kommen. Ich werde daher auch, was die Justiz angeht, vor allem wirtschaftliche Gesichtspunkte im Auge behalten und, da man nicht alles auf einmal anfassen kann, diejenigen Gesichtspunkte, die von der Wirtschaft und von den dringenden Fragen unserer Existenz mehr seitab liegen, zurücktreten lassen.
Es gibt innerhalb der Justiz ja eine große Anzahl von Haupt⸗ fragen, die den Justizminister bewegen. Ich weise darauf hin, daß wir heute im Rechtsausschuß ein wichtiges Gesetz begonnen haben, das Gesetz über die Jugendgerichtspflege. Ich weise darauf hin, daß dem Reichstag ein Gesetz über die Aenderung der Strafgerichts⸗ barkeit zugegangen ist und daß im Kabinett die große Gesetzgebung über das Strafrecht vorliegt. Alles das sind gewiß Dinge, hoch⸗ verehrte Anwesende, mit denen sich ein Justizminister auf das intensivste beschäftigen muß. Ich möchte Sie aber bitten, bei allen diesen Fragen mit mir die wirtschaftlichen Gesichtspunkte zu betonen und diese Fragen mit mir unter dem Gesichtspunkt unserer finanziellen Leistungsfähigkeit zusammen zu behandeln. (Beifall rechts und im Zentrum.) Es ist unmöglich, jetzt eine durchgreifende Justizreform durchzuführen, die wir finanziell einfach nicht ertragen können und in deren Folge unsere Valuta und unsere Finanzen weiter zerrüttet werden würden. (Sehr richtig! rechts. — Zuruf bei den Sozial⸗ demokraten.) Es ist das nicht alter Geist, sondern nur Erkenntnis der Notwendigkeiten. Ich bin zu ehrlich, un Ihnen hier Ver⸗ sprechungen zu machen, die ich nachher nicht einhalten kann. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Der alte Geist steht hinter Ihnen!) — Ich sehe nach vorn und nicht nach hinten. (Bravo! rechts.)
Eine der wirtschaftlichen Fragen, die mich ganz besonders be⸗ schäftigen werden, hat der Herr Vorredner, der Herr Abgeordnete Dr. Bell, berührt. Ich bin mir bewußt, daß die Rechtsanwaltschaft eine der Säulen der Rechtsprechung und des Rechtswesens ist und weiß ganz genau, in welcher außerordentlichen Schwierigkeit sie sich befindet. Ich habe von nahen Freunden in diesen Tagen bewegliche Klagen erhalten und habe die Dinge selbstverständlich auch in der letzten Zeit verfolgt. Ich kann dem hohen Haus die Versicherung geben, daß ich alles, was an mir liegt, tun werde, um die Rechts⸗ anwaltschaft auf der Höhe zu halten, auf die sie selbst und das Volk ein Recht haben. Ich kenne ihre wirtschaftlichen Nöte und werde mich bemühen, mit allen Maßnahmen, die ich als Justizminister ergreifen kann, hinter sie zu treten. Ich wiederhole: Ich bin mir des hohen Wertes und der Notwendigkeit einer hochstehenden Anwalt⸗ schaft für unser Rechtsleben bewußt.
Ich werde mich weiter einer Frage widmen, die von ganz besonderer Bedeutung ist und die beide Herren Vorredner nicht berührt haben. Das ist die große Frage der Verbindung unserer ordentlichen Gerichtsbarkeit mit dem sozialen Leben, die große Frage der Arbeitsgerichte. Es ist das eine Frage, bei der das Arbeits⸗
ministerium in erster Linie federführend ist, bei der aber der Juͤstit⸗
minister nicht zurücktreken darf. Ich werde mich bemühen, eine Ver⸗ bindung der verschiedenen Interessen so herbeizuführen, daß unsere Justiz tatsächlich nicht vom sozialen Leben losgesprengt, sondern in das soziale Leben hineinführt und von dem modernen Geist mit befruchtet wird. (Sehr gut! rechts.)
Der Herr Abgeordnete Dr. Rosenfeld hat verschiedene konkrete Fragen an mich gerichtet, vor allem die Frage nach dem Ehe⸗ scheidungsrecht. Ich habe auch diese Frage seit längerer Zeit ver⸗ folgt und bereits in meiner vorigen Amtsperiode die ersten ein⸗ leitenden Schritte nach dieser Richtung unternommen. Ich bin mir der großen Schwierigkeiten, die unser gegenwärtiges Ehescheidungs⸗ recht hat, bewußt. Ich bin selbst lange genug in der Ehescheidungs⸗ kammer und in dem Senat des Oberlandesgerichts, der die Ehe⸗ scheidungssachen behandelte, gewesen, um zu wissen, an welchen Fehlern unsere Rechtsprechung und unser Recht krankt. Ganz gewiß liegen hier Schäden vor, die niemand übersehen kann. Aber, hoch⸗ verehrte Anwesende, bezüglich des Ehescheidungsrechts stehen sich die Weltanschauungen innerhalb unseres Volkes schroff gegenüber, und so sehr ich geneigt bin, alles zu tun, um Schärfen zu mildern, so sehr werde ich mich davor hüten, große Volkskreise, die in ihrem Gewissen an diesen Fragen aufs tiefste beteiligt sind, wider ihren Willen vor den Kopf zu stoßen. (Bravo! bei der Deutschen Volks⸗ partei und im Zentrum.) Es wird meine Aufgabe sein, in diesen großen Interessenfragen die politische Vermittlung zu ergreifen, die Rechtslinie innezuhalten und dabei doch den Gewissensbedenken gerecht zu werden, die große Teile unseres Volkes bei diesen außer⸗ ordentlich intrikaten Fragen hegen.
Der Herr Abgeordnete ist dann weiter auf den Prozeß Fechenbach zu sprechen gekommen. Dieser Prozeß hat eine große außenpolitische Bedeutung. Wegen dieser außenpolitischen Bedeutung ist er dem Aus⸗ wärtigen Ausschuß überwiesen worden, und der Auswärtige Ausschuß hat ihn seinerseits einem Unterausschuß überwiesen. Ich bin erbötig, innerhalb des Unterausschusses und des Auswärtigen Ausschusses ein⸗ gehend auf alle einschlägigen Fragen einzugehen, und bin selbstverständ⸗ lich auch bereit, wenn die Interpellation hier im Reichstage eingebracht wird, sie zu beantworten. Ich möchte aber bei der Sachlage für mich in Anspruch nehmen, zunächst einmal alle Fragen zwar nicht in der Oeffentlichkeit, wohl aber in vollster Offenheit im Ausschusse für die auswärtigen Angelegenheiten zu klären.
Was den Fall Ehrhardt anlangt, so kann ich gegenüber Presse⸗ meldungen folgendes feststellen: Der Untersuchungsrichter, Reichs⸗ gerichtsrat Metz, ist in München gewesen, hat eine Persönlichkeit bei seinen Untersuchungen als Zeugen vorgeladen, hat während der Ver⸗ nehmung die Ueberzeugung bekommen, daß diese Persönlichkeit Ehr⸗ hardt sei⸗ und hat daraufhin von sich aus Chrhardt verhaftet. Die Münchener Polizei hat dabei durchaus ihre Pflicht getan und dem Reichsgerichtsrat alle Unterstützung zuteil werden lassen, die er von ihr gefordert hat. Alle gegenteiligen Ausführungen in der Frage haben keinen festen Untergrund. Die Sache Ehrhardt hat sich also, wie ich Ihnen dargelegt habe, absolut korrekt abgewickelt.
Der Herr Abgeordnete Dr. Rosenfeld hat dann weiter die Frage aufgeworfen, wie ich mich verhalten würde, wenn das Reichsrecht ver⸗ letzt würde. Meine Damen und Herren! Es ist meine Aufgabe, als Reichsjustizminister, ganz speziell dafür zu sorgen, daß das Reichsrecht überall durchgeführt wird. Sie können versichert sein, daß ich in diesem Punkte ganz außerordentlich empfindlich bin, und daß ich, wenn ich glaube, daß das Reichsrecht, und zwar auch die Tendenzen, die das Reichsrecht verfolgt, sei es in der Verfassung, sei es in den festgelegten Gesetzen, verletzt werden, so einschreiten werde, wie es mir die Verfassung gestattet. Ich bitte das hohe Haus, daß es mir dann in allen diesen Beziehungen, ganz gleichgültig welche Parteien davon betroffen werden, eine tatkräftige Unterstützung leiht.
Was nun schließlich die Klassenjustiz anlangt, so bin ich der Ansicht, daß die Klassenjustiz, soweit überhaupt noch davon gesprochen werden kann, selbstverständlich nicht bestehen darf. Ich bin der Ueber⸗ zeugung, daß es die Pflicht des Reichsjustizministers ist, die Justiz auf ein unparteiisches Niveau zu stellen, sie vor allem herauszuheben
aus den Parteikämpfen (sehr richtig! bei der Deutschen Volkspartei
und im Zentrum) und dem parteipolitichen Hader und sie zu dem zu machen, was sie bisher gewesen ist, das heißt zu einer unparteiischen Instanz, die die Gesetze in dem Geiste anwendet, in dem sie erlassen worden sind. Ich bitte das hohe Haus, mich in diesen meinen Be⸗ strebungen bei meiner Amtsführung zu unterstützen. (Beifall bei der Deutschen Volkspartei und im Zentrum.) ““
881 n91. „e .
——êö
277. Sitzung vom 6. Dezember 1922, Nachmittags 3 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Veveins deutscher Zeitungverleger.“* Eine Interpellation
Steigerung der Lebensmittelpreise wird laut Erklärung eines Regierungsvertreters innerhalb der geschäftsordnungsmäßigen Frist beantwortet werden.
Zur ersten Beratung steht der Entw urf eines Ge⸗ setzes zur Aen derung des Gesetzes über die Beschäftigung Schwerbeschädigter. Der Ent⸗ wurf will u. a. das e der Zustimmung der Haupt⸗ fürsorgestelle zu einer Kündigung gegenüber einem Schwer⸗ beschädigten als dauernde Bestimmung in das Gesetz auf⸗ nehmen. Die dem Arbeitgeber obliegende Verpflichtung zur Beschäftigung Schwerbeschädigter wird im Gesetz klar um⸗ rissen. Ganz neu sind Bestimmungen über Behandlung der Schwerbeschädigten bei Streiks und Aussperrung. Der
Arbeitgeber wird grundsätzlich verpflichtet, die an Streiks und
Aussperrungen beteiligten Schwerbeschädigten wieder ein⸗ zustellen, soll aber berechtigt sein, beim Vorliegen wichtiger
Gründe, worüber auf Autrag das Arbeitsgericht zu ent⸗
scheiden hat, die Wiedereinstellung abzulehnen. Reichsarbeitsminister Dr. Brauns legt dar, daß die bis⸗ herige Gesetzgebung über die Beschäftigung der Schwerbeschädigten sich bewährt habe in ihrem Grundgedanken, wonach die Arbeitgeber angehalten werden, etwa zwei Prozent ihrer Arbeitsplätze mit Schwerbeschädigten zu besetzen. Insgesamt gibt es in Deutschland etwa 250 000 Schwerkrieg beschädigte, dazu kommen weitere Schwer⸗ unfallbeschädigte in der Zahl von etwa 100 000. Zurzeit sind nur etwa 17 000 ohne Arbeit. Davon mag ungefähr die Hälfte dauernd
der Sozialdemokraten über die
arbeitsunfähig sein; die übrigen 8000 bis 9000 sind nicht deshalb
ohne Beschäftigung, weil sie keine Arbeitsplätze hätten — im Gegenteil, es seien etwa 22 000 Arbeitsplätze vorhanden —, sondern nur wegen Schwierigkeiten des Umzuges und wegen der Wohnungs⸗ not. Die anfänglichen Bedenken der Vertreter der Wirtschaft werden heute nicht mehr in dem alten Maßstabe aufrechterhalten, einmal weil nur im Notfall Zwangseinstellungen vorgenommen werden, und sodann, weil die Hauptfürsorgestellen mit Hilfe der *) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sird.
9 8
1
Berufsberatung diejenigen Stellen beseden, in denen sich die
Schwerbeschädigten dauernd nützlich machen.
Abg. Budjuhn (D. Nat.): Bei dem Abbau der Fürsorge⸗
stellen und Versorgungsämter man beschädigten Rücksicht nehmen. Reichsversorgungsgesetz? Redner beantrag
soll te
auf die Schwer⸗
Wie steht es mit der Novelle zum
t, die Vorlage dem
Ausschuß für Kriegsbeschädigte zu überweisen. Abg. Hoch (Soz.) beantragt Ueberweisung an den Aus⸗
schuß für Sozialpolitik.
Reichsarbeitsminister Dr. Brauns: Die Versorgungsämter müssen um⸗ und abgebaut werden, daran kann ich nichts ändern;
aber wir werden darauf Bedacht
nehmen,
daß die Schwer⸗
beschädigten anderweit untergebracht werden. Die Novpelle zum Versorgungsgesetz wird voraussichtlich noch im Laufe dieses Monats
beim Reichsrat eingehen.
Der Gesetzentwurf wird dem sozialpolitischen Ausschuß
überwiesen.
Hierauf setzt das Haus die
zweite
Lesung des
siebenten Nachtrags zum Reichshaushalts⸗
8
plan für 1922 bei den Forderungen
zum Haushalt des
Reichsverkehrsmi nisteriums, Abteilung:
Wasserstraßen, fort. Abg. Thomas weniger Arbeiter als im Jahre 1914. Selb
(Komm.): Das Kanalamt beschäftigt jetzt st die notwendigsten
Instandsetzungsarbeiten unterbleiben; an allen Ecken uünd Enden,
aber meist am unrechten Orte wird gespart,
nur die Bürokratie
hat goldene Tage. Auch die Gebührenpolitik des Kanalamts fordert
heraus.
Im Betriebe des Rechnungswesens, bei der
er Gehälter und Auslagen überwuchert an der Zentral⸗
das Schreibwerk in unheimlicher Weise.
Den Betriebsräten,
enen natürlich keiner Jus studiert hat, wird das Leben und
die Wahrnehmung ihrer Rechte weidlich schwer gemacht.
Die Forderungen für Wasserstraßen Reichswasserschutz werden mit den vom
gaträgten Absetzungen am Besoldungsplan bewilligt,
„ Kanalamt und Hauptausschuß be⸗ ebenso
ohne Aussprache die Forderungen für das Luft⸗ und Kraftfahr⸗
8 §
Zu de der deutschen Reichsbahn nimmit Abg. Höllein (Komm.):
kann man anerkennen, daß die so enorm erhöhten Eisenbahntarif
n Nachtragsforderungen für die Verwaltung
das Wort
Angesichts der Geldentwertung
noch hinter der Steigerung der Lebensmittelpreise und Bedarfs⸗
artikel zurückbleiben.
Die Urheber der Unrentabilität der Eisen⸗
bahn aber sind genau dieselben Kreise, die darüber entrüstete Klage erheben und die Privatisierung der Reichsbahn propagieren; es
sind die privilegierten Ausbeuter und Wucher die schwerindustriellen Milliardäre, die durch
er, die Stinnesleute, ihre schon über das
Niveau der Welkmarktpreise hinaus gesteigerten Produktenpreise das Defizit der Reichsbahn herbeiführen. Wo diese angenehmen Zeitgenossen hinaus wollen, wenn sie ihre Hände nach der Eisen⸗ dahn ausstrecken, erkennt man daran, daß sie für die ersten drei
und daneben nicht
Jahre völlige Tariffreiheit vergünstigungen verlangen;
am Verkehr
weitgehende Steuer⸗ und an dessen
Hebung liegt ihnen, sondern nur an der Steigerung des Wucher⸗
profits
An Personal und an den Löhnen aber soll nach ihren
Wünschen noch vielmehr abgebaut werden, und hier treffen sie
sich,
besonders in dem Verlangen nach ärgster Auspressung der
lebendigen Arbeitskraft mit Herrn Groener, da sind beide ein Herz
und eine Seele. Hat Herr Groener es doch nur den Raubbau an der Arbeitskraft fördern einzuführen. Personalbeschränkung ist schon von “ Groener duschgeführt worden, abe bürokratischen und unproduktiven Nichtstu sitzen, sondern unten, bei der bei der Arbeiterschaft, die man mit
schon verstanden, die den Fremden wieder in großem Umfange r nicht oben, wo die er und Oberspitzel
Angestelltenschaft und Hungerlöhnen
abspeist.
Den Achtstundentag versucht man auch in der Eisenbahnverwal⸗
tung zu beseitigen. Scheuel aller kapitalistischen Ausbeuter;
Der Achtstundentag ist eben das Greuel und und der
Allgemeine
deutsche Gewerkschaftsbund hat zu der Schandtat der neuen Dienst⸗
vorschriften seinen Segen gegeben, während d
er Deutsche Gewerk⸗
sFelse ang d. h. die christlichen Arbeiter, die als „gelbe“ ver⸗
rien sind, seine Zustimmung versagt hat.
Arbeiter lassen sich also von den gelben beschämen.
Die sozialistischen Herr Groener
hält „grundsätzlich“ den Achtstundentag aufrecht, durchbricht ihn
aber durch seine Die lichen Arbeit, so daß an manchen Stellen ei ein sechzehnstündiger Arbeitstag herauskomm
nstvorschriften über die Anrechnung der wirk⸗
n zwölfstündiger, ja t. Es ist Groeners
Art, wenn er ein Prinzip aufstellt, sich allerhand Hintertüren
offen zu halten.
22
Er sollte nur sein Büropersonal ebenso be⸗
handeln, dann müßten die Herren noch viel länger im Büro⸗
sitzen.
Sogar die Ruhezeit über Sonntag, die 382 Stunden be⸗
tragen soll, wird künstlich auf 24 Stunden verkürzt. Herr Groener könnte mehr sparen, wenn er die eiserne Hand, die er nach unten
zeigt, den parasitären Klassen zeigen w Schienen, Schwellen usw. wuchernd verteuern. sich in großzügigem Maße eine Streikbruch, das ist seine Parole. Was Herr C „Bahnschutz“ nennt, ist nichts anderes als ein aus solchen Lumpen besteht, die nach oben k unten treten. Auch eine regelrechte
Streikbrechergarde
Spitzelgarde
ollte, die die Kohle,
Herr Groener will beschaffen; broener euphemistisch e Knüppelgarde, die atzbuckeln und nach hat Herr
Groener. Dieser Spitzelsumpf ist in allen Behörden des Reiches
vorhanden. den Oberregierungsräten Spitzeln spart er nicht.
Die Spitzelberichte
Herr Groener ist ein Sparsamkeitsfanatiker, aber an und Oberbauräten
und an seinen
bilden die seidene
Schnur, mit der Herr Groener dann die angeblichen Hetzer um⸗
bringt. Wir werden dieses System aufs schä
rfste bekämpfen.
Abg. Kniest (Dem.): Im Interesse der ärmeren Bevölkerung die Tarife der vierten Klasse niedriger gehalten werden. Eine Fahrt auf der kurzen Strecke von Cassel nach Wilhelmshöhe
soll in vierter Klasse 20 ℳ kosten. Das ist ei
ne Ungeheuerlichkeit.
Der Nachtragsetat für die Reichseisenbahnen wird unver⸗
ändert angenommen. Eine Novelle zum Reichswah Aussprache an einen Ausschuß verwiesen.
Damit ist die Tagesordnung erschöpft. Nächste Sitzung Donnerstag, 2 Uhr
lgesetz wird ohne
(kleinere Vorlagen,
Nachtragsetat für das Post⸗ und das Wirtschaftsministerium).
Schluß 5 ¼ Uhr.
9
Preußischer Staatsrat. Sitzung vom 6. Dezember 1922. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)
9209 namens aller klärung ab:
Unter Mißachtung und völliger Verkennung der für Erfüllungsmöglichkeiten erstrebt die französischen Machthaber nach offen die Ablösung rheinischen Landes vom militärische Besetzung des
Fraktionen
der Grundlagen des Deu
ausg
des Staatsrats
Gewaltpolitik der
Reiche und rheinisch⸗westfälischen
Beginn der Vollsitzung gab der Graef
olgende Er⸗
Versailler Vertrags tschland gebliebenen heutigen Drohung weitere Industriegebiets.
esprochener
Als verfassungsmäßig berufene Vertretung der bedrohten Provinzen erhebt der preußische Staatsrat einmütig. festen Einspruch gegen solche
Absichten und Drohungen.
Mit stolzer Genugtuung
stellt der
Staatsrat fest, daß alle Lockungen und Einschüchterungsversuche am
Rhein entrüsteter Ablehnung begegnen. Treue der Rheinländer und i sein und zu bleiben, durch eine entschlossene Re gelohnt wird. Das Selbstbestimmungsrecht der
die Rheinlande gelten. (Lebh. Beifall.)
8
Er vertraut darauf, daß die ihr unerschütterlicher Wille, deutsch zu
ichspolitik gestützt und Völker muß auch für
Ohne Aussprache erteilte der Staatsrat seine Zustimmung zu dem Gesetzentwurf über Aenderung der Land⸗ 8enenee Wiesbaden, Frankfurt a. M. und Limburg sowie zu dem Entwurf über Aenderung des Ausführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz und über die Dienstvergehen der Beamten der Straf⸗ anstaltsverwaltungen, ebenso zu dem Entwurf einer Aenderung der Schieds mannsordnung, wonach die dort festgesetzten Schreibgebühren erhöht werden sollen.
Eine kurze Aussprache gab es zu dem Entwurf über Aenderung der Landgerichtsbezirke Flensburg, Kiel⸗ und Altona. Zu einem Aenderungsantrag des Ausschusses erklärte der
Vertreter des Justizministeriums, die Staats⸗ regierung sei zur Ueberzeugung gekommen, daß Flensburg bei Kiel zu belassen sei. Sonst müßte Kiel schadlos gehalten werden; das sei
nicht möglich. 8 . DOberbürgermeister Todsen⸗Flensburg bedauerte diese Er⸗ klärung im Interesse der Stärkung des Deutschtums. Das Land⸗ gericht Flensburg müsse erhalten bleiben.
Nach weiterer Aussprache wurde der Ausschußantrag ab⸗ gelehnt und die Regierungsvorlage gegen eine große Minder⸗ heit unverändert angenommen.
Nächste Sitzung: Donnerstag, 6 Uhr: Kleine Vorlagen. Die Verwaltungsreform wird erst am Sonnabend den Staatsrat
in einer Vollsitzung beschäftigen.
Parlamentarische Nachrichten.
Der 1e18 des ISH. be⸗ handelte gestern Cr einen Entwurf über Aende⸗ rungen des Postgesetzes. Laut Bericht des Nachrichten⸗ büros des Vereins Deutscher Zeitungsverleger wird darin dem Bedürfnis nach einer Reinigung der Gesetzessprache von über⸗ Uüsgigen Fremdwörtern genügt, indem beispielsweise das im alten Gesetz vorkommende Wort „rekommandiert“ durch ersetzt wird. Auch wurde, der Geldentwertung entsprechend, der Höchstbetrag, bis zu dem die Postverwaltung ür verlorene oder beschadigte Sendungen Ersatz leistet, heraufgesetzt. 8* den Aende⸗ rungen des Mindestsatzes der Geldstrafen wurde ebenfalls der Geld⸗ entwertung gefolgt. Des weiteren wurde in dem Gesetz der Reichs⸗ postminister verpflichtet, die Ersatzbeträge in dem Verhältnis der Gebührensteigerungen oder Gebührenermäßigungen neu estzusetzen, und zwar durch eine in der für Anordnungen des Reichspost⸗ ministeriums üblichen Weise zu veröffentlichende Bekanntmachung. Es soll bei der Neufestsetzung der Ersatzbeträge das zurzeit zwischen den Ersatzbeträgen und den Postgebühren bestehende Verhältnis zugrunde gelegt und dabei von dem zur Zeit des öes-v s ebe⸗ dieses Gesetzes geltenden Gebührensatz für ein 5⸗Kilopaket der ersten Zone und der Einschreibgebühr ausgegangen werden. — Bei der Beratung des Nachtragshaushalts des Reichs⸗ postministeriums berichtete Abg. Delius (Dem.) über den Etat. Abg. Pachnicke (Dem.) wandte sich gägen die Absicht der Postverwaktung, einen noch früheren Schalterschluß einzuführen und die Landbestellung noch mehr als jetzt einzuschränken. Diese Pläne seien um so weniger verständlich, als der Briefverkehr fast um die Hälfte zurückgegangen sei. In Berlin verzögere sich die erste Postbestellung gegen früher um eine halbe bis dreiviertel Stunde. Was früher möglich gewesen, müsse doch auch heute möglich sein, wenn energisch durchgegriffen werde. Die Bedürfnisse des wirtschaftlichen Lebens müßten in Land und Stadt ganz anders als bisher berücksichtigt werden. Beschwerden über mangel⸗ hafte Postbestellung brachten auch die Abgg. Frau Wurm (Soz.) und Schmidt⸗Stettin (D. Nat.) vor. Abg. Morath (D. V.) wies darauf hin, 89 die verzögerte Frühbestellung nicht nur ihre Ursache in nichtpünklichem Dienstantritt der bestellenden Beamten habe, sondern daß auch die Häuser jetzt nicht pünktlich wie in der Vorkriegszeit geöffnet würden, oder daß in den Geschäften noch keine Angestellten zur In⸗ empfangnahme der Frühpost anwesend seien. Dadurch werde eine zweimalige Bestellung notwendig. Redner befürwortete die Erleichterung der Abholungsbestimmungen. Reichspost⸗ minister Stingl versicherte, daß bei Abbau der Aus⸗ gaben für die Post die berechtigten Interessen des Landes nicht eschädigt werden würden. Selbstverständlich sei es Aufgabe des Ministers, den Postetat so zu gestalten, daß er möglichst balanziert. Aber alle darauf abzielenden Maßnahmen würden keinesfalls schematischer Natur sein, sondern es werde in jedem einzelnen Falle geprüft werden, ob mit der Durchführung der Sparmaß⸗ nahme nicht zu rechtfertigende Schädigungen der Bedürfnisse des flachen Landes verbunden seien. Auf die Städte übergehend wies alsdann der Minister auf die unpraktische Häufung der Auf⸗ lieferung der Postsachen in den Abendstunden hin und appellierte an die Einsicht der großen Geschäfte, für eine vernünftige Ver⸗ teilung der Auflieferung im Interesse der schnellen Abfertigung Sorge zu tragen. Auch die Abgeordneten Bruhn (D. Nat.) und Dr. Leicht (Zentr.) wandten sich gegen Einschränkung des Post⸗ betriebs 8” dem flachen Lande. Angenommen wurde eine Ent⸗ Füriebüng es Abgeordneten Allekotte (Zentr.), wonach die steichsregierung erwägen soll, ob das kostspielige, unzweckmäßige und den Postbetrieb technisch stark belastende System der Frankierung der Postsendung bei den Behörden durch Dienst⸗ marken nicht beseitigt und durch ein einfacheres und billigeres Verfahren ersetzt werden könne. Des weiteren wurde eine Ent⸗ schließung der Abgeordneten Delius (Dem.) und Kopsch (Dem.) angenommen, wonach die in einzelnen 2 inisterien über⸗ zählig werdenden Ministerialamtmänner oder mit Stellenwegfall⸗ vermerk verschenen Ministerialamtmänner usw. nach Möglichkeit den anderen Ministerien und besonders dem Rechnungshofe zur Vermeidung der Versetzungsposten und Kosten für auswärtige Beschäftigung überwiesen werden sollen. Alsdann wurde der Nachtragsetat für die Post erledigt.
Es folgte die Beratung des Nachtragsetats für das Reichsschatzministerium. Abg. Stücklen (Soz.) be⸗ richtete über die Tätigkeit der Reichsvermögens⸗ verwaltung für die besetzten rheinischen Ge⸗ biete. Er betonte, daß zurzeit mit Besatzungstruppen und behörden 207 Orte belegt seien, von denen nur 36 im Frieden belegt waren. Vom Reich mußten für die Besatzung in der Zeit vom Herb 1920 bis Sommer 1922, also in eindreiviertel Jahren, allein an Großmöbeln beschafft werden: 1400 Salons, 2600 Herren⸗ zimmer, 5000 Speisezimmer, 10 300, Schlafzimmer, 4600 Küchen, natürlich mit allem üblichen Zubehör, 180 Klubmöbelgarnituren, 2900 Klubsessel, 1800 Korbmöbelgarnituren, 6300 Korbsessel, 2100 Polstermöbelgarnituren, 1400 Polstersessel, 2300 Bettstellen ür Erwachsene, 3500 Kinderbetten, 3900 Kleiderschränke, 3400
zaschkommoden, 3000 Chaiselongues. Das alles seien, wohl⸗ bemerkt, nur Beschaffungen eines beschränkten Zeitraumes, dabei sei also nicht gerechnet alles, was vor⸗ und nachher vom Reich und den Städten beschafft werden mußte; nicht gerechnet sei ferner die große Anzahl von Möbeln in Schlössern und Privatwohnungen, ie noch im Gebrauch der Besatzung seien und der Bedarf für die kasernenmäßige Unterbringung. Redner führte dann eine Reihe besonders busfälliger Ziffern a, indem er darauf hinwies, daß beispielsweise in den angeführten eindreiviertel Jahren beschaftt werden mußten: 800 Damenschreibtische, 500 Frisiertoiletten, 200 Bidets, 16 000 Bügeleisen, 18 000 Teppiche, 17 500 Servietten, 6900 Speiseservice, 8900 Kaffeeservice, 36 000 Kaffeetassen, 4300 Teeservice, 4000 Teetassen, 25 000 Porzellanplatten, 72 000 Weiß⸗ weingläser, 51 000 Rotweingläser, 15 000 Portweingläser, 45 000 Sektgläser, 58 000 Likörgläser, 26 000 Biergläser, 9000 Wein⸗ karaffen. An Leinwandstoff für Bett⸗ und Tischwäsche der Be⸗
satzung hätten rund 3000 Kilometer Leinwandstoll ins besehte
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Gebiet wandern müssen. Abg. von GuFrarbs (Hentr.) betonte, daß diese Ziffernangaben nur 8— die Beschaffungen für eindrei⸗ viertel Jahre gelten. Die Lasten des Deutschen Reichs für die Besatzung und die Leiden der Bevölkerung in den beseyten Gebieten seien ungeheuer. Bezüglich der in Vo säleg bencee⸗ Erweiterund der Deutschen Werke A.⸗G. sprach sich Abg. v. 8 entschieden dagegen aus, daß eine Erweiterung des Fabrikations⸗ betriebes auf orthopädische Instrumente vorgenommen werde. Das nteresse des Handwerks vermieden werden. Ebenso gegen die Errichtung weiterer Zweigstellen as die Reichsvermögensverwaltung be⸗ Redner eine Ergänzung der Denkschrift über die Besatzungskosten und behielt der Besprechun des allge⸗ meinen Etats eine Erörterung darüber vor, daß die Reichs⸗ vermögensverwaltung dem Rei sministerium des Innern unter⸗ stellt werden solle, 1,8 auch der Reichs⸗ und Staatskommissar für die besetzten 8899 biete rrdcand Endlich verlangte
müsse im wandte sich Redner der Weulschen Werke. treffe, so verlangte der
Redner äußerste Beschleunigung der rückständigen Süe srcen an Unternehmer und Städte des besetzten Gebietes für hnungs⸗ bauten der Besgennn. Der Minister jagte Erfüllung dieser Wünsche zu. Bei dem Etatstitel der Reichstreuhand⸗ gesellschaft kam zur Sprache, daß das Reich an dem 30 Millionen betragenden Aktienkapital mit rund 1 Millionen Mark beteiligt sei. Hierauf seien bisher 25 vH eingezahlt worden. Der Aufsichtsrat der Reichstreuhandgesellschaft habe nunmehr die sofortige Einberufung der restlichen 75 ö des Aktienkapitals beschlossen. Das Reich sei daher zur Einzahlung des Restbetrages verpflichtee. Auf Anregung der Abgg. Klöckner (Bentr.), Schulz⸗Bromberg (D. Nat.), Dr. Quaatz (D. Vp.) und Dr. Gothein (Dem.) wurde eine arlamentarische Nachprüfung der Tätigleit der Reichstre erndgfse schaft beschlossen. Nach weiterer kurzer Debatte wurde der Nachtragsetat des Reichs⸗ schatzministeriums genehmigt.
— Im Steuerausschuß des Reichstags gab gestern der Reichsfinanzminister Dr. Hermes eine längere Erklärung ab, in der er die Pläne der Regierung bezüglich der Gestaltung der Steuern darlegte. Es handelt sich vor allem um die An⸗ passung der Steuern an die Geldentwertung und um die Erreichung einer schnelleren Einzahlung der Steuern. Der Minister führte, wie das Nachrichtenbüro des Vereins deutscher Zeitungsverleger berichtet, aus: Das Ihnen zurzeit vorliegende Gesetz wegen Aenderung des Einkommen⸗ steuergesetzes ist, wie seine erschiedenen Vorgänger, eine Folge der leider sich immer stärker geltend machenden Geld⸗ entwertung. Diese Geldentwertung muß aber nicht nur auf dem heute zur Beratung stehenden Sondergebiete, sondern auch auf eine Reihe von anderen Steuern sich auswirken, und zwar haupt⸗ sächlich hinsichtlich des Tarifs der Bewertungsvorschriften und der Maßnahmen für eine beschleunigte Einzahlung der Steuern. Ich beabsichtige, diese Fragen in einem besonderen Gesetze zu regeln, das dem Reichsrat und dem Reichstag so bald wie möglich vorgelegt werden soll. Allerdings wird eine Einzelfrage vorher schon behandelt werden müssen, nämlich die Abänderung des Gesebes über die Zwangsanleihe. Die Vorschrift in 24 des Zwangsanleihegesetzes, wonach die Bemessung des ertes der Wertpapiere nach dem durchschnittlichen Stande am Ende der ersten Hälfte der Jahre 1920, 21 und 22 bemessen werden so läßt sich unter den heutigen veränderten Verhältnissen nich mehr aufrecht erhalten. Der Gesetzentwurf, wie er zurzeit im Reichsrat vorliegt, sieht außerdem neben einer Verdopplung der Freigrenzen die Streichung der Vorschrift in § 27 des wangsauleihegesetzes vor, die eine Begrenzung des durch die wangsanleihe aufzubringenden Betrages enthielt. Nach dem Steuerkompromiß sollte bekanntlich im Wege der Zwangsanleihe der Gegenwert von einer Milliarde Goldmark aufgebracht werden. Ueber die Höhe des Papiermarkbetrages, der einer Milliarde Goldmark entspricht, gingen bereits bei Beratung des Zwangs⸗ anleihegesetzes die Meinungen sehr erheblich auseinander. Heute bei der so außerordentlich vorgeschrittenen Geldentwertung scheint mir die gesetzliche Festlegung eines bestimmten Betrages unmöglich. Es wird vielmehr die Lösung dieser Frage in einer entsprechenden Bemessung der Bewertungsvorschriften gesucht werden müssen. Beim Tarif⸗ problem kommt vor allem die Frage des Goldtarifs oder eines fonstigen in fester Werteinheit aufzustellenden Werttarifs in Frage. Hierüber ist aus Anlaß der im Rieichstag angenommenen Fntschlie ung in einer aus Gelehrten und Wirtschaftlern be⸗ stehenden Sachverständigenkommission eingehend gesprochen worden. Die überwiegende Mehrheit dieser Kommission hat die Festseruns eines sogenannten Goldtarifs für undurchführbar und volkswirtschaftli schädlich erklärt, insbesondere deshalb, weil genaue Indices für alle Einkommenarten nicht gefunden werden können, und weil die steuer⸗ liche Verwendung eines Index für die ganze Volkswirtschaft die Aus⸗ schaltung der Papiermark bedeuten würde. Es bleibt daher nur übrig, die Tarife von Fall zu Fall der Geldentwertung einiger⸗ maßen anzugleichen, wie dies bereits verschiedentlich bei der Einkommensteuer und im Juli d. J. auch für die Erbschafts⸗ steuer geschehen ist. Die neuerliche Anpassung der Einkommensteuer soll in dem Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf geschehen die Anpassung der Vermögenssteuer und der Erbschaftssteuer oll dem Gesetzentwurfe vorbehalten bleiben, der im allgemeinen die Aus⸗ wirkungen der Geldentwertung bei der Steuergesetzgebung berück⸗ sichtigt, und den ich Ihnen, wie bereits erwähnt, so bald wie möglich vorzulegen hoffe. Was die Bewertungsvorschriften anlangt, so wird eine anderweite Regelung der Vorschriften des § 59 à des Ein⸗ kommensteuergesetzes, der die sogenannten Ueberteuerungsrücklagen be⸗ handelt, in Aussicht genommen werden müssen. Außerdem wird zu erwägen sein, in welcher Weise die sogenannten eisernen Bestände beim Betriebsvermögen steuerlich zu bewerten sind. Bei der Erbschattssteuer wird für die Wertpapiere eine ähnliche Bewertung einzutreten haben, wie ich sie für die Zwangsanleihe angedeutet habe. Eine der wichtigsten Fragen, die es zu regeln gibt, ist das Zahlungsproblem. Es wird in weiten Kreisen als ungerecht empfunden, daß Lohn⸗ und Gehalls⸗ empsänger den Lohnabzug und damit ihre Einkommensteuer ganz oder zu wesentlichen Teilen unmittelbar und mit dem gleichen Gelde be⸗ zahlen, in dem sie Lohn und Gehalt empfangen, während die übrigen Steuerpflichtigen ihrer Steuerpflicht erst später und bei sort⸗ schreilender Geldentwertung mit schlechterem Gelde genügen können. Ein gewisser Ausgleich ist zwar durch die sogenannten Vorauszahlungen geschaffen, allein, er scheint mir bei heutigen Verhältnissen nicht mehr zu genügen. es vielmehr für notwendig, daß auch die Einkommensteuer, die durch Veranlagung festgestellt wird, so bald wie möglich entrichtet wird. Diese Möglichkeit besteht in dem Zeitpunkt, in dem das Ein⸗ kommen eines Kalenderjahres feststeht, d. i. im Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung. Ich beabsichtige deshalb, eine gesetzliche Regelung dahin vorzuschlaàgen, daß jeder Steuerpflichtige gleichzeitig mit de Steuererklärung den Betrag einzuzahlen hat, den er nach seiner eigenen Steuererklärung an Einkommensteuer schuldet, soweit er nicht durch Vorauszahlung oder einen etwaigen Lohnabzug gedeckt ist. Um dieser Vorschrift den gebotenen Nachdruck zu verleihen, soll, wenn die Entrichtung der Steuer nicht zu dem vor⸗ geschriebenen Zeitpunkt erfolgt, für jeden angefangenen oder vollen Monat ein Zuschlag von 10 vH zu zahlen sein. Auch für die rechtzeitige Einzahlung der Vorauszahlungen sowie der Körpe schaftssteuer, der Vermögenssteuer und der Erbschaftssteuer wi dadurch Sorge zu tragen sein, daß auch hier für verspätete Zahlungen ein Zuschlag von 10 vH für jeden Monat erhoben wird. Die Maß⸗ nahmen erfordern. wie sich aus der Natur der Dinge ergibt, ein rasches Handeln; ich werde mich deshalb bemühen, die Gesetzentwürf soweit sie nicht bereits vorliegen, Ihnen möglichst rasch zuzuleiten, und darf ich mir nur, meine Damen und Herren, die ergebenste Bitte gestatten, daß auch Sie die Beratung der Entwürfe so rasch durch⸗ führen, daß sie noch vor Beginn der Veranlagungen im Jahre 192 Gesetzeskraft erlangen können.
Nach der Rede des Finanzministers setzte eine längere General⸗ ion über die Regierungsvorlage ein. Hierbei wurden die Tarif⸗
diskuss fragen im allgemeinen besprochen. Die ung des Tariss