1922 / 286 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 18 Dec 1922 18:00:01 GMT) scan diff

Preußen. 8

Der Gemeinde Kinheim, Kreis Wittlich, wird hier⸗ durch auf Grund des Gesetzes vom 11. Juni 1874 (Gesetzsamml. S. 221) das Recht verliehen, zur Erweiterung eines Fried⸗ hofs das im Grundhuch von Kinheim Band 1 Blatt 29 unter Nr. 8 eingetragene Grundstück Kartenblatt 2 Parzelle 1192 und das im Grundbuch von Kinheim Band 23 Blatt 665 unter Nr. 26 eingetragene Grundstück Kartenblatt 2 Parzelle 3522/1309 im Wege der Enteignung zu erwerben oder, soweit dies aus⸗ reicht, mit einer dauernden Beschränkung zu belasten. Auf staatliche Grundstücke und staatliche Rechte an fremden Grund⸗ stücken findet dieses Recht keine Anwendung.

Berlin, den 14. Dezember 1922.

Das Preußische Staatsministerium. Zugleich für den Minister für Handel und Gewerbe 8 und den Minister für Volkswohlfahrt. Der Minister des Innern. Severing. 18

Verordnung über Veränderung der Teuerungszuschläge zu den Gerichtsgebühren, den Gebühren der Notare und den landesgesetzlichen Gebühren der Rechtsanwälte und der Gerichtsvollzieher.

Vom 15. Dezember 1922.

(Veröffentlicht in der am 16. Dezember ausgegebenen Nr. 54 der Pr. Gesetzsamml. S. 445.)

Auf Grund der Ermächtigungen im Artikel IV des Ge⸗ setzes vom 28. Oktober 1922, betreffend Abänderung des Preußischen Gerichtskostengesetzes vom 25. Juli 1910 (Gesetz⸗ samml. S. 335), im Artikel II des Gesetzes vom 28. Oktober 1922, betreffend Abänderung der Gebührenordnung für Notare vom 25. Juli 1910 (Gesetzsamml. S. 355) und im Artikel III- des Gesetzes vom 28. Okiober 1922, betreffend Abänderung des Gesetzes, enthaltend die landesgesetzlichen Vorschriften über die Gebühren der Rechtsanwälte und der Gerichtsvollzieher, vom 21. März 1910 (Gesetzsamml. S. 359) wird folgendes verordnet:

§ 1.

Die im Artikel IV des Gesetzes vom 28. Oktober 1922, be⸗ treffend Abänderung des Preußischen Gerichtskostengesetzes vom 25. Juli 1910 (Gesetzsamml. S. 335), im Artikel 1I des Gesetzes vom 28. Oktober 192, betreffend Abänderung der Gebührenordnung für Notare vom 25. Juli 1910 (Gesetzzamml. S. 355), und im Artikel III des Gesetzes vom 28. Oktober 1922, betreffend Ab⸗ änderung des Gesetzes, enthaltend die landesgesetzlichen Vorschriften über die Gebühren der Rechtsanwälte und der Gerichtsvollzieher, vom 21 März 1910 (Gesetzsamml. S. 359) vorgesehenen Teuerungs⸗ zuschläge von 400 vH und 650 vH werden auf 600 vH und 900 vH erhöht.

§ 2

Diese Verordnung tritt am 16. Dezember 1922 in Kraft. Die Vorschriften des § 138 Abs. 1 des Preußischen Gerichtskostengesetzes vom 28. Oktober 1922 (Gesetzsamml. S. 363), des § 27 Abi. l der Gebührenordnung für Notare vom 28. Oktober 1922 (Gesetzsamml. S. 404) und des Artikels 1I des Gesetzes vom 28. Oktober 1922, betreffend Abänderung des Gesetzes, enthaltend die landesgesetzlichen Vorschriften über die Gebühren der Rechtsanwälte und der Gerichts⸗ vollzieher, vom 21. März 1910 (Gesetzlamml. S. 359) finden ent⸗ sprechende Anwendung.

Berlin, den 15. Dezember 1922.

Das Preußische Staatsministerium.

Braun. am Zehnhoff, zugleich für den Finanzminister.

Preußischer Landtag.

Der Verwaltungsobersekretär Demuth ist zum Landtags⸗ sekretär ernannt worden.

Finanzministerium.

Der Diplomingenieur Quint ist zum zweiten Münz⸗ ingenieur bei der Preußischen Staatsmünze ernannt worden.

Ministerium des Innern.

Der Kreissyndikus Dr. Pomp in Aachen ist zum Re⸗ gierungsrat ernannt worden.

Justizministerium. Verordnung über Erhöhung der Schreib⸗ und Rechnungsgebühren des Preußischen Gerichtskostengesetzes und der Schreibgebühren der Gebührenordnung für Notare. Vom 11. Dezember 1922. 8 (Veröfsentlicht in der am 16. Dezember ausgegebenen Nr. 54 der Preuß. Gesetzsamml. S. 445.) Auf Grund der Ermächtigungen in § 110 Abs. 1 und 88 114 Abs. 1 des Preußischen Gerichtskostengesetzes vom .Oktober 1922 ö S. 363) und im § Abs. 2 der Gebührenordnung für Notare vom 28. Oktober 1922 (Gesetzsamml. S. 404) wird folgendes bestimmt:

§ 1.

Die im § 110 Abs. 1 des Preußischen Gerichtskostengesetzes vom 28. Oktober 1922 und im § 20 Abs. 2 der Gebührenordnung für Notare vom 28. Oktober 1922 vorgesehene Schreibgebühr von 10 für die Seite wird auf 50 für die Seite erhöht.

Die im § 114 Abs. 1 des Preußischen Gerichtskostengesetzes vom 28. Oktober 1922 vorgesehene, auf 30 bis 100 bemessene Stunden⸗ gebühr wird auf 50 bis 150 erhöht.

Die Verordnung tritt am 16. Dezember 1922 in Kraft.

Berlin, den 11. Dezember 1922. Der Justizminister.

am Zehnhoff. 3 ff

Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung.

Der bisherige außerordentliche Professor in der philo⸗ sophischen Fakultät der Universität in Göttingen Dr. Kötz ist zum ordentlichen Professor in derselben Fakultät und

der Leiter des Mineralölchemischen Instituts der Gesell⸗ schaft für Braunkohlen⸗ und Mineralölforschung Dr. Frank in Berlin zum Honorarprofessor bei der Technischen Hochschule Berlin ernannt worden.

„Die Wahlen des Studienrats Dr. Röhrscheidt an dem Friedrich⸗Wilhelm⸗Gymnasium in Köln zum Oberstudiendirektor

des Stadtgymnasiums in Halle a. S., des Studienrats Schulze an der städtischen Victoria Luisenschule in Berlin⸗ Wilmersdorf zum Oberstudienrat an dieser Anstalt, des Studienrats Kropp an der städtischen Oberrealschule I in Bochum zum Oberstudienrat an dieser Anstalt und der Studien⸗ rätin Röhn an dem städtischen Pestalozzi⸗Lyzeum nebst Ober⸗

lyvzeum in Berlin⸗Lichtenberg zur Oberstudienrätin an dieser

Anstalt sind bestätigt worden.

H„ ekanntmachung.

Auf Grund der Bekanntmachung zur Fernhaltung unzuverlässiger vom Handel vom 23. September 1915 (RGBl. S. 603) abe ich dem Kaufmann Paul Löck in Berlin, Madai⸗ straße 15, durch Verfügung vom beutigen Tage den Handel mit Gegenständen des täglichen Bedarfs wegen Un⸗ zuverlässigkeit in bezug auf diesen Handelsbetrieb untersagt.

Berlin, den 8. Dezember 1922. Der Polizeipräsident. Abteilung W. J. V.: von Philipsborn.

—.—

Bekanntmachung.

Der Inhaberin der Schankwirtschaft Kleine Groschengasse Nr 40. Frau Anna Kahl, geb. Schmidt, ist auf Grund der Bundesratsverordnung vom 23. September 1915 die Abgabe von Speisen und Getränken jeder Art wegen Unzuverlässigkeit untersagt und die Schließung des Schankbetriebes angeordnet worden.

Breslau, den 13. Dezember 1922.

er Polizeipräsident: J. V.: Dr. Sim

Bekanntmachung.

Dem Materialwarenhändler Wilhelm Kramp in Drawehn, Kreis Bublitz, habe ich durch heutige Verfügung auf Grund der Bekanntmachung über Fernhaltung unzuverlässiger Personen vom Handel vom 23. September 1915 (RGBl. S. 603) den Handel mit Gegenständen des täglichen Be⸗ darfs, insbesondere mit sämtlichen Material⸗, Kolonial⸗ und Tabakwaren, wegen Unzuverlässigkeit in bezug auf diesen Handel untersagt.

Bublitz, den 13. Dezember 1922.

Der Landrat. Dr. Mallmann.

Bekanntmachung.

Dem Rohproduktenhändler Willy Voigt in Halle, Geiststraße 39, ist auf Grund des § 1 der Verordnung des stellvertretenden Reichskanzlers vom 23. September 1915 der Handel mit altem Metallgerät, aller Art Metallbruch und dergleichen wegen Unzuverlässigkeit untersagt worden.

Halle, den 15. Dezember 1922.

Die Polizeiverwaltung. J. A.: Schulte.

Bekanntmachung. 89

Auf Grund der Bekanntmachung zur Fernhaltung unzuverlässiger Fee dahcs vom Handel vom 23 September 1915 (RGBl. S 603) abe ich dem Schlächtermeister Max Boebel, Nowawes, Kaiser⸗Wilhelm⸗Straße 21, durch Verfügung vom heutigen Tage den Handel mit Gegenständen des täglichen Bedarfs wegen Unzuverlässigkeit in bezug auf diesen Handelsbetrieb unter⸗ sagt und seinen Betrieb geschlossen. 1

Polsdam, den 14. Dezember 1922.

Der Polizeipräsident. von Zitzewitz.

Bekanntmachung.

Dem Handelsmann Karl Haake aus Drolsen wird hiermit auf Grund des § 1 der Bekanntmachung zur Fern⸗ baltung unzuverlässiger Personen vom Handel vom 23. September 1915 (RGBl. S 603) wegen Preist eiberei mit Kartoffeln (Ver⸗ gehen gegen die Verordnung vom 8. Mai 1918) der Handel mit Lebens⸗ und Futtermitteln und mit Kartoffeln für das Gebiet des Deutschen Reichs untersag Revppen, den 13. Dezember 1922.

Der Landrat.

Bekanntmachung.

Auf Grund der Bekanntmachung zur Fernhaltung unzuverlässiger Personen vom Handel vom 23. September 1915 (R7REBl. S. 603) haben wir dem August Winnen in Siegen, Hitschelsbach 31, durch Verfügung vom heutigen Tage den Handel mit altem Metallgerät, mit Metallbruch oder dergleichen Unzuverlässigkeit in bezug auf diesen Handelsbetrieb unter⸗ agt. 1 Siegen, den 6. Dezember 1922. Die Polizeiverwaltung. J. V.: Dr. Rohde.

Bekanntmachung.

Auf Grund der Bundesratsverordnung vom 23. September 1915, betreffend die Fernhaltung unzuverlässiger Personen vom Handel (RGBl. Seite 603) haben wir dem Althändler August Müller in Unna, Vaersthauser Straße Nr 15, durch Verfügung vom heutigen Tage den Handel mit gebrauchten Kleidern, gebrauchten Betten oder gebrauchter Wäsche, Kleinhandel mit altem Metallgeräte, mit Metallbruch oder der⸗ gleichen wegen Unzuverlässigkeit in bezug auf diesen Handelsbetrieb untersagt.

Unna, den 13. Dezember 1922. Die Polizeiverwaltung. Brüller.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Der Reichsrat versammelte sich heute zu einer Voll⸗ sitzung; vorher hielten die vereinigten Ausschüsse für Steuer⸗ und Zollwesen, für Volkswirtschaft und für Rechtspflege, der Ausschuß für Rechtspflege sowie die vereinigten Ausschüsse für Haushalt und Rechnungswesen, für Volkswirtschaft, für innere Verwaltung, für Verkehrswesen, für Steuer⸗ und Zollwesen, für Rechtspflege, für Reichswehrangelegenheiten und für See⸗ wesen Sitzungen.

Die Ausfuhrmindestpreise für Steinnuß⸗ und für Hornknöpfe werden mit Wirkung vom 20. Dezember d. J. herabgesetzt.

Für die Ausfuhr von Perlmutterknöpfen sind mit Wirkung vom 20. Dezember d. J. und für die Ausfuhr von Holzrollen, Holzspulen mit sofortiger Wirkung Richtlinien fest⸗ gesetzt worden, die sich auf die Fakturierung nach dem nieder⸗ valutarischen Auslande beziehen.

Nähere Auskunft erteilt die Außenhandelsstelle für Sniß und Formerstoffe und Knöpfe, Berlin SW. 68, Schützenstraße

Für Lithopone und Zinkweiß Rotsiegel sowie für Mineral⸗ Wasser und Flaschen sind die Ausfuhrmindestpreise geändert. Näheres durch die Außenhandelstelle Chemie in Berlin W. 10.

Deutscher Reichstag. h2282. Sitzung vom 14. Dezember 1922. 8 Nachtrag.

Bei der zweiten Beratung der Novelle zum Einkommen⸗ steuergesetz hat der Reichsminister der Finanzen Dr. Hermes die folgenden Ausführungen gemacht:

Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir zu der zur Erörterung stehenden Vorlage ein kurzes grundsätzliches Wort. Der im 11. Ausschuß beratene Entwurf eines Gesetzes zur Aenderung des Einkommensteuergesetzes hat sich zum Ziele gesetzt, bei der Einkommensteuer die seit der letzten Novelle in außer⸗ gewöhnlichem Maße zugenommene Geldentwertung zu berücksich⸗ tigen. Die Reichsregierung hat zu diesem Zweck vorgeschlagen, den Tarif in mäßigem Umfange auseinanderzuziehen und ins⸗ besondere die Grenze für den Lohnabzug so zu erhöhen, daß die größte Menge der Lohnbezieher mit ihrem Einkommen im Jahre 1922 aus der Veranlagung herausbleibt. Weiter ist für 1923 eine recht starke Erhöhung der Abzüge für Werbungskosten und für Familienstand vorgesehen und der Tarif entsprechend ge⸗ staltet worden.

Im 11. Ausschuß sind an den Vorschlägen der Reichs⸗ regierung sehr wesentliche Aenderungen vorgenommen worden. Der Ausschuß ist davon ausgegangen, daß der Grad der Geld⸗ entwertung eine weitere Auseinanderziehung der Tarife und eine Erhöhung der Tarife für 1923 erforderlich mache. Man kann nun gewiß zugeben, daß die Aenderungen, die von Zeit zu Zeit an dem ursprüngliche Einkommensteuertarif vorgenommen werden mußten, an sich niemals ausreichten, einen wirklichen Aus⸗ gleich gegenüber der Geldentwertung herbeizuführen. Man kann durchaus den Satz aussprechen, daß diese zahlenmäßigen Er⸗ mäßigungen tatsächlich keine Herabsetzung der Steuerlast, sondern eine ständige Steigerung bedeuteten. (Sehr richtig! rechts.) Ich bin aber der Auffassung, daß angesichts unserer Finanzlage und unter Berücksichtigung der so schwierig gewordenen Lage von Ländern und Gemeinden eine schematische Anpassung an die Geld⸗ entwertung überhaupt nicht das Ziel unserer Abänderungsgesetze sein kann. Vielmehr gilt es nur, die unzweifelhaften Ueber⸗ lastungen zu beseitigen und ständig nachzuprüfen, welche Steuer⸗ staffel unter den wirtschaftlichen Verhältnissen noch irgendwie ver⸗ antwortet werden kann. Gerade im gegenwärtigen Augenblick dürfte bei der Prüfung dieser Frage eine besondere Zurück⸗ haltung geboten sein. Sie alle wissen, daß die Einkommensteuer nur zu einem kleinen Teile in die Reichskasse fließt und zum größeren Teile bestimmt ist, Mittel für Länder und Gemeinden zur Verfügung zu stellen. Es liegt Ihnen ja eine Novelle zum Landessteuergesetz vor, die in ihren Vorschriften und in der bei⸗ gegebenen Begründung genugsam beweist, von wie großer Be⸗ deutung für Länder und Gemeinden gerade die Beteiligung an der Einkommensteuer ist.

Bei diesem starken Interesse von Ländern und Gemeinden muß der Tarif möglichst so gestaltet werden, daß aus der Ein⸗ kommensteuer diejenigen Einnahmen herausgezogen werden können, die irgendwie wirtschaftlich noch zu verantworten sind.

Auch nach ernster Abwägung der im Regierungsentwurf ge⸗ machten Vorschläge und der Beschlüsse des Ausschusses möchte ich glauben, daß sich eine unbedingte Nonvendigkeit für das Aus⸗ maß der Abäaänderungen im Steuerausschuß nicht nachweisen läßt. (Hört! Hört! links.) Ich möchte vielmehr glauben, daß zum mindesten für die nächste Zeit auch die Vorschriften des Regierungsentwurfs genügen, um eine Ueberlastung zu ver⸗ meiden, und daß es richtig wäre, sich nach Maßgabe der etwa weiter fortschreitenden Geldentwertung und in Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse eine Nachprüfung zur gegebenen Zeit vorzubehalten. Man sollte deshalb nach meiner Auffassung zunächst an dem Tarif festhalten und die nächsten Monate ab⸗ warten, ehe man zu einer endgültigen Stellungnahme kommt.

Ich muß nun zugeben, daß der hier im Plenum eingebrachte Antrag Nr. 5398, der eine nicht unwesentliche Abänderung des Beschlusses des 11. Ausschusses, und zwar in der Richtung der Regierungsvorlage bedeutet, die hier vorgetragenen Bedenken in etwa vermindert, bin aber trotzdem der Meinung, daß sie nicht völlig ausgeräumt sind, und darf daher die Bitte an das hohe Haus richten, den Regierungsentwurf wiederherzustellen.

—,—

285. Sitzung vom 16. Dezember 1922, Vormittags 10 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger“*).)

Die Interpellationen der Sozialdemokratie, betreffend Schulaufsichtsgesetz in Bayern, und betreffend das Urteil im Harden⸗ prozeß werden laut Erklärung der Regierung innerhalb der geschäftsordnungsmäßigen Frist werden.

Die Lügr 1 über Erhöhung der Zu⸗ lagen in der Unfallversicherung wird debattelos dem Ausschuß für Sozialpolitik überwiesen.

Es folgt die zweite Beratung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend Aenderung des Ge⸗ richtskostengesetzes der Gerichts⸗ kosten und Vorausbezahlung der Kosten als Voraussetzung der Anberaumung eines Termin s). Der Ausschuß ha die Vorlage im wesentlichen unverändert angenommen.

Abg. Dr. Herzfeld (Komm.): Sonst heißt es: „erst Ware, dann Geld“, hier 82 umgekehrt: ürc G Werft. de Justiz soll zur Ware gemacht werden, die voraus bezahlt werden muß. Dabei sollen die Aermsten am meisten, die Reichsten am wenigsten bezahlen. Bei Millionenobjekten werden nur zwei Prozent Kosten gefordert. Es ist selbstverständlich, daß wir solche Vorzage ablehnen.

Der Gesetzentwurf wird gegen die Stimmen der Kommunisten in zweiter und gleich danach in dritter Lesung und in der Gesamtabstimmung angenommen.

Es folgt die dritte Lesung der Novelle zum Einkommensteuergesetz.

*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehober der Herren Manecen Jir 1n Kerealse webemarben dnn es

Die Sozialdemokraten haben ihren Antrag aus zweiter Lesung wiederholt. Abg. Soldmann ⸗Franken (Soz.): Im Auftrage der Sozialdemokratischen Fraktion habe ich folgende Erklärung ab⸗ zugeben: Die jetzige Neuregelung des Einkommensteuergesetzes ist eine wesentliche Verschärfung des Steuerunrechts, das die Geld⸗ entwertung in Verbindung mit der langsamen Einziehung der Einkommensteuer geschaffen hat. Während die Steuerlast für die Lohn⸗ und Gehaltsempfänger von Monat zu Monat sich absolut und relativ steigert, hat sich die der Veranlagungspflichtigen, ins⸗ besondere der Sachwertbesitzer in demselben Maße verringert. Im Oktober 1922 haben die Lohnsteuerpflichtigen fast 72 % der ge⸗ samten Einkommensteuer aufgebracht gegenüber 20 % im Jahte 1920 und 33 % im Jahre 1921. Unter diesen Umständen ist die rückwirkende Ermäßigung der Einkommensteuer für die Ver⸗ anlagungspflichtigen durch die Aenderung des Steuertarifs für das Jahr 1922 eine bewußte Bevorzugung gegenüber den Lohn⸗ und Gehaltsempfängern. Das tritt besonders deutlich hervor, da die Parteien, die für die Veranlagungspflichtigen eine weitgehende Milderung der Steuerpflicht rückwirkend für das Jahr 1922 be⸗ schlossen haben, es für Lohn⸗ und Gehaltsempfänger bei den alten Sätzen beließen. Obwohl die ungerechtfertigte Mehrbelastung für die Monate Oktober, November und Dezember 1922 von nie⸗ mandem abgestritten, ursprünglich sogar von der Deutschen Volks⸗ partei selbst beantragt wurde, fanden die Anträge der sozial⸗ demokratischen Fraktion, dieses Unrecht gutzumachen, keinerlei Unterstützung. ie sozialdemokratische Fraktion lehnt deshalb die Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf ab. Sie überläßt die Ver⸗ antwortung für die gewaltige steuerliche Begünstigung der Be⸗ sitzenden, für die Benachteiligung der Lohn⸗ und Gehaltsempfäönger und für den erheblichen Ausfall, den die Ermäßigung der Ein⸗ kommensteuer für das Reich, die Länder und die Gemeinden bedeutet, den bürgerlichen Parteien. Bei dieser Stellungnahme

läßt sich die sozialdemokratische Fraktion nicht nur von den

Interessen der Lohn⸗ und Gehaltsempfänger leiten, sondern ebenso sehr von der Notwendigkeit, die Gesundung der Finanzen des Reichs, der Länder und der Gemeinden zur obersten Richt⸗ schnur ihrer Finanz⸗ und Steuerpolitik zu machen. Besonders im Hinblick auf die schwer um ihre Egistenz ringenden Gemeinden, die gegen die Beschlüsse des Reichstages auf das schärfste protestiert haben, und denen nun ein wesentlicher Teil ihres Ein⸗ kommens entzogen wird, hält die sozialdemokratische Fraktion die Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf für unvereinbar mit ihren Grundsätzen. Der sozialdemokratische Antrag wird gegen die Stimmen der Antragsteller und der Kommunisten abgelehnt, es bleibt durchweg bei den Beschlüssen zweiter Lesung. In der Gesamtabstimmung wird die Vorlage mit den bürgerlichen Stimmen gegen die der Sozialdemokvaten und der Kommunisten angenommen.

Es folgt die dritte Beratung der Novelle

6 zum Gesetz über die Zwangsanleihe.

Abg. Dr. Hertz (Soz.): Bei der Zwangsanleihe handelt es sich um ein Versprechen durch das Steuerkompromiß, das ein⸗ gelöst werden muß. Unser Antrag auf Erhöhung des Anleihe⸗ ertrages ist abgelehnt worden. Ein Teil hält sich nicht mehr an das Steuerkompromiß. In dieser Form ist das Gesetz für uns eigentlich unannehmbar. Die Zwangsanleihe sollte die Erfassung

der Sachwerte ersetzen; es ist bei weitem nicht das eingekommen, was man im Juli erwartet hatte. Wir beantragen wenigstens die Zahlungstermine früher anzusetzen, und zwar so, daß der Terniln vom 28. Februar 1923 verlegt wird auf den 31. De⸗ zember 1922, und ferner beantragen wir, um jede Spekulation auszuschließen, die Festsetzung von Verzugszinsen. Diese An⸗ träge werden ein Prüfstein sein für die Bereitwilligkeit, den Besitz heranzuziehen. Der größte Fehler des Gesetzes liegt in den Be⸗ wertungsgrundsätzen, die nur für die Wertpapiere eändert sind und die Leistungsfähigsten schonen. Der leistungsfähigste Steuer⸗ träger, der Sachwertebesitz, muß schärfer herangezogen werden. Wer kann im Ausland an Deutschlands Kreditnot glauben in einem Augenblick, wo die Spekulation jeden Kredit erhält? Wenn wir trotzdem dem Gesetz unsere Zustimmung nicht ver⸗ sagen, so folgen wir nur unsern Grundsätzen. Wir nehmen das Gesetz an, weil es immerhin gegen das bisherige Gesetz eine kleine Verbesserung darstellt.

Abg. Dr. Helfferich (D. Nat.): Dieses Zwangsanleihe⸗ gesetz beruht auf einem Kompromiß wie das Einkommensteuer⸗ esetz. Eine Verbesserung wäre ein Versuch an einem untaug⸗ sccen Objekt. Trotzdem haben wir kein Interesse an dem Zu⸗ 111“ des Gesetzes, wir haben nur ein Interesse daran, die Absichten der Sozialdemokraten, dieses Gesetz noch viel

Le für die deutsche Volkswirtschaft zu machen, abgewehrt

werden. Wir haben dieses Interesse aus inneren und äußeren Gründen. Wenn der Abgeordnete Hertz die Kreditnot Deutsch⸗ lands bestreitet, so sieht er die Dinge dieser Welt nicht oder will sie nicht sehen. Die Kreditnot zu leugnen, das kommt mir so vor, wie wenn man leugnen wollte, daß hier elektrische Lampen brennen. Sehen Sie sich nur das letzte Wechselporte⸗ r der Reichsbank an. Angesichts der Steigerung der Wechsel ei der Reichsbank seit Juli auf mehr als 280 Milliarden Mark lann man die Kreditnot nicht leugnen. Was die Gründe nach außen anbelangt, so hat die „Frankfurter Zeitung“ schon bei Beratung des Zwangsanleihegesetzes mit allem Nachdruck gesagt, daß die Zwangsanleihe die Lbime des Reparationsproblems dase dlbch erschwere. Auch wir, die wir nicht die Illusion teilen, daß es mit Anleihen allein zu machen ist, meinen doch, daß bei der Reparation die Anleihen eine wichtige Rolle spielen. Sie erschweren dieses Mittel, wenn Sie jetzt die Zwangsanleihe nach dem Rezept der Sozialdemokraten machen und damit die Situation des deutschen Kapitalmarktes noch weiter herabdrücken. Also aus inneren und äußeren Gründen widersetzen wir uns entschieden diesen Tendenzen, weil wir den Rest des Kapitals nicht weiter zermalmen lassen und die Lösung des Reparationsproblems nicht erschweren wollen.

In der Abstimmung werden die sozial⸗ demokratischen Abänderungsanträge abge⸗ lehnt und das Gesetz in seinen einzelnen Teilen über⸗ einstimmend mit den Beschlüssen zweiter Lesung angenommen

bis auf die Bestimmung, wonach der § 27 des geltenden

Gesetzes gestrichen werden soll. Darin ist bestimmt, daß, je nachdem der tatsächlich gezeichnete Gesamtzwangsanleihebetrag 0 Milliarden um 4 vH überschreitet oder um 4 vH hinter ihm zurückbleibt, eine Erstattung oder eine Nachforderung ein⸗ treten soll. Ueber die Streichung dieser Bestimmung haben die Sozialdemokraten die namentliche Abstimmung beantragt, deren Vornahme der Präsident auf 12 Uhr bestimmt.

Es folgt die zweite Beratung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend das Ruhegehalt des Reichspräsidenten; die Vorlage ist vom Ausschuß zur unveränderten Annahme empfohlen.

Abg. Schulz⸗Bromberg (D. Nat.): Wir sind gegen das Gesetz. Der Reichspräsident üh ein Organ der Staatsgewalt, kein Beamter. Auch Nordamerika und Frankreich haben ihren Präsi⸗ denten niemals ein Ruhegehalt bewilligt; in der Schweiz bezieht der Bundespräsident ein solches nur in seiner Eigenschaft als Bundesratsmitglied. Die Herren auf der Linken stellen doch sonst die Einrichtungen des Westens für uns als Muster hin, warum nicht in diesem Falle?

Der Gesetzentwurf wird darauf in zweiter und sofort auch in dritter Beratung endgültig gegen die Stimmen der Deutschnationalen angenommen.

In der teinen Besprechung zur dritten Lesung

des siebenten Nachtrags zum Reichshaus⸗ haltsetat für 1922 bemerkt der

Abg. Dr. Helfferich (D. Nat.): Durch diesen Nachtragsetat wächst die Summe unserer Ausgaben auf 1332 Milliarden an, denen nur 442 Milliarden Einnahmen gegenüberstehen; das Defizit beträgt rund 890 Milliarden. Deckt diese Riesensumme alle unsere Verpflichtungen? Der Nachtragsetat verlangt für Flug⸗ plätze, Kasernenbauten, Bordelle usw. in den besetzten Gebieten des Rheinlandes 25 Milliarden, aber die Soldzahlungen und dergleichen sind darin nicht enthalten. Die Ausgabe für die Okkupation be⸗ rechnet sich jährlich auf 1680 Millionen Goldmark. (Hört, hört!) Noch heute ist die ganze Welt voll von dem Getöse über den ver⸗ rufenen deutschen Militarismus. Im letzten Friedensjahr hat die Gesamtausgabe Deutschlands für das Reichsheer und die Marine eine Milliarde Goldmark betragen, heute kostet lediglich die Be⸗ setzung des Rheinlandes 60 vH mehr, als die laufenden Ausgaben für Heer und Marine 1913 betragen haben. (Großer Lärm links.) Soll Deutschland auch künftighin diese ungeheuren Lasten tragen, von denen im Etat kein Pfennig steht? Im Ausschuß ist von einer Summe von 220 Millionen Goldmark die Rede auf welche die jährlichen Besatzungskosten reduziert werden sollten. Auch das macht über 400 Milliarden Papiermark aus, eine furchtbare Last. Das Reichsfinanzministerium konnte eine genaue Auskunft darüber nicht geben, was es mit dieser Summe von 220 Millionen auf sich hat. Auch die Kosten für die Kontrollkommissionen sind ungeheuer erhöht worden. Der vorsitzende General einer Kommission bezieht jetzt mehr als 900 000 monatlich steuerfreie Zulage. (Hört, hört!) Die Bezüge eines gemeinen Soldaten sind doppelt so hoch als die Diäten eines Reichstagsabgeordneten. Wir verlangen Klarheit darüber, ob die vollen Besatzungskosten zu Lasten Deutschlands gehen. (Zuruf des sozialdemokratischen Abg. Schreck, über den sich auf der Rechten ein Sturm der Entrüstung erhebt, der von der Linken mit stürmischen Gegenrufen erwidert wird.)

Staatssekretär Zapf: Der Reichsfinanzminister ist durch un⸗ aufschiebbare dringende Geschäfte heute hier zu erscheinen ver⸗ hindert. Was die 220 Millionen Goldmark angeht, so haben Frank⸗ reich, Großbritannien, Belgien usw. am 11. März 1922 ein Ab⸗ kommen getroffen, nach dessen Artikel 1 die Besatzungskosten mit Wirkung vom 1. August 1922 auf den jährlichen Höchstsatz von 220 Millionen Goldmark normiert werden. Dieses Abkommen ist durch die Reparationskommission der deutschen Kommission in Paris mitgeteilt worden; wir können uns also darauf berufen, Barzahlungen liegen dem Reich für 1922 nicht ob; allerdings ist durch Entscheidung der Reparationskommission vom 21. März noch die Leistung von Marwvor chüssen gefordert worden. Die Verhand⸗ lungen darüber bei der Reparationskommission schweben noch.

Die vom Ausschuß zu diesem Nachtragsetat beantragten Entschließungen werden angenommen, diejenige wegen Abfindung der zu entlassenden ver⸗ heirateten Beamtinnen unter Beseitigung des in dem Antrag festgesetzten Termins.

Gegen den im Nachtrag zum HaushaltdesReichs⸗ wehrministeriums angeforderten neuen Konteradmiral polemesiert der

Abg. Kuhnt (Soz.): Wir setzen dieser Forderung den aller⸗ schärfsten Widerstand entgegen. Nicht weniger als neun Admirale stehen an der Spitze der ganzen uns noch verbliebenen Marine⸗ herrlichkeit. Angeblich will man mit solchen Forderungen das Ansehen der deutschen Offiziere wieder heben. Das ist Unsinn, man wird lediglich den ausländischen Chauvinisten neues, sehr wirksames Agitationsmaterial liefern. Ist es etwa Sparsamkeit, für eine solche Rumpfmarine die Zahl der Admiralstellen zu vermehren?

Die Position für den neuen Konteradmiral wird in namentlicher Abstimmung mit 170 gegen 136 Stimmen ge⸗ nehmigt. Dagegen stimmen die Sozialdemokraten und Kommunisten.

Der Rest der Nachtragsetats wird im einzelnen angenommen, ebenso das Etatsgesetz. Dagegen stimmte auch ein Teil der Sozialdemokraten.

Nunmehr wird die von den Sozialdemokraten beantragte namentliche Abstimmung über § 27 der Novelle zum Zwangsanleihegesetz vorgenommen, den die Sozial⸗ demokraten in der Fassung beizubehalten beantragen, daß eine Goldklausel eingefügt wird. Am 1. April 1923 soll festgestellt werden, welche Beträge an indirekten Steuern aus der Mehr⸗ belastung infolge des Steuerkompromisses vom 28. Januar 1922 eingegangen sind. Insoweit die Eingänge aus der Zwangsanleihe dem Goldwert nach diese Summe nicht er⸗ reichen, findet eine an Zwangsanleihe statt, wodurch die Eingänge aus der Anleihe dem Goldwert nach mit den Eingängen aus den neuen indirekten Steuern auf gleiche Höhe gebracht werden. Als Maßstab gilt das durch⸗ schnittliche Goldzollaufgeld des Eingangsmonats der Steuern.

Der sozialdemokratische Antrag wird mit 183 gegen 135 Stimmen (Sozialdemokraten und Kommunisten) abgelehnt. Zwei Stimmkarten waren ungültig. In der Gesamt⸗ abstimmung wird das Zwangsanleihegesetz gegen die Stimmen der Kommunisten angenommen.

Abg. Hermann Müller (Soz.) erklärt, daß bei der Abstimmung über den Etat ein Teil seiner Parteifreunde ver⸗ ehendlich gegen den Etat gestimmt habe. Die Fraktion

eabsichtigt jedoch, für den Etat zu stimmen; im anderen Falle wäre sonst eine Erklärung der Fraktion abgegeben worden.

Abg. Hofmann⸗Ludwigshafen (Zentr.) befürwortet nun⸗ mehr den Antrag, die Reichsregierung möge das Verkehrs⸗ ministerium anweisen, den Kirchengemeinden, die im Krieg die Glocken abllefern mußten, bei Rückerwerb oder Beschaffung eine Glocken⸗Frachtfreiheit zu gewähren und die für solche Zwecke bereits vereinnahmten Frachten den Kirchengemeinden zurückzu⸗ erstatten.

Abg. D. Mumm (D. Nat.) unterstützt den Antrag. Er würde sich freuen, wenn der Antrag möglichst einstimmig angenommen würde, auch von den Sozialdemokraten, die doch 2. wieder erklärt hätten, nicht religionsfeindlich zu sein. ögen die Verhandlungen mit einem weihnachtlichen Klang schließen

Der Antrag wird gegen die Stimmen der Sozial⸗ demokraten und Kommunisten angenommen.

Nach dem Antrag des 33. Ausschusses wird die zum Reichshaushaltsplan für das Reichsver⸗ kehrsministerium, Abteilung für Wasser⸗ straßen und für Luft⸗ und Kraftfahr⸗ wesen, beantragte Entschließung „die Reichs⸗ regierung zu ersuchen, die Reichsbeihilfe für die dem regel⸗ mäßigen öffentlichen Verkehr dienenden Luftfahrtunter⸗ nehmungen nur solchen Unternehmungen zu gewähren, die sich verpflichten, einen öffentlichen Luftverkehr zu erhalten und auf ihren Flügen Post bis zu 100 Kilo ohne Vergütung zu befördern, und denen die Luftpostbeförderung von der Post⸗ verwaltung übertragen wird“, der Reichsvegierung zur Erwägung überwiesen. 1

Der Antrag des Ausschusses für Volkswirtschaft, die Reichsregierung wolle umgehend die Verordnung über den Verkehr mit Zucker im Betriebsjahreo 1922/23 im Sinne einer zentralen Verein⸗ fachung und Verbilligung so umgestalten, daß der Bevölkerung eine genügende Menge Mundzucker zu erschwinglichen Preisen ge⸗ liefert wird, gelangt ohne Aussprache zur Annahme.

Föbg. Dauch (Bayer. Pp.) erstattet namens des 24. Aus⸗ schusses Bericht über den Gesetzentwurf zur vorläpfigen Regelung der Zahlungen auf Grund des N.9 5. ausgleichsgesetzes (Ausgleichszwischengesetz). Der Ausschuß hat die Vorlage in abgeänderter Fassung zur Annahme empfohlen; der Vorschlag der Reichsregierung, ihm rückwirkende Kraft zu ver⸗ leihen, ist abgelehnt worden, das Gesetz soll am Tage nach seiner Ver⸗ kündung in Kraft treten. Nach der Aeußerung des Berichterstatters ist keine Partei, auch die Regierung nicht, von den Ausschußbeschlüssen voll befriedit, es habe sich eine Lösung nur im Sinne der Annahme des kleineren Uebels finden lassen.

Staatssekretär Müller (Reichsministerium für Wieder⸗ aufbau) stellt fest daß auch die Reichsregierung sich nur sehr ungern entschlossen hat, auf den Boden der Ausschußvorschläge zu treten; die Regierung bitte aber, besonders im Hinblick darauf, daß es sich hie⸗ nur um ein Provisorium handle, auch ihrerseits das Haus, den Ausschußanträgen zuzustimmen.

Nach einer Erklärung des Abg. Dr. Levi (Soz.), daß seine

raktion gegen das werde, und nach einer kurzen Gegenbemerkung des Abg. Rießer (D. Vp.) wird der Entwurf nach den Ausschußvorschlägen in zweiter Lesung und sofort auch in dritter Lesung angenommen.

Der 13. Ausschuß bringt an das Haus eine Ent⸗ schließung, wonach die Reichsregierung ersucht werden soll:

a) auf die Länder und Gemeinden einzuwirken, den gemein⸗ nützigen Wohnungsbau durch verbilligte Bereitstellung von Bau⸗ holz aus staatlichen, kommunalen und privaten Waldungen zu fördern;

b) die Preisfestsetzung für die übrigen Baustoffe (Zement, Kalk, Ziegel, Glas usw.) durch zweckmäßige Maßnahmen gemäß den Beschlüssen des Wohnungsausschusses zu beeinflussen, um deren Verbilligung baldigst herbeizuführen. Im einer einigermaßen ausreichenden Wirkung hält der Reichstag für ge⸗ boten, daß ein fester etwa das Hundertfache des Friedenspreises für 5 des olzeinschlags, zugrunde gelegt werde, zumal die Anfuhr und Ausarbeitung des Holzes eine weitere Steigerung des Bauholzpreises nach sich zieht, die das ““ des Friedenspreises wahrscheinlich übersteigen wird.

Das Haus tritt dem Ausschußvorschlag ohne Debatte bei und nimmt gleichzeitig noch eine weitere Entschließung des Wohnungs⸗Ausschusses, betreffend Be⸗ reitstellung von Mitteln zur Fertigstellung gemeinnütziger Wohnungsbauten, an.

Es 6 die Beratung des Antrags der Abgg. Hergt (D. Nat.) und Genossen, die Reichsregierung zu er⸗ suchen, schleunigst einen Gesetzentwurf vorzulegen, wonach vom 1. Januar 1923 der Ankauf von Edelmetallen und Juwelen sowie von Altmetallen der Erlaubnis bedarf und Zuwiderhand⸗ lungen mit empfindlichen Freiheitsstrafen und hohen Geld⸗ bußen zu ahnden sind.

Abg. Hammer (D. Nat.) begründet den Antrag mit dem Himveis auf die großen Mißstände, die auf diesem Gebiete ein⸗ gerissen seien. Zur Abhilfe bedürfe es schleunigst eines Gesetzes. In allen Betrieben werde massenhaft Metall gestohlen. In Ham⸗ burg habe man bereits die Konzessionierung des Altmetallhandels, aber sie stehe auf dem Papier, weil die Händler nicht geprüft seien. Von jedem Metallverkäufer müsse man einen Ausweis ver⸗ langen, Kinder müßten überhaupt ausgeschlossen sein. Die Zu⸗ stände schrieen jetzt zum Hemmel. Vlele Mittelstandsfamillten müßten ihren Schmuck verkaufen und würden dabei ausgebeutet. Er selbst habe eine Probe gemacht und einem Schieber⸗ geschäft neun österreichische Silberkronen angeboten. Dafür seien ihm, als sie gewogen waren, nur 1930 geboten worden. Die Aufkäufer seien fahs durchweg Juden aus Rußland und Galizien, die sich in der Grenadierstraße angesiedelt haben. (Lachen bei den Kommunisten.) Diese Aufkéufer würden noch durch die Reichs⸗ bank unterstützt, die für das Zwanzigmarkstück nur 20 000 gebe statt des regulären Preises von 30 000 A.

Abg. Most (D. V.) erklärt, daß seine Partei den Antrag unterstütze; sich des näheren zu äußern, könne man bis zur Vor⸗ lage des bereits in Ausarbeitung befindlichen Gesetzes verschieben. Der Antrag sollte aber nicht den bestimmten Termin vom 1. Ja⸗ nuar erhalten, und statt „Ankauf“ müßte gesagt werden „Klein⸗ handel“.

Regierungsrat Walter: Im Reichswirtschaftsministerium ist bereits ein Entwurf fertiggestellt, der empfindliche Freiheits⸗ und Geldstrafen vorsieht. Hieser Entwurf bezieht sich auf alle, auch auf die bereits bestehenden Gewerbe und wird dem Reichstag alsbald im Januar zugehen.

Abg. Gothein (Dem.): Selbstverständlich treten wir dem I bei in der vom Abg. Most vorgeschlagenen Fassung. Aber durch Gesetz allein kann man solche Mißstände nicht aus der Welt schaffen. Die Reichsbank und ihre Ankaufsstellen leisten jenem ungesunden Treiben Vorschub, indem sie Gold und Silber mit wenig über die Hälfte des Wertes bezahlen. Dem muß ein Ende gemacht werden.

Der Antrag wird in der Fassung angenommen, cf der Termin des 1. Januar beseitigt und statt „Ankauf“ „Klein⸗ handel“ gesetzt wird.

Ein von allen Parteien unterstützter Antrag des Abg. Dr. Höfle (Zent r.), der bestimmte Richtlinien für die Zahl⸗ meisterlaufbahn aufstellt, wird ohne Erörterung angenommen.

Von der Denkschrift über die selbsttätig glei⸗ tende Gehalts⸗ und Lohnskala nimmt der Reichs⸗ tag endlich mit dem Ersuchen an die Reichsregierung, die Frage der gleitenden Gehaltsskala für Beamte und ihre Entwicklung dauernd im Auge zu behalten, Kenntnis.

Nach einer großen Reihe von Petitionen ge⸗ 8 cg Anträgen der Ausschüsse ist die Tagesordnung er⸗

öpft.

Präsident Löbe erbittet im Einvernehmen mit dem Aeltesten⸗ rat vom Hause die Ermächtigung, die nächste Sitzung selbst anzu⸗ beraumen und die Tagesordnung festzusetzen. In Aussicht genommen sei, daß diese Sitzung zwischen dem 10. und 17. Januar festgesetzt werde, je nachdem die Gesetzgebungsarbeit der Regierung fort⸗ screite oder die internationale Lage eine Sitzung erfordere. Der

räsident wünscht schließlich den Mitgliedern, soweit es in diesen trüben Zeiten möglich sei, ein frohes Fest.

Schluß nach 1 ½ Uhr.

Nach Schluß der Sitzung echebt sich ein gutgekleideter Mann auf der Tribüne des Publikums und ruft: Herr Präsi⸗ dent, ist es gestattet, daß hier ein Mann aus dem Volke ein paar Worte an den Reichstag richtet? Der Präsident läutet, und ein Diener weist sofort den Rufer von der Tribüne.

Vorläufiger Reichswirtschaftsrat. 50. Sitzung vom 16. Dezember 1922. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)

Vorsitzender Edler von Braun eröffnete die Sitzung um 10 Uhr 20 Minuten. Man trat zunächst in die Beratung der Novelle zum Hausarbeitsgesetz (Heimarbeiterlohngesetz) ein.

Herr Grünfeld (Vertreter des Einzelhandels) erklärte, daß tatsächlich in der Heimarbeit in den letzten Jahren ein Aufschwung zu verzeichnen set der das neue Gesetz im Augenblick nicht für not⸗