entschädigen zu lassen, würden sie die ärztliche
8
ine Geldleistung an die Versicherten ablösen zu dürfen. Die Ge⸗
ährung der arztlichen Hilfe in Natur sei der Kernpunkt der ganzen Krankenversicherung. Sie allein gebe die Gewähr für eine genügende ge⸗ sundheitliche Ueberwachung und eine rechtzeitige, ausreichende Erailiche Behandlung des ganzen Volkes. Wenn die Versicherten gezwungen würden, den Arzt selbst zu bezahlen und sich von ihrer Kasse dafür lfe sehr bald nur noch in stark eingeschränktem Maße in Anspruch nehmen. — Abg. Giebel (Soz.) wies auf den Umstand hin, daß die Krankenversiche⸗ rung in Deutschland entscheidend für die Möglichkeit sei, als Arzt zu leben und bestehen zu können. Es handelt sich mit anderen Worten um die Sozialisierung des Aerztestandes. Sobald die Kassen einen Teil der Aerzte ausschalten, sei dieser Teil brotlos und müsse, soweit er nicht in anderen Berufen Unterkunft finden könne, verkommen. Damit wäre in kurzer Zeit die gesamte gesundheitliche Versorgung des deutschen Volkes auf das kümmerlichste eingestellt. Der jetzige Aerztestand wäre der bittersten Not ausgesetzt. Der einst zahlungsfähige Mittel⸗ stand sei durch die allgemeine Not proletarisiert, die Zeit für den im freien Berufsstande wirkenden Arzt, der seine Patientenschaft in diesem Mittelstand früher fand, ist endgültig vorüber. Die Aerzte müssen sich mit dem Gedanken befreunden, daß sie unter Aus⸗ schaltung gegenseitiger Konkurrenz als sozialisierter Berufsstand hinfort leben und wirken. Eine zwangsmäßige organisatorische Verpflanzung der Aerzteschaft müsse ins Auge gefaßt werden. Die Aerzteschaft ist nicht mehr in der Lage, sich die äußerst kost⸗ spieligen wissenschaftlichen Apparate (Röntgen usw.) aus eigenen Mitteln anzuschaffen, sie kann nur noch organisiert und sozia⸗ lisiert aller dieser neuesten Hilfsmittel zu ihrer Praxis teilhaftig werden. Dem Arzt können die wirtschaftlichen Sorgen nur dann ge⸗ nommen werden, wenn er nicht mehr im freien Beruf tätig ist, sondern zum öffentlich⸗rechtlichen Beamten wird, wie beispielsweise die Schulärzte, die das größte Vertrauen der Elternschaft genießen. —. Abg. Thiel (D. Volksp.) wandte sich gegen die vom Vorredner geäußerten Ideen bezüglich der Sozialisierung des Aerztestandes. Wenn die Aerzte ihre Berufsfreiheit verlören, so verwandelten sie sich in eine Schar abhängiger ärztlicher Angestellter. Eine solche Aerzte⸗ schaft würde sehr bald in ihrer wissenschaftlichen Leistungsfähigkeit, in ihrer moralischen und ethischen Festigkeit auf das schwerste ge⸗ schädigt werden. 8 In der Nachmittagssitzung des Ausschusses wurde beschlossen, die Jabresarbeitsverdienstgrenze für die Versiche⸗ rungspflicht bei den Krankenkassen auf 2 400 000 ℳ zu erhöhen. Ein sozialdemokratischer Antrag, eine Grenze für die Versicherungspflicht überhaupt nicht zu bestimmen, wurde abgelehnt. Auch ein Antrag auf Einschränkung resp. Aufhebung der Ersatzkassen wurde abgelehnt. Verschiedene Maßnahmen zur Erhöhung der Ein⸗ nahmen der Krankenkassen wurden genehmigt. Di hand! igen werden heute fortgesetzt. 1
Derr wirtschaftspolitische und der finanzu Vorläufigen Reichswirtschaft 44“
Statistik und Bolkswirtschaft.
Die Wirtschaftslage in Deutschland um Mitte G Dezember 1922.
Auf Grund von Angaben der wirtschaftlichen Fachverbände, der Handelskammern usw., von 1915 Einzelmeldungen typischer Betriebe, meist größerer Unternehmungen, die über die Gestaltung der wirt⸗ schaftlichen Lage in den letzten vier Wochen vor dem 20. Dezember und über die Aussichten für die Beschäftigung in den folgenden zwei Wochen auf Grund des Auftrags⸗ und Materialbestands befragt worden sind, sowie unter Berücksichtigung der umfangreichen Fach⸗ presse berichtet das „Reichsarbeitsblatt’“ über die Wirtschaftsage in Deutschland um Mitte Dezember:
Die politische und wirtschaftliche Unsicherheit, die während des
ganzen Wirtschaftsjahres 1922 die deutsche Industrie beunruhigte,
sibte auch im letzten Monat des Jahres einen verstärkten Druck aus. Eine leichte Besserung der Mark wich gegen Jahresende einem aber⸗ maligen Ansteigen des Dollars. Die Teuerung nahm auf allen Gebieten trotz einzelner vorübergehender Abschwächungen weiter zu. Die Reichsinderziffer für die Lebenshaltungskosten ist nach den Er⸗ hebungen des Statistischen Reichsamts im Dezember gegenüber dem November um fast 54 vH gestiegen. Kapital⸗ und Kreditnot dauerten an. Nurmehr vermochte die Industrie im allgemeinen durch Arbeit an älteren Aufträgen ihre Beschäftigung auf annähernd gleichem Stande wie im Vormonat zu halten.
Von den eingegangenen 1915 Berichten von Einzelfirmen mit 1.484 Mill. Beschäftigten gaben 1895 eine nähere Kennzeichnung des Beschäftigungsstandes in den drei zum Vergleich heranzuziehenden Monaten: Berichtsmonat, Vormonat und Vorjahrsmonat. Die Hate der Arbeiter und Angestellten dieser 1895 Betriebe sank von 1,479 Mill. Beschäftigten am 15. November auf 1,478 Mill. Be⸗ schäftigte am 15. Dezember (oder um 0,07 vH). Der Tätig⸗ keitsgrad wurde im Dezember für 40 vH der Beschäftigten gegen 42 vH im Vormonat und 33 vH im Vorjahr als gut gekennzeichnet, für 39 vH gegen 41 vH im November 1922 und 48 vH im Dezember 1921 als befriedigend und für 21 vH im Dezember 1922 gegen 17 vH im Vormonat und 14 vH im Dezember des Vorjahres als schlecht. Es ergibt sich also ein Steigen der Zahl der schlecht be⸗ schäftigten Betriebe und Arbeitnehmer um 4 vH. Die Aussichten für die nächsten 14 Tage wurden von 34 vH als gut, von 39 vH als befriedigend und von 25 vH als schlecht bewertet (ohne Bewertung des Beschäftigungsgrades 2 . — im Vorjahrsmonat 2 vH). Dem Vorjahr gegenüber ist eine Zunahme der Beschäftigten⸗ zahl um 9 vH festzustellen.
Handel und Gewerbe. Berlin, den 19. Januar 1923. Telegraphische Auszahlung.
1 Januar.
19. Januar Geld Brief Geld Brief 9077,25 9122,75
7755,56 7794,44 8548,57 8591,43
7231,87 7268,13 1187,02 119298 1396,50 12403,50 3740,62 3759,38 14239,37 4260,63
4513,68 4536,32
3815,45 3834,57 5261,81 5288,19 6174,52 6205,48 568,57 571,43
480,79 483,21 947,62 952,38 1107,22 1112,78 91021,87 91478,13 106732,50 107267,50 19700,62 19799,38 22967,43 23082,57 1526,17 1533,83
1316 70 1323,30 3690,75 3709,25 4299,22 4320,78 3571,05 3588,95
3077,28 3092,72 11072,25 11127,75
9177,00 9223,00 2204,47 2215,53 2568,56 2581,44 30,92 31,08
26,08 26 22 542,64 545,368⁰ 628,42 631,58
Amsterd.⸗Rotterd. Buenos Aires
(Papierpeso). Brüssel u. Antw. Christiania.... Kopenhagen... Stockholm und Gothenburg.. Helsingfors.. Italien Lond. New York.. Schweiz.. Spanien Jadan 16. Rio de Janeiro Wien Prag Jugoflawien
(Agram u. Bel⸗
grad)
4 Kr. =IDinar Budapest. E“ Konstantinopel..
120,30
7,12 110,28
160,40
8,48 145,37
119,70
7,08 109,72
159,60
8,42 144,63
u“ 111““ 1“ 11”] Ausländische Banknoten vom Amerikanische Banknoten 12 de 2 un 0
8 . „ . 8 . 8 82 .
Geld Brief
. 19551,— 19649,— . 19501,10 19598,90 1152,10 1157,90 . 102,70 103,30 . 3800,45 3819,55 “ . . 91520,60 91979,40 Abschn. zu 1 u. darunter. 91371,— 91829,— 1g 458,85 461,15
1221,90 1228,10 7760,55 7799,45 917,70 922,30 111,70 112,30 3730,65 3749,35 25,40 25,60
96,75 97,25 „ 89,75 90,25 Schwedische . 5236,85 5263, 15 Schweizer 5 11A“ „ 3541,10 3558,90 Spanische 8 Z1“ 2992,50 3007,50 Tschecho⸗flow. Staatsnot., neue (100 Kr. u. darüber) 530,65 533,35 8 . unter 100 Kr. 528,65 531,35 Ungarische Banknoten ““ 5,73 5,77 Die Notiz „Telegraphische Auszahlung“ sowie „Banknoten“ ver⸗ steht sich für je 1 Gulden, Franken, Krone, Finnländische Mark, Lire, Pesetas, Lei, PPfund Sterling, Dollar, Peso, Yen und Milreis und für je 100 österreichische Kronen. 8
. 2* 2. . 2.
Finnische Französische Holländische Jugoslawi Norwegische Oesterreichische
Rumänische
* 83 * 82
. „ .2 * .
(1 Dinar = 4 Kr.). neue (1000.500 000 Kr.) neue (10 u. 100 Kr.). unter 500 Lei 8
. . *. „ . A . . . . ⸗ 8' .
— 2 „ 2 9 82 2 9 - „ „ „v 9 9 9 9 9 „v
2.22 . 2* 8 8 2.
. 2 * 8
— Die „V. L. G.“ Leitungsdraht Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Berlin SW. 61, Tempelhofer Ufer I1, teilt dem „W. T. B.“ mit, daß für Lieferungen ab 19. Januar bis auf weiteres folgende Teuerungszuschläge auf Preisliste Nr. 13 maßgebend sind: NGA, NGAB, NGAF, NGAT, NGAZ 1 — 2,5 amm, NFA schwarz imprägniert 420 vH, NGA, NGAB, NGAEF, NGAT., NGAZ 4 — 10 amm 300 vH, NGA, NGAB, NGAF, NGAT, NGAZ 16 qmm und darüber 250 vH, NPL, NPLR, IPPs, NSA, NFA mit Glanzgarnbeflechtung sowie alle übrigen
ie Interessengemeinschaft deutscher Kakao⸗ und Schokoladefabriken G. m. b. H. (Ideka), Dresden, gibt bekannt, daß die Richtpreise für Kakaoerzeugnisse (Ladenverkaufspreise) wie folgt geändert worden sind: Kakaopulver, schwach entölt, 4600 — 5400 ℳ per 1 kg, Kakaopulver, stark entölt, 2800 — 3000 ℳ per 1 kg, Vanilleschokolade aus fester Masse, 40/60 410 — 460 ℳ per 100 g, Feine Vanilleschokolade 50/50 450 — 500 ℳ per 100 g, Schmelzschokolade 50/50 560 — 610 ℳ per 100 g, Schmelz⸗ schokolade, bitter, 60/40 610 — 660 ℳ per 100 g, Milchschokolade 630 — 680 ℳ per 100 g, Nußschokolade 630 — 680 ℳ per 100 g. Pelcengsschefoleb⸗ 630 — 680 ℳ per 100 g, Mokkaschokolade 50/50 630 — 680 ℳ per 100 g, Cremeschokolade 360 — 400 ℳ per 100 g.
— Die Cremisghe Fabrik Pickler u. Co., Magde⸗ burg (technische Oele und Fash wurde laut Meldung des „W. T. B.“ gestern in eine Aktiengesellschaft mit einem Grundkapital von 6 Millionen Mark umgewandelt. Zum Vorstand wurden gewählt die Herren Max Pickler⸗Magdeburg und Otto Pickler⸗Magdeburg, zum stellvertretenden Vorstandsmitglied Herr Karl Boehm⸗Magdeburg. Der erste geb setzt sich wie folgt zusammen: Direktor Walter Fritzemann, Vorsitzender, Kaufmann Ernst Dähne, Magdeburg, stell⸗ vertretender Vorsitzender, Dr. W. von Wasielewski, Sondershausen, I Karl Dörfer, Magdeburg, Kaufmann Willi Wöhler, Magdeburg.
— Der Veroin Deutscher Eisengießereien (Gießerei⸗ verein Sitz Düsseldorf) hat laut Meldung des „W. T. B.“ die be⸗ Fühseen Gußwarenpreise für Lieferungen ab 16. Januar um 25 vH erhöht. — Die Roheinnahmen der Canada Pacific⸗Eisenbahu betrugen laut Meldung des „W. T. B.“ in der zweiten Januar⸗ woche 2 810 000 Dollar; Zunahme gegen das Vorjahr 286 000 Dollar.
Stockholm, 18. Januar. (W. T. B.) Wochenausweis der Schwedischen Reichsbank vom 16. Januar (in Klammern
der Stand vom 9. Januar) in Kronen: Metallvorrat 273 924 230
(273 958 408), Erganzungsnotendeckung 655 657 005 (693 881 597), davon Wechsel auf Inland 382 006 495 (410 136 285), davon Wechsel auf Ausland 47 369 636 (42 726 692), Notenumlauf 509 467 470 (583 125 453), Notenreserve 163 380 989 (134 791 362), Girokonto⸗ guthaben 368 953 894 (379 540 212).
Christiania, 18. Januar. (W. T. B.) Wochenausweis der Bank von Norwegen vom 15. Januar (in Klammern der Stand vom 30. Dezember) in 1000 Kronen: Metalbestand 147 290 (147 291), ordentliches Notenausgaberecht 250 000 (250 000), außerordentliches Notenausgaberecht 25 000 (25 000), gesamtes Notenausgaberecht 422 290 (422 291) Notenumlauf 356 207 (384 775), Notenreserve 66 083 (37 516), 1⸗ und 2⸗Kronen⸗Noten im Umlauf 9396 (9567), De⸗ positen 158 000 (163 429), Vorschüsse und Wechselbestand 447 336 (479 354), Guthaben bei ausländischen Banken 40 402 ( Renten und Obligationen 9408 (9415). 8
11“ HA1““ Wagengestellung für Kohle, Koks und Briketts am 17. Januar 1923: Ruhrrevier Oberschlesisches Revier Anzahl der Wagen
8 8 8 8
21 237
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Nicht gestellt.
Beladen zurück⸗ geliefert.
20 533 Die Elektrolytkupfernotierun — für deutsche Elektrolytkupfernotiz stellte sich laut Berliner Meldung des „W. T. B.“ am 18. Januar auf 7540 ℳ für 1 kg (am 17. Januar auf 6021 ℳ für 1 kg). 8 11 “
8
der Vereinigung
LE11ö6“ 66 A1X“ ’
Berlin, 18. Januar. (W. T. B.) Großhandels⸗ preise in Berlin im Verkehrmitdem Einzelbandel, offiziell feßzgestont durch den Landesverband Berlin und Branden⸗ burg des Reichsverbands des Deutschen Nahrungsmittelgroßhandels, E. V., Berlin. Die Preise verstehen sich für ½ kg ab Lager Berlin. Gerstenflocken, lose —,— bis —,— ℳͤ, stengraupen, lose 770,00 — 773,00 ℳ, Gerstengrütze, lose 770,00 — 772,00 ℳ, Hafer⸗ flocken, lose 645,00 — 650,00 ℳ, Hefergrüe lose 650,00 — 655,00 ℳ, Hafermehl, lose —,— ℳ, Kartoffelstärkemehl 290,00 — 335,00 ℳ, Maisflocken, lose —,— bis —,— ℳ, Maisgrieß 545,00 — 550,00 ℳ, Maismehl 525,00 — 530,00 ℳ, Maispuder, lose 810,00 — 820,00 ℳ, Makkaroni, lose 820,00 — 870,00 ℳ, Schnittnudeln, lose 650,50 bis 750,00 ℳ, Reis —,— bis —,— ℳ, Burmareis 900,00 bis 915,00 ℳ glas. Tafelreis 930,00 — 1280,00 ℳ, grober Bruch⸗ reis 730,00 - 790,00 ℳ, Reismehl, lose 760,00 — 770,00 ℳ, Reis⸗ grieß. lose 765,00 — 790,00 ℳ, Ringäpfel, amerik. 2868,00 — 3746,00 ℳ, getr. Aprikosen, cal. 3003,00 — 9080,00 ℳ. getr. Birnen, cal. 5096,00 bis 5510,00 ℳ, getr. Pfirsiche, cal. 3543,00 — 5300,00 ℳ, getr. Pflaumen 475,00 — 4091,00 ℳ. Korinthen, 1922 Ernte 3277,00 bis 440,00 ℳ, Rosinen kiup. carab. 1922 Ernte 2287,00 — 3140,00 ℳ,
Sultaninen in Kisten. 1922 Ernte 4848,00 — 7837,00 ℳ, Mandeln. bittere 3166,00 — 3200,00 ℳ, Mandeln, süße 5348,00 bis 6739,00 ℳ, Kaneel 5618,00 — 10643,00 ℳ, Kümmel 9829,00 bis 9928,00 ℳ, schwarzer Pfeffer 3109,00 — 3234,00 ℳ, weißer Pfeffer 4363,00 — 4558,00 ℳ, Kaffee Se roh 6380,00 — 6450,00 ℳ, Kaffee superior 6288,00 — 6378,00 ℳ. Röstkaffee, minimal 5700,00, Röst⸗ roggen 500,00 bis —,— ℳ, Röstgerste 480,00 bis —,— ℳ, Bohnen, 8.;8 600,00 — 735,00 ℳ, Weizenmehl 602,00 — 750,00 ℳ, Srveife⸗ erbsen 635,00 — 722,00 *, Weizengrieß 650,00 — 738,00 ℳ, Linsen
“ 8
“
Corned beef 126 Ibs per Kiste —,— bis —,— ℳ, Marmelade —,— bis —,— ℳ, 1 —,— bis —,— ℳ, Auslandszucker raffiniert —,— bis —,— ℳ, Kernseife —,— ℳ.. 1
1
Berichte von auswärtigen Devisen⸗ und
Wertpapiermärkten. “ Devisen. Köoööln, 18. Januar. (W. T. B.) (Amtliche Devisenkurse.) Holland 8977,50 G., 9022,50 B., Frankreich 1471,31 G., 1478,69 B. Belgien 1336,65 G., 1343,35 B., Amerika 22 892,62 G., 23 007,38 B England 106 732,50 G. 107267,50 B. Schweiz 4309,20 G., 4330,80 S Italien 1087,27 G., 1094,73 B., Dänemark 4478,77 G., 4501, 23 Norwegen 4249,35 G., 4270,65 B., Schweden 6134,62 G., 6165,38 B Spanien 3531,15 G., 3548,85 B., Prag 681,31 G., 634,59 B., Budapeft 9,09 G., 9,11 B., Wien (neue) 32,63 G., 32,67 B. 1 Danzig, 18. Januar. (W. T. B.) Noten: Amerikanische 22 942,50 G., 23 057,50 B., Polnische 69,82 G., 70,18 B. — Tele⸗ graphische Auszahlungen: London 105 735,00 G., 106 265,00 B. Holland 9177,00 G., 9223,00 B., Paris 1536,15 G., 1563,85 9, Posen 68,82 G., 69,18 B., Warschau 71,32 G., 71,68 B. 9 Prag, 18. Januar. (W. T. B.) Notierungen der Devisen⸗ zentrale (Haorchschnittskurfe). Amsterdam 1432,00, Berlin 16,50, Christiania 670,00, Kopenhagen 717,50. Stockholm 975,00, Zürich 673,00, London 168,00, New York 36,12 ½, Wien 4,75, Marknoten 17,25, Polnische Noten 9,75, Paris —,—. sei den Kursen handelt es sich jeweilig um 100 Einheiten der betreffenden Währung. Eine Ausnahme bilden Berlin, Wien und Polnische Noten, die in 10 000 Einheiten, und New York und London, die in einer Einheit der betreffenden Währung notiert werden. 8 . London, 18. Januar. (W. T. B.) Devisenkurse. Paris 70,90 York 4,63½
7 2 2 4
—
Belgien 77,40, Schweiz 24,97 ½, Holland 11,73 ⅛, New Spanien 29,86, Italien 97,87, Deutschland 104 500, Wien 330 00 Bukarest 870,00.
Paris, 18. Januar. (W. T. B.) Devisenkurse. Deutschland 0,0625, Amerika 15,29,05, Belgien 91,50, England 70,80 ½, Holland 603,75, Italien 72,60, Schweiz 283,75, Spanien 237,50, Däne⸗ ma —, Stockholm 412,50, Bukarest 7,90, Prag —, Wien 21,50.
Amsterdam, 18. Januar. (W. T. B.) Devisenkurse. London 11,73 ½, Berlin 0,01,11, Paris 16,55, Schweiz 47,07 ½, Wien 0,0036, Kopenhagen 49,90, Stockholm 68,00, Christiania 46,60, New VYorz 253,00, Brüssel 15,12 ½, Madrid 1 aet Italien 12,00, Budapest —,—, Prag 6,95 — 7,10, Helsingfors 6,10 — 6,30.
Kopenhagen, 18. Januar. (W. T. B.) Devisenkurse London 23,60, New York 5,09 ⅛, Hamburg 0,02 ½, Paris 33,60, Antwerpen 30,75, Zürich 94,80, Rom 24,50, Amsterdam 201,90 Stockholm 136,80, Christiania 93,90, Helsingfors 12,65, Prag 13,8
Stockholm, 18. Januar. (W. T. B.) Devisenkurse. London 17,30, Berlin 0,01,80, Paris 24,70, Brüssel 22,70, schweiz. lätze 69,75, Amsterdam 147,25, Kopenhagen 73,60, Christiania 775, Washington 3,72, Helsingfors 9,24, Rom —,—, Prag —,—.
Christianta, 18. Januar. (W. T. B.) Devisenkurse. London 25,20, Hamburg 0,02 ½, Paris 35,80, New York 5,42, Amsterdau 215,00, Zürich 101,50, Helsingfors 13,50, Antwerpen 33,00, Stock⸗ holm 146,00, Kopenhagen 107,25, Rom —,—, Prag 15,25.
—
—.—
London, 18. Januar. (W. T. B.) Silber 32 ⁄1., Silber anf
Lieferung 31 8 Wertpapiere.
Wien, 18. Januar. (W. T. B.) Türkische Lose —,—, Mei⸗
rente 1000, Februarrente 2100, Oesterreichische Kronenrente 750 Oesterr. Goldrente 17 000, Ungarische Goldrente 72 000, Ungarisch⸗
Kronenrente 9400, Anglobank 164 000, Wiener Bankverein 46 400
Oesterreichische Kreditanstalt 45 500, Ungarische Kreditanstalt 352 00,
Länderbank, junge 191 000, Oesterr.⸗Ungarische Bank —,—, Wiener⸗
Unionbank 74 000, Lloyd Triestina —,—, Staatsbahn 831 000, Südbahn 236 000, Südbahnprioritäten 565 000, Siemens u. Halske 34 000, Alpine Montan 417 000, Poldihütte 780 000,
Kohlen 2 675 000, Salgo⸗Kohlen 1 575 000, Daimler 14 00, Veitscher Magnesit 17 000 000, Waffenfabrik 400 000, Galtzir 9 700 000, Lepkamaktien 161 000, Nordbahn 11 890 000. London, 18. Januagr. (W. T. B.) Privatdiskont 27 .. Amsterdam, 18. Januar. (W. T. 5 % Niederländische Staatsanleihe von 1918 89 ½, 3 % Niederländische Staatz⸗ anleihe 6113⁄16⁄. 3 % Deutsche Reichsanleihe Januar⸗Juli⸗Coupon e 3.- Niederländ. Petroleum 382,50, Holland⸗Amerika⸗ Linie 125,00, Atchison, Topeka & Santa Fé 104,75, Rock Island Southern Pacific 91,00, Southern Railway 27,00, Union
Berichte von auswärtigen Warenmärkien.
Bradford, 18. Januar. (W. T. B.) Der heutige Woll⸗ markt war bei steigenden Preisen ziemlich lebhaft.
Peeihe, 181 Anaconda 98,00, United States Steel Corp. 1075.
Nr. 3 des „Ministerialblatts für die Preußische innere Verwaltung“, herausgegeben im Feeeeesn Ministeriun des Innern am 17. Januar 1923, hat folgenden nhalt: Persönlich Angelegenheiten. — Allgemeine Verwaltungssachen. Vf. 30. 12. 2. Umzugskosten. — Vf. 23./7. 12. 22, Schreib⸗ und Zeichenstoffe an Beamte. — Vf. 4. 1. 23, Schriftverkehr in d. ehem. preuß. Gebiete — Vf. 12. 1. 23, Kreiszuschüsse der Landräte. — Vf. 12. 1. 20 Febrkosternents adig. d. Landräte. — Vf. 12./3. 1. 23, Zahlung erhöbter Versorgungszuschläge. — Polizeiverwaltung. Aufgaben der Polizet. V. 10. 1 23, Nationalverband deutscher Soldaten u. Großdeutsche Arbeiten partei. — Vf. 12. 1. 23, pol. Strafverfügungen. — Vf. 12. 1. 5 Landung von Wasserleichen. — Einrichtung, Behörden, Beamte. In allgemeinen: Vf. 8. 1. 23, Vordrucke d. Pol.⸗Behörden. — Vf. 9. 1. 29 Belohnungen f. Landjägereibeamte. — Kassen⸗ u. Rechnungsweser
Vf. 10. 1. 23, Mieten f. angemietete Diensträume. — Vf. 6. 1. 3. 2
Erstatt. überhob. Bezüge v. früh. Kattowitzer Pol.⸗Beamten. — Anstellung, Gebührnisse. Vf. 10. 1. 23, Zivilversorg.⸗Schein. — Vf. 11. 1. 23, Pol.⸗Obersekr⸗Dienst. — Vf. 7. 1. 23, Ci⸗ stellungen in d. Schutzpol. — Vf. 11. 1. 23, Dienstaufwand d Kriminalbeamten. — Ausbildung. Vf. 12. 1. 23, Lehrg. „ d. Pol.⸗Schule f. Leibsüb. u. an d. höh. Pol.⸗Schule. — If 12. 1. 23, Verg. f. Schulleiter u. Lehrer an den Beamtenschulen. — Aerztliche Angelegenheiten. Vf. 12. 1. 23, Vergüt. f. zahn Bebandl. d. Schutzpol.⸗Beamten. — Sparkassen. Kredit⸗ u. Ve⸗ sicherungswesen. Vf. 30. 12. 22, Tilgungsdarlehen. — Steuern 1 Abgaben. Vf. 9. 1.23, Steuerordnungen. — Vf. 12. 1. 23, Steuer u. Gebührenordnungen. — Vf. 12. 1. 23, Steuer auf übermäß⸗ Verzeht. — Bau. u. See 8 1. 28; enst ahrzeuge d alliierten u. assoztierten Mächte. — Handschriftliche Berichtigungen.— Bücher f. Verwalt.⸗ u. Pol.⸗Beamte. 8-
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
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Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr Tyrol, Charlottenburg
Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschäftsstele “ M engering in Berlin. ¹
Verlag der Geschäftsstelle Mengering) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, Berlin. Wilhelmstr. 32. Fünf Beilagen nh nbei und Warenzeichenbeilage Nr. 6 A u. 5. e, Zweite, Dritte und Vierte Zentral⸗Handelsregister⸗Beilass
b Prager Eisen 1 625 000, Rima Murany 258 000, Skoda⸗Werke 850 000, Brüxe
Nichtamtliches.
(Fortsetzung aus dem Haupiblatt.)
16 Preußischer Landtag.
197. Sitzung vom 18. Januar 1923, Nachmittags 2 Uhr. Eericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger“)) Am Regierungstische Minister des Innern Severing.
Bizepräsident Dr. v. Kries eröffnet die Sitzung um 2 Uhr 15 Minuten. Das Haus verabschiedet zunächst einstimmig in sämt⸗ lichen Lesungen die Novelle zu den Beamten⸗, Volks⸗ ullehrer⸗ und Mittelschullehrer⸗Dienst⸗ einkommengesetzen.
Es folgt die erste Beratung der Euntwürfe der
Städte⸗ und Landgemeindeordnung, des ersten Teils der Verwaltungsreform. Die Emwürfe regeln die Verfassung und Verwaltung der Einzel⸗
meinden, auf denen sich die weiteren Kommunalverbände des Reichs und der Provinzen aufbauen.
Minister des Innern Severing: Meine Damen und Herren! Ich habe die Ehre, dem Landtage die Entwürfe einer Städte⸗ und Landgemeindeordnung zu unterbreiten. Sie werden es verstehen, wenn ich mich im Hinblick auf die politische Gesamtlage und auf die
augführliche Begründung und die Uebersichten sowie im Hinblick auf
meine Ausführungen im Staatsrat auf ein paar allgemeine Bemer⸗ kungen beschränke. (Abgeordneter Katz: Den Staatsrat erkennen wir nicht an!) — Herr Katz, Ihre Ausührungen sind nicht kommunal, sondern kommun, nicht gemeinnützig, sondern gemein. (Sehr gut! und Bravo!)
Ich darf hervorheben, daß Preußen heute in derselben traurigen Lage sich befindet als in dem Jahre, in dem durch den Freiherrn vom Stein die Grundlage einer Städteordnung geschaffen wurde. Heute wie damals sind dem deutschen und preußischen Volke von den Siegern sogenannte Friedensbedingungen diktiert, die uns zu erdrücken drohen; beute wie damals schickt sich französisches Militär an, durch Sanktionen und Requisitionen aller Art diese Bedingungen bis auf das Tipfelchen über dem i zur Erfüllung zu bringen, unbekümmert darum, welche Folgen diese Requisitionen für Preußen, für das Reich und für Europa haben. Und heute wie damals sind wir genötigt, alle Kräfte im Lande, die guten Willens sind, zu gemeinsamer Arbeit zusammen⸗ zufassen und nach den Grundsätzen der größten Sparsamkeit alle er⸗ forderlichen Reformen zur Durchführung zu bringen. Hier könnte
die Frage auftauchen, warum die staatliche Verwaltungsreform,
das Problem des Behördenaufbaues, zurückgestellt und der kommunalen Verwaltungsreform in der parlamentarischen Behandlung der Vorzug eingeräumt worden ist. Betrachtet
man die Dinge lediglich vom Standpunkt der Vereinfachung
der Verwaltung und der Verbilligung des Verwaltungsapparats,
dann lassen sich gewiß sehr viele Gründe für ein umgekehrtes Verfahren anführen. Dann würde insbesondere die Frage zur Entscheidung zu bringen sein, ob nicht ein e Staffel in der Behördenorganisation der Provinzen abgeschafft werden soll. Leider liegen die Verhältnisse nicht so einfach, als daß heute schon eine Lösung möglich wäre. Der Staatsrat hat sich für die Beibehaltung der Oberpräsidenten und der Regierungspräsidenten entschieden — eine Auffassung, der ich nicht beitreten kann. Obgleich im Staatsministerium und in den einzelnen Ressorts der Staatsverwaltung schon eingehend die Frage erörtert worden ist, wie recht bald die Beseitigung einer Staffel, der Ober⸗ oder Regierungspräsident, erreicht werden könnte, ist eine Lösung im gegenwärtigen Augenblicke nicht ohne schwere Bedenken durchzuführen. Durch außenpolitischen Druck und innerpolitische Bestrebungen ist in mehreren Provinzen Preußens eine Bewegung in Gang gekommen, die darauf abzielt, preußische Gebietsteile vom Staate abzutrennen und zu selbständigen staatlichen Gebilden im Rahmen des Reiches zu machen. Die Staatsregierung hat sich mit Entschiedenheit gegen solche Be⸗ strebungen gewandt und hat dabei in dankenswerter Weise bisher die Unterstützung der überwiegenden Mehrheit des Landtages gefunden. Sie hofft auch, daß ihre Abwehr auf der ganzen Linie von Erfolg ge⸗ krönt sein wird, und rechnet dabei auch in Zukunft auf die tatkräftige Hilfe des Landtages. Wenn die Staatsregierung aber dieses Ziel erreichen will, so würde sie nicht klug handeln, die Positionen nieder⸗ zureißen oder zu schwächen, die in erster Linie dazu berufen sind, dem Ansturm der Freunde des „Los von Preußen!“ standzuhalten. Eine Lockerung des Gestänges in der preußischen Behördenorganisation kann daher im Augenblick nicht in Frage kommen, so erwünscht auch eine Vereinfachung und Verbilligung der Verwaltung wäre. Der Schaden, meine sehr verehrten Damen und Herren, der durch einen Erfolg der Absplitterungsbestrebungen angerichtet werden würde, würde ungleich größer sein, als die Summe nützen würde, die durch etwa zwei bis drei Jahre früherer Verwaltungsreform im besten Falle er⸗ zielt werden könnte — ein Schaden, der nicht nur Preußen, sondern auch ganz besonders das Reich treffen würde. Aehnliche Gedanken⸗ gänge hat mit erfreulicher Deutlichkeit auch vor kurzem ein Mann ausgesprochen, dem ich namens der Staatsregierung auch an dieser Stelle für die wertvolle Arbeit Dank sagen muß, die er in der Vor⸗ bereitung der Verwaltungsreform geleistet hat. Es ist Herr Staats⸗ minister Drews, der kürzlich in einem Artikel der Zeitschrift „Staats⸗ und Selbstverwaltung“ folgendes ausgeführt hat: Die Erkenntnis verbreitet sich immer mehr, daß eine Aufteilung Preußens geradezu ein Verbrechen am preußischen Lande sein würde. Gerade die preußischen Landesteile hatten bisher den Vorzug vor allen anderen deutschen Gebieten, daß sie Teile eines großen leistungsfähigen Staates waren. Genan so wie der Groß⸗ betrieb bezüglich der materiellen Leistungsfähigkeit unter allen Um⸗
ständen dem Kleinbetrieb überlegen ist, ist auch das größere Land
gegenüber dem kleineren bei der Erfüllung der Staatsaufgaben im Vorteil. —
*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergeceben sind.
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Berlin, Freitag, den 19. Januar
Meine Herren, es ist in diesen Zeitläuften nicht überflüssig, zu be⸗ tonen, daß, wenn sich die preußische Staatsregierung mit aller Ent⸗ schiedenheik gegen eine Zerstückelung Preußens wendet, das nicht etwa aus kleinlichen partikularistischen Motiven geschieht, sondern in der ehrlichen und — ich füge hinzu: leider nicht unbegründeten Sorge, daß eine Schwächung Preußens, besonders in seinen Randgebieten, auch eine unheilvolle Schwächung des Reichs im ganzen bedeuten würde. Das sage ich mit besonderem Nachdrucke gerade heute, am
(Tage der 52. Wiederkehr der Reichsgründung. (Bravo!)
1 Ich darf mich daher, was diese Frage anbelangt, dahin resümieren, daß die staatliche Verwaltungsreform, das heißt die Ver⸗ einfachung des Behördenaufbaus, zwar nicht bis ins endlose ver⸗ zögert werden darf, aber so lange vertagt werden muß, bis die pol itische und wirtschaftliche Konsolidierung unseres Landes diese ein⸗ schneidende Reform ohne Gefahr erträgt. Dabei wird auch — das möchte ich bei dieser Gelegenheit ebenfalls hervorheben — zu prüfen sein, ob man nicht kleine Kreise zusammenlegen kann, um auch
dadurch eine Vereinfachung und Verbilligung der Verwaltung zu
erzielen.
Zeigt also die staatliche Verwaltungsreform im Augenblick noch erhebliche Schwierigkeiten, so kann die kommunale Ver⸗ waltungsreform sofort in Angriff genommen und verabschiedet werden. Die kommunale Verwaltungsreform umfaßt die vorliegenden Entwürfe und den Entwurf einer Kreisordnung und einer Provinzialordnung. Es ist in verschiedenen Kreisen, wiederholt auch in den Erörterungen des Landtags, der Wunsch geäußert worden, alle vier kommunalen Verwaltungsgesetze gleichzeitig dem Hause zu unterbreiten. Die gleich⸗ zeitige Vorlegung und Beratung wird mit der Begründung gewünscht, daß damit eine Beschleunigung der Durchberatung erzielt werden könnte. Mir scheint diese Folgerung ein Trugschluß zu sein. Ich bin vielmehr der Auffassung, daß die Durchberatung nicht vereinfacht, fondern erschwert wird, da die Ausgestaltung der Kreis⸗ und der Provinzialordnung in vielen Punkten wesentlich von den Beschlüssen abhängt, die in bezug auf die Landgemeinde⸗ ordnung und die Städteordnung gefaßt werden. Der von dem Staats⸗ ministerium vorgeschlagene Weg scheint mir deshalb der zweckmäßigere und schnellere zu sein. Eine Bevorzugung verdienen die Städte⸗ ordnung und die Landgemeindeordnung auch schon um deswillen, weil die Bevölkerung mit dem Verwaltungsapparat der Gemeinden in die unmittelbarste Fühlung tritt und daran das größte Interesse nimmt. Es kommt hinzu, daß die Vertretungskörperschaften der Städte und der Landgemeinden jetzt eine vierjährige Amtsdauer hinter sich haben und sehr dringend der Erneuerung bedürfen, wie die Klagen zahlreicher Stadt⸗ und Landgemeinden beweisen, in denen durch das willkürliche Vorgehen einer Partei die Geschäftstätigkeit und Beschlußfähigkeit und damit das ganze Wirken im Interesse der Allgemeinheit lahm⸗ gelegt wird. Die Vertretungen der Kreise und Provinzen sind erst im Februar 1921 neugewählt worden, und ihre Erneuerung ist deshalb nicht in demselben Grade dringlich.
Ich habe schon bei der Beratung der Entwürfe im Staatsrat darauf verwiesen, daß die zeitliche Trennung der Durchberatung die Einheitlichkeit des ganzen Verwaltungsreformwerkes se lbstverständlich nicht verwischen darf. Die allgemeinen Grundsätze der ganzen Reform sind deswegen vom Staatsministerium in ihrem Zusammenhange fest⸗ gestellt und, wie Sie wissen, in den Uebersichten und Begründungen zu den Gesetzentwürfen auch zur Kenntnis der parlamentarischen Körperschaften gebracht worden.
Die Entwürfe haben sowohl in den ersten Stadien ihrer Durch⸗ beratung wie auch in der Fassung des Staatsministeriums in der Oeffentlichkeit eine recht geteilte Aufnahme gefunden. Man hat sie in Parallele gestellt zu dem großen Reformwerk des Freiherrn vom Stein. (Zuruf bei den Komm.) Ich gebe zu, daß nicht so sehr die Sache wie die Zeitverhältnisse zu derartigen Vergleichen reizen. (Zuruf des Abg. Katz: Vor allen Dingen aber nicht die Personen — Heiterkeit.) Aber ein oberfläch⸗ licher Vergleich, der nicht in die Tiefe dringt, kann nur zu Ungerechtigkeiten und zu einer schiefen Beurteilung führen, wie es auch tatsächlich in vielen Fällen geschehen ist. Wenn nicht Herr Katz durch seinen Zuruf mir schon zuvorgekommen wäre, dann würde ich selbst die Feststellung getroffen haben, daß ich mir nicht anmaße, ein Reformer im Ausmaße des Freiherrn vom Stein zu sein. Meine Damen und Herren, man darf nicht übersehen, daß nach dem Zusammenbruch des preußischen Staates im Jahre 1806 die Aufgabe Steins darin bestand, sozusagen aus dem Nichts eine Verwaltungs⸗ organisation zu schaffen, die an Stelle des obrigkeitlichen Regiments die Selbstverantwortung und eine selbstgewählte Verwaltung stellt. Die Selbstverwaltung hat in den verflossenen 100 Jahren den Beweis von der Richtigkeit der Grundsätze jenes Reformwerks erbracht. Sie hat den Ge⸗ meinden eine feste Verwaltung gegeben, die in den Zeiten des wirt⸗ schaftlichen Aufschwungs auch den Städten zu einer gewissen Macht⸗ stellung verhalf und in den Zeiten des Niederganges, besonders in den letzten Kriegsjahren und in der Nachkriegszeit, die Gemeinden vor schweren Erschütterungen bewahrte. Um den Unterschied von damals und heute auf eine kurze Formel zu bringen, darf ich wieder⸗ holen, was ich vor einigen Monaten bei dem gleichen Anlaß im Staatsrat ausgeführt habe, daß nämlich an Stelle des Vakuums von damals heute eine in Glück und Unglück erprobte Organisation vor⸗ handen ist. Aus dieser Sachlage folgt aber, und das bitte ich be⸗ sonders betonen zu dürfen, daß die Aufgaben der heutigen Reform wesentlich bescheidener sein müssen und auch nur bescheidener sein können, als es damals der Fall war. Dabei verdient auch der Um⸗ stand besondere Erwähnung, daß der wesentliche Teil der jetzigen Reform durch die Verordnung des Jahres 1919 bexeits vorweg⸗ genommen ist, der Teil nämlich, der sich mit den Bestimmungen über Wahlberechtigung und Wählbarkeit beschäftigt.
Steins Reformwerk war zu seiner Zeit eine geschichtliche Tat allerersten Ranges, aber die Bevorzugung des Grundbesitzes in der Städteordnung, die, wenn auch im Laufe der Zeit ein wenig abge⸗ schwächt, sich im wesentlichen doch bis zum Schluß des Krieges er⸗ halten hatte, stellte nicht den Staatsbürger, sondern den Besitz in
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den Mittelpunkt der Selbstverwaltung.
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Das kam besonders inn Hausbesitzerprivileg und noch deutlicher im Dreiklassenwahlrecht zun Ausdruck. Für ihre Beseitigung ist in der Vorkriegszeit lange und leidenschaftlich gekämpft worden; ein Erfolg war diesen Kämpfen nicht beschieden. Erst im Frühjahr 1919 hat die Einführung des allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrechts alle Pri vilegien des Besitzes beseitigt und damit eine wirkliche Selbstve waltung der Gemeinden gesichert. Damit erst ist einer der Grund⸗ gedanken verwirklicht, der Stein bei seinem großen Reformwerk leitete und den er durch den Satz umschrieb: Alle Kräfte der Nation werden in Anspruch genommen, und sinken die höheren Klassen derselben durch Weichheit und Gewinnsucht, so treten die folgenden in verjüngter Kraft auf, erringen sich Einfluß, Ansehen und Vermögen und erhalten das ehrwürdige Gebäude einer freien, selbständigen und unabhängigen Verfassung. Eine Klasse, die durch Gewinnsucht und durch Wohlleben sich be⸗ sonders in den letzten Jahren unrühmlich ausgezeichnet hat, ist im Sinken begriffen. (Wiederholte Zurufe von den Komm.) Diese Klasse, meine sehr verehrten Damen und Herren, sinkt, um die Aus⸗ drucksweise des Freiherrn vom Stein anzuwenden, moralisch und politisch. (Glocke des Präsidenten.)
Meine Herren, die Kapitalisten, die ihre Gewinne ins Ausland bverschieben und im Inland und teilweise auch im Ausland in Schlemmerei und Prasserei leben, haben keinen Anspruch auf eine besonders bevorrechtete politische Stellung. Andere Schichten drängen hinauf. Der vierte Stand, den Freiherr vom Stein bei seinem
Reformwerk nicht kannte, hat im Laufe der letzten Jahrzehnte des vergangenen Jahrhunderts seine Ansprüche angemeldet, und die Kräfte dieses vierten Standes, die sich national im besten Sinne des Wortes
betätigen, wie die Vorgänge im Ruhrrevier in den letzten Tagen wieder bewiesen haben, haben ein Anrecht, in der Selbstverwaltung genau so beteiligt zu sein, wie die Angehörigen der anderen Schichten. Gerade deshalb aber möchte ich eine Abschwächung des Gedankens des allgemeinen, geheimen, gleichen und direkten Wahlrechts nicht zu⸗ geben. Ich muß mich deswegen gegen die Abänderungsvorschläge des Staatsrats erklären, der eine größere Karenzzeit in bezug auf die Wählbarkeit feststellen und das Wahlrecht für Forensen wieder ein⸗ führen will. Alles in allem: Die Bedeutung des vorliegenden Reformwerks kann nur richtig gewürdigt werden, wenn man den Zu⸗ stand der Vorkriegszeit mit den Bestimmungen in Vergleich stellt, die das allgemeine und gleiche Wahlrecht an Stelle des privilegierten Wahlrechts gesetzt haben.
Als Ziel und Umfang der kommunalen Verwaltungsreform kurz anzugeben: erstens die Vereinheitlichung, zweitens die Anpassun an die republikanische Staatsform und drittens eine der Neuzeit ent sprechende Umgestaltung der Verwaltung unter Berücksichtigung der Bedürfnisse des wirtschaftlichen Verkehrs. 1b
Die Buntscheckigkeit der bisherigen Gemeindeverfassungsgesetze ist Ihnen bekannt; sie ist zum Teil im geschichtlichen Werden Preußens begründet. Wir haben heute acht Städteordnungen und fast ebensoviel Landgemeinde⸗, Kreis⸗ und Provinzialordnungen. In Zukunft foll es nur eine Landgemeindeordnung, eine Städteordnung, eine Kreisordnung und auch nur eine Provinzialordnung für das ganze Land geben. Es ist selbstverständlich, daß dabei örtliche Eigentümlichkeiten fortfallen müssen. Die Staatsregierung hat sich jedoch davon ferngehalten, die Vereinheitlichung in eine öde Gleichmacherei ausarten zu lassen. Wo bewährte örtliche Eigentümlichkeiten von der Bevölkerung aufrecht⸗ erhalten werden, da soll das durch Provinzial⸗ und Ortsgesetz seine Sanktion erfahren. Was aber von den bisherigen Eigentümlichkeiten nachahmenswert erschien, das ist schon in den allgemeinen Entwurf aufgenommen worden. Wenn die Vorlage z. B. in der vorliegenden Form zu den beiden Arten der städtischen Verwaltung nicht im Sinne der Bevorzugung der einen Art Stellung nimmt, sondern die Bestimmung trifft, die Magistratsverfassung und die Bürgermeistereiverfassung nebeneinander bestehen zu lassen, so ist das nicht zuletzt auf den Wunsch weitester Volkskreise, insbesondere auch der sachkundigen, zurückzuführen, an sich bewährte Einrichtungen nicht ohne weiteres zu opfern. Auch in der Landgemeindeordnung wird der provinzialen Eigenart und den besonderen provinzialen Bedürf⸗ nissen namentlich bei der Regelung der Landbürgermeisterei im weitesten Umfange Rechnung getragen.
In den Erörterungen über das Verhältnis zwischen Staat und Gemeinde klingt oft der Gedanke hindurch, als ob Staatsautorität und Selbstverwaltung ohne weiteres gegensätzliche Begriffe seien. Diese Auffassung war in früheren Zeiten schon nicht ganz richtig, heute hat sie meines Erachtens jede Berechtigung verloren. Grund⸗ fätzlich ist zunächst zu sagen, daß der Staat das Primäre ist, daß die Gemeinden oder Gemeindeverbände, die ihm organisch angegliedert sind, thre Aufgaben und ihre örtliche Hoheitsgewalt nicht aus eigenem Recht, sondern vom Staat empfangen haben. (Zuruf des Ab⸗ geordneten Katz.) — Ich kann mich zu Ihrer Auffassung, daß die Sowjetrepublik das Primäre sei, nicht aufschwingen. — Beide, meine sehr verehrten Damen und Herren, Staat und Gemeinde, haben denselben Zweck und dieselbe Daseinsberechtigung, nämlich die Pflege der Wohl⸗ ‚fahrt des Volks. Bei Streitfragen kann es sich eigentlich nur darum handeln, zu entscheiden, was zweckmäßiger vom Staat unmitteldar oder aber von den Gemeinden als Organen des Staats ausgeführt werden soll. War diese Sachlage schon bei der früheren Verfassung gegeben, so ist es heute im Hinblick auf die republikanische Staats⸗ form Preußens erst recht unangebracht, vom Staat und den Gemeinden als geborenen Widersachern zu sprechen. (Zurufe bei den Komm.) Die Vertretung des Staats wud nach dem⸗ selben Wahlrecht gewählt wie die Vertretung der fommunalen Körperschaften, und während die Regierung unter dem alten Regime vom König ernannt wurde und damit am auffallendsten den Obrig⸗ keitsstaat repräsentierte, wird die Regierung heute vom Vertrauen der Volksvertretung berufen und geha lten. (Zurufe bei den Komm.) — Ich würde sehr traurig sein, wenn ich von Ihnen berufen und gehalten werden müßte, Herr Katz. — In diesem Wandel scheint mir der große Unterschied zwischen der Obrigkeitsverwaltung und der Selbstverwaltung des Staates zu liegen. Staatsverwaltung und