6. Behandlung von Mundkrankheiten einschl. Zahn⸗ steinentfernung für jede Sitzung . . . . .. .. 7. a) Große operative Eingriffe (Wurzelspitzenresektion, 2— Entfernung von Tumoren, größere Resektionen, plastische Mundoperationen, größere Ausmeißelungen verlagerter, tieffrak. urierter 52 retenierter Zähne, Unterbindungen Sder äbnliches) . d) Mittlere operative Eingriffe (partielle Resektion der Sae aren he⸗ Exstirpation kleinerer Epu⸗ iden, kleinere Ausmeißelungen, plastische Mund⸗ operationen kleineren Umfangs, Aufklappungen, Auskratzungen und ähnliche) . . . . .. .. c) Kleinere operative Eingriffe (Spaltung und Aus⸗ kratzung von Fisteln, Eröffnung von Abszeß⸗ Pöblen. Operationswunden, Entfernung kleinerer Sequester und Fremdkörper und ähnliche)). d) Nachbehandlung bei größeren operativen Ein⸗ griffen Ur sche Sizung .. . 8. Stillung einer bedrohlichen Nachblutung (bei chwierigen Fällen und größerem Zeitaufwand nach egründung entsprechend mehr) ... ... 9. Für die Behandlung in der Nachtzeit (von abends Uhr bis morgens 8 Uhr) tritt zu den vorge⸗ nannten Sätzen ein einmaliger Zuschlag von 8 10. Kommt eine neue Vereinbarung zwischen dem Wirt⸗ schaftlichen Verband deutscher Zahnärzte und den Krankenkassenhauptverbänden zustande, so bleibt eine “ entsprechende Abänderung der Gebühren unter Ab⸗ schnitt IV vorbehalten (siehe auch § 2 Abs. 2).
Berlin, den 22. Januar 1923. Der Preußische Minister für Volkswohlfahrt. Hirtsiefer. 8
174 ℳ
464
Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung. Frank⸗
Der Mittelschullehrer Dr. phil. Schrader aus hirt a. M. ist zum Kreisschulrat in Dannenberg, Reg⸗Bez. küneburg, ernannt worden.
Nichtamtliches.
Deutsches Reich. 1b
Der Reichsrat hielt gestern unter dem Vorsitz des Reichsministers des Innern Dr. Oeser eine öffentliche Voll⸗ versammlung ab. Eingegangen ist u. a. der Entwurf eines Schankstättengesetzes, der den zuständigen Ausschüssen über⸗ wiesen wurde.
Das Gesetz über Maßnahmen gegen die wirtschaft⸗ liche Not der Presse hat der Reichstag bekanntlich dahin abgeändert, daß er die Holzabgabe auf zwei Prozent erhöht hat. Der Reichsrat hatte nur ein Prozent beschlossen. Die Ausschüsse des Reichsrats haben sich nochmals mit der Ange⸗ legenheit befaßt. Ministerialdirektor Graf von Holtzendorff berichtete gestern, wie das „Nachrichtenbüro des Vereins deutscher Zeitungsverleger“ mitteilt, über die Verhandlungen:
Die Ausschüsse haben beschlossen, gegen den Reichstagsbeschluß, soweit er die Holzabgabe auf zwei Prozent erhöht, Einspruch zu er⸗ heben. Der Einspruch wird damit begründet, daß der Reichstag er⸗ heblich über das hinausgegangen ist, was die Länder bei Würdigung ihrer Finanzlage für tragbar erachten und auch über das, was die Reichsregierung in der Vorlage vor eschlagen hatte. Der Reichs⸗ regierung wird gleichzeitig angeimgesefit Verhandlungen zwischen Reichsrat. und Reichstag einzuleiten. Dabei ist, wie der Bericht⸗
8 es ge —— en —9,452,N 222 „ Mo cr in den Forstbesitz der Länder im besetzten Gebiet in⸗ peisen.
„Die Vollversammlung des Reichsrats schloß sich mit Mehrheit dem Beschluß der Ausschü den Reichstagsbeschluß vom Nei “ e;G
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geändert werden. 1 Sätze verdoppelt und schon erste Satz auf 600 ℳ um zwei Drittel des jetzigen Betrages. träge der sächsischen und thüringischen Regierung sind von den Ausschüssen abgelehnt worden. Angenommen wurde ferner eine Verordnung über Erlaß von Grund⸗ erwerbssteuern beim Erwerb von Grundstücken für diplomatische und konsularische Vertretung des Auslandes, wobei die Voraussetzung ist, daß im Ausland dasselbe ge⸗ schieht. Die Verordnung wurde auch auf die diplomatische Vertretung des Heiligen Stuhls ausgedehnt. Darauf wurde den Anlei hen der Seseke⸗Genossenschaft in Essen, der Emmscher Genossenschaft in Essen, des Ruhrtalsperren⸗Vereins in Essen des Ruhrverbandes in Essen und der Linksniederrheinischen der isetungsgenossenschaft die Mündelsicherheit verliehen und der Zuschlag zur raftfahrsteuer vom 1. Februar ab auf 0 v festagsebt
uf der Tagesordnung der nächsten Si ung am Monta
dem 29. d. M., steht ein 10. Nachtrag 88 Eiat und b 8. Ergänzung des Besoldungsgesetzes. 8
n die sepigen n anuar wird der erhöht und dementsprechend alle andern
vom 15. bis 29. J Weitergehende An⸗
Der tschecho⸗slowakische Gesandte Tusar hat li ⸗ lassen. Während seiner Abwesenheit susa 8 ö Dr. Havplicek die Geschäfte der Gesandtschaft.
Deutscher Reichstag. 290. Sitzung vom 25. Januar 1923, Nachmittags 2 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)*)
Eingegangen sind Telegramme des Tiroler Landtags und der Stadtverwaltun von Graz sowie ein reiben der deutschen Abge⸗
1 Landtag, worin über den Einbruch der Fran⸗ hrrevier Ausdruck gegeben sung wird vom Hause mit lebhaftem Beifall
„amerikanische Abkommen (Einsetzung mmission zur Prüfung der Rechte der amerikanischen Staatsan ehörigen aus dem Vertrag von Versailles) wird in drei esungen debattelos erledigt.
Es folgt die erste Lesung des Gesetzentwurfsüber Eintragun von Schi spfandrecht 1 ausländischer Wrhruchält 9 S
2) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervo obenen der Herren Miister, die im Wortlaute wieverweweben hon“n Reden
begrüßt. Das
bewenden lassen,
Abg. Gildemeister (D. Bp.) führt Beschwerde darüber, daß die Regierung in dieser Sache nicht mit der gewünschten Schnelligkeit gearbeitet habe. g— 1
Abg. Heile (Dem.) fragt, warum nicht generell die Ein⸗ tragung in äausländischer Währung zugelassen werde, sondern nur akultativ mit Einwilligung der Landeszentralbehörde. Der
iederaufbau der Handelsflotte werde immer teurer und die Schwierigkeit der Reeder immer größer. Im Inland sei kein Geld zu leihen. Möge die Regierung es nicht bei diesem Gesetz sondern schon in den nächsten Wochen ein neues
(D. Nat.): Auch uns geht der Ent⸗ wurf nicht weit genug. aarum soll nicht für Schiffe generell dasselbe gelten, was schon für Grund und Boden gilt? Ministerialdirektor von Joncquisres: Gegen die Er⸗ weiterung der Vorlage lagen gewisse Währungsbedenken vor. Aber das Reichswirtschaftsministerium ist bereit, im Sinne der Anregung der Vorredner auch auf die Länder einzuwirken.
Die Vorlage wird in zweiter und dritter Beratung an⸗ genommen mit einer Resolution Gildemeister⸗Heile, die die Regierung ersucht um baldige Vorlage eines Gesetz⸗ entwurfes, der die Eintragung in aus⸗ ländischer Währung schlechthin zuläßt.
Die Vorlage, betreffend Abänderun Wohnungsbauabgabe (Verfünfzehnfa 1 der Abgabe) geht ohne Debatte an den Ausschu für Wohnungswesen. — Hierauf wird in dritter Lesung der Ent⸗ wurf über Festsetzung der Ortslöhne und des dur sich nö 1 ed Jahresverdienstes land⸗ wirtschaftlicher Arbeiter ohne Erörterung ange⸗ nommen.
Es folgt die erste Beratung des Etats für 1923.
Reichsfinanzminister Dr. Hermes: Meine Damen und Herren! Der Reichshaushaltsplan für das Rechnungsjahr 1923, den ich namens der Reichsregierung Ihnen vorzulegen die Ehre habe, steht unter dem Zeichen des furchtbaren Sturzes der Mark. Je mehr sich dieser fortsetzt, desto mehr weiten sich die Zahlen des Etats mit der Wirkung, daß die Ausgabeposten diese Entwicklung weit schneller und intensiver mitmachen als die Einnahmeposten. Und eine weitere Wirkung der Zerrüttung des Markkurses und unserer gesamten Währung auf den Haushalt ist die völlige Unsicherheit der Zahlen, die Lloyd George in seinem kürzlichen Artikel über Frankreichs Aktion gegen Deutsch⸗ land als zutreffend anerkannt hat, indem er sagt: „Der gewandteste Finanzminister kann unmöglich sein Budget einer Währung anpassen, die, während er sich niedersetzt, um seine Entwürfe zu schreiben, unter dem Horizont verschwunden ist, bevor er von seinem Schreibtisch aufstehk.“
Um ein Vielfaches verschärft hat sich die Kalamität der Unsicher⸗ heit, die wir nun schon seit Jahr und Tag zu beklagen haben, seitdem das in jüngster Zeit verübte Attentat der Gewalt gegen das Recht des Friedens alle Vemühungen um Ordnung der Reichsfinanzen, der Währung und Wirtschaft von neuem verschüttet hat, ebenso wie — das darf ich hier gleich hervorheben — die Aussichten auf Reparation für unsere Gläubiger.
Der Haushaltsplan für das Rechnungsjahr 1923, dessen Auf⸗
ee; vorlegen. bg. Dr. Helfferi
der ung
genommen werden mußte, hat nach dem heutigen Stande der Dinge nur noch die Bedeutung eines Programms. Fast alle Ansätze werden wesentlich erhöht, neue Posten müssen eingesetzt werden. Sicher ist, daß der Reichshaushaltsplan für 1923 ein weiteres starkes Abwärts⸗ gleiten anzeigt.
Die Veranschlagung, die dem jetzigen Etat zugrunde liegt, hat Beir austo in ver Prr. vvnt⸗dectigeit-Etandbunk! ats hondem vin inder völlig anderen politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen leb Nicht berücksichtigt sind sämtliche nach de
schwer, trotzdem sie nur so be Ansprüche befriedigt werden können. Ebenso wie die Erhöhungen der Bezüge der Reichsbediensteten
‚elbst, die vom 16. November ab zugestanden werden mußten, sind nicht berücksichtigt die Zuschüsse an Länder und Gemeinden, die sich aus diesen Erhöhungen ergeben und die in Ansatz zu bringen sind, wenn die Maßnahmen, die der Entwurf zur Aenderung des Landes⸗
b 1· Länder und Gemeinden vorsieht, in Kraft getreten sein werden. Auf der Einnahmeseite sind nicht deranschlagt die Mehrerträge aus den Steuern usw., die infolge der weiteren Geldentwertung zu erwarten sind sowie die Erhöhungen, die sich aus den Steigerungen der Post⸗, Telegraphen⸗ und Fernsprechgebühren und der Eisenbahntarife ergeben. Endlich sind die im Haushalt der
wie auch in den Haushalten der Be⸗
Haushalt zur Ausführung des Friedens⸗
vertrages vorgesehenen Ausgleichsfonds nicht so dotiert, daß sie dem
auf Grund der jetzigen Preislage entstehenden Geldbedarf genügen könnten.
Wenn die Reichsregierung sich gleichwohl entschossen hat, Ihnen, meine Damen und Herren, den Voranschlag in seiner 1 Gestalt vorzulegen, so ist sie in Uebereinstimmung mit dem Reichs⸗ vat von der Ueberzeugung ausgegangen, daß sie durch eine Um⸗ arbeitung des Voranschlags das Ziel, eine bessere Grundlage für die Finanzgebarung ö Wi
Abschlußzahlen ersehen, gleichen sich im ordentlichen Haushalt der allgemeinen Reichsverwaltung, so wie er Ihnen vorliegt, Einnahmen
und Ausgaben mit dem veranschlagten Betrage von 732 Milliarden
Mark aus. Im außerordentlichen Haushalt der allgemeinen Reichs⸗ verwaltung bleibt ein ungedeckter und auf Anleihe zu nehmender ver.aesxpe⸗ von 66 Milliarden Mark. ur einige Worte zum Etat der Betriebsverwaltu
ordentlichen Haushalt der Reichs⸗Post⸗ und ve hat sich das Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben nicht herstellen lassen. Der Fehlbetrag beläuft sich nach dem vorgelegten Entwurf auf rund 80 ¼½ Milliarden Mark. Die dem Reichstag bereits bekannten Maßnahmen zur Herbeiführung einer Verringerung der Ausgaben sind in vollem Gang. Sie erstrecken sich in erster Linie auf Verminderung des Personalbestandes, auf Durchführung weit⸗ gehender Dezentralisation und auf Betriebsvereinfachung. dadurch zu erzielenden Ersparnisse werden sich auf viele Milliarden belaufen, die allerdings infolge der weiter fortschreitenden Steigerung sämtlicher Preise und Löhne nicht unmittelbar in die Erscheinung treten werden. Zur Steigerung der Einnahmen sind die Gebühren⸗ tarife in rascher Folge der Geldentwetung angenähert worden. Daß
der Erhöhung der Gebühren durch den an fie regelmäßig sich
ich hierzu bemerken möchte, auf das durch die
stellung pflichtgemäß schon vor einer Reihe von Monaten in Angriff
anschließenden Rückgang des Verkehrs Schranken gesetzt sind,h ich nicht hervorzuheben. braug Der Anleihebedarf beim außerordentlichen Post⸗ und Telegraphenverwaltung beläuft sich 84 ½ Milliarden Mark. Die Anforderungen
Haushalt der P.; nach dem GErieue für Bauten sind, n
Verkehrsbedürfmg. botene notwendigste Maß beschränkt. b beüfäse Bei der Reichsbahn sollen wie im laufenden Rechnunag die Ausgaben des ordentlichen Haushalts durch eigene Cnn voll gedeckt werden, und zwar durch allmähliche Anpassung der P an die Geldentwertung, durch scharfe Erfassung aller sonstigen 8 nahmequellen und durch Verringerung der Ausgaben mit His im Gange befindlichen Ersparnismaßnahmen. Hiervon erwähne besonders den planmäßigen Abbau des überzähligen Personalz eine weitere Ersparnis von etwa 25 000 Köpfen vorsieht, 8h; Einschränkung des Stoffverbrauches. Nach einer kurze Zeit un liegenden Schätzung führen die Ersparnisse an Personal, Resl und Oelen zu einer Jahresminderausgabe von rund 1 Milliarden Mark. schließt
Der außerordentliche Haushalt der Reichsbahn einem Anleihebedarf von rund 284 Milliarden Mark ab.
Für die Ausführung des Friedensvertrages ergibt sich ein Ai gabebedarf von 206 Milliarden Mark. Dabei ist zu berücksichine daß für die eigentlichen Reparationsleistungen entsprechend unsen Moratoriumsgesuch kein Betrag eingestellt worden ist Im gesam Haushalt verbleibt ein Anleihebedarf in Höhe von 622 M liarden Mark.
Dieses an sich schon sehr trübe Bild unserer Finanzwirtsce hat sich nun weiter außerordentlich verschlechtert, und zwar Uifot der Besoldungsaufbesserungen vom 16. November v. Js., des 1” bedarfs an Besoldungszuschüssen an Länder und Gemeinden,- Teuerungsmaßnahmen für Militärrentner der Erhöhung der N gleichsfonds und des Mehrbedarfs für Verzinsung der Reichzschal der Mehraufwendungen für soziale Ausgaben, erhöhte Steuvert weisungen für Länder und Gemeinden und der nicht vorgesehen Auswirkungen des Landessteuergesetzes. “““
Der Ausgabebedarf für das Etatsjahr 1923 wird sich um Berücksichtigung dieser Posten auf rund 3500 Milliarden Mak laufen. Dem stehen gegenüber die voraussichtlichen Mehreinnahme unter deren Berücksichtigung das Gesamterträgnis der Steuern m Zölle auf den gewaltigen Betrag von 1900 bis 2100 Millind Mark geschätzt werden kann.
Wir haben also das trostlose Ergebnis, daß im ordentlich Haushalt der allgemeinen Reichsverwaltung ein Fehlbetrag in Höhe von 1400 bis 1600 Milliarden Mark entsteht. Hierzu treten weiteren großen Fehlbeträge des ordentlichen Haushalts der Reich postverwaltung sowie der Anleihebedarf bei den außerordentli Haushalten. Der Eisenbahnverwaltung wird es vielleicht gelingen, Gleichgewicht bei dem ordentlichen Haushalt auszugleichen, aber a hier ist die Voraussage angesichts der Preissteigerung aller Beden gegenstände unsicher. Ich darf daran erinnern, daß infolge! Lieferungen von Reparationskohlen im J re 1922 zur Aufneh erhaltung des Eisenbahnbetriebes allein 70 Milliarden Mark fürd Bezug englischer Kohle ausgegeben werden mußten.
Wenn der Fehlbetrag im ordentlichen Haushalt schon bislang a 1600 Milliarden Mark zu beziffern war, wie sollen sich die Dinge m erst gestalten im Hinblick auf die durch die Besetzung des Ruhrgebie drohende Erschwerung unserer Kohlenwirtschaft und unserer gesant
v—Nö Inunnevediewtnfar⸗ 3
Die letzten gewaltigen Preissteigerungen sind die unmittelbe Folgen des neuen Marksturzes, und dieser wiederum die Folged Ruhrbesetzung. Ueberlegen wir uns doch einmal, was das Ruhrkohle gebiet für uns bedeutet. Im Jahre 1922 wurden dort 100 Milliune Tonnen Steinkohlen gefördert oder rund 80 % unserer gesante Förderung. Vor dem Kriege war die Förderung des Ruhrgebiets w größer, aber der Anteil an der Gesamtförderung betrug weniger äl jetzt, nämlich 60 %. Mit dem Verlust eines Teiles von Oberschlese⸗ und mit der Entziehung der Verfügungsgewalt über die Saarkeoh haben die Kohlen des Ruhrgebiets für uns eine erhöhte Bedeutu erlangt. 6
Die Förderung, die im Kriege zurückgegangen war, konnte al mählich wieder gesteigert werden dank der Vergrößerung der Bltt schaften und dank der Bereitwilligkeit der Arbeiterschaft, unter g. wissen Voraussetzungen Ueberschichten zu leisten.
Der französische Eingriff führt einen jähen Wandel herbei. 0 besteht nicht nur die Gefahr, daß die Förderung abnimmt und die führung der Ruhrkohle an das nichtbesetzte Gebiet unregelmäßiger u geringer wird und damit für die Eisenbahn und einen großen Teil e Industrie der verstärkte Bezug englischer Kohle notwendig wik sondern es besteht auch die Gefahr, daß der ganze subtile Mechanism den das Ruhrgebiet darstellt, und damit das Herz unserer Wirtsche ins Stocken gerät. Es sind bestimmte wirtschaftsimperialistish Pläne, die Frankreich veranlassen, die Hand nach diesem Lebenszentm des Reichs auszustrecken: Die Errichtung eines „Grand trust frangu du charbon et de la métallurgie“, der der französischen Eisenind t eine Vormachtstellung am internationalen Eisenmarkt sichern soll. M. anderen Worten, die Absicht der französischen Imperialisten geht doll im westlichen Wirtschaftsgebiete eine Vereinigung von Eisen, Erz m. Kohle unter französischer Führung aufzurichten, die eine weit grißeñ Bedeutung haben würde als die hervorragende Stellung, die sih R deutsche Schwerindustrie in der Vorkriegszeit errungen hatte.
Die Herstellung einer gewissen Beziehung zwischen der lotbrh gischen und der Ruhrindustrie, die beiden Gleichberechtigung und l⸗ abhängigkeit gewährleistet, wäre eine durchaus natürliche Entwicklung Aber das, was die französischen Imperialisten wollen, ist die 5 bedingte Vorherrschaft in Europa, die der deutschen Industrie de Selbständigkeit und der deutschen Wirtschaft die Lebensmöglichkeita nehmen würde, aber auch die wirtschaftliche Stellung anderer eum päischer Staaten stark beeinträchtigen würde. 1
Wie gewaltig im neuen Jahre unter dem Einfluß der durch di
Ruhrbesetzung geschaffenen Lage und im besonderen der dadurch be⸗ wirkten neuen Geldentwertung die schwebende Schuld angewachsen in
mögen Sie aus folgendem ersehen:
Wir hatten am 31. Dezember 1922 eine schwebende Schull
(diskontierte Schatzanweisungen) von rund 1495 Milliarden Mark
am 22. Januar 1923 — von rund 1852 Milliarden Mark. 24 riesige Ausmaß dieses Anwachsens wird klar, wenn man sich we gegenwärtigt, daß vom Kriegsende bis zum Ablauf des Rechnungt
jahres 1920 die schwebende Schuld von 51 Milliarden auf 166 M liarden gestiegen war. Von Beginn des laufenden Rechnungsich
8
ts um 22. Januar 1923 hat sich dagegen die schwebende Schuld 11“““ gelches Ausmaß die Störung des deutschen Finanzwesens durch Gewaltakt an der Ruhr amnehmen wird, läßt sich jetzt noch nicht 495 übersehen. Zweifellos ist nur, daß der Versuch der Be⸗ zungsarmee, die Kohlensteuer und die Zölle im okkupierten Ge⸗ um sich bringen, von uns mit allen Mitteln bekämpft werden , deß aber schon der Versuch der Beschlagnahme auf die Ein⸗ 5 ven in schädlichster Weise einwirken muß. Zu den Minderein⸗ ünen gesellen sich unvermeidbare Ausgaben zur Verringerung und geitigung der durch die Besatzung entstandenen und entstehenden küäe Die Reichsregierung wird sich in den nächsten Tagen ge⸗ bäg schen, mit einer größeren Kreditforderung zur Beseitigung der üschaftlichen Schäden aus Anlaß der Ruhrbesetzung an den Reichs⸗ leranzutreten. Es klingt gegenüber diesen rauhen Tatsachen wie hn, wenn Herr Poincars in seiner Kammerrede über den Ruhr⸗ gall zur Rechtfertigung des Gewaltaktes u. a. erklärt: „Wir wollen ah Deutschland zur Durchführung von Reformen bringen, die unsere
g
anen retten und die Mark stabilisieren sollen“
öwoß sind die Leiden der Bewohner des Ruhrgebiets. Die an hnicht überreichlichen Lebensmittel werden zum Teil von den mili⸗ gichen Eindringlingen mit Beschlag belegt, die ohnehin außerordent⸗ h lohen Preise werden wie die Entwicklung der letzten Wochen ig weiter hinaufgetrieben; die Versorgung der Bevölkerung wird gwierigen. Im ganzen Reich regt sich eine hocherfreuliche Hilfs⸗ und fertereitschaft, die sich indes nicht auf die Hergabe von Geld, zensmitteln und dergleichen beschränken darf, sondern der Ernst und „Aot der Zeit zwingen das gesamte deutsche Volk zur Enthalt⸗ nket, insbesondere zur Einschränkung aller Luxusausgaben, dem it ein in Vorbereitung befindliches Notgesetz Rechnung tragen.
Ich habe aus dem Reichshaushalt Ihnen nur wenige Zahlen nunt sie werden aber genügen, um Ihnen von den ungeheuren anziellen Problemen des kommenden Reichshaushalts eine Vor⸗ lung zu verschaffen. Ueber eins müssen wir uns klar sein, daß es tt nehr als je in den letzten Jahren unmöglich ist, einen Haushalt justelen, der irgendwelchen Anspruch auf praktischen Wert und auf gereistimmung mit den wirklichen Ergebnissen des kommenden üns haben könnte. Der jüngste Sturz der Reichsmark auf einen ter unerhörten Tiefstand hat auch die letzte Möglichkeit zerschlagen,
reen geordneten Voranschlag für die Ausgaben und Einnahmen des
iches aufzustellen, ganz zu schweigen von der Stabilisierung der irk. Wenn die Reichsregierung auch unter den schwierigsten Ver⸗ mmisen das Ziel, — ugen lassen darf und wird, so kann es sich im Augenblick doch eöharum handeln, daß wir versuchen müssen, um von unserem wer bedrängten Volke die äußerste Not⸗ abzuwenden und ihm die ggensten Lebensbedürfnisse sicherzustellen. Wir müssen unter dem tuck dieser schweren Zeit auch sonst wohlbegründete finanzielle Be⸗ ken hintenansetzen, wenn es sich darum handelt, den am meisten dringten Kreisen unseres Volkes die Möglichkeit des nackten Lebens terschaffen. Die Ernährung der Bevölkerung darf nicht weiter ver⸗ kechtert werden. Die Geldentwertung, die der Bevölkerung die bglichket nimmt, die erforderlichen Mengen an Nahnungsmitteln kaufen, hat die Ernährung in einem Maße erschwert, die unsere sksgesundheit bedroht. Der Preußische Wohlfahrtsminister hat in letzen Tagen das furchtbare Wort von dem Hungersterben ge⸗ schen, das das deutsche Volk heimsucht. Besonders bedenklich er⸗ eint in Rahmen dieser Feststellungen die gesundheitliche Zukunft ers Nachwuchses, und zwar dürfte, nach dem bemerkenswerten arage, den kürzlich der Geheime Obermedizinalrat Dr. Krohne alien hat, die wichtigste Ursache für die beobachtete Unterernährung lricher Kinder in dem immer schlimmer werdenden Milchmangel in der Verteuerung der Milch liegen. Unsere Kinder sind in Ge⸗ „Zur Erleichterung des Milchbezuges für Säuglinge und kleine ger wird die Regierung durch den nächsten Nachtrag zum Haus⸗ Rfür das laufende Rechnungsjahr drei Milliarden Mark anfordern. Lufrendung dieser Summe ist notwendig zur Unterstützung der seit der ausländischen Wohltätigkeitsorganisationen, denen ich bei er Gelegenheit für ihr segensreiches, unermüdliches Hilfswerk den sten Dank der Reichsregierung aussprechen möchte. Die Welt wird es verstehen, daß der deutsche Finanzminister in er geit vor allem mit dafür sorgt, daß unser Volk nicht zugrunde 8 mehr uns die Gewalt bedrängt, desto mehr Mittel wird Kegierung zur Verhütung der schlimmsten Folgen, zur Ab⸗ dung einer schweren dauernden Schädigung unseres ganzen Volks⸗ mmes zut Verfügung stellen müssen. 1G gu diesem Zwecke hat sich das Reich auch entschließen müssen, kändern die aus der ihnen obliegenden Wohlfahrtspflege er⸗ senen Lasten durch Gewährung von Zuschüssen zu erleichtern. Die tim Rahmen des Geschäftsbereichs des Reichsarbeitsministe⸗ 8 ausgeworfenen Beträge kommen den Bevölkerungskreisen zu⸗ die die Entwertung des Geldes mit der Vernichtung bedroht. hweise dabei insbesondere auf die Summen hin, mit denen neich bemüht ist, der Not der breiten Schichten de nicht mehr fͤigen Mittelstandes, z. B. der Kleinkapitalrentner, zu 2 Die Reichsregierung ist gewillt, ihnen ebenso wie den alrentnern und den Kriegsbeschädigten das nur irgend mögliche penden. Innerhalb der Sozialversicherung beteiligt sich das t auch an der Wochenhilfe und Wochenfürsorge. . die soziale Kriegsbeschädigten⸗ und Kriegshinter⸗ 8 ürsorge, zu der auch die nach dem Kriegspersonenschädengesetz 82 Aufruhrschädengesetz zu versorgenden Personen getreten sind, rten Mittel sind entsprechend dem ausgedehnten Personen⸗ befanders hoch. . die Unterstützung gemeinnütziger Anstalten muß sich das b mngelegen sein lassen. Ich möchte dabei besonders hervor⸗ daß die Reichsregierung stets die mögliche Hilfe schnell ge⸗ will und auch weiterhin auf diesen Gebieten wie auf ähn⸗ 8 8 der Unterstützung der ohne eigenes Verschulden Erwerbs⸗ bb das tun will, was im Hinblick auf die Finanzlage ver⸗ werden kann. Besonders wird sie, wie es in den letzten 8* 8 ist, der Not in den widerrechtlich besetzten Gebiets⸗ Necn räften zu steuern versuchen. helcad⸗ meine Damen und Herren, sind wir nun in diesen 8 Zustand hineingeraten, wer trägt die Schuld daran, iftige ere Bemühungen, zu einem geordneten Haushalt und zu tern n Wäbrungsverhältnissen zu gelangen, immer wieder zum 8 sindzurteilt waren und jetzt vorläufig ganz aussichtslos ge⸗ 48 Wir können es gar nicht laut genug in die Welt hin⸗ vidolin unserem Ruin trägt die alleinige Schuld die französische olitik! Noch einmal muß
r “
Ordnung im Haushalt zu schaffen, nicht aus
vor aller Oeffentlichkeit mit der
Lüge aufgeräumt werden, daß Deutschland selbst seine Währung und seine Finanzen absichtlich in Unordnung gebracht habe, um sich der Wiedergutmachungspflicht zu entziehen. Ich will nicht im ein⸗ zelnen auf die ungeheuren Werte eingehen, welche Deutschland seit dem Waffenstillstand bis zum 1. Mai 1921 den Alliierten hat über⸗ lassen müssen. Ich will mich auch nicht aufhalten bei dem Wider⸗ sinn, der darin liegt, Reparationsleistungen von unerhörtem Ausmaß von Deutschland zu verlangen und ihm gleichzeitig die Last der Unterhaltung fremden Militärs — bis jetzt 4 %¼ Milliarden Gold⸗ mark — aufzuerlegen.
1 Ganz abgesehen von den Verlusten, die dem durch den verlorenen Krieg geschwächten Wirtschaftskörper Deutschlands den Rest seiner Zahlungskraft entzogen haben, hatte die deutsche Regierung trotz des Widerspruchs maßgebender wirtschaftlicher Kreise es über⸗ nommen, an die Ausführung des uns im Mai 1921 auferlegten Londoner Ultimatums heranzugehen. Jedermann weiß, daß der Ver⸗ such, die von uns geforderte erste Milliarde Goldmark zusammen⸗ zubringen, nur unter den allergrößten Schwierigkeiten geglückt ist, daß er aber unserer bereits zerrütteten Währung einen schweren Schlag versetzt hat, denn als unmittelbare Folge der Devisenkäufe, die vorgenommen werden muͤßten, fiel die bis dahin lange Zeit stetig gebliebene Reichsmark auf etwa ein Drittel ihres damaligen Wertes. Nach dieser Kraftanstrengung war uns die Möglichkeit einer dauernden Erholung nicht vergönnt. Der zweite, noch schwerere Schlag, der uns traf, war der verhängnisvolle Spruch des vom Völkerbund eingesetzten Schiedsgerichts, der uns den wertvollsten Teil des oberschlesischen Industriegebietes entriß. Unter dem Druck dieser Ereignisse setzte sich
die Entwertung der Mark im Oktober und November 1921 unaufhalt⸗
sam fort. Damals begann man zum ersten Mal von der Notwendig⸗ keit eines Moratoriums für Deutschland zu sprechen. Schon die Hoffnung auf die Möglichkeit einer solchen Ruhepause genügte, um das Barometer der deutschen Wirtschaft, den Markkurs, ansteigen zu lassen.
An den Bewegungen des Markkurses im vergangenen Jahre kann man die Entwicklung der Reparationsverhandlungen genau verfolgen. Jedesmal, wenn es zu neuen Verhandlungen kam, bei denen es schien, als ob nun endlich eine Verständigung über die deutschen Reparationsleistungen erzielt werden könnte, hat sich der Markkurs sprungweise gebessert. Das trifft zu auf die Konferenz von Cannes im Januar, auf die Konferenz von Genua im April, auf die Beratungen des Bankierkomitees in Paris im Mai und Juni und auf die letzten Zusammenkünfte der vier alliierten Premierminister in London vom Dezember v. J. und in Paris vom Januar d. J. Bei
allen diesen Gelegenheiten hat sich der vorher gesunkene Markkurs
kräftig wieder erholt. Wie reimt sich das zusammen mit der von Frankreich verfochtenen These, daß die deutsche Regierung oder die deutsche Industrie die Markentwertung vorsätzlich betrieben habe? Wenn an dieser Behauptung irgendein wahres Wort wäre, so würde doch nicht mit dieser Regelmäßigkeit jede Nachricht, die eine Ver⸗ ständigung in der Reparationsfrage erhoffen ließ, einen so günstigen Einfluß auf die deutsche Währung haben ausüben können. ;
Weshalb aber ist nach jeder Erholung die Mark wieder gefallen und weshalb hat sie seit Ende Juni v. Js. und jetzt wiederum so gewaltige Erschütterungen erlitten? Der Abbruch der Konferenz von Cannes infolge des Sturzes der damaligen französischen Regierung und die Uebernahme der Regierung durch Poincars haben die vor⸗ her erzielte Besserung der Mark beseitigt, weil alle Welt — leider nur allzu berechtigt — fürchtete, daß nunmehr die Tage der Ver⸗ ständigungsmöglichkeiten gezählt seien und die Aera der Gewaltmaß⸗ nahmen anbrechen werde. Diese Befürchtung erwies ihre Berechti⸗ gung zunächst aus dem Verlauf der von Lloyd George zur Herbei⸗ führung eines wirklichen Völkerfriedens berufenen Konferenz von Genua, die von vornherein durch Poincaré zum erheblichen Teil da⸗ durch wertlos gemacht wurde, daß die Reparationsfrage nicht er⸗ örtert werden durfte. Die Genueser Konferenz verlief ergebnislos, aber die Hoffnung regte sich weiter. Es gelang uns, in mühseligen Verhandlungen in Paris mit der Reparationskommission die zahl⸗ reichen Schwierigkeiten und Mißverständnisse zu beseitigen, die sich damals zwischen der Reparationskommission und uns aufgetürmt hatten. Ein Einvernehmen über die Regelung der Reparation für das Jahr 1922 wurde erzielt, und gleichzeitig nahmen die von der Reparationskommission eingeladenen finanziellen Sachverständigen ihre Beratungen über die Möglichkeit einer Reparationsanleihe auf. Wiederum besserte sich der Markkurs, aber wiederum zerschlug Poincars alle Hoffnungen, derselbe Poincaré, der in ungewöhnlicher Schärfe vor aller Oeffentlichkeit die von der Reparationskommission geladenen Bankiers an jeder Erörterung über die Möglichkeit einer Herabsetzung der deutschen Schuld hinderte. Schwer verstimmt durch diese Behandlung gingen die Bankiers auseinander, nicht ohne vor⸗ her in einer denkwürdigen Entschließung der Welt zu sagen, daß Reparationszahlungen nur im Wege einer vernünftigen Verständigung von Deutschland zu holen sind, daß die Anwendung von Gewalt alle Kredit⸗ und Anleihemöglichkeiten für Deutschland ausschließt, daß aber bei einer wirtschaftlich erträglichen Regelung und bei grund⸗ sätzlichem Ausschluß von Sanktionen Geld genug in der Welt für Deutschland und für die Reparationen vorhanden sei.
Einstweilen aber triumphierte die Gewalt, und bald zeigte sich, nach welcher Richtung hin sie sich uns gegenüber äußern würde. Der französische Ministerpräsident ließ keine Denkmalsweihe, überhaupt keine Gelegenheit vorübergehen, ohne Deutschland in heftigster Weise mit Beschimpfungen und Drohungen anzufallen, unsere Friedensliebe zu verdächtigen und sich über unseren angeblichen schlechten Willen in der Reparationsfrage zu beklagen. Jede dieser Reden wurde mit neuer Besorgnis von der Welt aufgenommen und übte auf den Mark⸗ kurs einen weiteren Druck aus.
Ich halte mich für verpflichtet, mit einer weiteren Verleumdung abzurechnen, die gerade von Poincars immer wieder ausgesprochen worden ist: das ist das Märchen von der „mauvalse volonté“, von dem bösen Willen der Deutschen.
Wer wie ich mitten in den Reparationsverhandlungen des letzten Jahres gestanden hat, dem steht wohl das Recht zu, zu ertlären, daß bei allen diesen Verhandlungen die deutsche Regierung so weit entgegengekommen ist, wie sie es mit ihrer Verantwortung nur irgend vereinbaren konnte, daß wir aber von einer Bereitwilligkeit der französischen Regierung, Deutschlands Lage objekriv zu würdigen, in dieser ganzen Zeit nichts gemerkt haben. Wir können vielmehr mit Fug und Recht gegenüber Frankreich den Vorwurf der fortgesetzten mauvaise volonte erheben und, wie meine hbeutigen Ausführungen noch darlegen werden, auch vor aller Welt beweisen. Kennzeichnend ist vor allem, daß die jetzige französische Regierung jed m Versuch einer direkten Aussprache mit Vertretern
bestehen Europas verhängnisvollen
der deutschen Regierung oder der deutschen Wirtschaft ausgewichen ist und damrt jede Möglichkeit zur Verständigung vereitelt hat.
Die Reparationskommission hatte in ihrem Beschluß vom 31. Auguft 1922 ausdrücklich die vorläufige Zahlungsunfähigkeit Deutsch⸗ lands und die Notwendigkeit eines längeren Moratoriums anerkannt. Gleichzeitig aber stellte Poincaré sein berüchtigtes System der produk⸗ tiven Pfänder auf. Als ob nicht der Versailler Vertrag durch die mili⸗ tärische Besetzung der Rheinlande, durch die Ausstattung der Reparations⸗ kommission mit weitestgehenden Befugnissen sowie durch die Bestellung einer ersten Hypothek auf dem gesamten deutschen Reichs⸗ und Staats⸗ eigentum im Hinblick auf Sicherheiten und Pfänder wahrlich auch den überspanntesten Forderungen der Sieger Rechnung getragen hätte. Als Poincaré mit seiner langen Pfänderliste auf der Besprechung der Alliierten in London im August vorigen Jahres erfolglos geblieben war, klammerte er sich an die Beschlagnahme der linksrheinischen Staatswälder und der staatlichen Kohlenbergwerke im Ruhrgebiet an. Wir haben diesem Verlangen, dessen Ziele ja nur zu klar zutage lagen, von vornherein festen Widerstand entgegengesetzt. Ich will auf die mühseligen und langwierigen Verhandlungen, die sich im Herbst vorigen Jahres zwischen der Reparationskommission und uns abgespielt haben, hier nicht eingehen. Jedermann wird uns bezeugen müssen, daß wir diese Verhandlungen im Geiste der Verständigungsbereitschaft bis zur äußersten Möglichkeit trotz der andauernden Androhung mit der Be⸗ setzung des Ruhrreviers geführt haben. Mit ba nger Sorge haben wir die ver⸗ hängnisvolle Entwickelung verfolgt, die das frivole Spiel mit dem Einbruch in weiteres deutsches Gebiet schließlich nehmen mußte Immer mehr verdichteten sich die Drohungen, immer lauter erhob eine abgerichtete und verhetzte Presse das Rachegeschrei nach der Ruhr und immer schwerer wurde es den besonnenen Elementen in Frank⸗ reich, mit ihren Warnungen vor dem für das wirtschaftliche Weiter⸗ Gewaltstreich durchzudringen. in die Ruhr, der von den Kreisen der französischen Schwerindustrie als Werkzeug für die wirtschaftlich Beherrschung des europäischen Kontinents durch Frankreich angestrebt war, von der französischen Regierung zunächst nur als eine Dro hung gedacht gewesen, um Deutschland für die französischen Ansprüche gefügig zu machen. Je mehr aber der Plan der Ruhrbesetzung in der Presse erörtert wurde, je mehr Warnungen die Sachverständigen der ganzen Welt dagegen erhoben und je größeres Widerstreben die Absicht der Besetzung in den Kreisen der anderen alliierten Regierungen fand, um so mehr verstrickte sich das politische Prestige Frankreichs und der Bestand der heutigen französischen Regierung mit dieser Frage. Gelang es nicht, die Pfänderpolitik bei den Alliierten durchzusetzen, dann wurde Poincaré aus Gründen der Selbsterhaltung gezwungen, die Drohung auszuführen, mit der er vielleicht nur gespielt hatte, allen wirtschaftlichen und finanziellen Bedenken zum Trotz.
Die Verhandlungen über das Moratorium gingen indes weiter. Wir haben am 14. November v. J, getragen von der Zustimmung des gesamten deutschen Volkes und gestützt auf die Autorität von ersten internationalen Sachverständigen, der Reparationskommission auf deren Wunsch ein ausführliches Programm für die Regelung der Reparationsleistungen in den nächsten Jahren überreicht. Die neue deutsche Regierung hat dieses Programm durch ganz bestimmte und nach dem Urteil gerade von hervorragenden Vertretern der alliierten Regierungen wohl geeignete Vorschläge ergänzt. Diese Vorschläge sind auf Betreiben von Poincars von der Konferenz der vier Premierminister in London ohne Begründung und ohne Prüfung als unzureichend zurückgewiesen worden. Der Politik der Gewalt konnte eine Verständigung durch gegenseitiges Nachgeben nicht passen. Es half auch nichts, als wir, um das äußerste zu leisten, im Einvernehmen mit den Vertretern der deutschen Wirtschaft einen umfassenden Plan für die Gesamtregelung der Reparationen aus⸗ arbeiteten und uns bereit erklärten, ihn der Konferenz der Alliierten in Paris Anfang Januar d. J. vorzulegen. Wir haben nicht einmal eine Antwort auf dieses Anerbieten erhalten. .
Die letzten alliierten Besprechungen haben nicht den von Poincaré gewünschten Verlauf genommen. Die Wege der einzelnen Alliierten in der Reparationsfrage haben sich getrennt, weil nicht alle die Politik der brutalen Gewalt für ein geeignetes Mittel hielten, um aus dem wirtschaftlich zerrütteten Deutschland noch weitere sofortige Zahlungen und Leistungen herauszupressen. Da Poincars seinen Willen bei den alliierten Regierungen nicht durch. setzen konnte, so muß er die Autorität Frankreichs da zu wahren suchen, wo ihm ein Widerstand nicht gefährlich erscheint: bei dem gänzlich entwaffneten und wehrlosen Deutschland. Die lang er strebte Besetzung des Ruhrgebiets, das Ziel der französischen Schwer⸗ industrie, mußte gerade in einem Moment erfolgen, in dem von irgend⸗ einem Verschulden Deutschlands wirklich nicht die Rede sein konnte. Um einen Vorwand zu schaffen, wurde die Tatsache, daß wir im Laufe des Jahres 1922 mit geringfügigen Holz⸗ und Kohlenlieferungen im Rückstand geblieben waren, gewissermaßen an den Haaren herbei⸗ * gezogen, obwohl die Reparationskommifsion von sich aus gar nicht daran gedacht haben würde, in der gegenwärtigen Wirtschaftsnot Deutschlands eine Verfehlung Deutschlands aus diesen Lieferungen herzuleiten. Die nötigen Beschlüsse wurden in aller Eile mit 8 Stimmenmehrheit gefaßt, und unmittelbar darauf begann der mili⸗ tärische Einfall in das Ruhrgebiet, dessen wirtschaftliche Folgen wir mit tiefstem Schmerz und größter Entrüstung erleben müssen.
Auf diesen Gewaltakt hin hat die Mark in wenigen Tagen wiederum zwei Drittel ihres vorher schon so geringen Restes an. Wertgeltung eingebüßt. Kann es nach dieser Entwicklung der Dinge noch jemand in der Welt geben, der mit gutem Gewissen bebauptet, daß der Sturz der Mark und die sich an ihn knüpfenden Folgen von Deutschland selbst verschuldet worden sind? Ich kann es mir nicht ver⸗- sagen in diesem Zusammenhange Worte zu zitieren, die der frühere eng- lische Schatzkanzler Mac Kenna vor kurzer Zeit auf der Versammlung. der amerikanischen Bankiers in New York gesprochen hat: „In der⸗ in London abgehaltenen Reparationskonferenz der verbündeten Mächte“. — so führte Mac Kenna aus — wurden Vorschläge für Straf⸗ maßnahmen gemacht, die ergriffen werden sollten um Deutschland zu. zwingen, unmittelbar Barleistungen zu machen, eine Politik, die man nur in der Ueberzeugung hätte treiben können, daß Deutschland wirklich zahlen konnte. Ich für meinen Teil glaube nicht, daß es in 8 seiner Macht liegt, dies zu tun. Und an einer anderen Stelle des † Vortrags heißt es: „Wenn ich die Ueberzeugung gewonnen habe, daß ein Versuch, Zahlungen über die Leistungsfähigkeit des Schuldners hinaus zu erzwingen, für den internationalen Handel der ganzen Welt schädlich ist, die Löhne herabdrückt, den Nutzen verkleinert und eine direkte Ursache der Arbeitslosigkeit ist, so beruht dieser Schluß ganz, allein auf wirtschaftlichen Gründen und ist unbeeinflußt durch irgend⸗
Vielleicht ist der Einmarsch