Der Regierungsbaumeister Quehl ist zum Regierungs⸗
und Baurat im Lande Waldeck ernannt worden. Zu Regierungs⸗ und Bauräten sind ernannt: die Re⸗ gierungsbaumeister Walter Wolff in Berlin (Bauausführung) -Streich bei der Regierung in Minden. 888
Ministerium des Innern.
8 Das Preußische Staatsministerium hat den Regierungs⸗
assessor Dr. Poltrock in Frankfurt a. O. zum Stellvertreter des zweiten Mitgliedes des Bezirksausschusses in Frankfur
ga. O. auf die Dauer seines Hauptamtes am Sitze des Bezirks⸗ ausschusses ernannt.
„ Der Rechtsanwalt und Notar Dr. Melcher in Oppeln ist zum Regierungsrat ernannt worden.
b Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung. 2 8 Das Preußische Staatsministerium hat den Studien⸗ direktor Dr. Czwalina an der opernikus⸗Schule in Allen⸗ stein zum Sößrstudiendibettor an einer staatlichen höheren Lehr⸗ anstalt ernannt. Als solchem ist ihm die Leitung des Gym⸗ nasiums nebst Realschule in Gumbinnen übertragen worden. 8 Die Wahl der Studienrätin Groening an dem Städti⸗ schen Lyzeum I nebst Oberlyzeum und Studienanstalt i. E. in “ zur Oberstudienrätin an dieser Anstalt ist bestätigt worden.
Richtamtliches.
Deutsches Reich.
Der Reichsrat hält am Donnerstag, den 14. Juni 1923, Uhr Nachmittags, im Reichstagsgebäude eine Vollsitzung.
Deutscher Reichstag. 362. Sitzung vom 11. Juni 1923, Nachmittags 3 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger“*)
Vor Eintritt in die Tagesordung bemerkt Präsident Löbe: 8
Der bisherige Direktor beim Reichstag, Herr Geheimrat Jung⸗ rBn. ist auf seinen Wunsch Ende des vergangenen nats in den
uhestand versetzt worden. Ich habe ihm aus diesem Anlaß den
Dank ausgesprochen für seine vierzigjährige Tätigkeit im Penste des Reichstags, für den großen Pflichteifer und die willige Hilfe, die er den Abgeordneten, meinen Amtsvorgängern und mir ge⸗ leistet hat. Herr Oberregierungsrat Galle, der bisher mit der Wahrnehmung der Geschäfte betraut war, ist von mir zum Direktor ernannt worden. b —
Auf der Tagesordnung steht die zweite Beratung des Reichsknappschaftsgesetzes.
Die Rede des Reichsarbeitsministers Dr. Brauns, der
hierauf das Wort ergreift, wird nach Eingang des Steno⸗
gramms veröffentlicht werden.
Abg. Janschek (Soz.): Die Bergarbeiter haben ihre Ver⸗ ficherung aus eigenen Kräften geschaffen. Wir haben in den ein⸗ zelnen Landtäagen wiederholt versucht, Verbesserungen zu schaffen, aber durch die Entwicklung verloren die Arbeiter sogar wohl⸗ erworbene Rechte, sie verloren die Anwartschaft beim Ortswechsel. Zurzeit herrscht im Knappschaftswesen große Zersplitterung, worunter die Krankenversicherung sehr zu leiden hatte. In den Ausschußbeschlüssen vermissen wir eins obligatorische Vorschrift darüber, daß in jedem Bezirk eine besondeve Krankenkasse bestehen muß. Die Vorschriften über die Pensionskasse sind erheblich ver⸗ bessert worden, die Aufnahme ist erleichtert. Wer zur Gruben⸗ arbeit zugelassen ist, hat nunmehr unter allen Umständen ein Recht, in die Pensionskasse aufgenommen zu werden. Der Aus⸗ schußbeschlut, wonach der Pensionsanspruch nach 25jähriger ätigkeit im Bergbau bedingsungslos erworben ist, entspricht einer alten Forderung der Bergarbeiter. Die harte Arbeit unter Tage rechtfertigt diesen Anspruch. Die Einschränkung, daß das ünszigste Lebensjahr vardeges sein muß, ist gegen unseren Willem an⸗ “ worden. i der Wahl der wünphefrgssbrn muß as System der Verhältniswahl streng durchgeführt werden. Das Knapp chaftsgeset ist nur ein Teil des Reichsberggesetzes, dessen Erledigung nicht länger verschoben werden darf. Unter den Berg⸗ arbeitern herrscht große Unzufriedenheit wegen der Verzögerung des Reichsberggesetzes. Wir haben ein Reich, eine Republik, aber eine Menge verschiedener Berggesetze. Möge die Republik 2ecg ein einheitliches Berggesetz bald eine Kräftigung erfahren. (Beifa
bei 88 So kace neeateg. 9. 99 b 88 c g. Im bu entr.): unterstütze den Wunsch des Vorredners nach 89 en eines einheitlichen Pgedene hth Früher waren auch die Unternehmer böfür. weil die Zersplitterung ihnen chadete. Dann aber glaubten sie ihre Interessen in den Einzel⸗ ndtagen besser gewahrt zu sehen, weil diese nicht nach dem all⸗ emeinen Wahlrecht gewählt wurden. Bei der Verwaltung des veeeeb herrschte das Unternehmertum früher nahezu unbeschränkt. Jahrzehntelang wurden die Arbeiter bedrückt und ihnen ihre Rechte genommen. Beiträge wurden von vielen e9s „Unständigen“ erhoben, ohne daß dadurch ein Anrecht au er⸗ rgung im Krankheitsfall geschaffen wurde. In den achtziger hren des vorigen Jahrhunderts hat sich die Zentrumspartei große Verdienste um die Verbesserung des Knappschaftswesens er⸗ worben. Mit Putschen war hier nichts getan, hier konnte nur zähe Arbeit zum Ziele vFe Nach dem großen Bergarbeiterstreik von 1906 versuchte reußen energisch eine Verbesserung des Knappschaftswesens; man kam aber nicht zu der nötigen Einheit⸗ lichkeit und auch nicht zur vollen Sicherung der Knappschafts⸗ leistungen. Der vorliegende Entwurf liefert endlich das erforder⸗ liche Rahmengesetz, das aber auch Richtlinien für die Einzelheiten, namentlich für die Leistungen der Versicherung, enthält. Den Knappschaftsvereinen muß die Möglichkeit gegeben werden, das an⸗ Geld wertbeständig anzulegen, damit nicht wieder wie isher Verluste eintreten können. Der Entwurf macht jedenfalls n Fortschritt und enthält praktische Vorschläge für die Vereinheitlichung, die Beseitigung der vielen kleinen Kassen, den Zwang, alle Bergleute in die Versicherung aufzunehmen, die Verbesserung der Leistungen, die Familienfürsorge, die bessere Be⸗ teiligung der Versicherten an der Verwaltung usw. Die Aerzte⸗ vage hat hier leider nicht mitgelöst werden können, sie bleibt be⸗ voonderer Regelung vorbehalten, die allerdings dringend erforderlich ist. Im Namen der Bergleute, die ich vertrete, danke ich allen herzlich, die an diesem Gesetz mitgewirkt haben. w Abg. Winnefeld (D. Vp.): Ich danke dem Minister für seine Hervorhebung der Bedeutung des Bergbaues. Dem Reichs⸗ tag gehören jetzt mehrere Bergarbeiter an. ie Kohle hat jetzt für uns eine höhere Bedeutung als vor dem Kriege, wo wir sie im Ueberfluß hatten; nun erinnert man sich auch in höherem Maße derer, die dieses Produkt schaffen. Auch danke ich allen Mitgliedern des Ausschusses und den Regierungsvertretern, die an diesem Ge⸗
—- —
einen wesentli
letz mitgearbestet haben. Auch die Regiernn rtreter bestrebten c den Wün n der rbeiter ens 1 94àbb,, Selbstverständlich kann ein solches Gese nicht alle Wünsche be⸗ riedigen, aber es hat keinen Zmeck. doch hznserhmsgaatashe zu tellen. Es ist zu begrüsgn. s alle im Bergbau beschäf n rbeitnehmer in die Versicherung einbezogen sind. ¾ Schmerzenskind der Vorlage war im Ausschuß der § 20, der über das Eintreten der Altersinvalidität mit 50 hren entscheidet, wenn keine andere gleichwertige Lohnarbeit mehr verrichtet wird. Die Regierung hat uns im e. über die Auslegung der leichwertigen Lohnarbeit beruhigende Erklärungen abgegeben. Der usschuß war darin einig, daß die Invaldenpen sion und die Teuerungszulagen zusammen bei 25jähriger Sdeet mindestens 40 vH. des Durchschnittslohnes betragen müssen. Eine Erhöhung auf 50 vH. wäre wünschenswert gewesen, aber die 40 8 bedeuten immerhin einen großen Fortschritt. Auch in bezug auf das Um⸗ lageverfahren kann man den Ausschußbeschlüssen ustin bei der hl der Verwaltungsmitglieder die Ver ältniswahl vor⸗ geschrieben 118 ist ein weiterer Fortschritt. Es handelt sich da um. wesentli⸗ rtrauensstellungen. Die Angestellten sind nicht einig darin, ob sie in dieses Gesetz einbezogen werden sollen. gir find bereit, diese Frage nochmals besonders zu prüfen, müssen uns aber. vorläufig mit den Bestimmungen dieses Entwurfs abfinden. Dieses Geset wird nicht ohne Eirskn auf die Kohlenpreise bleiben, aber die Allgemeinheit muß zur Sicherung der Bergarbeiter bei⸗ tragen. Meine Freunde erklären, g. trotz mancher Bedenken für dieses Gesetz stimmen werden. ir wollen die Bevgarbeiter in ihrem Abwehrkampfe an der Ruhr unterstützen. (Beifa rechts.) Abg. Ziegler (Dem.): Die Teilnahme der Reichstagsmit⸗ glieder an diesem Gesetz könnte stärker sein. Die Entwicklung unseres Bergbaues wird durch die außenpolitische Lage aufs äußerste gehemmt. Das Reichsknappschaftsgesetz von den Berg⸗ arbeitern seit langem ersehnt worden; je mehr sich der Bergbau ausdehnte, desto mehr bedurfte es des Ausbaues der Sozial⸗ versicherung der Bergarbeiter. Die Zersplitterung dieser r⸗ sicherung hat manchmal geradezu groteske Formen angenommen, die kleinen Knappschaftsvereine waren nicht leistungsfähig. Der Entwurf macht Schluß mit der Vielheit der Knappf ftsvereine und der innerhalb derselben bestehenden Sondereinrichtungen. Wir billigen die Bedingungen, unter denen allein besondere Kranken⸗ kassen errichtet werden können. Die Einführung der Selbstverwal⸗ tung ist ein wesentlicher Fortschritt. Auch in den anderen Zweigen der Sozialversicherung sollte die Selbstverwaltung noch weiter ausgebaut werden. Wertvoll ist auch die Vereinheitlichung, daß
der Mittel i0 im Ausschuß eine Verständigung erzielt worden; es erübrigt sich, diese Fr nochmals zu behandeln. Die Ver⸗ hältniswahl der Knappschaftsältesten wird mancherlei keiten bringen, aber man wird ihrer gewiß Herr werden. Die Wählbarkeit der Invaliden ist ein ebenso die Ver⸗ tretbarkeit durch Sachverständige, auch wenn diese nicht mehr im Bergbau tätig sind. Ohne Mitwirkung der Organisationen der Arbeitnehmerschaft ist heute die Erhaltung des Staates unmöglich. Dann müssen diese Organisationen auch in der Versicherung eine entscheidende Mitwirkung haben. (Beifall bei den Demokraten.) Abg. Schwarzer Vp.): Das Gesetz bringt erhebliche in der Vereinheitlichung des Versicherungswesens der im ergbau Beschäftigten. Es ist zu begrüßen, daß im Ausschuß alle g lien sich eimmütig um das Zustandekommen des Gesetzes bemüht aben. Nunmehr wird die weitere Beratung auf Dienstag, 2 Uhr, vertagt. “ 88 1“X““
Schluß 6 Uhr.
Preußischer Landtag 250. Sitzung vom 9. Juni 1923. Nachtrag.
b82 Dr Reden, die der Ministerpräsident Braun im Laufe er 2. alten hat und gestern wegen verspäteten Eingangs des Stenogramms nicht mitgeteilt werden konnten, lauten wie folgt: Die erste Rede:
Meine Damen und Herren! Sie werden es mir nachfühlen, daß ich bei der vorgerückten Stunde und bei der Besetzung des Hauses nicht das Bedürfnis habe, auf alle die wichtigen Angelegen⸗ heiten einzugehen, die hier Gegenstand der Erörterungen gewesen sind. Ich will nicht auf die Reparationsfrage und auf die Frage des Staatsrats, über die ich mich ja im Ausschuß eingehend ge⸗ äußert habe, und ebensowenig auf die Wünsche, die in bezug auf die Vereinfachung der Verwaltung laut geworden sind, eingehen. Nur einige wenige Gegenstände veranlassen mich, zu notwendigen Feststellungen persönlicher Art das Wort zu nehmen.
Vorerst möchte ich dem Hause mitteilen, daß ich das Ver⸗ fahren gegen den Ministerialrat Schellen, den früheren preußischen Bevollmächtigten in München, welcher jetzt in gleicher Eigenschaft in Dresden tätig ist, eingestellt habe. Die Voruntersuchung hat ergeben, daß Schellen den ihm erteilten Auf⸗ trag, staatseigene Einrichtungsgegenstände des Gesandtschafts⸗ gebäudes in München zu verkaufen, nicht in der Weise ausgeführt hat, daß die Staatskasse zu Schaden gekommen ist, dem Käufer aber und ihm selbst ein unberechtigter Vermögensvorteil daraus erwachsen ist. Ich bedauere, daß dieser Beamte durch die Erörte⸗ rung dieser Angelegenheit im Hause zeitweise in ein ungünstiges Licht gerückt worden ist.
Meine Damen und Herren, einige wenige Worte zu den Aus⸗ führungen des Herrn Abgeordneten Graef, zunächst zu seinen Aus⸗ führungen zu dem Gesetzentwurf auf Drucksache Nr. 4530, der vor⸗ sieht, daß den Beamten der Pressestelle beim Staats⸗ ministerium der Charakter der politischen Beamten beigelegt werde. Herr Abgeordneter Graef hat gegen diesen Gesetzentwurf und die Notwendigkeit seiner Verabschiedung sachliche Einwände nicht geltend gemacht. Er hat sich lediglich darauf beschränkt, sich in antisemitischen Redewendungen gegen einen dieser Beamten persönlich zu wenden. Ich habe mich um die Weltanschauung und um die sonstige Anschauung dieses Beamten bisher nicht be⸗ kümmert. Ich weiß daher nicht, ob er Zionist ist und was er im Sinne der zionistischen Bestrebungen dienstlich getan hat. Jeden⸗ falls ist an seiner dienstlichen Tätigkeit bisher nichts auszusetzen gewesen, und auch Herr Graef hat dagegen nichts vorbringen können. Ich glaube aber auch nicht, daß man mit solchen, gegen die Person gerichteten, aus dem Sprachschatz des gewöhnlichsten Antisemitismus entlehnten Wendungen eine solche wichtige Vor⸗ lage bekämpfen kann. (Sehr richtig! links.) Soviel darüber.
Nun noch wenige Worte zu den Ausführungen über die all⸗ gemeine wirtschaftliche Misere. Ich kann natürlich nicht auf Einzelheiten eingehen, die ja auch überwiegend in die Zuständigkeit der einzelnen Ressortminister fallen. Auf die Anfrage des Herrn Abgeordneten Richter möchte ich erwidern, daß das Staatsministe⸗ rium selbstverständlich aufmerksam die Ereignisse und die Entwick⸗ lung auf wirtschaftlichem Gebiete verfolgt und alles getan hat, was
*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden der Heenen Wäemisten, die im Wortlauts waedergegeben sind.
“
.
im Machtbereich der preußischen Veuvaltung liegt, um mildernd
ustimmen. Daß
richte auch in einer Reihe anderer preußischer
nur ein Versicherungsträger vorhanden ist. Ueber die Aufbringung
Beratung des Haushalts des Staatsministeriums ge⸗
und abwehrend einzugreifen. Wir haben auf Wucherbekämpfung das Landespolizeiamt nöchen gestaltet und einen neuen energischen Leiter eingesetzt ite Gebiet ist alles geschehen, was nach Lage der Di Auf 8. kann. Es find zahlreiche Verovmungen, die ja auch in 1e 888 lichkeit belkamm geworden sind, an die untersellten pwete hörden gegangen, die alle darauf gerichtet waren, dem biscen weit irgend angängig, entgegenzutreten. Sie wissen anhence der Presse, daß wir auch mit Marktgerichten dendne sind, die in einfacher Besetzung mit einem Amtzrich nae B Staatsanwalt und einem Gerichtsschreiber in der Nähe 8 tis installiert werden und die von der Polizei vongeführten 88. 1 des Wuchers schuldigen Personen sofort im 8* fahren aburteilen. Diese Gerichte funktionieren bereits in de, schiedensten Gwoßstädten. Bis heute sind schon über man urteilungen erfolgt, und es schweben Verhandlungen, die⸗ 8 Großstäbz. . führen. Im übrigen weise ich davauf hin, daß die S 8 lichen Ermittlungen und Meldungen an die Gerichte in be 9. fünf Monaten dieses Jahres nicht weniger als 48 000 be, h Daraus mögen Sie ersehen, daß die preußischen Eretatoadenn nicht säumig sind, soweit es im Machtbereich ihrer Zustän 5 liegt, den Wucher, wo er sich bemerkbar macht, zu kekäng
Wir müssen uns aber barüber klar sein, daß die Quelle ungesunden Verhältnisse auf wirtschaftlichem Gebiete vodh dn tiefer liegt, als daß sie durch derartige Maßnahmen e 8 Natur allein verstopft werden kann. (Sehr richtig!) In n te furchtbar verfahrenen Währungsverhältnissen liegt ein 8, Moment, das die Wucherbekömpfung ungemein erschwert, ge der Dollar und damit der Wert der Mark täglich um Tan⸗ steigt oder fällt, ist überhaupt jeder Maßstab für eine 4 bestimmung und jede Möglichkeit der Beurteilung der Angenh heit eines Preises für die Polizei⸗ und Justizbehörden genonne Wir dürfen deshalb, solange die Urfachen dieser wirtschaftheg Misere bestehen, auch nicht erwarten, daß man allein durch poles liche oder gerichtliche Maßnahmen dieses Uebels Herr werden kan Gewiß dürfen die Behörden nicht erlahmen, den schlimmsen n wüchsen mit der Strenge des Gesetzes entgegenzuwirken, und kann die Versicherung geben, insbesondeve auch für die in vn kommenden Ressortchefs — den Herrn Landwirtschaftsminister Staatskommissar für Volksernährung und den Herrn Minister h Innern —, daß durch ihre Organe alles geschieht, was in ihn Machtbereich liegt, um dem Uebel entgegenzuwirken.
Der Herr Abgeordnete Richter hat dann gefragt, was h Staatsregierung getan hat, um die Wirtschaftskrise in ihren B kungen zu mildern. Ich kann ihm darauf nur erwidern, daß de uns wohl vorausgesehen war, daß sich insbesondere in Auswirt des Ruhreinbruchs wirtschaftliche Schwierigkeiten mannigfaltige Art ergeben würden, die vor allem in einer erhöhten Arbeitz losigkeit zum Ausdruck kommen würden. Tatsächlich ist es a so gekommen, und ich habe bereits vor Monaten an sämtliche ständigen Ministerien die Aufforderung gerichtet, alles zu tun, u wichtige Notstandsarbeiten, die im Bereich dieser Ministerien dn liegen, so vorzubereiten, daß jederzeit, sobald sich an einzelne Orten größere Arbeitslosigbeit bemerkbar macht, diese Arbeiten zu Ausführung bereitgestellt werden können. Wenn das hier und nicht in zureichendem Maße erfolgen kann, so liegt es nicht n guten Willen, auch nicht an den technischen Vorbereitungen fürwe Arbeiten, sondern zum Teil an dem finanziellen Unvermögen, de kolossalen Summen aufzubringen, die für so umfangreiche Arbein erforderlich sind, wie sie die Behörden bereitstellen lönne Gleichwohl geschieht auch jetzt noch alles, um insbesondere Reichsregierung zu veranlassen, die erforderlichen Mittel bereitze⸗ stellen, so daß man wohl erwarten darf, daß insbesondere durch ein große Anzahl behördlicher Arbeiten erheblich mildernd auf d Arbeitslosigkeit eingewirkt wird. .“
Ich möchte bei dieser Gelegenheit bemerken, daß zu unsem Bedauern allerdings in einzelnen Fällen die Reichsregierung 1 beiten eingestellt oder ihre Inangriffnahme abgelehnt hat, die nah unserer Auffassung nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen, sondem auch aus dem Gesichtspunkt der Bekämpfung der Arbeitsbosicke durchgeführt werden müßten. Es handelt sich dabei, um nur uf einen Punkt hinzuweisen, insbesondere um die Weiterführuag N. Mittellandkanals. Wir wissen alle, daß hier im Hause die Weier⸗ führung des Mittellandkanals aus wirtschaftlichen und veclehr⸗ politischen Gründen für durchaus notwendig erachtet worden st Wir haben seinerzeit auch beim Uebergang der Kanäle auf dl
abgekürzten .
Reich dieses vertraglich verpflichtet, den Kanal in dem Unfent
wie es Preußen beabsichtigt hatte, fortzuführen. Gleichwohl ba die Reichsregierung jetzt erklärt, die Arbeiten am Kanal nicht ser setzen zu können, weil die erforderlichen Mittel nicht zur Verfügung ständen. Das ist im höchsten Maße bedauerlich, da hierdurch 8 Kanal ein Torso bleibt und uns andererseits nicht die Möglichtet
handenen Arbeitslosen mit einer überaus wertvollen Tätigleit n beschäftigen. Ich habe schon mehrfach hier zum Ausdruck gebratt daß es nichts Unproduktiveres, nichts Unsinnigeres gibt als N. hohen Ausgaben für Arbeitslosigkeit (sehr richtig!), weil ddash eimmal Geldmittel nutzlos vergeudet werden, andererseits abe: uug
die Arbeitslosen der demoralisierenden Wirkung des Nichwtuen
ausgesetzt bleiben. (Sehr richtig!) Wenn man, von diesem 688 punkt ausgehend, sich einmal vergegenwärtigt, daß man a2 erhebliche Summen für die Unterstützung der Arbeitslosen 8 geben muß und nur noch ein Teilbetrag notwendig — wertbildende Arbeit zu schaffen, dann wird man doch wohl 4 den Finanzressorts mehr und mehr zu der Ueberzeugung 82 müfsen, daß, seien die Schwierigkeiten noch so groß, für diese 9
doch die erforderlichen Mittel bereitgestellt werden müsfen. 9 richtig!) Wenn wir nicht mehr die notwendigsten Kulturausge
erfüllen können, wenn wir unsere Arbeitslosen nicht c wertbildender Arbeit beschäftigen können, dann können vn.
wirtschaftlich überhaupt nicht mehr aufrichten. Soviel darzagg Zum Schluß nur noch das eine! Die preußzische d. regierung verkennt den Ernst der ganzen Situation nicht, 1s unsere kritische Wirtschaftslage gekenngeichnet ist. Die Arbeitg keit nimmt zu. Mir ist heute hier vom Herrn Wohlfahrtan
mitgeteilt worden, daß selbst in Berlin eine Deputation gewesen ist und ihm vorgestellt hat, in welch bedrohlich die Arbeitslosigkeit auch in Berlin zunehme, und wie vens dadurch auch die Sicherheitsverhältnisse bei uns in Berlin ven
anch i
könnten. (Sehr richtig!)
“
p eingehend auf die Sache eingegangen ist.
gegeben wird, die gerade in Mitteldeutschland in großer Zanl venf
ist, um damd
lichem umf n 4
uns wird alles getan werden, um die öffenkliche Ruhe Sicherheit aufrechtzuerhalten. Aber ich fühle mich ver⸗
und t hier auszusprechen, daß mit Polizeimitteln auch auf diesem fchtt endgültin und dauernd allein nichts zu machen ist. (Sehr
Gebiet Es ist dringend notwendig, ebenso wie im Ruhrbezirk chtig!) anderen Bezirken die berechtigten Lohnforderungen der — 8 unter allen Umständen zu erfüllen. (Sehr richtig!) Denn * ten sprunghaften Preissteigerungen haben auch auf die Ar⸗ 8 baushaltungen die Haushaltungen weiter arbeitender
eerelh so verheerend gewirkt, daß man die Folgen nur hekämpfen kann, daß man die Gehälter und Löhne in einem 86 beschleunigteren Tempo als bisher dieser unheilvollen Ent⸗ n ng anpassen muß. Nur so können wir der Situation vor⸗
icnnng ch Herr werden, und ich stehe auf dem Standpunkt, daß 4 82 zweckmäßiger und letzten Endes für den Staat und die All⸗ 8 129 auch billiger ist, vorbeugend mehr Mittel aufzuwenden, päter, wenn eine Katrastrophe eingetreten ist, die Schäden, die
8 größer sind, wieder gutmachen zu müssen. (Bravo!)
Bon
ör viel g Ddie zweite in Erwiderung auf die Ausführungen des ba. Dr. Bredt gehaltene Rede: G
gegen den Staatssekretär Scheidt gerichtet hat. Ich bin über 8 Einzelheiten nicht im Bilde. Aber nach der Darstellung des gbgeordneten Bredt ist offenbar von Herrn Scheidt gegen das Ver⸗ an gen, einen Untersuchungsausschuß einzusetzen, um die Methode der wohnungsämter zu prüfen, eingewandt, daß das wohl in der Durch⸗ kührung hängen bleiben würde, weil die Wohnungsämter nicht nach⸗ wordete Behörden des Staates und nicht Verwaltungsbehörden nach dem von Herrn Bredt angezogenen Artikel der Verfassung seien und deshalb der Untersuchungsausschuß nicht zum Ziele kommen würde. So ist die Sache nur aufzufassen. Das Wohlfahrts⸗ ninisterum steht allerdings auf dem Standpunkt, daß die Woh⸗ nungsämter nicht nachgeordnete Behörden sind. Es sind selb⸗ fändige Körperschaften, die zum Teil mit ehrenamtllich bestellten geuten besetzt sind, und nach dem Reichsgesetz werden sie als selb⸗ htändige Körperschaften, die die Angelegenheiten, die sie be⸗ arbeiten, als Selbstverwaltungsangelegenheit, nicht als Auftrags⸗ engelegenheit des Staates erledigen, angesehen. Ich stehe persön⸗ zic auf dem Standpunkt und habe in der Beziehung auch versucht, ine Aenderung der Praxis herbeizuführen, daß die Aufgaben der oöhnungsämter auch Auftragsangelegenheiten sind, daß die Etaatsbehörden dort wohl in der Lage sind, einzugreifen, wenn sich Mißstände geltend machen. Bisher ist eine andere Auffassung ob⸗ waltend gewesen, und von der ist offenbar der Staatssekretär Scheidt ausgegangen, als er gegen den Untersuchungsausschuß aus⸗ geführt hat, daß er nicht zum Ziele kommen könne, weil die Woh⸗ nungämter ihm jede Mithilfe versagen würden. Soviel zur Rechtfertigung des Staatssekretärs Scheidt, der in der Frage, ob⸗ vwohl er nicht Jurist ist, anderer Auffassung ist wie der Abgeordnete dredt, aber der in seiner Auffassung mit zahlreichen Juristen kon⸗ sorm geht. Also so sehr spricht die Sache nicht gegen den Staats⸗ setetär Scheidt, so daß man ihm nicht den Vorwurf machen kann,
ldaß er nicht die Verfassung kenne und sie nicht beachtet habe.
Noch ein Wort zum Staatsrat, nachdem der Abgeordnete Bredt Ich wollte mich eigentlich nicht zu dieser Sache im Plenum äußern, weil das Ver⸗ hältnis zum Staatsrat derartig ist, daß ich so wenig wie möglich darüber rede, weil jede Rede dazu führt, daß sich die Differenzen, die bestehen, noch vertiefen. Ich gehe mit dem Abgeordneten Bredt durhaus konform, was die Streitfragen, die dem Staatsgerichts⸗ zof zur Entscheidung vorliegen, anlangt. Aber den Vorwurf des Abgeordneten Bredt, daß das Staatsministerium dem Staatsrat sen Einspruchsrecht verkümmere, kann ich nicht gelten lassen. Ich habe Vorsorge getroffen, daß die Beschlüsse des Landtages, wenn he endgültig sind, dem Staatsrat mit der allergrößten Beschleuni⸗ gung zugeführt werden, so daß diesem die Einspruchsfrist nicht derimmert wird. Ich habe mich an den Herrn Präfidenten des Landtags gewandt und ihn gebeten, durch das Landtagsbüro von den Beschlüssen des Landtags dem Staatsministerium gleich zwei Uusfertigungen zugehen zu lassen, damit wir eine davon sofort eohne alle weiteren Modalitäten an das Büro des Staatsrats ge⸗ langen lassen können. Danach wird verfahren. Wenn gleichwohl nanchmal einige Tage vergehen, so liegt das nicht an uns, sondern
slenn hat der Landtag eben die Arbeit nicht so schnell bewältigen
und uns die Beschlüsse nicht so schnell zuschicken können. Wir
üÜnnen sie natürlich dem Staatsrat nicht früher übersenden, als
der Landtag sie uns zugehen läßt.
Wie kleinlich man aber nach der Richtung im Staatsrat vor⸗ eecht, möchte ich an einem Beispiel zeigen. Unter dem 23. April 8, J. ist mir ein Schreiben des Herrn Präsidenten des Staatsrakes nngegangen, in dem darüber Klage geführt worden ist, daß ein Gesez, das der Landtag am 22. März 1928 verabschiedet hatte, dem Etaatsrat erst am 26. März zugegangen ist — wohlgemerkt: zu⸗ segangen ist. Ich bitte zu beachten, meine Damen und Herren: em 22. März 1923 hat hier die dritte Lesung stattgefunden, ist das besetz im Landtag verabschiedet worden. Am 24. März ist es dem Stnatzministerium zugegangen, nachdem es am 23. März, am
nach der Beschlußfassung, hier im Büro des Landtags aus⸗ fertigt worden ist. Ich glaube, daß der Landtag nicht schneller 8 rd arbeiten können. Der 24. war nun ein Sonnabend; sofort m gleichn Tage, am 24., ist die Abschrift dem Staatsrat zu⸗ hüens ist dort jedenfalls am Sonntag eingetroffen und am 1 Gcs den 26., vorgelegt worden. Ich weiß wirklich nicht, ob 88 schneller arbeiten können. Wenn dann ein solcher Vorfall schw 8 in Präsidenten des Staatsrats Anlaß gibt, eine Be⸗
e an mich zu richten und sich darüber zu beklagen, ⸗ Einspruchsrecht des Staatsrates verkümmert werde, wenn nicht al nelühse des Landtags so spät zugehen, so kann ich das Gefähis. hervechtigt anerkennen (Zustimmung) und kann mich des Komfütke nicht erwehren, als wenn mehr oder weniger versteckt vahr- 6n Büro des Staatsrats geradezu gesucht werden. (Sehr 1ac chneller kann nicht gearbeitet werden. (Erneute Zu⸗ vorwürfe bei den Sozialdemokraten.) Deswegen kann ich auch die grng vas das Staatsministerium, daß wir nicht schnell
tünmne iteten und dadurch das Einspruchsrecht des Staatsrats
Die d eten, nicht als berechtigt gelten lassen.
britte Rede, mit der die allgemeine Debatte schloß: nrens der imen und Herren! Die Ausführungen des Ver⸗ Entgegnu Polenpartei zwingen mich zu einem kurzen Wort der nung. Der Abgeordnete Baczewskt hat die Polen in
Deutsche unter polnischer Herrschaft. (Sehr richtig! rechts.) Wir müssen leider seststellen, daß die Vertreter der Nation, die früher jahrelang hier über Unter⸗
Ein Wort zu den Ausführungen des Abgeordneten Bredt, die vrückung gellagt haben, dort jetzt die ihrer Staatshoheit aus⸗
chrem Verhälmis zu Deusschland mit ben Dänen auf eine Siase gestellt. Ich möchte die Dänen dagegen in Schutz nehmen ssehr gutl rechts), mich weiteren Ausführungen darüber aber enthalton.
Was meine Stellung in der Minderheitspolitik an⸗ kangt, so habe ich den Standpunkt, den ich heute in dieser An⸗ gelegenheit vertrat, bereits früher als Mitglied dieses Hauses, des Peußischen Abgeordnetenhauses, auch eingenommen, als es sich darum handelte, oft die Polen zu schüten. Aber nachbem die Polen durch die Waffen und das Blut andever zur Freiheit und zur staatlichen Selbständigkeit gelangt sind (sehr wahr! rechts), haben sie ein derartiges Maß von Undubdsamkeit gegen Angehörige anderer Nationen (sehr richtig! vechts), einen soͤlchen Terror an den Tag gelegt, daß sie jede moralische Berechtigung verwirkt haben,
sich über Unterdrückung durch andeve zu beklagen.
Wenn der Abgeordnete Baczewski meinte, es sei eine Kultur⸗ schande, wenn man den Kindern die Muttersprache raube, so gebe ich das durchaus zu. Aber es leben leider heute sehr viel mehr Herrschaft als Polen unter deutscher
gelieferte Minderheit in einer Weise behandeln, wie sie bisher nie in einem Lande wohl zu verzeichnen war. (Sehr richtig! rechts.) Gewiß ist es eine Kulturschande, wenn man dem Kinde die Mutter⸗ spvache raubt, aber eine noch viel größere Kulturschande ist es, wenn, wie es jetzt in Polen gegenüber den Deutschen geschieht, nicht nur die Muttersprache, sondern Haus, Hof und Heimat geraubt
werden. (Lebhafter Beizall.)
F81. Sitzung vom 11. Juni 1923, Mittags 12 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)
Vizepräsident Garnich eröffnet die Sitzung um 12 ¼4 Uhr mit der Mitteilung, daß der Direktor des amtlichen Stenographenbüros Rindermann im Alter von 65 Jahren — plötzlich verstorben ist. Erx gehörte dem Büro seit 1878 an, seit 1913 in leitender Stellung. Das Haus ehrt sein Andenken durch Erheben von den Sitzen.
Vor der Tagesordnung verlangt der Abg. Sobottka (Komm.) die sofortige Beratung des Antrags seiner Partei, betveffend den oberschlesischen Arbeiterstreik. Da Widerspruch erhoben wird, ist der Antrag erledigt.
Der von sämtlichen Fraktionen, mit Ausnahme der Kommunisten, beantragte Gesetzentwurf wegen Ver⸗ längerung der Gültigkeitsdauer des Ge⸗ betreffend die Unterverteilung der
Fealsteuern unter einigen Modifikationen für das Jahr 1923 wird ohne Erörterung verabschiedet.
Darauf setzt das Haus die Beratung des Haus⸗
alts des Staatsministeriums mit der Einzel⸗
esprechung fort.
Abg. Dr. Badt (Soz.) verbreitet sich über die Frage der Stimmabgabe der Vertreter der preußischen Provinzen im Reichs⸗ rat und verlangt ein Gesetz, das die einheitliche Stimmabgabe gewährleistet.
Abg. Gräf⸗Anklam (D. Nat.): Wir lehnen diese An⸗
ung schon deswegen rundweg ab, weil sie der Reich sverfassung widerstreitet. Wenn dann der Vorredner eine erfassungs⸗ änderung empfohlen hat, damit der Staatsrat zu einer wirklichen Vertretung der Provinzen umgestaltet wird, so sehen wir auch dazu nicht die mindeste Veranlassung.
Abg. Graf Sierakowski (Pole) — sich dem am Sonnabend vom Abgeordneten Baczewski erhobenen Protest gegen die Vergewaltigung der polnischen Minderheiten an.
Dr. Wiemer (D. Pp.) erklärt sich für den Teil des sozialdemokratischen Antrags, der die e Stimmabgabe der preußischen Provinzalvertreter im Reichsrat betrifft.
Abg. Dr. Badt (Soz.) beruft sich dem Abgeordneten Gräf enüber wiederholt auf die daß der Sprecher der utschnationalen im Jahre 1921, Abgeordneter v. Kries, sich
durchaus im Sinne des jetzigen sozialdemokratischen Antrags und speziell auch dahin geäußert hat, daß die Reichsverfassung dadurch nicht tangiert werde.
Abg. Gräf⸗Anklam (D. Nat.): Die Praxis seitdem hat uns eines Besseren belehrt. Tatsächlich ist es auch fast immer gelungen, eine einheitliche Stimmabgabe zu erzielen. 1
. Müller⸗Breslau (Soz.) befürwortet im Ge⸗ ensatz zum Abgeordneten Dr. Badt unter Bezugnahme auf Niederschlesien die Annahme des Ausschußvorschlags, wonach mit tunlichster Be⸗ schleumgung ein Gesetzentwurf vorgelegt werden soll, der eine anderweitige Regelung der Frage des Eintritts der Stellvertreter der Provinzvertreter in den Reichsrat herbeiführt.
Von den Kommunisten ist die Streichung der Vertretung Preußens in München und Dresden tragt.
An der Aussprache hierüber beteiligen sich u. a. die . Dr. Badt (Soz.), Lönartz (Zentr.), Dr. Le idig (D. Vp.). Entgegen dem Vorschlage des Staatsministeriums bekämpft Abg. Dr. Badt die Rangerhöhung des preußischen Geschäfts⸗
Abg. Schul z⸗Neukölln (Komm.): dieser gänzlich überflüssigen Posten. Was hat denn speziell der Münchener Vertreter Gutes geleistet? Gerade, weil Deutschland ein Bundesstaat ist, müssen diese Gesandtschaften beseitigt werden. In Stuttgart haben wir keinen solchen Vertreter und kommen doch mit Württemberg sehr gut zurecht. Weg mit diesen Sinekuren! Damit würde man auch einige Dutzend Millionen ersparen.
Der Antrag wird abgelehnt. Die Abstimmung über die geftellten Entschließungsanträge wird bis Donners⸗ tag zurückgeste Damit ist der Haushalt für das Staats⸗ ministerium und den Ministerpräsidenten in zweiter Lesung unverändert genehmigt.
Es folgt die erste Beratung eines Gesetzentwurfes, be⸗ treffend Uebertragung der Verwaltung und Ausbeutung des E“ Bergwerks⸗ besitzes an eine Gesellschaft mit be⸗ schränkter Haftung. Diese soll wiederum die Ver⸗ waltung und Ausbeutung der ebe Einzelgesellschaften weiter übe n. Das Staatsministerium wird ermächtigt, die gesamten Geschäftsanteile der Gesellschaft bis zu 2 Mil⸗ liarden Mark zu übernehmen. 1
Abg. Sobotka (Komm.) wendet sich gegen die Auslieferung staatlichen Besitzes an das Privatkapital, wozu dieses Gesetz der erste Schritt sei. 8
Der Entwurf wird der Ausschußberatung überwiesen.
Zur ersten Beratung des Ausführungsgesetzes zum Reichsjugendwohlfahrtsgesetz erklärt die
rau Arendsee (Komm.), daß die Jugendpflege mit ande de Mran betrieben werden . Der vorliegende -;2hs entwurf, der vor allem die private Wohlfahrt mit Staatsmitteln fördere, sei dazu nicht geeignet. Unerh den Fürsorgeanstltteenl. 88
in allen drei Lesungen
Wir sind für Streichung
die Zustände in
Abg. Frau Epe (Soz.) tritt für baldige Ausschußberaku
, r dem — seien 8 27 ndig. an ma f .
vor allem die Finanznot der 8 ““ gssg n „Das Haus überweist den Gesetzentwurf darau der Ausschußberatung und erledigt ohne Aus — die Haus — des Feel enbne und des Deutschen Reichsanzeigers und Preußischen Staatsanzeigers.
Beim Haushalt Münzverwaltun wünscht der 1 8
„Abg. Koch⸗Oeynhausen (D. Nat.) eine künstlerische Aus⸗
gestaltung der Münzen. In dieser Beziehung müsse auf den Reichskunstwart eingewirkt werden. Auch sollte man statt der lateinischen wieder die deutsche Schrift auf den Münzen verwenden.
Der Haushalt wird darauf angenommen. 8
Beim Haushalt der Abrechnungskammer cF der 2 — 3 g. Weissermel (D. Nat.), daß der preußische Einflu in der Oberrechnungskanmer voll erhalten Bgeibend che Einsn Oberrechnungskammer sei früher das Kernstück der Finanz⸗ und Verwaltungsorganisation gewesen und müsse es auch heute noch sein. Der Redner tritt ferner für entsprechende Besoldung der Revisoren ein.
Der Haushalt wird angenommen.
Es folgt der Haushalt der Lotteriever⸗ waltung.
Abg. Weissermel (D. Nat.) beschäftigt sich mit der zu⸗ nehmenden Unrentabilität der Lotterie. In einer Konferenz mit
der
den Interessenten müße hier ein Ausweg gefunden werden.
Der Haushalt wird genehmigt. Angenommen wird eine Entschließung, die die baldige Einberufung eines Ausschusses von Interessenten unter Hinzuziehung von Landtags⸗ mitgliedern zur Beratung von Maßnahmen für eine größere Ertragsfähigkeit der Preußischen Staatslotterie fordert.
Das Haus tritt dann in die Beratung des Haushals der allgemeinen Finanzverwaltung ein.
Die Redezeit wird für jede Fraktion auf eine Stunde festgesetzt.
Abg. Professor Dr. Wäntig (Scz.): Wir sind von Opti⸗ mismus gegenüber der Entwicklung unserer Staatsfinanzen von je frei gewesen. Heute aber hat sich ein Pessimismus in ihrer Beurteilung durchgesetzt, der in 2v Allgemeinheit zu weit gehe. Man darf nicht die Flinte einfach ins Korn werfen, und besonders die Staatsregierung hat die Verpflichtung, eine aktivere Finan⸗ politik zu treiben. Freilich ist die Lösung der Aufgabe einer ander⸗ weiten Abgrenzung der Finanzhoheit zwischen dem Reich und Preußen nicht eben einfach. Die Rückverweisung der Einkommen⸗
steuer an die Länder würde tatsächlich das Reich wieder zum Koft⸗
gänger der Länder machen, und das darf nicht sein, die Finanz⸗ oberhoheit des Reichs muß bestehen bleiben. Vielleicht könnte man die Besteuerung des fundierten Einkommens den Ländern über⸗ tragen. Nachdem die Länder fast durchweg vom System der Ertrags⸗ zu dem System der “ ind, “ man dieser ö1. auch eine Fhlc. nktion geben.
ie Reform der Gewerbesteuer 8 möglichst beschleunigt werden. Fest steht, daß das heutige Steuersystem zu einer Ueberbelastung der Lohn⸗ und Gehaltsempfänger geführt hat. In einer Aera der Verschlechterung der Kaufkraft der Mark erscheint eine anleihe als das einzig Richtige. Bei der Wahl zwischen Kali und Roggen würde ich dem letzteren den Vorzug für eine wertbeständige Anleihe geben. Mit dem Bergwerkseigentum sollte auch dem Domänen⸗ und Forstbesitz des Staats die Möglichkeit der Be⸗ freiung von der bürokratischen Form der Vewirtschaftung und eine beweglichere kaufmännischere, modernere Gestaltung der letzteren ermöglicht werden. In diesem Sinne rufen wir dem Finanz⸗ minsge zu: Wirtschaft, Horatio, Wirtschaft! 8
Abg. Rhiel⸗Fulda (Zentr.): Der Staatshaushalt, wie er vorliegt, bietet nichts Fertiges. merhin hat man im Ausschuß wenigstens der Geldentwertung innerhalb der letzten neun onate Rechnu getragen. Zu der Auf b die enorm erhöhten Ausgabeziffern nun die Deckung zu schaffen, preche ich dem Finanzminister mein herzlichstes Beileid aus. Eine reinliche Scheidung zwischen den Einnahmen von Ländern und Gemeinden einerseits und denen des Reiches andererseits ist unbedingt notwendig; ich kann mich in dieser Beziehung Herrn Dr. Wäntig ganz und gar nicht anschließen. Die alsbabdige Ver⸗ abschiedung des Landessteuergesetzes im Reiche müssen wir mit meöseie achdruck verl . Die Finanzlage ist im Reiche, in Ländern und in den Gemeinden wostlos; aber überall besteht der Wille, zu leben, und mit ihm werden wir hoffentlich auch die jetzige schwere Krise überwinden.
Es ist inzwischen ein Antrag der Sozialdemo⸗ kraten und anderer Parteien eingegangen, der die Staatsregierung auffordert, alle Möglichkeiten zu prüfen, die sich darbieten, um die Staatsbetriebe unter Aufrecht⸗ erhaltung i öffentlichen Charakters von der sonstigen Staatsverwaltung zu trennen, unter wirtschaftlich selbständige Verwaltungskörper zu stellen und mehr nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten verwaolten zu lassen. -
Abg. Dr. Negenborn (D. Nat.): Mit den Darleg des Zentrumsredners können wir uns in weitem Maße ein⸗ verstanden erklären. Es ist erfreulich, daß der Minister immer wieder den Grundsatz der Sparsamkeit betont. Ein Abbau der es eüh- v⸗ Beamten kann nur erfolgen, wenn im gleichen
erhältnis auch die Angestellten abgebaut werden. Für die finanzielle Notlage 3 Ses der 8.. 8— liche tändnis au inanzminister mu jeser Frage 27 dem Minister des Innern 9Merchäce⸗ sein. Schon im Oktober vorigen Jahres betrng das ungedeckte Defizit der Ge⸗ meinden und Gemeindeverbände etwa 60 Milliarden. Das sind heute 1 5 Billionen. (Hört, hört!) Die Ueberweisungen au die Gemeinden sind unzureichend, es müssen ihnen weitere Steuer⸗ quellen erschlossen werden. So haben wir immer verlangt, daß ihnen die Grundsteuer überwiesen wird. Die Gemeinden fordern ferner die Erhöhung der Umsatzsteuer sowie der Anteile aus den 8;. Fhrnern. W Stellungnahme hierzu behalten wir uns vor. zur 1 Ungleichheiten in das Wirt
Dienstag, 12 Uhr: Fortsetzung der allgemeinen Finanz⸗ verwaltung; kleine Vorlagen und Etat.
ener würden jedenfalls unerträgliche ftsleben tragen.
Parlamentarische Nachrichten.
Der volkswirtschaftliche Ausschuß des Reichs⸗ tags setzte gestern die Beratung des Gesetzentwurss zur Sicherun der Brotversorgung im Wirtschaftsjahr 1923/2 bei der Frage der Erhebung einer Abgabe auf Grund der Zwangs⸗ anleihe 8 fort. Nach einer Aussprache der Abgg. Frau Sender (Soz.), erck (B. Vp.) und Schiele (D. Nat.) schlug der Abg. Schlack (Zentr.) vor, gesetzlich festzustellen, daß die Verbilligung zwei Fünftel betragen soll und daß die Mittel hierfür durch eine Ver⸗ vielfachung der Zwangsanleihe mit Ausnahme der festverzinslichen Werte (Hypotheken usw.) aufgebracht werden sollen. Die erste Rate solle das Vierfache der Zwangsanleihe betragen; sollte das Ergebnis aber nicht ausreichen, so könne der Reichsfinanzminister weitere Raten auf Grund der Zwangsanleihe erheben. — Abg. Schlele (D. Nat.) wünschte eine Klärung über die Abgrenzung des Personenkreises, dem die Verbilligung zugute kommen solle, sowie der Zahlungsmodalitäten. — Abg. Kahmann (Soz.) empfahl den Antrag Schlack mit dem
sechsfachen Betrage der Zwangsanleihe. Man müsse jetzt die erforder⸗
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