1923 / 135 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 13 Jun 1923 18:00:01 GMT) scan diff

wenn der einzelne finanziell mit dem Reiche überhaupt nicht in Ver⸗ bindung steht, sondern nur mit den Ländern und Gemeinden. Aber ich glaube, daß es, unbeschadet dieses Gesichtspunktes, den ich mir eben vorzutragen erlaubte und ich möchte damit die Frage des Herrn Dr. Negenborn beantworten; das ist keine Frage, über die das Staatsministerium Beschluß gefaßt hat, sondem es ist bisher nur meine persönliche Ansicht —, doch sehr gut möglich ist und es st ja auch in diesem hohen Hause zu meiner Freude bei verschiedenen großen Parteien durchaus derselbe Wunsch geäußert worden —, auf die Dauer doch schließlich dahin zu kommen, daß die Einkommen⸗ und Körperschaftssteuer den Ländern überwiesen wird, aus dem einfachen Grunde, weil ich glaube, daß ohne diese Ueberweisung, ohne die Möglichkeit von Zuschlägen für Land und Gemeinden aus den Gründen, die vorhin Herr Dr. Höpker⸗Aschoff vorgetragen hat, eine Gesundung unserer Finanzen und eine Stärkung unseres finanziellen Selbstverantwortlichkeitsgefühls in Staat und Gemeinden einfach ausgeschlossen ist. Ich lege aber auf diese Stärkung des finanziellen Selbstverantwortlichkeitsgefühls in den Ländern und Gemeinden vom politischen Standpunkt aus den allergrößten Wert, weil eine Gesundung unserer Finanzen und unserer staatlichen Ver⸗ hältnisse nach meiner festen Ueberzeugung nur dann möglich ist, wenn wir uns alle von diesem Gefühl der ungeheuren Verantwortung, auch der Verantwortung gegenüber unseren Wählern, auch der Verant⸗ wortung, nein zu sagen, in ganz anderm Umfange durchdringen lassen, als das bisher vielleicht der Fall war; und ich bin der positiven Ansicht, daß das nur möglich ist, wenn wir selbst nicht nur über die Ausgaben ebenso ist es in den Gemeinden —, sondern in weitem Umfange auch über die Einnahmen zu bestimmen haben. Eine Spar⸗ samkeit, die lediglich auf Kosten anderer gehen soll, führt gewöhnlich licht zum Ziel, und Sie haben ja eben gehört, was auch Herr Dr. Höpker⸗Aschoff über den Optimismus ausgeführt hat, den sowohl der Reichsfinanzminister wie damals die Regierungen der einzelnen Länder hatten, als sie die nahegelegene Befürchtung: die Gewährung on 75 P der Besoldungserhöhung wird ja vatürlich jeden Sparsam⸗ eittstrieb mindestens mindern, wenn nicht gar totschlagen glaubten abtun zu können mit der idealen Auffassung, daß man doch schließlich neben den 25 %, die noch immer bleiben, auch von der Vernunft etwas werde erwarten dürfen und können. Wenn das nicht der Fall ist, dann muß man die Menschen eben nehmen, wie sie sind, und da muß man einfach sagen: Ihr müßt zuerst den Wählern, den Bürgern gegenüber, die Ihr vertretet, dafür verantwortlich sein, wenn sie viel zu bezahlen haben. Und je kleiner der Kreis ist, desto größer wird diese Verantwortung sein. Deshalb ist es durchaus richtig, wenn allein von diesem, wenn Sie wollen, weniger finanziellen als staats⸗ politischen Standpunkte aus auch das Einnahmebewilligungsrecht in großem Umfange Ländern und Gemeinden konzediert wird. Dazu ist ber natürlich nötig, daß auch das Reich den Ländern und den emeinden etwas davon abgibt. Auf der andern Seite das möchte ich bei dieser Gelegenheit betonen Herr Dr. Waentig ist auch darauf zu sprechen gekommen ist ja das, was uns bisher in den Ländern an Steuern zur Ver⸗ fügung steht, verhältnismäßig gering, und wie Sie alle wissen ich erinnere an die Kämpfe, die wir bei der letzten staatlichen Grund⸗ ermögenssteuer gehabt haben —: die Entwicklung derjenigen Steuern, die uns durch das Reich überlassen sind, von Steuern, die la früher auch schon dem Staat und den Gemeinden zur Verfügung standen —, die Entwicklung dieser Steuern hat in Preußen bekannt⸗ lich durch die sogenannte Miquelsche Steuerreform einen besonderen Weg genommen. Auf die Grundsteuer und auf die Gewerbe⸗ steuer hat damals der Staat zugunsten der Gemeinden verzichtet. Ich betone noch einmal ausdrücklich ich glaube, Herr Dr. Negen⸗ born hat auch darauf hingewiesen —: wir denken nicht daran, die Gewerbesteuer, über die Ihnen, wie ich hoffe, in nächster Zeit ein Gesetzentwurf vorgelegt werden wird, irgendwie für den Staat in Anspruch zu nehmen. Aber es ist doch sehr typisch, und ich bin mir noch gar nicht darüber klar, wodurch das eigentlich gekommen ist, daß die Entwicklung des Verhältnisses zwischen Land und Gemeinden in den anderen deukschen Ländern wesentlich anders ist, als in Preußen. Seit der Miquelschen Steuerreform haben wir bekanntlich die Grund⸗ und die Gewerbesteuer den Gemeinden überwiesen und der Staat behielt die Einkommen⸗ und die Ergänzungssteuer und seine sonstigen Einnahmen aus wirtschaftlichen Betrieben. In keinem anderen deutschen Lande ist es meines Wissens so gewesen; in allen anderen deutschen Ländern haben an den Grund⸗ und Gewerbesteuern Staat und Gemeinden teilgenommen, und ich glaube nicht, daß man wird sagen können, daß die Entwicklung der nichtpreußischen Gemeinden, besonders auch der großen industriellen Städte ich erinnere für Sachsen und Bayern an Leipzig, Dresden, Nürnberg, München, Augsburg —, daß die Entwicklung dieser Städte zurückgeblieben wäre, weil sie nicht wie in Preußen die Grund⸗ und die Gewerbe⸗ steuer zu ihrer eigenen Verfügung gehabt haben.

Woran liegt das? Ich muß Ihnen ganz offen sagen: ich habe mich wiederholt bemüht, es zu ergründen, aber bisher ist es mir noch nicht recht klar geworden. Tatsache ist aber, daß nun das gebe ich gerade den Herren von der Deutschnationalen Volkspartei zu be⸗ denken in weitesten Kreisen des Reiches und der anderen Länder das Gefühl vorherrscht, Preußen schöpfe diejenigen Steuerquellen, die ihm durch das Landessteuergesetz überwiesen sind, also die sogenannten Ertragssteuern, nicht genügend aus. Während in allen anderen Ländern an der Grund⸗ und an der Gewerbesteuer auch das Land teilnimmt und nicht unerhebliche Einnahmen aus diesen Steuern hat, ist das bekantlich in Preußen nicht der Fall, und wir haben sogar bei der Grundsteuer die größten Schwierigkeiten gehabt, überhaupt den Staat an dieser Steuer teilnehmen zu lassen.

Die Folge davon ist, daß uns nun auch der Reichsfinanzminister vorstellig wird. Ich habe jetzt schon wieder ein neues Schreiben, in welchem er gegen die preußische Regierung den Vorwurf erhebt, daß wir zwar immer sehr viel von dem Reich haben wollten, daß wir aber nicht bereit wären, die Steuerquellen, die uns verblieben wären, zu⸗ gunsten des Landes Preußen so auszuschöpfen, wie das eigentlich im ganzen sonstigen lieben deutschen Vaterlande der Fall sei und ohne irgendwelchen Schaden für die Gemeinden auch ganz gut ginge. An diesem Gesichtspuͤnkte kann mam natürlich nicht ohne weiteres vorbei⸗ gehen, indem man sagt, seit ungefähr 20 Jahren hätten wir den gegen⸗ wärtigen Zustand. Ich betone ausdrücklich, daß wir bei der Staats⸗ regierung gar nicht davan denken, auch an der Gewerbesteuer teil⸗ nehmen zu wollen. Ich benutze das aber, um darauf hinzuweisen, daß die Steuermöglichkeiten für unsere Gemeinden, deren große Not ich nit Herrn Dr. Negenborn und allen anderen Herren des Landtages Ihne weiteres anerkenne, dadurch, daß ihnen die Gewerbesteuer allein ind die Grundsteuer denn das, was wir gemacht haben, ist doch

eigentlich herzlich wenig fast weeclehuch in KSe

anderem Maße günstig gestellt sind, rein steuerlich betrachtet, als viel⸗ fach die großen Städte in anderen Ländern. Auf diesen Gesichtspunkt mal hinzuweisen, scheint mir doch durchaus berechtigt zu sein, wenn ich auf der anderen Seite höre, wie Klagen von den Städten, die gewiß nicht von der Hand zu weisen sind, vielfach erhoben werden.

Ich möchte dann noch kurz, da ich gerade von der Einkommen⸗ steuer gesprochen habe, auf einen Gesichtspunkt hinweisen. Herr Dr. Waentig hat von einem Zusamme nbruch, von einer Krisis, wie er sich ausdrückte, des Steuerstaates gesprochen, in dem Sinne, daß er der Ansicht sei, der Staat müsse im Gegensatz zu früher seine Haupteinnahme nicht nur aus Steuern entnehmen, sondern müsse sich bemühen, aus den wirtschaftlichen Betrieben, die dem Staate zur Verfügung stehen, ganz andere Summen herauszuholen, diesen Wirt⸗ schaftsgebieten eine ganz andere Bedeutung beizumessen, als es vielleicht bisher der Fall gewesen sei. Hierzu darf ich bemerken, daß ich der Meinung bin, daß auch in dieser Zeit nach meiner Auffassung die Steuergesetzgebung unter keinen Umständen für den Staat und für die Einnahmen des Staates, auch vom politischen Standpunkte aus, die⸗ jenige Bedeutung verlieren darf, die sie sonst in anderen Zeiten auch gehabt hat, das heißt, wir müssen unter allen Umständen und in dieser Beziehung ist zweifellos auch gesündigt worden eine Steuergesetzgebung haben, bei der von dem Gesichts⸗ punkte der Leistungsfähigkeit, damit also der Gerechtig⸗ keit, jeder nach seiner Leistungsfähigkeit besteuert wird. Das ist zweifellos nicht der Fall gewesen bei der Art der Gestaltung der Ein⸗ kommensteuer, bei der in einzelnen Zeiten die Erhebung der sogenannten Lohnsteuer sogar bis über 90 9% ausgemacht hat. Dieser Anteil ist ja, wie Sie wissen, wieder heruntergegangen durch die Reform oder Aenderung der Gesetzgebung, durch das Reichs⸗ entwertungsgesetz. Aber bei dem Währungsverfall, in dem wir uns befinden, ist der Gedanke, daß derjenige, der einen festen Lohn, ein festes Gehalt bekommt, der mit dem Werte, wie er zurzeit besteht, auf Heller und Pfennig zu der richtigen Zeit seine Steuern zahlt, während der andere, der nicht die Lohnsteuer zahlt, die auf ihn entfallende Steuer sehr viel später in einem völlig entwerteten Gelde und damit in außerordentlich geringerem Maße zahlt als der erste von diesem Gesichtspunkte aus ist dieser Gedanke das muß ich offen sagen —, vom Standpunkte der Gerechtigkeit aus und damit vom Standpunkte der Zufriedenheit einer möglichst großen Anzahl Staatsbürger im deutschen Vaterlande etwas so Niederschmetterndes, etwas so Unerträgliches (hört, hört! bei der Vereinigten sozialdemokratischen Partei. Sehr richtig! rechts!), daß hier das ist keine Frage der politischen Partei, sondern eine Frage der Gerechtigkeit unter allen Umständen möglichst bald Wandel geschaffen werden muß.

Es ist natürlich auch nicht ganz leicht, hier Wandel zu schaffen. Gewiß, das Reich hat ein Reichsentwertungsgesetz vongelegt. Wir wernden Ihnen im Anschluß daran zunächst ein preußisches Geldentwertungsgesetz vorlegen. Wir suchen dadurch dem⸗ jenigen, der seine Steuer zu spät zahlt, einen dem Verfall der Währung entsprechenden Zuschlag und damit eine gleichmäßige Zahlung, auch wenn sie später erfolgt, aufzuerlegen. Aber darum handelt es sich ja gar nicht, sondern es handelt sich darum, daß, wenn ich tatsächlich selbst nach der jetzigen Steuergesetzgebung dasjenige, was ich zunächst auf Grund meiner eigenen Steuererklärung an Ein⸗ kommensteuer zu zahlen habe, nach 2, 3, 4, 5, 6, 7 Monaten in ganz entwertetem Gelde zahle, erheblich weniger entrichte, als ich eigentlich zahlen müßte, während derjenige, der von seinem Gehalt, von seinem Lohn diese Steuer zahlt, dauernd die der Geldentwertung jeweils entsprechende höhere Steuer zahlt. Die Erwägungen darüber sind noch nicht abgeschlossen, ich glaube aber, daß man tatsächlich zu einem Ergebnis kommen muß; allen gerecht werden und allen recht machen kann man ja nicht.

Nun ist gesagt worden, die Sheuer müsse sich nach der nach einem gewissen Index festgestellten Geld⸗ entwertung richten. Ich würde nicht das geringste dagegen ein⸗ zuwenden haben, aber unter diesen Steuerpflichtigen befinden sich natürlich eine gaäͤnze Reihe von Leuten, die auf ein festes Einkommen angewiesen sind, ohne Lohn⸗ oder Gehaltssteuer zu zahlen. Ich erimere nur an die Kleinrentner und sodann an die Aermsten der Armen, deren Einkommen sich nicht mit der Geldentwertung steigert. Diesen Per⸗ sonen auch noch einen Zuschlag für die Geldentwertung aufzuerlegen, würde eine doppelte Härte sein. Ob man in diesen Fällen den Härte⸗ paragraph anwenden kann oder nicht, das kann ich im Augenblick selbst nicht sagen. Soviel aber steht jedenfalls fest, daß keine ihrer Ver⸗ antwortung bewußte Regierung, weder die Reichsregierung noch eine Landesregierung zusehen kann, daß lediglich ein Teil der Bevölkerung gerecht, nach seiner Leistungsfähigkeit Steuern zahlt, daß dagegen ein großer anderer Teil und das sind oft die leistungsfähigsten Per⸗ sonen diese Steuern sehr viel später und in völlig entwertetem Gelde zahlt. Das muß mit Recht eine solche Unzufriedenheit in der Bevölkerung hervorrufen, daß ein Staat, der überhaupt noch auf An⸗ hänglichkeit seiner Bürger Wert legt, unter allen Umständen ver⸗ suchen muß, einen solchen schreienden Mißstand aus der Welt zu schaffen.

Meine Damen und Herren, als Herr Abgeordneter Negenborn sich im Ausschuß darüber beklagte, daß ich ihn mit seinen Klagen über die schlechten Finanzen der Gemeinden an den Herrn Minister des Innern verwiesen hätte, hatte er natürlich in gewissem Umfange recht; denn auch ich bin durchaus der Ansicht, daß man nicht nur beim Haus⸗ halt des Ministers des Innern, sondern auch beim Haushalt der allgemeinen Finanzverwaltung oder beim Haushalt des Finanz⸗ ministeriums diese Notstände der Gemeinden besprechen kann und auch besprechen soll. Aber ich habe ihm auch gleich gesagt, daß natürlich bei dieser Besprechung jetzt insofern verhältnismäßig wenig heraus⸗ kommen würde, als Voraussetzung einer Besserung einmal die ormgenische Gliederung ist, von der ich vorhin sprach, und zweitens die Ueberweisung einer Reihe von Steuevquellen an die Gemeinden das hat auch der Herr Abgeordnete Höpker⸗Aschoff anerkannt durch das neue Landessteuergesetz und das Ausführungs⸗ gesetz dazu, sei es nun über die Länder oder unmittelbar. Das sind Sachen, meine Damen und Herren, über die wir uns demnächst sowohl bei dem neuen Provinzialdotationsgesetz als auch bei dem neuen Aus⸗ führungsgesetz zum Finanzausgleichsgesetz sehr eingehend werden unter⸗ halten müssen. Darüber kann, glaube ich, kein Zweifel sein, und davan habe ich auch niemals einen Zweifel gelassen. Ich möchte nur namens der Staatsregierung noch einmal betonen: wir sind durch⸗ drungen von der Notlage der Gemeinden, von der ich ohne weiteres zugebe, daß sie in vielen Beziehungen härter ist als die Notlage der Länder, vielleicht auch besonders härter als die Notlage Preußens.

2 8 †⸗Wir müssen uns deshalb sagen und sagen uns auch

verständlich ein Land nicht, gedeihen kann, wenn die Ge daß selbn größtem Umfange Not leiden, und daß wir, wie ich vorhin meinden; habe, ebenso wie für eine organische Scheidung des Verhältniss 8.

Reich und Ländern, so auch für eine feste Grenzlinie 88wi

Ländern und den Gemeinden sorgen müssen, so daß jeder weig zu Hause ist oder, wenn es sich um eine gemeinsame veiß, wo et handelt, wie weit er gehen kann. Das ist eine absolute Nohrtelhmg

Das, meine Damen und Herren, was ich vorhin auf ven dihle der Selbstverantwortlichkeit auszuführen mir erlnoees gilt in nündestens ebenso starkem Maße für die Gemeindeen 1 für die Länder, und gerade hier, glaube ich, würden wir außer 8 vie gute Erfahrungen erzielen, wenn die einzelne Stadt nicht n entlih Darlehen und Unterstützungen von Land und Reich, sondern nr danf einzelne Stadt durch die Schaffung eigener Einnahmen ne ihrer Bürger gezwungen wäre, sich Rechenschaft über das nüe was einem einzelnen Bürger aufzuerlegen ist. (Zuruf: We segen allgemeiner Natur sind!) Jawohl. .

Der Herr Abgeordnete Lüdemann hat einen Antrag eingeb worin eine weitere Ausgestaltung der wirkschaftlinah Unternehmungen des Staates vorgesehen ist. Wir mit Herrn Lüdemann und den Damen und Herren der Sann. kratischen Partei wie wohl auch mit allen Mitgliedern dieses 8 Hauses in dem Ziele vollkommen einig, daß unsere wirtschefl 8 Unternehmungen von dem Hoheitscharakter, wollen wir einmal ee losgelöst werden müssen, der ihnen bisher noch anhaftete bn grundsätzlich auf eine andere Grundlage als den Hoheitscharakte 9 Staates gestellt werden müssen, wie wir es Ihnen schon bei 8 Elektrizitäts⸗ und Bergwerksverwaltungen vorschlagen. Meine Dane und Herren, es ist schon darauf hingewiesen, daß man, wenn 8 darüber grundsätzlich auch völlig einig sind, eigentlich jetzt mit diese Antrag doch insofern offene Türen einläuft, als ein neues Betütigunge feld für diesen Antrag doch kaum noch vorhanden ist, wenigstens Sr nicht, wenn man, wie ich es tue selbstverständlich kam ich nar 8 der Staatsregierung nicht sprechen, sondern nur für mich —, auf den Standpunkt steht, daß die Bewirtschaftung der Domänen regelmißf und am besten auch für die Staatskasse übrigens auch 8- Meinung nach im Interesse der Domänenverwaltung durch N⸗ pachtung erfolgt, wenn man weiter der Ansicht ist, der, glaube ich, auc Herr Lüdemann ist, daß die staatliche Forstverwaltung durchaus zue finanzielle Resultate erzielt, und daß sie auf der andern Seite schon aus andern Gründen doch nicht gut aus dieser festen Hand des Staates bei dem auch die Hoheitsverwaltung eine gewisse Rolle pich gegeben werden soll. Ich weiß dann nicht recht, was nun eigentlch für diese Gesellschaften übrig bleiben soll. Da wo es möglich ist haben wir es bereits getan, und wir sind gern bereit, wenn sich ii Möglichkeit noch wo anders herausstellen sollte, es auch da zu tun Aber auf diesen beiden Gebieten, um die es sich im wesentlichen handelt, bei den Domänen und Forsten, wird es kaum möglich sei (Sehr richtig! bei der Deutschen Volkspartei.)

Wir haben uns im Hauptausschuß eingehend über den Geld⸗ bedarf des Staates unterhalken, über den Geldbedarf, den aufzubringen augenblicklich wenigstens im Wege der wart⸗ beständigen Anleihen —, wie Sie wissen, nicht allu schwierig ist. Ich will Sie jetzt hier nicht damit langweilen, daß ich mich höchst erfreuß über den großen Erfolg der preußischen Anleihen, insbesondere der preußischen Kalianleihe, äußere. Dem ich bin natürlich nicht so töricht, meine Damen und Herren, mir nicht auch zu sagen, daß eine derartige wertbeständige Anleihe immerbin ein Ding ist, bei dem der Finanzminister ein nasses und ein trockenes Auge hat. (Sehr richtig! rechts.) Ich will nicht direkt von Gefahrn sprechen, aber ich verkenne durchaus nicht ein gewisses Risike, da darin liegt, und deshalb haben wir uns immer auf den Standpunt gestellt ich möchte das hier noch einmal im Plenum des Landtage vor aller Oeffentlichkeit darlegen —: Wir können selbstverständlih nur dann wertbeständige Anleihen aufnehmen, wenn wir über das Per dukt, von dessen Preisgestaltung die Höhe der Zinsen und der Nit⸗ zahlungen abhängt, verfügen, das heißt mit andern Worten: Wenn vi eine Roggenanleihe ausgeben, müssen wir natürlich über eine genügens Quantität von Einnahmen aus Roggen verfügen (sehr richtig!), wel wir sonst Gefahr liefen, mit einem höheren Roggenpreis sehr erke⸗ liche Zinsen zahlen zu müssen, die wir aus andern Quellen de Staates uns schaffen und deshalb andern Zwecken des Stantes ert⸗ ziehen müffen. Wir müssen also darauf halten, daß diesen bei de Preissteigerung erhöhten Zinsausgaben des Staates, sei es mn, dah Kali, Kohle oder Roggen der Anleihe zogrunde liegen, enlspretend erhöhte Einnahmen auch aus denselben Produkten gegenüberstehen Trotzdem bleibt aber natürlich bestehen, daß wir gar nicht gan sche sind, daß wir unter allen Umständen diese erhöhten Einnahmen aud lediglich für erhöhte Ausgaben an Zinsen notwendig haben, sonden daß wir auch sonst der Geldentwertung entsprechend erhöhte Ausgben haben werden. Deshalb müssen wir in erster Linie daran festhalten wie das die Verfassung auch fordert, im allgemeinen derartige An⸗ leihen nur für werbende Anlagen aufzunehmen, bei denen wir die Einkünfte so steigern können, daß daraus auch entweder ganh oder jedenfalls zum ganz großen Teil jene erhöhten Zinszahlungen gedeckt werden können.

Ich bin mir vollkommen darüber klar, daß es eine Reihe don Ausgaben gibt, die nicht in diesem Sinne werbend sind, daß unnitt bar eine Verzinsung des in die Anlage hineingesteckten Kapitalt ul der Anlage selbst hervorgeht, die aber immerhin volkswirtschaflich werbend in dem weiteren Sinne sind, daß wir damit unsere” Volkswirtschaft, unsere Kaufkvaft, unsere Produktionsfähigkeit licha Für solche Zwecke ich erinnere an Meliorationen, an Fuß regulierungen und Hafenbauten wertbeständige Anleihen nicht nehmen zu wollen, würde bei der Schwierigkeit oder, wenn Sie wolln Unmöglichkeit, heute Papiermarkanleihen zu bekommen, 588 wir auf derartige wichtige, nach unserer Auffassung im Staatsint gar nicht zu umgehende Ausgaben vollkommen verzichten müssen.

(Fortsetzung in der Ersten Beilage.)

neng

8 Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charbang Verantwortlich für den Anzeigenteil: Der Vorsteher der Geschä

echnungsrat Mengering in Berlin. 4 Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin.

Druck der Norddeutschen Micherucere imd Verlagsanstalt Berlin. Wilhelmstr. 32A.

Fünf Beilagen

und Erste bis Vierte Zentral⸗Handelsregister⸗Beilage. 1

Erste Beilage

anzeiger und Preußischen Staatsanzeiger

Verlin, Mittwoch, den 13. Funi

—— 2

(Fortsetzung aus dem Hauptblatt.)

Das ist natürlich auch ein Ding der Unmöglichkeit. So werden wir uns

8 1 Ausgabe die Frage vorlegen müssen: Ist die Sache bei sar enmchth, daß wir jenes von mir eben erwähnte Risiko dabei virkli Kauf nehmen können und dürfen, weil wir uns sagen, daß doch nit Ulemeinen eine solche Stärkung unserer gesamten Volksmirtschaft Vnei eintritt, daß sich auch rein wirtschaftlich betrachtet, von ütrclen Gesichtspunkten abgesehen, doch die Begebung wert⸗ beständiger Anleihen für solche Zwecke rechtfertigt? Ich gebe zu, daß man im einzelnen, wo diese Gesichtspunkte zutreffen, verschiedener An⸗ sicht sein kann; aber im großen und ganzen ist dieser Grundsatz richtig.

Nun noch ganz kurz zu einem, wie ich glaube, Mißverständis, das in Dr. Waentig unterlaufen ist! Er hat aus Ausführungen, die

v 7 bei Beratung des Haushalts der Staatsbank gemacht habe, ge⸗

reiner Finanzminister sein, dem alle volkswirtschaftlichen Ge⸗ punkte bei der Gestaltung der Steuern und der Finanzwirtschaft

e a der lediglich danach seine Politik, seine Maßnahmen treffe, cb sie, rein finanziell betrachtet, ihm Geld brächten oder nicht. Das ist mtürlich ein absoluber und fundamentaler Irrtum. Es tut mir leid, baß Herr Dr. Waentig mich so gering einschätzt, um mir eine solche Aüffassung zuzutrauen. Ein Finanzminister, der nicht volkswirtschaft⸗ lihen Erwägungen auch Rechnung trägt und nicht das sagt, was ich nit eben erlaubte auszuführen, daß sehr wohl eine Ausgabe jetzt viel⸗ leicht nicht Zinsen auf Heller und Pfennig einbringt, daß sie aber doch die Volkswirtschaft so stärkt, daß aus dieser gestärkten Volkswirtschaft sch auch wirtschaftlich ganz andere Einnahmen ergeben als aus diesen Einzelunternehmungen, in die man das Geld hineingesteckt hat, ein solcher Finanzminister, der das von sich weisen würde, würde, um kainen schärferen Ausdruck zu gebrauchen, außerordentlicht kurzsichtig bandeln. Ich habe damals nicht gesagt, daß ich mich nicht von volks⸗ wirtschaftlichen Gesichtspunkten leiten lasse. Ich habe nur, wenn ich nicht irre, bei der Beratung des Haushalts der Seehandlung gesagt, als mir der Vorwurf gemacht wurde, zu spät zu der Aufnahme von wertbeständigen und langfristigen Anleihen übergegangen zu sein: Ich kann es selbstverständlich nur dann rechtfertigen, An⸗ leihen aufzunehmen, wenn ich diese Anleihen zu bestimmten Zwecken brauche; und wenn ich den Kredit, den ich für diese Zwecke brauche, auf andere Weise billiger bekomme, dann müßte ich als Finanzminister ein Tor sein, wenn ich diesen Weg nicht so lange ausnützte, wie ich könnte. Als Herr Dr. Waentig mir sagte: Damit haben Sie aber vielen Leutßen die Möglichkeit der Spekulation geöffnet und ihnen die Möglichkeit, in einem verhältnismäßig soliden Papier ihre Ersparnisse anzulegen, verschlossen oder sind damit zu spät gekommen, da habe ich allebhings gesagt: Ich habe als Finanzminister in erster Linie nach finanziellen Gesichtspunkten zu verfahren und kann nicht, um einem Kapitalisten, und mag er noch so klein sein, die Möglichkeit einer so⸗ liden Anlage zu gewähren, eine Anleihe auf den Markt bringen, die mich finanziell schädigen würde, und für die ich, da ich den Kredit wo anders billiger bekomme, keine Verwendung habe. Das ist, glaube ic, richtig. Daraus folgt aber keineswegs, daß ich in dem Umfange,

aie Herr Dr. Waentig es gesagt hat, von der Berücksichtigung volks⸗

wirtschaftlicher Gesichtspunkte bei meiner Finanzpolitik vollkommen absehe.

Die meisten Herren, die hier gesprochen haben, haben sich und dafür bin ich ihnen aufrichtigen Dank schuldig in einer sehr ent⸗ zegenkommenden und freundlichen Weise über das Verhalten der Finanzverwaltung geäußert. Ich darf hierfür um so mehr danken, als diese Anerkennung sich im wesentlichen auf meine Herren Mitarbeiter die Herren sind vom Herrn Abgeordneten Rhiel auch genannt worden bezieht. Ich darf an das hohe Haus folgende Bitte richten. Wir werden ja leider in diesem Jahre erst verhältnismäßig spät mit dem Haushalt fertig; was das für Nachteile hat, brauche ich hier im einzelnen nicht anzuführen, ich brauche nur darauf hinzuweisen, daß Sie etwa um den Juli herum mit dem Haushalt fertig sind, daß wir uns dann den Juli über nicht mit dem Haushalt zu beschäftigen haben und daß dann vom 1. August ab, wenn die Anmeldungen kommen, die Bearbeitung des neuen Haushalts anfängt und es dann weniger für mich als für meine Herren Mitarbeiter etwas hart ist, daß sie eigentlich im ganzen Jahre nur einen Monat haben, wo sie zu einer Erholung oder zu einer etwas ruhigeren Arbeit kommen kömen. Ich würde deshalb ganz außerordentlich dankbar sein, wenn es unseren vereinten Bemühungen an uns soll es nicht fehlen gelingen würde, Ihnen rechtzeitig den Haushalt für 1924 vorzulegen, Sie dann freundlichst dafür sorgen würden, daß der Haushalt für 1924 noch früher verabschiedet wird, als es in diesem Jahre den Anschein Hat. (Bravol) Ich glaube, man kann das, ohne daß die Grürndlichkeit darunter leidet, erreichen. Wir haben uns ja nun doch, ich möchte sagen bis zu einem gewissen Grade, aneinander gewöhnt und kennen uns, und wir wissen von sehr vielen ich nehme mich davon gar nicht aus —, was der einzelne bei jedem Haushalt ungefähr sagen wird. (Heiterkeit)) Das kommt doch sehr häufig vor, meine Damen und Herren. Und nachdem man das mit größtem Interesse gegenseitig angehört hat, ist vielleicht die Möglichkeit vorhanden, daß wir alle, der hohe Landtag und die Regierung, uns etwas kürzer fassen. Wenn wir das tun (Zuruf) die Minister auch, ganz richtigt Ich rede möglichst kurz. Wenn der Haushalt im nächsten Jahre früher ver⸗ abschiedet wird, werden wir wirklich einen guten Dienst erweisen.

ch verspreche jedenfalls, ihn so zeitig vorzulegen und die Arbeiten so zu fördern, daß der Landtag mit gutem Gewissen den Haushalt 18 früh wie irgendmöglich unbeschadet der Gründlichkeit verabschieden mm. Mir ist eben mit Recht zugerufen worden, ich sollte mich selber aaüch kürzer fassen. Man darf aber wohl erwarten, daß, wenn der essortminister, in diesem Fall der Finanzminister, zu dem wichtigsten Hauchalt der staatlichen Verwaltung das Wort ergreift, er etwas 1c. als zehn bis zwanzig Minuten sprechen kann, damit Sie Klar⸗ eit darüber bekommen, wohin nach meiner Auffassung und nach Auf⸗ sang der Staatsregierung die Reise geht und wie wir uns die om Dinge denken, an deren guter Gestaltung wir gemein⸗ en.

Zu meiner Freude kanm ich im großen und ganzen eine wesentliche Uebereinstimmung zwischen den Ausführungen, die von den ver⸗ schiedensten Seiten dieses hohen Hauses gemacht worden sind, und zwischen den Ausführungen der Staatsregierung feststellen. So hoffe ich denn, daß es möglich sein wird, auch auf dem Gebiete der Finanzen mit der großen Mehrheit des Landtags so zusammen zu arbeiten, daß eine Lösung der schwierigen Frage herbeigeführt wird, durch die die preußischen Finanzen und damit Preußen überhaupt innerhalb des Organismus des Deutschen Reiches wieder den Platz einnehmen, der ihnen nach meiner Auffassung unter allen Umständen gebührt. (Bravol bei der Deutschen Volkspartei.)

Abg. König⸗Weißenfels (Komm.): Die Erhöhung der Ein⸗ nahmen, wie sie der Ausschuß vorschlägt, ist ein Danaergeschenk; es drückt sich darin bloß eine Verschleierung des aus, denn in dem gleichen und in noch größerem Maßstabe sind ja die Ausgaben gestiegen. Nur . öhere Einnahmen aus Steuern usw. kann die Finanzlage verbessert werden. Die Grund⸗ steuer liegt immer noch für den Staat als Einnahmequelle brach. Die Beschlagnahme eines Teils des Grund und Bodens hätte sich viel leichter durchführen lassen und hätte viel größeren Effekt ge⸗ habt, als die neue Grundsteuerveranlagung 1926 haben wird. Von der unpopulären Wo nungsbauabgabe bleibt für die eigentlichen Staatszwecke fast nichts übrig. Ist es richtig, daß Hrene die Fehe sbauabgabe von 3000 auf 9000 Prozent heraufzuschrauben beabsichtigt? Das würde geradezu öö“ sein bei dem elenden Stande der Ernährungsverhältnisse. ie steht es mit den Einkünften aus dem heutigen Welfenfonds, der nach dem Etat noch einen Zuschuß erfordert? Im Militärwaisen⸗ haus in Potsdam herrschen nach wie vor die unglaublichsten Zu⸗ stände bezüglich der Behandlung der Pfleglinge; wir verlangen die Unterstellung dieser Anstalten unter das ohlfahrtsministerium. Die staatlichen Theater müssen in Volkstheater verwandelt und in Planwirtschaft genommen werden. Her Förderung der gemein⸗ nützigen Bantätigkeit wollen wir nicht 200 000 Mark, wie es im Etat geschieht, sondern 20 Milliarden zur Verfügung stellen; über die Verwendung sollen die freien werkschaften und die Ge⸗ nossenschaftsorganisationen der Arbeiter, Angestellten und Be⸗ amten die ausschlaggebende Entscheidung haben. Nur so wird dem Wohnungselend einigermaßen gesteuert werden können. Warum 8 das Bad Pyrmont so ungewöhnlich bevorzugt werden? Nach

yormont gehen bloß die Schieber und die neuen Reichen. Das Steuerwesen muß einfach und durchsichtig gestaltet werden; wir verlangen zu diesem Zweck die Abschaffung aller indirekten Steuern, ofortige Ausschreibung einer inneren Zwangsanleihe, Zusammen⸗ assung aller Banken unter Kontrolle von Bankangestelltenräten, erbot des privaten Devisenhandels und Beschlagnahme aller Devisen, Auslandsguthaben und dynastischen Vermögen. Ein gutes Steuergesetz hat neuerdings Anbalt erlassen. Warum befolgt der Finanzminister nicht das Wiener Rezept, um vie Schieber zu schleuniger Abführung ihrer Steuerschulden zu veranlassen? Heute bezahlt der Besitz 5 Prozent, die Lohn⸗ und Gehaltsempfänger bis zu den ärmsten herunter müssen 95 Prozent aufbringen! (Ruf: Schieberrepublik! bei den Kommunisten.) Das Existenzminimum muß steuerfrei bleiben. Während die Not der Menge tatsächlich zunimmt, vermehrt sich dauernd der Ueberfluß der Kapitalisten und Großagrarier in aufreizendstem Maße, denn der Lohn hat egenüber dem Frieden einen Multiplikator von 4800, das Ein⸗ mmen der Kapitalisten und der Großgrundbesitzer einen Multi⸗ plikator von 20 000 aufzuweisen. Da ist es ja gar nicht anders möglich, als daß die Hungernden einmal rabiat werden, daß Un⸗ ruhen entstehen, und da ist man dann schnell mit den „kommu⸗ nistischen“ Unruhen bei der Hand! Der Reallohn des deutschen Arbeiters steht heute niedriger als der des chinesischen Kulis! Da⸗ egen stehen allein auf diesem Etat 23. Milliarden für die Schupo! 806 Millionen kostet uns die Verwaltung der früheren Hofkammer, der Staatsrat 25 Millionen, die beiden überflüssigen Vertreter in München und Dresden 30 Millionen! Die Besitzsteuer, auf die das Reich verzichtet hat, verlangen wir für die Länder, so die Vermögenszuwachssteuer, aber z. B. auch die Kapitalertrag⸗ und die Nachlaßsteuer. Die Gemeinden werden diese Steuern schon zu erfassen wissen. Die Konsumgenossenschaften müssen von der Umsatz⸗ und von der Gewerbesteuer befreit werden. Wir werden den Etat ablehnen, weil er die arbeitende Klasse lediglich als Aus⸗ beutungsobjekt betrachtet.

Abg. Dr. Bredt (Wirtschaftsp.): Was hier zur Finan⸗ verwaltung gesagt worden ist, läßt sich fast durchweg als Wahl⸗ reden bezeichnen. Es hat doch wenig Zweck, in einer Zeit, wo man sich vor neuen Aufgaben und Ausgaben gar nicht retten kann, den Finanzminister zu beauftragen, für Ersparnisse und für Abbau des Beamtenapparats zu sorgen. Es hat auch gar keinen Sinn, Sparanleihen aufzulegen in einer Zeit, wo jeder Lehrling, jedes Ladenmädchen spekuliert. Die abgewälzte Grundsteuer ist nur eine verschleierte Einkommensteuer. Von dem angeblichen Druck des Abzugs der 10 Prozent vom Gehalt des Beamten kann man in Wirklichkeit nicht sprechen; diese 10 Prozent sind von vornherein auf das Gehalt geschlagen und werden als Abzug kaum empfunden. Ebenso liegt es bei den Arbeitern. ie Unternehmer haben die 10 Prozent Lohnsteuer in ihre Preise und in die Löhne einkalkuliert. Mit diesem Gerede über den Lohn⸗ steuerabzug, das ja als Agitationsmittel recht passend ist, sollte man also doch hier nachgevade aufhören. Unsere Finanzmisere geht darauf zurück, daß das Einnahmebewilligungsrecht nicht recht⸗ zeitig zugestanden wurde; es wäre gar nicht so übel, es heute noch einzuführen.

8 88 Dr. Waentig (Soz.) erklärt, daß es irrig sei, die Gemeinden als Zellen zu bezeichnen, nach deren finanziellen Ge⸗ sundung auch Staat und Reich finanziell gesunden. ö“ müßten die Gemeindefinanzen aufgebessert werden, aber auch der Staat müsse für seine finanzielle Gesundung Sorge tragen. wäre falsch, die allgemeine Einkommensteuer wieder den Ländern zu überweisen. Man dürfe nicht den Eckstein aus dem System der Reichsfinanzen herausnehmen. (Zustimmung b. d. Soz.) Einer teilweisen Ueberweisung würde sich die Sozialdemokratie nicht widersetzen. Die verspäteten Steuerzahlungen seien eine außer⸗ ordentliche Bevorzugung der besitzenden Kla e gegenüber den Ar⸗ beitern und Fagsa seen. Sehr vichtig! b. d. Soz.) Hier müsse Wandel geschaffen werden. 1

scae Dr. 88 Winterfeld (D. Nat.) spricht Bedenken

gegenüber den selbständigen Anleihen aus. Die katastrophalen Währungsverhältnisse ließen allerdings keinen anderen Ausweg. Es sei aber bedenklich, wenn Städte Kohlenanleihen auflegen, wenn solche dort überhaupt nicht vorhanden sind. Den Kom⸗ munen müßte die Genehmigung zur Ausgabe derartiger Anleihen versagt werden, wenn nicht entsprechende Einnahmen vorliegen.

Abg. Dr. Leidig (D. Vp.) erklärt die vom Abg. Dr. Waentig vorgeschlagene Scheidung und Verwendung der Ein⸗ kommensteuer in Steuer auf das Arbeitseinkommen und solche auf den Besitz für nicht annehmbar. .

Hierauf wird der Etat der allgemeinen Finanzverwaltung unter Ablehnung einer Reihe sozialdemokratischer und kom⸗ munistischer Anträge in zweiter Beratung angenommen.

Mittwoch, 12 Uhr: kleine Etats und kleine Vorlagen.

4923

Parlamentarische Nachrichten

Im Haushaltsausschuß des Reichstags wurde gestern die 9. Ergänzung des Besoldungsgesetzes be⸗ raten. Angenommen wurden laut Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger u. a. folgende Ergänzungen des Besoldungsgesetzes. An Stelle von § 14 Abs. 2 und 3 soll folgender Absatz treten:

Bei Versetzungen sowie bei Dienstleistungen, die eine Ver⸗ legung des dienstlichen Wohnsitzes zur Folge haben, wird der Orts⸗ uschlag vom ersten des auf die Aenderung des dienstlichen Wohn⸗ itzes folgenden Monats nach dem Ortssatz des Versetzungsortes oder Dienstleistungsortes gezahlt. Findet die Aenderung des lichen Wohnsitzes am ersten Werktage eines Monats statt, so tritt der Wechsel im Ortssatz schon mit diesem Monat ein.

Ferner wurde ein Antrag des Abg. Dr. Höfle (Zentr.) an⸗ genommen, wonach der § 17 Abs. 2 dahin abgeändert werden soll, daß der Frauenzuschlag nicht nur Witwern, sondern auch Witwen werden kann, wenn sie für den vollen Unterhalt versorgungs⸗ erechtigter Kinder im eigenen Haushalt aufkommen.

Im weiteren Verlauf der Sitzung wurden folgende Grund⸗ gehälter bewilligt:

Gruppe I: 324 000 338 000 352 000 366 000 380 000 393 000 406 000 419 000 432 000 monatlich.

Gruppe II: 357 000 372 000 387 000 402 000 417 000 432 000 447 000 462 000 476 000 monatlich.

Gruppe III: 390 000 407 000 424 000 440 000 456 000 472 000 488 000 504 000 520 000 monatlich.

Gruppe IV: 437 000 456 000 474 000 492 000 510 000 528 000 546 000 564 000 582 000 monatlich.

Gruppe V: 494 000 515 000 536 000 557 000 578 000 598 000 618 000 638 000 658 000 monatlich.

Gruppe VI: 557 000 581 000 605 000 628 000 651 000 674 000 697 000 720 000 743 000 monatlich.

Gruppe VII: 636 000 663 000 690 000 717 000 744 000 770 000 796 000 822 000 848 000 monatlich.

Gruppe VIII: 730 000 765 000 800 000 835 000 870 000 905 000 939 000 973 000 monatlich.

Gruppe IX: 838 000 878 000 918 000 958 000 998 000 1 038 000 1 078 000 1 118 000 monatlich.

Gruppe X: 963 000 1 009 000 1 055 000 1 101 000 1 147 000 1 193 000 1 239 000 1 284 000 monatlich.

Gruppe XI: 1115 000 1 169 000 1 222 000 1 275 000 1 328 000 1 381 000 1 434 000 1 487 000 monatlich.

Gruppe XII: 1 303 000 1 376 000 1 449 000 1 521 000 1 593 000 1 665 000 1 737 000 monatlich.

Gruppe XIII: 1 560 000 1 690 000 1 820 000 1 1 950 000 2 080 000 monatlich.

Bei den Einzelgehältern: 1. 2 220 000 monatlich, 2. 2 500 000 monatlich, 3. 2 900 000 monatlich, 4. 3 030 000

monatlich, 5. 3 870 000 monatlich, 6. 5 700 000 monatlich 7. 8 200 000 monatlich.

Drrszuflchrug.

2

Monatsbetrag bei einem Grundgehalt

über über über über über b bis 387 000 437 000 510 000 605 000 838 000 über 387 000 bis bis bis bis bis 1 275 000 437 000 510 000 605 000 838 000]1 275 000

180 000 150 000 130 000

162 000 135 000 117 000

90 000 108 000 126 000 144 000 75 000 90 000 105 000 120 000 65 000% 78 000 91 000 104 000 8 44 000 55 000 66 000 77 000 88 000 99 000⁄ ,110 000 36 000] 45 000] 54 000] 63 000] 72 000 81 000% 90 000

Frauen⸗ und Kinderzuschläge bleiben im wesentliche unverändert. Die weitere Beratung der 9. Ergänzung des Besol⸗ dungsgesetzes wird heute fortgeführt. 1

Der Reichstagsausschuß für Sozialpol behandelte gestern den Gesetzentwurf über Aenderung des Ver⸗ sicherungsgesetzes für Angestellte und der Reichs⸗ versicherungsordnung. Der Entwurf sieht im wesentlichen eine neue Festsetzung der Versicherungsgrenzen vor sowie Abänderungen der Grundsätze für die Anlage des angesammelten Vermögens. Zu⸗ nächst wandte sich die Aussprache den verschiedenen Gehaltsklassen und in Verbindung hiermit der Frage der wertbeständigen Anlage der Gelder sowie der Höhe der Beiträge zu. Die Regierungsvorlage sieht 12 Gehaltsklassen vor, die mit einem Jahreseinkommen von 720 000 beginnen und von 6 264 000 schließen (monatlich 60 000 bezw. 522 000 ℳ). Ein sozialdemokratischer Antrag wollte diese Jahresbeträge so ändern, daß sie mit 2 160 000 anfangen und mit 35 640 000 aufhören (monatlich 180 000 bezw. 2 970 000 ℳ). Die allgemeine Aus⸗ sprache drehte sich hauptsächlich um das Beitragswesen und um die möglichst wertbeständige Vermögensanlage der Versicherungsgelder. Unter anderem wurde angeregt, das Umlageverfahren auf das weitest⸗

ehende auszubauen, um sich so den stabilen Verhältnissen nähern zu önnen. Beschlüsse wurden jedoch noch nicht gefaßt. Heute soll eine Besprechung mit den Landesversicherungsanstalten stattfinden.

Im Reichstagsausschuß für Wohnungswesen erfolgte gestern eme Aussprache über die augenblickliche Lase im Wohnungs⸗ und Baumarkt. Auf Anfrage des Abg Silberschmidt (Soz.) führte Geheimrat Glaß (Reichsarbeits⸗ ministerium) aus, daß man bei der Wohnungsbauabgabe in Hinsicht auf die dauernde Geldentwertung mit einer festen Ziffer rechnen könne, sondern daß die ohnungsbauabgabe eine gleitende sein müsse. Als Ausgangspunkt für die Normierung der Wohnungsbauabgabe könne der Instandsetzungskostenzuschlag gewählt werden, der ja fallweise den jeweiligen Baukosten und Löhnen entsprechend von den zuständigen Behörden fest⸗ gesetzt werde. Die Anzahl der zu unterstützenden Bauten, die mit den zurzeit bereiten Mitteln erstellt werden könnten, ließe sich mit Rücksicht auf die gleitenden Preise nur ganz roh schätzen. Aus den 150 Milliarden Vorschüssen auf die Wohnungsabgaben könnten rund 10 000 Wohnungen, aus dem 200 Milliarden Reichsdarlehn zur Belebung der Bautätigkeit (nach Abzug der Hälfte für angefangene Bauten) rund 5000 Wohnungen begonnen sein; hierzu kämen noch etwa 2000 Wohnungen in dem an das Einbruchsgebiet angrenzenden Randgebiet, so daß also insgesamt schätzungsweise 17 000 neue Woh⸗ nungen in Angriff hätten genommen werden können. Dabei müsse jedoch bemerkt werden, daß bei der großen fortschreitenden Geldentwertung die Fertigstellung mit den bisherigen Mitteln nicht gesichert sei. Die Regierung werde ihr neues Bauprogramm demnächst damit durchzuführen versuchen, daß sie eine Aenderung des Wohnungsbauabgabengesetzes einbringen werde, wonach die Wohnungsbauabgabe nicht mehr nach einem festen Prozentsatz der Miete, sondern nach dem Mehrfachen des jeweiligen Instandsetzungskostenzuschlags berechnet werden soll. Der Regierungsvertreter wies noch darauf hin, daß der Wohnungsbau nur dann wesentlich gefördert werden könnte, wenn dadurch auch rentierliche Werte geschaffen würden. Es ginge nicht an, daß lediglich aus öffentlichen Mitteln gebaut würde, weil der Bau aus Privatmittein auch nicht im entferutesten zu ver⸗ zinsen sei. Daß die Mieten setzt so unverhältnismäßig gering seie (im Vergleich zur Goldparität), diene weder den Vermietern

72 000 60 000 52 000