1923 / 185 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 13 Aug 1923 18:00:01 GMT) scan diff

and im 1. Viertel des Kalenderjahrs 1924 zu entrichtenden erhöhten

Zahlungen auf die Einkommen⸗ und Körperschaftssteuer als Opfer für Rhein und Ruhr von den Steuerbflichtigen im unbesetzten Gebiet erhoben werden. Es handelt sich hier nicht um eine Erhöhung der Einkommensteuer, sondern um eine Belastung des Besitzes im all⸗ gemeinen, für die aus Zweckmäßigkeitsgründen die erwähnten Voraus⸗ zahlungen als Maßstab gewählt worden sind.

Die erhöhten Vorauszahlungen betragen bekanntlich nach dem

Gesetz vom 9. Juli 1923 am 15. August bei der Einkommensteuer das 25 fache und bei der Körperschaftssteuer das 35 fache der regel⸗ mäßigen Vorauszahlungen Für die übrigen Kalendervierteljahre wird das Vierteljahr der Vorauszahlungen vom Reichsminister der Finanzen den Verhältnissen entsprechend festgesetzt werden. Wie die Dinge sich entwickelt haben, entsprechen die 25⸗ beziehungsweise 35 fachen Vorauszahlungen im August der inzwischen eingetretenen Geldentwertung in keiner Weise mehr. Auch die in dem Ihnen vor⸗ liegenden Entwurf vorgeschlagene Erhöhung der Vorauszahlungen auf das 100⸗ beziehungsweise 140 fache ist durch die stürmische Ent⸗ wicklung der letzten Tage ebenfalls wieder weit überholt, und es wird eine außerordentliche Heraufsetzung notwendig werden

Einkommensteuerpflichtige, die den erhöhten Vorauszahlungen auf Grund des Gesetzes vom 9. Juli 1923 nicht unterliegen, sollen, soweit ihr steuerbares Einkommen im Kalenderjahr 1923 den Betrag von 1 Million Mark überstiegen hat, im August 1923 das 25 fache und in den beiden folgenden Kalendervierteljahren das 50 fache ihrer regelmäßigen Vorauszahlungen zu leisten haben.

Zeiese unterschiedliche Behandlung rechtfertigt sich damit, daß es sich hier um Steuerpflichtige handelt, die vorwiegend im Wege des Lohnabzugs den größeren Teil ihrer Einkommensteuer sofort in dem Gelde entrichten, in dem sie ihre Bezüge erhalten.

In die erhöhten Vorauszahlungen zu beschleunigen und dadurch die Leistungen der veranlagten Steuerpflichtigen den Leistungen der Lohnsteuerpflichtigen gleichzustellen, sollen weiter die Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer für das letzte Kalendervierteljahr 1923 vom 15 November auf den 5. Oktober und die Vorauszahlungen für das erste Kalendervierteliahr 1924 vom 15. Februar 1924 auf den 5. Januar vorverlegt werden.

ven dieser Abgabe soll von Personen, die am 1. August einen Kra wagen oder einen Personenkraftwagen besitzen, der zu diesem Zeuwunkte der Kraftfahrzeugsteuer unterlag, eine einmalige Abgabe im 50 fachen Betrage der am 1. September gültigen Kraftfahrzeug⸗ steuer erhoben werden

Das finanzielle Ergebnis des Rhein⸗ und Ruhropfers wird sich erst auf Grund der Ausschußverhandlungen genauer übersehen lassen. Auf alle Fälle wird es sich um gewaltige Billionenbeträge handeln.

Feben dem Entwurf eines Gesetzes für die Erhebung eines Rbein⸗ und Ruhropfers und dem Entwurf eines Gesetzes zur Ab⸗ änderung des Gesetzes vom 9. Juli 1923 über die Erhebung der Vorauszahlungen auf die Einkommen⸗ und Körperschaftssteuer liegt Ihnen noch der Entwurf eines Gesetzes über die Abänderung einzelner Verbrauchssteuergesetze und der Entwurf eines Steuerzinsgesetzes vor. Der erstere will die Biersteuer, die nach den vom Reichstag beschlossenen Sätzen, gemessen an den Brauerei⸗ voE 3838““ gegenüber einer Vorkriegsbelastung von 13,6 vH auf die Höhe bringen, wie sie im Jahre 1918 geplant war, nämlich von 20 %, der Brauereipreise. Diese Belastung muß unter den heutigen Um⸗ ständen erreicht werden, und ist, wenn man die Leichtigkeit bedenkt, mit der beute Bierpreiserböhungen gefordert und durchgesetzt werden, auch tragbar

Has Mineralwassersteuergesetz soll aufgehoben werden. Neben der Erböhung der Biersteuer sollen bei den Verbrauchssteuern, Bier⸗, Zündwaren⸗, Leuchtmittel⸗, Spielkarten⸗, Salz⸗, Zucker⸗ und Kohlen⸗ steuern die Fälligkeitsfristen wesentlich gekürzt werden, und zwar in der Weise, daß die in der ersten Hälfte eines Monats angefallenen Sieuern am 25. des gleichen Monats und die Steuern für die zweite Hälete eines Monats am 10. des nächsten Monats fällig werden. Ene ähnliche Regelung wird bei der Beratung des Ihnen vorliegenden Weinsteuergesetzentwurfs im Herbst d. J. erfolgen müssen, und außerdem werde ich wegen der Beseitigung des Zahlungsaufschubs und der Festsetzung entsprechender Fristen für die Tabaksteuer nach Abschluß der eingeleiteten Besprechungen mit dem Tabakgewerbe in Kürze Vorschläge machen. Bei dieser Gelegenheit wird auch die Tabaksteuer unter grundsätzlicher Beibehaltung des geltenden Banderolensystems eine Aenderung dahin erfahren müssen, daß die Nachteile beteitigt werden, die jetzt im Kleinhandel aus der infolge der Geldentwertung notwendig werdenden Nachversteuerung erwachsen.

Has Steuerzinsgesetz endlich wird die Möglichkeit schaffen, daß sowohl die Verzugszinsen für Zahlungsausschub und Stundung als die Zuschläge für verspätete Zahlungen der Einkommen⸗, Körperschafts⸗, Vermögens⸗, Erbschafts⸗ und Umsatzsteuer, die s. Zt. durch das Geld⸗ entwertungsgesetz eingeführt worden sind, jeweils vom Reichsminister der Finanzen entsprechend der Geldentwertung festgesetzt werden können. Die letzterwähnten Zuschläge sollen demnach nicht wie bisher erst nach Ablauf des Fälligkeitsmonats eintreten, sondern bereits vom Tage der Fälligkeit an Platz greifen. Für die Anpassung dieser Zu⸗ schläge an die Geldentwertung sind hiernach alle Möglichkeiten ge⸗ geben, und es wird hiervon selbstverständlich mit dem größten Nach⸗ druck Gebrauch gemacht werden.

Meben diesen Maßnahmen, die Ihnen im Augenblick unterbreitet sind, wird in den morgigen Ausschußberatungen zu prüfen sein, ob nicht noch andere schnell fließende und ergiebige Steuereinnahmen er⸗ schlossen werden können. Ich darf mir vorbehalten, die sich hier bietenden einzelnen Möglichkeiten im Ausschuß näher darzulegen.

wliezlich bleibt

zuletzt preisen

noch die Neuregelung der Vermögenssteuer, der Erbschaftssteuer, der Einkommensteuer und der Körperschafts⸗ steuer. Bezüglich der Vermögenssteuer habe ich bereits das letzte Mal im Plenum des Reichstags ausgeführt, daß für die Bewertung der Vermögensveranlagung, solange die gegenwärtig schwankenden Verhältnisse andauern, die tatsächlichen Verhältnisse am Stichtag zugrunde gelegt werden müssen. Weiter wird die nächste Veranlagung für die Vermögenssteuer bereus im Jahre 1924 auf Grund des Vermögensstandes vom 31. Dezember 1923 erfolgen müssen, da die letzte Veranlagung nach dem Vermögensstand vom 31. Dezember 1922 wegen der Un⸗ ilänglichkeit der Bewertungsvorschriften und wegen der inzwischen ingetretenen starken Geldentwertung unmöglich für eine Steuer⸗ leistung von drei Jahren gelten kann. Bei der Erbschaftssteuer sollen die Bewertungsvorschriften nach den tatsächlichen Verhältnissen am Tage des Eintritts der Steuer⸗

pflicht nach Maßgabe der Vorschriften des Vermögenssteuergesetzes gelten. Der Entwurf zur Abänderung des Vermögens⸗ und des Erbschaftssteuergesetzes liegt dem Reichsministerium vor und wird von ihm in allernächster Zeit verabschiedet werden.

Ich werde ferner im Herbst einen Gesetzentwurf wegen Aenderung des Einkommensteuergesetzes vorlegen, bei dem auch die sonstigen grundlegenden Fragen,. insbesondere die Einführung der Goldrechnung, der Goldbilanz und des Goldtarifs eingehend behandelt werden⸗ Die Frage der Goldbilanz und der Goldrechnung spielt schon seit längerer Zeit, und namentlich jetzt bei der rasend fortschreitenden Verschlechterung der Mark, eine große Rolle. Ich kann es durchaus verstehen, wenn die Entwicklung der letzten Tage es den weitesten Kreisen wünschenswert erscheinen läßt, daß neben dem geltenden Zahlungsmittel (der Paviermark) eine feste Rechnungseinheit auf einer Art Goldbasis geschaffen wird, die es ermöglicht, Klarheit in die Vermögens⸗, Betriebs⸗ und Einkommensverhältnisse zu bringen. Um Irrtümern vorzubeugen, möchte ich betonen, daß es sich dabei nicht etwa um eine Aenderung unserer Währung handeln kann. Es kann sich vielmehr, wie Dr. Helfferich am Schluß seines großen Werkes über das „Geld“ zutreffend aus⸗ führt, in unserer Lage nur darum handeln, abgesehen von kleinen Not⸗ behelfen, die Arbeit an der Wiederherstellung der Goldbasis für unsere Währung nach besten Kräften zu versuchen. Damit hat die Einführung einer bestimmten Rechnungseinheit, einer Festmark, nichts zu tun. Sie kann, wie in dem genannten Werk ebenfalls hervorgehoben wird, neben der weiteren Belassung der in ihrem Wert schwankenden Mark als Umlaufsmittel, lediglich einen neuen Maßstab für den Wert⸗ inhalt der Geldschulden und der in Geld festzusetzenden regelmäßigen Leistungen schaffen. Die Frage ist der ernstesten Prüfung wert und ich habe dazu hervorragende Sachverständige berufen. Die bisherigen Verhandlungen haben zunächst die Notwendigkeit ergeben, durch Gut⸗ achten von Wissenschaftlern und Praktikern die Möglichkeit der Durch⸗ führung der Festmarkrechnung in der kaufmännischen Buchführung und damit die Aufstellung einer reinen Festmarkbilanz feststellen zu lassen. Ich möchte weiter nicht verhehlen, daß die Meinungen der Sachverständigen über den Wert und die Wirkung der Festmark⸗ rechnung namentlich auf steuerlichem Gebiete noch erheblich aus⸗ einandergingen. Die Verhandlungen werden mit größter Beschleuni⸗ gung zu Ende geführt werden.

Sind alle die Maßnahmen, die ich vorgetragen habe, durch⸗ geführt, dann sind die Forderungen an die Wertbeständigkeit von Steuern, wie sie in dieser Zeit schwankender Geldentwertung mit Recht gestellt werden, bereits weitgehend erfüllt. Dabei ist es selbstverständlich, daß an der weiteren Verbesserung unaufhörlich gearbeitet werden muß, und ich hoffe, binnen kurzem einen weiteren praktischen Schritt in dieser Richtung vorwärts zu tun.

Meine Damen und Herren! Seit langem wird die Forderung nach einer grundlegenden Steuerreform erhoben. Sie ist berechtigt, wenn es sich darum handelt, unser Steuerwesen auf fester Grundlage und auf weite Sicht zu ordnen. Ich bin gewiß der Letzte, der behaupten wollte, unser Steuersystem sei ideal und nicht verbesserungs⸗ bedürftig. Ich bin aber andererseits der Meinung, daß es sich bei den Verhältnissen, wie wir sie heute haben, in erster Linie nur darum handeln kann, mit den vorhandenen Mitteln und mit dem vorhandenen System oder im engsten Anschluß daran den Geldbedarf des Reichs auf die rascheste und einfachste Weise zu decken, und zwar so, daß dabei die Leistungsfähigkeit des einzelnen im großen und ganzen berücksichtigt wird. Der einfachste Weg ist auch deshalb geboten, weil es schlechterdings zum Erliegen der Finanzbehörden führen müßte, wenn neben der Fülle der jetzt schon zu lösenden Aufgaben noch sehr komplizierte Maßnahmen von ihnen verlangt würden.

Eins aber muß alsbald in Angriff genommen werden, die Neu⸗ regelung des finanziellen Verhältnisses zwischen Reich, Ländern und Gemeinden. Die Einnahmen des Reichs werden zum weitaus über⸗ wiegenden Teil von den Ländern und Gemeinden in Anspruch ge⸗ neommen. Die Reichssteuerüberweisungen an die Länder und Ge⸗ meinden stellen dabei nur einen Bruchteil der Beträge dar, die den Ländern und Gemeinden als Zuschüsse zu den Besoldungen ihrer Beamten und Angestellten überwiesen werden. Die Last der Be⸗ soldungszuschüsse erfährt nach den Vorschriften des neuen Finanz⸗ ausgleichsgesetzes durch die Einbeziehung der Geistlichen und Kirchen⸗ beamten, durch die Zuschußpflicht des Reichs gegenüber den nichtstaatlichen und nichtkommunalen Anstalten und Einrichtungen, die Aufgaben der öffentlichen Wohlfahrtspflege und des öffent⸗ lichen Bildungswesens erfüllen, eine wesentliche Vermehrung. Hinzu kommen die Beträge, die die Länder auch außerhalb des Haushalis der allgemeinen Finanzverwaltung für Aufgaben erhalten, die von jeher eigentliche Landesaufgaben waren: auf dem Gebiete der Polizei, auf sozialpolitischem, auf kulturellem und wirtschaftlichem Gebiete. Dazu sind die Länder durch die Darlehen, die das Reich ihnen zur Behebung der Zahlungsschwierigkeiten ihrer Gemeinden und Kirchengemeinden gewähren muß, in eine wachsende Verschuldung gegenüber dem Reiche geraten. Diese Nöte sind so groß und die Ver⸗ strickung zwischen Reichs⸗, Länder⸗ und Gemeindefinanzen ist eine so enge geworden, daß das Reich allein mit seiner Gesetzgebung nicht zu helfen vermag. Den Bestrebungen des Reichs muß jeder Erfolg versagt bleiben, wenn die Länder und Gemeinden nicht alles auf⸗ bieten, um zwischen ihren Einnahmen und ihren Ausgaben ein erträg⸗ liches Verhältnis herzustellen. Wenn mir auch die Auffassung fernliegt, daß die Länder sich unter den heutigen Verhältnissen von der finanziellen Hilfe des Reichs unabhängig machen und ihre Auf⸗ gaben ohne Zuschüsse des Reichs lösen tönnten, so bedarf es in den einzelnen Ländern gleichwohl sorgfältigster Prüfung, ob eine stärkere Ausschöpfung der eigenen Einnahmequellen und eine größere finanzielle Selbständigkeit erzielbar ist. Jede Maßnahme, die ein Land trifft, um die ihm überlassenen Steuern voll auszunutzen, um die Ver⸗ waltung seines Eigentums, seiner Forsten, Domänen und Berg⸗ werke und sonstigen Betriebe rentabler zu gestalten, verringert die Inanspruchnahme des Reichs und kommt dadurch dem Reichsganzen zu gute.

Um zu solchen Maßnahmen anzureizen, wird es Aufgabe des neuen Finanzausgleichs sein müssen, den Ländern und Gemeinden ein größeres Selbstbestimmungsrecht auf dem Gebiete der Einnahmen zuzubilligen, als sie heute besitzen. (Sehr richtig!)

So wesentlich auch das Ergebnis der Steuergesetze ist, die zu Ihrer Beschlußfassung vorgelegt sind, so ist doch gewiß, daß ihre Wirkung nicht auf allen Gebieten sofort eintreten kann. Außerdem kann durch Steuern allein der Kampf, in dem wir stehen, nicht finanziert werden. Da wir aber die schwebende Schuld nicht so weiter wachsen lassen dürfen, wie bisher, hat sich die Reichsregierung

entschlossen, erneut an den Anleihemarkt heranzutreten. Wir haben dies zuletzt getan, als wir die dreijährigen Dollarschatzanweisungen auflegten. welche die Garantie der Reichsbank haben. Da eine Beibehaltung dieses Typs von Schatzanweisungen mit Rücksicht auf die Reichsbank nicht in Frage tommen kann, habe ich mich im Einvernehmen mit der Reichsregierung und nach sorgfältiger Ueberlegung entschlossen, an den Anleihemarkt mit Schatzanweisungen heranzutreten, welche zwar die gleiche Verzinsung wie die Dollar⸗ schatzanweisungen haben, aber eine zwölffährige Laufzeit besitzen. Auch diese Schatzanweisungen sind wertbeständig. Sie lauten über Mark in der Weise, daß 4,20 gleich ein amerikanischer Dollar sind. Eine Einzahlung in Devisen wird nicht verlangt, aber durch den Ausgabekurs wird die Einzahlung von Devisen begünstigt.

Die Reichsregierung hat sich entschlossen, Ihnen in dem Gesetz über die Sicherung und steuerliche Behandlung einer wertbeständigen Anleihe des Reiches diesenigen Maßnahmen zur Beschlußfassung vor⸗ zulegen, welche eine solche Schatzwechselausgabe bis zum Betrage von 500 Millionen Gold in besonderer Weise sichern und begünstigen soll. Die Sicherung besteht darin, daß die Reichsregierung ermächtigt werden soll, für die Deckung des Zinsendienstes Zuschläge zur Vermögenssteuer zu erheben. Wenn 500 Millionen Mark Gold gezeichnet würden, und zwar nur in den Stuͤcken von 42 Mark Gold und darüber, so würde dies einen jährlichen Aufwand für Zinsen von 30 Millionen Mark Gold erfordern. Nach der Aus, gestaltung, welche die Vermögenssteuer nach den Absichten der Reichs⸗ regierung erfahren soll, eine Umgestaltung, welche das hohe Haus in der nächsten Zeit beschäftigen wird, ist der Zuschlag zur Vermögens⸗ steuer tragbar.

Der Gesetzentwurf sieht ferner Sicherung für die Rückzahlung des Kapitals vor, indem auch für diesen Zweck Zuschläge zur Ver⸗ mögenssteuer erhoben werden können. Dies ist eine äußerste Sicherung, denn es muß ohnehin erwartet werden, daß wir vor Eintritt der Fälligkeit der neuen Schatzanweisungen in einer Finanzwirtschaft stehen, die es zu einer baren Einlösung der Schatzanweisungen nicht kommen läßt, sondern in der üblichen Weise eine Umwandlung dieses Kredits in eine langfristige Anleihe ermöglicht.

Die Begünstigung der neuen Schatzanweisungsanleihe besteht nach dem vorliegenden Entwurf in der Befreiung von der Börsen⸗ umsatzsteuer und von der Erbschaftssteuer. Die Befreiung von der Erbschaftssteuer ist auf die selbstgezeichneten Stücke beschränkt; sie wird die langfristige Anlegung von Kapital begünstigen. Die Be⸗ freiung von der Börsenumsatzsteuer wird dazu beitragen, daß Betriebs⸗ kapitalien leicht und ohne jeden Nachteil in diesem Papier angelegt und vor Entwertung geschützt werden können.

Der Ruf der Allgemeinheit nach einem solchen wertbeständigen

Anleihepapier ist in den letzten Monaten begreiflicherweise immer lauter geworden. Tastende Versuche eine Wertbeständigkeit durch Begründung auf Getreide, Kali, Kohle und andere Werteinheiten zu gründen, sind von verschiedenen Seiten gemacht und im allgemeinen vom Publikum zustimmend aufgenommen worden. Heute ist die

Lage der Währung und der Wirtschaft in der Tat so, daß das Reich

dem allgemeinen Bedürfnis nach einem solchen Anlagepapier entsprechen muß, wenn es überhaupt an den Kapitalmarkt herantritt. Wie ich vorhin in meinen Erwägungen über die Goldberechnung auf steuerlichem Gebiet ausgeführt habe, handelt es sich hier um ein außerordentlich ernstes dringendes und schwieriges Problem. Es läßt sich nach meiner Ueberzeugung mit raschen Gewaltmaßnahmen nicht loͤsen. So, wie die Dinge sich gestaltet haben, kann die Mark ihrer Funktion als Wertmesser nicht ohne weiteres entkleidet werden, aber es muß allerdings in immer umfassenderem Maße dafür gesorgt werden, daß die Bereicherung von Kreditnehmern, welche bisher in starkem Maße mit der Aufnahme von Papiermarkkrediten verbunden war, ihr Ende findet. Darum hat sich die Reichsbank, wenn sie auch das Diskontieren des als Zahlungsmittel umlaufenden Waren⸗ wechsels noch nicht ausschalten kann, entschlossen, überall da, wo die Forderung wertbeständiger Kredite angängig ist, insbesondere wo der Kredit aus erster Hand an sie herantritt, die Sicherung der Wertbeständigkeit ihrer Kredite zu fordern. Die gleiche Maßnahme wird von den Darlehnskassen, abgesehen vom Kleinverkehr, überall da durchgeführt werden, wo der Kredit auf Grund von wertbeständigen Pfändern nachgesucht wird. Bei einem solchen Stande der Entwicklung wird die Geschäftswelt und das Publikum in immer stärkerem Maße wertbeständige Anleihepapiere brauchen. Diesem Bedürfnis sollen die neuen Schatzanweisungen entsprechen. Sie würden aber, was sich von selbst versteht, zu einer unberechenbaren Belastung des Reichs führen, wenn wir nicht durch die erörterten Maßnahmen bei den Betriebsverwaltungen und bei den Steuern zu einem gesünderen Verhältnis zwischen den Gesamtein⸗ nahmen und Gesamtausgaben des Reichs und vor allem zu einer normalen Deckung der Ausgaben der allgemeinen Reichsverwaltung gelangen. Es stehen also die Ihnen vorgelegten Gesetzentwürfe und die bevorstehenden Tarifänderungen der Reichsbetriebsverwaltungen in einem notwendigen engen Zusammenhange.

Um einen sicheren Ueberblick über die spätere Gestaltung der Reichsfinanzen zu gewinnen, ist es von besonderer Wichtigkeit, das wahre Gesicht unseres Haushalts zu erkennen, das heute durch den Schleier der Papiermark verhüllt ist, und dabei festzustellen, auf welche Ausgaben wir in fester Währung nach den Erfahrungen der Ver⸗ gangenheit zu rechnen haben und auf welche Erträge wir andererseits in der gleichen Weise rechnen können. Diese Untersuchungen, die eine außerordentlich schwierige und zeitraubende Einzelarbeit erfordern, sind in meinem Ministerium in vollem Gange und stehen vor dem Abschluß. Soweit sich das Bild heute abzeichnet, zeigt es Züge, die gewiß ernst, aber keineswegs hoffnungslos sind. Der Weg zur Gesundung wird mit jeder Art von inneren Hindernissen be⸗ deckt sein, und wie es mit den Schwierigkeiten von außen bestellt ist, brauche ich hier nur anzudeuten. Die Hauptsache aber ist, daß wir an der Möglichkeit einer Gesundung, die auf inneren Gründen beruht, keineswegs zu verzweifeln brauchen. Allerdings wird ein großes Maß von Opfermut auf allen Seiten dazu gehören, um zum Ziel zu gelangen. Aber ich bin davon überzeugt, daß die not⸗ wendigen Entschlüsse gefaßt werden, einfach weil sie gefaßt werden müssen, und ich bin ferner davon überzeugt, daß das deutsche Volk seine 8 Regierung auf diesem Wege nicht im Stich

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zum Deutschen Neichsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger

eite Beilage

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Nr. 185.

(Fortsetzung aus der Ersten Beilage.)

Das Ziel all unserer Maßnahmen muß sein, durch äußerste Kraftanstrengung des ganzen Volks den verheerenden Wirkungen der Inflation mit dem denkbar stärksten Nachdruck entgegenzutreten. So wie sich unsere Verhältnisse nach dem Ausgang des Welt⸗ kriegs gestaltet haben, kommt es aber dabei leider nicht auf uns allein an. Wir sind kein geschlossener Handelsstaat, sondern wir sind in das wirtschaftliche Weltgetriebe unlösbar ver⸗ flochten. Ohne Einfuhr von Nabrungsmitteln und Rohstoffen und ohne Ausfuhr von Fertigwaren können wir nicht bestehen. Unsere Währung und unser Kredit hängen aber auch nicht allein von unserer Handelsbilanz ab, sondern von der viel allgemeineren Antwort auf die Frage, ob das Ausland an unsere politische und wirtschaftliche Zu⸗ kunt glaubt oder nicht. Ich will die Frage nicht beschränken auf das Problem von äͤußeren Anleihen. Darum handelt es sich nicht oder jedenfalls keineswegs allein. Die Aeußerungen, welche die Finanz⸗ kommission der Konferenz in Genua und das Anleihekomitee der Reparationskommission Anfang und Mitte des vorigen Jahres über die Moöglichkeit und die Notwendigkeit von einer äußeren Kredithilfe zugunsten Deutschlands abgegeben haben, beruhen im tiefsten Grunde auf denselben Erwägungen, die ich eben angestellt Jabe. Die Völker der modernen Welt führen kein ab⸗ Neschlossenes Leben hinter ihren Grenzen, sondern sie sind, so schwer das auch an manchen Stellen nach einem Weltbrande ge⸗ würdigt werden mag, Glieder einer großen Wirtschaftsgemeinschaft, die aufeinander angewiesen sind. In unserem Fall handelt es sich also darum, daß wir eine Finanz⸗ und Wirtschaftspolitik führen, die sich dieser Zusammenhänge des Ganzen bewußt bleibt, die von der Zuversicht auf die eigene Volkskraft getragen ist und die uns als den wichtigen Faktor der Weltwirtschaft erkennen läßt, der wir sind und bleiben wollen.

Worauf es aber ferner ankommt, ist in der Hauptsache die Regelung des Ruhrkonflikts und der Reparationsfrage. (Sehr richtig! im Zentrum.) Es ist unverträglich mit den Existenzbedingungen eines Volkes, wenn in seinem Gebiete vom Nachbar nach Abschluß eines Friedens eigenmächtig, nach Gutdünken wie im Kriege und schlimmer als im Kriege geschaltet wird (sehr richtig! im Zentrum), und wenn Rechte, welche der Nachbar auf diese völkerrechtswidrige Weise zu wahren hehauptet, auf einem Diktat beruhen, das uns erdrückt und von uns nicht erfüllt werden kann, so bleibt, wie die Reichsregierung immer wieder betont hat, nichts anderes übrig, als daß ein unparteiischer Spruch über die Last und ihre Aufbringung gefällt wird. Inzwischen aber müssen wir der Welt täglich neu beweisen, daß wir aus eigener Kraft das Letzte zu unserer Erhaltung hinzugeben entschlossen sind, und ich bitte Sie daher im Namen der Reichsregierung, ohne Verzug an die Regelung der Ihnen unterbreiteten Finanzvorlagen heranzugehen.

ravo!)

Präsident Löbe teilt mit, daß nach einem Beschluß des Aeltestenvats die Aussprache über die Regierungserklärung morgen beginnen soll.

Abg. Könen (Komm.) beantragt zur Geschäftsordnung. die Debatle sofort zu beginnen, damit die unerhörte Rede des un⸗ fähigen Reichskanzlers (Unruhe vechts) nicht einen Tag ohne Widerspruch ins Land gebe. Arbeiterdelegalionen der Berliner Großbetriebe hätten diese Forderung an den Reichstag gerichtet. In vielen Betrieben sei schon passive Resistenz proklamiert worden, um Cunos Rücktritt zu erzwingen. (Gelächter.)

Abg. Müller⸗Franken (Soz.): Die Kommunisten haben heute im Aeltestenrat der Vertagung der Aussprache zugestinunt. (Ruf bei den Kommunisten: Da wußten wir noch nicht. daß Cuno solch unmögliches Zeug quasseln würde!) Dann haben Sie also von diesem Staatsmann eine Rede erwartet, die Ihnen gefallen würde. (Heiterkeit.) Wenn der Reichstag nach dieser Begründung dem Antrag der Kommunisten zustinrmen würde so wäre das die Abdankung des Parlaments. (Beifall bei der Mehrheit.)

Der Antrag Könen wird abgelehnt.

Um 5 ½ Uhr Vertagung auf Donnerstag 2 sprache über die Regierungserklärung.)

die

Uhr (Aus⸗

Parlamentarische Nachrichten.

Der Haushaltsausschuß des Reichstags stimmte am 9 August der Erhöhung der Unterstützun gssätze für die Rentenempfänger der Invaliden⸗ und. An⸗ estelltenversicherung zu, wie sie vom sozialpolitischen usschuß in einer vorhergehenden Sitzung unter Billigung der Re⸗ ijerung beschlossen war. Die Unterstützungssätze werden danach ünftig in vereinfachter Form nach Maßgabe der Reichsinderziffer festaesetzt, und zwar halbmonatlich nach der Inderziffer an dem betr Zahltage Die Regierung erklärte sich bereit den Gemeinden, die 20 vH dieser Sätze aus eigenen Mitteln aufzubringen haben, in weitestem Umfange Zuschüsse zu leisten. Die Gemeinden sollen weiter berechtigt sein, an Stelle der Barzahlungen Sachbezüge zu 2 Die Unterstützungssätze für die Kleinrentner sollen in

mielben Sinne geregelt werden. Im Steuerausschuß des Reichstags wurde in der Sitzung am 9. August vor Eingang in die Beratung der Steuer⸗ gesetze vom Abg. Koenen. (Komm.) verlangt, zunächst einen kom⸗ munistischen Gesetzentwurf zur Erfassung der Sachwerte zu beraten. Die Abga. Dr. Scholz (D. Vp.) und Dr. Fischer⸗Köln (Dem.) sprachen sich dagegen aus, weil es jetzt in der höchsten mnanznot darauf ankomme, zunächst einmal so schnell wie möglich

deutende Mittel heranzuschaffen. Der kommunistische Gesetzentwurf verbürge aber den Reichsfinanzen keinen unmittelbar einsetzenden ttarken Geldstrom. Von sozialdemokratischer Seite wurde ebenfalls erklärt, daß es sich jetzt darum handele, die von der Regierung vorgelegten Gesetzentwürfe zur Verabschiedung zu bringen, da sie die Gewähr bieten, daß dem Reiche schnell große Mittel zufließen; würde zunächst an die Beratung des kommunistischen An⸗ trags gegangen, würden die Entwürfe der Regierung verzögert und die Inflation würde in rasendem Tempo weitergehen. Es müsse doch beachtet werden, daß, wenn die Sachwerte erfaßt werden, sich nur ein ganz allmählicher Eingang von Einnahmen für das Reich ergäbe. Die Forderung, dem Reiche Anteile an den Sachwerten einzuräumen, bleibe für sie bestehen und die Regierung müsse dieser Forderung nachgeben. Sie würden deshalb darauf dringen, daß, wenn die Beratung der Regiemnggentwürfe abgeschlossen sei, sofort in die Beratung der Frage der Erfassung der Sachwerte eingetreten würde.

Berlin, Montag, den 13. August

Hierauf wurde in die Beratung der neuen Steuergesetze eingetteten. Reichsfinaneminister Dr Hermes begründete nach dem Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger die Entwürfe damit, daß die Not am Rhein und Ruhr außerordent⸗ liche Aufwendungen des Reichs in ständig steigendem Maße erfordere. Fremde Willkür, Eingriffe in Recht und Wirtschaft der widerrechtlich besetzten Gebiete hätten die Lebensbedingungen für die Gesamtbevölke⸗ rung und für einzelne besonders schwer Betroffene in einem Maße verschärft, daß Hilfe des Reichs unabwendbar sei. Die Lasten aus dieser Nothilfe seien trotz der Opferbereitschaft eines großen Teiles der Deutschen im unbesetzten Gebiet in letzter Zeit immermehr ge⸗ wachsen, die aufzuwendenden Gelder hätten die Inflation vermehrt. Unter diesen Umständen müßten außergewöhnliche Anstrengungen gemacht werden, um die Inflationswelle, die von hier aus drohe, abzuwenden oder doch ihre Wucht zu vermindern. Auf breitester Basis sollen alle Leistungsfähigen durch Zuschläge zur Einkommen⸗ steuer der besonderen Not steuern. In dem Gesetz über die Erhöhung der Vorauszahlungen auf die Einkommen⸗ und Körperschaftssteuer vom 9. Juli 1923 sei bekanntlich vorgeschrieben, daß bei physischen Personen die Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer für das dritte Kalendervierteljahr 1923 am 15. August 1923 sich nach dem Fünfundzwanzigfachen des Betrags berechnen, der sich als Ein⸗ kommensteuer für das Kalenderiahr 1922 ergäbe. Der Minister schlug nun vor, da der Multiplikator 25 für die Augustraten nicht mehr annähernd ausreiche, den Multiplikator von 25 auf 500. WG zu erhöhen. Der aus der Erhöhung des Multiplikators si ergebende Mehrbetrag soll bis zum 25. August 1923 gezahlt werden. Das Opfer für Rhein und Ruhr verlange darüber hinaus weitere Aufwendungen. U. a. sollen Personenkreise, denen die Gestaltung der Wirtschaft besondere Aufwendungen für Verkehrsmittel gestattet, zu dem Ruhropfer beitragen. Abg. Dr. Helfferich (D. Nat.) wies darauf hin, daß trotz der riesigen Inflation der Gesamtgold⸗ wert der umlaufenden Papiernoten stark gefunken sei. Während der Gesamtgoldwert des Papiergeldumlaufs vor dem Ruhreinbruch etwa 667 Millionen Goldmark betragen habe, lasse sich als Gegengold⸗ wert für das gesamte im Umlauf befindliche Papiergeld jetzt nur noch 40 Millionen Goldmark errechnen. Damit erkläre sich auch, warum jetzt die Wirtschaft über eine unerhörte Geldmittel⸗ knappheit klage. Angenommen wurde ein demokratischer Antrag, der die Ueberschrift des Gesetzentwurfs über die Erhebung eines Opfers für Rhein und Ruhr umändert in „Gesetzentwurf über die Erhebung einer außerordentlichen Abgabe aus Anlaß der Ruhrbesetzung“. Ferner wurde ein Zentrumsantrag angenommen, wonach derienige, der zum eigenen Vorteil oder zum Vorteil eines anderen vorsätzlich bewirkt, daß die Einnahmen, die dem Reich auf Grund der Steuergesetze zu⸗ stehen, verkürzt werden, mit einer Geldstrafe im einfachen bis zum fünffachen Betrage der hinterzogenen Einnahmen zu bestrafen ist. Daneben kann auf Gefängnis erkannt werden. Zu dem Artikel IVv, der die Bestimmung enthält, daß die außer⸗ ordentliche Abgabe aus Anlaß der Ruhrbesetzung nicht von solchen Abgabepflichtigen erhoben werden soll, die in den besetzten Gebieten ihren Wohnsitz gehabt haben oder die aus Anlaß der Besetzung ihren Wohnsitz in den besetzten Gebieten unfreiwillig verloren haben, erklärte der Abg. Sollmann (Soz.): So sehr die Befreiung der besetzten Gebiete von der Erhebung des Opfers ganz allgemein zu begrüßen sei, so wenig sei zu leugnen, daß auch zahlreiche Betriebe des besetzten Gebietes (ein Teil des Handels, Banten und Wechfel⸗ stuben, Vergnügungsbetriebe, die Landwirtschaft) trotz der Be⸗ setzung Gewinne erzielten. Auch die größten deutschen Konzerne hätten ihren Sitz im besetzten Gebiete. Auch könne man doch diejenigen Kraftwagenbesitzer nicht befreien, die Fahrerlaubnis von den Besatzungsbehörden eingeholt hätten. Man solle versuchen, die Befreiung weniger generell zu gewähren. Diesen Ausführungen widersprach der Abg. Dr. Zapf (D. Vp.), der für die im besetzten Gebiet Wohnenden oder aus dem besetzten Gebiet Vertriebenen un⸗ bedingte Befreiung von der Abgabe verlangte. Die starke Belaftung des Automobilbesitzes durch die Abgabe hielt vom Gerechtigkeits⸗ standpunkt aus Abg. Dr. Scholz (D. Vp.) für nicht richtig. Diese Belastung sei deshalb vor allem ungerecht, weil sie nur einen bestimmten Sachwert, allerdings gerade einen sehr augenfälligen, besteuere. Abg. Schiele (D. Nat) wandte sich mit Schärfe gegen diese Automobilbelastung. Gerade die Landwirte brauchten die Automobile nicht zum Luxus, sondern zur Bewältigung der größeren Entfernungen auf dem Lande. Die Gesetzentwürfe wurden darauf einem Unterausschuß, der am Nachmittag tagte, zur schleunigen Durchberatung überwiesen. Der Steuerausschuß genehmigte alsdann eine neue Verordnung zwecks Erhöhung der Bier⸗ steuer. Danach wird die Biersteuer in den einzelnen Kategorien folgendermaßen erhöht: Von 20 500 auf 170 800. ℳ, von 21 000 auf 175 000 ℳ, von 21 500 auf 179 200 ℳ, von 22000 auf 183 000 ℳ, von 23 000 auf 191 700 ℳ, von 24 000 auf 200 000 ℳ, von 25 000 208 300 ℳ. Die Höchstbeträge der An⸗ teile, die Württemberg, Bayern und Baden von der Biersteuer ein⸗ nehmen, erhöhen sich für Württemberg von 1,9 Milliarden auf 15,833 Milliarden, für Bayern von 10,0 Milliarden auf 83,333 Mil⸗ liarden, für Baden von 1,3 Milliarden auf 10,833 Milliarden.

Der Steuerausschuß setzte am Nachmittag die Beratung über die Steuervorlagen fort. Zunächst erstattete der Abg. Scholz (D Vp.) den Bericht über das Ergebnis der Verhand⸗ lungen des Unterausschusses. Zu der Vorlage über die Erhöhung der Vorauszahlung schlug der Unterausschuß vor, die Vorauszahlungen für die Einkommensteuer von dem jetzt geltenden Fünfundzwanzig⸗ sachen auf das Vierhundertfache, für die Körperschaftssteuer von dem Fünfunddreißigfachen auf das Sechshundertfache bezw. bei den Körper⸗ schaften, die vor dem 1. Juli 1922 ihr Geschäftsjahr abgeschlossen voben, von dem Hundertfachen auf das Sechshundertsache zu er⸗

hen. (Der Reichsrat hatte beschlossen, die Sätze auf das Hundert⸗ fache bezw. Hundertundvierzigfache und Vierhundertfache zu er⸗ höhen.) Zu der Abgabe aus Anlaß der Ruhrbesatzung schlug der Unterausschuß vor, von denjenigen Einkommen, die sich aus fest⸗ verzinslichen Papieren und aus Arbeitseinkommen, insbesondere der freien Berufe, ergeben, wenn das steuerbare Einkommen eine Million im Kasenderjahr 1922 überstiegen hat, am 25. August 1923 das Hundertfache der Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer für das dritte Kalendervierteljahr 1923 zu erheben und am 5 Oktober 1923 und 5. Januar 1924 das Zweihundertfache. Dem Entwurfe eines Steuerzinsgesetzes schlug der Unterausschuß vor, unverändert zuzu⸗ stimmen und eine Resolution Dr. Fischer⸗Köln (Dem.) anzunehmen, die den Finanzminister ersucht, bei der Vorlegung des Gesetzes zur Regelung der Einkommen⸗ und Körperschaftssteuerveranlagung für 1923 eine Vorschrift einzufügen, wonach der Reichsfinanzminister er⸗ mächtigt wird, bei Steuerrückerstattungen die Veränderung des Geldwertes zu berücksichtigen. Diesen Vorschlägen des Unterausschusses schloß sich der Ausschuß an.

Der Ausschuß 5e sich sodann mit einem Entwurf über die Besteuerung der Betriebe. Die Arbeitgeber von Industrie, Handel und Gewerbe sollen eine besondere Abgabe in Höhe des Zweieinhalbfachen der Lohnsteuer, die sie in den Monaten Sevtember dis Februar entrichten, zahlen. Ferner soll von den Grundstücken, die landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Zwecken zu dienen bestimmt sind, für se 2000 Wehrbeitrag ein bestimmter Goldmarkbetrag erhoben werden, stber dessen Höhe die Meinungen im Ausschuß noch erheblich auseinandergingen. Während von einer Seite drei Goldmark für je 2000 Wehrbeitrag als Abgabe ge⸗ fordert wurden, verlangte man von anderer Seite 9 Goldmark. Die endgültige Beschlußfast

gdes Ausschusses über die Höhe dieser Abgabe,

deren Entrichtung auf sechs Monate verteilt werden soll, wird erst am Freitag erfolgen.

Der Sparausschuß des Reichstags beschloß in der am 9. d. M. abgehaltenen Sitzung, im Bereiche der Reichsversorgungs⸗ ämter bis zum 1. Januar 1924 die Zahl der Angestellten bis auf 6000 gegenüber 13 000 am 1. Januar 1923 abzubauen.

In seiner am 9. August abgehaltenen Sitzung beriet der Finanzpolitische Ausschuß des vorl. Reichswirt⸗ schaftsrats die ihm vom Reichsfinanzministerium vorgelegten Entwürfe des Gesetzes über die Erhebung eines Opfers für Rhein und Ruhr und eines Gesetzes zur Aenderung des Gesetzes vom 9. Juli 1923 über die Erhöhung der Voraus⸗ zahlungen auf die Einkommen⸗ Wund Körper⸗ schaftssteuer. In mehrstündiger Debatte wurden eingehend die augenblicklichen Wirtschafts⸗ und finanziellen Verhältnisse des Reichs behandelt. Laut Bericht des „Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger“ betonte die Mehrzahl der Redner die Unzulänglich⸗ keit der vorgenannten Gesetzentwürfe für die dringend notwendig ge⸗ wordene Abdämmung der Inflation. Der Ausschuß nahm die folgende Entschließung Bernhard mit 15 gegen 5 Stimmen an:

Der Finanzpolitische Ausschuß des vorl. Reichswirtschaftsrats stimmt nur mit sehr schweren Bedenken dem Entwurf eines Gesetzes zur Aenderung des Gesetzes vom 9. Juli 1923 über die Erhöhung der Vorauszahlungen auf die Einkommen⸗ und Körper⸗ schaftssteuer und dem Entwurf des Gesetzes über die Erhebung eines Opfers für Rhein und Ruhr zu. Diese Bedenken richten sich wesentlich dagegen, daß die aufkommenden Beträge nicht, einmal in der Lage sein werden, die laufenden Ausgaben zu decken und die Kosten für den Ruhrkampf aufzubringen. Sie schieben unnötig die notwendige Reform des gesamten Steuersystems und die wert⸗ beständige Erhebung der Steuern hinaus. Der Finanzpolitische Ausschuß glaubt nichtsdestoweniger als Hilfsmittel für eine Ueber- gangszeit den Gesetzentwürfen seine Zustimmung nicht versagen zu können. Er macht aber sein zustimmendes Gutachten davon ab⸗ hängig, daß: 1. die vom Reichsrat festgesetzten Multiplikatoren für die Vorauszahlungen angemessen erbö8 werden, sodaß sie mehr der tatsächlichen Einkommenhöhe angeglichen werden, 2. eine stimmte wertbeständige Sicherung des Zinsendienstes und der Amorti⸗ sation der Goldanleihe des Reichs geschaffen wird, 3. die Reform der Steuergesetzgebung auf wertbeständiger Grundlage sofort in Angriff genommen wird.

Der Ausschuß gab ferner mit 9 gegen 6 Stimmen einer Ent⸗ ö“ ng Wissell seine Zustimmung, die den folgenden Wort⸗ laut hat:

Zur Ergänzung der Steuermaßnahmen der Regierung erklärt der Ausschuß eine fortlaufende Steuer für notwendig. Der Ausschuß schlägt vor, eine Besteuerung der Unternebmungen im Industrie⸗, Handel⸗ und Bankwesen in der Höhe der dreifachen Summe des von diesen Unternehmungen abgeführten Lohnabzugs. Für die Landwirtschaft ist eine Steuer in analoger Höhe zu erheben; diese ist als Flächensteuer in Roggenwert zu veranlagen unter Frei⸗ lassung der kleinen Betriebe.

In der Diskussion war mehrfach auf den Einfluß Bezug ge⸗ nommen worden, den die Politik der Reichsbank auf die Gestaltung der Währungs⸗ und Finanzpolitik gehabt hat. Die Mitglieder Dr. Wermuth, Hilferding und Bernhard legten dem Ausschuß die folgende Resolution vor, die einstimmig Annahme fand:

Die Sicherung der Autonomie, mit der aus anderen Rück⸗ sichten die Reichsbankleitung umgeben worden ist, hat diese zum schweren Hindernis für die von den Lebensinteressen der deutschen Wirtschaft erforderte Neugestaltung der Währungs⸗ und Finauz⸗ politik des Reichs gemacht. Der Finanzpolitische Ausschuß verlangt die schleunige Durchführung des vom Reichswirtschaftsrat empfoh⸗ lenen Währungsprogramms.

Handel und Gewerve. Wertbeständige Anleihe des Deutschen Reiches. Die Zeichnung auf die wertbeständige Anleihe des Deutschen Reiches nimmt am 15. August ihren Anfang. Im Anzeigen⸗ teil dieser Nummer werden die Bedingungen für die Zeichnung bekanntgegeben. Danach lauten die Stücke sowohl auf Dollar als auch auf Mark, und zwar werden Stücke von 1 Dollar bis zu 1000 Dollar ausgefertigt. Die großen Stücke von 1000 Dollar bis zu 10 Dollar emschließlich tragen 6 vH Zinsen, die jährlich zahlbar sind. Die Stücke von 5 Dollar abwärts werden ohne Zinsscheine ausgefertigt. Sie werden im Jahre 1935 zu 170 vH, also mit einem Aufschlage von 70 vH zurückgezahlt, die großen Stücke hingegen nur zum Nennwerte, d. h. zu 100 vH. Ein Anleihestück über 10 Dollar würde also im Jahre 1935 mit dem Gegenwert von 10 Dollar, berechnet nach dem New Yorker Wechselkurse, zahlbar sein; ein Stück über 1 Dollar mit dem Gegenwert von 1,70 Dollar. Um den Zinsenbedarf für eine Anleihe bis zu 500 Millionen Fark Gold zu decken, sieht ein von der Reichs⸗ regierung den gesetzgebenden Körperschaften vorgelegter Gesetzentwurf die Ermächtigung für die Reichsregierung vor, Zuschläge zur Vermögenssteuer zu erheben. Zur besonderen Sicherung der Kapitalrückzahlung ermächtigt der Gesetzentwurf die Reichsregierung, die einzelnen Ver⸗ mögenssteuerpflichtigen nach dem Verhältnis ihres steuerbaren Vermögens zur Aufbringung des Kapitalbedarfs heranzuziehen. Demnach sind Zinsen und Kapitalrückzahlung der Anleihe durch die Gesamtheit der deutschen E1“ sichergestellt. Die Anleihe ist zudem mit besonderen steuerlichen Vorzügen ausgestattet: Selbstgezeichnete Anleihe ist von der Erbschafts⸗ steuer frei; auf Umsätze in der Anleihe ist keine Börsen⸗ umsatzsteuer zu entrichten. Die Einzahlung auf die neue Anleihe kann in hochwertigen Devisen, in Dollarschatzanweisungen oder in Mark (auf Grund des New Yorker Wechselkurses) vorgenommen werden. Erfolgt sie in Devisen oder Dollarschatzanweisungen so beträgt der Zeich⸗ nungskurs bis auf weiteres 95 vH, erfolgt sie in Mark, 100 vH. Eine Erhöhung des Zeichnungspreises bleibt vorbehalten. Zeichnungsstelle ist die Reichsbank, ferner sungiert eine große Anzahl von Banken, Bankfirmen und sonstigen Geldinstituten als Annahmestellen für die Zeichuung. Es kann aber der Zeichner auch jede andere nicht als Annahmestelle bestellte Bank oder Bankfirma mit der Zeichnung beauftragen. Wagengestellung für Kohle, Koks und Brikett am 8. August 1923: Oberschlesisches Revier: Gestellt 2278 Wagen, nicht gestellt 144 Wagen, beladen zurückgeliefer 2278 Wagen; am 9. Auqust: Gestellt 2286 Wagen, nicht gestellt 101 Wagen, beladen zurücngeliefert 2266 Wagen.

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