entäußerung des Reichstags, daß er die Verantwortung für Han lungen der Reichsregierung übernehme. Aber dieser Eeldsten uße⸗ rung des Reichstags entspreche die Pflicht der Regierung, von diesem ihr verliehenen Rechte rauch zu machen. Die Zeit der Taktik i längst vorüber; mit Taktik bewältige man nicht die gegenüber⸗ tebenden Schwierigkeiten, sondern nur durch Zugreifen. Enbluse sen und den ee in die Tat . sei jeßt die Aufga an müsse endlich einmal Taten sehen. Nicht bloß objekliv, sondern auch sychologisch sei es notwendig, dem Volke Taten zu zeigen. Kein leier vücfe die Dinge mehr verhüllen, sondern es müsse der ganzen grausamen Wahrheit ins Gesicht gesehen werden. Dem Volke dürfe nichts mehr vorgemacht werden. Die Herstellung oder Anbahnung einer wertbeständigen Währung s der Punkt, an dem alles hänge. Polizeiliche Maßnahmen hätten sich auf dem Gebiet der Wirtschaft als völlig unzulänglich erwiesen. Von der Opferwilligkeit und Opfer⸗ Ve triefen ja alle Stände; jetzt heiße es, die Worte in die Tat umzusetzen. Wir würden uns in vielen Beziehungen einschränken und Unbequemlichkeiten auf uns nehmen müssen. Wir würden z. B. nicht mehr so bequem reisen können. Die Wirtschaft sei zum Teil aufgebaut auf unsolider Grundlage, auf dem Sturz der Mark. Was auf dieser unsoliden Grundlage aufgebaut sei, müsse verschwinden; das faule Wasser müsse dem Wirtschaftskörper abgezapft werden. Wenn wir nicht die Kraft hätten, diese Lasten auf uns zu nehmen, dann kämen andere, die sie uns auferlegen würden. Wolle man wirklich diese Schmach auf sich nehmen? Es sei ein Gebot der nationalen Selbstachtung, auf diesem Gebiete den Hebel selbst in die Hand zu nehmen, damit wir nicht unter die Peitsche des Bedrückers kommen. Die ungeheure Last unseres Behördenapparates müsse der Wirtschaft genommen werden; das sei nicht bloß ein Luxus, sondern eine Er⸗ schwerung der Privatwirtschaft. Jeder überflüssige Beamte leiste nicht bloß Arbeit, sondern verursache auch eine Unmenge überflüssige Arbeit für den Bürger. Eine Aenderung liege auch im Interesse der Beamtenschaft selbst, wenn die Zahl vermindert werde. Natürlich sollen wohlerworbene Rechte nicht e r eeez werden. Die Angelegenheit müsse auch der agitatorischen handlung entzogen werden. Auch im Reichstag müsse reformiert werden. Sein jetziger Mechanismus entspreche weder dem Ansehen des Reichstags noch einem Bedürfnis. Das zeige die Teilnahmlosigkeit weiter Kreise. (Lebhafte Zustimmung bei den Demokraten. Abg. Ledebour erhebt Widerspruch.) Man müsse auf manches verzichten, was man gem habe, sogar auf die Reden des Herrn Ledebour. (Heiterkeit.) Daß das jetzige Parlament zu star besetzt ist, sei klar. Im kleineren Kreise könne viel segensreicher gewirkt werden. Wenn wir an überflüssigen Ausgaben sparen, dann werde das auch auf das Ausland, insbesondere auf England, einen
guten Eindruck machen. (Beifall bei den Demokraten.) Abg. Frölich (Komm.): Herr Schiffer hat anscheinend im Auftrage der Regierung gesprochen. Das Ermächtigungsgesetz bedeutet die Aufhebung des Parlamentarismus, den Tod der Demo⸗ kratie und den Beginn der Diktagtur. Eunuchentum sei es, wenn dieses Parlament ein solches Gesetz annehme. Es sei eine Sünde der Sozialdemokvatie, daß wir eine Diktatur Stinnes anstelle der Diktatur des Proletariats haben. Die Verlängerung der Arbeits⸗ he vermehre die Arbeitslosigkeit. Ein Drittel unserer Arbeiter estehe schon aus Erwerbslosen oder Kurzarbeitern. Auch die Auf⸗ hebung der Demobilmachungsverordnungen solle dazu dienen, die Arbeiter planmäßig zu dezimieren. Das Ermächtigungsgesetz erlaube die Außerkraftsetzung von Verfassungsbestimmungen ganz allgemein,
es sei also nicht so harmlos, wie man es hinstelle, die ganze Ver⸗ fassung könnte hinfällig werden. Das bedeute die ganz unumschränkte Diktatur auf allen Gebieten, die Rechtfertigung jeder Unterdrückungs⸗ moßtogel mit diesem Gesetz. All das unterschrieben die Sozial⸗ demokraten; auch den Achtstundentag könnten sie nicht aufrecht⸗ erhalten, nachdem sie in dieser Weise ihre Prinzipien aufgehoben haben. Es gebe keine feigere, keine erbärmlichere Politik. Die “ hätten die Unternehmer durch den Ruhr⸗ ampf getriebn und jetzt verlangten diese Spekulanten noch den Ersatz ihrer angeblichen Schäden durch das Reich. Unter ihren Forderungen stehe auch die, daß sie mit den Besatzungsbehörden weiter verhandeln dürften. Diese Herren regieren Deutschland. Herr Stinnes habe immer auf eigene Faust Politik gemacht und die deutsche Regierung festgelegt. Herr Stinnes und der überführte Betrüger Otto Wolff verhandelten mit General Degoutte, ohne daß die Reichsregierung es verhindern könne. Das Rheinland solle unabhangig von der deutschen Regierung gemacht werden. Das solle durch die Hochverräter Hugo Stinnes und den framsoschen Diktatox ergeicht
ie Forderungen
mar. DaFIAr-vrrpin. n- zu ergreifen⸗ der Sopwerinduserie wie sie in einem P S
r S rindt „wi Programm des Sti ö“ sich 1 Beseitigung 856 Arbenlge⸗ te, r* Tarifverträge, Verbot aller Streiks — dagegen verlangten sie eine möglichst niedri ccht e ne gh. kommensteuer. Die ““ EE1111“ kommensteuer. vozial ratie sei verantwortli ü 8 dem Ermächtigungsgesetz geschehen ns. alhes, aift gehe, wnher Fiesem Ghseb. Die Sozialdemokratie habe “ 8 8 rraten, um die Demokratie zu vetton. b 1 ; 9 — 8 vhaberdleeg 1 88 Abg. üller⸗Franken (Scz.) ha Antrag Bedenken, der über den S 8e8 C ee e-. Sesialdemokratie sei bereit, das 88 anzunehmen, weil jetzt der letzte Versuch üs 5 8 n sürsen⸗ Herbeasuch ge LC mühge gebö Sahrungsreform, die allerdings nur Erfol⸗
konne, wenn das Budget in Ordnun. . 1rf sa bnem Fkonomische Amalphabeten eüne d züoc EE113 89 88 ihre 188 erneuerten
eichsqusgaben um Billionen die Der Redner dankt Dr Hilferdi h 11 “ Dankt Dr. Hilferding, weil er endlich j 5⸗ ee. 2. Klarheit über die Verhältnisse geschaffen üch “ des Achtstundentages sei für die Arbeiter die Note der Regi 9f
Wirth vom 14. Novemb egierung Zeitungsnachrichten henßenste. Der Redner sragt, ob die
e . Verhandlungen deutf mit Franzosen über die Arbeitszeit richtig seien 8 W“ Hegerite de ö erhalten hätten daß er sich n hb deutschen Angelegenheiten nicht einmische. De wehrt sich weiter gegen die Vorwürf di 1l ö schreibe die Forderungen in⸗ dem Brieh 2 Thialdemokatie umes⸗. chaffung der Erwerbslosenfürsor e 18 84 ß Süinnes sich bemüht Nabe, die Sozlalbenek, nic stag wisse doch, 1 Soz kratie aus der Regi rung fernzuhalten. Der Otto Wolff⸗Vert hwwerste Eingriff in die Regelung der Racareloneondifeicder schließlich Sache der Regi voFationsfrage, die aus⸗ 8 Sache gierung sei. Das Reichsjut inisteri Fende vFxc. müs sen, ob nicht Landesverrat veeräegeeftgasa 5 1. e. eE“ müsse die Regie⸗ 1 t Hi des C ytigungsgesetzes schnell und energisch dur eifen können. Eine Sanierung der Verhältni e eve ein ohn Ergett n dlh vrden 88 nisse werde nicht möglich Grundrechte in das Gesetz inbezi 18 üe- dechald müsle man die Feeeordneie isn de einbeziehen. Im übrigen solle doch der bbgeo e ges Vertrauen zur Sozialdemokrati e Kommunisten schricben doch sonst jeken Tass an üofe atie, haben, sollte mit ihnen zufammen die Dikt 8 ö S ger die Sehelde hünhe es. ie 7 ur übernehmen. (Heiterkeit.) vontmunsti senhe önne ihre Politik nicht ändern, weil die vern ha benne v qu hmonch sei. Auf das Geschrei hier im eohg. Andre (Zentr.) zitiert eine Rede des deutsc nati eoron 8*8 sn eine Re⸗ atschnational⸗ Abgeordneten Gr üringen, der sich für die Diktatur 11v ...
den demokratischen tigungsgesetzes rmächtigungs⸗
Kommunisten bestreiten, Forderungen auf Erhöhung der
habe, und erwartet eine Aeußerun
A g des deutschn⸗ ions⸗ 2993,2 5 Herrn Frölich 8” ich, ut Eöö1 9 1 der Bolschewisten seufzt. Die Sozialisten können vs en 1 Das Ermächtigungsgeset die Diktatur des Zur E“ 5 Seee serr häer Pesss sege Verlängerung der Arbeitszeit dienen, ner ne e 8 lich st 2 der Produktion verringert werden. ie Ueberorganisation 88 in Ende nehmen in Staat wie in 2 rivatwirtschaft. Es müssen Fiee
8
werden. Es gibt viele Steuern, die nicht die Kosten der Erhebung einbvingen. Am deutlichsten hat sich das bei der Wohnungsbauabgabe gezeigt Die Steuergesetzgebung darf nicht so weit gehen, daß sie einfach Proletarier schafft. Die Senielge esgebumg ist in vielen Punkten veraltet, ihre Einrichtung erfordert sopiel Kosten, daß für die Rentner wenig übrigbleibt. Hier müssen wir offen die Schäden zugeben und zu bessern versuchen. Es ist mir zweifelhaft, ob in den letzten Monaten die Beiträge überhaupt zur Deckung der V. tungs⸗ kosten ausgereicht haben. Vereinfachung des Apparats ist dringend eboten. Wir leiden an einer Vielheit von Gesetzen auf diesem Ge⸗ iet und jedes dieser Gesetze erfordert besondere Beamte. Eine Ver⸗ einheitlichung ist notwendig, um Personal zu sparen. Ich wende mich damit aber nicht gegen die Sozialgesetzgebung überhaupt. 8— die Privatwirtschaft muß sich überlegen, wo sie sparen kann. Eine Menge von Spitzenor P leistet keine produktive Arbeit, müssen aber von der Wirtschaft getragen werden. Früher mußte jeder Beamte selber schreiben, jetzt hat jeder noch eine Hilfskraft dazu. Wir haben ein viel zu großes Netz von Organisationen, die Tag für Tag über Löhne usw. zu verhandeln haben. Ueberall Uebersättigung der Institu⸗ tionen, die an sich gut und gerechtfertigt sind. Die Tarifverträge ollten mehr Bedeutung darauf legen, nur Mindestlöhne festzusetzen. it der Erweiterung des Achtstundenjages allein wird nichts erreicht, wenn daneben nicht durch richtige Löhne sie Qualitätsarbeit jeder zu einem Recht kommt. Kartelle und Großhandel bestimmen seit zwei Jahren die 8n damit hat die Kaufkvaft der Bevölkerung nicht leichen Schritt halten können, und daher wurde immer tiefer in die Substanz eingegriffen. Nicht gegen die Arbeiterschaft, sondern mit ihr müssen “ gelöst werden, um zur Gesundung unserer Ver⸗ hälmisse zu kommen. Der Fleischkonsum unseres Volkes ist zurück. gangen, deshalb fragt es sich, ob unsere Arbeiter noch mehr Arbeit eisten können. Bei der Kurzarbeit können viele Arbeiter nicht mehr arbeiten; wenn sie aber zehn Stunden arbeiten dürften, dann könnten sie so arbeiten, daß sie wieder konkurrenzfähig auf dem Weltmarkt werden. Je weniger produziert wird, desto teurer stellt sich der einzelne Artikel. Warenmangel ist die Ursache des Schieber⸗ und Wucher⸗ tums. Aus der Kurzarbeit kommen wir nur heraus, wenn mir mehr produzieren. (Abg. Frau Ziegler (Soz.): Zehn Stunden Wucher⸗ arbeit!) Die Sozialdemokvaten haben dafür kein Verständnis. (Er⸗ regte Zwischenrufe von links. Ruf: Ihr Dunkelmänner!) Es handelt sich nicht um politische, sondern um wirtschaftliche Fragen. (Längere erregte Unterbrechungen der Sozialdemokraten.) Es ist populär, für den Achtstundentag im Volk zu plädieren, aber auf m Wege der Kurzarbeit bleibt schließlich keine Arbeit mehr übrig. Die Arbeiter⸗ schaft muß einsehen, daß auch sie Opfer zu bringen hat. (Sturm links. Abg. Frau Ziegler: Komm nur nach Württemberg!) Wir kommen nicht zu einer anderen wenn wir nicht unsere Mageneienase verbessern. Die Regierung muß dahin wirken, daß die Kartellpolitik geändert wird. Mit den geeigneten Maßnahmen hoffen wir dahin zu kommen, daß unsere Wirtschaft uns wieder zum Segen gereicht. (Beifall im Zentrum.) 1 Alg. Dr. Hugo (D. Vp.) stimmt dem Gesetz nicht vom Stand⸗ punkt der Partei, sondern von dem des Vaterlandes zu. Im Er. mächtigungsgesetz liegt die Idee des Zusammenschlusses, um der Not des Vaterlandes zu begegnen. Es ist keine Diktatur im Sinne der russischen, sondern eine Diktatur der Verständigung. Wir sehen in dem Währungsverfall die Ursachen für die Not der Wirtschaft. Es ist kein banktechnisches Problem und der Regierungsentwurf bedeutet für uns noch keine genügende Basis. Wir brauchen zunächst eine ge⸗ waltige Beschränkung der Reichsausgaben und dann neue Steuer⸗ maßnahmen, damit der Notendruck eingestellt werden kann. Zweite Voraussetzung ist die Hebung der Produktion. Sie muß verbilligt und gesteigert werden, damit wir die Betriebe wieder vationalisieren und ihnen wieder Absatz im Ausland verschaffen können. Dem stehen die Demobilmachungsverordnungen entgegen. Ferner 8 unsere ganze bisherige Devisenpolitik falsch. Wir leiden Mangel an Devisen. Man soll nicht durch fortgesetzte polizeiliche Eingriffe dafür sorgen, daß sie ins Ausland abfließen. Es it ein Unding, einen Devisen⸗ kommissar einzusetzen, nur um die Cafés abzukloppen und den Staat durch das geringe Resultat lächerlich zu machen. Der Kommissar hat bereits vierhundert Arbeitskräfte. She hört! rechts.) Wenn über⸗ all die Goldrechnung eingeführt wird, kann man sie nicht dem Einzel⸗ handel verbieten. Darum muß die Wucherverordnung aufgehoben werden. Andererseits verlangen wir auch Energie der Regierung beim Einschreiten gegen jede unnöltige Preistreiberei, z. B. durch die Kartell⸗
und Syndikalspolitik. Wir müssen ferner von Reischstarifverträgen zu Regionaltarifen übergehen. Den Ländern “ vTrrrhrwrg, ver ece euf unt do Desch) 9 ’w möglichst wenig und möglichst hohe Steuersätze. Branntweinmonopol, Veak⸗ und zahlreiche andere Steuern können durch eine gestaffelte Warenumsatz teuer ersetzt werden. Der Staat hat sich möglichst aus allen neuen wirtschaftlichen Unternehmungen herauszuhalten, Be⸗ triebszuschüsse dürfen von ihm überhaupt nicht gezahlt werden. Das Beamtenabbaugesetz muß beschleunigt werden. Wreee. die neue Ausgaben erfordern, müssen unbedingt zurückgezogen werden. Den Arbeitslosen muß man unbedingt eine Arbeitspflicht auferlegen. Geld⸗ unterstü ung darf nur gegeben werden, wenn Arbeit nicht nachgewiesen werden kann. Leider können wir mit der Währungsreform, der Grund⸗ lage aller Probleme, nicht auf die parlamentarische Verabschiedung warten. rum verlangen wir von der Regierung rasche Initiative. dir bedauern, daß das Arbeitszeitproblem aus dem Ermaͤchtigungs⸗ gesetz herausgeblieben ist. Es ist blöde Demagogie, wenn die Kom⸗ munisten glauben, für die Gesundung der Wirtschaft auf die Hebung der Kohlenproduktion verzichten zu können. Wir haben auf die Auf⸗ nahme dieser Frage in das Ermächtigungsgesetz nur verzichtet, weil wir annehmen, daß das Parlament hier rasch handeln wird.
Abg. Wulle (Dt.⸗Völk. Freihp.) macht darauf aufmerksam, daß Dr. Stresemann sich am 10. August mit aller Schärfe gegen den Gedanken der Diktatur “ habe. Er habe also umgelernt. Dr. Hugos „Diktatur der rständigung“ sei ein Widerspruch in sich selbst. Herr Sollmamm habe mit seinen Zeitn Glück gehabt. Die Diktatur, so fährt der Rednek fort, wird jetzt von derselben Partei befürwortet, die im Krieg Staat alle Machtmittel versagen wollten. Jetzt verbietet man überall die Zeitungen der Rechten, um dem Volk die Wahrheit nicht zugänglich werden zu lassen. Das diese heutige Koalition bald verf wird, wird das Arbeitszeitgesetz lehren. Dem deutschen Volk wird in der Stunde der Not blauer Dunst vorgemacht, das Theater des Parlamentarismus wurde gespielt, um eine Auflösung zu vermeiden. Die Neuwahlen hätten Ihnen gezeigt, daß dieser Rlichotag nicht mehr der Volksstimmung entspricht. Dieser Reichstag nimmt alles an, hinter verschlossenen Türen wird das abgemacht und so wird auch dieses Ermächtigungsgesetz angenommen, da es ein Kastrierungs⸗ gesetz des Parlamentarismus ist Auf die Frage meines Freundes 86 Gräfe nach dem Vertrage zwischen Minister Albert und dem Woijak ist keine Antwort gegeben worden. Gegenüber der
lbleugnung durch Minister Sollmann verweise ich ausdrücklich auf
85* Verfügung Severings vom 14. August, worin es heißt: „Bei s rücklichem Verbot durch die Rheinlandkommission muß von der Zurchführung von Gesetzen Abstand genommen werden.“ (Hört, hört!
Fü Wie steht es mit der ruffischen Waffenlieferung an die 8 erliner Kommunisten? Herr Petrow ist noch immer nicht ab⸗ Die Beantwortung meiner Frage darf nicht auf die lange E1“ Kulissen ist . sen, mung nur Theater. 1t
dann die Volkssouveränität zum Ausdruck C“
Reichsminister des Innern Sollmann: Meine Damen und Herren! Der Herr Vorredner hat in seinem temperament⸗ vollen Vortrage eine Reihe von Fragen berührt, die weder mit diesem Ermächtigungsgesetz noch mit dem Ressort, das ich hier zu vertreten habe, etwas zu tun haben. (Abg. Wulle: Das be⸗ urteile ich, Herr Minister! — Lachen in der Mitte und links.) — Sie gestatten wohl, daß auch ich mein Urteil über die Aufgaben
meines Ressorts hier abgebe. — Ich habe dem, was ich gestern
verboten wenig
mehr Menschen der produktiven Arbeit zugefüh entzogen werden. (Bustimmmun) Das Slenhrterseh dnß e
nach einer Rücksprache mit dem Herrn preußischen Minister de 1 8 Innern Severing über Ihre Anfrage gesagt habe, nichts hinzuzu⸗
winden
fügen. Ich nehme an, daß die preußische Regierung, wenn sie cz für notwendig hält, auf Ihre Fragen eine Antwort noch erteilen wird. (Unruhe und Zurufe bei der Deutschvölkischen Freiheits⸗ partei.)
Was die Frage der in der Presse erörterten Waffenkäufe in Berlin anbetriff, so glaube ich, daß die Zeit kommen wird, in der sich auch die Regierung öffentlich dazu äußern kann. (Zurufe bei der Deutschvölkischen Freiheitspartei.) Diese Zeit zu bestimmen, müssen Sie unserem Verantwortungsgefühl überlassen. (Erneute Zurufe bei der Deutschvölkischen Freiheitspartei.)
Im übrigen, meine Herren, gestatten Sie mir, Ihnen in aller Ruhe eins zu sagen. Der Herr Abgeordnete Wulle hat mit cinem großen nationalen Pathos gesprochen. Er hat mich versönlich in meiner nationalen Ehre und meinem Willen zur sittlichen Er⸗ neuerung apostrophiert. Herr Abgeordneter Wulle, ich sage Ihnen Auge in Auge folgendes: Ich lehne es ab, mich mit Ihnen über deutsche Ehre zu unterhalten (sehr richtig! bei den Vereinigten Sozialdemokraten. — Heiterkeit bei der Deutschvölkischen Freiheits⸗ partei), seitdem ich weiß, daß Sie meinem Ministerium ohne ein Wort des Widerspruchs ein Telegramm übermittelt haben, in dem Bürger eines Landesteils drohen, diesen Landesteil unter den Schutz eines fremden Staates zu stellen. (Lebhafte Rufe links; Hört, hört! — Zurufe von der Deutschvölkichen Freiheitspartei. — Glocke des Präsidenten.) — Ach, meine Herren, ich habe mit dem Talmud so wenig zu tun wie Sie. (Andauernde Zurufe bei der Deutschvölkischen Freiheitspartei.) — Meine Herren, noch bestimmt hier die Geschäftsordnung des Deutschen Reichstags und nicht die Diktatur Ihrer Dreimännerpartei. (Abg. v. Graefe [Mecklenburgs Aber Sie haben Fragen zu beantworten. — Unruhe links.)
Damit komme ich zu dem Thema, das uns heute beschäftigt, (Glocke des Präsidenten.)
Der Herr Abgeordnete Schiffer hat dem Hause einen gedanken⸗ reichen und werwollen Antrag unterbreitet, in dem eine große Reihe wichtiger Forderungen und Anregungen enthalten sind. Die Reichsregierung wird diese Anregungen ihrer ernstesten Beachtung würdigen. Die Ressorts aber haben zu diesem Antvag des Herm Abgeordneten Schiffer und seiner politischen Freunde bishex nicht Stellung nehmen können. Ich bitte den Reichstag, diesen Antrag der Regierung zu überweisen. Die Reichsregierung wird zu prüfen haben, welche der Anregungen und Gedanken im Rahmen des Er⸗ mächtigungsgesetzes und sonst zu verwirklichen sind.
Damit zu diesem wichtigen Gesetzentwurf selbst. Meine Damen und meine Herren! Es ist selbstverständlich, daß jeder von uns, wenn er sein politisches Gewissen befragt, gegen diesen Geset⸗ entwurf eine ganze Reihe von ernsten Bedenken vorbringen kann. Auch im Schoße der Reichsregierung sind diese Bedenken gewürdigt worden. Ich glaube, auch in jeder Fraktion dieses hohen Hauses ist ernsthaft geprüft worden, ob man der Reichsregierung so weit⸗ gehende Vollmachten geben kann. Ich danke dem Verantwortungs⸗ bewußtsein der Parteien des Hauses, die sich trotz dieser Bedenken entschlossen haben, diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung zu geben. Ich danke auch allen Rednern, die uns im Laufe dieser Debatte eine große Zahl von Anregungen übermittelt haben, die uns auf dem schweren Wege begleiten werden, den zu gehen wir die Absicht haben.
Ich bitte Sie, das Gesetz nicht an einen Ausschuß zu verweisen Ich kann mich all dem anschließen, was gegen die Ausschußberatung, insbesondere auch in den gehaltreichen Reden der Herren Ab⸗
geordneten Hugo und André, gesagt worden ist. Gestehen wir uns eeenerun, vie vieser Gesepentwmc⸗h
mü verrbirklichen bestrebt ist, haben in der deutschen politischen Literatur in den letzten Monaten erheblich oft angeklungen. Ich glaube, es gibt kaum eine Partei dieses Hauses, in deren Presse nicht die Frage erörtert wurde, ob nicht in diesen unendlich schwierigen Verhältnissen eine gewisse Reform des Parla⸗ mentarismus beschritten werden müsse, und gerade in der Presse der Herren, die jetzt die stärksten Bedenken gegen diesen Gesetz entwurf äußern, sind sehr oft diktatorische Maßnahmen geforderl worden (sehr richtig! bei der Deutschen Volkspartei), freilich mit dem Unterschiede, daß die verfassungsmäßige Regierung der deutschen Republik ihre Vollmachten herleitet aus der Verfassung des Staates, während gewisse Gruppen diktatorische Maßnahmen illegaler Natur gefordert haben. (Sehr richtig! bei der Deutschen Volkspartei, im Zentrum und den Deutschen Demokraten.)
Was uns aber zwingt, Sie zu bitten, den Gesetzentwurf ohne Ausschußberatung zu verabschieden, ist die große Dringlichkeit, die erheischt, daß wir rasch handeln. Wie sehr wir auch sonst ge⸗ schieden sein mögen, darin sind wir doch alle ohne Unterschied der Parteien einer Meinung, daß in Deutschland rasch, sehr vasch ge⸗ handelt werden muß, wenn unser Volk, unser Staatswesen, unsere Wirtschaft, unsere Finanzen auf den Weg der Gesundung gebracht werden sollen. (Sehr wahr!) Darum bitte ich um die Unter⸗ stützung auch der Herren von rechts, die uns so oft und — warum soll ich es nicht gestehen? — manchmal auch mit verständigen Gründen zu rascherem Handeln angespornt haben. Die Situation ist doch so, daß täglich oder stündlich große außen⸗ oder innen⸗ politische Ereignisse uns wiederum hindern können, den Weg zu be⸗ schreiten, der gegangen werden muß. Darum darf ich vielleicht bitten, wenn das erlaubt ist, daß Sie sich ein Vorbild nehmen an der raschen und sachlichen Behandlung, die dieser Gesetzentwurf im Reichsrat gefunden hat, wo er innerhalb einer Stunde mit einer Zweidrittelmehrheit verabschiedet werden konnte. (Zuruf des Herrn Abg. Dr. Helfferich: Wir haben am wenigsten geredet!) — Ich muß Ihnen zugeben, Herr Abgeordneter Dr. Helfferich, daß Sie
mit Ihrem Zwischenruf vollkommen recht haben! — Ich danke insbesondere dem Verantwortlichkeitsgefühl, das sich in jener
Sitzung des Reichsrats gezeigt hat, wo ja auch die Vertreter der
Länder auf einen Teil ihrer gesetzgeberischen Macht verzichtet haben.
Meine Damen und Herren! Es ist vielfach im Laufe dieser
Debatte davon gesprochen worden, wir ständen am Grabe des
deutschen Parlamentarismus, es sei das das Ende des deutschen
Parlamentarismus. Ich glaube, alle diejenigen, die davon sprechen,
verkennen durchaus die Kraft des parlamentarisch⸗demokratischen
Gedankens und seine großen Zukunftsmöglichkeiten. (Sehr wahr!
bei den Deutschen Demokraten.) Nur jemand, der in konservativen
Gedankengängen oder in scheinrevolutionären Gedankengängen be⸗
fangen ist (Zuruf von den Kommunisten), in scheinrevolutionären
Gedanken, nur jemand, der solchen Anschauungen huldigt, kann
glauben, daß der Parlamentarismus allein unberührt bleibt von
jen großen revolutionären Ereignissen, wir in diesen Jahren erxleben. Ich glaube nicht, daß wir am Ende des Parlamentarismus sehen, sondern nur, daß der Parlamentarismus einen Gesundungs⸗ prozeß durchmacht, daß insbesondere der Deutsche Reichstag den ernsten staatspolitischen Willen hat, sich und seine Arbeit der furchtbaren Krise anzupassen, die über unser Vaterland geht. (Bravo!) Es ist nicht so, daß die Reichsregierung unbeschränkte Vollmacht erbete und erhielte. Diese Regierung ist doch aus diesem Parlament, von dem sie die Vollmacht erbittet, hervorgegangen. Diese Regierung untersteht auch fernerhin der Kontrolle des Reichs⸗ zags. Ein Drittel der Abgeordneten des Hauses hat jederzeit das Recht und die Möglichleit, den Reichstag zusammentreten zu lassen; ße haben das Recht, die Regierung zur Verantwortung zu ziehen, und jede Verordnung der Regierung muß auf Verlangen des Reichstags außer Kraft gesetzt werden.
Weiter, meine Herren, ist doch auch die Geltung des Gesetzes auf ein knappes halbes Jahr beschränkt. Darum kann von einer Diktatur in dem Sinne, wie dieses Wort gewöhnlich in unseren politischen Auseinandersetzungen gebraucht wird, nicht die Rede sein. Die Reichsregierung, die Minister und der Reichskanzler fühlen sich nicht als Diktatoren, sondern als Beauftragte des demo⸗ kratischen Parlaments. (Sehr richtig!) Diese Regierung ist ja auch in sich, wenn auch nicht in ganz vollkommenen Maße — das ist nicht möglich — aber in sich eine Zusammenfassung der wirtschaftlichen und der politischen Kräfte, die in unserem Volke nach Geltung ringen. (Erneute Zustimmung.) In dieser Re⸗ gierung ist — und Sie wissen, daß das persönlich seit langem meine Auffassung ist — die Möglichkeit gegeben, daß die unver⸗ meidlichen politischen Gegensätze, die aus den wirtschaftlichen Gegensätzen entspringen, im Rahmen der Regierung einen gewissen Ausgleich finden, und dieser Ausgleich sich dann auswirkt in den Verordnungen, die wir dem Volke geben. (Sehr gut!)
Meine Damen und Herren! Auf mehrfache Anfragen aus dem Hause sage ich klar und deutlich — und ich weiß, daß ich mich damit im Einklang befinde mit allen Kollegen der Reichs⸗ regierung —: Die Reichsregierung wird sich gegen jeden Versuch einer illegalen Diktatur zur Wehr setzen. Wir können in Deutsch⸗ land weder die Diktatur einer einzelnen Bevölkerungsschicht noch einer einzelnen Person brauchen. (Zuruf bei den Kommunisten: Außer in Bayern!) Auch der wirtschaftlich Stärkste wird nicht das Recht für sich in Anspruch nehmen dürfen, eine Diktatur über das deutsche Volk auszuüben. Die Reichsregierung hat die Führung
und die Verantwortung, und sie wird sich weder Führung noch
Verantwortung nehmen lassen.
In diesem Zusammenhange einige Worte über die Be⸗ prechungen zwischen deutschen Industriellen und General Degoutte. Mir persönlich sind diese Besprechungen nur aus der Presse be⸗ kannt. Ich habe zu diesen Pressemeldungen im Auftrage der Reichsregierung folgende Erklärung vorzutragen:
„Die Herren Stinnes, Vögler und Klöckner haben im Auftrage des Bergbaulichen Vereins und in Wahrnehmung ihrer eigenen Interessen Verhandlungen mit General Degoutte aufgenommen. Ihre Absicht, vor der Abreise zu diesen Ver⸗ handlungen mit dem Reichskanzler Rücksprache zu nehmen, kam nicht zur Ausführung, weil der Reichskanzler infolge der Re⸗ gierungskrise und der damit im Zusammenhang stehenden ununterbrochenen Besprechungen die Herren nicht empfangen konnte, als sie in der Reichskanzlei erschienen. Nach der Rück⸗ kehr von den Verhandlungen berichteten die Herren dem Reichs⸗ kanzler unverzüglich das Ergebnis. Die heute in der Presse veröffentlichten zehn Fragen sind am Sonntag in Verbindung mit zahlreichem anderen Material übergeben worden und konnten bis zur Stunde weder von den beteiligten Ressorts, noch weniger von dem Gesamtkabinett durchgearbeitet oder gar zur Unterlage von Entscheidungen gemacht werden. Die Reichsregierung konnte bisher zu den aufgeworfenen schwerwiegenden Fragen auch aus dem Grunde keine Stellung nehmen, weil die diploma⸗ tischen Vertreter des Reiches in Paris und Brüssel Anweisung erhalten haben, eine Meinungsäußerung der dortigen Re⸗ gierungen über die mit der Arbeitsaufnahme am Rhein und Ruhr zusammenhängenden Fragen herbeizuführen und die Be⸗ richterstattung hierüber zunächst abzuwarten ist.“
Ich bitte das hohe Haus, sich vorerst mit dieser Erklärung in begnügen. Es wird ja zweifellos über die wichtigen Vorgänge im Westen später noch mehr zu sagen sein. (Große Unruhe und Zuruf von den Kommunisten: Und wie ist’s mit dem Hochverrat? — Glocke des Präsidenten.)
Herr Kollege Höllein, zu beurteilen, was hier geschehen ist — ich glaube, dazu wird im Augenblick auch Ihr Material nicht aus⸗ reichen. Ich halte es für bedenklich, mit so schweren Vorwürfen hervorzutreten, wenn man für sie keine besseren Unterlagen hat als Sie. (Zustimmung.)
Meine Damen und meine Herren, einer der Herren Redner hat gegen das Gesetz den Vorwurf erhoben, es hebe die ganze Reichsverfassung auf. Es ist mir unbegreiflich, wie das jemand sagen kann, wenn er sich die Mühe gibt, den Gesetzentwurf auf⸗ merksam zu lesen. Es ist doch so, daß der ganze erste Teil der Reichsverfassung in seinen 108 Artikeln von diesem Gesetzentwurf überhaupt nicht berührt werden kann. Von den übrigen Artikeln können praktisch auch nur einige wenige in Betracht kommen. Ich füge dem aber hinzu, daß niemand in der Reichsregierung daran denkt, die unvermeidlichen Verordnungen nach einseitigen Er⸗ wägungen zu erlassen. Es ist nach meiner Auffassung vollkommen ausgeschlossen, das Vertrauen nicht nur einzelner, sondern großer Teile der Bevölkerung zu gewinnen, die für die Durchführung der Verordnung notwendig sind, wenn die Reichsregierung auf irgend⸗ einer Linie einseitig vorgehen würde.
Meine Herren, ihnen allen, die Sie Vowürfe gegen die Reichsregierung erhoben haben, und Ihnen allen, die Sie Kritik an dem Gesetzentwurf üben, und Ihnen allen, die es zum Teil so darstellen, als sei es für die Reichsregierung geradezu ein Ver⸗ gnügen, mit diesem Gesetz zu regieren, Ihnen allen glaube ich doch zum Schluß eines sagen zu dürfen. Selten ist in der Ge⸗ schichte einer Gruppe von Männern eine größere und schwerer zu tragende Veranwortung aufgebürdet worden als dieser Regie⸗ rung, wenn der vorliegende Gesetzentwurf verabschiedet wird. (Lebhafte Zustimmung bei den Koalitionsparteien.) Wer ein Popularitätshascher ist, wer glaubt, irgendeiner Klasse, irgendeiner Schicht der Bevölkerung nach dem Munde reden zu müssen, der würde sich wahrhaftig nicht in eine Regierung begeben, die der⸗
(Sehr gut! bei den Koalitionsparteien.) Alle Mitglieder der Reichs⸗ regierung sind sich vollkommen darüber klar, daß sie vermutlich ein hohes Maß von Unpopularität auf sich nehmen müssen, wenn sie den Gesundungsprozeß einleiten wollen, dessen das deutsche Volk bedarf. (Abg. Höllein: Wir werden ja sehen, wie Ihr gesundet! Ihr gesundet nun schon fünf Jahre lang!) — Wir wissen, daß es ein Versuch ist. Herr Kollege Höllein, lassen Sie mich Ihnen eines sagen. Ich nehme an, Sie kennen auch einiges von der Geschichte und können etwas geschichtlich denken. (Lachen rechts.) Wenn Sie den Zuruf „Fünf Jahre lang“ machen, dann bitte, gestehen Sie zu, daß sehr oft in der Geschichte ein Zusammenbruch, der sich innerhalb weniger Monate auf wirtschaftlichem, finanziellem und politischem Gebiete vollzogen hat, erst in langen Jahren, in Jahr⸗ zehnten, in manchen Fällen in Jahrhunderten allmählich wieder überwunden worden ist. Wir sind uns darüber klar, daß harte Maßnahmen getroffen werden müssen. Die Reichsregierung ist einmütig der Auffassung, daß diese harten Maßnahmen nur dann im Volke Verständnis finden werden, wenn sie nicht einseitig ge⸗ troffen, sondern wenn sie gerecht verteilt werden. (Lachen bei den Kommunisten.)
Meine Damen und Herren es ist oft in Deutschland davon gesprochen worden, daß wir am Abgrunde stehen und in Gefahr sind, im Abgrunde zu versinken. Ich glaube sagen zu können: Wir haben den Willen, mit diesem Gesetz und der Macht, die es uns verleihen soll, den Weg zu beschreiten, der über den Abgrund führen soll. Geben Sie uns den Weg an das rettende Ufer frei! (Lebhafter Beifall bei den Koalitionsparteien.)
Abg. Alpers (Dt.⸗Hann.) lehnt das Ermächtigungsgesetz ab, weil es keine Gewähr dafür biete, daß keine einseitige Anwendung erfolgen würde
Abg. Fehr (Bayr. B. B.) teilt mit, daß seine Freunde der Vorlage nicht zustimmen können. Sie seien bereit, alles zu tun, um der Not des Vaterlandes zu steuern. Aber die vorgeschlagenen Maßnahmen würden nicht zu dem gewünschten Ergebnis führen. Es bestehe die Gefahr, daß sie gegen Mittelstand, Handel, Ge⸗ werbe und Landwirtschaft wirken werden. Es besteht die Eefehg. daß sie ein Ausnahmegesetz im allgemeinen werden und ein Ausnahme⸗
gesetz für die Landwirtschaft im besonderen.
Abg. Ledebour (b. k. Fr.) lehnt ebenfalls das Er⸗ mächtigungsgesetz ab.
Abg. Wulle (Dt.⸗Völk. Freihp.) verwahrt sich gegen die Vor⸗ würfe des Ministers Sollmann. Bei dem Telegramm, das der Minister Sollmam erwähnte, das aus Borkum stammt, handelt es sich um eine der tollsten Blamagen der Reichsregierung und der preußischen ierung. Der Redner verliest das Telegramm im Wortlaut. Geschäftsleute von der Insel Borkum klagen darin über kommunistischen Tervor und ersuchen die Regierung um Schutz.
alls dieser versagt werde, müsse man sich eventuell unter holländi⸗ schen Schutz stellen. (Hört, hört! links.) Meine Pflicht als Abgeordneter, so erklärt der Redner, ist es gewesen, dieses Telegramm sofort an den Minister des Innern zu leiten. (Lärm und Zurufe links.) Nur, wer von Parteileidenschaft verblendet ist, hätte das nicht getan. (Großer anhaltender Lärm links.) Sie (nach links) das also nicht getand Wir werden uns später noch mit der egierung darüber auseinandersetzen. Ich stelle fest, daß der Minister nichts getan hat, um dem Terror auf Borkum ein Ende zu machen. (Große Unruhe links.)
Reichsminister des Innern Sollmann: Meine Damen und Herren! Ich freue mich, daß der Herr Abgeordnete Wulle durch die Verlesung des Telegramms genau das bestätigt hat, was ich dem Hause gesagt habe. (Abg. Wulle: Können Sie denn noch deutsch? — Abg. Henning: Das ist doch eine Schande! — Unruhe und entrüstete Gegenrufe links. — Glocke des Präsidenten.)
18 daß sie bei möglichst größtem Kraftaufwand
Ich wiederhole, daß es mich freut, daß Herr Wulle das Tele⸗ gramm verlesen hat, auf das ich in Erwiderung auf schwere An⸗ griffe des Herrn Abgeordnten vorbin Bezuo genommen babe. Aus diesem Telegramm geht hervor, daß gedroht wurde (Unruhe und Zuruf von der Deutschvölkischen Freiheitspartei: Unsinn. — Zuruf Uinks: Das ist doch unverschämt! — Unruhe. —Glocke des Präsidenten), die Insel Borkum unter den Schutz Hollands, also einer fremden Macht, zu stellen, wenn die deutschen Behörden ihre Pflicht nicht so erfüllen, wie es diese Herren verlangen. (Abg. Wulle: Ich dhabe doch nicht gedroht!) — Meine Herren! Lassen Sie mich doch ausreden! Das Stenogramm wird nachweisen, was ich gesagt habe. Ich habe nicht gesagt, daß Herr Wulle damit gedroht habe, sondern daß er ein Telegramm, das mit dem Hochverrat droht, ohne ein Wort des Widerspruchs an den Reichsminister des Innern weitergegeben habe. (Sehr richtig! bei den Vereinigten Sozial⸗ demokraten. — Unruhe bei der Deutschvölkischen Freiheitspartei.) Ich stelle fest, daß der Herr Abgordnete Wulle auch heute kein Wort des Widerspruchs, sondern nur Worte der Verteidigung da⸗ für gefunden hat. (Zuruf von der Deutschvölkischen Freiheits⸗ partei: Unerhört!)
Bayr. Gesandter von Preger: Die bayrische Regierung ver⸗ mag dem vorgeschlagenen Ermächtigungsgesetz nicht zuzustimmen. (Beifall auf der äußersten Rechten.) Sie trägt Bedenken, in die
ände der Reichsregierung in ihrer gegenwärtigen Zusammensetzung o weitgehende Vollmachten zu legen wie sie in diesem Entwurf ent⸗ halten sind zumal si sich nicht einmal auf dasjenige Gebiet mit⸗ erstrecken sollen, auf dem sie am notwendigsten wären. (Beifall rechts, großer Lärm links.) ü8
Damit schließt die Aussprache.
Abg. Dr. Scholz (D. Pp.) bemerkt persönlich: Ich habe von Herrn Stinnes keinen Brief bekommen, es handelt sich wohl um einen 1 an den früheren Vorsitzenden Dr. Stresemann. Nach meinen Informationen ist dieser Brief durch eine starke Indiskretion in die Presse gekommen, und zwar in durchaus entstellter Form.
Abg. Bartz (Komm.): Ein Gesetz mit so schwerwiegenden Vollmachten kann vom Reichstag nicht ohne Ausschußberatung an in Lesungen erledigt werden. Wir stimmen dem Antrag Helfferich zu.
Der Antrag auf Ausschußberatung . Stimmen der Deutschnationalen, der Deutschvölkischen Partei und der Kommunisten abgelehnt.
Das Haus geht sofort zur zweiten Beratung über.
Von den Kommunisten wird der Antrag eingebracht, die Reichsregierung aufzufordern, gegen die Industriellen Stinnes, Vögele, Klöckner, Otto Wolff usw. und gegen die beiteiligten industriellen Organisationen Anklage wegen Hochverrats wegen ihrer Verständigungsversuche mit Frankreich beim Staatsgerichtshof zu erheben.
Abg. Hoch (Soz.) befürwortet den zu § 1 der Vorlage von einer Partei gestellten Abänderungsantrag. Die Erwerbslosenun ter⸗
ung sei völlig ungenügend und es könne der Regierung nicht die
ollmacht erteilt werden, sie etwa noch zu beschränken, sonst würden
die schlimmsten ä werden. Abg.
58 Dr. Helfferich. einer solchen Zeit und in einer olchen Lage, in der wir uns befinden, dürfen von keiner Seite Ver⸗ dlungen geführt werden, über die 8 vorher die engste Verein⸗ barung mit der Regierung getroffen worden ist. Wir bedauern, daß die betreffenden Herren auf eigene Verantwortung gehandelt n; hoffentlich haben sie im Interesse des Vaterlandes gehandelt. Unsern
wird gegen die
Westard begründek und erklärt, warum wir uns gewenüber diesem Entwurf ablehnend verhalten müssen. Er hat auch ecffaef. daß wir keineswegs Anhänger des parlamentarischen Systems sind und nicht den Beru f in uns fühlen, dieses System zu stützen, daß wir aber dieser gegenwärtigen vr .; keine diktatoris Befugnisse geben können. Zum ersten Male spielt in einem Gesetz die partei⸗ politische Jusammensetzung der Regierung eine Rolle und gewinnt eine segislatorische Bedeutung, was in keinem Staat der Welt der Fall ist. Das Deu Reich wird regiert von einer Regierung, die gebildet ist auf Grund der großen Koalition. Die daß wi liebe die neuen Steuern bewilligt hätten, ist längst widerlegt. Wi haben nur verlangt, daß sie vernünftig durchgeführt werden, was uns auch von dem damali inangminister zugesichert worden ist. Gott behüte uns vor dem . daß jede gestützt auf dieses neue Gesetz mit seiner erklärt, sie bewillige Steuern nur r Regierung dieser Parteikonstellation. (Sehr richtigt! rechts.) Ich möchte, daß Deutschland in dieser schweren Lage in lückenlo 2—— dasteht, auch in Bezug auf seine Verfassung. Aber diese Rüstung drückt das Volk, die Verfa ung ist eine v-Sr gex; für unser Handeln. Wir wollen jedoch die Lage nicht durch solche Auseinander⸗ etzungen noch erschweren. Wir 8 heute das ärmste Volk in ganz Furopa. Eine Fabrik und ein Acker ist nur wert, was er bringt. Bei uns aber stehen die Kohlenpreise 40 bis 50 Prozent über den englischen Verkaufspreisen, wir sind also nicht mehr konkurrenzfähig. Wir leben seit Jahren von der Substanz und sind jetzt am Boden des Wassers. Was sie mit Ihrer Sachwerterfassung erfassen können, wird nicht Gold sein, sondern Dreck. (Zustimmung rechts.) Das Schlagwort von der Sachwerterfassung richtet im Volke nur agita⸗ torischen Unfug an. Konstruiert ein Ingenieur eine Maschine etwa 1 1 den kleinstmöglichen utzen erbringt? Wir aber erbeben mit Rücksicht auf agitatorische Bedürfnisse die Zuckersteuer weiter, obwohl die Kosten die Einnahmen weit übersteigen. (Hört, hört! rechts.) Unsere Reichsausgaben be⸗ tragen 1 ¼ Milliarden Goldmark im Monat, also fünfmal mehr als vor dem Kriege. (Abg. Dittmann (Soz.): Und Ihre Kriegspolitik?) In der Zeit, wo ich Schatzsekretär war und wir den Krieg gegen die Welt führten, waren unsere Gesamtausgaben nicht viel höher, sie gingen in den 16 Monaten über 2 Milliarden höchstens vorüber⸗ gehend hinaus. Heute betragen die Reichsausgaben ohne die Kriegs⸗ kosten allein 1 ½ Milliarden und mehr. (Hört, hört! rechts und Roße⸗ Ohne Millitär! — Gegenruf links: Sie waren doch Bevater von Cuno!) Das war ich weniger als Sie, Herr Müller. Ich hatte immer den Eindruck, wenn ich zu Cuno kam, daß Sie gerade hinaus⸗ gegangen waren, oder umgekehrt. (Heiterkeit.) Die Reichsausgaben betvagen mehr als das gesamte deutsche Volkseinkommen, das wahr⸗ scheinlich nur 18 Milliarden im Jahre ausmacht. Ihre Steuerreform steht heute genau so vor ihrem Ende wie die Erzbergersche. (Zuruf links: Weil Sie sie kaputtgemacht haben!) Aber Sie sehen doch, daß es ein unlösliches Problem ist, das Budget allein durch Steige⸗ rung der Einnahmen in Ordnung zu bringen! Wir müssen die Aus⸗ aben vermindern und die Produktion Jeigesn. Das ist ohne Er⸗ öhung der Arbeitsleistung nicht möglich. Die neue Regierung
kein Pro⸗ im wie lehnen sie nicht nur wegen ihrer Zusammen⸗- etzung ab. 88 Wirtschaft wie die deutsche kann ohne eini⸗ ermaßen
t fundiertes Geldwesen überhaupt nicht existieren, weil die
üterverteilung stockt, genau so, als wenn die Eisenbahnen zerstört 1 W Alle Versuche in der Welt, das Geldwesen anders zu organi⸗ ieren, sind ja gescheitert; auch in Rußland ist man wieder zur Gold-⸗ währung übergegangen. Mehr hat Graf Westarp gestern auch nicht ge⸗
t. Wie kann der Reichskanzler daraus einen Appell an die Bauern⸗ chaft machen? Uebrigens hat Hilferding ähnliche Ausführungen gemacht.
r Finanzminister Dr. Luther hat gleichfalls einem Korrespondenten der „Zürcher Zeitung“ gesagt, der Landwirt verkaufe, durch Erfahrung gewitzigt, für Papievmark nur so viel wie dringend nötig ist, denn die Papiermark bedeute einen Verlust, wenn sie nicht sofort weiter verwendet oder wertbeständig angelegt werden kann. Das sei die Kernfrage bei der Schaffung einer wertbeständigen Währung. (Hört! hört! rechts.) Wir haben uns in dem schweren Existenskampf des deutschen Volkes dem Kabinett Cuno zur Verfügung gestellt unbd 8 selbst die Frage Monarchie oder Republik zurücktreten lassen. Ich habe auch dem Kabinett Stresemann mein Projekt zur Schaffung einer wertbeständigen Währung zur Verfügung gestellt, aber es ist sozusagen so denaturiert worden, daß es ganz anders ausgesehen hat. Es gilt ein Geld zu schaffen, das im Inland und Ausland Vertrauen findet. Ich habe der Regier im Steuerausschuß gesagt, daß die Belastung mit der Wertbeständigkeit und der Betriebsal s zeitig für die Industrie und das Land nicht erträglich sei. „ ha der Regierung unter bestimmten E meine sachofefsti ac⸗ Mitarbeit zur Verfügung gestellt, aber diese raussetzungen sind nicht erfüllt worden. Es ist jetzt der letzte Augenblick, daß ich meine T denken in einem Ausschuß vorbingen kann. Meine Freunde haben eine Reihe von Anträgen gestellt, daß das Anwendungsgebiet des Er⸗ mächtigungsgesetzes wenigstens beschränkt wird, die Kontrolle des Reichstags nicht vollständig ausgeschaltet wird und daß die Reichstags⸗ mitglieder keine Diaten beziehen, wenn der Reichstag in den Ferien ist. Das ist eine selbstverständliche Konsequenz des Ermächtigungs⸗
eesetzs. Bemerkenswert ist die Haltung Bayerns. Fürst Bismarck hat es stets verstanden, auf diesen zweitgrößten Bundesstaat des Reichs gebührend Rücksicht zu nehmen. (Ruf links: Das war einmall) Abgesehen von allen wirtschaftlichen Gründen bedarf dieses Gesetz der 1 ernstesten Behandlung. Der jetzige Reichstag steht nach der Ver⸗
fassung auf dem Aussterbeetat, in kurzer Zeit muß es zur Wahl kommen. Darvüber ist kein Zweifel, daß der Reichstag in dieser Zu⸗ sammensetzung nicht mehr wiederkommt. Deshalb warne ich Sie, auch wenn Sie gegenwärtig die Mehrheit haben, überspannen Sie
den Bogen nicht. (Beifall rechts.)
Reichsarbeitsminister Dr. Brauns: Meine Damen und Herren! Ich konnte eben leider nicht anwesend sein, als der Ab⸗ geordnete Hoch über die Einbeziehung der Fragen der Erwerbs⸗ losenfürsorge in das Ermächtigungsgesetz sprach. Er hat in seinen Ausführungen Bezug genommen auf einen Entwurf eines Ge⸗ setzes über die Erhebung von Beiträgen für die Erwerbslosen⸗ fürsorge. Der Entwurf ist ein Referentenentwurf im Vor⸗ bereitungsstadium der betreffenden gesetzgeberischen Arbeiten. Er hat noch nicht einmal die volle Genehmigung des Ministers, noch weniger des Kabinetts erhalten. Es ist ein Entwurf, der vertraulich zur Kenntnisnahme an einige Herren aus dem Hause weiter⸗ gegeben worden ist. (Hört, hört! im Zentrum und bei der Deutschen Volkspartei.) Ich glaube, es empfiehlt sich unter diesen Umständen nicht, weiter auf Einzelheiten dieses Entwurfs in dieser Stunde einzugehen. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten.)
Der Abgeordnete Hoch hat dann weiter gefragt, ob wir ge⸗ dächten — das war wenigstens der Sinn seiner Frage, soweit mir berichtet worden ist —, an den Grundlagen, die für die Bemessung der Erwerbslosenunterstützung im August dieses Jahres im Verein mit dem sechsten Ausschuß festgesetzt seien, zu rütteln. Eine der⸗ artige Absicht — das möchte ich hier ausdrücklich erklären — liegt uns vollkommen fern; im Gegenteil, wir wollen an diesen Grund⸗ lagen festhalten, es müßte denn sein, daß sich finanzielle Notlagen im Reiche ergäben, die wir jetzt noch gar nicht übersehen können. Soweit wir jetzt die Dinge überschauen können, werden wir an den Grundlagen vom August dieses Jahres festhalten, wie sie damals mit dem sechsten Ausschuß festgestellt worden sind.
Wenn die Erwerbslosenfürsorge in das Ermächtigungsgesetz einbezogen werden soll, so liegt diesem Streben keinerlei Mißtrauen gegen den sechsten Ausschuß zugrunde, wie anscheinend angenommen worden ist, ebensowenig wie die Einbeziehung finanzieller und wirt⸗ schaftlicher Fragen irgendein Mißtrauen gegen den Steuer⸗ oder
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artige Aufgaben auf Grund eines solchen Gesetzes vor sich sieht.
allgemeinen Standpunkt zu der Vorlage hat gestern bereits Graf
den Wirtschaftsausschuß bedeuten kann. Wir sind der Meinung,