1923 / 238 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 13 Oct 1923 18:00:01 GMT) scan diff

8

auf Verbrauchszucker in einen anderen unter Steueraufsicht stehenden verbracht wird, kann die Rücklage auch in diesem etrieb oder in einem diesem Betriebe bewilligten Steuerlager gehalten werden. Die Festsetzung der von den einzelnen Fabriken zu haltenden Rücklagen erfolgt durch die Zollbehörden.

§ 2.

Die Fabriken haben den Zollbebörden zum 1. Mai 1924 die ales Rücklage zu haltenden Mengen und auf Erfordern auch nach diesem die dem jeweiligen Stande der Rücklage entsprechenden

tengen nachzuweisen. 53b

Die Rücklage darf nur mit Genehmigung des Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft in den freien Verkehr übergeführt werden. Die Genehmigung ist spätestens zum 1. Juli, 1. August und 1. September 1924 für je ein Drittel der Rücklage zu erteilen.

Verträge über Lieferung von Zucker aus der Rücklage dürfen vor dem Zeitpunkt, zu dem der Zucker in den freien Verkehr übergeführt werden darf, nicht abgeschlossen werden. Verträge, die vor Inkraft⸗ treten dieser Verordnung abgeschlossen sind, sind insoweit nichtig, als sie sich auf die Rücklage erstrecken.

Die Vorschrift im Abs. 2 gilt nicht für Verträge über Lieferung von Rohzucker an eine andere Huckerfabrik⸗

§ 4.

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft kann auf

Antrag eine rübenverarbeitende Zuckerfabrik aus der Veryflichtung

nach § 1 entlassen, sofern eine andere Zuckerfabrik an ihrer Stelle die aus dieser Verordnung sich ergebenden Verpflichtungen übernimmt.

§ 5.

Soweit eine Zuckerfabrik zum 1. Mai 1924 oder einem späteren Zeitpunkt die dem jeweiligen Stande der Rücklage entsprechenden Mengen nicht gemäß § 1 unversteuert im Herstellungsbetrieb oder in einem Steuerlager nachweisen kann, hat sie für jeden fehlenden Zentner Verbrauchszuckerwert eine Buße in Höhe des dreitachen Werts des Zuckers an das Reich zu zahlen, es sei denn, daß sie kein Verschulden trifft. Maßgebend für die Bemessung des Werts ist der Preis, der an dem Tage, bis zu dem die fehlende Menge als Rück⸗ lage zu halten war, in Magdeburg für Melis gezablt wird; kann für diesen Tag ein Preis in Magdeburg nicht festgestellt werden, so ist der Preis der nächsten Abschlüsse zugrunde zu legen. Erhöht sich der Preis des Zuckers vor Zahlung der Buße, so erhöht sich die Buße in dem Verhältnis, in dem sich der Magdeburger Durchschnittspreis für Melis in der der Zahlung vorhergehenden Woche gegenüber dem nach Satz 2 maßgebenden Preise erhöht. 8

Streitigkeiten über die Verpflichtung zur Zahlung der Buße ent⸗ scheidet das Reichswirtschaftsgericht in der im § 10 Abs 2 Satz 1 der Verordnung über das Reichswirtschaftsgericht vom 21. Mai 1920 (RGBl S. 1167) in der Fassung des § 65 Nr. 6 der Entschädigungs⸗ verordnung vom 30. Juli 1921 (7GBl. S. 1046) vorgesehenen Besetzung

Die Beitreibung der Buße erfolgt nach den Vorschriften der Reichsabgabenordnung. 86

Die näheren Bestimmungen zur Durchführung der Vorschriften in den §§ 1 bis 5 treffen der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft und der Reichsminister der Finanzen.

II. Erlaubnis für den Zuckerhandel.

§ 7. Wer mit Zucker Handel treiben will, bedarf einer besonderen rlaubnis. .

Die Vorschrift im Abs. 1 gilt nicht:

1. für Handelsbetriebe, die auf Grund einer Erlaubnis zum Handel mit Lebens⸗ und Futtermitteln vor dem 1. Oktober 1923 mit Zucker gehandelt haben; für Kleinhandelsbetriebe, in denen Zucker nur unmittelbar an Verbraucher abgegeben wird, es sei denn, daß der Handel im Umbherziehen betrieben wird;

oe⸗Iryj 1 veren Erlaubnis nach Abs. 1 bedürfen zum Handel mit Zucker einer weiteren Erlaubnis nach § 1 der Ver⸗

gangen. so tritt Geldstrafe ein.

ordnung über Handelsbeschränkungen vom 13. Juli 1923 (-RGBl. I S. 706) nicht 88 1 Die Erlaubnis 7) gilt für das Reichsgebiet. ie ist zu ver⸗ sagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Antrag⸗ steller die für den Handelsbetrieb erforderliche Sachkenntnis oder Zu⸗ verlässigkeit nicht besitzt oder wenn kein volkswirtschaftliches Bedürfnis besteht. Im übrigen finden die Vorschriften im § 5 Abs. 1, 2, 8 7 bis 11 der Verordnung über Handelsbeschränkungen vom 13. Juli 1923 entsprechende Anwendung. III. Gewerbliche Verarbeitung von Zucker. § 9. Wer Zucker zur gewerblichen Herstellung von

1. Marmelade und Obstkonserven, 2. künstlichen Honig (Kunsthonig),

3. Schokolade und Süßigkeiten,

Branntwein und branntweinhaltigen Getränken aller Art, ins⸗ besondere Likör, sowie Schaumwein und schaumweinähnlichen Getränken 8 beziehen und verwenden will, bedarf der Erlaubnis des Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft oder der von ihm bestimmten Stelle. Betriebe, denen eine Erlaubnis nach Abs. 1 erteilt ist. dürfen Zucker für die im Abs. 1 bezeichneten Zwecke nur in dem Umfang und unter den Bedingungen beziehen und verwenden, die vom Reichs⸗ minister für Ernährung und Landwirtschaft oder der von ihm be⸗

stimmten Stelle festgesetzt sind.

Als Schokolade 1. Süßigkeiten im Sinne des Abs. 1 gelten, vorbehaltlich anderweiter Bestimmung nach Abs. 4 die im § 1 Abs. 2 der Verordnung as vom 8. September 1922 (RGBl. I S. 725) genannten Erzeugnisse. 1

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft erläßt die näheren Bestimmungen zur Durchführung der Vorschriften im Abs. 1, 2. Er kann die Vorschriften im Abs. 1, 2 auf andere zuckerhaltige Er⸗ zeugnisse ausdehnen. § 10

Zucker, der im Wirtschaftsjahre 1922/23 mit Genehmigung des Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft durch die zu⸗ ständige Verteilungsstelle geliefert oder zugewiesen ist, darf bis auf weiteres ohne die nach § 9 erforderliche Erlaubnis bezogen und ver⸗

wendet werden. IV. Straf⸗ und Schlußbestimmungen.

§ 11. Mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer vorsätzlich 1. die auf Grund dieser Verordnung erforderten Angaben über den Umfang und das Ergebnis der Rübenverarbeitung ganz oder teilweise verweigert oder nicht in der gesetzten Frist erteilt oder unrichtige oder unvollständige Angaben macht; 2. der Vorschrift im § 3 Abs. 2 Satz 1 zuwiderhandelt. Wird eine der im Abs. 1 bezeichneten Handlungen fahrlässig be⸗

8

b § 12.

Wer den Vorschriften in den §8§ 7, 8 zuwiderhandelt, wird gemäß §§ 28 bis 34 der Verordnung über Handelsbeschränkungen vom 13. Juli 1923 bestraft.

Mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strasen wird bestraft, wer vorsätzlich oder fahrlässig ohne eine nach § 9 erforderliche Erlaubnis Zucker bezieht oder ver⸗ wendet oder der Vorschrift im § 9 Abs. 2 zuwiderhandelt...

Neben der Strafe kann auf Einziehung des verbotswidrig be⸗ zogenen Zuckers oder der daraus hergestellten Erzeugnisse erkannt ohne Unterschied, ob die Gegenstände dem Täter gehören oder nicht.

§ 14. Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft kann Aus⸗ nahmen von den Vorschriften dieser Verordnung zulassen.

Bee- Heichsnrerthher Iögenh 1“ J. V.: Dr. Heikrier

8 Bekanntmachung zur 10. Ausgabe der Deutschen Arzneitaxe 1923.

Mit Wirkung vom 14. Oktober 1923 ab wird die Schlüsse ahl im Sinne der Ziffer IE der allgemeinen Bestimmunga ber Deutschen Arzneitaxe 1923 für Arzneimittel und Gefäße auf 9 600 000, „Neun Millionen sechshunderttausend“, im be setzten Gebiet auf 12 900 000, „Zwölf Millionen neunhunden tausend“, festaesetzt. Die Schlüsselzahl für Arbeitsvergütungen bleibt unverändert. 8 1

Berlin, den 12. Oktober 1923. Der Reichsminister des Innern. J. A.: Dammann. Verordnung über künstliche Düngemittel. Vom 12. Oktober 1923. Auf Grund des § 10 der Verordnung über künstlich Düngemittel vom 3. August 1918 (R7GBl. S. 999) in de

Fessung der Verordnung vom 21. Februar 1923 (RGBl. . 146) wird verordnet:

5 81

Artikel I. Abs. C. der der , über künstliche von 3. August 1918 (Reichsgesetzbl. S. 999) anliegenden „Liste der Dünge mittel und Preise“ in der Fassung der Verordnung vom 22. tember 1923 (Deutscher Reichsanzeiger Nr. 221) erhält folgenge

Selns; C. Knochenmehl

(aus entfetteten Knochen hergestellt, siehe § 6). Unentleimtes, gedämpftes sowie entleimtes, ferner Stampfmeig

Trommelmehl. Fleischduͤngemehl, Fischdüngemehl, Fleischknochenmet

Kadaverdüngemehl und ähnliches in handelsüblicher feiner Mahlung Von der Festsetzung von Höchstpreisen für Gesamtstickstoff mn

Gesamtphosphorsäure wird bis auf weiteres abgesehen.

Artikel II. Diese Verordnung tritt mit Wirkung vom 12. Oktober 1923 1 in Kraft. Berlin, den 12. Oktober 1923. Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft. J. V.: Dr. Heinrici.

Bekanntmachung

über den Prämientarif der Zweiganstalt der Thürin 1 Baugewerks⸗Berufsgenossenschaft.

Vom 12. Oktober 1923.

Nach Anhörung des Genossenschaftsvorstands wird de durch Bekanntmachung vom 17. November 1911 veröffentlichte und nach der Bekanntmachung vom 21. November 1914 af unbestimmte Zeit verlängerte Prämientarif mit Wirkung van 1. November 1923 ab wie folgt geändert:

1. Zu den Tarifsätzen aller Gefahrklassen wird ein Zuschlag ve 200 vH erhoben.

2. In allen Gefahrklassen wird eine Mindestprämie erhoben

deren Höhe das Fünfzehnfache der am Schlusse des Kalender vierteljahres gültigen Postgebühr für den einfachen Brief Inlandsfernverkehr beträgt.

Berlin, den 12. Oktober 1923.

Das Reichsversicherungsamt, Abteilung für Unfallversicherumng Dr. Kaufmann.

Entscheidungen der Filmprüfstelle in Verlin in der Zeit vom 3. bis einschließlich 9. Oktober 1923.

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Datum Länge der in m Ent⸗ scheidung

Ursprungs⸗

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Zugelassen Erneut zu⸗

gelassen nach Beschwerde oder Widerruf

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Prüfnummer verboten

auch vor Jugendlichen Ausschnitte in m

Jugendliche

Die närrische Wette des Lord Aldiny. Chaplin bäckt mit Dynamit... Eddie als Meisterboxer Siarauntbteae Larry Semon belebt den Kleinhandel.

als Beschützer der Un⸗

Aldiny⸗Film Effaney Lloyd⸗Film Int. Film⸗A.⸗G Vitagrabsh

Jimmy Aubrey

schuld . 8 11““ Larmw Semon auf der Brautschau. Per Schet

S. O. S, die Insel der Tränen

Zawa, die Tragödie eines Modells.

Wie entsteht der Alkohol? .

Deulig⸗Woche Nr. 40, 1923.

Chaplin will zum Film .. .

Jollv Bill und die Schmuggler.

Wo ist mein Hund

Die Zwei und der Schiffer... 3

Mitteldeutsche Stromversorgung durch die Elektro⸗Werke A.⸗G.. . E“

Unverhofftes Glackk... 6

Nachtrag. Mister Mastix der Kraftmensch Die Löwenbraut ... Die Unheimlichen, 1. Teil.. 1

Die Unheimlichen, 2. Teil 1 Berlin, den 11. Oktober 1923.

1.“ 8 1 Famus Players Lasky I Maxim⸗Film Eiko⸗Film A.⸗G. National⸗Film Deulig⸗Film Effaney Wilh. Feindt Universal⸗Film C Tosca⸗Film

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1923, Oktober

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Preußen.

Dem Ruhrverband in Essen ist durch Erlaß des ehe⸗ maligen Königs vom 19. März 1914 das Recht verliehen, das zur Ausführung der zwecks Reinhaltung der Ruhr unb ihrer Nebenflüsse herzu tellenden Anlagen erforderliche Grund⸗ eigentum an nicht den C enossen gehörigen Grundstücken nötigen⸗ falls im Wege der Enteignung zu erwerben oder dauernd zu beschränken.

Auf Grund des 8 1 des Gesetzes über ein verein⸗ fachtes Enteignungsverfahren vom 26. Juli 1922 [(Gesetzsamml. S. 211) wird hiermit bestimmt, dc. für den Bau eines Hauptsammlers und einer Kläranlage in Kettwig

. 8

in der Genkarkung (Gemeinde) Kettwig ein vereinfachtes Ent⸗ in den Formen des obigen Gesetzes statt⸗ ndet.

Berlin, den 4. Oktober 1923.

Das Preußische Staatsministerium. Wendorff. Siering. Hirtsiefer.

Der Gemeinde Biersdorf, Kreis Altenkirchen,

wird hierdurch auf Grund des § 2 des Gesetzes vom 11. Juni

1874 (Gesetzsamml. S. 221) das Recht verliehen, das zur Anlags einer Wasserleitung erforderliche Grundeigentum, Par⸗ zelle

8 8.

8

lur 5 Nr. 808, 809, 810, 1002/811, 1003/811, der Ge⸗ 8 8

markung Oberdreisbach, Kreis Altenkirchen, Wege der Enteignung zu erwerben.

Berlin, den 24. September 1923. 8 Das Preußische Staatsministerium.

Zugleich im Namen des Ministers des Innern und des Ministers für Handel und Gewerbe.

Der Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. Dr. Wendorff,

nötigenfalls in

Ministerium für Handel und Gewerbe.

Der Studienrat Dipl.⸗Ing. Doerner in Oppeln ist umn Regierungs⸗ und Gewerbeschulrat ernannt Pz Ihm 86 1 8 8

„Wir verlangen weiter großzügige Arbeiten des Staates für

hie planmäßige Stelle eines Regienmas⸗ und Gewerbeschulrats bei der in Oppeln verliehen worden.

Der Regierungs⸗ und Gewerbeschulrat Professor Dr. Müller von der Regierung in Wiesbaden ist zum 1. Oktober 23 in gleicher Eigenschaft an die Regierung in Magdeburg

etzt worden. .

Die Gewerberäte Müller in Köslin, Eckey in Münster 1 W. und Duhm in Koblenz sind zu Regierungs⸗ und Ge⸗ verberäten ernannt worden.

Die Gewerbeassessoren Raabe in Mörs, Caspary in Düsseldorf, Sistig in Koblenz, Steinert in Görlitz, Janke in München⸗Gladbach, Wolter in Berlin und Göhler in Bochum sind zu Gewerberäten ernannt worden.

Der Lehrer Baumgart ist zum Baugewerkschullehrer en der staatlichen Baugewerkschule in Beuthen ernannt worden.

Ministerium des Innern.

Das Preußische Staatsministerium hat auf Grund des

28 des Landesverwaltungsgesetzes vom 30. Juli 1883 eegenmme S. 195) den Regierungsrat von Werner in rnsberg zum zweiten Mitglied der II. Abteilung des Be⸗ firksausschusses zu Arnsberg ernannt.

Der Regierungsrat Dr. Liebrecht in Köslin ist zum Oberregierungsrat ernannt worden. Imn dieser Eigenschaft ist ihm die Stelle des Direktors des der Regierung in Köslin

28

engegliederten Oberversicherungsamts übertragen worden.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Der Königlich dänische Gesandte Graf Moltke ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Leitung der Gesandtschaft wieder übernommen. 8 1

Preußischer Tandtag. 275. Sitzung vom 12. Oktober 1923, Vormittags 11 Uhr. GBericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger“).)

Auf der Tagesordnung steht die gemeinsame Beratung einer großen Zahl von Anträgen und Anfragen, die sich vor allem mit der schwierigen Ernährungslage, mit der Forde⸗ rung von ö für die Erwerbslosen, mit Maß⸗ vahmen gegen den Wucher, der Notlage der kinderreichen bee r Se des gewerblichen Mittelstandes, r 8 von Plünderungen, Erfassung der Sachwerte be⸗ gassen.

Abg. Jacoby⸗Raffauf (Str.) begründet einen Antrag eine wirksame Steigerung der Getreideerzeugung au dem Wege der Mehrerzeugung von Inlandsstickstoff herbeizuführen.

Abg. Mentzel⸗Stettin (D. Nat.) macht in Begründung eines deutschnationalen Antrages auf Erhaltung und Unter⸗ stützung des gewerblichen iüle!sandes auf die schwere risis aufmerksam, die infolge des ungeheuren Mark⸗ turzes den gesamten gewerblichen ditlelstand bedroht. Die neuen Reichs⸗ teuern haben diese Bedrängnis in einem solchen Umfange vermehrt, daß von Betrieben in Handwerk, Gewerbe und Einzelhandel zum Erliegen gebracht worden sind. Die Arbeitsämter berichten von dem großen Andrang arbeitsuchender selbständiger Kleingewerbe⸗ treibender, die nirgendwo untergebracht werden können. Wir fordern, daß die Gesetzgebung auf dem Gebiete der Preisbildung, der Wirt⸗ schaft und des Steuerwesens so eingestellt wird, daß dem Handwerk, Einzelhandel und Gewerbe die Eristenzgrundlagen erhalten bleiben.

ö beit Handwerk und Gewerbe unter maßgeblicher Mitwirkung der Landesauftragsstelle. Sodann muß eine planmäßige Förderung der Bautätigkeit, besonderz auch der notwendigen Instandsetzung von Häusern und Wohnungen in die Wege geleitet werden, wobei neben der Bereitstellung von Staats⸗ mitteln die Aufhebung und Einschränkung der die Bautätigkeit hem⸗ menden Vorschriften im Wohnungswesen in Betracht kommen.

Abg. Schlange⸗Schöningen (D. Nat.) begründet den Antrag seiner Partei, sofort Maßnahmen zu treffen, um die durch den Zusammenbruch der deutschen Währung aufs gefährdete Vol ksernährung sicherzustellen. Der Redner erklärt: Wenn das Volk uns ruft, werden wir jederzeit bereit sein, die Verantwor⸗ tung zu übernehmen. Was wir dann beabsichtigen, liegt bei uns bereits vollständig fertig da. Die Landwirtschaft hat seit Beginn des Ruhrkampfes 3892 Waggons Lebensmittel umsonst ins Ruhrgebiet geliefert. Rund, 300 000 Ruhrkinder sins wochenlang unentgeltlich aufgenommen worden. Welcher Berufsstand hat wohl gleiche Opfer⸗ freudigkeit im Inland gezeigt? (Zurufe bei den Sozialdemokraten: No, nal Die Arbeiterschaft!) un zur Lage der Landwirtschaft. Man darf sich durch den Wohlstand einzelner Landwirte, die in Dollar spekulieren, nicht über die wahre Lage täuschen lassen. Die

eisten Landwirte sind heute verarmte Papiermilliardäre. Die Preise

der Produkte stehen heute in gar keinem Verhältnis mehr zu den Pro⸗

duktionskosten. Für Stickstoff zahlt man schon Billionenpreise. Dazu kommen die Steuern und die vielen anderen hohen Ausgaben. Wovon soll der Landwirt derartige Summen aufbringen? Wer gegen ins kämpft, soll sich die Dinge erst einmal in der Praxis ansehen. (Zustimmung bei den Deutschnationalen.) Ein Umbau des Steuer⸗ systems Hns unbedingt erfolgen, wenn nicht Hunger und allgemeine Arbeitslosigkeit kommen sollen. Die wichtigste Aufgabe ist heute aber das Heranbringen der vorhandenen Lebensmittel an die Verbraucher. derzu brauchen wir vor allem ein wertbeständiges Zahlungsmittel. raf Westarp hat keine Drohung ausgesprochen, sondern nur den Mut zur Wahrheit gehabt. Schon vor acht Wochen hätte diese rage geregelt werden müssen. Hier fehlt eine 18 Hand. ün die Ferntsielber gu ist vor allem erforderlich, daß die alljährliche Stockung in der Wagengestellung in diesem Jahre nicht wieder eintritt. Auch eine weitere Herabsetzung der Frachten ist geboten. Eine Produktionssteigerung bedingt vor allem, daß alles unterbleibt, was die Produktion hemmt. Dazu gehört nicht zuletzt unsere heutige Siedlungspolitik. Es ist ein Unfug, Güter s zerschlagen, um die Süedhanh zu Emährung geht vor Siedkung! So wichtig diese auch i (Lebhafte ustimmung bei den Deutschnationalen.) ur solche Betriebe dürfen enteignet werden, die ihre Schuldigkeit für die Volksernährung nicht tun. (Lachen links.) In der Landwirtschaft herrscht großer Arbeiter⸗ nangel. An der Wohnungsfrage darf die Lösung nicht scheitern. Man sollte die Städte von den unverheirateten Arbeitern freimachen, damit die Verheirateten an ihrem Wohnsitz arbeiten können. Der prußische Vor Fas von 3 Millionen Tonnen ist nicht gangbar. jes wirkt schärfer als die ““ (Zustimmung bei, den eutschnationalen.) Was die Arbeitszeit angeht, so wird auch jeder ürbeiter einsehen, daß es besser ist, mit neun Stunden zu leben, als mit acht Stunden zu verhungern. Der Arbeitsfrieden auf dem Lande dauß garantiert werden. Die ungeheuren Verluste durch Streiks sind für 5 deutsche Volk nicht mehr tragbar. (Zurufe bei den Sozialdemo⸗ Rraten.) Man kann aber das alles nicht erreichen mit einer Feegte ung ie letzten Endes nicht das Vertrauen der Landwirtschaft hestst 6

t an einem engen Zusammenarbeiten mit der Landwirtschaft. Des⸗

*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden

ben sind.

8 Herren Minister, die im Wortlaute wie

die bekanntlich mit

zeitigen Bewegung der Kartoffeln.

2. müssen Vertrauensleute in das Ministerium hinein. Der erste rfolg einer Regierung unter unserer Leitung würde das Vertrauen der 8 Landwirtschaft sein. Die Volksernährung würde vom ten Augenblick an ganz anders funktionieren als unter einer anderen Richtung. beur. links. Zurufe bei den Sozialdemokraten; Sie sabotieren also jetzt! Zuruf vom Zentrum: Siehe Graf Westarp!) ra starp wollte nur eine Warnung aussprechen und auf 12 Feenenven ziefte ufgaf ü. 4 7. Verhandeln 8 unsere Lage ern würde, daran glauben wir nicht. ir

werden schließlich vor der Frage stehen, entweder zu verhungern oder

uns mit unseren letzten Mikteln zu wehren. Ich bekenne mich zu dem at, und

Ausspruch, den der Abgeordnete Stresemann einmal get

den der Reichskanzler Stresemann geg; sollte: ir fund verloren, wenn wir unterschreiben, aber wir sind vielleicht versoren⸗ wenn wir nicht unterschreiben.“ (Lebhafter Beifall bei den Deutsch⸗

nationalen.)

Landwirtschaftsminister Dr. Wendorff: Dem Herrn Vor⸗ redner auf das hochpolitische Gebiet zu folgen, möchte ich unterlassen. Nicht unterlassen aber kann ich festzustellen, daß er die Gelegenheit⸗ die er heute ergriffen hat, sich zu politischen Fragen zu äußern, nicht benutzt hat, um zu sagen, was seine Freunde tun würden wenn sie die Macht in Händen haben, zu deren Uebernahme sie sich bereit erklärt haben. Das einzig Positive oder einigermaßen Positive das ich von ihm nach dieser Richtung gehört habe, ist, daß er sich für sich und seine Freunde bereit erklärt hat, sofort die Regierung zu übernehmen, und dann weiter erklärt hat, heute vollständig darauf vorbereitet zu sein. Sie hätten ein Programm, und sie hätten die Köpfe. Es freut mich, daß die Herren diesmal besser vorbereitet sind als zum Kapp⸗Putsch (Lachen rechtsz) wo das Programm fehlte und wo vor allen Dingen auch die Köpfe fehlten. Es ist bekannt, daß ein Herr, der Ihren Kreisen nahe steht, über den sogenannten Reichs⸗ kanzler Kapp das Urteil gefällt hat, es wäre in seiner Reichskanzlei zugegangen wie in einer Judenschule, was in diesem Zusammenhang einen besonderen Reiz hat.

Wenn aber der Herr Vorredner in seinen Schlußworten darauf hingewiesen hat, daß auch die wirtschaftlichen Fragen, die schwere Sorge, die wir alle empfinden, um das tägliche Brot, die Not, in die sich die weitesten Kreise unserer Bevölkerung in diesem Zusammenhang versetzt sehen, nicht anders gelöst werden können, als durch Einigkeit im Innern gegenüber dem äußern Feind, daß eine Besserung in der Beziehung wirklich nur dann möglich ist, wenn das schwere Joch im Westen von uns genommen wird, so bin ich darin mit ihm durchaus einer Meinung. Ueber die Mittel allerdings bin ich anderer Meinung. Auch ich bin ebensowenig, wie es der Herr Ministerpräsident hier zum Ausdruck gebracht hat, der Meinung, daß es des deutschen Volkes würdig und den Verhältnissen entsprechend ist, eine Selbstmordpolitik zu betreiben, wie diese Herren es hier empfehlen, dadurch, daß sie sagen: Kampf, wirklicher Kampf, Krieg, in diesem Augenblick, wo Sie doch zum Teil als frühere Offiziere ganz gen. wissen, daß Sie mit Ihren Dreschflegeln diesen Krieg nicht gewinnen können gegen die Tanks und Maschinengewehre! (Lebhafte Zustimmung in der Mitte und links Unruhe und Zurufe bei der D. nat. V.⸗P.) Wir werden uns darüber nicht einigen. Deswegen haben Sie uns auch Ihr allerhöchstes Miß⸗ trauen ausgesprochen, wir werden das zu tragen wissen. (Sehr gut! links Zurufe bei der D. nat. V.⸗P.) Wir werden nach wie vor nach bestem Wissen und Gewissen das Beste zu tun suchen, um unser Volk aus dieser schweren Krise, soweit es an uns liegt, wieder herauszuführen. (Lebhafter Beifall in der Mitte und links.)

Wenn ich mich nun der Frage der Versorgung unserer Bevölke⸗ rung mit Nahrungsmitteln zuwende, dieser heute wichtigsten Frage, die jetzt als brennendste im Mittelpunkte aller Verhandlungen stehen muß, so gebe ich dem Herrn Vorredner darin recht, daß wir rein mengenmäßig in diesem Jahre vielleicht weniger Anlaß hätten, wegen der Volksernährung besorgt zu sein, als in früheren Jahren. Tat⸗ sächlich haben wir sowohl in Getreide als auch in Kartoffeln eine Ernte zu verzeichnen, die eine weitgehende Gewähr dafür gibt, daß wir wenigstens für die nächsten Monate in dieser Beziehung beruhigt in die Zukunft sehen können. Ich will Ihnen darüber nur einige wenige Zahlen angeben.

Die Brotgetreideernte wird in diesem Jahre auf 7,27 Millionen Tonnen gegenüber 4,95 Millionen Tonnen im vorigen Jahre geschätzt (hört, hört!), das bedeutet also ein Mehr von 46,9 %. Gegenüber der Ernte des Jahres 1921, 6,3 Millionen Tonnen Ernnteerträgnis als eine gute Getreideernte angesprochen werden konnte, bedeutet das ein Mehr von 15,3 vH. Wenn wir alle Getreidearten zusammenfassen, so wird die Ernte dieses Jahres auf 13,17 Millionen Tonnen geschätzt gegenüber 8,86 im vergangenen Jahre und 10,76 im Jahre 1921, was eine Erhöhung von 48,6 vH gegenüber 1922 und von 22,4 vH gegenüber 1921 hedeutet. 8

Bei der Kartoffelernte sind allerdings nicht die hohen Ernteerträge zu erwarten, die wir erfreulicherweife im vorigen Jahre erzielt hatten. Aber immerhin dürfen wir nach den neuesten Schätzungen des Statistischen Amtes auf Grund aller vorliegenden Angaben doch mit einer guten Mittelernte rechnen. Das Statistische Amt bewertet sie am 1. Oktober mit 3,2, also etwas unter der vollen Mittelernte. Nach allem, was man hört, sind aber die Erträgnisse doch mehr als mittlere zu bezeichnen, zumal jas im Gegensatz zu anderen Mitteilungen, die verbreitet worden sind, die Kartoffelanbaufläche in Preußen im Vergleich zum Vorjahre um 1000 ha zugenommen hat und somit größer war als im Jahre 1913, wo sie auf dem verkleinerten Gebiet des Preußischen Staates 1 815 448 ha betrug, während sie in diesem Jahre 1 823 433 ha, rund also 8000 ha mehr umfaßte. Das Ernteergebnis an Kartoffeln wird im laufenden Jahre für Preußen auf 20 Millionen Tonnen geschätzt. Das würde auf die Anbaufläche umgerechnet einen Ertrag von 11 Tonnen je Hektar und 55 Zentner je Morgen bedeuten, was was meines Erachtens nicht zu hoch geschätzt sein dürfte. Dem⸗ gegenüber ist in Betracht zu ziehen, daß im allgemeinen der jährliche Verzehr an Kartoffeln in Preußen 8 Millionen Tonnen beträgt. Ich nehme an, daß er in diesem Jahre infolge der katastrophalen Preisentwicklung, der wir gegenüberstehen, höher sein wird. Aber nimmt man selbst 10 oder 12 Millionen Tonnen an, so ist meines Erachtens die Ernährung der Bevölkerung mit⸗ Kartoffeln auch als gesichert anzusehen, zumal wenn die Voraus⸗ setzungen, von denen zum Teil auch der Herr Vorredner ge⸗ sprochen hat, erfüllt werden, vor allem die Sicherung der recht⸗ Ich darf dazu mitteilen, daß die Wagengestellung für Kartoffeln in diesem Jahre schon eine sehr viel bessere gewesen ist und aller Aussicht nach auch weiterhin gut sein wird. Infolge der Lahmlegung unserer Wirt⸗ schaft im Westen stehen ganz erhebliche Mengen an Eisenbahn⸗ wagen zur Verfügung. Wenn ich nicht irre, soll etwa die Hälfte

aller gedeckeen Wagen bei uns auf toten Gleisen stehen. Es ist alio damit zu rechnen, daß die Schwierigkeiten in der Wagen⸗ gestellung in diesem Herbst nicht so in die Erscheinung treten können wie früher. Es ist weiter dafür Sorge getragen, daß im Oktober die Eisenbahnen nicht mit der Bewegung von Fabrikkartoffeln belastet werden, sondern daß Speisekartoffeln bevorzugt zum Versand gelangen. Wie Ihnen bekannt sein wird, hat der Herr Reichs⸗ ernährungsminister ein Verbot der Beförderung von Fabrikkartoffeln während des Monats Oktober ausgesprochen, so daß also nach dieser Richtung hin die Eßkartoffel, die in erster Reihe an den Ver⸗ braucher gebracht werden muß, den Vorzug genießt. (Zuruf.) Herr Kollege Dr. Schiftan, es wird Ihnen weiter bekannt sein, daß der Herr Reichsernährungsminister das Verbrennen von Kar⸗ toffeln bis zur Hälfte des Kontingents freigegeben hat, also eine Maßregel, durch die es möglich sein wird, die kleinen und für die menschliche Ernährung nicht geeigneten Kartoffeln zur Herstellung von technischem Spiritus denn darum handelt es sich allein zu ver⸗ wenden. Ich möchte nebenbei bemerken: Trinkbranntwein wird ja aus Kartoffeln überhaupt nicht hergestellt, wird in Deutschland aus Getreide oder Kartoffeln gar nicht erzeugt, sodaß also, wie gesagt⸗ nach dieser Richtung hin auch die sonst von mir geteilten Bedenken des Herrn Kollegen Dr. Schiftan ausgeräumt sein dürften.

Eine Schwierigkeit allerdings liegt auf dem Gebiete der Kartoffel⸗ versorgung in den überaus hohen Geldansprüchen, die dazu befriedigt werden müssen. Aber ich glaube, daß wir auch darüber etwas be⸗ ruhigter in die nächste Zukunft sehen können, weil die Kreditbeschaff ung wesentlich besser geregelt erscheint, als es noch vor kurzem der Fall war. Die Kartoffelkreditbank, die gegründet ist und der sehr erheb⸗ liche Millionen Goldmarkkredite vom Reiche zur Verfügung gestellt sind, wird so scheint es wenigstens in der Lage sein, die Kartoffel auf ihrer Bewegung bis an die Verbraucherorte zu kreditieren und damit auch diese Schwierigkeit aus dem Wege zu räumen.

Wenn ich mich der Versorgung mit Brotgetreide zuwende, so ist sie weniger eine Frage der mengenmäßigen Beschaffung als der recht⸗ zeitigen Zurverfügungstellung, eine Frage der Beschaffung der nötigen Geldmittel. Die Landwirtschaft muß in die Lage versetzt werden und bereit sein, ihr Getreide auch tatsächlich an die Verbraucher ab⸗ zuliefern. Die Ernährungsfrage ist eben in sehr weitem Grade eine Währungsfrage, der Landwirt darf nicht auf die Dauer in die Lage versetzt werden, das Getreide, das er doch nur einmal im Jahre er⸗ zeugt und umsetzt, gegen sich entwertendes Geld abzugeben. (Abg. Dr. Schiftan: Sehr gut!) Das ist nicht denkbar; darunter würd zweifellos die landwirtschaftliche Erzeugung leiden müssen, weil der Landwirt dann nicht die Düngemittel beschaffen könnte, deren An wendung auch der Verbraucher unbedingt fordern muß, da seine Be⸗ lange doch am besten gewahrt werden, wenn die landwirtschaftliche Erzeugung sich steigert.

Da glaube ich darauf hinweisen zu dürfen, daß die Befürchtungen in dieser Beziehung, die teilweise auch der Herr Vorredner ausge⸗ sprochen hat, nicht ganz unberechtigt sind. Der Verbrauch an Dünge⸗ mitteln in der Landwirtschaft ist während des letzten Wirtschafts⸗ jahres erheblich zurückgegangen. (Sehr richtig! bei der Dnat. Vp.) Ich werde den Bericht über die 42. Sitzung über allgemeine Dünger⸗ angelegenheiten, die am 28. September d. J. in meinem Ministerium stattgefunden hat, auf den Tisch des Hauses legen und bitte die Herren, davon Kenntnis zu nehmen. Sie werden daraus ersehen, daß gerade der Verbrauch an Stickstoffdünger in dem Wirtschaftsjahr vom 1. Mai 1922 bis zum 30. April 1923 nicht unerheblich gegen das Vor⸗ jahr zurückgegangen ist, nämlich von 300 000 auf 288 000 t Dasselbe gilt für Phosphorsäure. Da ist ein Rückgang von 312 000 auf 295 000 t, und sogar die Anwendung von Kali ist gegen das Vorjahr zurückgegangen von 775 000 t auf 695 000 t. (Hört, hört! und Zuruf bei der deutschnationalen Volkspartei.) Es ist richtig, daß das auch für das neue Düngerwirtschaftsjahr zutrifft. Auch in den Monaten Mai bis Juli d. J. ist der Verbrauch von Stickstoff und anderen Düngemitteln ganz erheblich zurückgegangen. Das ist sehr bedauerlich. Ich will Ihnen die Zahlen für den Stickstoff und für die Zeit vom 1. Mai bis zum 31. Juli 1923 geben. In dieser Zeit sind 45 000 t verbraucht worden. Im Vorjahre waren es 88 000 t, also ein Rückgang fast um die Hälfte. Das ist natürlich zum Teil eine Folge der Abschnürung unseres Stickstoffwerkes in Oppau, dessen Erzeugung uns nicht mehr zur Verfügung steht. Im wesentlichen ist es aber zweifellos die Folge der unglücklichen Preis⸗ gestaltung auf dem Düngemittelmarkt. (Sehr richtig! bei der Deutschnationalen Volkspartei.) Es kommen auch die Frachten hinzu, die aber bei den Düngemitteln nicht so ausschlaggebend sind wie die Preisfrage. Infolgedessen hat ja das Siickstoffsyndikat die Preise auf die Roggenbasis gestellt. Das hat sich nicht bewährt und konnte sich nicht bewähren, weil der Schlüssel im Vergleich zum Frieden für die Landwirtschaft ungünstig war. Man hat sich deshalb veranlaßt gesehen, Ende Sep tember zur Goldmarkrechnung überzugehen und wird nun abzuwarten haben, ob die Landwirtschaft dadurch in die Lage versetzt wird, mehr Mengen als bisher abzunehmen. Jedenfalls würde ich es für sehr verhängnisvoll halten, wenn sich die Entwicklung weiter in dieser Richtung bewegt. Ich kann versichern, daß ich, soweit es irgend an mir liegt, mir angelegen sein lassen und mich dafür einsetzen werde, daß die Landwirtschaft nicht nur in gleichem, sondern, wenn möglich in höherem und zunehmendem Maße Düngemittel verwendet.

Noch stärker war der Rückgang in der Anwendung von Phosphor⸗ säuredünger. In dem Zeitraum Mai/Juli des Vorjahrs waren es 80 000 t, in diesem Jahre nur noch 25 000 t. Das bedeutet einen Rückgang um 68 %. Allerdings ist die Verabreichung jetzt etwas gestiegen.

Sie sehen aus diesen Zahlen, daß es zweifellos richtig ist, daß die Schaffung einer neuen Währung auf möglichst wertbeständiget Grundlage ebensowohl’ im Sinne der Landwirtschaft und der land⸗ wirtschaftlichen Erzeugung liegt, als im Sinne der Verbraucherschaft, weil damit der Steigerung der Erzeugung und der Herausgabe det Ernteerzeugnisse gedient ist. (Zurufe bei der D. Nat. V.⸗P.) Ich darf darauf eingehen. Ich erkenne es gerne an, daß Herr Dr. Helfferich sich auf diesem Gebiete betätigt und sein, wie ich annehme, erhebliches banktechnisches Wissen und seine volkswirtschaftlichen Erfahrungen zur Verfügung gestellt hat, indem er den Entwurf einer Roggen⸗ währung der Reichsregierung vorgelegt hat. Aber ich glaube doch, daß gegen diesen Entwurf große Bedenken geltend zu machen sind. Herr Dr. Kaufhold, auch Sie werden mir recht geben müssen, daß gerade die Preisbewegung für Roggen in den letzten Wochen bewiesen hat, daß er mit seinen starken Schwankungen nicht als Grundlage für eine einigermahen

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