1923 / 272 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 29 Nov 1923 18:00:01 GMT) scan diff

Der Staatsrat erledigte sodann eine große Anzahl kleinerer Vorlagen. Zugenimmt wurde einem Gesetzentwurf über die Bereitstellung wetterer Mittel zur Bedeichung des Vor⸗ landes vor der Wiedingharde in Schleswig. An⸗ genommen wurde ferner eine Abänderung des Wasser⸗ gesetzes, die eine bessere Ausnutzung der städtischen Abwässer zu landwirtschaftlichen Zwecken beabsichtigt. Der Staatsrat stimmte weiter einem Gesetzentwurf zu, wonach die An⸗ siedlungskommission für Westpreußen und Posen mit dem 1. April 1924 aufgelöst wird, und einem Gesetzentwurf über die Aenderung von Stiftungen, der besimmt, daß Stiftungen, die durch die Geldentwertung ihre Bedeutung ver⸗ loren haben, zusammengelegt oder aufgehoben werden können.

In einer förmlichen Anfrage hatte der Staatsrat die Staatsregierung im Oktober um Auskunft ersucht, wie dem finanziellen Zusammenbruch der Kommunalverbände seit Still⸗ legung der Notenpresse und Nichtgewährung weiterer Staats⸗ kredite vorzubeugen sei. Der Minister des Innern hat darauf eine Antwort erteilt, in der gesagt wird:

Die Neuregelung der Steuer vom Grundvermögen werde den Gemeinden erhebliche Mebreinnahmen zusfübren Auch die übrigen Einnahmequellen der Gemeinden würden in solche mit wertbeständigen Erträgen umgewandelt werden. Das Finanzausgleichegesetz werde in der allernächsten Zeit ebenfalls eine durchgreisende Umgestaltung er⸗ fahren müssen. Neben dieser Reform auf der Einnahmeseite müsse auch eine durchgreffende Reform auf der Ausgabenseite stattfinden. Ein weitgehender Abbau der kommunalen Aufgaben und eine Ver⸗ eintachung der Verwaltung seien bereits in Angriff genommen. Die Sanierung der Gemeindefinanzen werde in einem solchen Ausmaß geichehen müssen, daß die Einnahmen nicht nur zur Deckung der eigenen Bedürfnisse, sondern auch der Umlagen der weiteren Kom⸗ munalverbände ausreichten.

Der Staatsrat erklärte sich mit dieser Antwort einver⸗ standen und nahm dann in schneller Folge Kenntnis von den zahlreichen Notverordnungen, die vom Staatsministerium während der Vertagung des Landtags erlassen worden sind. Einspruch wurde in keinem Falle erhoben. 8 Nächste Sitzung Donnerstag, den 29. November, 12 Uhr Mittags.

Preußischer Landtag. 278. Sitzung vom 28. November 1923. Mittags 12 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger*).)

Präsident Leinert eröffnet die Sitzung 12 Uhr 30 Mi⸗ nuten und verliest vor Eintritt in die Tagesordung ein an ihn gerichtetes Schreiben der Kommunisten, in dem gegen die Ver⸗ haftung der kommunistischen Abgeordneten Rosi Wolfstein Ver⸗ wahrung eingelegt wird. Frau Wolfstein sei am Dienstag, als sie mit einer Bekannten, ohne sich in einer größeren Menschenmenge zu befinden, ruhig ihres Weges ging (Lachen rechts), trotz ihres Protestes gegen die Verletzung der Ab⸗ geordnetenimmunität auf die Polizeiwache gebracht worden. Präsident Leinert teilt dazu mit:

Er habe sich auf Grund dieses Schreibens bereits persönlich an den Minister des Innern gewandt und ihm gegenüber betont und das auch in einem Schreiben ausgeführt, daß die Behandlung der Frau Wolf⸗ stein, wenn der angegebene Tatbestand zutreffe, nach seiner Ansicht eine Verletzung der Immunität bedeute, und daß er die sofortige Frei⸗ lassung verlangen müsse. In der heutigen mündlichen Verhandlung 18 ihm mitgeteilt worden, daß die Immunität nicht verletzt sei, weil Ddie Abgeordnete bei Seeüehe einer mit Strafe bedrohten Handlung betroffen sei. (Widerspruch bei den Kommunisten.) hm stehe ein Eingriff gegen das Verfahren nicht zu. Gegen tatsächliche Ver⸗ letzungen der Immunität werde er jederzeit sofort Schritte tun.

Nog Dr. Meyer⸗Föstpreußen (Komm.) fordert einen Beschluß des Hauses darüber, daß gencue Auskunft gegeben werde, ob Frau Wolfstein sich bereits in einer Demonstration befunden habe oder nur auf dem Wege dazu war. Wie in Sachsen und Thüringen, scheine die Feccge auch hier bewußt die Immunität verletzt zu haben. Nach

Kitteilung der Begleiterin der Fran Wolfstein träfen die auf⸗

Hehaupinemen nicht zu. Auch die Rechte des Hauses, die sich

bG „werde seinem

ntrag, Klarheit zu sGasfen, ustimmen müssen. Eventuell müsse der Geschäftsordnungsausschu sich sofort mit der Sache befassen.

Minister des Innern Severing: Ich habe nicht die Ab⸗

estellten Plier und Ludendorffs so warm angenomemn habe

sicht, zu dem Antrag des Abgeordneten Dr. Meyer (Ostpreußen)

Stellung zu nehmen. Ich bin aber verpflichtet, die Polizeiorgane gegen einen Vorwurf des Abgeordneten Dr. Meyer (Ostpreußen) in Schutz zu nehmen, als ob in ihrem Vorgehen der Frau Abgeord⸗ neten Wolffstein gegenüber „eine offene, bewußte Verletzung der

Immunität“ liege. Wie gesagt, diesen Vorwurf muß ich mit aller

Entschiedenheit zurückweisen. Die preußischen Polizeiorgane und ich persönlich haben vor der Immunität der Abgeordneten die aller⸗ größte Achtung (Widerspruch bei den Kommunisten), und ich werde jeden Beamten zur Rechenschaft ziehen, der bewußt die Immunität der Abgeordneten verletzt. Ich glaube aber, ich befinde mich mit der überwiegenden Mehrheit des Hauses in Uebereinstimmung, wenn ich erkläre: die Immunität darf kein Schutzschild für Ver⸗ brechen sein (sehr richtig! rechts), und es wird das ist meine bestimmte Ueberzeugung in der gerichtlichen Untersuchung fest⸗ gestellt werden, daß Frau Abgeordnete Dr. Wolffstein mindestens an der Vorbereitung und àn der Durchführung eines Verbrechens beteiligt war. (Hört, hört! rechts. Zurufe bei den Kommunisten: Welches Verbrechens?) Meine Herren, Sie werden nachher ein klein wenig schweigfamer werden. Ich möchte Ihnen zunächst einen Bericht des Polizeipräsidiums Berlin zur Kenntnis bringen, der objektiv die Vorgänge schildert, die sich gestern zugetragen haben. Der Bericht des Polizeipräsidiums lautet:

Auf eine durch Radek übermittelte Anordnung des Exekutiv⸗ komitees der 3. Internationale hatte die Bezirksleitung Berlin⸗ Brandenburg der K. P. D. für gestern öffentliche Straßenkund⸗ gebungen der Berliner Erwerbslosen angesetzt. Diese Kund⸗ gebungen waren sorgsam vorbereitet, auch durch Ausgabe von

Flugblättern und Anschlagzetteln, die am Montag abend in

Theatern abgeworfen oder an Häuser angeschlagen und gestern vormittag in allen größeren Berliner Betrieben unter der Hand

vperteilt worden waren. Der Vorbereitung dieses Unternehmens galten auch zwei Versammlungen, die eine am Montag abend 7 Uhr, die andere gestern mittag um 1 Uhr, die beide in der Hasenheide bei Kliems stattfinden sollten und beide polizeilich aufgelöst bezw. verhindert worden sind.

Die Erwerbslosen hatten die Anweisung, von ihren Stempel⸗ stellen aus gegen 3 Uhr nachmittags zu den Großbetrieben zu ziehen, die dortigen Arbeiter zur Teilnahme an der Kundgebung zu veranlassen und sich dann mit ihnen in großen geschlossenen

*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden

der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.

Kolonnen von allen Richtungen her zum Lustgarten zu begeben, wo um ½6 Uhr eine Ansprache stattfinden sollte. Ueber das, was dann weiter zu geschehen haben würde, sollte nach Lage der

Sache von der Leitung entschieden werden. Zum Schutz der Kundgebung hatte man den Ordnerdienst der K. P. D. (prole⸗ tarische Hundertschaften) aufbieten wollen. Die Anordnungen für diesen Schutz waren nach Angabe von Ruth Fischer, der eigentlichen Leiterin des Bezirks Berlin⸗Brandenburg

(Lachen bei den Kommunisten), S so getroffen worden, daß es bei der Kundgebung zu einem Zu⸗ sammenstoß mit der Schutzpolizei kommen mußte und sollte. Dieser Zusammenstoß war anscheinend der Hauptzweck der Uebung. Man wollte erproben, ob die Erwerbslosen imstande seien, die Schutz⸗ polizei niederzurennen und lahmzusetzen.

Der Erfolg entsprach nicht den Erwartungen. Die meisten Betriebe lehnten eine Teilnahme ab. Einzelne Züge von Er⸗ werbslosen wurden von der Schutzpolizei schon bei der Bildung, andere nachher beim Anmarsch zum Lustgarten hin auseinander⸗ gebracht. Im Lustgarten felbst hatten sich einige tausend Per⸗ sonen eingefunden; andere sammelten sich in der Breiten Straße, wo sie der anrückenden Schutzpolizei gegenüber aus Brettern und dergleichen eine Barrikade errichteten. Wieder andere Züge zogen die Linden entlang. An all diesen Stellen und auch an anderen Plätzen Berlins, auf denen sich Erwerbslose zusammen⸗ gerottet hatten, gelang es der Schutzpolizei, teils unter An⸗ wendung der Schußwaffe, hauptsächlich aber unter Benutzung von Gummiknüppeln, die Massen auseinanderzubringen. Mehrere Schutzpolizeibeamten sind verletzt worden.

(Hört, hört! rechts.)

Die Zahl der festgenommenen Demonstranten beträgt zur⸗ zeit etwa 80. Unter diesen Festgenommenen befindet sich auch die preußische Landtagsabgeordnete Rosi Wolffstein.

Sie wurde im Lustgarten festgenommen. Ihre Aussage, daß sie sich nach dem Lustgarten lediglich begeben habe, um zu sehen, ob dort tatsächlich demonstriert würde

(Heiterkeit rechts), erscheint unglaubwürdig 8 8

(Widerspruch und Zurufe bei den Kommunisten. und steht im Gegensatz zu den Angaben der beiden bisher zur Sache vernommenen Beamten.

(Andauernde Zurufe bei den Kommunisten.) Herr Abgeordneter

Scholem, hatte nur die B. Z. die Sache angekündigt? (Der Minister

hebt ein Plakat hoch Zuruse bei den Kommunisten.) Ja,

Herr Abgeordneter Scholem, Ihnen möchte ich diese Plakate nicht

geben; aber ich werde sie mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten auf

den Tisch des Hauses niederlegen, um darzutun, daß nicht die B. Z.

allein von der beabsichtigten Kundgebung der Kommunisten in der

Form der, Warnung des Polizeipräsidenten der Bevölkerung Mit⸗

teilung gemacht hat, sondern daß die kommunistische Partei selbst

in der ihr geeignet erscheinenden Weise die geplante Kundgebung bekanntgegeben hat. (Zurufe bei den Kommunisten: Natürlich!) Die Wolfstein befand sich 8 (Zurufe bei den Kommunisten.) Frau Wolfstein befand sich mitten unter den anf der Domseite des Lustgartens befindlichen Demonstranten. Den mehrmaligen Aufforderungen der Beamten, weiterzugehen, ham sie nicht nach. Sie zeigte sich widerspenstig und berief sich darauf, sie sei Abgeordnete. Als sie weiter dort an Ort und Stelle verblieb und sich um sie immer wieder andere Demonstranten scharten, wurde sie festgenommen und mit den übrigen Sistierten zusammen zum Polizeipräsidium geschafft. Daß Frau Wolfstein nicht nur Zu⸗ schauerin war, sondern zu den Leitern der Kundgebung gehört haben muß, ergibt sich aus der Bekundung des einen Beamten, daß nämlich bei der Abdrängung der Menge aus dem Lustgarten aus dieser heraus immer wieder die Rufe ertönten: „Laßt man erst die Wolsstein kommen, die wird den Laden schon schmeißen.“

(Große Heiterbeit. Zurufe bei den Kommunisten.)

Auch steht Frau Wolfstein, die zu den führenden Persönlichkeiten der K. P. D. gehört, in enger persönlicher Verbindung mit der Leiterin der Berliner Zentvale, der bekannten Ruth Fischer, welche die gestrige Kundgebung der Evwerbslosen hauptsächlich in Szene gesetzt hat. .

. Die Immunität der Frau Wolfstein als Abgeordnete kommt nicht in Frage, da sie bei der Teilnahme an der Kundgebung, also auf handhafter Tat festgenommen worden ist. Die Kund⸗ gebung, so wie sie sich abgespielt hat, enthält die Tatbestands⸗ merkmale des Landfriedensbruchs und des Aufruhr 8

(Lachen bei den Kommunisten) . und bildet außerdem einen Verstoß gegen die §§ 1 und 3 der Ver⸗ ordnung des Befehlshabers im Wehrkreise III vom 28. September dieses Jahres.

Frau Wolsstein wird mit den anderen in dieser Sache Fest⸗ genommenen nach Abschluß der polizeilichen Ermittelungen dem Vernehmungsrichter zugeführt werden. Eine Entlassung ist nicht angängig, da Fluchtverdacht vorliegt.

(Große Heiterkeit und Zurufe bei den Kommunisten.)

Die Kommunistische Partei hat sich illegal eingestellt und alle ihre Führer, mit Ausnahme der durch die Abgeordneten⸗ Immunität Geschützten, halten sich schon seit längerer Zeit ver⸗ borgen. Es ist also anzunehmen, daß auch Frau Wolfstein, wenn sie nicht in Untersuchungshaft genommen wird, alsbald in die Verborgenheit untertaucht.

(Lachen bei den Kommunisten.)

Außerdem ist Verdunkelungsgefahr vorhanden. Die polizeilichen Ermittelungen erstrecken sich auch nach der Richtung hin, wer außer den Vorgenannten sonst noch für diese Erwerbslosenkund⸗ gebung verantwortlich gewesen ist. Diese Ermittelungen könnten durch eine Freilassung der Frau Wolsstein gefährdet werden, .

(Lachen bei den Kommunisten) B

die übrigens und das ist für die Sachlage bezeichnend im Augenblick ihrer Verhaftung einer unbekannt gebliebenen Be⸗ gleiterin, deren Namen sie nicht nennen will, eine kleine Hand⸗ basche zugesteckt hatte, ehe dies polizeilich verhindert werden konnte.

(Zurufe bei den Kommunisten.) 8

Nun, meine Damen und He ten, gestatten Sie mir noch ein paar weitere Bemerkungen. Als ich zu Beginn dieses Berichtes

die Tatsache feststellte, daß die

Dritten Internati 1

*

von der Kommunistischen Partei das durch Zurufe bezweifelt (Zu⸗ rufe bei den Kommunisten) oder direkt in Abrede gestellt. (Erneute Zurufe bei den Kommunisten.) Der Polizei ist in den letzten Tagen ein Brief in die Hand gefallen, dessen Echtheit wohl auch die Herren von der Kommunistischen Partei nicht bestreiten wollen ein Brief, der an Herr Sinojeff in Moskau gerichtet war, aber ein Brief, „der ihn nicht erreichte“. (Zuruf bei den Kom⸗ munisten.) Nein, von der Ruth Fischer. Der Brief ist zur Beurteilung der Tätigkeit der Deutschen Kommunistischen Partei so wertvoll, daß ich, glaube ich, eine Unterlassungssünde begehen würde, wenn ich ihn nicht der größeren Oeffentlichken zur Kenntnis bringen wollte. In diesem Briefe, der das Datum vom 19. November trägt, heißt es:

An die Bezirksleitung der Berliner Organisation der K. P. D.] Werte Genossen!

Die Delegation des Exekutivkomitees hat mich beauftragt, Euch mitzuteilen, daß sie mit tiefster Besorgnis die Untätigkeit der Berliner Organisation verfolgt. 8

(Hört, hört!) 1 . Die Berliner Organisation hat nicht nur für verfehlt erklärt, daß die K. P. D. Ende Oktober dem bewaffneten Kampfe aus⸗ gewichen ist, die Vertreter der Berliner Organisation haben noch am 10. November vorgeschlagen, daß am 13. November der bewaffnete Aufstand proklamiert wird (Vorschlag der Gen. R. im Kopf!). Und obwohl Ihr dadurch bekundet, daß Ihr die revolutionäre Energie der Massen so hoch schätzt, kann die Berliner Organisation nicht zur geringsten Aktivität angetrieben werden. Am 9. November keine Demonstration, am 13. auch keine, obwohl sie beschlossen wurde. Euer Vertreter im Kopf spricht zuerst gegen die Taktik der Demonstrationen. Aber er laßt sich überzeugen und stimmt für das Zirkular der Zentrale, das die Demonstrationen als wichtigstes Mittel des Kampfes für die nächsten Wochen angibt. Aber es vergehen Tage, und die Berliner Organisation, die den Aufstand wollte, ist nicht im⸗ stande, die Demonstration zustande zu bringen. Ja sogar so k. eine Mittel, wie das Herunterwerfen der Aufrufe in Kinos und Theatern, die für uns von größter Bedeutung sind, weil wir aus der Oeffentlichkeit verschwunden sind, werden von ECuch troß allem Drängen nicht in Anwendung gebracht. Nachdem Sachsen aufgehört hat Aktion zu dienen, (lebhaftes Hört, hört!) ist es Berlin. Durch die Unfähigkeit, die Berliner Organisation

als Ausgangspunkt der

ins Treffen zu bringen, ladet Ihr auf Euch die Verantwortung

für die Unaktivität der Gesamtpartei. Heute, am 20. Novmber, tritt der Reichstag zusammen, der die Ohnmacht der bürgerlichen Politik und die Macht des Säbels demonstriert. Das Schweigen der Berliner Parteiorganisation in diesem Moment bedeatet die Demonstration der Ohnmacht des Proletariats. Die Delegation des Exekutivkomitees beschloß darum:

1. Die Reichstagsfraktion der K. P. D. hat in der ersten Sitzung des Reichstags am 19. eine solche Stellung einzunehmen, daß sie mit Gewalt aus der Sitzung entfernt wird. 8

(Stürmische Heiterkeit und Aha⸗Rufe.) v“

2. Die Berliner Organisation der K. P. D. hat Donnerstag gegen den Abend die Berliner Parteigenossen und wo möglich große Teile der Arbeiterschaft zur Demonstration im Zentrum

der Stadt (nicht vor dem Reichstag) aufmarschieren zu lassen unter den Losungen: Nieder die Regierung Stresemann, nieder die Diktatur Seeckt, es lebe die proletarische Diktatur!

3. Die Zentvale hat Vorbereitungen zu treffen zur Organi⸗ sation großer Massendemonstvationen unter der Losung: Arbeit, Brot, Freiheit, Hilfe den Ruhr⸗ und Rheinarbeitern!

Diese Beschlüsse müssen ausgeführt werden. Die Delegation des Exekutivkomitees fordert die Ueberwindung aller Hindernisse, Die Partei muß aus der Inaktivität heraus.

Im Auftrage der Delegation des Exekutivkomitees.

88 Anton Radek. (Zurufe bei den Kommunisten.) Der Veranstalterin, der Leitung im Kopf der K. P. D., erschien dieser kategorische Befehl Moskaus nicht ausführbar. Die Leiterin, das ist Ruth Fischer, hat deswegen dem „Genossen Anton“, dem Herrn Radek, folgende Antwort ge⸗ schrieben:

27

Werter Genosse Anton!

Ich erhielt Mittwoch früh durch den Genossen Nikolaus Ihren Brief, der die Beschlüsse der Vertretung der Exekutive enthielt.

(Heiterkeit bei den Kommunisten.) Wir hatten schon Dienstag zu Euver Forderung, Donnerstag eine Demonstration zu machen, Stellung genommen und ein⸗ stimmig, mit Einschluß des Genossen Nikolaus, diese Forderung als für Donnerstag praktisch undurchführbar abgelehnt. (Zurufe bei den Kommunisten.) te Ihnen dazu einige Tatsachen mitteilen, damit diese Er r Demonstration nicht in künftigen Debatten hier oder in Moskau gegen die Linken ausgenützt werden kann: Ich mache darauf aufmerksam, daß Frau Fischer besorgt ist, daß die zögernde Taktik der Berliner Kommunisten einmal in Moskau⸗ gegen die linke Richtung in der Kommunistischen Partei ausgenutzt wird. (Zuruf bei den Kommunisten: Was Sie alles wissen!)

1. Die Arbeiterschaft in Berlin ist demonstrationsmüde, und es bedarf einer zähen Arbeit der Partei, um diese Stimmung um⸗ zubiegen.

2. Die Bezirksleitung und der Zentralvorstand Berlin⸗ Brandenburg bereiten seit einer Woche angestrengt eine Demon stration gegen den Hunger für Dienstag, 27. November, vor.

(Hört, hört!) * —Alle Betriebszellen, alle Parteizellen sind mobilisiert, unter den

Erwerbslosen wird eine besonders intensive Agitation getrieben.

(Bravo! bei den Kommunisten.)

Montag, 26. November, findet eine illegale Betriebsrätevollver“ sammlung statt, wo sicherlich 2000 Betriebsräte anwesend sein werden, die den Beschluß zur Demonstration fassen. Wir haben außerdem durch besondere Frauenagitation, ferner durch Agitation mit den Kriegsopfern versucht, der Demonstration einen möglichst breiten Raum zu geben, unter der Losung: Gegen den Hungen gegen die Erwerbslosigkeit, für Brot und Arbeit!

Die Stimmung ist nach wie vor sehr gegen Demonstrationem, aber wir hoffen zuversichtlich, die Sache überwinden zu können und am Dienstag wirklich Massen auf die Beine zu bringen⸗ Wir haben auch ebenso Anordnungen für den

gchutz der Demonstration gegeben, welche ganz hestimmt zu schweren Zusammenstößen führen wird.

(ört, hört! Zurufe bei den Kommunisten.)

; 3. Wenn wir die Demonstration für Donnerstag abgelehnt haben so aus folgenden Gründen:

a) interessiert die Reichstagstagung und alles, was sich dort abspielt, keinen einzigen Arbeiter in Berlin und im Reiche.

Eehr richtig! bei den Kommunisten.)

b) wäre es uns vom Dienstag aus, wo wir die Ver⸗ ständigung bekommen haben, technisch unmöglich gewesen, beim jetzigen Zustand der Arbeit in den Fabriken auch nur mit der Nachricht der Demonstration einzudringen, da Mittwoch Bußtag war, wo nicht gearbeitet wurde.

Ein neuerlicher Mißerfolg aber am Donnerstag, der bei der Ausführung des Befehls unvermeidlich gewesen wäre, hätte uns jede Aussicht auf das Gelingen der Dienstag⸗ Demonstration genommen.

Die Verantwortung für die Inaktivität der Gesamtpartei und somit des Proletariats fällt unserer tiefen Ueberzeugung nach nicht auf die Berliner Organisation, sondern auf die Politik der Gesamtpartei, die zu der katastrophalen Lage geführt hat, in der wir uns momentan befinden.

Mit kommunistischem Gruß! Ruth Fischer.

(Zurufe bei den Kommunisten.) 8

Meine Damen und Herren von der Kommunistischen Partei, gerade Ihnen möchte ich nun noch etwas besonderes zur Kenntnis bringen. (Zuruf bei den Kommunisten: Nikolaus hat einen weiteren Brief geschrieben!) Nicht Nikolaus, aber Ruth Fischer! (Aha!) Ruth Fischer schreibt:

Werter Genosse Sinowjew! Ich schreibe Ihnen heute, weil in den letzten Wochen die Situation innerhalh der Zentrale und da⸗ durch in der Partei unhaltbar geworden ist. Der kritische Brief der Exekutive hat eine Debatte ausgelöst, aus der für uns klar hervorgeht, daß diese Zentrale unfähig ist, auch nur einen einzigen begangenen Fehler ein⸗ zusehen und die Konsequenzen daraus zu ziehen. Das Verhältnis zwischen der Berliner Organisation und der Zentrale ist ein einziger Kampf in jeder politischen, aber auch in jeder organisatorischen Frage. Bei der schwierigen finanziellen Lage müssen wir um jedes Flugblatt, um jede not⸗ wendige Ausgabe eine Unmenge von Energie aufbringen, die besser für andere Dinge Verwendung fände. Das alles in einer Lage, in der die Militärdiktatur täglich frecher wird, täglich Dutzende von Genossen aus den Betrieben in Schutzhaft ge⸗ nommen werden, die Ueberleitung des Kabinetts Stresemann in eine offene Rechtsdiktatur nur eine Frage von Tagen ist und die Stimmung im Proletariat im wesent⸗ lichen meiner Ueberzeugung nach durch das Versagen der K. P. D. sehr passiv, sehr deprimiert, sehr zerbrochen ist. Trotz der momentan sür uns sehr schwierigen Situation hat auf der anderen Seite der Hitler⸗Putsch gezeigt, daß die Kräfte der Reaktion nicht über⸗ trieben werden dürfen und daß bei Vorhandensein einer revo⸗ lutionären, kampfbewußten und zielbewußten Partei das deutsche Proletariat vielleicht in sehr kurzer Frist wieder zum Angriff übergehen kann. Aber wenn das mit der Partei so weiter geht wie bisher, dann werden wir jede Situation, und sei sie noch viel günstiger als nach dem Cuno⸗Streik, verpassen. Ich und meine Freunde glauben, daß trotz aller Bedenken, die dem ent⸗ gegenstehen könnten, kein Ausweg bleibt, als daß die Exekutive, und zwar Sie, Genosse Sinojew, und nicht Radek, der hier in Deutschland ist, die deutsche Frage noch einmal prüfen und uns einen Weg der Lösung vorschlagen.

Wir, als Leitung der Berliner Organisation, können zum Genossen Radek gegenwärtig als Ordner der Parteiangelegen⸗ heiten sehr wenig Vertrauen haben, da er bei jeder Gelegenheit erklärt, er sei zu 99 vH mit Brandler einverstanden. Wer zu 99 vH mit Brandler einverstanden ist, wird die K. P. D. nicht gesund machen.

Deshalb rege ich bei Ihnen an, ob Sie nicht eine ziemlich breite Parteidelegation der K. P. D. nach Moskau einladen möchten, um über die politischen, als auch organisatorischen Fragen der absolut notwendigen Umstellung der Partei zu ver⸗

handeln und die Frage des Parteitags mit ihnen gemeinsam zu prüfen. An einer solchen Delegation sollten sich unserer Auf⸗ fassung nach beteiligen: 1. eine Delegation der Zentrale, in der alle Gruppen vertreten sind, in der aber auch unbedingt

Brandler vertreten sein muß, 2. von den Bezirken Hamburg, Berlin, Ruhrgebiet und Sachsen je ein bis zwei Vertreter, und swar von Sachsen ein Vertreter der Parteimehrheit und der Parteiminderheit, also auch einer von den sächsischen Genossen, die von Anfang an gegen die sächsische Politik gewesen sind (z. B. die Mehrheit der Bezirksleitung Westsachsens!). Diese Delegation würde zehn bis zwölf Mann umfassen, deren Entfernung von Deutschland sicherlich für die jetzige Parteiarbeit sehr schmerzlich wäre. Aber noch unterträglicher ist der jetzige Zustand. Wir werden morgen dem Zentralvorstand vorschlagen, ein Telegramm an Sie zu senden mit dem Ersuchen, eine derartige Delegation nach Moskau zu berufen.

Dann folgt in diesem Briefe noch die Mitteilung, daß Radek sich

ufe bei den Kommunisten: Weiterlesen!) beschwerdeführvend an

die Bezirksleitung Berlin⸗Brandenburg gewandt habe, daß die

Demonstration nicht auf Geheiß der Moskauer Zentrale gemacht

wurde, und Mitteilung von der Antwort, die Ruth Fischer dem

Herrn Radek gesandt hat.

Sie haben soeben in einem Zwischenrufe gefragt, was dies alles mit der Verhaftung der Frau Abgeordneten Wolsstein zu tun hat. Nun, meine Damen und Herren, wenn man weiß und ich weiß das amtlich —, daß Frau Rosi Wolfstein in engstem Konnex mit Frau Ruth Fischer steht (Lachen bei den Kommunisten), daß Frau Wolfstein noch im August dieses Jahres der Leitung der Kommunistischen Partei Berlin⸗Brandenburg angehört hat, dann werden Sie, meine Damen und Herren, es den amtlichen Stellen nicht verübeln, wenn sie aus dieser Kenntnis, aus diesen Er⸗ fahrungen die notwendigen Schlußfolgerungen ziehen und nicht daran glauben wollen, daß sich Frau Wolffstein gestern um 6 Uhr rein zufällig im Lustgarten befunden hat. (Lachen und Wider⸗ spruch bei den Kommunisten.)

Meine Herren, es handelt sich bei diesen Aufzügen der Kom⸗

munistischen Pariei gar nicht um bloße Demonstrationen, sondern es handelt sich um eine Generalprobe zu einem bewaffneten Auf⸗ stand großen Stils. (Sehr wahr!) Ich glaube, meine ganze Amts⸗ führung schützt mich vor dem Verdacht, daß ich etwa Kleinigkeiten aufbausche. Ich habe wiederholt gerade von dieser Stelle aus davor gewarnt, kleine Unregelmäßigkeiten und Zwischenfälle so zu übertreiben, daß im Lande eine große Beunruhigung entstehen könnte, weil ich der Meinung bin, daß unsere politisch und wirt⸗ schaftlich ungesunden Zusrände nicht zuletzt eine Folge der Ner⸗ vosität sind, die seit einigen Jahren unser Volk krank gemacht hat. Was sich aber in den letzten Tagen durch Haussuchungen und durch andere Nachsorschungen besonders in den Cebieten der Kom⸗ munistischen Partei gezeigt hat, das läßt doch keinen Zweisel mehr daran aufkommen, daß die Kommunistische Partei seit einiger Zeit zum bewaffneten Aufstand rüstet. (Lebhaftes Hört, hört!) Ich bitte, einige Waffen auf den Tisch des Hauses niederlegen lassen zu dürfen. (Unter großer, fortgesetzt steigender Unruhe des Hauses und lebhaften Rusen der Kommunisten werden von einigen Amts⸗ gehilfen Maschinengewehre, Gewehre, Tankabwehrgewehre, Mauser⸗ pistolen, Parabellumpistolen, Armeerevolver, Leuchtpistolen, Spreng⸗ kapseln. Munition usw. auf den Tisch des Hauses niedergelegt. Abg. Kilian: Ich werde mal die Flinten vorführen, die Ihre Parteigenossen haben! Andauernde große Unruhe. Glocke des Präsidenten.)

Meine Herren, ich werde gefragt, ob das alle Waffen seien. (Zuruf bei den Kommunisten: Nein!) Ich will mich darauf be⸗ schränken, von jeder Waffenart sagen wir: als Stichprobe je ein Exemplar den Mitgliedern des Hauses zur Ansicht zu bringen. Diese Waffen stammen aus den Lagern, die zumeist vom 15. No⸗ vember bis heute ausgehoben worden sind. Es sind unter anderem gefunden worden 10 Tankabwehrgewehre, 1100 fabrikneue Mauser⸗ pistolen (hört, hört!), etwa 2 Dutzend schwere Maschinengewehre, 500 Karabiner, und, meine Herren, wenn Sie sich die Munition ansehen. die ebenfalls auf den Tisch des Hauses niedergelegt ist, so werden sie finden, daß die normalen Geschosse durch Eingriffe zu Dumdumgeschossen gemacht worden sind. (Rufe rechts: Pfui! Wie gemein! Zuruf bei den Kommunisten: Das hat Nikolaus gemacht! Glocke des Präsidenten.) Die Polizeiverwaltung in Berlin hat Anlaß zu der Annahme, daß sie in den nächsten Tagen noch mehreve solcher Lager ausheben wird. Ich teile diese Auf⸗ fassung durchaus und füge hinzu, daß Rüstungen und Vorberei⸗ tungen nicht allein in Berlin, sondern fast in allen Gebietsteiten⸗ Preußens beobachtet worden sind. (Hört, hört!) Angesichts dieser Tatsache hat die Staatsregierung die Pflicht, allen Anfängen mit aller Entschiedenheit entgegenzutreten. (Sehr richtig!) Ich hätte es für viel mutiger gehalten, wenn Sie (zu den Kommunisten) sich ausnahmslos zu diesen Vorbereitungen bekannt hätten, als daß Sie heute die Methode anderer Verschwörer nachmachten (Zuruf bei den Kommunisten: Warten Sie abl) und erklärten, Sie seien nur zufällig dabei gewesen. (Zuruf bei den Kommunisten: Das hat niemand behauptet. Andauernde Unruhe. Glocke des Präsidenten.) 1b

Ich habe diesen Darlegungen nichts weiter hinzuzufügen. Ich bitte Sie, meine Herren von der Kommunistischen Partei, sich nicht meinen Kopf zu zerbrechen, ob diese Rede heute hier mein Schwanen⸗ gesang ist. Ob ich heute hier zum letztenmal stehe oder weiter amtiere, ist für meine Verpflichtungen und für meine Pflichterfüllung ganz gleichgültig. (Bravol bei der Vereinigten Sozialdemokratischen Partei.) Ich würde eine schlechter Polizeiminister sein, wenn die politische Unsicherheit im Reich und in Preußen mich auch nur eine Minute in der Pflichterfüllung wankend machen würde. (Bravol bei der Vereinigten Sozialdemokratischen Partei und im Zentrum.) Meine Damen und Herern, wenn es den Kommunisten gelingen würde, die Arbeitermassen vor die Gewehre, vor die Kanonen der Reichswehr und der Polizei zu treiben, dann würden wir durch ein derartiges Blutbad in Deutschland den letzten Rest von moratischem Kredit verlieren, den wir im Inlande und Auslande zum Wiederauf⸗

bau unseres Volkes gebrauchen. (Lebhafter Beifall bei der Vereinigten

Sozialdmokratischen Partei. Lebhafte Zurufe bei den Kommunisten.)

Die Schulz⸗Neutbölln Lärm ihrer Frattion räsin holt mit Ordnungsrufen einschreitet, die sofortige Zesprechung der Rede des Ministers. Da diese Forderung die vorschrifts⸗ mäßige Unterstützung von 15 Mitgliedern findet, wrd die Be⸗ veMa. eröffnet, während ein großer Teil der Mirglieder des

uses den Saal verläßt.

Abg. Dr. Meyer⸗Ostpreußen (Komm.): Herr Severing hat von Maschinengewehren, Dum⸗Dum⸗Geschossen und allem möglichen gesprochen, hat aber nicht beweisen koönnen, daß Frau Wolfstein irgendwie damit in Zusammenhang ban Frau Wolfstein ist gar nicht Mitglied der Berliner Bezirksleitung. 8 der Redner von Schwindeleien und Dummheiten des Ministers spricht, wird er mehr⸗ mals zur Ordnung gerufen.) Der Redner fordert das Protetariat auf, sich trotz des Verbots zu bewaffnen. (Am Schluß der Rede stimmen ie Kommunisten in stürmische Rufe: Nieder mit Severingl ein.)

Abg. Heilmann (Soz.) erklärt, daß das Rüsten zum be⸗ waffneten Aufstand, ob von rechts oder links, ein Verbrechen am Volke sei, wogegen eine geordnete Staatsgewalt mit allen Macht⸗ mitteln einschreiten müsse. (Lärmende Unterbrechungen bei den Kommunisten. Prasident Leinert bittet wiederholt, Ruhe zu halten.) Der Abgeordnete Dr. Meyer hat das Material des Mi⸗ nisters im wesentlichen bestätigt und zugegeben, daß die Kommunisten den bewaffneten Aufstand wollen. Dadurch ist der Standpunkt des Ministers gegeben. (Erneuter Lärm bei den Kommunisten.) Im Kampfe gegen das Bestreben, die Arbeiter vor die Maschinengewehre zu treiben, ist die Politik der Sozialdemokratie, ob innerhalb oder gußerhalb der Regierung, die gleiche. Der Redner beantragt, den Fall Wolfstein dem Geschäftsordnungsausschuß zu überweisen, der eine Entscheidunga treffen werde im Sinne der Wahrung der Immunitat und der Wahrung des inneren Friedens. (Großer Lärm bei den Kommunisten.)

Abg. Scholem (Komm.) betont, die Berliner Organisation der Kommunistischen Partei Deutschlands und Ruth Fischer hätten in allen politischen Fragen dieselbe Haltung eingenommen wie die Gesamtleitung der Kommunistischen Partei Deutschlands. Der zuerst vom Minister verlesene Moskauer Brief sei offenbär gefälscht. Das Verbot der Kommunistischen Partei Deutschlands e für kommunistische Demonstrationen. Die Kommufffflische Partei bereite in der Tat die Revolution des Proletariats gegen die Diktatur der Bourgeoisie vor. Severing als Polizeiminister der Stinnes⸗ koalition werde auch mit seiner e. Sen Kommunisten nicht dem Fußtritt der Bourgeoisie entgehen. ir verzichten auf eine Einheitsfront mit Heilmann, Ebert und Severing; aber wir bleiben in der Einheitsfront mit den sozialdemokratischen Arbeitern, die von diesen konterrevolutionären Führern nichts wissen wollen. (Beifac bei

Abgg. Dr. Meyer⸗Ostpreußen (Komm.) und (Komm.) fordern unter andauerndem nossen, gegen die der Präsnent wieder⸗

. Z“ ,u. 8 8

Ein Schlußantrag wird gegen die Kommunisten angenommen. Der Antrag auf Haftentlassung der Abg ord⸗ neten Woifstein geht an den Geschäftsordnungsausschuß.

Bei der Beratung einer Verordnung, betr. Schutzmaß⸗ nahmen gegen das epidemische Auftreten der spinalen Kinderlähmung im Regierungsbezirk Breslau, wünscht der Abgeordnete Weyl (Soz.) die Ausdehnung der Verord⸗ nung auf das ganze Staatsgebiet. Die Angelegenheit wird dem Ausschuß für Bevölkerungspolitik überwiesen.

Nach debatteloser Erledigung mehrerer Ausschußberichte werden bei schwachbesetztem Hause die Vorlagen über Aende⸗ rung der Auf sichtsbefugnis im Feuerversiche⸗ rungswesen und über Aenderung der Amtsgerichts⸗ bezirke Deutsch⸗Krone und Märtisch⸗Fried⸗ land endgültig angenommen.

Als Berichterstatter des Hauptausschusses beantcagt hierau der Abgeordnete Dr. s aßbender (Bentr.), das ministerium möge zur Unterstützung privater ge⸗ öu“ Wohlfahrts⸗ und Wohltätig⸗ keitsanstalten auferordentliche Mittel bereitstellen, aus denen auf Antrag Beihilfen zu den vom Reiche gewährten

zuschüssen gewährt werden können. Der Antrag wird debatte⸗ sos angenommen. das

Ferner stimmte Haus dem Ausschußantrag zu den Ausführungsbestimmungen zum Tuberkulose⸗ gesetz zu, daß eine Pflicht zur Meldung für den zugezogenen Arzt nur dann besteht, wenn nach ärzt⸗ lichem Urteil ein Krankheitsfall als tatsächlich ansteckend be⸗ trachtet werden muß, und daß ge. die Mitteilung der bakteriologischen Untersuchungsstelle an die Meldestelle nicht zur Strafverfolgung gegen den Arzt benutzt werden kann.

Annahme fand auch der Ausschußantrag, für Instand⸗

etzung der staatlichen, Le der orstlichen Gebäude eusreichend⸗ ittel zur Ver⸗ ügung zu stellen und Vorsorge gegen vollständigen Verfall zu treffen, sowie der Antrag, für Schulbauten die Mittel bedeutend zu erhöhen. Ferner soll das Staats⸗ ministerium ersucht werden, die Oberschulräte, dem Umfang und der Bedeutung ihres Amtes ent,prechend, höher Ieasrufen. Durch eine Aenderung des Volksschullehrer⸗ Diensteinkommengesetzes sollen die mit Volksschulen ver⸗ bundenen sogenanten gehobenen Klassen bzw. ihre Lehrkräfte in der Aufrückun s⸗ und Beförderungsmöglichkeit den Mittel⸗ schulen bezw. ittelschullehrern gleichgestellt werden. Für hauptamtliche Lektoren an den Universitäten e. im Haushalt 1924 unter Berücksichtigung der örtlichen erhältnisse pensionsberechtigte Stellen, gegebenenfalls als Studienräte, geschaffen werden. Ein Gesetz soll ferner vor⸗ bereitet werden, daß die Aufbringung der Lasten für das gesamte höhere Schulwesen unter Berücksichtigung der neuzeitlichen Verschiebungen in der Leistungsfähigkeit von Staat und Städten neu verteilt.

Bei Feststellung der Tagesordnung für die nächste Sitzung

die Kommunisten, daß eine Anzahl. kommunistischer nträge am Donnerstag beraten wird, und daß eine große politische Aussprache, insbesondere über die innere Politik, ferner die Anträge über die Rheinlandfrage und über die Wucherverordnung usw. an erster Stelle auf die Tages⸗ ordnung gesetzt werden. Die Anträge werden abgelehnt.

„Nächste Sitzung Donnerstag, den 29. November, 12 Uhr:

Kleine Vorlagen. Schluß 8 Uhr 45 Minuten.

Parlamentarische Nachrichten. 8

Der Unterausschuß des Reichswirtschaftsrats für Landwirtschatt und Ernährung hat gestern laut Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deuticher Zeitungsverleger folgende ursprünglich auf einem Antrag der Arbeitnehmer (Baltrusch, Kreil) beruhende Entschließung einstimmig angenommen:;

Der Unterausschuß lenkt das Augenmerk aller für die deutsche Wirtschaft verantwortlichen Kreise aur die vieltach zu hoch angesetzten Goldpreise. Diese zu hohen Goldpreise müssen schleunigst, abgebaut werden, da andernfalls eine Konkuxrenz mit dem Auelande auch in Zukunft unmöglich ist. Der Innenmarkt ist ebenfalls nicht genügend aufnahmefähig, da der frühere, rentenbeziehende Mittelstand ent⸗ eignet und die breiten Schichten der Bevölkerung bei den hohen Goldpreisen noch nicht kaufkräftig genug sind. Mit der Verterlung der Goldzablungemittel, die beschleunigt werden muß, und mit der Beseitigung künstlich zu niedrig gebaltener Einheitskurse muß einber⸗ gehen der sofortige Abbau der Risitoprämien und der zu hoben Hrund⸗ preise. Es tritt sonst sotort die Entwertung der wertbeständigen Zahlungemittel ein und es beginnt eine neue fürchterliche Inflations⸗ periode. Die Warenverzeichnisse müssen überall im Reiche in Gold für alle Waren durchgesührt werdeu. Regierung und Wirtichafts⸗ führung tragen besonders in dieser Uebergangsperiode für die Ein⸗ der Wiedergesundung der Wirtschaft eine Verantwortung wie nie zuvor.

„Bealtrusch führte zum Beweise an, daß die Löhne und Ge⸗ hälter gegenwärtig bestentalls der Hälfte des Friedensnominallobns entsprechen. Die Spanne, die z. B. beim Fleisch am Berliner Vieh⸗ martt und dem Preise im Kleinverkauf besteht, errechnete er auf 200 bis 300 %. Beim Weizenmehl berechneten die Mühlen in Gold gegenüber dem Friedenspreise 50 bis 100 % mehr. Der Meblgroß⸗ handel nehme Aufschläge, die etwa das Dreifache der Spanne in Gold der Friedenszeit betrügen. Für Fische zahlten wir jetzt in Gold das Fünffache des Friedenspreises und darüber. Als Mittel gegen diese Preissteigerungen empfahl der Redner die schleunigste Versehung der Gesamtwirtschaft mit Rentenmark und Zurückziehung der Papiermark, rücksichtslose Anwendung der Kartellverordnung und Anordnung von Goldhöchstpreisen vom Erzeuger ab. Zum Schluß betonte er die Notwendigkeit einer möglichst raschen Herabletzung der unnatürlich hohen Goldpreise, sonst werde das ganze Erwerbsleben

„Der Aeltestenrat des Preußischen Landtags beriet gestern über die Geschäftslage. Es sollen noch heute und morgen Vollsitzungen stattfinden zur Beratung kleiner Vorlagen. Dann soll eine Pause eintreten bis zum Dienstag der kommenden Woche. Ueber die Frage, ob und wann eine große politische Aus⸗ sprache stattfinden soll, wurde ein Beschluß noch nicht gefaßt.

Nr. 47 der „Veröffentlichungen des Reichs⸗ gesundheitsamts“ vom 21. November 1923 hat folgenden Inhalt: Gang der gemeingefährlichen Krankheiten. Zeitweilige Maßregeln gegen gemeingefährliche Krankheiten. Gesetzgebung usw. (Mecklenburg⸗Strelitz). Apothekenbetrieb an Sonn⸗ und Festtagen. Tierseuchen im Auslande. Geschenkliste. Wochentabelle über die Geburts⸗ und Sterblichkeitsverhältnisse in den 46 deutschen Großstädten mit 100 000 und mehr Einwohnern. Desgleichen in einigen größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen an übertragbaren Krank⸗ heiten in deutschen Léändern. Witterung. b