7. Die in Nummer 5 und 6 vorgesehenen Gebühren werden von der Reichsmonopolverwaltung jeweils besonders bekanntgemacht.
8. In den Fässern der Beferstelle darf Branntwein nicht vergällt werden, andernfalls der Abnehmer für den Schaden aufzukommen hat, der durch die widerrechtliche Benutzung der Fässer zur Vergällung unmittelbar oder mittelbar entsteht. I“ 4
9. Gelatinierte Fässer dürfen nicht mit Wasser gespült werden und 8 sofort nach Entleerung durch sorgfältigen dauerhaften Ver⸗ schluß vor dem Eindringen von Feuchtigkeit zu schützen. Für alle durch Verstöße gegen diese Bestimmung entstehenden unmittelbaren oder mittelbaren Schäden ist Abnehmer haftbar, zum mindesten jedoch
für die Kosten der Neugelatinierung. .“ VI. .1. Falls der Branntwein mit Begleitschein versandt werden soll wird der Begleitschein von der Lieferstelle ausgeschrieben; dabei ist in jedem Falle der Abnehmer Begleitscheinnehmer. Die Liefer⸗ stelle gibt in seinem Namen die Annahmeerklärung ab und vollzieht die sonst noch für ihn als Begleitscheinnehmer erforderlichen Unter⸗ schriften. .2. Ueber die Berechtigung zum Bezuge von Branntwein zu einem ermäßigten Verkaufpreise ist guf Verlangen der Lieferstelle Nachweis durch eine zollamtliche Bescheinigung zu erbringen, die der Lieferstelle einzusenden ist.
Für die Berechnung gilt die vor dem Versand durch die Zoll⸗
beamten oder durch die Lieferstelle ermittelte Weingeistmenge. 8 1 VIII.
Mängelrügen können nur berücksichtigt werden, wenn sie un⸗ verzüglich nach Ankunft der Sendung unter gleichzeitiger Einsendung einer in Gegenwart eines Zeugen entnommenen Probe des beanstan⸗ deten Branntweins an die Lieferstelle erfolgen.
IX. Der von der Lieferstelle bezogene Branntwein ist ausschließlich im eigenen Betriebe des Abnehmers zu verarbeiten, soweit nicht die Reichsmonopolverwaltung Ausnahmen 1““” zugelassen hat. Den Trinkbranntweinherstellern ist gestattet, an Privatpersonen für häusliche Zwecke unverarbeiteten Sprit in Mengen bis zu je ein Liter monatlich abzugeben. X
1. Die Rei smonopolverwaltung ist berechtigt, für Fehlmengen, die sich bei der Schlußabfertigung des mit Begleitschein versandten Branntweins ergeben und von den Abfertigungsbeamten nicht, un⸗ berücksichtigt gelassen werden, sofortige Sa a. Sen des Unterschiedes vwischen dem berechneten ermäßigten Verkaufpreise und dem regel⸗ mäfsigfn Verkaufpreise für die gesamte Fehlmenge vom Abnehmer hn ordern. Der Abnehmer kann unter genauer Ängabe der Ursa r die entstandene Fehlmenge bei der Reichsmonopolverwaltung für Branntwein, Verwertungsstelle, Berlin W. 9, Schellingstraße 14/15, Stundung beantragen. Der Abnehmer ist verpflichtet, zwischenzeitlich die ihm obliegende Inanspruchnahme der Eisenbahn oder des sonst kür die entstandene Fehlmenge haftenden Dritten zu betreiben.
Für Mehrmengen, die sich bei der Schlußabfertigung etwa ergeben, hat der Abnehmer den sofort fälligen, der betreffenden Lieferung zugrunde liegenden Kaufpreis an die Kasse der Reichs⸗
monopolverwaltung. Berlin W. 9, Schellingstraße 14/15, zu bezahlen. XI.
Mündliche Abreden haben nur Geltung, wenn sie schriftlich
bestätiat sind. XII.
Ein Verstoß gegen die Bezugsbedingungen zieht nach § 109 des Gesetzes über das Branntweinmonopol eine Geldbuße (Sicherungs⸗ veld) nach sich, deren Höhe das Reichsmonopolamt bestimmt.
XIII.
„ Diese Bestimmungen treten am 1. Juni 1924 in Kraft. Gleich⸗ zeitig werden die bisherigen Bezugsbedingungen aufgeboben. Für die bis zum Tage des Inkrafttretens dieser Bestimmunga noch nicht aus⸗ veführten Bestellungen bleiben die alten Bezugsbedinaungen bestehen.
Berlin, den 20. Mai 1924.
Reichsmonopolverwaltung für Branntwein. Steinkopff. 6
Bezugsbedingungen Pranntweinmitdem allgemeinen Mittel IIt (faßweiser Bezug vo ändler⸗ 1 firmen). 8 1 u““ 1 Bestellungen sind mit Einschreibebrief an die für den Abnehmer zuständige Lieferstelle der Reichsmonopolverwaltung zu richten.
II. 1. Die Zahlung ist gleichzeitig mit der Bestellung an die Liefer⸗ Relle zu leisten.
2. Wertbeständige Zahlungsmittel werden bis auf weiteres zum Nennwert in Zahlung genommen. Papiermarkzahlungen werden umgerechnet zu dem Goldumrechnungssatz, der am Tage nach Zahlungs⸗ Lingang amtlich festgesetzt ist.
Schecks werden nicht in Zahlung genommen.
3. Der eingezahlte Betrag wird von der Lieferstelle nicht verzinst.
III. 11. Das Kaufgeld wird zu dem am Tage des Zahlungseingangs Zahliog) geltenden Verkaufpreis in Golpmark ““ Für die öG des Zahltages ist die Feststellung der Liefer⸗
2. 8 das Kaufgeld für die Bestellung nicht voll gedeckt, so hat die 3 e. wah e, ec weubeagg 1e Wahl, Branntwein nur bis zu der der Deckung entsprechenden Menge zu liefern oder den Rest des Kauf⸗ 3. Wird die Bestellung später als am Zahltage abgesandt, so t der nachgewiesene Eingangstag der Bestellung bei der zuständigen Kieferstelle maßgebend. 96 1. Die Reichsmonopolverwaltung behält sich vor, die Ammahme Lon Bestellungen ganz oder teilweise abzulehnen. „ 2. Die Lieferstelle ist berechtigt, die bestellte und bezahlte Menge Pei der Lieferung gegen entsprechende Nach⸗ oder Rückzahlung bis am 5 vH zu überschreiten oder zu unterschreiten.
8 9
V 1. Lieferungstag ist der Tag, an dem der Branntwein dem Abnehmer oder dem von ihm bezeichneten Frachtführer übergeben ist. 2. Der Branntwein wird frachtfrei Eisenbahnstation des Ab⸗ nehmers geliefert, an Abnehmer am Versandort ab Lieferstelle. 8 3. Wünscht der Abnehmer Eilgutverfrachtung, so Peiet der Versand unfrankiert; der Abnehmer hat nur Anspruch auf Vergütung Falch aus der Versendung zum gewöhnlichen Frachtsatz ergebenden en. 4. Die Gefahr der Versendung einschließlich der Rücksendung der Füllgefäsßg trägt der Abnehmer. . Der Abnehmer ist verpflichtet, auf Verlangen der Lieferstelle die erforderlichen Gefäße in gereinigtem und füllfähigem Zustande zur Füllung zu stellen. Die Fässer sind sur Vermeidung von Ver⸗ wechselungen mit deutlichen Heichen und Nummern zu versehen. Sooweit die Lieferstelle Füllgefäaße stellt, werden sie nur geliehen und dienen lediglich zum Versand zwischen Lieferstelle und Empfangsstelle des Abnehmers; eine anderweitige Verwendung wie auch die Be nutzung zu Finsgprungszwecken 6 nicht zulässig. 6. Für die Gestellung der Fässer durch die Lieferstelle werden dem Abnehmer Leihgebühren berechnet. 6 7. Leihfässer sind innerhalb 10 Tagen, vom Tage des Eintreffens an gerechnet, in gutem Zustande an die Lieferstelle zurückzusenden. Die Rücksendung erfolgt dur Uebergabe an den rachtführer oder an
Reichsmonopolverwaltung jeweils besonders bekanntgemacht.
(Gesetzsamml. S. 221) das Recht verliehen, die der Stadt⸗ Im Ratzeburg gehörige Parzelle Gemarkung Ratzeburg
Wasserkraftanlage für Erzeugung elektrischer Energie erforderlich ist,„ im Wege der Enteignung zu erwerben oder, sofern dies ausreicht, mit einer dauernden Beschränkung zu belasten.
ein vereinfa 1922 dieses Enteignungsrechts anzuwenden sind.
28. Reichsministers des Innern vom 8. März 1924 sowie gemäß 8 21 in Verbindung mit § 8 Ziffer 1 des Fsches zum Schutz e
Ostens“ in Königsberg auf die Dauer vom 20. einschließlich 16. Juni 1924 verboten.
der Zündhütchen⸗ und Patronenfabrik vormals Bellot in Schönebeck a. Elbe werden hiermit für den Bezirk des unterzeichneten Oberbergamts zum Gebrauch in den der Aufsicht der Bergbehörden unterstehenden Betrieben zugelassen.
der Zündhütchen⸗ und Patronenfabrik vormals Sellier und Bellot in Schönebeck a. Elbe werden hiermit für den Bezirk des unterzeichneten Oberbergamts Aufsicht der Bergbehörden unterstehenden Betrieben zugelassen.
die Lieferstelle selbst. Geschieht dies nach einmgliger schriftlicher Mahnung binnen 4 Tagen nach Zurpostgabe der Mahnung nicht, so
wird dem Abnehmer nach Ablauf dieser Frist für jedes Faß, gleich⸗ viel welcher Art und Größe, die jeweilige Gebühr für jeden folgenden Tag berechnet. t .
8. Die in Nr. 6 und 7 vorgesehenen Gebühren werden von der
Für die ache dng. jilt die vor dem Versand durch die Zoll⸗ beamten oder durch die icerftelle ermittelte Weingeistmenge.
VII.
8 Mäng krhn können nur berücksichtigt werden, wenn sie unver⸗
Füglich ne. 8 nkunft der Sendung unter gleichzeitiger Einsendung
einer in Gegenwart eines Zeugen entnommenen Probe des be⸗
anstandeten Branntweins an die Lieferstelle erfolgen.
VIII. Der von der Lieferstelle bezogene Branntwein is ausschließlich oweit nicht die
im eigenen Betriebe des Abnehmers zu verarbeiten, Reichsmonopolverwaltung Ausnahmen ausdrücklich zugelassen hat.
IX. „Mündliche Abreden haben nur Geltung, wenn sie schriftlich be⸗ stätigt sind. 8
Ein Verstoß gegen die Bezugsbedingungen zieht nach § 109 des Gesetzes über das Branntweinmonopol eine Geldbuße (Sicherungs⸗ geld) nach sich, deren Höhe das Reichsmonopolamt bestimmt.
XI. „Diese Bestimmungen treten am 1. Juni 1924 in Kraft. Gleich⸗ Feitig werden bisherigen Bezugsbedingungen aufgehoben. Für die is zum Tage des Inkrafttretens dieser Bestimmungen no nicht dußgfführten Bestellungen bleiben die alten Bezugsbedingungen ehen. 6
erlin, den 20. Mai 1924. Reichsmonopolverwaltung für Branntwein. Steinkopff. 8
Preußenä.
Dem Lauenburgischen Landes kommunalverband wird hierdurch auf Grund des Gesetzes vom 11. Juni 1874
artenblatt 8 Parzelle Nr. 63/I, soweit sie zur Errichtung einer
wird auf Grund des § 1 des Gesetzes über tes Enteignungsverfahren vom 26. 88 C“ S. 211) bestimmt, daß die Vorschriften esetzes bei der Ausübung des vorstehend verliehenen
Srercheln
Berlin, den 16. Mai 1924. Das Preußische Staatsministeriuum. Zugleich im Namen des Ministers für Landwirtschaft, 8 Domänen und Forsten. Minister für Handel und Gewerbe J. A.: Schulze.
Auf Grund der Verordnung des Reichspräsidenten vom ebruar 1924 in Verbindung mit der Verordnung des
r Republik vom 21. Juli 1922 habe ich o des
kai bis
as „E
Königsberg i. Pr., den 20. Mai 1924.
Der Oberpräsident. Siehr.
Bescheid über die Zulassung von Zündmitteln.
Die Zündmittel:
1. Elektrischer Momentbrückenglühzünder „Favorito“,
2. Elektrischer Zeitbrückenglühzünder „Favorito“
ellier und
A. Nähere Merkmale der Zündmittel:
.Herstellende Firma: Zündhütchen⸗ und Patronenfabrik vormals Sellier und Bellot;
.Sitz der Firma: Schönebeck a. Elbe;
EBIE Fabriken in Schönebeck und Groß Salze;
.Bezeichnung der Zündmittel:
1. Elektrischer Momentbrückenglühzünder „Favorito“, 2. Elektrischer Zeitbrückenglühzünder „Favorito“;
5. Chemische Beschaffenheit: Elektrische Zünder mit Messing⸗ oder schwach konischer Papphülse; losem Zündsatze und mit Baumwollfäden doppelt umwickelten und mit Kabelmasse imprägnierten Zündleitungen aus Kupfer oder Eisen; mit oder ohne montierte, mit geschmolzenem Schwefel vergossen und mit Kabelmasse überstrichene Sprengkapsel mit Kupferhülse; zu 2 mit einem die Brenndauer regelnden Stück Gutta⸗
perchazündschnur mit Bandschutz und 2 Entgasungskanälen in
der Zünderhülse.
B. Verwendungsbereich: Gesamter Bergbau des Oberbergamtsbezirk Dortmund. Dortmund, den 12. Mai 1924. 8 Preußisches Oberbergamt Overthun.
LEE11““
Bescheid über die Zulassung von Zündmitteln. Die Zündmittel: 1. Sprengkapsel Nr. 3 S. B., 2. Sbreng aßset Nr. 6 S. B., 3. Sprengkapsel Nr. 7 S. B., 4. Sprengkapsel Nr. 8 S. B.
zuum Gebrauch in den der
A. Nähere Merkmale der Zündmittel: 1 E irma: Zündhütchen⸗ und Patronenfabrik vormals Sellier und Bellot; 2. Sitz der Firma: Schönebeck a. Elbe;
8 8
S
8 1. Sprensavser Nr. 3 S. B., 2. Sprengkapsel Nr. 6 3. Sprengkapsel Nr. 7 S. B. 4. Sprengkapsel Nr. 8 S. B.; 1b Chemische Beschaffenbeit:; Sprengkapseln mit Kupferhülse von 5 — 6 mm innerem Durchmesser und Mnigstens 15 mm Leer⸗ raum; zu 1 mit ebenem Boden und Aufprägung 28.E- —; zu 2—4 mit stark nach innen gewölbtem Boden; Sprengsatz zu aus Knallquecksilber mit Kaliumchlorat; zu 2—4 aus Klu trotoluol und Knallquecksilber mit Kaliumchlorat; zu 1 ohne zu 2 —4 mit auf dem Sprengsatze ruhendem, durchlochtem Deckplättchen aus Kupfer; 6. Besondere Bedingungen: Die zu 1—3 genannten Zündmittel bedürsen einer trockenen Lagerung und Aufbewahrung.
B. rö. Gesamter Bergbau des Oberbergamtsbezirks Dortmund. 8 88 8
8
Preußisches Oberbergamt S Overthun.
Deutsches Reich.
Der litauische Gesandte Sidzikaus kas hat Berlin ver⸗ lassen. Während seiner Abwesenheit führt der Legationssekretär Lozoraitis die Geschäfte der Gesandtschaft.
Preußischer Landtag. 311. Sitzung vom 21. Mai 1924, Mittags 12 Uuhr. licht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger*))
Vor Eintritt in die Tagesordnung beantragen die Kommu⸗ nisten, ihren Antrag auf Aufhebung des Verbotes der „Roten Fahne“ nachträglich auf die Tagesordnung zu setzen. Da Widerspruch erhoben wird, ist der Antrag erledigt.
Anträge zur Abänderung des Gesetzes über die Gemeinde⸗ wahlen werden ohne Aussprache der Ausschußberatung über⸗ wiesen. 8 88—
Das Haus geht über zur Beratung der Anfragen und Anträge über die Vorgänge in Halle anläßlich der Wiederaufrichtung des Moltkedenkmals und über das Verbot von Umzügen bei öffentlichen Feiern. “
Abg. Dr. Waentig⸗Halle (Soz.) begründet die sozialdemo⸗ kratische Anfrage: Warum hat das Staatsministerium die? ersane lungen unter freiem Himmel in Halle a. S. am 11. Mai genehmigt, während alle 1 Veranstaltungen der Arbeiterschaft am 1. Mai ausnahmslos verboten worden sind? Das Staatsministerium hätte voraussehen müssen, daß die Denkmalsweihe in Halle zu monarchistischen und militaristischen Kundgebungen ausgenützt werden würde. Extrazüge sollten nicht abgelassen werden, so hatte man erklärt, und doch sind zahlreiche Vorzüge und Nasdegg⸗ gefahren. Eine große militärische Heerschau hat man auf der Rennbahn in Halle ver⸗ anstaltet. Ja, man hat sich nicht gescheut, die Enthällungssejer und die Heerschau kinematographisch aufzunehmen. Auch die Hhvae Se der Faschisten waren vertreten. Alles war vorhanden, die Front wurde abgeschritten, es hätte nur noch eine Kavallerieattacke Pfehlt. (Lachen bei den v ö ege und Prinz
skar standen im Mittelpunkt. Der Zug in die Stadt geschah in militärischen Formen unter Absingung des Hitlerliedes.
Die Reichswehr!) Man hat mit zweierlei Maß gemessen. Gega die Kommunisten wurde geschossen, der Volkspark wurde abgeriegelt. Rarufe bei den Kommunisten.) Die vüeeene be moe n Mit welcher Rücksicht wurden die monarchistisch⸗faschistische Demon⸗ stration und die Teilnehmer an ihr behandelt. Die Staatsautorität wird dadurch wahrlich nicht gestützt. Wird nicht eingegriffen, so haben wir bald den Faschistenputsch. Milde gegen rechts it bei der Heutige olitischen Lage Schwäche. Sehen die Faschisten nicht, daßß ihre trebungen aussichtslos sind, so hört das Treiben nicht auf, das innen⸗ und oeferrekiish schwere Gefahren in sich birgt. Stabilisieren See, Herr Minister Severing, nach dem Vorbild eines großen Königs die Staatsautorität wie einen rocher de bronec. (Beifall bei den Sozialdemokraten. Lachen rechts.) 1
begründet die deutse
Abg. von Lindeiner (D. Nat.) de nationale Interpellation über das Verbot von Umzügen bei bf lichen Feiern. Was wird nicht alles verboten, weil die preußische Republik gefährdet sein soll! Ja, einen Kirchgang hat man so ver⸗ boten! Das ganze System ist aus Angst geboren. Der Staat ist nicht das, was er vorgibt zu sein, ein wirklicher Volksstaat. Von dem System der Unterdrückung ist in Halle einmal abgewichen. Um die Folgen? Der Minister hat in der eigenen Fraktion die größten Angriffe erfahren, in der Presse und auch vom Vorredner. Weiter, die Kommunisten segen eine Demonstration gegen die eer an! Wie laubt der Minister mit dieser Bankerotterklärung r Regierung üg zu werden? In völlig unerträglichem Maße werden vom Minister Severing Umzüge bei öffentlichen Feiern verboten. So geschah es ja auch bei der Veranstaltung einer Trauerfeier für den hingemordeten Volkshelden Schlageter, so bei der Ueberführung des in französischer Gefangenschaft zu Tode gequälten Dreyer. In ist die Einweihung eines Denkmals sir die Gefallenen verboten worden. Ja, in Sprottau wurde ein Aufzug der Schützengilde, der Vertreter aller bürgerlichen Parteien angehören, verboten. In Kamin und Neustettin untersagte man Umzüge bei der 200⸗ bezw. 300 jäbhrige eier der Schmiedeinnung! Ein Erlaß ist herausgekommen, daß die Schutzpolizei bei gefährlichen Unternehmungen den Stahlhelm tragen sonr Sachsen hat aber der Oberpräsident Hörsing erklärt, in einem Machtbereich finde der Erlaß keine Anwendung. (Hört, hörtn Der „Vorwärts“ schreibt, der Zweck eines preußischen Ministers ser seine Ses durchzusetzen! Wir sind ipannt was der Ministen auf alle diese Angriffe anworten wird. (Lebhafter Beifall rechts. — Groffer Lärn und Zischen bei den Sozialdemokraten.)
Abg. Schnetker (Komm.) begründet den kommunistischen An⸗ trag über die Vorgänge in Halle, in
o.n m u. a. der sofortige Rücktritt des Ministers Severing sowie des ganzen preußischen Kabinetts i fordert wird. Der Staat begünstige den Faschismus. „Etappenhengste gaus dem Hause Hohenzollern“ seien sein Aushängeschild. Herf Severing erklärt immer und immer wieder, er gehe gegen rechts und links mit gleichem Maße vor. Sein Verhalten dem Stahlhelm und dem Wehrwol Jsegeni das teil. Beim Rathenau⸗ mord sei zu Millionen das Volk aufgestanden, die Sozialdemokraten hätten aber auch da in der Folge 1-nee; Von Halle aus habe man die letzten Schutzbarrieren Republik, die Arbeiterschaft in Thüringen und Sachsen, niederschlagen wollen. Herr Severing habe den Aufmarsch der revolution nicht verhindert. Der Poligei⸗ räsident in Halle, Runge, auch Sozialdemokrat, aber verbot D trationen in der Stadt und doch durfte eine ganze senpe 1 lingendem Spiel durch die Leipziger Straße 22 (Hört, hört! den Kommunisten.) Er sagte, die Veranstaltung im Volkspark dürfe nicht verboten werden, und da hat man die Versammlung abgerie 86 Die Stahlhelmleute haben Ehrenkompagnien für Ludendorff Prinz Oskar gestellt. Runge, dieser Hüter der Feschisten 2 nichts einzuwenden gehabt. In Mitteldeutschland aber lebt Kampfwille Hente⸗ als zuvor: Auge um „Zahn um Zahn! für einen Zahn die ganze faschistische essel. (Beifall bei den Kommunisten. — Lachen rechts und in der Mitte.)
3. vee Fabriken in Schönebeck und Groß Salze; 4. Bexeichnung der Zündmittelt
[der Herren Minister, die im Wo
*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck heworgehobenen Reden ) Mi me der Cüch ane beese.ecben “
(Zuruf links:
man gewähren. 6
¹ 9
—
Hierauf ergriff der Minister des dessen Rede nach Eingang des sicht werden wird.
Die Besprechung wird beschlossen.
Abg. Heidenreich (D. Vp., von den Kommunisten mit dem Ruf empfangen: Er sieht aus wie der Geist von Halle! — Große Heiterteit.) stellt fest. die Polizei Uebermenschliches in Halle
eistet, um Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten. Die Polizei
e vier Verwundete, ehe sie von der Waffe Gebrauch machte. Zuruf bei den Kommunisten: Woher wissen Sie denn das?) Ich Sr doch aus Sachsen. Stürgische Heiterkeit.) Es her eh der Polizei, einzugreifen. r Minister hat ganz recht; ich glaube, emnige der Herren Kommimisten sind ganz froh, daß sie im Volks⸗ ause abgeriegelt wurden. (Große Heiterkeit.) Auch Herr Kilian. 2 wandelt sich die Volksgunst. Er, der ehemalige König von Halle, Fimeschlossen im Volkshause! (Erneute Heiterkeit.) Wenn die 5 den Zutritt ewixgen wollten, der ihnen verboten war, dann mußten sie auf Widerstand stoßen. Wir ünh doch noch nicht eine mfsische Kolonie! Wir haben es füng re lang mit Imphfn müssen wie Sie 28 den Kommunisten) Ihre roten Lappen durch Halle getragen haben. (Zurufe bei den Kommunisten: Hakenkreuz!) Das Hakenkreuz ist ein altes Runen⸗ und Glückszeichen der Germanen!
Halle hat, Gott sei Dank, die kommunistische Partei die Hälfte Irer Anhänger verloren. (Widerspruch bei den Kommunisten) Unnütze politische SSS. e; unterbleiben! Der gesunde zeutsche Geist muß sich durchsetzen. Den vaterländischen Verbänden siche ich nahe und fördere sie, wemm sie das Sammelbecken für alle deutschen Männer und Frauen darstellen, geeint im deutschen Ge⸗ dnken. Meine Fraktion und ich wissen uns darin eins, daß diese gesunde deutsche Bewegung nicht durch Demagogen und Partei⸗ fangtiker einseitig parteipolitisch eingespannt werden darf, denn das würde das Ende dieser deutschen Bewegung sein. Wir wollen uns
wieder bekennen zum deutschen Gedanken und zur deutschen Art! der
(Lebhafter Beifall rechts. — Lärm bei den Kommunisten.) Abg. Schreiber⸗Halle (Dem.) führt das Amvachsen
Reaktion in Halle auf das Verhalten der Kommunisten zurück. Das Sprengstoffattentat auf das Moltkedenkmal wird von allen anständig denkenden Menschen verurteilt. Die Tat jugendlicher Menschen ist gesühnt worden; sie haben ihre Strafe gefunden. Das Denkmal ist wieder hergestellt. Die Feier hätte schlicht sein sollen; das hätte dem Geist Moltkes besser entsprochen. Man hat aber eine einseitige politische Demonstration, eine Huldigung Ludendorffs draus gemacht. Dem Wesen des großen Schweigers hat man damit nicht Rechnung getragen. Fast jeden Sonntag werden riesige Feiern (veranstaltet, zu denen Hunderttausende lange Bahnfahrten machen; den Arbeitern aber ruft man immer wieder zu, sich einzuschränken und u arbeiten. Das muß böses Blut machen. Herr Aüdenorf hat baer ein Kaiserhoch ausgebracht. (Abg. Heidenreich [D. Vp.]: Er hat ja gar nicht gesprochen.) Nach meinen Informationen ist es so. 1 Düsterberg hat das einige deutsche
Stenogramms veröffent⸗
hat 1 Kaiserreich herbeigesehnt.
as kann man bei einer Deutschnationalen Parteiveranstaltung aus⸗ sprechen, aber nicht bei einer Feier, zu der das ganze Volk eingeladen st. Das Spielen von „Heil Dir im Siegerkranz“ durch die Reichs⸗ wehr war auch wirklich nicht am Platze. Das ehrliche nationale Empfinden ist parteipolitisch mißbraucht worden. Dagegen wenden wir uns, nicht etwa gegen nationale Gedenkfeiern. Wir halten es auch nicht für richtig, man mit einer Strafe von fünf Mark die⸗ eenigen belegt, die nicht an diese Feiern teilnehmen. Als ich einen Juden fragte, weshalb er denn schwarz⸗weiß⸗rot geflaggt hätte, ob er denn ein solcher Monarchist sei, erwiderte er mir, er hätte es nicht deshalb getan, weil es die alte Kaiserfahne sei, sondern sie sei die alte Sturmfahne des Stammes Levi. (Lachen rechts.) e hat gezeigt, daß mit zweierlei Maß gemessen wird. Der Arbeiterschaft verbietet man den ersten Mai, deutschvölkischen Kreisen, die noch nicht den Beweis erbracht haben, daß sie für Ruhe und Ordnung sorgen können, erlaubt man solche Demonstrationen. Daß die Kom⸗ munisten die Republik retten wollten, ist natürlich ein aufgelegter Schwindel. Das Einschreiten der Behörden gegen die Kommunisten war durchaus richtig. Die Polizei hat bis zum äußersten Zurück⸗ haltung bewahrt; wir sprechen ihr unsere aufrichtige Anerkennung aus. Beifall.) Die Kluft im Volke ist durch die Vorgänge in Halle enweitert worden. Deshalb verurteilen wir solche Veranstaltungen; sie zeugen nicht von wahrhaft nationalem Geist. Ich bitte Sie auch, über innere Zwistigkeiten nicht die auswärtige Politik zu vergessen. (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.) .
Abg. v. Lindeiner⸗Wildau (D. Nat.) erkennt die Not⸗ 1 an, in Zeiten der Erregung große politische Demonstrationen zu verhindern. Ueberparteiliche nationale Kundgebungen dürfen aber nicht verboten werden. Das Verbot von Regimentsfeiern und Denkmalsent Unhgen ist geradezu ein Beweis für die Schwäche der Republik. inister Severing habe das selbst indirekt anerkannt durch die kafte rung neuer Grundsätze, die sich dem deutschnationalen Standpunkt erheblich nähern. In Pale ind die polizeilichen Wei⸗ been durchaus beachtet worden. Die Vereine, die mit entrollten
fahnen zurückmarschierten, sind nur wegen der starken Beteiligung nicht von dem Verbot erreicht worden. ( „Abg. Riedel [Dem.]: Das waren zufällig die Hakenkreuzfahnen!) Ob die Farben schwarz⸗ weiß⸗rot die der Sturmfahne des Stammes Levi gewesen 1—2 weiß ich nicht. Das sollte doch gerade die Partei des Vorredners veranlassen, ix zu sehen, daß diese Farben nicht ständig herunter⸗ gerissen werden. Wir können die Art nicht billigen, in der man glaubt, alle Kreise, die fich auf dem Boden gemeinsamer dankbarer Erimerung an unsere große Vergangenheit Feüeesgn von der ja doch auch die deutsche Republik lebt, mit törichten Redensarten abtun zu wollen aid zu erklären, der Feind stehe rechts. Man sollte diesen Kreisen ständig vor den Kopf stoßen. Sie (nach links) beschweren sich,
die politische Parität nicht gewahrt wird! Und doch fühlen Sie
sich in ihren heiligsten Gefühlen verletzt, wenn sie die Farben schwarz⸗ weiß⸗rot oder das Ordenszeichen des Jungdeutschen Ordens oder den Stahlhelm sehen. Sie sind es, die die Verbände zurückstoßen. Wir lehnen es nicht, wie der Minister meint, subjektiv ab, auf die Ver⸗
e einzuwirken, sondern Sie (nach links) machen es uns objektiv ummöglich, den Einfluß auszuüben, den wir im Interesse des Friedens msüben möchten. Wie war es in Halle. Seit Monaten war eine große Veronstaltung für einen Tag festgesetzt. Dann hat die Kom⸗ Sec. Bedürfnis empfunden, zu derselben Zeit und an demselben Orte eine EE“ die nach ihren eigenen Aeußerungen nicht den Zweck hatte, ihre Ideale zu vertreten,
n lediglich darauf gerichtet war, die andere Feier zu stören.
Herr Minister war Ph nicht nur berechtigt, sondern geradezu verpflichtet, mit zweierlei Maß zu messen. Die Praxis im Verbot von Vevanstaltungen hat sich dadurch wesentlich verschärft, daß die Kommumisten nvervanstaltungen treffen. Wir müssen daraus mu der Ueberzeugung kommen, daß das preußische Innenministerium das Recht der Uerehmicun völlig unrichtig handhabt, daß es das Recht des Handelns sich von den Kommunisten diktieren läßt. Das ist un⸗ erträglich. Einen frischfröhlichen Krieg mit dem Minister Severing
ochten wir nicht. ir werden den Kampf weiterführen, und er wird dem preußischen Sbaate zum Vorteil gereichen. (Lebhafter Beifall rechts.) 8
Minister des Innern Severing: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin Herrn Abg. von Lindiner sehr dankbar dafür, daß er durch seine letzten Bemerkungen den üblen Eindruck ein wenig wieder verwischt hat, den seine Lobeshymnen auf mich gemacht haben könnten. Ich befürchte das übrigens nicht. Denn was. Herr von Lndeiner⸗Wildau über die Schutzpolizei gesagt, hat vor ihm ein Mitglied seiner Fraktion ja schon zerstört. Ich erinnere an eine Debatte, die wir vor einigen Wochen hier geführt haben. Es war der Herr Abg. Dr. Hoffmann (Münster), der sich ungefähr zu denselben Fragen geäußert hat, die wir heute hier diskutiert haben: Der Herr Abg. Dr. Hoffmann (Münster) machte mir den Vorwurf, daß ich die Schutzpolizei so desorganisiert habe, daß sie nicht mehr als ein zuverlässiges Instrument in der
Hand des Staates angesehen werden könne. Ich habe ihm darauf
Innern Severing das
in der nächsten Zeit kommen müsse.
erwidert, daß diese Bemerkung ein Akt der Undankbarkeit sei gegen⸗ über dem aufopfernden Verhalten der Schutzpolizei in den kritischen Wochen des vergangenen Wintets; und als der Herr Abg. Dr. Hoff⸗ mann (Münster) dann einsah, daß er mit seinen Bemerkungen wahr⸗ scheinlich auch seinen politischen Freunden einen schlechten Dienst er⸗ wiesen hatte, berichtigte er sich dahin, daß er den Vorwurf ja aus⸗ schließlich gegen die Spitze, gegen die Leiter erhoben habe. Deshalb trifft mich, Herr Abg. von Lindeiner, Ihre Lobeserhebung nicht.
Es ist aber auch nicht richtig, daß ich mich in einem Gegensatz zu meinen politischen Freunden befände. Das kann ich nicht sagen. (Zuruf: Fragen Sie mal Waentig! — Heiterkeit.) — Nein, ich bin auch überzeugt, daß der Herr Abg. Dr. Waentig volles Verständnis hat für die Situation, in der ich mich befand und in der ich mich befinde. Meine Herren von der Deutschnationalen Partei, Sie sollen später einmal, wenn Sie mir meinen Nekrolog schreiben, alle mög⸗ lichen Schandtaten über mich berichten können, aber Sie sollen nicht sagen können, daß ich ein feiger Kerl ge⸗ wesen sei. (Zurufe bei der Deutschnationalen Volkspartei.) — Schön, dann sind wir ja einig. Wenn ich Ihnen Amtsgeheimnisse verraten würde, Einzelheiten bezüglich dieses Vorgangs Halle, dann würde ich das verletzte Prestige, von dem mein Parteifreund Dr. Waentig gesprochen hat, vielleicht in den Kreisen, in denen es gelitten hat, wiederherstellen. Aber ich käme mir selbst ein klein wenig — sagen wir mal feige vor, und deshalb wiederhole ich, was ich eingangs meiner Ausführungen erklärt habe: für Halle habe ich die politische Verantwortung zu tragen, und ich trage sie. (Bravo!) Aber meine sehr verehrten Damen und Herren, ich ziehe daraus die Schlußfolgerung: es darf sich etwas Aehnliches nicht wiederholen. (Sehr richtig!) Ich ziehe für mich die Konsequenz daraus, daß ich so seßhaft wie möglich in Berlin bleiben will. Ich weiß nicht, wie viele Tage Ministertätigkeit mir noch beschieden sind. (Heiterkeit.) Aber ob ich kurz oder lang auf dem Posten des Ministers sitzen werde — ich will jedenfalls bemüht sein, die Entscheidung über solche Dinge selbst zu treffen und habe dann die Hoffnung, daß es zu solchen Dingen nicht mehr kommt. (Bravo!l links.)
Ich wiederhole, daß ich mit Herrn Heidenreich, Herrn Dr. Schreiber und vielleicht auch mit Herrn von Lindeiner ganz einer Meinung bin, daß wenn der 11. Mai als Tag der Ehrung für Moltke in Aussicht genommen war, unter allen Umständen daran festgehalten werden mußte, daß die Drohungen der Kommunisten nicht die geringste Aenderung eintreten lassen durften. Daraus wollen Sie ersehen, Herr Abg. von Lindeiner, daß meine grund⸗ sätzliche Haltung nicht bestimmt ist von den Drohungen der Kommunisten. (Abg. Dr. Meyer (Ostpreußen): Ihre Haltung ist bestimmt von den Deutschnationalen! Große Heiter⸗ keit.) Herr Abg. Dr. Meyer, ich bin Ihnen sehr dankbar für diesen Zwischenruf. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn irgend etwas die politische Situation von heute treffend beleuchtet, dann ist es dieses Gegenüber. (Sehr richtig! links.) Der Herr Abgeordnete Dr. Meyer unterstellt mir, meine Entschließungen seien von dem ab⸗ hängig, was die Deutschnationalen oder Volksparteiler wünschten, und Herr von Lindeiner⸗Wildau sagt, ich stände nicht mehr frei in meinen Entschließungen, weil die Kommunisten mit ihren Drohungen in der Presse und Versammlungen kämen. Beides ist unrichtig. Ich habe, ehe mir die Haltung der Kommunistischen Partei zu Halle bekannt war, meine grundsätz⸗ liche Auffassung über diesen Tag dem Ministerium bekanntgegeben.
Ich muß dann aber auch Ihre Auffassung zerstören, Herr von Lindeiner, als ob Ihre Anregung und Ihr Antrag und Ihre Ausführungen mich erst dazu bewogen hätten, anzuordnen, daß man bezüglich der Ab⸗ haltung von, wie Sie gesagt haben, neutralen Festlichkeiten zu Milderungen Die Anweisung habe ich ge⸗ geben nach einem Vortrag, den mir mein Ministerialdirektor über den Verlauf einer Reichsratssitzung gehalten hat, ehe mir die Fassung Ihres Antrags bekannt war. (Zuruf bei der deutschnationalen Volks⸗ partei.) — Nein, ich bin zu dieser Entschließung gekommen auf Grund von vielen Anträgen, die von Handwerksgilden oder Gesang⸗ oder Turnvereinen an mich gelangt sind. Wenn alle diese neutralen Kor⸗ porationen in den nächsten Sommerwochen das Bedürfnis haben, Feste zu feiern, dann würde es meines Erachtens eine sehr üble Polizeischikane sein, wenn man alle diese Feste verbieten wollte. Wir müssen da irgendein Ventil schaffen. (Zuruf bei den Komm.) Auch den neutralen Sportvereinen ist das gestattet. (Zuruf bei den Komm.: Auch Arbeitersportvereine?) — Herr Dr. Meyer, ich muß Ihnen folgendes sagen: Ich bin mir über die Frage noch nicht im klaren, ob die Genehmigung wie bis jetzt von der Landeszentralbehörde zu erteilen ist oder vom Regie⸗ rungspräsidenten. Es kommt bei allen diesen Fragen immer auf den Tatbestand an. Man kann eine Gesamtvereinsaufführung ver⸗ anstalten, und es kann doch eine parteipolitische Demonstration bedeuten. Im Gegensatz dazu kann ein politischer Verein Feste feiern, die gar nicht einmal politische Demonstrationen zu sein brauchen. (Zurufe bei den Kommunisten.) — Herr Abg. Kilian. Sie haben durchaus recht: was in Halle eine Denkmalsweihe sein sollte, ist zu einer parteipolitischen Demonstration geworden. (Sehr richtig! links — Zurufe rechts.) — Herr Abg. Heidenreich, ich habe Ihren Aus⸗ führungen mit großer Aufmerksamkeit gelauscht und habe vor allem Ihre Ausführungen zur Kenntnis genommen, die sich bezogen auf Ihre Haltung bezw. die Haltung Ihrer Partei zu den vaterländischen Verbänden. Ich verstehe Ihren Standpunkt bis zu einem gewissen Grade. Sie bezw. Ihre Parteifreunde wollen sich in der vater⸗ ländischen Bewegung in dem Wunsche betätigen, daß es Ihnen ge⸗ lingen wird, den demagogischen Einfluß der unverantwortlichen Leute einzudämmen. So ungefähr haben Sie sich ausgedrückt. (Abg. Heidenreich: Wenn Hintermänner sich bemerkbar machen sollten!)
Aber, Herr Abgeordneter Heidenreich, ich möchte Ihnen folgendes sfagen: Der Jungdeutsche Orden und verschiedene andere sogenannte vaterländische Verbände in Cassel hatten die Absicht, zum 31. Mai und zum 1. Juni Veranstaltungen in Cassel zu treffen, die auch großspurig „Deutsche Tage“ genannt wurden. Der Polizeipräsident und der Regierungspräsident schrieben mir über die Vorbereitungen zu diesen Tagen folgendes:
An bekannten Persönlichkeiten sind sämtliche Heerführer, an der Spitze Generalfeldmarschall von Hindenburg, eingeladen. In⸗ wieweit die Zentralbehörden des Reiches und von Preußen zur Teilnahme aufgefordert werden, möchte der Festausschuß von der Zusammensetzung der neuen Reichsregierung abhängig machen. (Lachen und Hört! hört! linkgt)
Was folgt daraus? Ich spreche nicht von der „marxistisch verseuchten“ Preußischen Regierung. Daß die nicht eingeladen wird, das be⸗ greife ich vollkommen. Aber es folgt aus dieser Bemerkung der vater⸗ ländischen Organisationen in Cassel, daß Herr Stresemann den Herren auch nicht genehm ist, und es folgt daraus, daß der Reichskanzler den Herren auch nicht genehm ist. Wenn erst einmal die Pläne der Herren von der Deutschnationalen Volkspartei in Erfüllung gegangen sind, wenn sie erst einmal im Besitze der Machtposten im Reiche sein werden — Reichskanzler, Reichsinnenminister, Reichswehrminister —, dann werden sie auch Gnade finden vor den Augen der vater⸗ ländischen Organisationen, dann werden sie auch eingeladen werden. Deshalb glaube ich, Herr Abg. Heidenreich, daß Ihr Optimismus ein wenig unberechtigt ist. Ich glaube, Sie werden in diesen Organi⸗ sationen nicht die Wirkung erzielen können, die sich Sie von einer Mitarbeit in den vaterländischen Organisationen versprechen. (Abg. Heidenreich: Ich vermisse Ihre Begründung, daß es eine partei⸗ politische Demonstration in Halle gewesen ist!) — Jawohl, das wollte ich Ihnen nun sagen.
Man hatte die Vorschrift erlassen, daß Hakenkreuzfahnen nicht geduldet werden könnten. Sie werden zugeben, Herr Abg. Heiden⸗ reich, daß das Hakenkreuz, ganz gleich, wie man sich im einzelnen dazu stellt, heute das Kampfzeichen der vaterländischen Organisationen, ihrer deutschvölkischen Gruppen geworden ist, und Sie wissen, daß das Hakenkreuz mit vaterländischer Betätigung, daß das Hakenkreuz als Symbol solcher Feiern nicht in Betracht kommen kann. Haben sich nun die vaterländischen Organisationen an das Verbot gehalten, haben sie dem Verbot Nachachtung gegeben k (Abg. Heidenreich: Ja, am Denkmal ist keine Fahne gewesen!) — Am Denkmal sind etwa fünf Fahnen gewesen. (Abg. Heidenreich: Nein, sie sind ja entfernt worden!) Ich stütze mich auf meine Berichte, die müssen für mich maßgebend sein. Der Polizei⸗ präsident hatte angeordnet, daß die Fahnen, die zur Denkmalsweihe zugelassen werden, zunächst in einem dazu bestimmten Raum inspiziert werden. Diese Kontrolle ist durchgeführt. Dabei sind zunächst fünf Hakenkreuzfahnen beschlagnahmt und erst bei der Abfahrt der Züge wieder zurückerstattet worden. Trotzdem sind auch beim Denkmal einige Fahnen gewesen, aber im größeren Umfange sind auf der Fest⸗ wiese Hakenkreuzfahnen vorhanden gewesen. (Abg. Heidenreich: drei Fahnen!) — Nein, es sind nicht nur drei Fahnen gewesen.
Meine Damen und Herren! Ich hätte nichts gegen das Tragen solcher Farben, ich unterschreibe durchaus, was der Herr Abgeordnete Schreiber gesagt hat —, wenn es sich bei den sogenannten Deutschen Tagen um eine Veranstaltung den Deutschnationalen Volkspartei oder der Deutschvölkischen Freiheitspartei gehandelt hätte. Aber wenn Sie solche Tage als vaterländische, als Deutsche Tage aufrufen, dann haben Sie auch auf die Stimmung, auf das Empfinden anders⸗ denkender Deutscher Rücksicht zu nehmen. (Sehr richtig! bei der Vereinigten sozialdemokratischen Partei.) Dann ist das Mitführen von Hakenkreuzfahnen in der Tat eine Provokation, und dabei ist es unmaßgeblich, ob es dank der polizeilichen Vorkehrungen zwanzig oder dreißig oder einige hundert Fahnen gewesen sind. Also so diszipliniert, Herr von Lindeiner, wie Sie die Dinge hinstellen, sind sie nicht vor sich gegangen.
Meine Damen und Herren, noch eine Bemerkung zu den Aus⸗ führungen des Herrn Abg. von Lindeiner über Provokationen. Im vergangenen Jahre hatte eine pazifistische Vereinigung in Berlin die Absicht, eine große Kundgebung zu veranstalten. Es sollten einige auswärtige Pazifisten bei dieser Kundgebung rednerisch mitwirken. Da kam ein preußischer Landtagsabgeordneter zum Polizeipräsidenten von Berlin und erklärte, daß diese Veranstaltung eine ungeheuerliche Provokation der nationalgesinnten Kreise be⸗ deuten würde. Dieser Abgeordnete ist der Abg. von Lindeiner⸗ Wildau. (Lebhaftes Hört, hört! links; große Heiterkeit. — Große Unruhe und Zurufe rechts: Empfinden Sie das nicht als eine Pro⸗ vokation?! Erneute Rufe und Heiterkeit links.) Meine Damen und Herren, wenn wir jetzt zu einer Gesundung unserer wirtschaftlichen Verhältnisse kommen wollen, dann sind wir auf die Hilfe der wohlmeinenden, der pazifistischen Kreise des Auslandes angewiesen (Widerspruch rechts), und wer mir da gute Lehren über politische Klugheit erteilen will, der darf nicht die Torheit begehen, gerade diese Kreise vor den Kopf zu stoßen. (Sehr richtig! links. — Zurufe rechts.) — Das ist keine politische Klugheit, Herr Abg. von Lindeiner; Ich glaube, in der Verehrung von Moltke, in der Verehrung dieses großen Deutschen sind wir einmal einig. (Bravo! rechts.) Ich verehre aber in Moltke nicht allein den großen Heerführer, sondern ich verehre in ihm den großen — sagen wir einmal: Philosophen,
den großen Denker, und ich glaube, ein Wort von ihm müßte jetzt,
in diesen unruhigen, nervösen Zeiten, gerade von Ihnen beherzigt werden: Mehr zu sein als zu scheinen. (Zuruf rechts: Das ist auch das Wort, das Düsterberg am Denkmal gesprochen hat!) — Wenn Oberstleutnant Düsterberg dieses Wort zitiert hat, dann bedauere ich außerordentlich, daß er es nur ausgesprochen, aber nicht danach ge⸗ handelt hat. (Lebhafte Zustimmung links.)
Nun noch eine Bemerkung zu den Ausführungen des Herrn Abg. Schreiber. Ich bin gern bereit, mich mit dem Reichswehr⸗ ministerium in Verbindung zu setzen, um dem Unfug zu steuern, da sich heute Zivilisten in Reichswehruniformen stecken. Es ist ni allein der Hallenser Tag, der mich zu einer solchen Haltung zwingt, sondern es sind Vorkommnisse, die einige Wochen zurück. liegen, aber auch sehr bedenklich sind. Gelegentlich von Haus⸗ suchungen, die im bergischen Lande vor einiger Zeit vorgenommen worden sind, sind bei Mitgliedern des sogenannten Wickinger Bundes Anweisungen gefunden worden, wonach den Mitgliedern des Bundes zur Pflicht gemacht wird, sich möglichst Militäruniformen anzuschaffen. Ich will nicht darauf eingehen, welche Gründe den Wickinger Bund bewogen haben, diese Anweisungen ergehen zu lassen, aber ich muß doch sagen, daß die Befolgung eines solchen Ratschlages gerade in der gegenwärtigen Zeit überaus bedenklich ist. Wir haben uns mit dem Auslande nicht allein wegen der Reparationen, sendern auch wegen der Sicherungen auseinanderzusetzen, und wir treiden alle diejenigen Kreise des Auslandes, die uns beute wohlwollend sind, oder die auf dem Wege sind, uns zu verstehen. dahin, auf die Seite der Poincares zu treten. wenn 2 sich darum handelt, im Westen Sicherungen zu schaffen. Denwegen handeln wir nur im Interesse des deutschen Volks, wenn wir diesem Unfug auf das entschiedenste entgegentreten. Ich bin sehr gern bereit. den Anregungen des Herrn Abg. Schreiber zu folgen und bei den Reichsstellen zum Zwecke des Erlasses eines Verdots des un⸗ berechtigten Tragens von Uniformen vorstellig zu werden (Bravel