r die Freigabe von Sprit zur Drinkbranntwein⸗
und Trinkbranntweinessenzenherstellung.
Im Monat August 1924 werden 150 Hundertteile der Bezugszahl freigegeben.
Die Preise betragen bis auf weiteres: . A) im Großverkauf: von 300 1 aufwärts. Gm. 4,— je 1 W. B.) im Kleinverkauf: Han 20 1 bis 1001 1412222 je 1 W. über 100 1 W. bis 280 1 W. „ 4,20 je 1 W.
Die Preise gelten für unfiltrierten Primasprit. Für über Holz⸗ kohle filtrierten Weinsprit erhöht sich der Preis um Gm. 0,10 und für Weinsprit „Marke Kahlbaum“ um Gm. 0,15 je 1 W.
Iin übrigen finden die Bestimmungen der Bekannt machung vom 27. Mai 1924 entsprechende Anwendung. 11“
Berlin, den 25. Juli 1924.
Reichsmonopolverwaltung für Branntwei Steinkopff.
Preußen. Generallotteriedirektion
Plan zur 24. Preußisch⸗Süddeutschen (250. Preußischen) Klassenlotterie, bestehend aus 320 000 Losen mit 110 000 in 5 Klassen verteilten Gewinnen und 1 Prämie. Einsatzpreis für jede Klasse in Rentenmark (RM.): 18 — 3 1⁄¼ — 6, 1½ = 12, 1/⁄1 — 24. Einsatzpreis für alle 5 Klassen in Rentenmark (RM.):
„
Erste Klasse. Ziehung am 10. und 11. Oktober 1924.
Gewinne 1111
Zweite Schluß der Erneuerung Klasse. Freitag, 7. Novbr. 1924.
Ziehung am 14. u. 15. Nopbr. 1924.
Rentenmark
100 000 100 000 50 000 50 000 50 000 50 000 10 000 20 000 10 000 20 000 000 15 000 5 000 15 000 000 15 000 15 000
16 000 16 000 10 000 10 000 16 000 16 000 25 000 25 000 200 20 000 30 000 100 40 000 60 000 60 504 000 756 000
831 000 1 113 000
Rentenmark Gewinne
100 000 100 000
800 500
Gewinne
9 000 9 000 Gewinne
Schluß der Erneuerung Freitag, 2. Januar 1925.
Vierte Klasse. Ziehung am 9. u. 10. Januar 1925.
Rentenmark Gewinne
100 000 1 zu 50 000 † 1 20 000 G 2 15 000 3 15 000 5 16 000 8 10 000 10 16 000 20 25 000 50
Dritte Schluß der Erneuerung Klasse. Freitag, 5. Dezbr. 1924. Ziehung am 12. u. 13. Dezbr. 1924. Gewinne 1 zu 100 000
50 000
10 000
5 000 3 000
000
1 000 800
500
400
240
120
Rentenmark 100 000 100 000 50 000 50 000 10 000 20 000 5 000 15 000 3 000 15 000 2 000 16 000 1 000 10 000 800 16 000 500 25 000 40 000 100 400 40 000 96 000 400 „ 300 120 000 1 008 000 / y8 400 „ 150 1 260 000
Gewinne 1411 000 9 000 Gewinne 1687 000
F ünfte Klasse.] Schluß der Erneuerung: Freitag, 30. Januar 1925.
6, 7. 9 10, 1112 1 1 16., 17, 18., 19, 20,, 21., 23., 24., 25., 26., 28. Februar 1925.
Siehungstage:
Größter Gewinn im günstigsten Falle (§ 9): 1 Million Rentenmarl
500 000 Rentenmark 509 00o 300 000
I 50 000 8
1 Prämie
Gewinne 500 000 Rentenmark 300 000 200 000
225 000
300 000
250 000
. ““ 300 000 “ 1 250 000 100 1“] 300 000 400 000
400 000 550 000 M917 700 10 355 400
.69 036 „ 8 “ 16 098 100 Rentenmark
74 000 Gewinne und 1 Prämie
Abschluß. Einnahme.
Einsatz abzüglich Schreib⸗ gebühr und Lotteriesteuer Rentenmark
480 000
4 354 000 4 228 000
Anzahl der zu begebenden Lose
320 000 311 000 302 000 293 000 284 000 Staatszuschuß
Ueberhaupt Ausgabe.
½ Gesamtbetrag der Gewinne und der Prämie Rentenmark
831 000
1 113 000
1 411 000
1 687 000 16 098 100
140
976 000 100
21140 100
G Allgemeine .““
I. Der Plan der Lotterie mit seinen Bestimmungen ist für das Vertragsverhältnis zwischen den Spielern und der Preußischen Staats⸗ kasse maßgebend.
11. Der jeweils geltende Spielplan liegt bei den Lotterie⸗ Einnehmern zur unentgeltlichen Einsicht für die Spieler offen aus, auch kann er von den Einnehmern gegen Bezahlung ihrer Auslagen bezogen werden, soweit der Vorrat reicht.
I1I. Im Schriftverkehr mit den Spielern kann der Einnehmer Ersatz aller Postgebühren verlangen
IV. Vereinbarungen zwischen Spielern und Einnehmern, die vom Plan und seinen Bestimmungen abweichen, verpflichten die Staats⸗ kasse nicht. .
§ 1. Beschaffenheit der Lose: Die Lose lauten auf den Inhaber. Jedes Los trägt eine der Nummern von 1 bis 320 000, Eingeteilt sind die Lose in ganze, halbe, Viertel⸗ und Achtellose. Die ganzen Lose sind nur mit der Nummer des Stücks bezeichnet, die halben Lose außerdem mit A. B., die Viertel mit A. B. C. D. und die Achtel mit a. b. c. d. e. f. g. h. Jedes Los trägt die gedruckten Namensunterschriften von mindestens zwei Mitgliedern der Preußüchen General⸗Lotterie⸗Direktion und die eigen⸗ händige gedruckte oder gestempelte Namensunterschrift des zuständigen Einnehmers, dem das Los zum Verkauf überwiesen ist. Erst durch diese Unterschrift erhält das Los seine Gültigkeit; Lose, bei denen die Namensunterschrift des Einnehmers auch nur teilweise fehlt, sind un⸗ gültig und begründen keinen Anspruch auf Erneuerung (§ 6) oder Gewinnzahlung (§ 11). 8
§ 2. Lospreis: J. Der Lospreis (Einsatz einschl. Schreib⸗ gebühr und Lotteriesteuer) beträgt:
8 für Klassenlose in jeder Klasse je ganzes Los . 24 Rentenmark (RM.) „ halbes Los. 12 1X““ 88 „ Viertellos 6 ¹ EZZ ö3 k
für Kauflose (§ 8)
er 2. Klasse der 3. Klasse der 4. Klasse der 5. Klasse je ganzes Los 48 RM. 72 RM. 96 RM. 120 RM. „ halbes Los 24 „ 36 „ 1“ 60 „ Viertellos 12 „ 1 “ 30 Achtellss 6 9. 12 18DI
II. Der Preis ist Zug um Zua gegen Aushändigung des Loses bar u entrichten. Der Lospreis ist der Losvorderseite aufgedruckt, ein Verkauf der Lose über oder unter diesem Preis ist den Einnehmern verboten.
§ 3. Verkauf der Lose: Die Lose werden durch die Ein⸗ nehmer verkauft. Diese dürfen nur nach der Vorschrift des § 1 aus⸗ gefertigte Lose ausgeben, auch weder Zusicherungen auf Losanteile machen, noch Mit, oder Anteilspieler auf den Losen vermerken. Von Namens⸗ oder Anteilsvermerken auf den Losen sowie von einem Gesellschaftsspiel nimmt die Lotterieverwaltung keine Kenntnis.
§ 4. Vorauszahlungen: Für die Vorauszahlung von
Einsatzgeldern zu späteren Klassen der Lotterie haftet dem Voraus⸗ zahler ausschließlich der Einnehmer. S 5. Ziehungen: J. Es werden 2. Ziehungsräder benutzt, das Nummernrad und das Gewinnrad. Vor Beginn der Ziehung der 1. K. lasse werden die den 320 000 Losen der Lotterie entsprechenden Losnummern⸗ röllchen mit den aufgedruckten Nummern 1 bis 320 000 in das Nummern⸗
1“
rad, ferner vor Beginn der Ziehung jeder Klasse die der planmäßigen
Gewinnanzahl entsprechenden Gewinnröllchen mit den aufgedruckten Gewinnbeträgen in das Gewinnrad eingeschüttet. Das Einschütten und Mischen der Röllchen sowie die Ziehungen geschehen öffentlich im Ziehungssaal der Preußischen General⸗Lotterie⸗Direktion in Berlin, Nherstraße 56. II. Die Ziehung voallzieht sich wie folat: Aus dem Nummernrad wird ein Röllchen entnommen und die aufgedruckte Nummer verlesen. Gleichzeitig wird aus dem Gewinnrade ein Röllchen entnommen und der aufgedruckte Gewinn verlesen. Es entfällt mithin auf jede gezogene Nummer derjenige Gewinn, der dem gleichzeitig aus dem Gewinnrad eninommsgen Gewinnröllchen auf⸗ gedruckt ist. In jeder Klasse werden so viele Nummern und Gewinne gezogen, als in dem Plane festgesetzt sind. Die am Schlusse der 5. Klasse im Nummernrad zurückbleibenden Nummern sind Nieten. III. Ueber die Gültigkeit oder Ungültigkeit einer Ziehung entscheidet mit Ausschluß des Rechtswegs der Präsident der General⸗Lotterie⸗ Direktion und auf Beschwerde gegen seinen Entscheid endgültig der
Preußische Finanzminister. 8 . 86. Erneuerung der Klassenlose: I Jedes Klassen⸗ los gewährt Anspruch auf Teilnahme an der Ziehung und auf Gewinn nur für die Klasse, auf die es lautet. Wird es in dieser Klasse nicht gezogen, so gewährt es Anspruch auf ein Los gleicher Nummer der neuen Klasse (Neulos) gegen Zahlung des Einsatzes für die neue Klasse. Für ein nicht gezogenes Klassenlos hat der Spieler daher „§ 6, Erneuerung der Klassenlose: I. Jedes Klassen⸗ Uh.eeh am letzten Erneuerungstag bis 6, Uhr bends unter Vorlegung des von dem Einnehmer durch teilweise Abtrennung seiner Namensunter⸗ schrift zu entwertenden Loses und Entrichtung des Einsatzes ein Neulos zu beziehen. Der jeweilige letzte Erneuerungstag ist C1“ und auf dem amtlichen Lotterieplanvermerkt. Versäumt der Spieler die Frist oder erfüllt er eines der bezeichneten Erfordernisse nicht, so verliert er seinen Anspruch auf das Neulos. Nicht plan⸗ mäßig erneuerte Klassenlose können als Kauflose (§ 8) sofort anderweit kauft werden. II. Erhält ein Spieler für die neue Klasse ein Los anderer Nummer, als sein Los der Vorklasse trug, so wird ihm auf Wunsch diese andere Nummer bei alsbaldiger Rückgabe des Loses in die ursprünglich von ihm gespielte Nummer umgetauscht, soweit dies vor Beginn der Ziehung noch möglich ist. Er hat aber, solange der Umtausch noch nicht bewirkt, d, h. die ursprüngliche Nummer noch nicht an ihn verabfolgt oder abgesandt ist einen Anspruch nur auf den Gewinn, der auf das ihm zugeteilte Los fällt. Der Umtausch ist alsdann, soweit angängig, in der folgenden Klasse nachzuholen. Der Inhaber der vertauschten Nummer hat nur Anspruch auf seine ur⸗ Prünefiche Nummer. III. Die Verpflichtung des Einnehmers zur Verabfolgung von Neulosen sowie zur Aufbewahrung von Losen hört auf, wenn der Spieler in einen anderen Staat verzogen ist, in dem der Vertrieb von Losen der Preußisch⸗Süddeutschen Klassenlotterie mit n bedroht ist. Auf Verlangen des Einnehmers hat der Sieler das Gegenteil nachzuweisen. § 7. Ausscheiden gezogener Lose: Jedes in der 1. bis 4. Klasse gezogene Los scheidet für diese Lotterie aus dem Spiel aus. Wünscht der Spieler an der Ziehung der neuen Klasse teil⸗ zunehmen, so muß er dazu ein Kauflos (§ 8) erwerben, soweit solche bei den Einnehmern noch verfügbar sind. § 8. Kauflose: Für Lose, die erst zur 2, bis 5. Klasse erworben werden, muß der amtliche Lospreis für die früheren Klassen nachgezahlt werden (siehe § 2). Auch Ersatzlose, die an Stelle ge⸗ zogener Lose vom Spieler erworben werden, um sich am Spiel weiter zu beteiligen, gelten als Kauflose im Sinne dieser Bestimmung. § 9, Prämie der Schlußklasse: I. Am letzten Ziehungs⸗ tag der Schlußklasse wird dem zuletzt gezogenen Gewinn von min⸗ destens 1000 Rentenmark die Prämie von 500000 Rentenmark zugeschlagen. II. Ist ein solcher Gewinn an diesem Tage nicht mehr im Rad, so wird die Prämie dem überhaupt zuletzt aus dem Gewinn⸗ rad gezogenen Gewinn zuͤgeschlagen, III. Im günstigsten Falle können demgemäß auf ein ganzes Los 1 Million Rentenmark gewonnen werden, Amtliche Gewinnlisten: Nach jeder Ziehung gibt die General⸗Lotterie⸗Direktion mit ihrem Stempel und mit der ge⸗ druckten Namensunterschrift von mindestens zwei Direktionsmitgliedern versehene Gewinnlisten aus. Sie können bei den Lotterieeinnehmern unentgeltlich eingesehen oder von ihnen gegen Bezahlung der Unkosten bezogen werden, soweit der Vorrat reicht. § 11. Gewinnzahlung: 1. Nur der rechtmäßige Besitz des Loses sichert den Gewinmnanspruch. Der Inhaber eines Gewinn⸗ loses hat Anspruch auf die Gewinnzahlung erst dann, wenn die amt⸗ liche Gewinnliste bei dem Einnehmer eingegangen ist. Die Lotterie⸗ verwaltung ist nur gegen Uebergabe des Gewinnloses zur Leistung ver⸗
3 Gewi muß daher innerhalb der im § 14 be ⸗·
.“
stimmten Frist dem zuständigen Einnehmer (§ 1) zur Einlösung vor⸗ gelegt und übergeben werden. Ein anderer Einnehmer ist nicht be rechtigt, den Gewinn auszuzahlen. II. Zu einer Prüfung der B rechtigung des Inhabers des Loses ist die Lotterieverwaltung nicht verpflichtet. Sie ist aber befugt, die Gewinnzahlung einstweilen auszusetzen, wenn erhebliche Bedenken dagegen bestehen, daß der In⸗ haber zur Verfügung über das Los berechtigt ist. Der Gewinn⸗ forderung gegenüber kann sie alle Rechte geltend machen, die dem Ein⸗ nehmer aus dem Verkauf des Loses gegen den Inhaber zustehen III Hat ein deutsches Gericht oder eine deutsche Verwaltungsbehörde die Auszahlung an den Inhaber durch eine vorschriftsmäßig zugestellte einstweilige Verfügung, Zahlungssperre oder sonstige Entscheidung verboten, so ist der Einnehmer verpflichtet, die Zahlung so lange auszusetzen, bis die Verfügung, Zahlungssperre oder Entscheidung vo dem Gericht oder der Verwaltungsbehörde wieder aufgehoben ode sonst hinfällig geworden oder bis dem Einnehmer von den Beteiligte oder von dem Gericht durch rechtskräftige Entscheidung diejenig Person bezeichnet worden ist, an die Zahlung geleistet werden sol IV. Vermag der Einnehmer nach Eingang der amtlichen Gewinnlis (§ 10) einen Gewinn von 1000 Rentenmark und darüber nicht s gleich zu zahlen, so kann sich der Inhaber des Loses darüber ein Bescheinigung erteilen lassen und sie zusammen mit dem Gewinnle⸗ an die General⸗Lotterie⸗Direktion einreichen. Wenn gegen d Auszahlung keine Bedenken bestehen, wird die, General⸗Lotteri Direktion dem Losinhaber den Gewinn durch die General⸗Lotteri Kasse auszahlen oder auf seine Gefahr und Kosten durch die Post übermitteln lassen.
§ 12. Abzug von den Gewinnen; Die Gewinne und die Prämie sind unter Abzug von 20 v. H. bar zahlbar. Der Einnehmer ist verpflichtet, dem Spieler auf Verlangen über den ihm hiernach gemäß der gestempelten Gewinntabelle der General⸗L. tterie⸗Direktie vom 1. Juli 1924 zustehenden Gewinnbetrag bei der Auszahlul eine Berechnung zuzustellen und die Gewinntabelle zur Einsicht vor zulegen.
§ 13. Abhanden gekommene Lose: 1. Das Abhanden kommen eines Loses hat der Spieler, wenn er nicht das gerichtliche Aufgebotsverfahren herbeiführen will, dem zuständigen Einnehmer (§ 1) ungesäumt unter genauer Bezeichnung des Loses schriftlich in deutscher Sprache anzuzeigen. II. Ist beim Einagna der Anzeige das Reulos oder der auf das vermißte Los gefallene Gewinn bereits ver⸗ fallen oder dem Inhaber des Loses ausgehändigt, so behält es dabe sein Bewenden, III. Andernfalls kommt es darauf an, ob das vermißt angezeigte Los zur Erneuerung oder zux Gewinnzahlung zum Ablauf der hierfür vorgesehenen Fristen (§§ 6 und 14) vorgele und übergeben wird. Ist dies nicht geschehen, so wird dem Verluß anmelder — vorausgesetzt, daß gegen seine Berechtigung keine Be⸗ denken bestehen — das Neulos ausgehändigt, wenn er spätestens ei Kalenderwoche vor Beginn der nächsten Ziehung bis 6 Uhr Abends den planmäßigen Betrag entrichtet hat. Für die Gewinnzahlung gelten die Bestimmungen des § 14 II. IV, Wird dagegen das vermißte Los vorgelegt und gegen Bescheinigung übergeben, so hat der Einnehmer dem Verlustanmelder den Tag der Vorlegung und Uebergabe som wenn möglich auch Vornamen, Zunamen, Stand und Wohnort d Eigenbesitzers des Loses — zu deren Angabe dieser ebenso wie Uebergabe des Loses zur Vermeidung des Verlusts seines Anspru⸗ verpflichtet ist — unter Einschreibung unverzüglich anzuzeigen. Das Neulos ist dem Vorleger sofort auszuhändigen, falls dieser die plan⸗ mäßigen Bedingungen (§ 6) erfüllt und nicht der Nachweis geführt ist (§ 11 III), daß er zur Verfügung über das Los nicht berechtigt ist. Die Lotterieverwaltung ist in einem solchen Fall auch zur Auszahlung des Gewinns an ihn berechtigt und wird dadurch von jeder Verbind⸗ lichkeit aus dem Los und dem Spielvertrag pöllig befreit, jedoch ist sie nicht verpflichtet, vor Ablauf eines Monats nach der Vorlegung und Uebergabe des Loses zu zahlen. Der Einnehmer wird daher in der Regel bis dahin den Gewinn einbehalten, so daß der Verlust⸗ anmelder während dieser Frist gegen den Eigenbesitzer oder im Auf⸗ gebotsverfahren
2
die einstweilige Verfügung oder die endaültige Ent⸗ scheidung eines deutschen Gerichts über die Zahlung erwirken und zu⸗ stellen lassen kann. V. Haben mehrere Personen ein Los als vermißt angezeigt und, bevor es von anderer Seite rechtzeitig vorgelegt ist, das Neulos oder den Gewinn planmäßig abgefordert, so werden diese von der Lotterieverwaltung so lange einbehalten, bis ihr von den Verlustanmeldern oder vom Gericht durch Entscheidung diejend Person bezeichnet worden ist, an die geleistet werden soll, und auä dann nur an diese Person ausgehändigt, wenn keine Bedenken dagegen bestehen, daß einer der Verlustanmelder tatsächlich empfangsberechtigt ist. VI. Uebrigens haftet die Staatskasse den Anmeldern vermißter Lose nicht für Nachteile, die ihnen bei Außerachtlassung vorstehender Bestimmungen durch die Einnehmer entstehen.
§ 14. Verfallzeit der Gewinne: I. Der Gewinn. anspruch erlischt mit dem Ablauf von 4 Monaten nach dem letzten Ziehunastag der Klasse, in der das Los gezogen ist. II. Wird bis zum Verfalltag ein Gewinnlos als vermißt angezeigt (§ 13), so er⸗ lischt der Anspruch des Verlustanmelders erst dann, wenn er d Gewinn nicht gegen Quittung innerhalb der Frist von einem weiter Monat abgefordert hat, die mit dem ersten Tag nach Ablauf Verfallzeit beginnt. Bei mehreren Verlustanmeldern muß innerhe des weiteren Monats bei Meidung des Verlusts jedes Anspruchs auch die Bezeichnung der zum Empfang des Gewinns ermächtigten Person bewirkt und dem Einnehmer zugestellt sein. 1
§ 15. Ein Anspruch auf Verabfolgung von Losen bestimmter Nummern zur 1. Klasse einer Lotterie be⸗ steht nicht.
§ 16. Allen Anfragen usw. an die General⸗Lotterie⸗ Direktion ist stets das Rückporto für die Antwort beizufügen.
erlin W. 56, den 1. Juli 1924. Preußische General⸗Lotterie⸗Direktion. Dr. Huth. Pons. Köhler. Dr. Feulner.
Richtamtliches. Deutscher Reichstag.
19. Sitzung vom 26. Juli 1924, Vormittags 11 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger*)) Am Regierungstisch: Reichskankler Marx, Reichs⸗ minister des Aeußern Dr. Stresemann, Reichsministet des Innern Dr. Jarres und Reichsfinanzminister Dr. Luther. Präsident Wallraf eröffnet die für 11 angesetzte Sitzung mit einstündiger Verspätung um 12 Uhr Mittags. Ein Einspruch des Abg. von Grae fe (Nat. Soz.) gegen die dritte “ des Notetats, die nach seiner Ansicht frühestens am Sonntag stattfinden dürfte, wird als unbegründet ver⸗ worfen. Der Abg. Münzenberg (Komm.) legt vor Eintritt in die Tagesordnung einen Antrag vor, die Ausreiseerlaubnes für die von der kommunistischen internationalen Arbeiterhilse zu einer Erholungsreise nach Frankreich bestimmten 800 Kinder zu erteilen. 8 Gegen die sofortige Behandlung der Frage wird vom Abg. Dr Kahl (D. Vp.) Widerspruch erhoben. (Darauf erhebt sich bei dem Kommunisten großer Lärm. Abg. Höllein dringt nach den Bän der Volksparteiler vor und beschimpft den Abg. Dr. Kahl. Höllein nd andere kommunistische Abgeordnete werden zur Ordnung gerufen.] Abg. Dr. Kahl erkiärt, es handle sich bei der beabsichtigten Ve⸗ *) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben find.
8 “
schickung der Kinder nicht um eine Sache der Menschlichkeit, sondern
um eine politische Aktion.
Abg Schultz⸗Bromberg (D. Nat.) erhebt Protest dagegen, daß heute im Hauptausschuß bei der Erörterung von Verkehrs⸗ angelegenheiten weder der Verkehrsminister Oeser noch ein Vertreter arwesend sei. Der Redner beantragt die sofortige Herbeirufung des Verkehrsministers. Der Antrag wird angenommen.
Ueber einen kommunistischen Antrag auf Verbindung der dritten Lesung des Notetats mit den Anträgen über die bayerischen Volksgerichte muß durch Auszählung abgestimmt werden. Der Antrag wird mit 166 gegen 122 Stimmen abgelehnt.
Auf Antrag Löbe (Soz.) wird dann wenig⸗ die Anträge auf Aufhebung des Ausnahmezu tandes und es Verbots politischer Parteien mit dem Notetat zu verbinden. Die Verbindung soll sich nicht erstrecken auf den Antrag über die bayerischen Volksgerichte. Diesem Vorschlag stimmt das Haus zu.
Um 1 Uhr Nachmittags wird dann endlich in die dritte Lesung des Notetats eingetreten.
Abg. Dietrich⸗Baden (Dem.) berichtet über die Verhand⸗ lungen des Hauptausschusses, die heute vor der Plenarsitzung statt⸗ haben. Der Hauptausschuß befürwortet die unveränderte Annahme der Vorlage des Notetats. Im Ausschuß wurde bemängelt, daß über die Reichsfinanzen nach Abtrennung von Post und Eisenbahn keine Uebersicht mehr möglich sei, und es wurde deshalb Auskunft vom Verkehrs⸗ und Postminister verlangt. Der Ausschuß beantragt eine Denkschrift über die Verwendung der verfügbaren Gelder und legt außerdem noch eine große Anzahl anderer Anträge vor.
Reichsverkehrsminister Oeser: Meine Damen und Herren, ich bedaure, daß ich keine Kenntnis davon gehabt habe, daß der Haupt⸗ ausschuß Mitteilungen über die Einnahmen und Ausga ben der Reichsverkehrsverwaltung wünscht. Selbstverständlich hätte ich diese Mitteilungen sonst sofort und auch im Ausschuß ge⸗ macht. Wie mir gesagt worden ist, handelt es sich um die Ein⸗ nahmen und Ausgaben in der abgelaufenen Periode. Vom 15. No⸗ vember bis 1. April betrugen die Einnahmen der Reichsverkehrsver⸗ waltung 1138 Millionen Mark; die Ausgaben betrugen 1097 Mil⸗ lionen Mark; es war also ein rechnungsmäßiger Ueberschuß von 40 Millionen Mark vorhanden. Dieser Ueberschuß ist zum Teil zur Einlösung des Notgeldes und zur Abtragung anderer drückender Schulden perwendet worden, die die Reicheverkehrsverwaltung bei dem Uebergange vom 15. November auf sich nehmen mußte. Zum erheb⸗ lichen Teil trägt dazu die Belastung aus den verbleibenden Restaus⸗ gaben im Ruhrgebiet bei. Ich darf bemerken, daß für das Ruhrgebiet noch Beträge von 220 Millionen Mark im lanfenden Haushalt ent⸗ halten sind, die bezahlt werden müssen, obgleich eine Einnahme der Reichsverkehrsverwaltung aus diesem Gebiet nicht gezogen wird, weil wir dort einen Betrieb nicht mehr haben. Diese Belastung trifft den Haushalt des Reichsverkehrsministeriums stark und bildet zum Teil ein Hemmnis für weitere Tarifermäßigungen. (Hört! hört! rechts.)
Die Einnahmen der Reichsverkehrsverwaltung haben sich bis April normal entwickelt, und zwar in einer aufsteigenden Linie. Im November hatten wir eine werktägige Einnahme von 8 Millionen, im Dezember von 8,5 Millionen, im Januar von 9,46 Millionen, im Februar von 10,1 Millionen, im März von 11,3 Millionen, im April von 12,7 Millionen. Im Mai sind die Einnahmen unter den Einwirkungen des großen Streiks im Westen zurückgegangen. Im Juni haben sie, obgleich der Personenverkehr sich wegen des Pfingst⸗ festes hob, nicht wieder die alte Höhe erreicht. Wir haben im Mai eine durchschnittliche werktägige Einnahme von 11,2 Millionen und im Juli von 11,3 Millionen erreicht, während wir im Avpril, wie gesagt, eine Einnahme von 12,7 Millionen hatten.
Die Ausgaben haben sich entsprechend gesteigert. Besonders sind infolge der Erhöhung der Löhne und Gehälter die persönlichen Aus⸗ gaben in die Höhe gegangen. Die Steigerung beträgt seit April zwischen 300 und 400 Millionen Mark für den Jahreshaushalt. Das sind die wesentlichsten Zahlen aus der Vergangenheit.
Der neue Haushalt ist aufgestellt worden mit einer Gesamt⸗ summe von 3 775 950 000 ℳ und demgegenüber die Ausgaben mit 3 404 853 000 ℳ. Man rechnet mit einem rechnungsmäßigen Fehl⸗ betrag von 85 Millionen Mark. Dieser Haushalt wird natür⸗ lich entsprechend der Entwicklung der Dinge modifiziert werden. Die Eisenbahn ist das genaueste Barometer des gesamten Wirt⸗ schaftslebens. In den Eisenbahneinnahmen, die wir jetzt täglich aus dem ganzen Reich bekommen, drückt sich mit einer absoluten Klarheit aus, ob das Wirtschaftsleben in einer aufsteigenden oder absteigenden Linie begriffen ist. So wird auch die künftige Gestaltung des Hausbhalts in erster Linie bedingt werden durch die weitere Entwicklung des Wirt⸗ schaftslebens, durch die Gestaltung der Tarife, wobei wir eine große Fülle von Tarifwünschen der beteiligten Wirtschaftskreise vor uns haben und gegenwärtig sehr ernsthaft prüfen, ob und auf welchem Wege wir diesen Wünschen noch weiter Rechnung tragen können. Die wesentlichste Einwirkung auf den Etat der Reichsverkehrsverwaltung wird aber die Gestaltung der politischen Verhältnisse, vor allem die Frage der Regiebahnen ausüben, die ja für uns auch finanziell von einer außerordentlich großen Tragweite ist.
Ich hoffe, daß das in der Hauptsache die Auskünfte sind, die das hohe Haus gewünscht hat. Ich bin aber zu weiteren Aufklärungen gern bereit. (Zuruf von den Nationalsozialisten: Wovon wollen Sie denn die 900 Millionen an den Feindbund bezahlen ²)
Mit zur dritten Lesung gestellt wird ein Antrag der Mittelparteien auf Gewä hrung von Krediten an die wirtschaftlichen Selbsthilfeeinrich⸗ tungen der deutschen Studenten. Weiter liegt vor das Mißtrauensvotum der National⸗ sozialisten.
Abg. Graf Lerchenfeld. (Bayr. Volksp.): Meine Partei hat am 5. Juni das Sachverständigenautachten als Grundlage für weitere Verhandlungen anerkannt, obwohl sie bezüglich der Durch⸗ führbarkeit die schwersten Bedenken hegt. Wenn letztere doch versucht werden foll, müssen Garantien dafür gegeben werden. so Räumung des Ruhrgebiets, Wiederherstellung der Reichs⸗ und Landeshoheit, Beseitigung der Regie ursw. Die Räumung der neubesetzten Landes⸗ teile muß alsbald erfolgen. Nach der neuerlichen Haltung der Fran⸗ zosen scheint nur der Ingenieur zurückgezogen zu werden. der Soldat aber soll bleiben. Das Ziel muß die Herbeiführuna eines wirklichen, dauernden Friedens sein. Die Erklärung von der deutschen Schuld am Kriege müssen wir abermals zurückweisen. Wenn bei künftigen Verhandlungen die Reichsregierung diesen Forderungen Rechnung trägt, dann, aber auch nur dann, kann sie auf die Unterstützung der Baverischen Volkspartei rechnen.
Abg Dr. Bredt (Wirtschaftl. Vereinig.): Auch wir halten das Gutachten für eine geeignete Grundlage für weitere Verhandlungen und sind bereit, die Regierung zu unterstützen, wenn sie die in der
Erklärung Fehrenbachs erwähnten Punkte in London mit allem
Nachdruck vertritt. In auswärtigen Fragen muß auch bei uns die
“
Opposition zurücktreten, aber wenn aus unserer Zustimmung zu der damaligen Resolution nachher ein Vertrauensvotum für die Re⸗ gierung gemacht wird, so lehnen wir das ganz bestimmt ab. Wir sind in den Reichstag geschickt worden, um den Beschwerden der Wählerschaft gegen die Regierungspolitik Ausdruck zu geben, wir sind bereit, sachlich mitzuarbeiten. Ich habe bei der betr. Aussprache dem Reichskanzler sehr bescheidene Wünsche vorgetragen. (Reichs⸗ kanzler Dr. Marx: Der Reichskanzler muß in erster, Linie die Ver⸗ fassung hochhalten!) Wenn wir jetzt gegen die Regierung stimmen, würde das im Ausland gang falsch verstanden werden, und das können wir nicht verantworten. Dem Ausland gegenüber muß die Einheits⸗ front aufrechterhalten werden, so auch jetzt in London. Im übrigen bleiben wir in der Opposition.
Abg. Dr. Hoetzsch (D. Nat.) führt aus: Es sei heute buch⸗ stäblich der letzte Augenblick, wenn die Einladuna nach London an uns komme, uns im Reichstag über die dort innezubaltende Politik auszusprechen und vor allem die Reagierung sich aussprechen zu bören was bis jetzt und auch gestern nicht ausreichend geschehen sei. In jedem anderen Lande sei es selbstverständlich, daß bei solchen Gelegen⸗ heiten auch die nationale Opposition ausgiebia zu Worte komme. Gewiß sei es ein Novum von agroßer Bedeutuna., daß sich jetzt die Vereinigten Staaten intensiver an einer Konferenz beteiligten als se zuvor, und hierher gehöre auch die bedeutsame Rede des Staats⸗ sekretärs Hughes. Aber die anhaltende Neiaung zum Mißtrauen in das Gelingen und in die Hoffnung auf diese Wendung stamme auch daher, daß das deutsche Volk zu oft in seinen Hoffnungen getäuscht und betrogen worden sei, und auch jetzt sei noch lange nicht ent⸗ schieden, ob nicht auch die Londoner Konferenz, sei es. weil Amerlika seine Ziele dabei nicht habe erreichen können oder wollen, wieder ohne Erfolg sein werde. Positiv gescheben sei bis zur Stunde iedenfalls noch nichts. Frankreich halte am Poincgréschen Standpunkt des Versailler Vertrags und der Sanktionen fest. Ueber die Hauptfrage, was nun von unserer Seite geschehen solle, habe der Außenminister sich im Auswärtigen Ausschuß nur ungenügend ausgesprochen, und hier sich zu äußern, habe er direkt abgelehnt. Der Redner gedenkt des verstorbenen deutschnationalen Führers Dr. Helfferich, der in der Unterschrift unter dieses Gutachten ein zweites Versailles aesehen habe, Verhandlungen aber über das Gutachten habe die Partei niemals abgelehnt und daran habe sich nichts geändert. Die Partei habe von vornherein unverzichtbare Voraussetzungen an die Annahme geknüpft, während die Sozialdemokratie soaar durch einen Volks⸗ entscheid die bedinaungslose Annahme erswingen wollte. Später habe die Deutsche Volksvartei solche Vorbehalte aufaestellt, Schließ⸗ lich habe auch der englische Ministerpräsident das ominöse Wort von den unverzichtbaren Vorbehalten gebraucht und aestern habe sozar Fehrenbach im Namen aller Regierungen eine gange Liste von Be⸗ dingungen vorgetragen und sei damit den Deutschnationalen gefolgt. (Widerspruch bei der Mehrheit: Zustimmuna bei Deutsch⸗ nationalen.) Leider hätten sich die Aussichten für die Beachtung dieser Vorbedinaungen immer mehr verschlechtert, deshalb habe sich die opposttionelle Stellung der Deutschnationalen verschärfen müsten. Die erste Forderung sei die Amnestie, die wir nicht als Gnade wünschen, sondern fordern. An sie könne man aber nicht glauben, wenn täglich neue Verhaftungen und Beschlaanahmen erfolgen. Das zweite sei die Sicherung gegen Sanktionen, die schon dann nicht bestehe, wenn die Reparationskommission in ihren alten Rechten be⸗ stehen bleibe. Die dritte conditio sine qua non sei die wirtschaft⸗ liche und militärische Räumuna erstere sei noch völlia unsicher, letztere sei überhaupt nicht auf die Tagesordnung von Lon don gesetzt. (Hört! hört! bei den Deutschnationalen.) Der Redner fraat den Kanzler, ob er auf diese Forderung etwa verzichten wolle. Ferner hätten auch nach Ansicht des jetzigen französischen Ministerpräsidenten die Räu⸗ mungsfristen noch nicht zu laufen begonnen, wie es Poincaré auf⸗ gestellt habe. Von der Deutschen Regierung habe man darüber im Zusammenhana mit dem Gutachten noch nichts gehört. Das Letzte fei die Wiederherstellung des Rheinlandabkommens. das ia sogar auch von Amerika unterschrieben worden sei. Das seien die unverzichtbaren Voraussetzungen für die Deutschnationalen. Sie seien aber bereit, große Opfer zu bringen, wenn eine Lösung gefunden werde, die im Rahmen der deutschen Leistungsfähiagkeit liege und vereinbar sei mit der nationalen Würde und dem Wenigen, was an staatlicher Sou⸗ veränität uns noch geblieben sei. Von dieser Plattform aus greife die Partei die Bindungen an, in die die Regierung sich schon hinein⸗ begeben habe oder hineinbegeben wolle. Die deutsche Reaierung müsse die andern fragen, wie sie sich die wirtschaftliche Möalichkeit für die Leistungen und die Revisionsinstanz dachten. Der Redner fragt weiter die Regieruna, ob sie nicht bereits durch die Verhandlungen ihrer Sachverständigen gebunden sei. Ohne die genannten Vor⸗ aussetzungen sollte das Haus das Gutachten nicht annehmen. Jeden⸗ falls würden die Deutschnationalen an der Notwendiakeit der Zwei⸗ drittelmehrheit festhalten. Wenn Deutschland nicht als gleich⸗ berechtigter Faktor nach London geladen werde. solle die Regierung lieber zu Hause bleiben (Reichsaußenminister Dr. Stresemann: Voll⸗ kommen meine Meinung!). Der Redner spricht weiter seine Freude aus über die Uebereinstimmung mit Scheidemann in der Kriegsschuld⸗ frage. Das sei die Folae des wachsenden Drucks von rechts. (Lachen bei den Sozialdemokraten, Zustimmung bei den Deutschnationalen). Der Redner freut sich weiter des Fortschritts beim Zentrum, das jetzt auch den Standpunkt vertrete, den die Deutschnatjonalen seit drei Jahren hätten. Aber so erklärt der Redner, seine Fraktion habe in dieser Stunde nicht das Vertrauen zu einer Regieruna. die auf so schmaler Basis stehe, daß sie auf diesen Bedingungen bestehe, wie seine Fraktion es fordere. Darum habe sie in dieser Stunde ihrer Verpflichtung vor ihren Wählern nachkommen wollen. Der Redner verteidigt seine Fraktion des weiteren gegen den sozialistischen Vor⸗ wurf; sie bereite ihren Umfall vor, und erwidert, gerade die Stellung der Sozialdemokraten zur Reparationsfrage sei unklar gewesen. ie befänden sich heute in der Sackagasse mit ihrer bedinaungenslosen An⸗ nahme; in der Frage der Annahme oder Ablehnung würden die Deutschnationalen weder indirekt noch direkt den Sozialdemokraten in die Hände arbeiten. Es werde ihnen nicht gelinaen, die hundert Mann starke deutschnationale Fraktion auseinanderzureden, wie es in letzter Zeit mehrfach versucht worden sei. Allen Abmachungen, die diesen Mindestbedinaungen nicht entsprächen, würden sich die Deutsch⸗ nationalen mit allen Mierteln widersetzen. Sie säßen ja am längeren Hebel: Stresemann brauche nur an die Zweidrittelmehrbeit zu denken. Die Deutschnationalen würden von ihrer Macht unter Umständen rücksichtslos Gebrauch machen. Sie erkennen die Lehre der Geschichte an, daß der Unterlegene sich schweren Opfern nicht entziehen könne. (Hört, hört! links und bei den Nationalsozialen.) Aber die Rechte, die droben hingen, unveräußerlich, die ließen die Deutschnationalen nicht zum Gegenstand parlamentarischen Kuhhandels machen. Wo diese Grenzen überschritten würden, seien sie entschlossen, den Ab⸗ machungen ein entschiedenes Nein entgegenzusetzen. (Lebhafter Beifall bei den Deutschnationalen.)
Abg. Barteks, Crefeld (Komm.): Die ganze Katzbalgerei in London gehe nur darum, ob der englische oder der französische Im⸗ perialismus und Kpaitalismus die Oberhand gewinne. Das Opfer seien die deutschen Arbeiter. Die Verschacherung der deutschen Eisen⸗ bahnen sei ein besonders dunkles Kapitel. Die Arbeiterschaft habe die Gefahren des Sachverständigengutachtens bereits begriffen, während die Sozialdemokraten bereit seien, die Ieenesen der deutschen Arbeiterschaft an fremde Frctheen g en zu verschachern. Der Redner wendet sich dann innerpoliti⸗ chen Fragen zu und kritisiert das Verbot kommunistischer Zeitungen sowie die „Bluturteile“, die
egen Kommunisten in letzter Zeit ergangen seien. Damit werde man ie kommunistische Bewegung nicht aus der Welt schafften. Der Redner gebraucht den Ausdruck „Justizhure“ und wird vom Vize⸗ präsidenten Dr. Bell darauf aufmerksam gemacht, daß dieser Ausdruck parlamentarisch unzuläffig sei. Weiterhin nennt Redner den früheren Kronprinzen den „Hurenhengst von Charleville“, worauf ihm Vize⸗ präsident Dr. Bell bedeutet, daß es zu den alten Gepflogenheiten des 85 gehöre, deutsche Staatsbürger nicht von der Tribüne dieses aufes aus zu beschimpfen.
Der Redner wirft ferner Ludendorff jandesverrat vor und wird wiederum vom Vizepräsidenten Dr. Bell ermahnt, sich in parlamentarischen Grenzen zu halten, Weiterhin bün der Abgeordnete Beschwerde darüber, daß von Hamburg aus deutsche Erwerbslose an die spanische Regierung verschachert worden
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die sie dann zwinge, zusammen mit Sch. ie Rifkabylen zu kämpfen.
Abg. Schroeder⸗Mecklenburg (Nat. Soz.): Die Erklärungen des Reichskanzlers seien nur pflaumenweich gewesen. Nach der Ver⸗ fassung gehe die Staatsgewalt vom Volke aus, deshalb müßte die Regierung in wichtigen Dingen die Volksvertretung befragen. Aber die Regierung sage nichts darüber, was eigentlich los sei. Die Lasten des Sachverständigengutachtens seien für das deutsche Volk unerträg⸗ lich. Geradezu schrecklich sei, wie die deutsche Eisenbahn zerschlagen werden sollte, dieses großartigste volkswirtschaftliche Institut, das dem Fürsten Bismarck zu verdanken sei. (Zwischenruf links, worauf Redner erwidert: Ja, ich bin Sozialist, Nattonalsozialist, Fürst Bis⸗ marck war auch Nationalsozialist) Fürst Bismarck habe erkannt wie dieses große wirtschaftliche Institut der deutschen Volkswirtschaft habe dienen konnen. Das Eisenbahngesetz könne nicht angenommen werden. Das Sachverständigengutachten nehme keinerlei Rücksicht darauf, wie notwendig die Reichsbahn für die deutschen Interessen sei. Die Rentenmark sei durch das Sachverstandigengutachten gefährdet; sie sei gestützt und gesichert durch die Hypothek von Industrie und Landwirtschaft, aber jetzt solle an Stelle dieser Hypothek eine andere erste Hypothek treten. Was nutze uns die Goldnotenbank, wenn wir achthundert Millionen Anleihe bekommen, aber in wenigen Jahren dafür 1000 Millionen zurückzahlen sollen. Auch die Reichsbank solle jetzt ein privater Betrieb werden. Die Sozialdemokraten müßten eigentlich von ihrem Standpunkt aus für die Sozialisierung aller Banken sein, aber durch ihre Zustimmung zum Sachverständigengut⸗ achten hülfen 4 die Reichsbank zertrümmern. In geradezu teuf⸗ lischer Weise sei im Sachverständigengutachten der Wohlstandsinder erfunden worden, damit auch kein deutscher Arbeiter mehr etwas Geld “ könne sondern rettungslos dem Großkapitalismus zum Opfer falle. Dann sei auch in Deutschland kein Raum mehr für eine Sozialpolitik, dann sei Schluß mit der Sozialvolitik. (Widerspruch des Abg. Löbe. Redner erwidert: Dann, Herr Löbe, werden Sie auch keinen Sozialismus mehr betreiben können, Widerspruch links.) Am Sonnta habe der „Vorwärts“ geschrieben, allein das amerikanische Großkapit könne uns retten. (Große Heiterkeit.) Ein Liebeswerk sei das Sach⸗ verständigengutachten wahrlich nicht. Man habe die Sachverständigen kommen lassen, um zu erforschen, wie man Deutschland zu weiterer Erfüllung zwingen könne, nachdem die bisherige Erfüllungspolitik zusammengebrochen sei. Wir könnten dieses Schandblatt, den Ver⸗ trag der ewigen Versklavung Deutschlands, nicht annehmen. In der Aufwertungsfrage hätte das Reichsgericht im November eine sehr vernünftige Entscheidung getroffen, da sei aber die dritte Steuernot⸗ verordnung gekommen und habe zugunsten des Kapitals die Auf⸗ wertung zunichte gemacht. Erst dadurch sei die Grundlage für das Sachverständigengutachten geschaffen. Die „Rote Fahne“ solle wegen Landesverrat t werden, weil sie das Eisenbahngesetz veröffent⸗ 8. habe. Damit habe sie eine gute Tat vollbracht. Die Regierung habe das Volk über die Bedeutung des Sachverständigengutachtens getäuscht. Wir brauchten eine Regierung, die sich wieder das Ver⸗ trauen des Volkes zu erwerben verstehe und die auch Furcht erwecken könne. Aber diese Regierung fürchte niemand mehr. Das Eisenbahn⸗ gesetz sei eine Verfassungsänderung und bedürfe der Zweidrittel⸗ mehrheit im Reichstag, nur der „Vorwärts“ vermöge das nicht ein⸗ zusehen. Wenn das Gutachten angenommen werde, könne der erste Artikel unserer Verfassung nicht mehr lauten: „Das Deutsche Reich ist eine Republik, alle Staatsgewalt geht vom Volke aus’, sondern er müsse lauten: „Das Deutsche Reich ist eine Negerkolonie. Alle Staatsgewalt seht vom internationalen Kapital aus“. Die fran⸗ zösische Atmosp bäre sei noch immer vom Pesthauch des Hasses erfüllt, Frankreich gefalle sich in gemeiner, zynischer, ja sadistischer Quälerei Deutschlands. Das Sachverständigengutachten könne und werde uns nicht den geringsten Segen bringen. Nun sei die Einladung ja da; ein bißchen wolle man mit uns verhandeln, das sei alles! Die Herren Sozialdemokraten rühmten die Erfolge ihrer Politik, aber wo seien diese. Stets hätten die Gegner ihre so freundschaftlich dargebotene Hand höhnisch zurückgewiesen. Der letzte Fluch des sterbenden Deutsch⸗ lands falle auf diese Regierung, die den Schandvertrag von Versailles unterschrieben habe. (Stürmische Zustimmung rechts.)
Abg. v. Kardorff (D. Vp.) beantragt die Zurückverweisung des Antraas der Kommunisten wegen Aufhebung der Verordnung des Reichspräsidenten vom 17 Juni 1924, betr. Neuregelung der Presse, und des bezüglichen Ausschußantrags, der auf Annahme dieses kommu⸗ nistischen Antrags gerichtet ist, an den Rechtsausschuß, da die Re⸗ gierung dem Ausschuß neues Material vorlegen will Katz (Komm.) protestiert gegen dieses Ersuchen des Vor⸗
9* S.
Aba Dittmann (Soz) erklärt gleichfalls, den Antrag p. Kar⸗ dorff abzulehnen, da es offenbar darauf abgesehen sei, die Aufhebung der Verordnung zu verhindern.
Von seiten der Nationalsozialisten wird das gleiche erklärt. 8
Die Kommunisten haben ihren zu Anfang der Sitzung abgelehnten Antrag wegen Erteilung der Ausreiseerlaubnis an die nach Frankreich zu verschickenden deutschen Kinder nun⸗ mehr in Form einer Entschließung zum Etat wiederum ein⸗ gebracht.
Der Notetat wird hierauf im einzelnen und in der Schlußabstimmung gegen Kommunisten, Sozialdemokraten und Nationalsozialisten angenommen.
Zum Etat selbst wird die Verdoppelung der Position von 600 000 ℳ für „wirtschaftliche Studentenhilfe“ nach dem Antrag des Hauptausschusses beschlossen.
Der Antrag der Kommunisten, betr. die Verschickung deutscher Kindernach Frankreich, wird gegen die Stimmen der Kommunisten und Sozialdemokraten ab⸗ gelehnt. (Lärm bei den Kommunisten und Rufe: Kinder⸗ mörder!)
Es folgt die namentliche Abstimmung über das von den
tionalsozialisten beantragte Mißtrauensvotum.
Vor der Abstimmung erklärt der
Abg. Dr. Schultz⸗Bromberg (D. Nat.): Die deutschnationale Fraktion hat bestimmte, klar umrissene Forderungen an die Reichsregierung gestellt, welche als unverzichtbare Bedingungen für die Verhandlungen in London zu gelten haben. Im übrigen hat die Fraktion durch wiederholte Erklärungen ihren Stand⸗ punkt zu den schwebenden Fragen der inneren und äußeren Politik deutlich und bestimmt und insbesondere durch ihr letztes am 6. Juni vom Reichstag abgelehntes Misstrauensvotum zun Ausdruck gebracht. Vor Abschluß der Verhandlungen in London hat die deutschnationale Fraktion keinen Anlaß, ihr Bekenninis und ihre bekannte Gesamteinstellung zu dieser Regierung an dieser Stelle zu wiederholen. Dazu wird Zeit und Gelegenheit nach Abschluß jener Verhandlungen gegeben sein Von ihrem Resultat hängt die weitere Stellung der Fraktion ab. Wir werden uns daher an der 9 nmung über das Mißtrauensvotum nicht beteiligen.
Die Abgg. Katz (Komm.) und v. Graefe (Nat. Soz.) probestieren dagegen, daß diese Abstimmung schon jetzt anstatt am Schluß der Abstimmungen vorgenommen wird. 1
Der Präsident stellt demgegenüber fest, daß sich das Haus mit dem von ihm vorgeschlagenen Modus einperstanden erklärt hat.
In namentlicher Abstimmung wird der Antrag der Nationalsozialisten „Der Reichskanzler und die Reichsminister besitzen nicht das Vertrauen des Reichstags“ mit 172 gegen 62 Stimmen bei 79 Stimmenthaltungen abgelehnt.
Die Anträge der Kommunisten und Nationalsozialisten wegen Aufhebung der Verordnung des Reichspräsidenten vom 28. Februar 1924 über die A ufhebungdes militäri⸗ schen Ausnahmezustandes hat der Rechtsausschuß mit Stimmengleichheit abgelehnt. Im Plenum muß bei der Abstimmung Auszählung erfolgen. Das Ergebnis ist die Ab⸗ lehnung der Anträge mit 168 gegen 133 Stimmen.
Der auf Grund eines Antrags v. Graefe vom Aus⸗ schuß vorgelegte Antrag: „alle von der Reichsregierung oder von
en Landesregierungen ergangenen oder aufrechterhaltenen