beliebte Ausdruck „Landesverrat“ gefallen, mit dem einige Leute so um⸗ gehen, als wäre er ein Wort, daß in jedem Satze stehen müßte Nein, Herr v. Graefe, glauben Sie doch nicht, daß die Welt draußen über unsere wirtschaftlichen Verhältnisse so schlecht unterrichtet ist, daß es die Preisgabe von Geheimnissen wäre, zu sagen, daß Deutschland sich in einer Vertrauenskrise des Kredits befindet, daß Deutschlands Instrument der Wirtschaft zwar vollkommen intakt ist — das ist ja das, worauf die anderen ihre Forderungen wegen Deutschlands Leistungen immer basieren — (Abgeordneter v. Graefe: Wenn sie sich auf Sie berufen können, erleichtern Sie ihnen ihr Spiel!) — lassen Sie mich doch aussprechen. — Ich sage, dieses Instrument der deutschen Wirtschaft ist Gott sei Dank vorhanden und auch eine ge⸗ sunde Landwirtschaft, aber zwei Dinge haben Sie dabei zu beachten. Nicht nur, was da wird, wenn wir neue Kredite nicht erhalten. Ich halte es für meine Pflicht, das hier einmal ganz offen zu sagen, damit der einzelne weiß, um was es sich handelt, um Sie darauf hinzu⸗ weisen, daß nach Ansicht der Wirtschaft gegenwärtig 1 ½ Milliarden Goldmark kurzfristige Kredite laufen, und daß die Verlängerung dieser kurzfristigen Kredite auch abhängig ist davon, ob über diese Dinge eine Verständigung erfolgt. Glauben Sie denn, daß die Herren des Reichsverbandes der deutschen Industrie, die gestern getagt haben und die zum großen Teil, glaube ich, sehr weit rechts stehen, gegen drei Stimmen eine solche Entschließung angenommen haben, weil sie an sich in dem Abkommen irgendwie die Erfüllung ihrer Ideale sehen? Glauben Sie, daß dort nicht die Kritik so heftig gewesen ist wie bei Ihnen? Aber der Verstand ist auch da gewesen (lebhafte Zustimmung in der Mitte), zum Schluß zu sagen: wir müssen trotzdem diese Dinge annehmen. Das ist schließlich doch eine Erklärung der deutschen Wirtschaft, an der man nicht vorbei kann, die doch schließlich einmal zum Ausdruck bringt, was sie selber empfindet gegenüber der Situation, in der wir stehen.
Dann ein Weiteres: Ich habe gerade aus dieser Sitzung der Wirtschaft eins gehört, was vielleicht von der Opposition erhofft wird, und ich bemerke, daß es mir völlig fernliegt, irgendwie der Oppo⸗ sition, die da sagt, daß sie diesen Dingen nicht zustimmen kann, etwa den Glauben abzusprechen, irgend etwas Besseres erreichen zu können. Man hat davon gesprochen, wenn nach mehrmonatigem Wahlkampf eine mehr rechtsgerichtete Regierung vorhanden wäre (Lachen links und in der Mitte) und wenn diese Regierung erneut in London ver⸗ handelte und weitere Forderungen stellt, so würde sie wahrscheinlich mit diesen weiteren Forderungen auch durchkommen. Ich möchte es wünschen, daß im Laufe der Entwicklung weiteres erzielt wird. Aber das kann meiner Meinung nach nur erzielt werden im Rahmen des abgeschlossenen Vertrages, nicht aber auf der Basis, die hier ver⸗ sucht wird.
Lassen Sie mich auf folgendes hinweisen. Die Monate des Wahlkampfes und die Zeit, die vergeht, ehe ein neuer Reichstag diesen Dingen zustimmen kann, sind doch unwiederbringlich verloren für das besetzte Gebiet, verloren für die Wirtschaft und, ich fürchte als Außen⸗ minister, verloren für die ganze außenpolitische Situation. (Zu⸗ stimmung links und in der Mitte.) Es könnte dann leicht der Fall eintreten, daß man in bezug auf die Räumungsfrist selbst einen Fort⸗ schrilt erzielte, der in Wirklichkeit gar nichts änderte an dem, was jetzt kommt; denn wenn Sie die Räumung in sieben Monaten er⸗ zielten, und drei Monate sind inzwischen vergangen, so stehen Sie enau auf dem Ausgangspunkt, auf dem wir stehen, wenn diese Frist
m 15. August läuft.
Vor allem möchte ich Ihnen sagen: Sie verkennen den Geist dieser Londoner Konferenz, wenn Sie glauben, daß es so einfach wäre, ein Werk, an dem nun seit Jahren gearbeitet worden ist, von neuem zu beginnen. Denn die Konserenz mag nur Wochen gedauert haben, der Kampf um den Gedanken, daß Sachverständige zusammentreten, um ein Gutkachten herbeizuführen, und der Kampf darum, daß dieses Gutachten zur Grundlage der Reparationslösung gemacht wird, geht seit Jahren zwischen den einzelnen Mächten. Er ist jetzt zu einem gewissen Abschluß gekommen. Als die Alliierten unter sich waren, drohte mehrfach eine Sprengung der Konferenz, und als wir hinzu⸗ traten, drohte ebenfalls eine Sprengung. Schließlich ist jetzt ein lbschluß erreicht. Glauben Sie nicht, daß Sie die Nationen so einfach wieder an den Tisch bringen, um irgendein Amendement an⸗ zunehmen, von dem Sie hoffen, daß es die Situation bessern wird.
Ich darf auf diese Gefahren hinweisen und dann auf ein Letztes.
Im Zusammenhang mit dem Gutachten der Sachverständigen wird so oft davon gesprochen, daß seine Annahme die Versklavung Deutschlands, die Aufgabe unserer Souveränität bedeute. Unzweifel⸗ haft ist es die Aufgabe unserer Souveränität in wichtigen Be⸗ jehungen. Aber diese Aufgabe dieser Souveränität war schon im Versailler Vertrag insofern enthalten, als damals schon das deutsche Reichseigentum an erster Stelle für die Leistungen Deutschlands haftbar gemacht wurde, und dazu gehört in erster Linie die Deutsche Reichsbahn. In früheren Zeiten, als die deutschnationale Fraktion
reundlich und unterstützend an der Seite der Regierung Cuno stand, als der verstorbene Kollege Dr. Helfferich sagte, er bewillige die Steuern, um die Außenpolitik der Regierung Cuno zu unterstützen, ind in dem Angebot, das die Regierung Cuno gemacht hat, zwar ndere Fristen für ein Moratorium gemacht worden, namentlich in bezug auf die Eisenbahn, aber es sind in der Ueberzeugung, daß wir aus diesen Dingen nur herauskämen, wenn wir ein Generalpfand bestellten, auch damals die Haftung der Reichsbahn, die Haftung der Industrie, darüber hinaus die Haftung der Landwirtschaft, die Her⸗ gabe der Zölle und Steuern angeboten worden. Ich bin weit davon entfernt, dagegen die Vorwürfe zu erheben, die Sie (nach rechts) in an⸗ geblich ethischer Beziehung dagegen erheben, indem Sie von Ver⸗ klavung sprechen. Hier wurde gelacht, als der Herr Reichskanzler sagte, es wäre erreicht, daß Ruhr und Rhein nicht mehr Repara⸗ ionsprovinzen wären, und gesagt, ganz Deutschland sei nun eine Reparationsprovinz. Gewiß, aber wenn es das ist: Deutschland hat auch die Pflicht, als ganzes Deutschland an die Stelle des besetzten Gebietes zu treten. (Lebhafte Zustimmung bei den Mittelparteien.) Sie können nicht erwarten, daß die zwölf Millionen im besetzten Gebiet, die schon seelisch so unendlich viel auf sich genommen haben, für alle Zeit ihr Vermögen und ihr Einkommen gegen ihre Freiheit hingeben. Es ist die Pflicht des ganzen Deutschland, dafür ein⸗ zutreten. (Lebhafter Beifall bei den Mittelparteien.) Ich glaube, die Verteilung der Lasten auf das ganze Gebiet, die Ersetzung des Sppezialpfandes durch das Generalpfand, war die Erfüllung einer sittlichen Pflicht des gesamten deutschen Volkes gegenüber denjenigen, die bisher allein alles Schwere zu tragen hatten. (Erneuter lebhafter Beifall bei den Mittelparteien.) Von diesem Gesichtspunkt sind wir ausgegangen. Daß wir wirtschaftlich schwer zu leiden haben, weiß jeder von uns. Von Versailles bis nach London war ein weiter Weg
kages künftig danach verfahren.
₰
der Demütigungen und der größten Schwierigkeiten. Ich bin über⸗
zeugt: London ist nicht der Schluß, London kann der Anfang sein, der Anfang einer Entwicklung, von der Mac Donald gesagt hat, daß sie das Ende der nationalen Isolierung, den Anfang eines Zusammen⸗ wirkens der Völker auf gleichberechtigter Basis zeigt. Nehmen Sie diese Grundlage, damit Sie künftigon deutschen Regierungen die Mög⸗ lichkeit geben, Deutschland auf dieser Grundlage einer guten Zukunft entgegenzuführen. (Lebhafter Beifall bei den Mittelparteien. — Zischen bei den Nationalsozialisten. — Erneuter stürmischer Beifall bei den Mittelparteien.)
Abg. Katz (Komm.) verlangt durch einen Zuruf, ohne das Wort zu haben, die Besprechung der Regierungserklärung. Präsident Wallraf verweigert ihm jedoch das Geschäftsordnung, sein Antrag liegt also heret nicht vor. Der Präsident ruft den zweiten Punkt der Tagesordnung auf: Einspruch des Abgeordneten Dr. Schwarz gegen seinen Ausschluß.
Nach der Geschäftsordnung ist über einen solchen Ausschluß ohne vorangegangene Debatte zu entscheiden. Der Einspruch wird gegen die Stimmen der Kommunisten abgelehnt. (Große Unruhe. gegie Kommunisten schütteln die Fäuste gegen die Sozialdemokraten und rufen: Ihr Feiglinge!) 8
Das Wort zur Geschäftsordnung erhält der
Abg. Koch⸗Weser (Dem.). Er bedauert, daß ihm gestern das Wort zur Geschäftsordnung nicht mehr erteilt worden sei. Er habe die Absicht gehabt, die Fortsetzung der Sitzung zu verlangen, damit die Geschäfte des Hauses gefördert würden. Namens des Zentrums, der Deutschen Volkspartei, der Wirtschaftspartei und der Deutschen Demokratischen Partei gibt der Redner darauf die Erklärung ab, daß diese Parteien darin einig sind, jede Maßnahme des Präsidenten zu unterstützen, die er in Wahrung des Hausrechtes des Präsidenten ergreift. (Lärm bei den Kommunisten, Rufe: Schupo!), um die Durch⸗ führung einer Sitzung 8 enüber Störungsversuchen einzelner Abge⸗
Wort zur
ordneter sicherzustellen. (Beifall.) Wir sind überzeugt, so erklärt der Redner weiter, daß unser Standpunkt von allen an der Aufrecht⸗ erhaltung der Ordnung interessierten Parteien und von dem Herrn Präsidenten selbst gebilligt wird. (Beifall.) 1
Abg. Schultz⸗Bromberg (D. Nat.) erklärt sich namens der deutschnationalen Fraktion mit dieser Erklärung völlig einverstanden. (Erneuter Lärm bei den Kommunisten.) B 8
Abg. Leicht (Bayer. Vpt.): Ein Parlament, es mag heißen wie es will, kann nur eristieren, wenn es seine Rechte wahrt. (Zuruf bei den Kommunisten: Durch Schupo!) Das erste Recht ist aber, Ver⸗ handlungen führen zu können. Der Präsident 18 dazu da, die Würde des öö zu schützen er darf bei seinen Maßnahmen nicht durch Unruhe gestört werden. Wenn das von einzelnen geschieht, so ver⸗ sündigen sie sich am Parlament und haben nicht das Recht, anderen Vorwürfe zu machen. Deshalb tritt auch die Bayerische Volkspartei der Erklärung des Abgeordneten Koch vollinhaltlich bei.
Präsident Wallraf: Nachdem sich die weitaus große Mehr⸗ heit des Hauses der Erklärung angeschlossen hat, wird das Präsidium zur Wahrung der Würde und dens 1““ des Reichs⸗
eifall.)
Abg. Katz (Komm.): Es war kein Verschulden der Kommu⸗ nisten, sondern das Ungeschick des Präsidenten, der nicht einmal die Geschäftsordnung richtig handhaben kann. (Lebhafter Widerspruch.) Wir haben schon erklärt und erklären nochmals: Holen Sie Schupo und Militär herbeil Wir werden nicht weichen. Ihre angebliche Demokratie ist nur eine Hülle, eine Maske für die Diktatur einer Schieberbande. (Lebhafter Beifall und Händeklatschen bei den Kom⸗ munisten. Auch auf den Tribünen klatschen einige Zuhörer in die Hände.) 8
Präsident Wallraf schlägt vor, die nächste Sitzung abzuhalten am Montag 12 Uhr mit der Tagesordnung: Besprechung der Regierungserklärung in Verbindung mit der ersten und zweiten Be⸗ ratung der Dawes⸗Gesetze. 8
Abg. Schultz⸗Bromberg (D. Nat.) erhebt Widerspruch da⸗
gegen, daß die zweite Lesung auf die Tagesordnung gesetzt wird unt schlägt vor, auch die Zollvorlage und den Gesetzentwurf über Aende⸗ rung der Personalabbauverordnung und Aufhebung der selbständigen Besoldungsregelung durch die Regierung auf die Tagesordnung zu setzen. 1 88 “ ; Abg. Katz (Komm.) protestiert gleichfalls gegen die Vornahme der zweiten Lefung schon am Montag und beantragt, den von den Kommunisten eingebrachten Sozialisierungsantrag auf die Tages⸗ ordnung zu setzen. 8
Abg. Dr. Eurtius (D. Pp.) wendet sich gegen den kommu⸗ niehe Antrag und bittet, es beim Vorschlag des Präsidenten zu belassen. 8 “
sh Müller⸗Franken (Soz.) erklärt, seine Freunde hätten nichts dagegen, wenn Gelegenheit gegeben würde, über die Sozigli⸗ sierung zu sörechen⸗ Der von den Kommunisten eingebrachte Gesetz⸗ entwurf sei aber ein ganz gemeiner Volksbetrug.
Abg. v. Graefe (Nat.⸗Soz.) macht auf die Bedeutung der bebn the en Abstimmung aufmerksam und beantragt deshalb, die Haftentlassungsanträge auf die Tagegoragange zn setzen. Die Ver⸗ schleppungstaktik des Vorsitzenden des Geschäftsordnungsausschusses bei ein Skandal. Auch das Personalabbaugesetz müsse behandelt werden.
Gegen die Stimmen der Kommunisten, der Deutsch⸗ nationalen, der Nationalsozialisten und der Deut chsozialen bleibt es bei dem Vorschlag des Präsidenten. Das Haus ver⸗ tagt sich. Nächste Sitzung Montag 12 Uhr: Erste und zweite Lesung der Gutachtengesetze.
Handel und Gewerbe⸗ 3 Berlin, den 25. August 1924. Telegraphische Auszahlung (in Billionen).
22. August Geld
25. August
“ 1“ Geld Brie Buenos Aires (Papierpeso). 1,415 “ 1,72 Konstantinopel. 2,24 “ 18,895 New YVork... 4,21 Rio de Janeiro... 60,415 Amsterd.⸗Rotterdam 163,16 Brüssel u. Antwerpen 21,00 Geitianic ..... 58,15 e““ 75,59 Helsingfors.. 10,53 Italien.. Jugoslawie .... 5,21 Se benen u 68,37 Lissabon und Oporto 12,03 Par. 22,71 11““ 12,65 e1“ 78,95 3,065 55,84
2,22 18,875 4,19
0,405 162,79 20,95 57,85 75,41 10,48 18,60 5,19 67,98 11,97 22,79 12,60 78,60
3,045 55,56
111,22 5,49 5,925
4,21 0,415 163,61 21,05 58,15 75,79 10,54 18,70 5,21 68,32 12,03 22,91 12,66 79,00 3,065 55,84 111,78
5,51 5,945
22,59
12,59
78,55 3,045
A1““
Spanien ....
Stockholm und Gothenburg...
Budapest..
111,22 5,49
Ausländische Banknoten (in
Billionen).
22. August Geld Brief 4,19 4,21 4,19 4,21 1,40 1,42 0,39 0,41 18,86 18,96 18,86 18,96
20,85 20,95 3,01 3,03 67,83 68,17 75,16 75,54 10,43 10,49 22,79 22,91 162,67 163,49 18,65 18,75 5,13 5,15 57,81 58,09 1,90 1,92 1,87 1,89 111,12 111,68 78,55 78,95 55,46 55,74
25. August Geld Brief 4,19 4,21 4,19 4,21 1,39 1,41
0,415 18,89 18,89
20,90
3,93
68,22 75,29 10,49 22,635
Bantnoten
Amerit. 1000-5 Doll. 8 2 u. 1 Doll. Argentinische. Brasilianische. 1 Englische große ... 1 1 & u. dar. “ Bulgarische . . . Dasiich Danziger (Gulden). Finnische 16 Französische. Holländische ... Italienische über 10 Lire Jugoflawische... Norwegische. Rumänische 1000 Lei „ unter 500 Lei Schwedische .... 8-5eZ Spenilehe Tschecho⸗slow. 100 Kr. u. darüber „ unter 100 Kr. Oesterreichische .. Ungarische . . . . 5,44 5,46
Die Notiz „Telegraphische Auszahlung“ sowie „Ausländische Banknoten“ versteht sich bei Pfund, Dollar, Peso, Yen, Milreis für je 1 Einheit, bei Oesterr. und Ungar. Kronen für je 100 000 Ein⸗ heiten, bei allen übrigen Auslandswerten für je 100 Einheiten.
12,655
12,595 12,655
12,595 5,92 5,94
Berlin, 23. August. (W. T. B.) Preisnotierungen für Nahrungsmittel. (Durchschnittseinkaufspreise des Lebensmitteleinzelhandels für je 50 kg frei Haus Berlin.) In Goldmark: Gerstengraupen, lose 16,75 bis 20,25 ℳ, Gerstengrütze, lose 15,50 bis 16,50 ℳ, Haferflocken, lose 16,50 bis 18,50 ℳ. Hafergrütze, lose 18,50 bis 19,50 ℳ, Roggenmehl 0⁄1 13,00 bis 14,00 ℳ, Weizengrieß 18,50 bis 20,00 ℳ, Hartgrieß 22,75 bis 24,75 ℳ, 70 % Weizenmehl 16,50 bis 17,75 ℳ, Weizenauszug⸗ mehl 18,75 bis 24,00 ℳ, Speiseerbsen, Viktoria 16,50 bis 19,50 ℳ, Speiseerbsen, kleine 9,75 bis 13,50 ℳ, Bohnen, weiße, Perl 20,00 bis 24,00 ℳ, Langbohnen, handverlesen 27,00 bis 30,50 ℳ, Linsen, kleine 20,00 bis 29,50 ℳ, Linsen, mittel 31,00 bis 37,50 ℳ, Linsen, große 39,00 bis 46,00 ℳ, Kartoffelmehl 18,75 bis 20,50 ℳ, Makkaroni, Grießware 36,50 bis 42,50 ℳ, Makkaroni, Mehlware 33,50 bis 36,00 ℳ, Schnittnudeln, Mehlware 17,75 bis 20,00 ℳ, Bruchreis 15,50 bis 16,50 ℳ, Rangoon Reis 18,00 bis 18,50 ℳ, glasierter Tafel⸗ reis 23,25 bis 31,00 ℳ, Tafelreis, Java 30,00 bis 36,00 ℳ, Ringäpfel, amerikan. 85,00 bis 90,00 ℳ, getr. Pflaumen 90/100. 40,00 bis 43,00 ℳ, entsteinte Pflaumen 90/100 50,00 bis 55,00 ℳ, Kal. Pflaumen 40/50 60,00 bis „— ℳ, Rosinen Candia 65,00 bis 70,00 ℳ, Sultaninen Caraburnu 80,00 bis 90,00 ℳ, Korinthen choice 70,00 bis 75,00 ℳ, Mandeln, süße Bari 175,00 bis 180,00 ℳ, Mandeln, bittere Bari 155,00 bis 160,00 ℳ, Zimt 106,00 bis 115,00 ℳ, Kümmel, holl. 55,00 bis 65,00 ℳ, chwarzer Pfeffer Singapore 108,00 bis 115,00 ℳ, weißer Pfeffer Singapore 150,00 bis 155,00 ℳ, Rohkaffee Brasil 180,00 bis 215,00 ℳ, Rohkaffee Zentralamerika 220,00 bis 285,00 ℳ, Röstkaffee Brasil 230,00 bis 280,00 ℳ, Röstkaffee Zentral⸗ amerika 300,00 bis 375,00 ℳ, Röstgetreide, lose 15,75 bis 18,00 ℳ. Kakao, fettarm 65,00 bis 75,00 ℳ, Kakao, leicht entölt 86,00 bis 100,00 ℳ, Tee, Souchon, gepackt 350,00 bis 430,00 ℳ. Tee indisch, gepackt 425,00 bis 500,00 ℳ, Inlandszucker Melis 37,50 bis 38,50 ℳ, Inlandszucker Raffinade 39,00 bis 41,00 ℳ, Zucker Würfel 44,00 bis 47,50 ℳ, Kunsthonig 30,00 bis 36,00 ℳ. Zuckersirup, hell, in Eimern 40,00 bis 45,00 ℳ, Speisesirup, dunkel, in Eimern 27,00 bis 31,00 ℳ, Marmelade, Erdbeer, Einfrucht 90,00 bis 95,00 ℳ, Marmelade, Vierfrucht 35,00 bis 40,00 ℳ, Pflaumen⸗ mus in Eimern 30,00 bis 36,00 ℳ, Steinsalz, lose 3,10 bis 3,70 ℳ, Siedesalz, lose 4,00 bis 4,70 ℳ, Bratenschmalz in Tierces 82,00 bis 82,50 ℳ, Bratenschmalz in Kübeln 83,00 bis 84,00 ℳ, Purelard in Tierces 80,00 bis 80,50 ℳ, Purelard in Kisten 80,00 bis 81,00 ℳ, Speisetalg, gepackt 62,00 bis —,— ℳ, Speisetalg in Kübeln —,— bis —,— ℳ, Margarine, Handelsmarke 1 63,00 ℳ, II 57,00 bis 60,00 ℳ, Margarine, Spezialmarke I 79,00 ℳ, I11 66,00 bis 68,00 ℳ, Margarine III —,— bis —,— ℳ, Molkereibutter in Fässern 200,00 bis 210,00 ℳ, Molkereibutter in Packungen 18. bis 212,00 ℳ, Landbutter —,— bis —,— ℳ, Auslandsbulter in Fässern 205,00 bis 215,00 ℳ, Auslandsbutter in Packungen —,— bis —,— ℳ, Corned beef 12/6 lbs. per Kiste 34,75 bis 37,00 ℳ, ausl. Speck, geräuchert, 8/10 — 12/14 75,00 bis 85,00 ℳ, Quadratkäse 30,00 bis 45,00 ℳ, Tilsiter Käse, vollfett 100,00 bis 115,00 ℳ, bapr. Emmenthaler 165,00 bis 175,00 ℳ, echter Emmenthaler 180,00 bis 185,00 ℳ, ausl. ungez. Kondens⸗ milch 48/16 21,00 bis 23,25 ℳ, 16,50 bis 17,50 ℳ, inl. ges Kondensmilch 26,00 bis 26,50 ℳ. — Umrechnungszahl: 1000 Milliarden = 1 Goldmark.
Speisefette. Bericht von Gebr. Gaufe, Berlin, den 23. August 1924. Butter. Die Marktlage zeigt eine leichte Entspannung, da vom Ausland sowohl von Dänemark 5,80 Kr. wie von Holland 2,31 hfl. etwas weichende Preise gemeldet wurden, was auf den einheimischen Markt nicht ohne Einfluß blieb. Die Zufuhren vom Inland sind gut, doch fanden beste Qualitäten schlank Aufnahme. Die Notierung wurde am 21. um 5 ℳ ermäßigt. Die amtliche
reisfestsezung im Verkehr zwischen Erzeuger und Großhandel, Pra h. und Gebinde gehen zu Käufers Lasten, war am 21. und 23. August 1924 für Ia Qualität 1,81 ℳ, IIa Qualität 1,55 ℳ, abfallende 1,0 ℳ. — Margarine. Mäßige Nachfrage. — Schmalz. Unter dem Einfluß der matteren Getreidebörsen Amerikas erfuhren auch die Schmalznotierungen der Chicagoer Börse einen Rückgang, der sich hier jedoch nicht auswirkte, da die hiesigen Ver⸗ kaufspreise sich seit längerer Zeit bereits erheblich unter den ameri⸗ kanischen Preisen bewegen. Infolge der kühleren Witterung und der Erntearbeiten auf dem Lande i die Konsumnachfrage lebhaft. — Speck. Bessere Nachfrage.
(Weitere Nachrichten über „Handel u. Gewerbe“ s. i. d. Ersten Beilage.)
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
Verantwortlicher Schriftleiter: J. V.: Weber in Berlin.
Verantwortlich für den Anzeigenteil: J. V.: Rechnungsrat Meyer
in Berlin.
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt. Berlin, Wilhelmstr. 32 1
Zwei Beilagen
““
2
inl. ungez. Kondensmilch 48/12
“
zum Deutsche r. 200
is
chen Staatsanzeig
4
Berlin, Montag, den 25. August
eseeres
Nichtamtliches.
Handel und Gewerbe.
Nach dem Wochenbericht der Preisberichtstelle des eutschen Landwirtschaftsrats vom 17. bis 23. August sich die Schlachtviehpreise je Zentner Lebendgewicht:
Berlin Hamburg Stuttgart 23. August 21. u. 22. August 21. August Goldmark
47 — 50 39 — 43 40 — 46 26 — 35 34 — 39 —
26 — 33 —
40 — 44 36 — 39
37 — 40 28 — 34 32 — 36 — 26 — 32 — 43 — 46 28 — 34 35 — 42 16 — 25 27 — 34 12 — 15 16 — 26 — 55 — 57 49 — 53 41 — 46
38 — 50
45 — 4 40 — 4 36 — 38 32 — 35 42 — 44 37 — 39 33 — 36
43 — 47 39 — 43 33 — 36 26 — 29 20 — 23
75 — 80 62 — 70 53 — 60 45 — 52 33 — 42 22 — 30 —
— 77 — 80
80 73 — 77 78 — 79 65 — 71 74 — 77 — 70 — 73
Sauen . 70 — 75
Berichte v Wertpapiermärkten Devisen.
Danzig, 23. August. (W. T. B.) Devisenkurse. (Alles in Danziger Gulden.) Noten: Amerikanische —,— G., —,— B. eee 100 Zloty⸗Lok.⸗Noten 107,23 G., 107,77 B., 100 Billionen eichsmark —,— G., —,— B., 100 Rentenmark —,— G., —,— B. — Schecks: Warschau 106,73 G., 107,27 B. — Aus⸗ zahlungen: Berlin 100 Billionen 132,169 G., 132,831 B., London 25,05 G., 25,06 B., Paris —,— G., —,— B., Kopenhagen —,— G., —,— B., Schweiz 104,48 G., 105,02 B., New York telegraphische Auszahlung 5,571 G., 5,599 B.
London, 23. August. (W. T. B.) Devisenkurse. Paris 83,75⸗ New York 4,49,50, Deutschland 18,9 Billionen, Belgien 90,12 ½, Spanien 33,72, Holland 11,59 ¾, Italien 101,48, Schweiz 23,97 ½, Wien 319 000
„Zürich, 23. August. (W. T. B.) Devisenkurse. New York 9,33 ½, London 23,97 ½, Paris 28,57 ½, Brüssel 26,55, Mailand 23,56 ¼, Madrid 71,50, Holland 207,00, Stockholm 142,00, Christiania 74,00,
openhagen 86,50, Prag 16,00, Berlin 1,27 ½ Frank für eine Billion,
Wien 0,00,75 ¼, Budapest 0,00,69 ½, Belgrad 6,55, Sosia 3,85, Bukarest 2,45, Warschau 102,50, Helsingfors 13,30, Konstantinopel 82, Athen 9,75, Buenos Aires 179,50, Italien —,—.
Kopenhagen, 23. August. (W. T. B.) Devisenkurse. London 27,75, New York 6,19 ½, Hamburg —,—, Paris 33.35, Antwerpen 30,85, Zürich 116,10, Rom 27,50, Amsterdam 240,00, Stockholm 164,50, Christiania 85,60, Helsingfors 15,47, Prag 18,53.
Stockholm, 23. August. (W. T. B.) Devisenkurse. London 16,89, Berlin 0,89,75 für eine Billion, Paris 20,25, Brüssel 18,90, Schweiz. Plätze 70,75, Amsterdam 146,20, Kopenhagen 61,10, Christiania 52,15, Washington 3,75 ¾, Helsingfors 9,43, Prag 11,40.
8 C hristiania, 23. August. (W. T. B.) Devisenkurse. London 32,45, Hamburg —,—, Paris 39,00, New York 7,24, Amsterdam 281,00, Zürich 135,75, Helsingfors 18,15, Antwerpen 36,00, Stock⸗ bvolm 198 2 b. Kopenhagen 11 25. W. 1,60606.
Lonon, 23. August. (W. T. B.) Silber 34 ⁄10, Lieferung 34 ⁄16. “
Berichte von auswärtigen Warenmärkten.
Manchester, 22. August. (W T. B.) Am Garn⸗ und Gewebemarkt war der Umsatz ermutigend. Die Preise stellten
9
loth auf 47 sh. 5 d.
8 für Water Twist Bundlees auf 24 d. das Pfund und für Printers
Parlamentarische Nachrichten.
Der Auswärtige Ausschuß des Reichstags setzte am Sonnabend die Vorberatung der Gutachtengesetze fort. Zum Entwurf eines Privatnotenbankgesetzes erklärte der Reichswirtschaftsminister Hamm auf Befragen laut Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger, daß die Reichsbank und die Reichsregierung dem Wunsche auf Zulassung von
rivatbanknoten im Betrage von 20 Mark nicht entsprechen könmte. Die frühere Mindestgrenze von 100 Mark sei schon auf 50 Mark herabgese t werden. Noch weiter könne nicht herabgegangen werden, wenn nicht die mühsam erreichte Währungsordnung gefährdet werden soll. Ohne weitere Debatte wurde der Vorlage zugestimmt. — ijerauf kam die Vorlaͤge über die Liquidierung des Um⸗ Caufs der Rentenbankscheine zur Beratung. Der Ab⸗ eordnete Dietrich (D, Nat.) bemängelte die Haltung des Reichs⸗ bankpräsidenten, der offenbar kein großer Freund der Rentenmark sei. In dem Gesetzentwurf fehle die EE“ daß die Rentenbank in ein landwirtschaftliches Kreditinstitut umgewandelt werden soll. er Rentenbank werde darin auch der Anspruch auf Rückzahlung der
1200 Millionen genommen, die das Reich ihr schuldet. Das sei eine
ungerechtfertigte Schädigung der schaffenden Stände. die mit ihren Dypotheken die Rentenbank ermöglicht haben. Eine Benachteiligung der Rentenbank und der hinter ihr stehenden Wirtschaftsgruppen zu⸗ gunsten der Reichsbank ergebe sich auch aus der Reaelung der Zins⸗ sätze und aus verschiedenen anderen Bestimmungen des Gesetzes. Die Deutschnationalen müßten deshalb die Vorlage ablehnen. Die Drohung des Reichsbankpräsidenten mit Einschränkung des land⸗ wirtschaftlichen Kredits bei Ablehnuna des Dawes⸗Gutachtens sei achlich wirtschaftlich nicht begründet und könne nur als politische
Revanchedrohung aufgefaßt werden. Der Reichsbankvräsident, der sich auf anderen Gebieten eine fast allmächtige Stellung geschaffen habe, hätte bei den Sachverständigen auch durchsetzen können, daß im Gutachten der Kreditnot der Landwirtschaft Rechnung getragen werde. Daran fehle es leider im Gutachten und in der Vorlage. — Ein Vertreter des Reichsbankpräsidiums erwiderte, die Wünsche des Vorredners könnten deshalb nicht berücksichtigt werden, weil man an das Sachverständigengutachten gebunden sei. Der Reichsbankpräsident habe keineswegs den Plan der Umwandlung der Rentenbank in ein landwirtschatfliches Kreditinstitut bekämpft. Von den Sachverständigen sei ihm aber erklärt worden, es sei un⸗ möglich, eine Bank, die bis zu einem gewissen Grade Währunas⸗ institut und Notenbank sei, gleichzeitig mit der Aufaabe der land⸗ wirtschaftlichen Kreditregeluna zu betrauen. Hier sei eine klare Scheiduna notwendiag. Immerhin sei erreicht worden, daß ein erheblicher Teil der Kredite für die Landwirtschaft reserviert bleibe. — Abg. Graf Lerchenfeld (Bayr. Volksp.) regte an, durch einen besonderen Gesetzentwurf eine Anzahl von Kreditanstalten zu schaffen, die vor allem das Kreditbedürfnis des mittelbäuerlichen Besitzes befriedigen könnten. — Aba. Dr. Bredt (Wirtschaftl. Vereiniaung) wünschte die Schaffung einer Kredithilfe auch für Kleinaewerbe und Handwerk. auf derselben Grundlage der Rentenbank. wie sie für die Landwirtschaft geschaffen werden soll. — Reichswirtschaftsminister Hamm ermiderte auf weitere Bemerkungen des Abg. Dietrich, die Landwirtschaft habe Gelegenheit, gehabt, den Sachverständigen ihre Lage zu schildern, und das sei eingehend und relativ erfolgreich geschehen. Das zweite Gesetz, das dem landwirtschaftlichen Kredit⸗ bedürfnis Rechnuna tragen soll, sei noch in Vorbereitung. In diesem Aagrarbankgesetz werde auch für gleichmäßige Berücksichtigung der Landwirtschaft in allen Gebieten des Reiches im Sinne der Wünsche des Grafen Lerchenfeld vorzusorgen sein. Das Wirtschaftsministerium werde sich bemühen, gleichzeitig auch eine Kreditstärkuna des Hand⸗ werks zu erreichen. Zu den Beschwerden über eine agegen die Land⸗ wirtschaft gerichtete Drohung des Reichsbankpräsidenten bemerkte der Minister: Was der Reichsbankpräsident über die Folgen einer Ab⸗ lehnuna des Gutachtens für die Landwirtschaft saate, ist keine Drohuna. Drohuna fordert doch, daß aus unsachlichen Gründen ein vermeidbares Uebel angekündiat würde. Wenn man aus der Sache hHeraus ein notwendig kommendes Uebel vor Augen führt, um zu zeigen, was die unvermeidbaren Folgen einer Ablehnung sind, so ist das keine Drohung. Es ist nicht anderes gesagt, als was die beteiliaten Kreise sich selbst in ihrem Gewissen sagen müssen — Der Gesetzentwurf wurde ohne Aussprache erledigt, ebenso debattelos der Entwurf eines Münzgesetzes.
Hierauf wurde die Beratung des Gesetzentwurfs über die Londoner Konferenz fortgesetzt bei den Transfer⸗ bestimmungen der Anlage 2. Abg. Dr. Reichert ([D. Nat.) wies auf die tiefgreifenden Veränderungen hin, welche die Sachlieferungen dadurch erfahren, daß die Mengen⸗ und Zeit⸗ grenzen des Versailler Vertrags gefallen sind. Welches Gegen⸗ zugeständnis hat Deutschland dafür erhalten? Wie will die Re⸗ gierung den daraus entspringenden Gefahren begegnen? Auch die über den Transfer, d. h. die Ueberweisung von Werten, getroffenen Abmachungen sind noch ungünstiger als die Vor⸗ schlaͤge des Reparationsgutachtens. Die Regierung durfte das
echt, Anschaffungen bestimmter Sachwerte im Inlande abzu⸗ lehnen, nicht aus der Hand geben. Das Schiedsgericht ist hier keine Milderung der Gefahr der Ueberfremdung. Besonders gefährlich ist die Möglichkeit, daß durch umfoangreiche Ankäufe von Sachwerten im Inland das Vollaufen des Fünfmilliarden⸗ topfes in weiteste Zukunft hinausgeschoben werden kann und insofern die erhoffte Minderung unserer Jahreslasten nicht ein⸗ tritt. — Reichsfinanzminister Dr. Luther antwortete hierauf auf die Fragen verschiedener Abgeordneten in längeren Aus⸗ führungen. Er sagte u. a.: Die Sachlieferungsfrage ist zweifel⸗ los fast der ernsteste Teil des gesamten Gutachtens in währungs⸗ und wirtschaftspolitischer Beziehung. Man hat hier nicht einen vergleichbaren festen Maßstab wie ihn der Wechselkurs bieten würde, sondern der Uebertragungsausschuß ist auf Schätzungen und allgemeine Erwägungen angewiesen. Das ist zweifellos ein bedenklicher Zustand; es wäre aber weder ein Gutachten noch ein Londoner Pakt zustande gekommen, wenn man die Sachlieferungen nicht zugestanden hätte. Unsere Aufgabe in London war es, nicht die Sachlieferungen abzulehnen, sondern die Gefahren, die sie bieten, nach Möglichkeit zu mildern. Es ist uns auch gelungen, erhebliche Schranken zum Schutze der deutschen Wirtschaft auf⸗ zurichten. Der Schiedsgerichtsgedanke, der die ganze Londoner Konferenz durchzog, ist auch hier wirksam geworden. Der Finanzminister sprach dann noch eingehend über die Regelung der Transferfrage.
Es kamen dann die in Anlage 3 des Gutachtens behandelten Fragen der Amnestie und Räumung zur Besprechung. Auf eine Frage des Abg. Dr. Hoetzsch (D. Nat.) erklärte der Reichsfinanzminister Dr. Luther: Das ganze Werk des Gut⸗ achtens und alle damit zusammenhängenden Gesetzesvorlagen könnten natürlich in Kraft treten, wenn die Anleihe zustande komme. — Der Fragesteller erklärte es für notwendig, diese wichtige Bedingung auch in den Gesetzestexten auszusprechen. — Abg. Stoecker (Komm.) wies daraufhin, daß bei Annahme der Gesetze die Kommunisten den verfassungsmäßig zulässigen Einspruch gegen ihre Verbindung erheben würden. Dann müßten die Gesetze einem Volksentscheid unterworfen werden, wenn die Regierung sie nicht für dringlich erklärt. Der Redner fragte die Regierung, ob sie auf die Dringlichkeitserklärung verzichten wolle. — Ge⸗ sandter Dr. Ritter (Auswärtiges Amt) erklärte, er könne ohne Kabinettsbeschluß diese Frage nicht beantworten. Eine Ver⸗ zögerung der Verkündung würde aber dazu führen, daß auch alle Fristen für die Räumung usw. entsprechend hinausgeschoben werden. — Auf Fragen des Abg. Stoecker (Komm.) wurde von der Regierung geantwortet, daß die Zollüber⸗ wachung an der Westgrenze wieder den deutschen Zollbeamten übertragen werde. Die aus Anlaß des passiven Widerstands von der Rheinlandkommission erlassenen Spezialverordnungen würden generell aufgehoben werden. Bezüglich der übrigen Verordnungen sei zugesagt worden, daß die Rheinlandkommission zu einer Be⸗ richtigung veranlaßt werde. Die in Deutschland aufgehobenen Abgaben, Kohlensteuer usw., sollten im besetzten Gebiet nicht weiter erhoben werden; die übrigen Abgaben würden nach den deutschen Tarifen erhoben werden. — Zur Amnestiefrage fragte der Abg. Dr. Hoetzsch (D. Nat.), wie es mit dem Weiterbestehen der fremden Militärgerichtsbarkeit im besetzten Gebiet sei und ob nicht auf diese Weise die durch die Amnestie geleerten Ge⸗ fängnisse mit neuen Opfern gefüllt werden könnten. Die Rück⸗ kehr der Ausgewiesenen sei nicht klar genug geregelt. Redner fragte, ob für ausgewiesene Beamte erst ein Agrément der steeen Regierung zur Rückkehr eingeholt werden solle und ob ich Frankreich und Belgien verpflichtet hätten, neue Ausweisungen nicht mehr vorzunehmen. Nach den sehr dehnbaren Bestimmungen sei eine konkrete Amnestie nicht gesichert. — Abg. Ruth Fi scher (Golke) verwies auf die harten Zuchthausstrafen, die im besetzten Ruhrgebiet von französischen und deutschen Gerichten gegen Kommunisten verhängt worden sind. Sie fragte die Regierung, ob sich die Amnestie auch auf diese Kommunisten beziehe und auf den großen Hochverratsprozeß, der jetzt gegen die ehemalige kommunistische Zentrale schwebt. Dieser Prozeß stehe in engem Zusammenhang mit Gesetzesverletzungen, die durch die Ruhr⸗ besetzung veranlaßt wären. Die Sozialdemokraten als anonyme
1924
Regierungspartei könnten die von ihnen ersehnte Reichstags⸗ auflösung auch dann erreichen, wenn die Deutschnationalen in letzter Stunde umfielen. Sie müßten ihre Zustimmung zum Gutachten an die Bedingung knüpfen, daß vorher der Achtstunden⸗ tag und die Amnestie der proletarischen politischen Gefangenen gesichert werde. — Abg. Graf Lerchen feld (Bayr. Vp.) ver⸗ mißte, wie der deutschnationale Redner, eine Garantie dagegen, daß bei der Fortdauer der militärischen Besetzung auf ein Jahr noch weitere Bestrafungen und Ausweisungen verfügt werden. — Abg. Kaas (Zentr.) bezweifelte, daß durch den Wortlaut des Londoner Paktes tatsächlich die ungehinderte Ausübung der deutschen Gerichtshoheit gesichert sei. Sie scheine vielmehr nur so weit zu gelten, wie es den Besatzungsbehörden paßt. Die Regierungsdenkschrift sei hier zu optimistisch. Die Zurücknahme der Ausweisungen gelte nur für die nach dem 11. Januar 1923 vollzogenen. Wie stehe es mit den früheren? Die Abmachungen über die Ausweisungen seien viel zu allgemein gehalten. Die deutsche Regierung müßte darauf dringen, daß die lokalen französischen Stellen, die entgegen ihrer Regierungs⸗ anweisung die Separatisten begünstigt hätten, versetzt würden. Die Hoffnungen des altbesetzten Gebietes auf eine definitive Regelung seien nicht erküllt worden. Die jetzt geschaffenen Anfänge müßten ernergisch ausgebaut werden. — Abg. Sollmann (Soz,) schloß sich den Bedenken der Vorredner an 8 fragte, ob die deutsche Regierung gegen Ordonnanzen der Rheinlandkommission an den Internationalen Gerichtshof appellieren könne. — Ministerialdirektor Gauß erwiderte, ein formales Abkommen über das künftige Verhalten der Zeügggnosarme⸗ habe in London nicht getroffen werden können, weil Deutschland damit ja im Gegensatz zu seinem oft betonten Rechts⸗ standpunkt die Ruhrbesetzung als legal anerkennen würde. Eine mittelbare Sicherung biete die Bestimmung, daß die deutsche Gerichts⸗ barkeit wieder in normaler Weise arbeiten solle. Unter die Amnestie “ alle politischen Verbrechen und Vergehen, die im besetzten Gebiet begangen worden seien, nicht etwa nur separatistische und anti⸗ separistische Handlungen. Ein Agrément brauche für die Rückkehr ausgewiesener höherer Beamter nicht eingeholt zu werden, es könne sicht dabei nur um einen Meinungsaustausch handeln. — Abg. Stoecker (Komm.) fragte, ob eine größere Achtung vor der im besetzten Gebiet ho worden sei. Seit dem Regierungsantrith Herriots seien im besetzten Gebiet drei kommunistische Tageszeitungen verboten worden. Die Ausweisung von drei kommunistischen Reichs⸗ tagsabgeordneten sei noch immer nicht zurückgenommen. Die Amnestie müßte sich auch auf die Teilnehmer an den Düsseldorfer Hungerrevolten erstrecken. Die deutsche Regierung habe die moralische Pflicht, die für das besetzte Gebiet erlassene Amnestie auch auf das unbesetzte Gebiet auszudehnen. — Abg. Dr. Spahn⸗Köln (D. Nat.) wünschte eine Nachprüfung aller Ordonnanzen der Rheinlandkommission. Auf die Dauer sei es nicht erträglich, wenn die deutschen Beamten von der Rheinlandkommission abhängig seien als von ihrer deutschen vor⸗ gesetzten Behörde. Es müsse auch die Frage geklärt werden, ob den Beamten weiter Reverse von der Interalliierten Kommission vorgelegt werden könnten. Bestehe Aussicht auf Abbau des Delegiertensystems?. Nach der Ordonnanz der Rheinlandkommission für das Feldeisenbahn⸗ wesen wäre es den Franzosen und Belgiern möglich, das gesamte 8v Transportwesen im besetzten Gebiet zu überwachen. — Reichs⸗ kanzler Marx ging auf die Frage der Ausweisungen ein und sagte: An den Abmachungen ist vielfach Kritik geübt worden. Es gibt aber Dinge, die sich überhaupt nicht in Paragraphen fassen lassen. Bei der Durchführung der Abmachungen werden sich sicherlich viel⸗ Schwierig⸗ keiten ergeben, von denen sich bei den Londoner Verhandlungen nicht alle voraussehen ließen. Es kommt in diesen Dingen alles an auf den Geist, den Willen und die Gesinnung der Ausführenden. Es ist uns zugesagt worden, daß über diese Fragen von Regierung zu Regierung verhandelt werden soll. Das wird auch über die Ordonnanzen ein⸗ schließlich der vor 1923 ergangenen geschehen. Das alles gilt natürlich nur für den Fall der Annahme des Gutachtens durch den Reichstag. Die deutsche Verwaltungs⸗ und Justizhoheit wird nach den Ab⸗ machungen in vollstem Umfange wiederhergestellt. Der Reichskanzler richtete am Schluß an die J Parteien die dringende Mahnung, durch die Art ihres Kampfes gegen das Gutachten nicht die Atmosphäre der Versöhnung unter den Nationen zu zerstören, die sich in London in so erfreulicher Weise gezeigt haoe. — Abg. Dr. Breit scheid (Soz.) schloß sich dieser Mahnung des Kanzlers durchaus an. Die von den Sozialdemokraten in der Kritik geübte Zurückhaltung sei nicht so auszulegen, als ob sie mit allen Einzelheiten des Abkommens durchaus einverstanden wären. Die Amnestie gelte selbstverständlich für die Kommunisten ebenso wie für die Angehörigen 1 übrigen Parteien. Die Regierung sollte den Begriff des politischen Ver⸗ brechens möglichst weit fassen. Wenn für das besetzte Gebiet die Amnestie eintrete, dann sollte die Regierung aus freien Stücken auch die Amnestie für das unbesetzte Deutschland aussprechen, damit der Versöhnang unter den Völkern auch die Versöhnung im Lande folge. Dazu sei allerdings die Annahme des Gutachtens die Voraussetzung. Wenn es den Kommunisten erastlich um die Amnestie zu tun wäre, dann müßten sie also das Gatachten annehmen. Der Redner wies zum Schluß die kommunistischen Ratschläge für die Politik seiner Pavpbei zurück. — Abg. v. Graefe (Nat.⸗Soz) erkannte an, daß der Reichskanzler sicherlich ehrlich von dem Friedenswillen der gegen⸗ wärtigen Regierungen Englands und Frankreichs überzeugt sei. Die Nationalsozialisten gehen von einer ganz anderen Beurteilung der Menschen, Völker und Situationen aus. Sie können nicht die furcht⸗ baren Erfahrungen mit Wilson vergessen. Wenn das Gutachtem dennoch angenommen werden sollte — und zu der Durchhaltskraft meiner ehemaligen deutschnationalen Freunde habe ich recht wenig Vertrauen (Heiterkeit) —, dann wird es für den Reichskanzler bei seinen Verhandlungen nur ein Aktivposten sein, wenn er auf unsere nationale Opposition verweisen kann. Bleiben wir, die wir waren, und kämpfen wir! — Abg. Ruth Fischer (Gohlke, Komm.) ver⸗ langte nochmals von der Regierung Antwort auf die Frage der allge⸗ meinen Amnestie. Sie richtete Angriffe gegen die Sozialdemokratie und trat für eine Koalition Deutschlands mit Rußland ein. — Reichs⸗ minister des Aeußern Dr. Stresemann erklärte zu den Fragem der Kommunisten: Es ist eine etwas starke Zumutung, wenn eine starke Fraktion alle ihre Kraft einsetzt, um ein Abkommen zu Fall zu bringen, aber gleichzeitig von der Regierung verlangt, daß sie für den Fall der Annahme nicht nur Konsequenzen aus der Annahme zieht, sondern sich dazu schon vorher verpflichtet. Wir werden der Frage der Amnestie nähertreten, wenn das Londoner Abkommen angenommen ist. Das Amnestiegesetz würde dann natürlich eine völlig unparteiische Amnestie nach allen Seiten bringen und auch Persönlichkeiten treffen, die auf ganz anderem Boden als die Kommunisten stehen. — Eine Frage des Abg. Zapf (D. Vp.) beantwortete der Minister dahin, daß auch Meinungsverschiedenheiten über die Ordonnanzen dem Schieds⸗ gericht vorgelegt werden könnten. — Abg. Dr. Spahn⸗Köln (D. Nat.) wandte sich gegen einige Bemerkungen des Abg. v. Graefe und meinte: Wenn Sie wissen wollen, wie wir uns verhalten, müssen Sie sich noch einige Stunden gedulden. (Heiterkeit.) Abg. Dr. Spahn (3.) dankte der Deutschen Delegation für ihre Arbei und stellte einige Fvagen über die Form der künftigen Verhandlungem, die vom Reichskanzler beantwortet wurden. — Damit war di Anlage 3 erledigt. 8.
Anlage 4, das Abkommen zwischen den alliierte: Regierungen, wurde ohne Aussprache erledigt Am Schluß der Beratung fragte der Abg. Frhr. v. Freytagh⸗Loring⸗ hoven (D. Nat.) warum die Regierung nicht ebenso wie das Reichsbahngesetz auch das Mantelgesetz über den Londoner Pakt im