1924 / 229 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 27 Sep 1924 18:00:01 GMT) scan diff

Vielleicht hat Herr Kollege Paetzel die Güte, die Karte herum⸗ zugeben oder auf den Tisch des Hauses niederzulegen.

Ich darf nun in der Mitteilung der Beobachtungen sortfahren, die mir von den abgceordneten Herren dort draußen mitgeteilt worden sind:

In Westsalen sind die Verhältnisse sehr ungünstig, wenn auch einzelne Teile, insbesondere der Regierungsbezirk Minden, weniger hart betroffen sind.

Die Verhältnisse in Cassel und Wiesbaden sind gleich schlecht. Am meisten sind die Höhenlagen in Mitleidenschaft gezogen. Dort ist die Winterung vollständig verdorben, weil die Ernte gerade in die Regenzeit fiel. Umgekehrt ist es in den Tiefenlagen gewesen.

Wenn 75 *% der Getreideernte in den eben genannten Gegenden als vernichtet angegeben werden, so kann dies insofern als zutreffend angesehen werden, als bis zu diesem Prozentsatz die Ernte schwer beschädigt ist. Natürlich ist das Getreide in diesem Umfang nicht gänzlich wertlos. Aber es ist weder als Saatgut zu verwenden, noch für die menschliche Ernährung geeignet.

Hört, hört!) Ich möchte namentlich auf letzteren Punkt hinweisen, odurch die Schädigung noch vergrößert wird. Das heißt doch nichts anderes, als daß die Landwirtschaft einmal ihr Getreide nicht derkaufen und nicht verwerten kann, und ferner, daß sie, die doch der natürliche Selbstversorger ist, nunmehr Getreide für die eigene Ernährung kaufen muß und sich damit der Minderertrag doppelt so hoch gegemüber dem Ausfall durch die Ernte allein erweist. Viel⸗ ach wird gesagt ich fürchte mit Recht daß selbst die Möglich⸗ eit, devartig schwer beschädigte Erntefrüchte noch an das Vieh zu verfütbern, auch nicht mehr besteht. (Zuruf: Das ist gefährlich!) Selbstverständlich ist das geerntete Stroh, das sonst dem Vieh als Futter gereicht wird, wertlos geworden. Dasselbe gilt in weitem Umfang auch für das Heu, das vielfach gar nicht hat geerntet verden können, sondern draußen geblieben ist.

Auch die Kartoffeln sind in den genannten Gegenden zum Teil in Mitleidenschaft gezogen. Das trifft bedauerlicherweise auch für andere Gebiete zu. Ich höre es auch aus der Mark. Aus der Pro⸗

vinz Ostpreußen sind mir vor 14 Tagen dieselben Klagen, wie ich ürchte, mit Recht, vorgetragen worden, daß die Kartoffeln zu faulen anfangen und höchstwahrscheinlich nicht mehr als Saatgut zu gebrauchen sein werden. Die Möglichkeit, sie der menschlichen Er⸗ nährung zuzuführen, ist gleichfalls in Frage gestellt.

Mit allen Rednern, die bisher zu dieser Frage das Wort ergriffen haben, und auch, wie ich überzeugt bin, mit der Gesamt heit dieses Hohen Hauses, ist das Staatsministerium und in erster

Reihe selbstverständlich das Landwirtschaftsministerium in Ueber⸗ einstimmung, daß mit aller Beschleunigung alle Schritte getan verden müssen, um die wirtschaftlichen Schädigungen, die sich für die Gegenwart und für die Zukunft aus diesen Verhältnissen er⸗ geben, nicht nur abzumildern, sondern zu beseitigen. Es handelt sich vor allen Dingen zunächst darum, daß den geschädigten Land⸗ wirten brauchbares Saatgut zur Verfügung gestellt wird. (Sehr richtig! bei der Deutschnationalen Volkspartei.) Darüber hinaus wird es gerade im Westen und Südwesten nötig sein, dafür zu sorgen, daß für die Zugtiere die nötigen Hafermengen zur Ver⸗ fügung gestellt werden, denn die Herbstbestellung ist besonders schwer, da der schwere Boden durch die Nässe hart geworden und schwer zu bestellen ist und die Bestellungszeit sich außerordentlich

zusammendrängt, verspätete Wintersaaten aber nicht die Gewähr bieten, daß eine gute Ernte erzielt wird. Ich wiederhole, daß das

Staatsministerinm einmütig entschlossen ist, alles zu tun, was not⸗ wendig ist, um der bedrängten Landwirtschaft aufzuhelfen und dafür zu sorgen, daß der Betrieb aufrechterhalten werden kann. Bereits sind reichlich 10 Millionen gegeben, um keine Zeit zu verlieven, und in der gestrigen Staatsministeralsitzung, die sich auf meinen Vortrag mit der Angelegenheit beschäftigt hat, hat völlige Uebereinstimmung aller anwesenden Herren umnd es war das gesamte Staatsministerium versammelt darüber bestanden, daß die erforderlichen Mittel mit der erforderlichen Beschleunigung gegeben werden müssen und auch gegeben werden können. Es wird

also, wie ich hoffe, möglich sein, das Schwerste abzuwenden.

Ueber die Höhe der erforderlichen Kred ite das

hängt mit der eben berührten Frage aufs engste zusammen ist ein endgültiges Urteil nicht eher zu fällen, als bis die Besichtigung vollständig abgeschlossen ist und das Ergebnis derselben vorliegt.

Es kommt darauf an, welche Bedürfnisse gedeckt werden sollen. Zumächst kommt die Boschaffung des Wintersaatgutes in Frage. Weiterhin muß für Sommersaatgut, Brotgetreide, Kar toffelsaabggut gesorgt werden. Für Westfalen liegt eine etwas genauere Schätzung bererts vor, da sind für diese Zwecke insgefamt ehwa 20 Millionen Mark erforderlich, für Wiesbaden und Cassel etwa je 12 Millionen Mark. Im ganzen rechnen wir mit einem Betrage, der 100 Millionen Mark weit überschreiten wird. Aber ich möchte es vermeiden, hier Zahlen zu nennen, die ich nicht belegen kann, und behalte mir vor, darauf bei anderer Gelegenheit zurück⸗ zukommen. Ich darf annehmen, daß, wenn die bereiten Mittel, mit denen der Finanzminister einzuspringen willens ist, nicht ausreichen, dieses Hohe Haus sich jederzeit bereit finden wird, die etwa not⸗ wendigen Kredite, über die ein Gesetzentwurf vorgelegt werden müßte, auch zu bewilligen, nicht nur im Sinn der Erhaltung der Landwirtschaft, sondern gerade der Sicherung unserer Volks⸗ ernährung für dieses und das nächste Jahr. Ich kann nicht dringend genug betonen, daß beides auf das engste miteinander verbunden ist, und daß jede Unterlassung in diesem Jahre sich bei der Ernte des nächsten Jahres rächen und die Ernährung unserer Bevölkerung gefährden wird. (Sehr richtig!)

Zusammenfassend wiederhole ich, daß unsererseits alles geschehen wird, und ich glaube, daß auch Herr Kollege Herold darüber beruhigt sein darf, daß die leider besonders geschädigten Gebiete im Westen das Maß der Fürsorge erfahren, auf das sie wegen der Ungunst der Witherumgsverhältnisse vollen Anspruch haben.

Dann darf ich vielleicht noch mit einigen Worten auf das ein⸗ gehen, was Herr Kollege Schulze⸗Stapen ausgeführt hat. Es ist selbstverständlich, daß die durch das Hochwasser betroffenen und in ihrer Ernte geschädigten Gebiete dieselbe Fürsorge erfahren werden wie die sonst durch den Regen betroffenen. Es sind auch keineswegs die Hände in den Schoß gelegt, sondern im Einverständnis und nach Rücksprache mit den Beteiligten bereits erhebliche Mittel zur Ver⸗ fügung gestellt. Es ist ein Kredit in Höhe von einer Million Mark durch die Preußenkasse den genossenschaftlichen Organisationen der Provinz zur Unterverteilung zugeführt worden, und zwar ein Kredit mit genügend langer Laufzeit. Er braucht erst am 31. Dezember 1925,

also nach Einhringung der nächsten Ernte, zurückgezahlt zu werden. Es ist selbstverständlich, daß alle diese Kredite eine entsprechend lange Gültigkeit haben müssen, weil sie nicht eher zurückgezahlt werden können, als bis die nächste Ernte, die doch überhaupt erst Werte in die Hände der Landwirte bringt, eingebracht sein wird. Die Zinsen für diese Million in Höhe von 126 000 werden zu % vom Kreis, zu von der Provinz und zu ¾%2 vom Lande Preußen aufgebracht werden. Es ist, wie gesagt, über diese Hergabe mit den Betrofsenen gesprochen worden, und sie hat ihre Zustimmung erhalten, so daß nach dieser Richtung der Punkt 1 der Großen Anfrage auf Druck⸗ sache Nr. 8045 seine Beantwortung gefunden haben dürfte. Auf den Punkt 2 komme ich nachher in einem anderen Zusammenhange noch der Landwirtschaft zuführen.

Aber, meine Damen und Herren, die Sache liegt bei richtiger Beurteilung der Gesamtlage so, daß Kredit⸗ und Geld⸗ schwierigkeiten nicht nur für die schwergeschädigten Landes⸗ teile vorliegen, sondern daß der Kapitalmangel, die Illiquidität, die Kreditnot der gesamten Landwirtschaft ganz außerordentlich groß ist. Wenn es sich meines Wissens auch nicht um 1200 Millionen Mark Personalkredit handelt, die zu hohem Zinsfuß der Landwirtschaft gegeben sind, so doch um wenigstens 800 oder 900 Millionen Mark und damit um eine gewaltige Zinsenlast, die sie aufbringen muß. Die wichtigste Aufgabe ist und bleibt die Beschaffung und die Sorge für die nötigen Kapitalien für die Landwirtschaft, und ich sehe vor allen Dingen meine Aufgabe darin, Quellen zu erschließen, die die Ueberführung des Personalkredits in lang⸗ fristigen Realkredit ermöglichen, überhaupt neuen Realkredit der Landwirtschaft zuführen.

Daß das nicht leicht ist, wissen Sie ebensogut wie ich. Aber ich glaube doch, daß die Bemühungen, die jetzt darauf gerichtet sind, die neue Agrarkreditbank zu schaffen, daß die Bemühungen, auch Geld aus dem Auslande zugunsten der landwirtschaftlichen Erzeugung heranzuziehen, Aussicht haben, diesen dringendsten Bedürfnissen in absehbarer Zeit abzuhelfen. Daß insofern die Annahme des Sach⸗ verständigengutachtens und die Verabschiedung der damit zusammen⸗ hängenden Gesetze durch den Reichstag auch für die Landwirtschaft von großer Bedeutung sind, kann ich hier nur noch erneut aussprechen. Wir sind einmal in unserer verarmten Wirtschaft und Volkswirtschaft nicht in der Lage, aus eigener Kraft die notwendigen Mittel auf⸗ zubringen. Wir können uns ebensowenig wie Münchhausen an unserem eigenen Zopf ous dem Sumpf herausziehen. Wir bedürfen der Zuführung neuen Blutes in den blutleer gewordenen Wirtschafts⸗ körper. Daher wird das Ausland auch für die Landwirtschaft Kredite hergeben müssen und, soweit ich unterrichtet bin, dazu auch bereit sein. Ich kann nur erneut mein Bedauern darüber aussprechen, daß gerade von landwirtschaftlicher Seite mit so großem Eifer und so starker Erbitterung gegen das Sachverständigengutachten Stellung genommen worden ist, über dessen schwere Belastung ich mir durchaus nicht im unklaren bin, ich kann es nur bedauern, daß landwirtschaftliche Organisationen und landwirtschaftliche Zeitungen in dieser Schärfe gegen das Dawes⸗Gutachten und die Gesetze sich geäußert haben. Denn die deutsche Landwirtschaft braucht diese Kredite, wenn anders sie wieder zu der wirtschaftlichen Höhe sich aufschwingen soll, die wir alle nicht nur der Landwirtschaft um ihrer selbst willen wünschen, sondern die wir für eine Lebensnotwendigkeit des deutschen Volkes halten. (Sehr richtig! bei den Deutschen Demokraten.)

Wenn es sich nun daraum handelt, eine neue Kreditbank land⸗ wirtschaftlichen Charakters zu schaffen, so ist diese Frage besonders dadurch in den Vordergrund gerückt worden, daß die Nentenba n k hinsichtlich ihres landwirtschaftlichen Teiles der Liquidation entgegengeht, daß binnen 3 Jahren die Belastungen der Landwirt⸗ schaft zurückfließen. Nun besteht eine starke Meinungsverschiedenheit darüber, ob das zurückfließende Kapital in den Kassen der Rentenbank bleiben soll, ob die hypothekarische Vorbelastung der Landwirtschaft, die sich aus ihrer Gutsage für die 1200 Millionen Rentenmark, die auf der Landwirtschaft gegründet sind, ergibt, verbleiben soll oder ob es nicht richtiger erscheint, eine Bereinigung des Grundbuches dahin vorzunehmen, daß diese Vorbelastung verschwindet und eine neue zentrale Agrarkreditbank aufgebaut wird, die von vornherein diese Belastung nicht aufweist und deshalb kreditfähiger ist, als die Agrarkreditbank auf Grund der Rentenbank es sein könnte. Diese Fragen werden noch erörtert. Ich habe jedenfalls aus den langen Verhandlungen den Eindruck gewonnen, daß auch die Vertreter der Landwirtschaft und der landwirtschaftlichen Kreditorganisationen den letzteren Weg für wünschenswerter und richtiger halten, also den Weg der Ausräumung der Belastung für die Rentenbank und die Schaffung eines neuen Kreditinstituts, das in erster Reihe dann eben der Befriedigung des Realkredits dienen soll von dem Zeitpunkt an in dem es möglich ist, Geld zu niedrigem Zinsfuß hereinzubringen und damit vom Personalkredit auf den Realkredit überzugehen. Die Ver⸗ handlungen sind aber noch nicht abgeschlossen. Jedenfalls und darin weiß ich mich mit diesem hohen Hause einig muß eine Regelung getroffen werden, die die Lebensfähigkeit, die Tätigkeit der großen vorhandenen Kreditinstitute nicht nur nicht schädigt, sondern sie hebt. Nicht gegen sie, sondern mit ihnen muß die neue Agrarkreditbank arbeiten, sie möge nun aufgezogen werden wie sie wolle. Wir wollen nicht, daß die Preußenkasse, daß die Landschaften, daß die gesunden Hypothekenbanken, die mit landwirtschaftlichen Hypotheken arbeiten, etwa in ihrer Lebensfähigkeit und ihrem Wirkungskreis gestört und beeinträchtigt werden, sondern es handelt sich meines Erachtens um eine Zusammenfassung aller geeigneten Kräfte zu dem Zweck, den landwirtschaftlichen Kredit wieder auf eine bessere Grundlage zu stellen und damit das wird leider nur all⸗ mählich möglich sein wieder gesunde wirtschaftliche Verhältnisse herbeizuführen.

Daneben damit berühre ich einen Punkt, der heute schon an⸗ geschnitten ist betrachten wir es für unsere wichtige Aufgabe, Mittel für die Durchführung von Meliorationen zur Ver⸗ fügung zu stellen. Es ist eben in diesem Zusammenhang mit Recht darauf hingewiesen worden, daß leider der ordentliche Haushalt in dieser Beziehung eine Verminderung der ausgeworsenen Mittel gegen⸗ über dem Vorjahre vorsieht, aber ich will doch demgegenüber hervor⸗ heben, daß auf anderem Wege mit Erfolg dafür gesorgt worden ist und weiter dafür gesorgt werden wird, daß unserer heimischen Land⸗ wirtschaft MNeliorationskredite in erheblichem Umfange zu⸗ geführt werden und deshalb auch die Durchführung zahlreicher Meliorationsvoörhaben, wie den Herren bekannt ist, vor sich geht. Es sind bisher im ganzen vom Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft und von der deutschen Bodenkulturaktiengesellschaft rund 8 700 000 zur Verfügung gestellt worden. Wenn die Herren Wert darauf legen, möchte ich kurz verlesen, in welcher Weise diese

Summen auf die einzelnen Provinzen verteilt sind, woraus sich de Umfang der Meliorationsarbeiten in den einzelnen Landesteilen er gibt. Es sind bewilligt worden für Ostpreußen 850 300 ℳ, für die Grenzmark 425 000 ℳ, für Brandenburg 1 015 000 ℳ, für Pommer 1 850 000 ℳ, für Oberschlesien 185 000 ℳ, für Niederschlesie 696 000 ℳ, für die Provinz Sachsen 595 000 ℳ, für Hannove 715 000 ℳ, für Schleswig⸗Holstein 1 226 000 ℳ, für Westfalen 331 350 ℳ, für Hessen⸗Nassau 310 000 ℳ, für die Rheinprovin 500 000 ℳ, insgesamt 8 700 000 ℳ. Daneben ich möchte da hier noch besonders hervorheben ist eine eigene Liste für das be setzte Gebiete aufgelegt, und es sind bisher 2 Millionen Mark für zi Meliorationen und Verbesserungen im besetzten Gebiet ausgeworfe worden, so daß auch nach dieser Richtung hin für den durch die Be satzung besonders schwer geschädigten Westen besondere Mittel au den vorhin genannten zur Verfügung gestellt werden, und auch dor die Meliorationstätigkeit in dem nötigen Umfange geübt werden kam Wenn ich in diesem Zusammenhang mit einigen Worten au die Wünsche eingehen darf die die Anfrage der Abgeordneten Schulz Stapen und Gen. zu 2 vorträgt, so möchte ich zunächst feststellen, da der Nachweis dafür, daß die außerordentlich beklagenswerten Schäd gungen die Folge ungenügender Räumung oder eines ungenügende Ausbaues des wasserführenden Aland die Ursache bilden, nicht g führt worden ist und zurzeit auch nicht geführt werden kann. 6 spricht dagegen einmal die Tatsache, daß ganz außerordentlich grof Niederschlagmengen wenn ich nicht irre, sind in wenigen Tage 175 mm Regen gefallen gefallen sind, die gar nicht haben b. wältigt werden können. Es ist natürlich ausgeschlossen, daß Vo fluter auf derartige ganz übermäßig starke Regenfälle eingestellt sind Dann würde ihre Wirtschaftlichkeit in keiner Weise mehr gegebe sein. Weiter darf ich darauf hinweisen, daß gerade der Unterla⸗ unterhalb Seehausen nicht die Schuld an der Ueberschwemmung ge⸗ tragen hat, denn es hat sich nicht darum gehandelt, daß die Elbe etwa Hochwasser mitführte und dadurch einen Rückstau bewirkt hät sondern das Wasser ist von oben infolge des starken Regenfalls g kommen. Dieser Teil des Wasserlaufs aber, der also auch nach der zustimmenden Haltung des Herrn Abg. Schulze⸗Stapen nicht die Ursache abgegeben hat, wird vom Staate unterhalten.

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Der Sta hat also nach dieser Richtung hin sich keine Versäumnisse Schulden kommen lassen. Anders liegt es darin stimme ich dem Herrn Abg. Schulze⸗Stapen bei mit dem Teil des Wasserlan oberhalb, dessen Offenhaltung und Unterhaltung der Genossensch⸗ obliegt, die vielleicht ich lasse das völlig dahingestellt nicht in vollem Maße ihre Schuldigkeit getan hat. Jedenfalls da sind wir durchaus in Uebereinstimmung, Herr Abgeordneter werden sofc die Verhältnisse geprüft werden, um mit aller Beschleunigung se⸗ zustellen, ob die Vorwürfe und Vermutungen, die Sie in Ihr großen Anfrage erheben, auch wirklich die Ursachen für die schlecht Zustände sind. Mittel sind schon dafür bewilligt. Ferner sollen d Betroffenen am Alandpolder 9000 gegeben werden, um die wendigsten Arbeiten eiligst ausführen zu können. Endlich sind de Regierungspräsidenten 20 000 zur Verfügung gestellt, um unteren Aland die notwendigen Unterhaltungsarbeiten durchführen können. Darüber hinaus wird erneut nachgeprüft werden, ob e Verlegung der Alandmündung die vermuteten günstigen Folgen hal wird. Sie werden zweifellos zum guten Teil eintreten. Aber diesem Falle ist die Nichtverlegung der Alandmündung nicht Ursache der beklagenswerten Zustände gewesen. Man wird dabei ne einem genügend kräftigen Träger suchen, um die wachsenden Lasten zu einem angemessenen Teile auf seine Schultern zu nehmen. Es wird notwendig sein, zunächst den Brunnen zuzudecken und dann weiten Ermittlungen anzustellen. Wenn es gewünscht wird, wird sich ei meiner Herrn Sachreferenten eingehender über diese Verhältn äußern. Jedenfalls ist für Meliorationen der Kreditbedarf der La wirtschaft sehr groß, und ich bin mit meinem Herrn Vorredner Auffassung, daß jede Goldmark, die in den deutschen Boden. Steigerung seines Ertrags hineingesteckt wird, tausendfältig Zi tragen wird, nicht nur für die Landwirtschaft, sondern zum Nutzen die ganze Volkswirtschaft. (Zustimmung.) Eine weitere Frage, die schon im Ausschuß und auch heute ei nicht unbeträchtlichen Raum eingenommen hat, ist die Schutzzo frage. Die Frage, ob und inwieweit neben der Kreditbeschaff und der unmittelbaren Förderung der Landwirtschaft auch durch t nische Maßnahmen, durch wirtschaftspolitische Maßnahmen zu helfen ist eine Frage, über die zurzeit der Reichstag berufen ist zu entscheid Ich begrüße es, daß von Rebnern aller Parteien hervorgehoben daß dies nicht eine Frage parteipolitischen Charakters ist, die irgendwelchen Schlagworten gelöst werden kann, sondern eine 61 die aus wirtschaftspolitischen und wirtschaftlichen Erwägungen her behandelt werden muß. Ich bin wie die Herren Vorredner Meinung, daß diese Frage nicht nur von landwirtschaftlicher deutung ist, sondern das ganze Volk angeht. Dabei möchte ich au einen Vorgang himweisen, der ernste Beachtung verdient. Vorgeft hat in Berlin der Deutsche Industrie⸗ und Handelstag getagt einstimmig eine Entscheidung angenommen, in der es unter ande heißt: v Der deutsche Industrie⸗ und Handelstag Hält die Wiederherstel eines Zollschutzes für die andwirtschaftliche Erzeugung nach vor für geboten. 18

(Hört! Hört) b Gelegentliche Preiskonjunkturen auf dem Getreidemarkt ti nicht für die grundsätzliche Beurteilung der Schutzbedürftigkeit deutschen Landwirtschaft maßgebend sein.

Das sagt eine nicht argrarisch eingestellte Körperschaft.-

Die gesamte deutsche Wirtschaft hat für Jahre hinaus starkes Interesse an der Erhaltung einer produktionefähigen wirtschaft, die das deutsche Volk ernährt und für die Erzeug von Handel, Industrie und Gewerbe abnahmefähig ist.

Das sind die Zusammenhänge und Gedankengänge, auf die der ehrte Herr Kollege Herold bereits hingewiesen hat: daß diese 8 hinüber und herüber laufen, daß diese Frage auch für die ü Wirtschaft von größter Bedeutung ist. Weiterhin erklärt dan Deutsche Industrie⸗ und Handelstag die Wiederherstellung der kriegsvertragszölle für die landwirtschaftliche Erzeugung für reichend (sehr richtig! rechts), und spricht sich dann noch dafür daß die Gerste, die in erster Reihe als Futtermittel eingeführt eine vorzugsweise Behandlung erfahren müsse wie das auch i Vorlage vorgesehen ist, zur Hebung unserer Fleischerzeugung un Interesse der bäuerlichen Landwirtschaft.

Ich führe das an, um darzutun, daß diese Frage mit der gr. Gründlichkeit und unter Berücksichtigung aller wirlschaftlichen lange, selbstverständlich auch der Arbeitnehmer das ist ja gar

Frage geprüft werden muß. Die Entscheidung darüber liegt dann in der Hand des Reichstags.

Was mumn die Stellung des preußischen Staats⸗ ministeriums zu dieser Frage anlangt, so ist sie bekannt. Aber ich möchte hier doch einige Mitteilungen richtig stellen, die eine falsche Beurteilung namentlich auch meiner Stellung zu dieser Frage er⸗ wecken könnten. Es ist selbstverständlich nicht angängig, daß ich hier über die einzelnen Vorgänge im Staatsministerium Mitteilung mache. Das Staatsministerium als solches tritt nach außen einheitlich auf; das kann gar nicht anders sein. Aber ich glaube doch, das eine hier sagen zu dürfen: daß ich selbst in eingehenden Darlegungen im Staatsministerium meine Stellungnahme, die Ihnen aus meinen Ausführungen im Hauptausschuß bekanntgeworden ist, vorgetragen habe, daß ich also persönlich durchaus die Belange der Landwirt⸗ schaft vertreten und auch über meine Auffassung zu der Frage keinen Zweifel gelassen habe. Weiter hebe ich hervor, daß es sich bei der entscheidenden Abstimmung im Staatsministerium nicht um eine Zufallsentscheidung gehandelt hat, sondern daß sämtliche Staats⸗ minister ihre Stimme abgegeben haben, daß auch ich sie abgegeben habe in welchem Sinne, brauche ich in diesem Zusammenhange nicht mehr zu sagen —, daß also die Vorwürfe, die nach dieser Rich⸗ tung zeitweilig namentlich in der Presse gegen mich erhoben worden sind, jeder batsächlichen Grundlage entbehren. Ich glaube, auch Herr Kollege Schulze⸗Stapen wird nicht so grausam sein, dem Land⸗ wirtschaftsminister die Berechtigung zu einem Urlaub zu versagen. (Heiterkeit. Zuruf rechts.) Sie haben gesagt: er muß da sein. (Erneuter Zuruf des Abgeordneten Schulze⸗Stapen.) Meine Herren Vertreter waren genau in meinem Sinne instruiert! Darüber können Sie ganz beruhigt sein, daß in dieser Beziehung in meinem Ministerium an einem Strange gezogen wird. Zu einer anderen Zeit kann der parlamentarische Minister doch schließlich nicht auf Urlaub gehen, als dann, wenn er nicht gerade den Vorzug hat, dieses

he Haus in Berlin versammelt zu wissen, zu dessen Verfügung wir uns selbstverständlich gern in jedem Augenblick halten.

Damit glaube ich diesen Gegenstand verlassen zu können und möchte nur noch eins hervorheben, worauf ich bereits kurz hin⸗ gewiesen habe.

Von wie großer Bedeutung die Preisfrage auch für die Ent⸗ wicklung der Landwirtschaft überhaupt und damit für den Umfang der landwirtschaftlichen Erzeugung ist, geht aus der Tatsache hervor, daß im letztverflossenen Düngerwirtschaftsjahr bis zum 1. Mai d. Js. die Abnahme der künstlichen Düngemittel durch die Landwirtschaft eine sehr schlechte gewesen ist, daß leider im großen und ganzen wegen mangelnder Mittel bei der Landwirt⸗ schaft nicht die Nährstoffe dem Boden zugeführt werden konnten und worden sind, die an und für sich der Boden und die Pflanzen ge⸗ braucht hätten. Es wurden in dem letzten Düngerwirtschaftsjahr 1923/24 nur 245 000 Tonnen Sitickstoff angewendet gegenüber 288 000 Tonnen im Vorjahre und 300 000 Tonnen in 1921/22, also ein sehr bedauerlicher Rückgang, der sich auch in den Erträgen geltend macht. Bei der Phosphorsäure sind die Ziffern noch ungünstiger: jetzt 167 000 Tonnen, im Vorjahre 295 000 Tonnen, 1921/22 312 000 Tonnen, so daß wir also beinahe auf die Hälfte der angewendeten Mengen von Phosphorsäure heruntergesunken sind. Selbst beim Kali, das doch in reichlichem, um nicht zu sagen überreichlichem Maße im Vaterlande zur Verfügung steht, sind die Anwendungsziffern erheb⸗ lich gesunken: 538 000 Tonnen gegen 695 000 Tonnen gegen 773 000 Tonnen. Ganz ähnlich liegt es auf dem Gebiet der Anwendung von Kallvünger, der ohnehin bedauerlicherweise infolge unserer nicht Gmnstigen Tarispolitik noch mehr zurückgegangen ist als die anderen Dingemittel. Nun hat sich gezeigt, daß in dem Augenblick, wo die Getreidepreise gestiegen sind, die Landwirtschaft in erheblich steigendem Maße Düngemittel für die Winterbestellung und später für das Früh⸗ jahr abruft, daß sie also nicht etwa eine Thesaurierungspolitik treiben will, sondern sofort Mittel, die ihr zu verwenden möglich erscheint, auch wieder neu in den Grund und Boden hineinsteckt, um höhere Erträge herauszuholen. Tatsächlich sind die Abnahmen an künstlichen Düngemitteln im laufenden Düngerjahr erheblich größer als im vorigen Jahre, und ich spreche die Hoffnung aus, daß es in diesem Maße weitergehen wird und die Landwirtschaft tatsächlich dem Acker die Düngermengen zuführen kann, die erforderlich sind, um eine gute Ernte zu erzielen.

Dann noch ein kurzes Wort über die Preisbewegung, die doch nicht so einheitlich und nicht so klar in die Augen fallend gewesen ist, wie es nach den Ausführungen des Herrn Kollegen Heil⸗ mann erscheinen könnte. (Abgeordneter Peters Hochdonn]: Die Zahlen sind richtig!) Einen Augenblick, Herr Kollege Peters, ich werde Ihnen gleich einige Zahlen darüber geben. Es ist richtig, daß im laufenden Monat die Getreidepreise über die Friedenshöhe gestiegen sind, anfangend Ende August, wo lediglich der Weizen im Verhältnis zu dem Preise im Jahre 1913 einen Stand von 103,5 als Ver⸗ hältniszahl erreicht hatte, während noch Ende August das ent⸗ sprechende Verhälmnis beim Roggen 100: 94, bei Hafer 100 : 995

Kar. Im September allerdings ist die Entwicklung dahin gegangen, daß die Getreidepreise nunmehr über den Friedenspreisen stehen, und zwar Roggen im Verhältnis von 100 : 124, Weizen 100 : 116, Hafer 100:114,5 und Gerste 100:133. Aber auf der anderen Seite sind auch die Preise der Bedarfsmittel für die Produktion der Landwirtschaft noch über den Friedenspreisen geblieben, z. B. Kohle 100 : 135, Stabeisen 131, kleinere Maschinen und Geräte 146, also fast das Anderhalbfache, Seiler⸗ und Webwaren 150, Geschirr und Schuhe, also Leoderwaren, 149, nahezu das Anderthalbfache, aber auch Superphosphat noch 129, Thomasmehl noch 121, Kali⸗ dünger 102. Lediglich Ammoniakstickstoffdünger ist in diesem Monai gesunken auf 100 : 79, dagegen, um ein Beispiel aus der Reihe der Futtermittel herauszugreifen, Mais 100 : 127. Also Sie sehen, daß die einheitliche Entwicklung noch durchaus nicht vorliegt, die zu dem Schlusse berechtigen könnte, daß nunmehr die Erzeugungs⸗ mittel auf oder unter den Friedenspreis gesunken seien.

Hinsichtlich der tierischen Erzeugung, um auch das kurz nach⸗ zuholen, ist die Entwicklung ganz ähnlich. Wir haben beispielsweise für gemästetes Rindvieh, Ochsen, noch Preise, die ganz erheblich unter den Friedenspreisen liegen, wenn ich nicht irre wie 100: 75, während allerdings die Schweinepreise nicht unerheblich über den Friedens⸗ preisen stehen. Dasselbe gilt für die Butter, die schon seit langer Zeit über dem Friedenspreise steht. Umgekehrt ist es für Kartoffeln, duf die auch Herr Heilmann hingewiesen hat und die ich in ihrer Bedeutung für die Volksernährung doch nicht so unterschätzen möchte, wie er es leider anscheinend getan hat. Die Kartoffel ist für unsere rmen und ärmsten Böden eine der wichtigsten Früchte, und es ist von größter Bedeutung, ob gerade auf den armen Böden eine ausreichende oder ungenügende Ernte erzielt wird. Bei der Kartoffel

ist das Verhältnis zum Friedenspreis wie 100: 64. Sie ist also tatsächlich erheblich billiger, und das hat gerade für die armen Böden, die, wie wir wissen, von der Ueberlast der Steuern besonders hart betroffen werden, ungünstige Folgen. Das wollte ich der Vollständig⸗ keit halber über die Preisentwicklung nach dem letzten Stand der Dinge Ihnen noch mitteilen. 8

Darüber besteht in diesem Hause keine Meinungsverschiedenheit: es ist dringend notwendig, auch die mittelbare Hebung der Landwirt⸗ schaft nach Kräften zu betreiben. Es ist bedauerlich, daß auf dem Gebiete des landwirtschaftlichen Schulwesens aus Sparsamkeitsgründen eine Einschränkung gegenüber dem Vorjahre hat Platz greifen müssen. Aber ich bitte, doch auch nach dieser Richtung hin die Befürchtungen nicht zu groß werden zu lassen. Es zeigt sich. das kann aus dem Haushalt selber nicht ersehen werden, sondern ergibt sich erst aus den Nachtragsforderungen, die im Laufe dieses Jahres erhoben sind —, daß für das gesamte landwirtschaftliche Unterrichtswesen 1913 ausgegeben worden sind 2 809 640 Mark. Demgegenüber werden wir im laufenden Jahre auf eine Ausgabe von 2 911 074 Mark kommen. Ich weiß, daß die heutige Mark nicht den Wert der Mark des Jahres 1913 hat. Immerhin werden Sie daraus ersehen, daß wir versucht haben, nach Möglichkeit den Unter⸗ richtsbetrieb aufrecht zu erhalten, der einen wesentlichen Auftrieb zur Hebung der landwirtschaftlichen Bildung und damit zur Er⸗ reichung höherer landwirtschaftlicher Erträge darstellt.

Leider ist es nicht möglich gewesen, die ländlichen und gärtnerischen Fortbildungsschulen im bisherigen Um⸗ fange zu erhalten. Dort hat ein erheblicher Abstieg stattfinden müssen. Wir hatten 1913 die sehr hohe Zahl von 6781 ländlichen und gärtnerischen Fortbildungsschulen. Die Zahl ist nach einem Tiefstand während des Krieges 1922 wieder auf 3787 gestiegen und hat leider für das laufende Jahr auf rund 2000 herabgesetzt werden müssen, eine bedauerliche Folge unserer schlechten Finanzen, eine Folge, die aber, wie ich hoffe, wird überwunden werden können, so daß wir dieses wichtige Gebiet der Hebung der landwirtschaftlichen Bildung zur Steigerung der landwirtschaftlichen Erzeugung wieder mit den⸗ selben Mitteln werden ausstatten können, wie es bisher der Fall war.

Die Einschränkung gilt auch für die höheren Gärtner⸗ lehranstalten. Leider ist es notwendig geworden, die alte Lehr⸗ anstalt in Proskau als höhere Gärtnerlehranstalt verschwinden zu lassen, weil die Zuschüsse nicht mehr tragbar waren. Erfreulicher⸗ weise ist es gelungen, die Anstalt als mittlere und niedere Gärtner⸗ lehranstalt zu erhalten. Die Landwirtschaftskammer hat sie gepachtet und führt den Betrieb der Lehranstalt weiter. Sie wird sich vor allem auch die Abhaltung von Kursen für praktische Gärtner, die Heranbildung von Lehrlingen angelegen sein lassen, so daß von dieser Einrichtung Gutes erhalten ist.

Wenn ich in diesem Zusammenhange eine kurze Bitte aus⸗ sprechen darf, so geht sie dahin, der Entschließung Ihres Hauptaus⸗ schusses auf Nr. 18 nicht zustimmen zu wollen, und zwar deswegen nicht, weil die Beschlüsse durch die Tatsachen überholt sind. In⸗ zwischen hat, wie Sie wissen, die Hundertjahrfeier der höheren Gärtnerlehranstalt in Dahlem stattgefunden. Es war mir eine besondere Freude, anläßlich dieses seltenen Gedenktages die Lehranstalt zu einer Forschungs⸗ und Lehranstalt erheben zu können, ihr neue Flächen für gärtnerische Versuchszwecke zur Verfügung stellen zu können und vor allen Dingen dafür zu sorgen, daß der Zusammenhang zwischen der bisherigen höheren Gärtnerlehranstalt in Dahlem und der Landwirt⸗ schaftlichen Hochschule erheblich enger geworden ist. Es ist heute möglich, daß Besucher der höheren Gärtnerlehranstalt, die auch nur ein zweistündiges Kolleg an der Landwirtschaftlichen Hochschule belegen, dieses Semester auch an der Landwirtschaftlichen Hochschule angerechnet bekommen, so daß also der Zeitverlust nicht mehr vor⸗ handen ist, dem sie bisher ausgesetzt waren. Kurzum, die Fäden sind enger geknüpft. Sie alle wissen ich glaube es wenigstens —, daß auch das nur ein weiterer Schritt auf dem Wege zur großen Land⸗ bauhochschule ist, wie wir sie beabsichtigen, die die verschiedenen Zweige der Landbauwissenschaft als Fakultäten in sich schließen soll: Ackerbau, Forstwirtschaft, Gärtnerei, Bodenkunde, Feldmesserei usw. Ich möchte also dringend bitten, aus diesem Grunde diesem Ent⸗ schlusse nicht beizutreten, um einen Weg nicht zu verbauen, der auch von den Mitgliedern dieses hohen Hauses, die seinerzeit der Be⸗ sprechung über diese Frage in meinem Ministerium beigewohnt haben, gebilligt worden ist.

Meine Herren, bei der vorgerückten Zeit darf ich mir es vor⸗ behalten, auf die Siedlungsfrage an einem der nächsten Tage zurückzukommen, da ich über diese Angelegenheit mich nicht allzu flüchtig äußern möchte.

Zum Schlusse darf ich noch einmal die Bitte aussprechen, die Bitte, von der ich überzeugt bin, daß sie nicht tauben Ohren unter⸗ breitet wird: Lassen Sie uns, meine Damen und Herren, wie bisher die landwirtschaftlichen Fragen außerhalb des Geheges der partei⸗ politischen Zäune behandeln; seien Sie auch weiterhin davon über⸗ zeugt, daß mit der Hebung der Landwirtschaft zugleich auch alles zur Hebung der Ernährung unseres Volkes geschieht, daß Sie mit dieser Arbeit wahrhaft aufbauende und damit im wahrsten Sinne des Wortes vaterländische Arbeit leisten.

338. Sitzung vom 26. September 1924, Mittags 12 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger“*).)

Vizepräsident Dr. von Kries eröffnet die Sitzung um 12 ¼ Uhr.

Das Haus tritt in die gemeinsame Beratung der preußischen Steuernotverordnung und der zu dieser erlassenen Aus⸗ und Durchführungsverordnungen ein.

Abg. Grzesinski (Soz.) stimmt dem vom Hauptgusschuß vorgeschlagenen Initiativgesetzentwurf zu, wenn auch nur schweren Herzens. Es bestehe die Befürchtung, daß die Erträge der Haus⸗ zinssteuer einseitig dem Hausbesitz zugute kommen. Der Haupt⸗ ausschuß habe böshose daß für die Zeit Juli —September 1924 zwei Fünftel, später ünf Zwölftel des Aufkommens aus der Haus⸗ zinssteuer zur Förderung der Neubautätigkeit zu verwenden sind. Für diefelbe Zeit soll ein Fünftel und später zwei Zwölftel den Gemeinden überwiesen werden, der Rest dem Lande zufließen. Ganz besonders sei, wie ja auch der Ausschuß in einem besonderen Antrag betone, die Errichtung von Wohnstätten für kinderreiche Familien zu fördern. 1

Abg. Frau Arendsee (Komm.) schildert die durch das un⸗ sägliche Wohnungselend erzeugten sozialen Jammerzustände in der

*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.

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(Lebhafter Beifall.)

1“

breiten Masse der Bevölkerung. Zur wirklichen Abhilfe sei bisher kaum etwas geschehen; statt dessen habe man zur Mietssteuer, zur unsozialsten Steuer der ganzen Welt, gegriffen; damit würden dem arbeitenden Volke nur neue unerträgliche Lasten aufgepackt.

Von den Sozialdemokraten ist ein Entschließungs⸗ antrag eingebracht, wonach das Staatsministerium ersucht werden soll, sorgfältig darüber zu wachen, daß die Mittel aus der Hauszinssteuer zur Förderung der Neubautätigkeit auch in vollem schnellstens dem Baumarkt zugeführt werden und baldtunlichst für diesen Zweck weitere Mittel aus der Hauszinssteuer zur Verfügung zu stellen.

Abg. Höpker⸗Aschoff. (Dem.) exinnert an die von seiner Partei im Inlteresse der Landwirtschaft gestellten Anträge, u. a. auf Erhebung der Hauszinssteuer erst nach der Ernte. Die auf den Haus⸗ besitzern ruhende Steuerlast sei ungeheuer groß. Man solle alles tun, um diese Steuerlast zu erleichtern, und deshalb von einer Er⸗ höhung der Hauszinssteuer absehen.

Abg. Dr. Kaufhold (D. Nat.) erklärt sich mit dem im Aus⸗ schuß erreichten Erfolge zufrieden. Die Wohnungszwangswirtschaft inde immer mehr Gegner, auch in den Reihen der Mieter. Sogar

ie Ullsteinsche Morgenpost habe am Donnersbag einen die Wohnungs⸗ zwangswirtschaft behandelnden Artikel gebracht mit der Ueberschrift: Fort mit dem Selbstbetrug! Der Abgeordnete Höpker⸗Aschoff habe im Ausschuß als Berichterstatter gesagt: Dennoch muß ein Weg gefunden werden, um die Landwirtschaft zur Hauszinssteuer heranzuziehen. Wir e auf dem Standpunkt der Deutschen Volkspartei, daß es ein Unrecht sei, zu den bestehenden fünssehn Steuern der. Landwirtschaft noch die sechzehnte hinzuzufügen. uch der Finanzminister und der Wohlfahrtsminister hätten in der ersten Zeit die Landwirtschaft von der Hauszinssteuer freilassen wollen. Der Redner weist auf das Bei⸗ wiel Mecklenburg⸗Schwerins hin, in denen alle Personen, die nur bis 720 Mark Jahreseinkommen haben, von der Hauszinssteuer befreit sind. Diesem Beispiel sollte Preußen zur Schonung der Kleinrentner, Kriegsbeschädigten usw. folgen. Der Redner erklärt es für notwendig, daß die Erträge der Hauszinssteuer in weitestem Umfange für die Sheten neuer Wohnungen verwendet werden. Der Wohlfahrts⸗ minister solte dann aber auch die Höhe der Mieten für Wohnungen, die mit öffentlichen Mitteln hergestellt sind, kontrollieren, damit sie nicht, wie z. B. schon in Neukölln, unerhörte Höhe er⸗ reichen. Von der Stellung neuer Anträge sieht die Deutschnationale Partei einstweilen ab.

Finanzminister Dr. von Richter: Meine Damen und Herren! Ich hatte eigentlich gehofft, ich würde nicht genötigt sein, in dieser Aussprache das Wort zu ergreifen, nachdem wir uns ja im Hauptausschuß in einer auch für mich sehr erfreulichen Weise auf einer mittleren Linie geeinigt haben, bei der auch nach meiner Auffassung die finanziellen Interessen des Staats schließlich gewahrt werden. Aber ich bin nun doch genötigt, das Wort zu ergreifen, nachdem Herr Abg. Dr. Höpker⸗Aschoff hier Ausführungen gemacht hat, aus denen, wenn sie unwidersprochen ins Land gingen, der Ein⸗ druck entstehen müßte, als wenn die große Mehrheit dieses Hauses im Verein mit dem Staatsministerium Mittel für die Staatskasse in Anspruch nähme und die Erhebung von Steuern wünschte, deren Erhebung nicht nötig sei, und Mittel verlangte, die für die Fort⸗ führung der Staatsgeschäfte nicht erforderlich seien. Ich bin der festen Ueberzeugung, daß Herr Dr. Höpker⸗Aschoff, dessen Tätigkeit und Arbeiten gerade auf finanzpolitischem Gebiete ich sehr hoch schätze und in gemeinsamer Arbeit dankbar anzuerkennen alle Ver⸗ anlassung habe, wenn er nicht dort vor dem Rednerpult des Ab⸗

geordneten gestanden hätte, sondern den Platz ein nähme, auf dem ich

hier sitze, dann nicht die Rede gehalten hätte, die er an jenem Platze

gehalten hat. (Heiterkeit.)

Denn ich kann sehr gut als Abgeordneter sagen und ich bestreite das auch als Finanzminister gar nicht —, daß das Auf⸗ kommen an Reichssteuern, insbesondere an Einkommen⸗ und Körper⸗ schaftssteuern, sich in einer vom Standpunkt der staatlichen Finanzen sehr erfreulichen Weise gesteigert hat. Wenn ich allein die Zahlen zugrunde lege, wie es Herr Abg. Dr. Höpker⸗Aschoff getan hat, dann stimmt seine Rechnung mathematisch allerdings. Aber die Rechnung, das Vertrauen, daß die Steuern nun weiter so eingehen werden, hat doch ein großes Loch.

Erstens einmal ist gar kein Zweifel darüber, daß infolge der Ereignisse, die namentlich bei der Landwirtschaft eingetreten sind, gar kein Gedanke daran ist, daß wir auch nur mit einiger Sicherheit auf den bisherigen Steuereingang rechnen können. Wir haben uns im Reiche noch neuerdings und ebenso in Preußen durchaus mit Recht zu sehr weitgehenden Steuerstundungen und Steuererlassen mit Rück⸗ sicht auf diese katastrophalen Witterungsereignisse entschließen müssen. Es ist also mit absoluter Sicherheit anzunehmen, daß der Steuer⸗ eingang aus weitesten Kreisen unseres Vaterlandes ein erheblich geringerer sein wird als bisher.

Wir müssen uns zweitens darüber klar sein, daß diese höheren Steuereingänge sogenannte Vorauszahlungen sind auf eine Steuer, die erst im nächsten Jahre veranlagt wird, und es besteht schon jetzt gar kein Zweifel darüber, daß in weitesten Kreisen diese Veranlagung erheblich hinter der Summe der Vorauszahlungen zurückbleiben wird. Infolgedessen kann ich diese sogenannten Vorauszahlungen nur dann meinen Berechnungen zugrunde legen, wie das Herr Dr. Höpker⸗ Aschoff getan hat, wenn ich entschlossen bin, dieses Mehr, das über die Veranlagung hinousgeht, für den Staat zu behalten, eine An⸗ nahme, mit der als einer feststehenden man gewiß nicht rechnen kann. Das ist der zweite Fehler in der Berechnung des Herrn Dr. Höpker⸗

Drittens: Wir können in einem großen Staat wie Preußen den Finanzminister und die Generalstaatskasse nicht so stellen, daß, wenn jemals und in einem solchen Staate wie Preußen kann das alle Tage vorkommen irgend etwas eintritt, was im Haushalt nich vorgesehen ist und was ein paar Hunderttausende oder ein paar Millionen kostet, der Finanzminister nun sagen muß: Ich habe es nicht; denn ich rechne wie ein Milchmädchen, ich rechne von einem Tage auf den andern, und wenn mal etwas kommt, was nicht vor⸗ gesehen ist, dann ist Matthäi am letzten. Meine Damen und Herren, solche Ereignisse sind in einer leider außerordentlichen Weise durch die Notverhältnisse bei der Landwirtschaft jetzt eingetreten. Was soll geschehen, wenn jetzt der Herr Land⸗ wirtschaftsminister mit Recht an mich herantritt? Im Reich ist die Steuerstundung gewesen, aber bei uns werden wir weit darüber hinausgehen müssen, bei uns in Preußen sind wir Sie haben das ja hier beim landwirtschaftlichen Etat entweder schon be⸗ schlossen oder beraten schon mitten in einer weitgehenden Unter⸗ stützungsaktion dieser notleidenden Landwirte, die ebensowohl im Interesse der Landwirte wie im Interesse unserer Verbraucher im nächsten Jahre liegt. Denn wenn es jetzt den Landwirten in weitestem Umfange nicht möglich ist, sich Saatgetreide aus eigenen Mitteln zu beschaffen, dann sind diejenigen, die im nächsten Jahre die Zeche dafür zu bezahlen und darunter zu leiden haben, nicht in erster Linie die Landwirte, sondern die Verbraucher (sehr richtig!), und zwar gerade die Verbraucher in den großen Städten. Deshalb müssen wir jetzt