Reichstage geblieben sei. den e. 1 Koalitionsregierung,
Labenborsfs gegen die katholische Kir
ansprüchen stets und immer unsere Unterstützung geliehen haben. Ich glaube deshalb nicht, daß es sich vom „Evangelischen Bund“ und dessen Kundgebungen, die auf die Sprengung der großen Koalition in Preußen hügign sonderlich einschüchtern lassen wird. Mit dem Muster der großen von ihr getriebenen Politik glauben wir vor der zu können. 1 Abg. Dr. Heß (entr.) fragt den Abgeordneten v. d. Osten, wo denn die Ueberzeugung der Deutschnationalen bei der Abstimmung im sei. Der Redner beansprucht für das Zentrum Lorbeerkranz angesichts seiner Mitwirkung an der während er es den Sozialdemokraten gern über⸗ äßt, sich mit den anderen Parteien über den zweiten Feheget
auseinanderzusetzen. Wenn Sie (zu den Deutschnationalen) si chützend vor Ludendorff stellen, was sagen dann die katholischen Mit⸗ lieder in Ihrer Fraktion dazu angesichts der wiederholten Angriffe e bis zu ihrer höchsten Spitze?
n Koalition, wie wir es in Preußen gegeben haben, und mit der Geschichte bestehen
ersten
Wenn Ludendorff beim letzten Zusammenbruch 1918 nicht mehr da
war — er war in Schweden —, wo waren Sie nationalen) denn damals?
8 ratischen Verfassung jeder in
—
(zu den Deutsch⸗ Sie waren von der Bildfläche ver⸗ aufgetaucht, als infolge der demo⸗ Deutschland frei und offen seine Beziehung trennt uns unsere Wir konnten
1
und sind erst wieder
In kultureller
Meinung sagen konnte. ller der Sozialdemokratie.
rundsätzliche Auffassung von
nicht Gewehr bei Fuß stehen, sondern mußten mitarbeiten. Auf
827 die
82
gesetzt am 29. August.
wäre es das Beste, solche Vorträge zu verbieten.
9
Man geschlossene Schulkompromiß
8 finnung unliebsames Aufsehen und Widerstand erregt habe.
zeichnung des
Blatt der Reichsverfassung werden Sie auf kulturellem Gebiete die Spuren der Mitarbeit des Zentrums finden. Den Kampf gegen Zentrumspartei haben Sie (zu den Deutschnationalen) endgültig erloren, und den Schlußpunkt unter Ihre Niederlage haben Sie
Abg. Dr. v. Campe (D. Vp.) bezeichnet das Auftreten des Franzosen Basch in Deutschland als eine Herausforderung eines großen Teils des deutschen Volkes. (Widerspruch und Lärm links.) Daher 1 Herr Heilmann Angehörige einer Ueber⸗
ei ein Wolf im Schafskleide, wenn er, der von einer
ie den Klassenkampf immer noch kräftig betone, rückung und Abschwächung der Klassengegensätze spreche. Volle Parität solle ganz gewiß herrschen; er sei überzeugt, daß kein Katholik auf diesem Gebiete Grund zur Klage habe. Im Gegenteil fühlen sich vielfach evangelische Kreise hinter Katholiken zurückgesetzt. sollte nicht einen katholischen Landrat in eine fast ganz vangelische Gegend schicken. Das in der Nationalversammlung ab⸗ sei doch vom evangelischen Standpunkt echt bedenklich. Jedenfalls müsse gegenseitig möglichste Toleranz eübt werden. Dem Abgeordneten v. d. Osten gegenüber weist der Redner darauf hin, daß seine frühere Ernennung zum Regierungs⸗ räsidenten in den Kreisen der Rechten wegen seiner liberalen Die
in einer Koalition noch recht viel
Deutschnationale Partei werde b Durch den ö Wider⸗
duldsamkeit lernen und üben müssen. stand hätte das gesamte Ausland wieder Achtung vor dem deutschen Volk bekommen, das sich in dieser Frage einig gezeigt habe. Dr. Helfferich habe gegen die Rentenmark schwere Bedenken ge⸗ äußert, er habe eine Roggenmark schaffen wollen. Es sei keine Lust, heute zu leben, aber es sei eine Pflicht zu leben, um mitzuarbeiten an der Koalitionspolitik. Die — wenn auch nur „private“ — Unter⸗ stützung des „Reichsbanners Schwarz⸗Rot⸗Gold“ sei außerordentlich bedenklich. Abg. Brandenburg (Soz.) unterschreibt und unterstreicht als Mitglied des Bundesvorstandes des „Reichsbanners Schwarz⸗Rot⸗ Gold“ die Erklärung des Abgeordneten Nuschke, daß keine Handgelder für die Mitgliedschaft gezahlt werden, und schließt sich der Kenn⸗ Abgeordneten Geisler, Geschäftsführers der vater⸗ ländischen Verbände, als eines Verleumders und Ehrabschneiders an. Minister des Innern Severing: Meine Damen und Herren! Ich würde undankbar sein, wenn ich den Herren Rednern,
die zum Schluß der gestrigen Sitzung und heute gesprochen haben, nicht
meine Anerkennung darüber aussprechen wollte, daß das
„Sündenregister“ des Ministeriums des Innern so erheblich hinter
die großen außen⸗ und innenpolitischen
Auseinandersetzungen zurück⸗ getreten ist, die hier die Debatte ausgefüllt haben. (Abg. von Eynern: War es verabredet?) — Nein. Ich habe so evwas wie ein Gefühl der Ueberflüssigkeit verspürt, als ich dort saß, mich
anschickte, zu meinem Etat zu sprechen, und nun Zeuge sein mußte
der Auseinandersetzungen über die Wertschätzung Ludendorffs, über
den Evangelischen Bund und Katholizismus und dergleichen. Wenn
ich dabei, wie gesagt, so gut abgeschnitten habe (Abg. Dr. Meyer [Ostpreußen]: Warten Sie nur noch ab! — Heiterkeit), dann darf ich diese Tatsache doch wohl als einen weiteren Beweis dafür buchen, daß es so ganz schlimm in meinem Ressort nicht bestellt sein kann;
denn sonst würden alle die voraufgegangenen, sicherlich sehr inter⸗
essanten und durchaus nicht unzeitgemäßen Ausführungen nicht gemacht worden sein, sondern die Redner aller Parteien hätten sich
dann wohl mehr mit dem Etat des Innenministeriums beschäftigt.
Ich bin nun leider als Minister nicht in der Lage, mich an diesen sehr interessanten Debatten zu beteiligen. Außerhalb dieses Raumes in einer Volksversammlung wäre ich dazu imstande; heute habe ich als Minister die Verpflichtung, den Ausführungen nachzugehen, die im Laufe der Debatte zu meinem Etat gemacht worden sind.
Da möchte ich zunächst sagen: wenn der Herr Abgeordnete von der Osten gemeint hat, daß ich mir die Erwiderung auf die Aus⸗ führungen seiner politischen Freunde sehr leicht gemacht habe, dann bin ich auch wohl nach seiner Auffassung dazu berechtigt gewesen. Ich bin überzeugt, daß Herr Kollege von der Osten mir zustimmen würde, wenn er Mitglied des Hauptausschusses gewesen wäre und die Anklagen der Herren Milberg und Negenborn zu meinem Etat dort schon vernommen hätte und die Antworten, die meine Mit⸗ arbeiter und ich auf diese Angriffe gegeben haben. Die Herren Milberg und Negenborn haben hier in der Plenarsitzung nichts vor⸗ getragen, was im Hauptausschuß des Landtags nicht bereits vor⸗ getragen und — worauf ich besondere Betonung legen möchte — was nicht bereits im Ausschuß widerlegt worden wäre. Herr Staats⸗ sekretär Meister hat z. B. auf Grund der Akten nachgewiesen, daß nicht davon die Rede gewesen sein könne, daß der Regierungsrat Brisch unmittelbar vor dem Inkrafttreten der Personalabbauverord⸗ nung in sein Amt hineingekommen sei. Er hat urkundlich nach⸗ gewiesen, daß monatelang vorher, ehe überhaupt jemand im Reiche und in Preußen an eine Personalabbauverordnung dachte, die Ernennung dieses Beamten erfolgt sei. Sowohl Herr Negenborn wie auch Herr Milberg haben sich trotz dieser Wider⸗ legungen nicht gescheut, ihre wahrheitswidrigen Behauptungen an dieser Stelle zu wiederholen. Herr Milberg hat davon gesprochen, daß es dem Innenminister darauf angekommen sei, den Polizei⸗ präsidenten von Altona, Herrn Kirchner, noch schnell in die Ver⸗ waltung hineinzubringen. Nun hat Herr Kirchner aber schon im April des vergangenen Jahres in Altona amtiert. (Sehr richtig! links.) Wenn man angesichts dieser Polemik, angesichts dieser Kampfesweise die Ausführungen der Herren mit einer Handbewegung abtut, dann sollten auch sie das verstehen. Es bliebe natürlich auch eine andere Methode der Beantwortung übrig, daß man sich nämlich über diese Unwahrhaftigkeit der Diskussion entrüstet und entsprechend entgegnet. Aber ich muß Ihnen — vielleicht zu meiner Schande — gestehen: ich bringe Erregung gegen eine solche Kampfesweise nicht mehr auf, weil ich sie leider allzu sehr gewohnt bin. 8
— ““ 25— *
Der Herr Abgeordnete von der Osten hat dann eine Bemerkung, die ich gegen Herrn Negenborns Ausführungen gemacht habe, be⸗ sonders herausgegriffen und festgestellt, daß ich in diesem Punkte den Versuch einer Widerlegung gemacht hätte. Ich glaube, Herr Kollege von der Osten, Sie haben diesen Ausführungen Ihre besondere
Aufmerksamkeit zugewandt, weil nach den Mitteilungen des Herrn
Negenborn seine irrigen Bemerkungen auf frühere Auslassungen von Ihnen zurückgingen. Ich bedauere außerordentlich, daß Sie bei der Erörterung über diese Frage, vielleicht durch Ihre Erregung über Potsdam oder durch irgendeine andere Gemütsaufwallung, sich zu den logischen Schnitzern haben verleiten lassen, die ich bei Ihnen am allerwenigsten erwartet habe. Ich soll also die sozialdemokra⸗ tischen Amtsvorsteher durch die Landgemeinde⸗ ordnung im Osten schaffen wollen, um durch diese Amts⸗ vorsteher polizeiliche Gewalt für die sozialdemokratische Partei im Osten zu bekommen. (Zuruf: Landbürgermeister!) — Jawohl, durch die Einführung der Landgemeindeordnung mit der Einführung der Landbürgermeister! — Das ungefähr war der Gedankengang des Herrn Negenborn. (Zuruf links: des Herrn von der Osten!) — Nein, zunächst des Herrn Negenborn. Heute morgen unterstreicht Herr von der Osten diesen Gedankengang und sagt, es sei möglich, daß „Schreier und Hetzer“ im Osten auch als Amtsvorsteher Erfolg haben könnten. Von beiden eins: entweder sind Sie der Auffassung, daß sich die Sozialdemokratische Partei zu ihren Wortführern Schreier und Hetzer nimmt, daß die Sozialdemokratische Partei durch eine laute Agitation im Osten Erfolge erringen kann, derart große Erfolge, daß sie in größerem Umfange Amtsvorsteher für sich in der Selbstverwaltung beanspruchen dürften; dann aber verstehe ich es nicht, Herr von der Osten, daß Sie mir zu gleicher Zeit zur Beruhi⸗ gung — oder Dämpfung, ich. weiß nicht wie — sagen: die Entwick⸗ lung in den Landarbeiterorganisationen ist ein Beweis dafür, daß die Ideen der Soizaldemokratie im Osten keinen Boden finden. Ich weiß nicht, zu welcher Lesart Sie sich bekennen wollen: Wird es den Sozialdemokraten gelingen, „Schreier und Hetzer“ an die Spitze der Aemter zu bringen, oder wird die Sozialdemokratie auf Grund
der Entwicklung in den Landarbeiterorganisationen im Osten zur
Ohnmacht verurteilt sein? Diese Widersprüche beweisen doch die Haltlosigkeit Ihrer ganzen Argumentation. Ich habe, als ich die Landgemeindeordnung vorgelegt habe, Anregungen aufgenommen, die nicht Sozialdemokraten, sondern der frühere Staatsminister Drews und der demokratische Minister Dominicus gegeben und weiter ver⸗ folgt haben. Die Landgemeindeordnung ist keine Privatarbeit von mir, sie ist eine Kollektivarbeit des Gesamtministeriums, und es ge⸗ hört eine hahnebüchene — verzeihen Sie den Ausdruck! — Phantasie dazu, zu meinen, daß durch die Einführung der Landbürgermeistereien in Pommern und Ostpreußen etwa in größerer Zahl sozialdemokra⸗ tische Amtsvorsteher geschaffen werden könnten.
Sie haben sich dann mit der Frage der A ußenseiter be⸗ schäftigt und gemeint, gegen Außenseiter an sich, gegen tüchtige Außenseiter sei grundsätzlich nichts einzuwenden, es müsse aber vom Standpunkt der Deutschnationalen Fraktion aus Verwahrung da⸗ gegen eingelegt werden, daß man Außenseiter berufe, um partei⸗ politische Beamte im Staatsdienst unterzubringen. Herr von der Osten, es dürfte Ihnen schwer fallen, den Nachweis dafür zu er⸗ bringen (Lachen rechts), daß irgendein Sozialdemokrat oder irgendein Zentrumsmann oder irgendein Demokrat aus parteipolitischen Gründen oder, was noch drastischer wäre, aus Gründen der materiellen Fürsorge für diesen Mann in ein Staatsamt gebracht worden wäre. Ich habe mich bereits gestern gegen diese ganz niedrige Unterstellung der „Futterkrippenpolitik“ gewendet. 8
Man braucht aber, wenn man Sozjaldemokrat ist, nicht Außen⸗ seiter zu sein, um sich den ganzen Haß der Deutschnationalen zuzu⸗ ziehen. Ich habe es, als im vergangenen Jahre eine Vakanz in Lüne⸗ burg eintrat, im Lüneburger Präsidentenposten, in Ansehung der großen Stimmenzahl der Sozialdemokraten in der Provinz Hannover, angesichts der Notwendigkeit, die Sozialdemokvaten in der Welfen⸗ bewegung in der alten Linie zu halten, für meine Pflicht erachtet, den Sozialdemokraten der Provinz Hannover den Beweis zu erbringen, daß sie in größerem Umfange an Staatsstellen beteiligt werden sollen. Ich habe Umschau gehalten: Wo finde ich einen Beamten, der kein Außenseiter, der Niedersachse ist, der die besonderen Aufgaben seines Bezirks, die auf dem Gebiete der Siedlung liegen, bewältigt? Ich habe einen solchen Mann gefunden, der sich erstens mit den Aufgaben der Siedlung im Reichsministerium des Innern vertraut gemacht hat, der Niedersachse ist, dessen Vater braunschweigischer Staatsminister war. Diesen Mann, der allerdings das Pech hatte, Sozialdemokrat zu sein, habe ich für den Lüneburger Bezirk vorgeschlagen. Sofort setzte die Hetze der Deutschnationalen ein. Es hieß, daß dieser Mann nicht geeignet sei, den Posten des Lüneburger Präsidenten zu bekleiden. Die Vorkommnisse am 14. September hat man erneut benutzt, um in das Land hinaus die Forderung auszusprengen: es darf nicht eher geruht und gerastet werden, bevor nicht der Sozialdemokrat Krüger den Posten des Präsidenten in Lüneburg verlassen hat!
Ich darf -bei dieser Gelegenheit noch einmal wiederholen: Es ist außerordentlich schwierig, heute Personalpolitik zu treiben. Wenn das noch eines Beweises bedurft hätte — Herr Abg. Dr. von Campe hat diesen Beweis eben erbracht. Gestern haben wir uns gestritten: Außenseiter oder — verzeihen Sie den Ausdruck — zünftige Beamte. Wir haben uns bei früheren Gelegenheiten gestritten: Sozialdemo⸗ kraten oder Demokraten oder Zentrumsmänner oder Deutschnationale oder Volksparteiler? Die Vorbildung, die parteipolitische Zugehörig⸗ keit — das waren bis vor kurzem die Streitpunkte. Jetzt ist noch ein anderer hinzugekommen, den Herr Abg. Dr. von Campe cufgezeigt hat: das konfessionelle Bekenntnis des Bewerbers. Es ist richtig: in den Kreis Verden ist ein katholischer Landrat ge⸗ kommen, und zwar auf Grund der Abmachungen, von denen ich gestern gesprochen habe. Wir hatten die Verpflichtung, zu Beginn dieses Jahres Umschau zu halten, ob wir nicht ausgewiesene rheinländische Beamte in Staatsstellungen des unbesetzten Gebiets bringen könnten. Im Kreise Verden trat eine Vakanz ein, und ich glaubte, gerade den Landrat Varein, der von der Besatzungsbehörde besonders schlimm behandelt worden war, in erster Linie wieder unterbringen zu müssen. Er ist Katholik. Die Bevölkerung des vovwiegend evangelischen Kreises Verden ist aber mit seiner bisherigen Amtsführung so ein⸗ verstanden, daß ich überzeugt bin, daß der Kreistag, wenn er von
seinem Vorschlagsrecht Gebrauch macht, ihn fast einstimmig dem Staatsministerium vorschlagen dürfte. Die Konfession bildet keinen Streitpunkt, wenn die konfessionellen Gegensätze selbst nicht auf die Spitze getrieben werden. (Zurufe.) Nun hat Herr Abg. Dr. von Campe gesagt: ja, Bauer, es ist etwas anderes, wenn in einen katholischen Kreis ein evangelischer Landrat berufen werden soll.
katholischen Kreisen die Auffassung Bahn bricht,
* 8* 89 8 8
Nein, das ist nichts anderes. Es ist erfreulich, daß sich aug G daß katholz Regierungsbezirke nicht ausschließlich mit Katholiken besetzt wen dürfen. (Rufe bei der Deutschen Volksparlei: Sehr richtig. G verstanden!) Ich würde es außerordentlich beklagen, wenn es de kommen sollte, daß in einen Regierungsbezirk, der vorvich⸗
katholisch wäre, nur katholische Beamte gesetzt werden würden richtig!), wie ich es bedauern würde, wenn man sich auf den Shhh punkt stellte, in Bezirke, die nur evangelische oder vorwiegend a0f gelische Bevölkerung aufweisen, gehörten nur evangelische Bea
Nein, diese konfessionelle Blutmischung muß durchgeft werden, wenn wir den Gedanken der Volksgemeinshe durchführen wollen. Ich wollte Herrn Kollegen Dr. von Go nur einen Beweis dafür erbringen, daß so in der; heute schon die Schichten einzelner Kreise denken. 8† morgen ist mir die erfreuliche Mitteilung gemacht worden, diß nach langen Bemühungen unseren Unterhändlern in Koblenz geln sei, den aus Kreuznach vertriebenen Landrat Müser wieder nach Ka nach zu bringen. Dieser Landrat ist evangelisch. Daß er sich seiner Amtsführung aber die Anerkennung der Kreiseingesessenen, worben hat, beweist die Tatsache, daß aus allen politischen Parll zusammengesetzte Deputationen bei mir in Kreuznach waren, an nach Berlin gekommen sind, um die Staatsregierung aufzuforng alles zu tun, diesen evangelischen Landrat wieder in den katholie Kreis zu bringen. Und, meine Herren vom Zentrum, ich ne Ihnen folgendes sagen. (Es soll kein besonderes Kompliment sein sage es nur der geschichtlichen Wahrheit wegen): Das Zentrun
Kreuznach ist so uneigennützig, daß es sagt: „Da wir den m
syndikus gestellt haben“ — einen Kommunalbeamten, der auch wue ausscheiden kann — „und da wir nicht beide hervorragende Beume posten im Kreise besetzen wollen, halten wir es für selbstverstänt daß das Landratsamt mit einem evangelischen Mann besetzt wi (Hört, hört! links.) Meine Herren, wenn man die Gegensätzen parteipolitischen und die konfessionellen und auch die berufsmäßg nicht parteipolitisch verzerrt und übertreibt, dann läßt sich die waltung schon führen. Wenn nur die politischen Parteien in ihren! einandersetzungen nicht so gehässig ringen wollten, dann stände es besser um die Verwaltung. (Heiterkeit. — Zuruf b. d. Kommuni — Nein, mit Ruhe hat das nichts zu tun, wenigstens nichts Kirchhofsruhe. Ich glaube, man kann Auseinandersetzungen in licher Schärfe führen, ohne daß man sie parteipolitisch verzerrt durch Unwahrhaftigkeit vergiftet. “
Nun Staatsautorität. Heute, am 7. Oktober 19241, hah Herr Abgeordneter von der Osten rückhaltlos zu meinen Em sätzen über Staatsautorität bekannt. (Lachen und Zuruf rechts.)! es kommt reichlich spät, dieses Bekenntnis, und wenn Sie sagen, habe mich zu Ihnen bekannt, so ist das ein Irrtum. Herr von Osten, wir haben uns im Jahre 1920 zum ersten Male über die F der Selbstschutzorganisationen auseinandergesetzt. habe den Standpunkt der Staatsautorität vertreten, den ich heute; ungeschmälert aufrechterhalte, trotz Schwarz⸗Rot⸗Gold und aller deren Selbstschutzorganisationen. Es genügte nicht, daß Sie mit mals in irgendeiner akademischen Art gesagt haben, das würden? grundsätzlich auch anerkennen, wenn diese oder jene Voraussetzn geschaffen würden. Nein, wenn Sie mich vor dem „Reichsbonn Schwarz“ Ihre theoretische Auffassung von tätigen müssen. Aber Sie wissen genau Bescheid; ich bia es nur anzudeuten. Wer war denn im Jahre 1921, 1922 und! in dem Brandenburgischen Heimat⸗ und Selbstschutz am aktik tätig? Herr von der Osten, ich brauche keine Namen zu nen Sie wissen es.⸗(Heiterkeit.) Hätten Sie damals auf den Bral burgischen Heimatschutz, auf all die anderen ℳ irmen“ eingeng wie ich im vergangenen Jahre auf die Magdeburger Ortsgruppe „Reichsbanners Schwarz⸗Rot⸗Gold“ eingewirkt habe, dann hätten heute nicht den Stahlhelm, den Wehrwolf, den Jungdeutschen O⸗ auch nicht das Reichsbanner, dann würden alle Staatsbürger ver Auffassung durchdrungen sein, daß den Schutz des einzelnen St bürgers und der staatlichen Organisationen nur diejenigen zu nehmen haben, die von Amts wegen dazu berufen sind. (Sehr rich
Herr Kollege von Campe hat eben gemeint, daß ich mich so prononziert zum Reichsbanner bekennen dürfe, auch nicht Privatmann, wie ich das gestern getan habe. Ich bin im Geg⸗ der Meinung: ich kann gar nicht zurückhaltender sein als iq Ich habe im vergangenen Jahre ein gut Stück meiner Populs aufs Spiel gesetzt, als ich noch im Brennpunkt der politischen gänge die Arbeiterschaft warnte, zu Abwehrorganisationen zu Ich habe durch die Bekämpfung der Roten Hundertschaften, ihre Auflösung, durch die Warnung. das „Reichsbanner Schwan Gold“ ins Leben zu rufen, in der Arbeiterschaft starken 9. euwweckt. Ich habe aber geglaubt, ich dürfte diesen Schritt . weil ich der, allerdings, wie sich heute herausgestellt hat, irn Meinung war, daß mit mir auch die Koalitionsführer anderer teien versuchen würden, auf die ihnen nahestehenden Selbst organisationen der anderen Seite einzuwirken, um sie zum Vg auf ihre polizeiliche und militärische Tätgkeit zu bewegen. No ich eingesehen habe — Herr Heilmann hat das soeben ausgefühl daß im vergangenen Jahre nicht nur im Inlande, sondem im Auslande der Eindruck entstand, daß die Selbstschutzen sationen eine Macht bildeten, die einen Einfluß auf die schließungen der Reichs⸗ und Staatsregierung ausüben könntan nachdem ich gesehen habe, daß nichts von den prominenten 9 führern geschehen ist, um diese irrige Anschauung zu berichtigen ich auch erkannt, daß es keine andere Korrektur gab als die, den rechtsgerichteten Verbänden auch solche der verfassunge⸗ Mitte ins Leben zu rufen. (Sehr richtig! bei den Sozialdemolt Ich befinde mich in dieser privaten Unterstützung des „Reichtb Schwarz⸗Rot⸗Gold“ in bester Gesellschaft, in Gesellschaft des— kanzlers Marx, des badischen Staatspräsidenten und mancher⸗ Staatsmänner, an deren Verfassungstreue kein Zweifel au und die weit davon entfernt sind, dem „Reichsbanner Schwal Gold“ etwa militärische oder polizeiliche Befugnisse einzurt (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.)
Herr von der Osten hat von den Verdiensten der Selbs organisationen um die Erhaltung Oberschlesiens gesprochen. da sehr einseitig gewesen, Herr von der Osten. Denn nicht Selbstschutzorganisationen, die Sie im Auge haben, haben Wer um Okerschlesien, sondern Vereinigungen aller Art. — Ich die Geschichte Oberschlesiens — und ein hier im Landtag schmähter Mann, dessen Name auch in den letzten Tagen oft 9 ist, verdient besonders hervorgehoben zu werden, wenn man de
1“ ““ 8
Rot⸗Gold“ hätten bewahren wollen, dann hättene damals in der Praxis
ddigung Oberschlesiens erwähnt: det Oberpräsident Hör⸗ Ing. Hätte Hörsing nicht 1919 unter Einsatz seines Lebens und jner Gesundheit die beruflichen Organisationen der Arbeiter auf⸗ boten gegen polnischen Terror, dann wäre schon im Fühjahr 1919 berschlesien für uns endgültig verloren gewesen. (Sehr richtig! bei In Sozialdemokraten.) Und im August 1920, als in Kattowitz und aderen oberschlesischen Städten die Gewerkschaftler bedroht wurden on polnischen Insurgentenbanden, da kamen oberschlesische Gewerk⸗ aftler zu mir, dem Abgesandten des Reichs und Preußens, nach areslau, um sich Waffen zu erbitten, die ihnen freilich nicht gegeben eiden konnten. Damals haben es die Gewerkschaften, die auf dem goden der Verfassungsparteien stehen, für ihre Pflicht gehalten, Ober⸗ plesien gegen polnische Angriffe zu verteidigen.
Das ist also nicht ein ausschließliches Verdienst der rechts⸗ dikalen Verbände, die erst 1921 für die Erhaltung Oberschlesiens mgetreten sind.
Neu war die Mitteilung des Herrn von der Osten, daß es der einflussung der vaterländischen Organisationen zu verdanken sei⸗
im Herbst des vergangenen Jahres es nicht zu Putschen ge⸗ mmen ist (Zuruf links) —, soweit gehe ich nicht. Wenn Herr von r Osten davon spricht, daß er seinen Einfluß aufgeboten habe, so t man — ich glaube, das ist wohl die Auffassung des ganzen auses — diesen Ausführungen des Herrn von der Osten durchaus lauben zu schenken. Ich bin wenigstens der Meinung, daß er es an hat; aber Herr von der Osten, dann werden Sie es ir nicht übelnehmen, wenn ich sage, durch den negativen folg Ihrer Bemühungen haben Sie bewiesen, daß Sie so gut wie r keinen Einfluß auf diese vaterländischen Verbände haben. Wenn
Putsch verhindert wurde, so war das nicht Ihrem gütlichen uspruch, sondern den staatlichen Machtmitteln zuzuschreiben, denn an in guten oder bösen Willen der Leute, die in Küstrin zusammen⸗ zogen waren, in Spandau und hinter Spandau bis nach ch Neuruppin und Gardelegen, hat es nicht gefehlt. Wenn wir on Behörde wegen nicht die Augen aufgemacht hätten und unsere hutzpolizei in jeder Woche in Alarmzustand hätten setzen nnen, dann wäre es auch in Preußen zu denselben Zuständen Fkommen, wie wir sie im November v. J. in Bagyern lebt haben. Wie war es denn in der Nacht vom
zum 9. November? Lagen hier nicht alle Redaktionen der chtsgerichteten Presse auf der Lauer, um das Alarmzeichen für orddeutschland auszugeben? Wäre der Putsch in München geglückt, bin der festen Ueberzeugung, dann wäre es ohne Zuckungen in Rorddeutschland nicht abgegangen. Diese Zuckungen würden dann bstverständlich recht bald von der Polizei zur Erledigung gebracht orden sein.
Nach den Ausführungen der Herren Abgg. Nuschke und Heil⸗ aun über die Empfehlung des Herrn Abg. von der Osten an die chtsgerichteten Organisationen, ungefähr die Außenpolitik zu be⸗ eiben, die die polnischen Insurgenten in Wilna und Oberschlesien und e litauischen Freischaren im Memelgebiet getrieben haben, brauche
auf diese Aeußerungen des Herrn Abg. von der Osten um mehr einzugehen. Gestatten Sie mir nur die eine zemerkung: Was dem Ochsen erlaubt ist, ist dem Jupiter noch uge nicht erlaubt; was sich die Polen und Litauer in den kahren 1920 und 1923 erlauben durften, das — das wissen Sie ehr genau, Herr Kollege von der Osten — hätten sich Deutsche r· der damaligen weltpolitischen Konstellation noch lange nicht lauben dürfen. (Zustimmung.) Die Litauer und Polen standen d stehen heute unter französischer Protektion. Bei den Inter⸗ Uiierten ist man nicht der Meinung, daß ein bißchen mehr oder eniger Gebiet bei Polen oder Litauen den Weltfrieden gefährden er das Gleichgewicht Europas stören könnte. Aber nehmen Sie nmal an, Ihre Empfehlung an die rechtsgerichteten Organisationen, bemalige deutsche Gebiete zu besetzen, hätten Erfolg gehabt —, glauben fie, daß wir auch nur England oder Italien auf unserer Seite habt hätten? Wir hätten fofort die ganze Einheitsfront unserer emaligen Gegner gegen uns wiederhergestellt, wir hätten mit den samten Alliierten zu rechnen gehabt, die gegen uns Krieg geführt ben. (Sehr richtig! links.) Ich kann nicht anerkennen, daß eine lche Außenpolitik nicht zum Schaden der deutschen Staatsbürger zschlagen müßte.
Dann noch einige Worte über Potsdam. Herr von der Osten t von der „Energie“ der Potsdamer Bevölkerung gesprochen, der es lungen sei, die beabsichtigte Franzosenkundgebung auf ein erträgliches kaß zurückzuführen. Ich glaube, das Wort Energie ist hier ein reuphemistischer Ausdruck. Ist das Energie, die darin besteht, ß man dem Friedenskartell die Säle abtreibt? Ist das Energie, ß man in Zeitungen Inserate mit der Ankündigung erscheinen läßt, n werde unter allen Umständen die Versammlung verhindern? t das Energie, daß sich einige junge Leute mit Stinkbomben ver⸗ ben, um den ungestörten Verlauf der Versammlung zu verhindern? babe mir unter Energie bisher etwas anderes vorgestellt. (Sehr htig! links.) Nein, Herr von der Osten, Sie müssen schon ein⸗ tehen; was vom Stahlhelm, vom Jungdeutschen Orden, von den terländischen Verbänden so bombastisch angekündigt worden ist, „es if nicht sein’, das ist doch gewesen. Sie haben eine Nieder⸗ ge erlitten. Basch hat in Potsdam gesprochen, auch noch ein derer Franzose. (Zurufe rechts: Aber wie!)
Was dann die Versammlungen selbst anbelangt, so möchte ich zu folgendes bemerken: Ich stehe gar nicht an, zu erklären, daß, enn in Nürnberg eine Versammlung verboten und nun ausgerechnet ch Potsdam verlegt wurde, das einem Teil der Bevölkerung un⸗
loenehm sein konnte, vielleicht auch unangenehm sein mußte.
kört, hört! rechts.) Aber, Herr Abg. von Campe, man soll mit Worte „Herausforderung“ doch nicht so leicht sein. (Wider⸗ 168 und Lachen rechts.) Ich bin in der Wahlbewegung einmal in sberseld gewesen, und nach meiner Ankunft wurden mir von 6 politischen Freunden Zeitungsblätter überreicht, die die rsammlung, in der ich sprechen sollte, unter der Ueber⸗ ift anzeigten: „Eine Herausforderung.“ (Heiterkeit links.) ich also in der Wahlbewegung in Elberfeld überhaupt in eentlicher Versammlung sprach, erschien deutschnationalen Blättern eine Herausforderung. (Zurufe rechts: Sie haben am Karfreitag prochen!) — Aber erlauben Sie mal, was ist das für ein Unter⸗
lied? (Große Unruhe und lebhafte Zurufe rechts.) — Also Ver⸗
ung der heiligsten Gefühle! (Wiederholte Zurufe bei der Deutsch⸗ ionalen Volkspartei.) — Aber bitte, meine Herren, erregen Sie nicht! Es soll eine Verletzung der heiligsten Gefühle sein, daß am Karfreitag in Elberfeld geredet habe. Wenn ich, der Sozial⸗ okrat, der preußische Innenminister, mit meiner Versammlungs⸗
rede heilige und heiligste Gefühle verletzt habe, haben dann die deutschnationalen Diskussionsredner nicht auch heilige Gefühle ver⸗ letzt? (Sehr richtig! bei der Sozialdemokratischen Partei. — Zurufe bei der Deutschnationalen Volkspartei.) Entweder ist es ein sittliches Prinzip, am Karfreitag nicht in politischen Versammlungen zu wirken, dann gilt dieses Prinzip sowohl für den Hauptredner der Versammlung wie für die Debatter, 1 oder es ist eine Frage des Taktes, dann müssen Sie es schon den einzelnen überlassen, wie sie sich dazu stellen. — Meine Herren, ich will Ihnen folgendes sagen: wäre im Jahre 1919 unmittelbar nach dem Abschluß des Versailler Friedensdiktats ein Franzose nach Potsdam gekommen und hätte dann vielleicht im Sinne Poincarés oder im Sinne Clémenceaus zu den Deutschen gesprochen, dann hätte ich eine solche Versammlungsrede ebenfalls als eine Brüs⸗ kierung, als eine Herausforderung empfunden. Wie steht's heute? Heute haben wir es doch der Politik der Männer um Basch und um Busson zu verdanken, daß es überhaupt zu dem Londoner Pakt ge⸗ kommen ist (sehr richtig!), haben wir es diesen Männern zu ver⸗ danken, daß sich heute so etwas wie ein Silberstreifen am politischen Firmament zeigt (sehr richtig!), und es würde eine sehr schlechte Ouvertüre Deutschlands zu seinem Eintritt in den Völkerbund be⸗ deuten, wenn wir Männern wie Basch und Busson Versammlungen in Potsdam oder in Berlin verwehren würden. Das habe ich sachlich zu diesen Dingen zu sagen.
Nun das, was meine amtliche Stellungnahme anlangt. Ich wiederhole zunächst das, was ich dem Herrn Kollegen von der Osten gestern schon gesagt habe: ich war bereit, am Sonnabend auf die Veranstalter der Potsdamer Versammlung einzuwirken, die Ver⸗ sammlung nicht in Potsdam abhalten zu lassen, sondern nach Berlin zu verlegen. Als dann aber gleichzeitig in den Potsdamer Blättern die Anzeigen erschienen, die die Mitglieder des Jungdeutschen Ordens und des Stahlhems aufforderten, das Auftreten des Franzosen unter allen Umständen zu verhindern, da war die Stellungnahme des Innenministers gegeben, da hatte ich die Verpflichtung, unter allen Umständen dafür zu sorgen, daß diese Versammlung vor Störungen geschützt wurde.
Herr Kollege von der Osten, Sie haben diese meine Haltung in eine Parallele gestellt zu der Haltung gegenüber einer Sonnenwend⸗ feier und haben gemeint, daß das Verbot der ostpreußischen Sonnenwendfeier doch beweise, daß ich auch in diesem Falle mit zweierlei Maß messe. Davon kann gar keine Rede sein. Diese Versammlung war keine Versammlung unter freiem Himmel, war kein öffentlicher Umzug, wozu eine Ausnahmebewilligung erforderlich gewesen wäre, sondern eine Versammlung, die gar keiner Genehmigung bedurfte, während die Sonnenwendfeier in Ostpreußen an die Ge⸗ nehmigung des Regierungspräsidenten gebunden war. (Zuruf bei der Deutschnationalen Volkspartei.) — Nein, das ist nicht ein formaler Unterschied. Der Unterschied ist wesentlich: Denn ich habe gar keine Handhabe, wenn ich mich nicht auf die Bestimmungen des Allgemeinen Landrechts berufen will, Versammlungen in gedeckten Räumen zu verhindern.
Sie haben gesagt: Was würde wohl in England geschehen sein, wenn sich dort Aehnliches ereignet hätte? Ich weiß nicht, was in einem genan so liegenden Falle in England geschehen wäre; aber folgendes weiß ich. Ich war im Jahre 1910 mit einer gewerkschaft⸗ lichen Deputation in England, 1910, als die Atmosphäre zwischen Deutschland und England nicht besonders günstig war. Gelegentlich unseres Aufenthalts in Manchester wurde ein Mitglied der deutschen Delegation verprügelt. Bei der schnellen englischen Rechtspflege wurden die Delinquenten sofort, am nächsten Tage schon, dem Richter vorgeführt. Der Richter erkannte auf eine besonders empfindliche Strafe mit der Begründung, daß Leute geschlagen und mißhandelt seien, die das Gastrecht Englands genössen, und gerade weil es sich um einen Deutschen handele, der in England verprügelt worden wäre, wäre eine empfindliche Strafe am Platze. Ich glaube, daß wir uns bemühen sollten, diesen Grad staatsbürgerlicher Zivilisation auch für Deutschland zu erreichen. (Sehr richtig! bei der Soz.⸗Dem.⸗P.)
Nun noch eine Schlußbemerkung! Der Herr Abgeordnete von der Osten hat, um das ausdrückliche Mißtrauensvotum seiner Partei gegen mich zu begründen, darauf verwiesen, daß früher die Liebe zum Staat etwas ganz Selbstverständliches gewesen sei, während man heute feststellen müsse, daß sie Angehörigen aller Stände ab⸗ handen gekommen wäre. Herr Abgeordneter von der Osten, ich gebe Ihnen durchaus zu, daß Staatsautorität und auch Liebe zum Staat noch ganz besonderer Pflege bedürfen, um zu idealen Zuständen zu ge⸗ langen. Aber ich mache Sie auf folgendes aufmerksam: Liebe zu dem Staat, der bis zum Jahre 1914 oder, wenn Sie wollen, bis 1918 bestand, Liebe zu dem Dreiklassenstaat, der zwischen den Staats⸗ bürgern unterschied, je nachdem sie begetest oder minderbemittelt waren, Liebe zu dem Staat, der die Staatsbürger wit zweierlei Maß behandelte, hat eine große Partei, der auch Mitglieder dieses Hauses angehörten, nicht gerade empfunden. Zu dem Deutschen Reich, zu Preußen, d. h. zum Volke, zu der Heimat — ja, aber zu den Staatseinrichtungen nicht. Als 1914 aber die Ver⸗ pflichtung an das ganze deutsche Volk herantrat, diesen Staat mit allen seinen Schwächen und Fehlern zu schützen, ist diese geächtete Partei (sie wissen, welche ich meine), diese Partei, deren Angehörige nicht in Staatsstellungen gelangen konnten, aus⸗ gezogen, um Schulter an Schulter mit Angehörigen anderer Parteien gerade diesen Staat auch mit allen seinen Schwächen zu verteidigen. (Lebhafte Zurufe bei der D. Nat. Volksp.) Nun, meine Damen und Herren von der Deutschnationalen Volkspartei, was tun Sie? Gerade wenn man sich auf den Standpunkt des Herrn von der Osten stellt, daß wir aus der vorübergehenden Besserung noch keine Schlüsse ziehen könnten auf eine dauernde Beruhigung der wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse, gerade wenn man der Meinung ist, daß uns vielleicht noch schwere Zeiten bevorstehen, dann sollte man doch zu der Auffassung gelangen, daß wir uns den Luxus der parteipolitischen Zersplitterung noch nicht wieder leisten könnten. Die Sozialdemokraten haben — und sie haben sich dafür die lebhaftesten Anklagen der Vorgänger der Herren von der Kommunistischen Partei zugezogen — den „Burgfrieden“ ehrlich gehalten, im Kriege und in einer Zeit, in der Deutschland so schwach war und mindestens so darniederlag wie in den Kriegsjahren. Sie aber haben in der Nachkriegszeit von 1919 bis 1923 alles mögliche getan, um dem ganzen Volke die Liebe zum Staat und zum Reich zu verekeln. Ere, Sie! bei der Deutschnationalen Volkspartei.) Sie sind in der Kritik gewiß unbefriedigender Zustände soweit gegangen, daß Ihre prominentesten Vertreter im Reichstage von einer „Schweinewirtschaft“ gesprochen haben, und es ist ein gebräuchlicher
Ausdruck in Ihrer Presse, von sozialistischer Luderwirtschaft in Preußen zu sprechen. Wundern Sie sich da, daß die Liebe zum Staat erkaltet, nicht aufkommen kann? Sie, Herr von der Osten, haben kein moralisches Recht, sich darüber zu beklagen, daß diese Liebe zum Staat noch in allen Ständen fehlt.
Ich soll der „Minister des Marxismus“, der „Minister des Klassenkampfstandpunktes“ sein. Ich soll durch diese meine Ein⸗ tellung dazu beigetragen haben, Preußen niederzuziehen. Ich darf wiederholen, was der Herr Abg. Heilmann eben schon gesagt hat. Der Klassenkampf besteht, ob wir ihn abschwören wollen oder nicht. (Zuruf bei der D. Nat. Volksp.: Er steht im Görlitzer Programm als Forderung!) Den Klassenkampf fordern? Herr Abgeordneter, Sie sind Schulmann, nicht wahr? Ich empfehle Ihnen, einmal darüber nachzudenken, ob man den Klassen⸗ kampf fordern kann? Der Klassenkampf, das, was die Marxisten darunter verstehen, was jeder gebildete Mensch darunter versteht — fragen Sie einmal einen Nicht⸗Sozialisten, Werner Sombart, der sich mit den Dingen sehr beschäftigt hat —, ist keine Erfindung der Sozialdemokratischen Partei, keine Forderung des Görlitzer Parteitags. Dieser Klassenkampf ist eine geschichtliech Notwendigkeit. (Zustimmung bei der Sozialdemokratischen Partei — Widerspruch bei der Deutschnatjonalen Volkspartei.) Der Herr Abg. von der Osten weiß das sehr genau. Er hat in seinen Aus⸗ führungen von einzelnen Ständen gesprochen. Ich streite nicht um Worte; Sie können meinetwegen auch Ständekampf sagen. Ob Sie Interessenstreit Klassenkampf oder Ständekampf nennen, ist gleich⸗ gültig. (Abg. von der Osten: Ist denn mit dem Bestehen von Ständen Kampf verbunden) — O ja. Aber muß denn ein Kampf ausgefochten werden mit Maschinengewehren oder Dreschflegeln? Herr Abg. Heil⸗ mann, der von den Kämpfen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern gesprochen hat, von Kämpfen, an denen bis in die Reihen der Christ⸗ lichen Gewerkschaften Arbeiter aller Richtungen beteiligt sind, hat schon darauf hingewiesen, daß diese Kämpfe unnötig werden könnten durch Tarifgemeinschaften. Die Gewerkschaften, die Kampfes⸗ organisationen aller Arbeiterrichtungen, haben ihre größten Erfolge dadurch erreicht, daß sie in den Tarifgemeinschaften zu einer Ver⸗ ständigung mit den Arbeitgebern gekommen sind. Aber wenn es Marxisten gibt, das heißt, wie Sie es auffassen: Verfechter der ein⸗ seitigen materiellen Interessen, und wenn Sie diese Marxisten in den Reihen der Sozialdemokraten, in den beruflichen Organisationen der Arbeiter suchen, dann, sage ich, finden Sie nicht alles, was man nach Ihrer Definition des Begriffes dem Marxismus zuzählen muß, gerade in den wirtschaftlichen Kreisen, zu deren Verfechter sich auch Herr von der Osten so oft aufwirft, bei den Landbundleuten, das sind eigentlich die radikalsten Marxisten. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Noch niemals haben die Gewerkschaften einen so großen Einfluß auf die Gesetzgebung versucht, als ihn der Landbund versuchte, indem er zur Zeit der Zwangswirtschaft die hartnäckigsten Kämpfe um deren Aufhebung führte, unbeschadet darum, was aus den Verbraucher⸗ kreisen wurde, um nach der Aufhebung der Zwangswirtschaft aufs schärfste — das ist die heutige aktuelle Forderung — für die Ein⸗ führung von Schutzzöllen einzutreten. Wie die Herren diese ihre Forderung in der Oeffentlichkeit propagieren und ihr Nachdruck geben⸗ das rechtfertigt meine Auffassung, daß keine Klasse so rücksichtslos in ihrer Interessenvertretung ist, als die Klasse des Landvolks, als gerade die wirtschaftlichen Interessengruppen, die dem Kollegen von der Osten nahestehen. (Zustimmung bei der soz.⸗dem. P.) Das durfte ich zur Nachlese sagen. .
Was das Mißtrauensvotum anlangt, meine Damen und Herren, so bemühe ich mich, soweit es die staatlichen Interessen und meine Ueberzeugung zulassen, es allen Fraktionen im Hause recht zu machen. Aber ich weiß, das ist ein vergebliches Bemühen. Ich weiß, daß ich aus Gründen der grundsätzlichen politischen Einstellung die Zustimmung weder der Kommunisten noch der Deutschnationalen finden werde. Und ich müßte mit mir ernstlich ins Gericht gehen oder mindestens mit mir ernstlich zu Rate gehen, ob ich noch auf dem rechten Wege mit meiner Politik bin, wenn Herr von der Osten mir einmal sagen würde: der Minister des Innern Severing hat heute auch das Vertrauen der Deutschnationalen Volkspartei. (Sehr richtig! bei der sozialdemokratischen Partei.) Ich kann deshalb in diesem Mißtrauensvotum der Herren von der Deutschnationalen Volkspartei keine besondere Kränkung erblicken, sondern muß es als eine Quittung dafür auffassen, daß ich auf dem rechten Wege bin. (Bravo! bei der sozialdemokratischen Partei.)
Abg. Dr. Meyer⸗Ostpreußen (Komm.) gehaltenen Reden, einschließlich der Rede des Ministers, als Wahl⸗ reden. Die Sozlaldemokratie sei bereit, mit den Deutschnationalen in eine Regierung einzutreten, und die Deutschnationalen hätten sich grundsätzlich auch schon dazu bereit erklärt. Bei allen Parteien habe der Kuhhandel um 1 begonnen. Die Erfüllungspolitik
werde in den nächsten Monaten und Jahren insonderheit der Arbeiter⸗ schaft schwere Lasten auferlegen. Und die Sozialdemokratie habe mit
bezeichnet alle hier
chuld daran. Man treibe Erfüllungspolitik auf Kosten der Arbeiter. Nunmehr wird die Beratung unterbrochen, und das 8 geht über zur Schlußa bstimmung über den esetzentwurf zur Aenderung des Gesetzes über die Prüfung der Wahlen zum Preußischen Landtag und das Wahlprüfungsgericht, sowie der Verfassung des Freistaats Preußen. Der Gesetzentwurf wird laut Feststellung des Vizepräsidenten v. Kries mit Zweidrittelmehrheit angenommen. Hierauf wird die allgemeine Besprechung gelegenheiten der Polizei fortgesetzt. b Abg. Becker⸗Potsdam (b. k. P.) (von der Linken mit Rufen: Der Geist von Potsdam? und Huhu⸗Rufen begrüßt) stellt fest, daß der Franzose Basch durchaus keine Friedensrede, sondern eine Hetz⸗ rede gehalten habe. Die Potsdamer Polizei habe sich am Montag sehr zurückhaltend benommen, während die Berliner Polizei rigorofer aufgetreten sei. Eines se erfreulicherweise erreicht worden. Basch habe seinen Unsinn und seine “ nicht in öffentlicher Versamm⸗ lung halten können. Unerhört sei es, ihm ein Polizeiauto zur Verfügung gestellt worden sei. Die Rede Provokatio bezeichnet werden. Damit ist die erste Beratung geschlossen. 56 „Es folgt die zweite Beratung der Angelegenheiten der Polizei. Die Berichterstatter verzichten. Die Besprechung der zahlreichen Großen Anfragen wird beschlossen. Abg. Schubert (Soz.) bezeichnet die Sorge für die im Ruhr⸗ gebiet entlassenen Beamten der Schutzpolizei alà notwendig. Die Schutzpolizei wie die Grenzpolizei müsse so bezahlt werden, daß sie nicht Tag für Tag hungern müsse. Es müsse anerkannt werden, da die Beamten trotz ihrer Notlage allen an sie herantretenden Ver⸗ suchungen und den Bemühungen, sie zur wo sienhüre zu veranlassen, widerstanden hätten. Stieler (Sentr.) betont die Notwendigkeit einer un⸗
der An⸗
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abhängigen, gut organisterten und gut ausgerüsteten Polizei. Vor