1925 / 12 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 15 Jan 1925 18:00:01 GMT) scan diff

appellieren, wie falsch die Auslegung ist, daß nach jeder Neuwahl der 3 Ministerpräsident zurückzutreten hat und eine Neubildung des Kabinetts erfolgen muß. (Sehr richtig! links) Denn nehmen Sie an, das Ministerium bleibt in einer wichtigen Frage in der Minderheit, zieht aber daraus nicht den Schluß, daß es zurücktreten muß, sondern der Ministerpräsident betreibt die Auflösung, das gelingt ihm, die Auflösung erfolgt, und durch die Neuwahl bekommt der Ministerpräsident für seine Auffassung durch das Votum des Voltes die überwiegende Mehrheit soll er dann zurücktreten?! (Heiterkeit Zurufe rechts.) Wäre Ihre formal⸗rechtliche Auffassung, daß der Ministerpräsident nach jeder Neuwahl zurückzutreten hat, richtig, dann nüßte er auch in einem sfolchen Falle zurücktreten, damit liegt der Pöllige Unsinn einer solchen Auffassung auf der Hand. (Sehr richtig! urufe rechts: Dann kann er zehnmal auflösen!)

Meine Damen und Herren, weil eben die Auffassung, die in dem Antrage Nr. 61 pertreten wird, nicht richtig ist, daß das Ministerium hbei Beginn einer jeden Legislaturperiode zurückzutreten hat, hat es das Staatsministerium bisher abgelehnt, auf Grund der in Frage stehenden Bestimmung seinen Rücktritt zu erklären. Das Kabinett kann sich bei dieser seiner Stellungnahme nicht nur auf den klaren, eindeutigen Wortlaut der Verfassung berufen, sondern es kann sich dabei auch auf zahlreiche sachkundige Staatsrechtler, auf die Auffassung zahlreicher Abgeordneter dieses Hauses stützen, die bei der Verfassungsberatung in der Landesversammlung zugegen ge⸗ wesen sind. Das Kabinett kann sich zuletzt auch auf ein eingehend begründetes Gutachten des preußischen Justizministeriums berufen, das der Auffassung des Kabinetts beitritt. (Rufe rechts: Die Herren waren Partei!) Die Herren, die dieses Gutachten ausgefertigt haben, waren nicht Partei. Wenn Sie diese Herren parteipolitisch nennen wollen, so gehören sie vielleicht der rechten Seite an. Aber das kommt hier gar nicht in Frage. Die Herren haben dieses Gut⸗ achten nach ihrem juristischen Können und Gewissen ausgestellt, und ich habe deshalb ein Recht, mich auf dieses Gutachten zu berufen. (Sehr richtig!)

Aber, meine verehrten Damen und Herren, es handelt sich in diesem Falle nicht so sehr um eine Rechtsfrage, als vielmehr um eine eminent politische Frage. (Sehr richtig! rechts.) Denn letzten Endes läuft dieser ganze Versuch, hier auf Grund einer formalsrechtlichen Auslegung der Verfassung die Demission des Kabinetts herbeizuführen, darauf hinaus, um eine klare politische Aussprache über diese Frage

herumzukommen. (Sehr richtig! Widerspruch rechts und bei den Komm.) Das Kabinett hat alle Veranlassung, seine Politik hier vor dem Hause und vor dem Lande zu vertreten und denen, die diese Politik für die Zukunft ablehnen, die Möglichkeit zu geben, ihre Gründe mit aller Klarheit darzulegen. (Sehr richtig!) Die Dinge liegen tatsächlich so, daß das Kabinett nicht, weil die Verfassung es vorschreibt, sondern aus politischen Gründen zur Demission gezwungen werden soll. Deshalb muß ich auch meine weiteren Ausführungen unter Beiseitelassung aller formal⸗rechtlichen Finessen in der Haupt⸗ fache auf die politische Seite der Angelegenheit einstellen.

Meine Damen und Herren, als ich am 10. November 1921 dem Landtage das erste Kabinett der großen Koalition vorstellte, habe ich (unter Darlegung der politischen Richtlinien des Kabinetts (Rufe bei den Komm.) Sie haben sie ja gar nicht gehört! (Erneute Rufe

und Lachen bei den Komm.), das aus den vier Parteien, der Sozial⸗ demokratischen Partei, der Zentrumspartei, der Deutschen Volkspartei und der Demokratischen Partei, bestand, erklärt, daß das treibende

Motiv für die Schaffung der großen Koalition der vier Parteien, die

das neue Kabinett stützen, das Bestreben sei, mehr Stetigkeit und Sicherbeit in die preußische Politik zu bringen und dem Staats⸗ ministerium die Möglichkeit einer planmäßigen, ersprießlichen Aufbau⸗ arbeit zu geben. (Zurufe bei den Komm.) Da das Kabinett sich auch heute noch von diesem Bestreben leiten läßt, müssen wir die Frage aufwerfen: ist es durch die große Koalition in Preußen gelungen, Stetigkeit und Sicherheit in die preußische Politik zu bringen und zu erhalten, und ist planmäßige ersprießliche Aufbauarbeit

¹ geleistet worden? (Lachen und stürmische Zurufe bei den Komm.)

1 Wir müssen, wenn wir uns diese Frage vorlegen, doch das eine

zanerkennen, daß im Gegensatz zu den politischen Verhältnissen im Reich und in andern deutschen Ländern, wo eine Krise die andere geiagt hat, wir bei uns in den über drei Jahren während der großen Kcoalition von Krisen völlig bewahrt geblieben sind. (Sehr richtig! bei der Sozialdemokratischen und Deutschen Demokratischen Partei. Stürmische Zurufe bei den Kommunisten.) Wir müssen weiter konstatieren, daß auch während dieser über drei Jähre unter der großen Koalition Preußen, auch wieder in erfreulichem Gegensatz zu andern Ländern, vor wesentlichen Unruhen bewahrt geblieben ist. (Sehr richtig! bei der Sozialdemokratischen, Deutschen Demokratischen Partei und im Zentrum. Stürmische Zurufe bei den Komm.) Es ist uns das gelungen durch vernünftige, zweckmäßige und vor⸗ beugende Maßnahmen (stürmische Zurufe bei den Kommunisten: Durch Zuchtbäuser!) und Unruhen, wo sie ausgebrochen waren, im Keime zu ersticken. (Lebhafte Zurufe bei den Kommunisten: Gummiknüppel!) Es ist uns gelungen unter der großen Koalition, nach links wie nach rechts in gleichem Maße den Gesetzen Achtung zu verschaffen (Lachen bei den Kommunisten und bei der Deutschnationalen Volks⸗ partei), so daß selbst das Organ der Deutschen Volkspartei Die Zeit“ noch vor kurzem hat anerkennen müssen, daß im Gegensatz zu Bayern doch Preußen als die Ordnungszelle angesprochen werden müsse. (Sehr richtig! bei der Sozialdemokratischen und Deutschen

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saac nenne Partei und im Zentrum. —. Lachen rechts.) Ihnen

(nach rechts) paßt diese Ordnungszelle nicht Sie stellen sich darunter München vor, ich ziehe Berlin vor. Mieine Damen und Herren, gerade dadurch, daß es gelungen ist, „Ruhe und Stetigkeit in unser Staatsleben durch das Zusammen⸗ arbeiten der vier Parteien herbeizuführen, sind auch die Voraussetzungen geschaffen, die die planmäßige und ersprießliche Aufbauarbeit in dieser Zeit gewährleistet haben. (Sehr richtig! bei der Soz.⸗Dem, D. Dem. P. und im Zentrum Zurufe bei den Komm.: Barmat!) Die Schwierigkeiten, die sich dabei ergeben haben das muß auch hier offen ausgesprochen werden —, lagen oft nicht so sehr in den „gegensätzlichen politischen Auffassungen der Kabinettsmitglieder und der binter ihnen stehenden Parteien, obwohl auch die oft eine gewisse Rolle spielten, als vielmehr in den Verhältnissen, die der verlorene Krieg und das Vorgehen der ehemaligen Kriegsgegner geschaffen haben und täglich noch neu schaffen. (Sehr richtig! bei der Soz.⸗Dem. P.) Daß in den Ländern auf dem Gebiete der Gesetzgebung sehr wenig Möglichkeit der Betätigung gegeben ist, ist darauf zurückzuführen, daß die Gesetzgebung der Länder durch die Reichsverfassung stark ein⸗ beschränkt ist, und soweit sie sich noch auswirken kann, oft

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zwangsläufig durch die Reichsgesetzgebung

wesentlichen Grundzügen bestimmt wird. Gleichwohl ist es doch gelungen, auf allen Gebieten unserer Staatsverwaltung die fortschrittliche Entwicklung vorwärts zu treiben. (Stürmisches Lachen und Zurufe bei den Komm. und rechts.) Ja. bis zum Bolschewismus ist es noch nicht bei uns ge⸗ kommen! (Zurufe bei den Komm.: Nein, zu Barmat!) Es ist ge⸗ lungen, das Staatswesen mehr und mehr der neuen Zeit anzupassen. In allen Ressorts ist so viel positive Arbeit geleistet worden (Lachen bei den Komm. und rechts), daß man von den drei Jahren preußischer Koalition mit gutem Gewissen sagen kann, was auch der Herr Finanzminister Dr. von Richter in der letzten Sitzung des Kabinetts, an der er noch teilnahm, mit Recht betont hat: die großen vater⸗ ländischen Aufgaben sind ein gutes Teil gefördert worden. (Hört, hört! bei der Soz⸗Dem. und D. Dem. P. Stürmische Zurufe bei den Komm. und rechts.)

Besonders stand die preußische Finanzverwaltung während der Zeit der uferlosen Inflation und während der ebenfalls hochkritischen Situation der beginnenden Markstabilisiernng vor einer überaus schwierigen Aufgabe. Eine geordnete Etatswirtschaft war naturgemäß in dieser Zeit der ständig wankenden Geldwirtschaft nicht denkbar. Der Anleihemarkt und der Geldmarkt, an dem man sonst Staats⸗ wechsel diskontiert hatte, waren so gut wie verschlossen. Wert⸗ beständige Anleihen brachten auch nur relativ geringe Beträge, die im wesentlichen für die Bedürfnisse der Elektrizitäts⸗ und Hafen⸗ verwaltung verwandt wurden. Die Stillegung der Notenpresse, die Markstabilisierung und in Verbindung damit das Aufhören der Bewilligung der sogenannten Liquiditätskredite durch das Reich stellten das Finanzministerium vor nahezu unlösbare Schwierigkeiten, deren man nur durch eine starke Drosselung der Ausgaben auf allen Ge⸗ bieten, durch weitgehenden Sach⸗ und Personalabbau Herr werden konnte.

Eine weitere Stützung erfuhr die preußische Finanzpolitik (Zuruf rechts: Durch die Seehandlung!) nein, das kommt noch durch den Finanzausgleich zwischen dem Reich und den Ländern, der aller⸗ dings noch der endgültigen Regelung harrt. Indessen mußten in der Grundvermögens⸗ und die Hauszinssteuer auch noch eigene Steuer⸗ quellen erschlossen werden, wovon der Ertrag der letzteren vor allen Dingen durch Finanzierung der Hausbautätigkeit wieder der Allgemein⸗ heit zugute kam, was nicht unwesentlich zur Belebung unserer Wirt⸗ schaft beigetragen hat. Ich verkenne keineswegs, daß die steuerliche Belastung unseres Volkes sehr drückend ist. Besonders durch die unsystematische, zum Teil improvisierte Steuerhäufung in Reich, Staat und Gemeinden, die durch die schnell wechselnden Geldverhält⸗ nisse der letzten Jahre bedingt war, ist in vielen Zweigen unserer Wirtschaft ein geradezu lähmender Druck entstanden. Reich und Länder stehen daher vor der dringenden Aufgabe, durch eine um⸗ fassende Steuerreform die steuerliche Gerechtigkeit wieder mehr zur Geltung zu bringen, (Rufe rechts: Das ist höchste Zeit! Lachen bei den Kommunisten) haben Sie etwas dagegen? die Minder⸗ bemittelten mehr zu entlasten und vor allen Dingen auch den zahl⸗ reichen kleinen selbständigen Existenzen, (hört, hört! rechts) die durch die mannigfaltigen auf dem Gewerbe lastenden Steuern stark bedrückt sind, wieder das Wirtschaften zu ermöglichen (Zurufe rechts.)

Daß bei der prekären Finanzlage der verflossenen Jahre auf sozialem Gebiet, auf dem Gebiet der Volksgesundhe it. Wohnungsfürsorge, Jugendwohlfahrt und allgemeinen Fürsorge nicht das im Hinblick auf die durch den Krieg ver⸗ ursachten Schäden Erwünschte geleistet werden konnte, darf nicht wunder nehmen. 11

Immerhin ist auch auf diesen Gebieten relativ viel Segenswertes

geschaffen worden. Durch 1200 Fürsorgestellen für tuberkulose Kranke, viele Heilstätten usw. dienen der Bekämpfung dieser Volkskrankheit, die auch in dem Gesetz zur Bekämpfung der Tuberkulose von 1923 wirksamer gestaltet worden ist.

Durch die Schulgesundheitspflege wurde an der Hebung des Gesundheitszustandes unserer Jugend gearbeitet. Eine Ziffer erwähne ich nur. Während 1911 ein Schularzt erst auf 25 Gemeinden kam, ist dies heute schon auf 7,5 Gemeinden der Fall. Ich erimere ferner an die systematische Seuchenbekämpfung, die zur Wiederfestigung der Volksgesundheit im ganzen deutschen Reiche bei⸗ trug, an die großzügig ausgebaute Säuglingsfürsorge (Lachen b. d. Komm.), an die Unterstützung und Pflege der Leibes übungen, an die Bestellung einer großen Anzahl von Kreis⸗ und Bezirkspflegern und Jugendpflegerinnen und an viele andere Arbeiten zur Hebung der körperlichen, sittlichen und geistigen Leistungsfähigkeit der Jugend.

Hand in Hand damit ging eine Betreuung der jugend⸗ lichen Erwerbslosen. Unter maßgebendem Einfluß der preußischen Staatsregierung ist auch die neue Jugendgesetzgebung zustande gekommen. (Rufe rechts: Weiter!) Haben Sie doch Geduld! (Lachen rechts).

Auf dem Gebiete der Wohnungsbaufürforge hat die Gestaltung des Mieterschutzes in den meisten Fällen einen Ausgleich zwischen den Interessen der Mieter und der Vermieter herbeigeführt. Lachen b. d. Komm.) Auf dem Gebiete der Bautätigkeit sind durch Gewährung von Zuschüssen aus öffentlichen Mitteln von Ende 1918 bis Ende 1923 mehr als 160 000 Dauerwohnungen errichtet worden. (Hört, hört! rechts) Da die Hauszinssteuer in diesem Rechnungsjahr rund 200 Millionen einbringen wird, werden wiederum 50 000 Neubauten im laufenden Baujahr geschaffen werden können. Lebhafte Zurufe rechts.)

Durch diesen systematischen und immer weiter zu vermehrenden Wohnungsbau wird man dem Ziel der endlichen Aufhebung der Zwangswirtschaft näher kommen können, der mit dem Abbau der Wohnungsämter schon begonnen hat. (Hört, hört! rechts)

Von höchster Bedeutung war auch die Umwandlung der Erwerbslosenfürsorge in eine produktive Erwerbslosen⸗ fürsorge, so daß seit dem 1. September vorigen Jahres Reichs⸗ und Staatsmittel für die unterstützende Erwerbslosenfürsorge nicht mehr gebraucht werden. In 4 ½ Jahren sind rund 14 500 Notstandsarbeiten mit nahezu 600 000 Erwerbslosen durchgeführt worden, darunter mehr als 8000 Notstandsarbeiten während der schwersten Zeit der Ruhr⸗ aktion. All diese Arbeiten haben, sei es mit Meliorationen, sei es mit Erd⸗, Hoch⸗ oder Kanalarbeiten, dem Lande Wertvolles geschaffen; nicht zuletzt habe ich da auch die rund 10 400 Landarbeiterwohnungen zu nennen, zu denen bis zum Ablauf dieses Etatsjahres noch weitere 5000 hinzukommen werden, und die erheblich zur Seßhaftmachung von Landarbeiterfamilien beigetragen haben, was auch ein wesentlicher Faktor zur Förderung der landwirtschaftlichen Produktion ist, der die

landwirschafliche Verwaltung andauernd ihre regste Auf⸗

merksamkeit zugewandt hat. Sie hat nicht nur die Produktion aus altem Kulturboden durch geeignete Maßnahmen gesördert, durch Not⸗ standsaktionen helfend eingegriffen, sondern auch durch um fa sse nde Moor⸗ und Oedlandkultivierung landwirtschaft, liches Neuland in steigendem Umfange geschaffen, wodurch auch die Siedlungstätigkeit in Zukunft noch ersprießlicher wird gestaltet werden können. 1

Trotz aller Schwierigkeiten finanzieller und wiftschaftlicher Natur wurden von 1919 bis 1923 10 183 Neusiedlungen auf mehr ais 96 000 ha Fläche geschaffen (hört! hört! rechts) und rund 98 000 1 Fläche im Wege der Anliegersiedlung dem Kleingrundbesitz zugefühnt, Einen wertvollen Fortschritt bedeutete das sogenannte pren ßische Dampfpfluggesetz, das uns bei der Kultivierung privater Moor⸗ und Oedländereien stark vorwärtsbringen wird. Das Land⸗ wirtschafte ministerium hat sich zum Programin gesetzt, jährlich bis 1 50 000 resp. 60 000 Morgen Heide in Kultur zu bringen (Bravol bei den D. Dem), damit nach einer Reihe von Jahrzehnten an Stelle der großen ertraglosen Heideflächen nach jährlicher Neuansetzung von 1200 bäuerlichen Stellen 16 000 Bauernhöfe geschaffen werden. Durch Umlegungen werden im laufenden Jahre bis auf rund 1,6 Millionen Morgen Land ertragreicher gestaltet worden sein.

Weitere wichtige Arbeiten wurden dem Ausbau des Land⸗ wirtschaftlichen Fortbildungsschulwesens und der Landwirtschaftlichen Hochschulen, wie überhaupt den Fortbildungs, möglichteiten für praktische Landwirte gewimet. Dem Wiederaufban der durch den Krieg zurückgegangenen Viehzucht in Preußen, der Er⸗ höhung der Produktion der Forstwirtschaft, der Entwicklung des preußischen Domänenbesitzes, darunter auch des staatlichen Weinbauez und der Hebung wirtschaftlich nicht lebensfähiger landwirischaftlicher Kleinbetriebe, gaͤlten weiter erfolgreiche Bemühungen.

Auch die preußische Handels⸗ und Gewerbeverwal⸗ tung hat, um die dringend gebotene Erhöhung der Rentabilitäat der staatlichen Bergwerksbetriebe durch stärkere Durch⸗ dringung mit kaufmännischem Geist (Zuruf rechts: Kutisker⸗Geist!) und Arbeitsmethoden zu erreichen, die fiskalischen Bergwerke in die aktiengesellschaftliche Form der sogenannten Preußag durchgeführt, die mit der Wahrung der vollen Einflußmöglichkeiten des Staates alle Vorteile elastischerer Arbeitsmöglichkeiten verbindet. Die dem Handels⸗ ministerium unterstellten übrigen wirtschaftlichen Unternehmungen des preußischen Staates wurden durch Ausbau von Fischerei⸗ Gund Industriehäfen, wie in Emden, Geestemünde, Büsum, bedeutend an Wert vermehrt, und im Zusammenhange hiermit wune auch finanziell am Ausbau von Häfen preußischer Städte wie Altona, Flensburg, Königsberg, Stettin mitgewirkt. Erhebliches wurde auf dem Gebiet der elektrischen Stromversorgung durch Er⸗ bauung großer Wasserkraftwerke wie durch Ueberland⸗ zentralen geleistet, so in Hannover, Ostpreußen, Oberschlesien und im Westen.

In der Gewerbeaufsicht, auf dem Gebiete der Unfall⸗ verhütung in den Betrieben des gesundheitlichen Schutzes der Arbeiter und insbesondere der Jugendlichen, wie der Sicherheitsmaßnahmen bei den Arbeiten unter Tage in den Bergwerken wurden Fortschritte ge⸗ macht, das Fortbildungsschul⸗ und gewerbliche Unterrichtswesen nach Kräften gefördert. 8

Die preußische Unterrichtsverwaltung setzte sich die Wahrung und Ausbreitung des deutschen Bildungs⸗ gutes (Zuruf rechts: Seehandlung!) insbesondere an der Stelle, an der es bisher nicht ausreichend gepflegt worden war, an der höheren Schule, zur besonderen Aufgabe. Die neue Deutsche Oberschule, die die Unterrichtsverwaltung neben die älteren Formen der höheren Schule setzte, soll dieses Bildungsgut bewußt in den Vordergrund ihrer Arbeit stellen. Die Lehrpläne der deutschen Oberschule sind Ostern 1924 in Kraft getreten. Um den Bildungsmöglichkeiten aller Volks⸗ schichten, insbesondere der Minderbemittelten, zu dienen, wurde die Aufbauschule eingerichtet, die im Anschluß an die Volksschule in verkürzter Ausbildungszeit von sechs Jahren zur Hochschulreife führen soll. Ganz besondere Bedeutung haben die Aufbauschulen im Hinblick auf die vertiefte Volksschullehrerbildung. Denn gerade die Kreise, denen durch die Aufbauschulen eine höhere Bildung vermittelt wird, sind besonders wertvoll als Mutter⸗ boden der künftigen Voltsschullehrer. Die preußische Schul⸗ verwaltung trat ferner im vergangenen Jahre an das nach der Staatsumwälzung besonders akut gewordene Problem der Neu⸗ ordnung des höheren Schulwesens heran. Einen Auftakt hierzu hatte die sogenannte „Kleine Mädchenschulreform“ aus dem Jahre 1923 bedeutet; im Jahre 1924 wurde dann das Gesamt⸗ problem aufgerollt. Es galt nicht nur, den überlieferten Bildungsstoff der deutschen Jugend dienstbar zu machen, sondern die Gesichtspunkte einer modernen Ausbildung zur Geltung zu bringen und an Stelle des Vielerlei die Einheit zu setzen Die Denkschrift zur Neuordnung des preußischen höheren Schulwesens hat gezeigt, aus welcher Ein⸗ stellung heraus die preußische Schulverwaltung das Problem zu lösen gedenkt.

Das Preußische Justizministerium hatte im wesent⸗ lichen Aufgaben der Verwaltung (lebhafte Zurufe b. d. Komm.), wie z. B. der Durchführung der vom Reiche vorgenommenen kleinen Justizreform, zu bewältigen. Das entfpricht dem, daß Preußen in der Gesetzgebung auf dem Justizgebiete in den Hintergrund gedrängt ist und sich im wesentlichen auf die Verwaltungspraxis zu beschränken hat. Nichtsdestoweniger hat das Justizministerium die Möglichkeiten, die ihm offengelassen sind, voll ausgeschöpft. Es hat nicht nur in der Verwaltung zu modernisieren und nach Kräften zu vereinfachen gesucht (andauernde lebhafte Zurufe b. d. Komm.), sondern auch durch die Initiative seines um dieses Gebiet besonders verdienten Chefs sich außerordentlich stark und mit wachsendem Erfolge um die Durchdringung des Strafvollzugs mit dem Geiste der Humanität bemüht. (Lebhafte Zurufe b. d. Komm. Abg. Pieck: Wie sind Sie denn mit Magdeburg zufrieden?) Magdeburg hat, das müssen Sie auch wissen, mit dem Stratpollzug eigentlich noch nichts zu tun (andauernde lebhafte Zurufe b. d. Komm.) abgesehen davon, daß einzelne Zeugen da waren, die bisher sehr viel mit dem Strafvollzug zu tun hatten. (Wiederholte Zurufe bei den Komm.). Was jedenfalls die Humanität des Strafvollzugs anbelangt, so können Sie (zu den Komm.) Ihre Freunde aus Rußland nach Preußen schicken, um hieraus etwas zu lernen. (Lebhafte Zustimmung bei der Soz⸗Dem. P., den D. Dem. und im Zentr.). Auf diesem

erfüllen ist, werden diesfe Bemühungen ständig fortgesetzt werden, 8

Gebiete, wo eine große kultmpolitische und humanitäre Aufgabe zu

es ist der Ehrgeiz der preußischen Justizverwaltung, hier bahnbrechend

und richtunggebend zu wirken.

Auch das Ministerium des Innern stand in den ver⸗ flossenen Jahren vor schwierigen Aufgaben. Es hat den Neuaufbau der preußischen Polizei durchgeführt (lebhafte Zuruse bei den Komm.) und einen völlig durchorganisierten Beamtenkörper vyon 85 000 Mann geschaffen. Die Schutzpolizei wurde geschult und ausgebildet (wiederholte lebhafte Zurufe bei den Komin.) und ihr durch das Schutzpolizeibeamtengesetz die noch sehlende gesetzliche Grundlage ge⸗ geben. Gleichzeitig ist die Kriminalpolizei auf eine neue Grundlage gestellt worden, die mit der Schaffnng der geplanten Landeskriminalpolizei die letzte Abrundung erhalten wird. Die Zahl der staatlichen Polizeiverwaltungen wurde erheblich vermehrt und dadurch die Brauchbarkeit und Aktionsfähigkeit des ganzen Polizei⸗ apvarates bedeutend gesteigert. In der Besoldungsfrage wird mit allen Mitteln versucht, die wirtschaftlichen Verhältnisse der Polizeibeamten zu bessern. 9 8

Auf dem Gebiete der Kommunalpolitik hat das Mi⸗ nisterium die großen Entwürfe der Landgemeinde⸗ und Städteordnung dem Hause vorgelegt, die leider infolge der Haltung eines Teiles des Hauses nicht mehr perabschiedet werden konnten. In der In⸗

flationszeit ist das Ministerium nach Kräften bemüht gewefen, die Gemeinden durch Gewährung von Krediten vor dem Zusammenbruch zu schützen. Auf dem Verwaltungsgebiet wurde, der damaligen außer⸗ ordentlich ungünstigen finanziellen Situation entsprechend, die „tleine Verwaltungsreform“ eingebracht. Heute würde das Mi⸗ nisterium unter wesentlich größeren Gesichtspunkten an die gleiche Materie herantreten. Was die viel angefeindete Personal⸗ politik anbenifft, so muß dech einmal mit Entschiedenheit betont werden, daß die Auswahl der neu eingestellten Staatsbeamten vor⸗ nehmlich nach der Eignung erfolgte (Lachen bei den Komm und den Nat. Soz.), und daß die Einstellung von Außenseitern überhaupt seit dem Inklafttreten der Personalabbauverordnung gänzlich aufgehört hat. (Lachen und Zurufe bei den Komm.) Zusammenfassend muß festgestellt werden, daß das Ministerium des Innern als Polizei⸗ ministerium die Sicherheit und Ruhe in Preußen geschützt und be⸗ wahrt und in seinen anderen Abteilungen für einen geordneten Ab⸗ lauf der Verwaltung Sorge getragen hat. (Zurufe bei den Komm.)

Wenn die Abstimmungen in der Nordmark, in der Ostmark und in Oberschlesien so verhältnismäßig günstig für Preußen und das Reich ausfielen (Zuruf bei den Nat. Soz.) ja, verhältnismäßig günstig sind doch die Abstimmungen ausgefallen! wenn den auf die Zerreißung Preußens gerichteten Bestrebungen der Erfolg versagt blieb, so ist das auch nicht zuletzt auf die zielklare und feste Leitung der inneren Verwaltung Preußens und der hingebenden Tätigkeit ihrer Organe zurückzuführen. (Lebhafter Beifall im Zentr., bei den D. Dem. und Soz. Dem.)

Diese Organe der inneren Verwaltung haben auch in dem ung durch den widerrechtlichen Einbruch der Belgier und Franzosen an Ruhr und Rhein aufgezwungenen Kämpfen oft unter den schwierigsten Umständen mit Aufopferung ihre Pflicht getan. (Lebhafter Beifall). Im Zusammenwirken mit der rheinischen Bevölkerung haben sie den Separatismus niedergeschlagen und sich auch damit um Einheit und Geschlossenbeit Preußens und des Reiches verdient gemacht. (Erneuter lebhafter Beifall).

So sieht das wahre System Severing aus, gegen das draußen im Lande ein so unehrlicher Kampf geführt wird. (Sehr richtig! bei den Soz.⸗Dem. und in der Mitte.) Ohne dieses System stände heute Preußen und das Reich nicht so fest und unerschüttert da. (Erneuter lebhafter Beifall bei den Soz.⸗Dem.) Ohne den Rückhalt an Preußen konnte das Reich keine erfolgreiche Außenpolitik machen. (Wiederholter lebhafter Beifall bei den Soz⸗Dem. und in der Mitte.) Es kann obne Ueberhebung ausgesprochen werden, daß die Reichs⸗ regierung in ihrer oft wechselnden Gestalt ihre Politik nach innen und außen nur gestützt auf die durch die Politik der großen Koalition in Preußen geschaffenen ruhigen und stetigen Verhältnisse mit Erfolg hat führen können. (Sehr richtig! bei den Soz⸗Dem. und in der Mitte.) Gewiß, meine Damen und Herren, diese Politik der großen Koalition, die ich Ihnen in kurzen Strichen geschildert habe, hat keine großen, in die Augen springende Erfolge gezeitigt. Das ist in der heutigen Zeit auch nicht möglich, es mag eine Koalition hier zustande kommen, wie sie will. Wir stehen eben noch unter den Folgen des verlorenen Krieges. (Zuruf bei den Nat.⸗Soz.: Und der Revolution!) Wir Isteben unter dem Druck (Zurufe bei den Komm.) jawohl, auch der Dawes⸗Gesetze. (Stürmische Zurufe und große Unruhe bei den Komm.) Meine jungen Herren Abgeordneten von der Kommunistischen Partei (stürmische Heiterkeit. Große Unruhe bei den Komm. und Zuruf: Sie alter Esel! Glocke des Präsidenten.)

Wenn ich von jungen Abgeordneten gesprochen habe, so meine ich die Herren, die jetzt erst in das Haus eingetreten sind und offenbar noch nicht wissen, wie sie sich hier zu benehmen haben. (Lebhafter Beifall bei den Soz.⸗Dem. und in der Mitte. Zurufe bei den Komm.) Ich will diesen Herren nur das eine sagen (erneute stürmische Zurufe bei den Komm.: Sie haben uns keinen Anstands⸗ unterricht zu erteilen! Sie sind der Angeklagte!) ich will Ihnen nur auseinandersetzen (erneute stürmische Zurufe und große Unruhe

bei den Komm.) mich vor Ihnen zu rechtfertigen, habe ich keine Veranlassung (erneute stürmische Zurufe bei den Komm.) ich will Jönen lediglich auseinandersetzen (Zurufe bei den Komm.), daß ich nlicht die Absicht habe. Sie zu überschreien das kanu ich nicht, Zurufe bei den Komm.) sondern ich habe lediglich die Absicht, Sie zu überzeugen. (Zurufe bei den Komm.) Wenn Sie meinen, das ist auch nicht möglich, gut, so schätzen Sie sich richtig ein.

Ich sagte: Unter den jetzigen Verhältnissen ist es naturgemäß

keiner Regierung möglich, etwas alle Befriedigendes zu schaffen, aber gleichwohl ist es durch die Politik der großen Koalition gelungen⸗ Zurufe rechts) eine ruhige, stetige Fortentwicklung zu gewährleisten. Gerade auch die Erfolge der Politik der großen Koalition sind tweifellos auch im Wahlkampf die Ursache gewesen, daß eine so große Zahl von Wählern sich für die Parteien ausgesprochen hat, die diese Politik in den letzten drei Jahren getrieben haben. (Sehr gut! kinks und in der Mitte Zurute rechts.) Meine Herren, den Barmat⸗Skandal haben Sie doch nur in dieser Weise auf⸗ gebauscht als Einleitung zur Wahlkampagne für die Reichs⸗ präsidentenwahl. Aber ich spreche über die Politik der großen Koalition. Lassen Sie doch die Wahlagitation für die Reichs⸗ präͤsidentenwahl noch etwas zurück! (Zurufe rechts.) Die große Foalition hat mit Barmat nichts zu tun Zurufe bei en Kommunisten.)

Verehrte Damen und Herren, ich habe gesagt, daß sich eine so große Zahl der Wähler für diese Politit der großen Koalition aus⸗ gesprochen hat. Die vier Parteien, die in der großen Koalttion zu⸗ sammengeschlossen waren, haben 10 686 000 Stimmen erlangt während dieijenigen, die in der Opposition stehen, und zwar die Opposition ganz einheitlich genommen. von Wulle bis Katz, lediglich über 7 380 000 Stimmen verfügen, so daß die vier Koalitionsparteien, d. h. diese vier Parteien, die diese von mir kurz geschilderte Politik getrieben haben, heute im Haufe über 268 Abgeordnete verfügen

gegenüber 182 der geschlossenen Opposition von Wulle bis drüben

bei den Kommunisten. (Zurufe und Lachen.) Ich habe Ihnen diese Zahlen angeführt, um Ihnen zu beweisen, daß das Votum der Wähler über die Politik der großen Koalition dem Kabinett dieser großen Koalition keinen Anlaß gibt, zurückzutreten. (Lebhafte Zu⸗ stimmung links und in der Mitte.) Es hieße geradezu den Volks⸗ willen fälschen, wenn man von dieser Politik abweichen wollte. (Lebhafte Zustimmung links und in der Mitte. Zuruf rechts.)

Nun wird freilich erklärt, daß nach dem Austritt der der Deutschen Volkspartei angehörigen Minister die große Koalition nicht mehr bestände (Zuruf rechts: Aha!), daß es sich jetzt nur noch um ein Rumpfkabinett handle. (Sehr richtig! rechts) Nein, das ist nicht sehr richtig, sondern der Rumpf hat noch einen Kopf und ist deshalb nicht nur ein Rumpf. (Lachen und Zurufe rechts.) Aber es fehlen zwei Glieder, und ich habe die Absicht, nach dem Ausgang der Besprechung hier im Hause die beiden unbesetzten Ministerien durch Ernennung neuer Minister wieder zu besetzen. (Bravo! links und in der Mitte. Zurufe rechts.) Es hat den Schein der Richtigkeit für sich, wenn erklärt wird: die große Koalition besteht jetzt nicht mehr, nachdem die beiden Herren Minister ausgetreten sind. Das ist, wie gesagt, bis zu einem gewissen Grade richtig. aber die Politik der großen Koalition und ihre „Erfolge, die bleiben be⸗ stehen. (Sehr wahr! links und in der Mitte. Zuruf rechts.) Und es bleibt weiter vor allem besteben die Notwendigkeit, im In⸗ teresse unseres Landes und unseres Volkes diese Politik der verständnisvollen Zusammenarbeit fortzusetzen. (Lebhbafter Beifall links und in der Mitte. Zu⸗ rufe.) Wer freilich die Politik der ruhigen Fortentwicklung nicht will, wer aus parteiegoistischen Motiven die Gegensätze verschärfen und den Kampf aller gegen alle im Innern entfesseln will, nur der kann schließlich gewollt und bewußt von dieser Politik abgehen. (Sehr wahr! bei den Soz.⸗Dem.) Und weil ich diese verderbliche Entwicklung nicht fördern, sondern im Gegenteil hemmen und verhindern will, deshalb bin ich und mit mir die Mehrheit der Kabinettsmitglieder im Amt geblieben. (Zuruf rechts: Das schöne Pflichrbewußtsein!) Ich wünschte, daß in Ihren Kreisen immer soviel Pflichtbewußtsein wäre und namentlich am 8. November 1918 soviel Pflichtbewußtsein gewesen wäre, als die meisten von Ihnen wegliefen, (Lachen rechts) wo wir unser Leben eingesetzt haben, um den Staat in ruhige Verhält⸗ nisse zu bringen. (Zurufe rechts.) Ich habe nicht geglaubt, daß Ihnen das so viel Freude bereitet. Wir sind im Amt geblieben selbst auf die Gefahr hin, daß dieses unser Verhalten draußen in der Oeffentlichkeit, die ohnehin jetzt mit einer Atmosphäre der Ver⸗ leumdung und Schmähsucht erfüllt ist, mißdeutet werde. Aber ich brauche wohl nicht besonders für mich und meine Kollegen im Ministerium zu erklären: Wir kämpfen nicht um unser Amt (Lachen rechts.) für diese Auffassung haben Sie (nach rechts) in Ihren Kreisen offenbar kein Verständnis. Das Drängen Ihrer Parteifreunde an die Krippe ist in den letzten Monaten ja auch zu groß gewesen. Wir tämpfen für die Politik, die wir über 3 Jahre zum Besten unseres Landes getrieben haben, und die auch jetzt noch nach unserer festen Ueberzeugung die einzige Politik ist, die Ruhe und Stetigkeit verbürgt und den ersprießlichen Wiederaufbau unseres Landes ermöglicht. (Sehr wahr! links und in der Mitte.) Für diese Politik der Großen Koalition, die seinerzeit vom Landtag gebilligt ist, hat das Kabinett das Vertrauen erhalten, und das Kabinett ist gewillt und bereit, diese Politik fortzusetzen, und stellt dafür die Vertrauensfrage. (Bravo! bei den Soz.⸗Dem.) Will der Landtag dem Kabinett das Vertrauen entziehen, dann mag er entsprechendentscheiden. Sie haben zu entscheiden, und Sie stehen bei dieser Entscheidung vor einer wichtigen Frage. Sie stehen vor der Alternative, entweder Fortsetzung der Politik des ruhigen vaterländischen Aufbaues durch Zusammenfassung aller Kräfte der Mitte oder Inaugerierung jener unter dem ent⸗ scheidenden Einfluß der extremen Rechtsparteien stehenden Politik des Bürgerblocks, die nichts anderes sein kann und nichts anderes sein wird, als eine unserem Lande zum Verderben gereichende Kata⸗ strophenpolitik. (Sehr richtig! bei den Soz.⸗Dem.)

Nun entscheiden Sie so, wie Sie es vor Ihrem Gewissen vor Volk und Vaterland und vor der Geschichte verantworten können. (Lebhaftes Bravo und Händeklatschen bei den Soz⸗Dem. Zischen bei den Komm.) .

Eine Reihe weiterer Gegenstände werden mit der Be⸗ ratung verbunden.

Der Abg. Grzesinski (Soz.) beantragt zur Geschäfts⸗ ordnung Vertagung bis zum Freitag. Die Kommunisten fordern sofortige Besprechung der Regierungserklärung. Gegen die Vertagung stimmen die Deutschnationalen, die Deutsche Volkspartei, die Freiheitspartei und die Kommunisten. Die Abstimmung bleibt zweifelhaft; es findet Auszählung statt. Die Vertagung wird mit 206 gegen 199 Stimmen beschlossen.

Nächste Sitzung Freitag, den 16. Januar, 2 Uhr: Fest⸗ stellung der Mitgliederzahl des von den Deutschnationalen be⸗ antragten Untersuchungsausschusses über die Barmatangelegen⸗ heit; Fortsetzung der Besprechung der Regierungserklärung in Verbindung mit den Anträgen der Deutschen Volkepartei und der Kommunisten, betr. die weitere Tätigkeit des Staats⸗ ministeriums und die Entziehung des Vertrauens. Schreiben über den Rücktritt der volksparteilichen Minister. Uebernahme des Kultus⸗ und Finanzministeriums durch den Minister⸗ präsidenten. Gutachten des Justizministers über die Wahl des Ministerpräsidenten bei einer Neuwahl.

Schluß: 4 Uhr 35 Minuten.

8 88.

3 Parlamentarische Nachrichten.

3 Dem Reichstag ist ein Weißbuch: „Die Londoner Konferenz Juli / August 1924 zugegangen.

Januar 1925. Auezabrung.

Berlin, den 15.

Telegraphrsche

14. Geld

15. Januar Geld Brteyj Buenos Aires 8

(Pavierpeso)... 1,676 Japan 1,608 Konstantinopel... 2 295 London 20,075 New York. 4,195 Rio de Janeiro... 0,496 Amsterd. ⸗Rotterdam 169,34 Athen (in Mark für

100 Drachmen) .. 7,51 Brüssel u. Antwerpen 21,04 Danzig 79,55 Helsingkors. 10,55 Italien 17,19 Jugoflawien 6 835 Kopenhagen.. 74,68 Lissabon und Oporto 19,98 Oslo. 8. 64,07

. . .. 8 22,50 Prag 12,59 80,82

3,025 59,13

112,98

1.6068 1.612 2,295 2,305 19,94 19,99 4,195 4,205 0,499 0,501 169,34 169,76

SSe

21,00 79,40 10.59 17.44 6.89 74 76

19,92

20,94 79,20 10,55 17,40 6,87 74 58 19,88 63,87 22,41 12,59 80,82 3,025 59,08

112,91 5,785 5,909

2 22 2722

12,63

81,02 3,035

59,27

113,26

5,81 5,83 5,911 5,931

Schweiz . Spanien... Stockholm und Gothenburg... bveeeee“ Wien..

2 2 2272⸗

Ausländische Geldsorten und Banknoten.

15. Januar 14. Januar Geld Brlef Geld Brief

16,225 2 4,22

4,172

4,17

1,65

19,915 19 91

Banknoten

Sovereigns. 20 Fr.⸗Stücke. Gold⸗Dollars... Amerit. 1000-5 Doll. nSe. Argentinische.. Brasilianische... Englische große... 5 1 £ u. dar. Belgisch.. Bulgarische .. 1166* Danziger (Gulden). v1*“ ranzösische. olländische.. talienische nber 108 re Jugoslawische.. Norwegische .. Rumänische 1000 Lei unter 500 Lei Schwedische .. Schweizer. Spanische.. Tschecho⸗slow. 100 Kr. u. darüber unter 100 Kr. Oesterreichische .. 5,925 5,913 Ungarische.. 5,79 5,75 Die Notiz „Telegraphische Auszahlung“ sowie „Antländische Banknoten“ versteht sich bei Pfund, Tollar, Peso, Yen, Milhreie für ’5 1 Einheit, bei Cesterr. und Ungar. Kronen für je 100 000 Ein⸗ eiten, bei allen übrigen Auslandswerten für je 100 Einheiten.

4,23 4,172 4,168 1,66 0,483 20,04 20,03 21,00 2,99 74,56 79,20 10,505 22,54 169,08 17,23 6,81 63,89 2,19 2,17 112.72 80,82 59,00

12,565 12,55

12,55 12,54

Nach dem Bericht der Aktien⸗Gesellschaft für Glasin dustrie vorm. Friedr. Siemens in Dresden über die Reichsmarkeröffnungsbilanz per I. Januar 1924 weist dieselbe nach Abzug der Schulden ein Reinvermögen von 11 220 000 Reichs⸗ mark auf. Aufsichterat und Vorstand schlagen vor, das Stamm aktienkapital von 50 000 000 auf 10 000 000 R⸗M. umzustelle derart, daß der Nennwert jeder Aktie über 1000 auf 200 R⸗M. ab⸗ gestempelt wird. Die Umstellung der Vorzugsaftien erkolgt im Em⸗ verständnis mit den Inhabern derjelben in der Weise, daß an Stelle der 15 000 000 Vorzugsaktien 5000 Aktien über je 40 R⸗M. = 200 000 R.⸗M. treten. Jede Vorzugsaktie über 40 R⸗M. hat drei⸗ faches Stimmrecht. Die verbleibenden 1 020 000 R.⸗M. werden al gesetzlicher Reservefonds in die Bilanz eingestellt. 8

Helsingfors, 13. Januar. (W. T. B) Der Gewinn der Bank von Finnland im letzten Jahre betrug 65,4 Millionen Mark gegen 13,5 im letzten Jahre und 105 in 1922 Das Gewinn⸗ und Verlustkonto des letzten Jahres zeigte einen Agiogewinn an 7,5 Millionen, während der Agioverlust in 1923 49,3 Millionen aus⸗ machte, trotzdem für Refervestellungen der Bank Abzüge in Höbe von ungefähr 40 Millionon gemacht worden waren, um die Stellung der Bank zu stärken. Der Nettogewinn ist deshalb größer als 1923, weil die Valutapolitik größere Agioverluste vermeiden konnte. Zolleinnahmen für 1924 belaufen sich auf 1,233 Millionen Mar gegen 1,145 Millionen im Voranschlag.

London, 14. Januar. herstellungsanleihe 98 vH.

Budapest, 12. Januar. (W. T. B.) Wochenausweis der Ungarischen Nationalbank vom 7. Januar (in Klamme vom 31. Tezember) in Millionen Kronen: Gold⸗, Silber⸗, Devisen und Valutenbestand 2 490 206 (2 479 497), Wechsel und Effekten 1 876 866 (1 976 887), Staatsschuld 1 973 930 (1 974 780). Sonstige

Aktiva 3 202 897 (3 350 172), Notenumlauf 4 276 723 (4 513 989), 8 Staats⸗ und Privatguthaben 2 288 447 (2 069 467), Sonstige Passiven

2 630 377 (2 852 521).

Wagengestellung für Kohle, Koks und Brikett am 14. Januar 1925: NRuhrrevier: Oberschlesisches Revier: Gestellt —,—.

—-—

Die Elektrolytkupfernotierung der Vereinigung

für deutsche Elektrolytkupfernotiz stellte sich laut Berliner Melbung des „W. T. B.“ am 14. Januar auf 143,50 tam 13. Januar auf 143,25 ℳ) für 100 kg.

Berlin, 14. Januar. (W. T. B.) Preisnotierungen für Nahrungsmittel. (Durchschnittseinkaufbprerse

des Lebensmitteleinjelhandele für je 50 kg frei Haus Berlin.) In Goldmark: Gerstengraupen, lose 19,50 bis 24,75 ℳ,

Gerstengrütze, lose 18,50 bis 18,75 ℳ, Haferflocken, lose 20,00 bis

21,50 Hafergrütze, lose 21,50 bis 22,50 ℳ, Roggenmehl 0/1 18,75 bis 20,50 ℳ. 2 21,00 bis 25,00 ℳ, Hartgrieß 26,25 bis 29,50 ℳ, 70 % Weuenmehl 19,00 bie 20,50 ℳ, Weizenanszug⸗ mebl 20,25 bis 26,75 ℳ, Speiseerbsen, Viktoria 19,00 bis 22,25 ℳ, Speiseerbsen, kleine 15,00 bis 16,00 ℳ. Bohnen, weiße, Perl 20,00 dis 23,00 ℳ, Langbohnen, hbandverlesen 27,00 bis 32,00 ℳ, pinsen, kleine 18,00 bis 25,50 ℳ, Linsen, mittel 31,00 bis 42,00 Linsen, große 44,00 bis 55,50 ℳ, Kartoffelmehl 19,00 bis 22,00 ℳ,

Makkaroni, Hartgrießware 43,25 bis 55,00 ℳ, Eiernudeln 44,50

bis 73,50 ℳ, Mehlnudeln 23,50 bis 26,75 ℳ, Bruchreis 15,25

(W. T. B.) Deutsche Wieder 8 6

Gestellt 25 991 Wagen. 1

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