3 Die Zinsscheine der Goldpfandbriefe sind am 1. April und 1. Oktober fällig. 8
4. Die landschaftlichen Central⸗Goldpfandbriefe unterliegen einer regelmäßigen Tilaung nach den satzungsmäßigen Vorschriften desjenigen verbundenen Kreditinstituts, das die Beleihung vermittelt hat Zur Central⸗Landschaft für die Preußischen Staaten sind zurzeit 1. die Ostpreußische Landschaft, 9 2. die Westpreußische Landschaft, u“
das Ritterschaftliche Kredit⸗Institut für die Kur⸗ und Neu⸗ mark Brandenburg — 4. das Neue ö Kredit⸗Institut, 8 die Pommersche Landschaft, 5 . die Pommersche Landschaft für den Kleingrundbesitz, das Kredit⸗Institut für die Ober⸗ und Niederlausitz,; „Hdie Landschaft der Provinz Sachsen, 9. die Schleswig⸗Holsteinische Landschaft 8 8 8 10 die Schlesische Landschaft. “
5. Die landschaftlichen Central⸗Goldpfandbriefe sind seitens der Inhaber unkündbar. Die Central⸗Landschaft ist zur Bareinlösung von Goldpfandbriefen im Wege der Aufkündigung verpflichtet, wenn ein verbundenes Institut die Aufkündigung auf Grund seiner Satzungen beantragt. 1 i. 8— 8
6. Der Geldwert der aufgekündigten Stücke und dex Zinsscheine wird nach dem amtlich festgestellten Preis für Feingold berechnet und ijn deutscher Reichswährung bezahlt. Als amtlich festgestellter Preis für Feingold gilt der vom Reichswirtschaftsminister oder der von ihm bestellten Stelle im Deutschen Reichsanzeiger und Preußischen Staats⸗ anzeiger amtlich bekanntgemachte Londoner Goldpreis, und zwar:
a) für die am 1. April fälligen Zinsscheine die Bekanntmachung vom 10. März des laufenden Jahres. b) für die am 1. Oktober fälligen Zinsscheine die Bekannt⸗ machung vom 10. September des laufenden Jahres.
Die Umrechnung in deutsche Reichswährung geschieht nach dem Mittelkurs der Berliner Börse für das Pfund Sterling (Auszahlung London), und zwar:
2) für die am 1. April fälligen Zinsscheine auf Grund der amtlichen Notierung vom 10. März des laufenden Jahres, b) für die am 1. Ottober fälligen Zinsscheine auf Grund der amtlichen Notierung vom 10. September des laufenden
. Jahres.
Werden am 10. März oder 10. September Londoner Goldpreise nicht bekanntgemacht oder amtliche Notierungen für das Pfund Sterling nicht bewirkt, so gelten die vor diesen Tagen zuletzt bekanntgemachten Preise oder Notierungen. G “
Der ermittelte Geldwert ist vor dem jeweiligen Fälligkeitstermin in wv. Reichsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger bekannt⸗ zu machen. .
G 7. Die Bepfandbriefung mit Goldpfandbriefen erfolgt nach den von der Preußischen Staatsregierung genehmigten Beleihungsgrund⸗ säßen desjenigen verbundenen Instituts, zu dessen Bereich das zu be⸗ leihende Grundstück gehört oder durch dessen Vermittelung die Be⸗ leihung erfolgt. Die Beleihungsgrenze darf keinesfalls die ersten zwei Drittel des Taxwerts eines ländlichen Grundstücks übersteigen.
8. Der Darlehnsnehmer hat dem verbundenen Institut (vergl. zu 7) für dessen Forderung an Kapital, Jahreszahlungen (Zinsen, Tilgungsbeiträgen. Verwaltungskostenbeiträgen), sonstigen Neben⸗ leistungen und Kosten Hypothek gemäß dem Reichsgesetz über wert⸗ beständige Hypotheten vom 23. Juni 1923 (Reichsgesetzblatt I. Seite 407) und den sonstigen reichs⸗ und landelsgesetzlichen Vorschriften zu be⸗ stellen und in das Grundbuch des beliehenen Grundstücks als Buch⸗ oder Briefhypothek eintragen zu lassen, sich auch sonst den Be⸗ stimmungen des Statuts für die Centrallandschaft ausdrücklich zu unterwerfen und die Eintragung nach Maßgabe der Satzung des be⸗ treffenden verbundenen Instituts zu bewirken.
9. Für jedes in dieser Weise sichergestellte Darlehen darf ein entsprechender Betrag landschaftlicher Central⸗Goldpfandbriefe aus⸗ gefertigt werden. 8
Berlin, den 5. Februar 1925.
Central⸗Landschafts⸗Direktion für die Preußischen Staaten. von Winterfeld.
Gemäß § 8 Ziffer 1 und § 21 des Gesetzes zum Schutz der Republik habe ich die „Bartensteiner Zeitung“ in Bartenstein auf die Dauer von 14 Tagen, und zwar vom 6. bis 19. Februar 1925 einschließlich, verboten. v1“
Königsberg i. Pr., den 5. Februar 1925.
Der Oberpräsident. Wehr. Berichtigung. In dem in Nr. 29 des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ vom 4. d. M. veröffentlichten amtlichen Lotterieplan der 25./251. Klassenlotterie sind in der Unterschrift die drei
letzten Namen falsch gedruckt. Sie müssen richtig heißen: Pons, Köhler und Dr. Feulner. “
Nichtamtliches. Deutscher Reichstag.
15. Sitzung vom 5. Februar 1925.
Nachtrag.
Ddie Erklärung, die der Reichsjustizminister Dr. Frenken im Laufe der Debatte über den Gesetzentwurf abgegeben hat, demzufolge in Rechtsstreitigkeiten über die Aufwertung von Vermögensanlagen die Verhandlung vor Gerichten und Auf⸗ wertungsstellen auf Antrag des Gläubigers einstweilen aus⸗ gesetzt werden kann, lautet:
Namens der Reichsregierung wiederhole ich die im Ausschuß be⸗ reits abgegebene Erklärung, daß die Reichsregierung binnen drei Wochen den Entwurf eines neuen Aufwertungsgesetzes den gesetz⸗ gebenden Körperschaften zuleiten wird, und daß sie auch in allen Stadien der Verhandlungen bestrebt sein wird, die Angelegenheit nach Kräften zu fördern. (Bravol) v“
16. Sitzung vom 6. Februar 1925, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)
Am Regierungstische: Reichsarbeitsminister Dr. Brauns.
Präsident Löbe eröffnet die Sitzung um 1 Uhr 20 Min.
Die zweite Lesung der Rei aHausha tspläne wird fortgesetzt beim Reichsarbeitsministerium. Es beginnt die Einzelberatung, zu der etwa 50 verschiedene Anträge aller Parteien vorliegen.
Abg. Karsten (Soz.) fordert eine Erhöhung renten. Hunderttausende haben allerdings bereits die Hoffnun auf⸗
geben, daß ihnen vom Reichstage Hilfe kommen wird. Es kommt ihnen vor, als ob man nur auf ihren Tod warte, damit auch die kleinen Renten, die sie beziehen, nicht bezahlt 8 werden brauchen. Diese Aermsten der Aemen wollen kein Mitleid,
1 2
der Invaliden⸗
Recht auf Leben.
sie verlangen sin
8
Die neu eingestellten 115 Millionen einmaliger Ausgaben zur Aufwertung der Invalidenrente reichen höchstens dazu aus, den ö monatlich je 5 bis 6 ℳ mehr zu geben. In der tehandlung der Arbeitsinvaliden zeigt sich so recht die Schamlosigkeit der kapitalistischen Ausbeutung. (Sehr, wahr! links.) Kleinen Leuten im Ruhrrevier hat man keine Entschädigung gegeben, aber gegen die Großen ist der Staat nobel. Das Arbeitsministerium 88 sich doch nicht immer von den Arbeitgebern abhängig. machen, eren Einfluß man überall in den Maßnahmen des Ministeriums spürt. Wie bei der Invalidenversicherung, so ist es auch bei den anderen Versicherungszweigen, wie z. B. in den Knappschaften. Ueberall müßten wenigstens die Renten der Vorkriegszeit wieder er⸗ reicht werden (Beifall bei den Sozialdemokraten.)
Abg. Moldenhauer (D. Wy.); Ich kann dem Vorredner darin folgen, daß es bei der Sozialfürsorge sich nicht lediglich um Mitleid handelt. Die Leistungen der Sozialversicherung, die weiter wachsen werden, betragen zurzeit 1400 Millionen Mark. Man darf nicht übersehen, daß diese Lasten sowohl die Gesamtwirtschaft wie den einzelnen Unternehmer belasten. Daraus zieehen wir aber nicht den Schluß, daß die Sozialpolitik abzubauen ist. Ich verwahre die Unternehmer gegen die Vorwürfe des Vorredners Meine Partei 6 bereit, an dem Ausbau der Sozialpolitik weiter mitzuarbeiten. Ueber die Ruhrkredite werden wir später sachlich sprechen, wenn die Denkschrift vorlieat. Agitatorisch sollte man diese Sache nicht be⸗ handeln. Ueber Verbesserungen im Knappschaftsnvesen wird sich eine Verständinung bei den im Gang befindlichen Besprechungen leicht finden lassen. Auch die Unfallversicherung kann verbessert werden ahin, daß die Erwerbsunfähigen mehr Rente erhalten. Ein ein⸗ schlägiger Entwurf wird uns hoffentlich bald zugehen. Kein Land der Welt hat bisher eine Versicherung derart aufbauen können, daß die Invaliden ihren vollen Arbeitsverdienst als Rente erhalten. Durch Verbesserung der Organisation können Ersparnisse gemacht werden. Die Träger der einzelnen Versicherunasfürsorge sollten sich zusammenfinden zu Maßnahmen auf dem Gebiet der Unfall⸗ und Krankheitsverhütung, ohne daß es dazu neuer Gesetze bedürfe. Die Angestelltenversicherung könnte ausgebaut werden ohne nennens⸗ werte Erhöhung der Beiträge. Eine Fülle von Aufgaben steht uns noch auf dem Gebiet der Sozialversicherung bevor. Wir werden daran mitarbeiten, und zwar im Interesse des sozialen Friedens. (Beifall bei der Deutschen Volkspartei.)) -
Abg. Martha Arendsee (Komm.) befürwortet einen Antree sämtliche Invalidenrenten mit Rückwirkung vom 1. Januar 192 um 400 ℳ% zu erhöhen, so daß die Rente des Vollinvaliden monatlich statt 14 ℳ., mindestens 56 Reichsmark beträat. Die Rednerin schildert die Notlage der Arbeitsinvaliden, die in schlechten Wohmungen hungern müßten, und sagt: Es ist eine Schande, wie die alt⸗ gewordenen Arbeiter behandelt werden. Trotz körperlicher Gebrechen müssen die Invaliden noch arbeiten, und zwar zu Hungerlöhnen. Unser Antrag will wenigstens der schlimmsten Not durch eine Ab⸗ schlaaszahlung abhelfen. Die 115 Millionen, die neu in den Etat eingestellt werden sollen, bedeuten für jeden Invaliden höchstens 35 ℳ jährlich mehr Wir haben nicht das Vertrauen zu dieser Regierung und diesem Parlament, daß sie den Sozialrentnern Gerechtigkeit widerfahren lassen. Nur, wenn das Proletariat, die Macht erhält, wird auch für die Arbeitsinvaliden richtig gesorgt werden. (Beifall bei den Kommunisten.) -
Abg. Andre (Zentr.): Die Vorrednerin möge nur an die Zu⸗ stände im kommunistischen Probierland Rußland denken. ( hr wahrl! im Zentrum.) Wir in der Zentrumspartei haben den festen Willen auch unter der neuen Regierung die Sozialpolitik im Sinne unserer Anträge fortzuführen. Bei der Wöchnerinnenhilfe sollte der bevölkerungspolitische Gesichtspunkt überwiegen. Es ist hier ein allgemeines Interesse vorhanden, und darum sollten nicht die Kranken⸗ kassen, sondern die Allgemeinheit die Kosten tragen. Die Fanilien. hilfe der Krankenkasse müßte erweitert werden. Im Ausschuß hat sich meine Partei bemüht, für die Invaliden möglichst viel hergus⸗ uschlagen. Aber die versicherungstechnischen Grundlagen müssen beachten werden. Es kommt Leistung und Gegenleistung in Frage. Vielleicht kann auch bei der Invalidenversicherung die freiwillige Versicherungsleistung eingeführt werden. Sollten die 115 Millionen für die Aufwertung der Invalidenrenten nicht ausreichen, so nnas in einem Nachtvagsetat mehr gefordert werden. In der Unfall⸗ versicherung müssen die alten Grundlagen der Rentenberechnung wieder hergestellt werden. Im Verhältnis der Krankenkassen zur Unfall⸗ ürsorge müssen die Krankenkassen derart entlastet werden, daß die Berufsgenossenschaften schon vor der 14. Woche mit ihren Leistungen eintreten. Für die vollkommen Erwerbsunfähigen und die Hinter⸗ bliebenen Verunglückter muß besser gesorgt werden. Bei der Angestelltenversicherung sind dringend, die Erhöhung der Gehalts⸗ grenze, die Verkürzung der Wartezeit und Erhöhung der Leistungen notwendig. Um die Leistungsfähigkeit der Arbeiter zu erhalten, werden wir auch weiter an der Sozialgesetzgebung mitarbeiten. (Bei⸗
ll im Zentrum. fall im Zentr de Art der Sozialversicherung hat
Abg. Ziegler (Dem.): . ihre besonderen Aufgaben und bedarf daher auch einer besonderen überall Berübrungspunkte.
Organisation. Natürlich ergeben sich vungspun Das Ziel müßte sein, möglichst hohe Leistungen mit möglichst serinem Aufwand zu erzielen. Dazu ist eine tunlichste Ein⸗ chränkung der Verwaltungsausgaben notwendige Voraussetzung. Wie oll ein Sozialrentner mit 14 ℳ im Monat imstande sein, 8 Haushalt aufzubauen. Dieses Kunststück sollen einmal die Herren von der Finanzverwaltung machen! Als die Invalidenrente von 13 auf 14. ℳ erhöht wurde, hätte es beinahe eine Regierungskrisis gegeben. Die Ünfallrenten sind auch vielfach zu niedrig. Wir be⸗ grüßen es, daß die Fürsorge der Berufsgenossenschaft bereits früher eintreten soll. Gegen dis Ortskrankenkassen werden seit Jahren unbegründete Vorwürfe erhoben. Wenn man die Höhe der Ver⸗ waltungskosten bemängelt, so sollte man auch bedenken, wieviel neue Aufgaben den Krankenkassen zugewiesen worden sind. Nach meinen Erfahrungen kann ich nur sagen, daß die Ortskrankenkassen sich den neuen Aufgaben durchaus gewachsen gezeigt haben. Die Kranken⸗ kasse, an der ich beteiligt bin, zahlte 1913 auf den Kopf des Mit⸗ gliedes 17,34 ℳ, 1924 aber 3335 ℳ. Für Heilverfahren wurden 1913 durchschnittlich auf den Kopf 4,80 ℳ, 1924 13,73 ℳ, aus⸗ egeben. Die Verwaltungskosten betrugen auf den Kopf im Jahre To 2,25 ℳ, im Jahre 1924 sind sie auf 3,29 ℳ gestiegen. Den Krankenkassen muß man volle Selbstverwaltung lassen. Mit den Betriebskrankenkassen kann man sich abfinden, wenn darin die Rechte des Arbeitnehmers voll gewahrt bleiben, ihre Vertreter dürfen nicht nur Dekoration sein. Auch wir werden mitarbeiten, damit unsere Sozialpolitik an der Svitze der sozialpolitischen Gesetzgebung der Welt bleibt. bei den Demokvpaten.) b
Abg. Behrens (D. Nat.): Die Tuberkulose ist zu einer Wir müssen ihre Bekämpfung dhe einn
großen Gefahr geworden. ämpf, mit den bisherigen Mitteln
allgemeinen Volkssache machen; denn b kommen wir ihr nicht bei. Ein Zusammenarbeiten aller Ver⸗ sicherungsträger und anderer öffentlicher Körperschaften ist not⸗ wendig. Die Zahl der Heilstätten und der Betten in ihnen reicht nicht aus. Wir müssen vor allem versuchen, vorbeugend zu wirken, und dabei unser Augenmerk auf die heramvwachsende Jugend richten. Bei der Aufrrertung müssen die Versicherungsträger besonders berück⸗ schtig⸗ werden, denn hier handelt es sich um die Beiträge der sermsten des Volkes. Die Versicherungsträger sind nicht einmal von der Grunderwerbssteuer befreit. Der Aufwertung der Renten der Invalidenversicherung haben wir gern v.S.. Nach Vor⸗ legung der Novelle zum Unfallversicherungsgesetz werden wir besonders u prüfen haben, mit welchen fremden Ausgaben die Krankenkassen Felastet sind. Die Ferech hae der Sonderkassen läßt sich nicht be⸗ streilen, aber an dieser Stelle verdienen doch auch die Ortskranken⸗ kassen lobend erwähnt zu werden. Sie haben sich um die Volks⸗ gesundheit sehr verdient gemacht, und man sollte doch Bedenken haben, die Zersplitterung durch Sonderkassen allzuweit zu treiben. Der Redner lehnt die Bestrebungen auf schematische Sozialisierung des Heilwesens ab und bemerkt, daß darin eine große Gefahr für das gesamte Heilwesen wie für die Aerzteschaft liege. Auch die Krankenkassen bedürfen einer bestimmten Bewegungsfreiheit. „Eine Senkung der Beiträge gegenüber den heute erforderlichen höheren Leistungen ist sehr schwieri Der Redner bittet das Arbeits⸗
jierig. 1 — ministerium für baldige allgemeine Durchführung der Versicherung
4 *
. . 8
der Fee zu sorgen. Im Ausschuß werden wir alle Fragen eri und mit großem Wohlwollen prüfen. (Lebhafter Vei⸗ all rechts. —
Abg. Schneider⸗Berlin (Dem.) kritisiert scharf die geringen Rentenleistungen der Angestelltenversicherung und begründet einen Antrag auf Vorlegung eines Gesetzentwurfs, betr. Abänderung des Angestelltenversicherungsgesetzes dahin daß bei solchen Versicherten, die ihre Wartezeit abgekürzt haben, der als Prämienreserve ein⸗ gezahlte Kapitalbetrag bei der Rentenfestsetzung angemessen berück⸗ sichtigt wird.
Damit ist die allgemeine Aussprache über die Sozial⸗ versicherung geschefsen. Ueber die Entschließungen wird in dritter Lesung abgestimmt werden. b 8
Zum Abschnitt 882-. begründet die
Abg. Schröder⸗Schleswig⸗Holstein (Soz.) einen Antrag auf Erhöhung der der Wochenhilfe und henitterwoehenchih. ferner auf Herausnahme der Wochenfürsorge aus der Fürsorgepflicht⸗ verordnung, Wiederübernahme auf das Reich und schließlich auf Vor⸗ legung des Washingtoner Abkommens, befr. die Beschäftigung der Frauen vor und nach der Niederkunft, zwecks Ratifiziewung durch den Reichstag. Reichsarbeitsminister hat sich leider auf den Standpunkt des Reichsrats gestellt, der das Washingtoner Abkommen 8e gs (Hört, hört! links.) Bedenken werden vor allem gegen die Feh ung der Wochenhilfe während der sechswöchigen Arbeitspause der
jederkunft vorgebracht. Das verträat sich doch nicht mit den Klagen über den zurückgehenden Geburtenüberschuß. Erschütternd sind die Zahl der Totgeborenen und der im ersten Jahr gestorbenen Kinder. Dazu kommt die große Zahl von statistisch nicht zu erfassenden Früh⸗ geburten durch Fvauen, die in der Industrie beschäftigt sind. Die Vorgesetzten, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sollten sich den Schwangeren gegenüber rücksichtsvoller und würdiger benehmen. Diese Forderung wird von dem Textilarbeiterverband besonders hervor⸗ gban Der jetzige Etat zeigt uns die Möglichkeit, Mittel dafür ereitzustellen, daß eine gesunde Genevation heramwächst.
Ministerialdirektor Grieser sagt zu, daß das Washingtoner Abkommen, soweit es die Wochenhilfe und Wochenfürsorge betrifft, dem Reichstag demnächst zugehen wird. Bei den Ländern wird das Reichsarbeitsministerium entsprechende Vorstellungen bezüglich Ver⸗ besserung der Wochenhilfe erheben. Die Loslösung der Wochenhilse von der Wochenfürsorge erscheint abwegig “ 8
Abg. Elße von Sperber (D. Nat.) spricht ebenfalls für den Ausbau der Wochenfürsorge, hält aber eine einheitliche Regelung für Stadt und Land nicht für durchführbar, sondern eine Differenzierung für geboten. (Widerspruch und Lärm bei den Kommunisten.) Das ergebe sich schon aus den besonderen Verhältnissen, unter denen die Frauen auf den landwirtschaftlichen Gütern arbeiten. b
Abg. Dr. Marie Lüders (Dem.) tritt der Vorrednerin ent⸗ gegen. Auf dem Lande würden die Frauen zum Teil, mit den für sie allerungeeignetsten Arbeiten beschäftigt, wodurch die Gefahr der Früh⸗ und Totgeburten erheblich gesteigert werde. Es habe keinen Sinn und Verstand, wenn die Regierung und das Arbeitsministerium von Bevölkerungspolitik sprechen und nicht den Willen haben, die Grund⸗ lagen für die Aufzucht einer gesunden Bevölkerung zu schaffen und die dafür erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen. Die Be⸗ timmungen über die Wochenhilfe gehörten durchaus in das Fürsorge⸗ Flichtgeset; hinein, hoffentlich daure es nicht mehr lange, bis auch der
eichsarbeitsminister sich zu dieser Ueberzeugung durchgerungen habe. (Beifall bei den Demokraten.) Abg. Martha Arendsee (Komm.) Frau von Sperber scheint die Auffasfung jener Landfrauen zu teilen, die, wie es tatsächlich vor⸗ gekommen ist, hochschwangere Landarbeiterinnen nicht nur aus der Arbeit, sondern auch aus der Wohnnug hinauswerfen ließen. (Rufe rechts: Wol Wo!) Wir verlangen die Erhöhung des Reichsfonds für die Wochenhilfe auf 150 Millionen, wir fordern aber auch freie
1
Hebammenhilfe, die Erhöhung des Beitrages für notwendige An⸗
chaffungen der Wöchnerin auf 100 Mark und entsprechende Erhöhung aller sonftigen für die Wochenfürsorge vorgesehenen Beihilfen.
Im Schlußwort stellt Abg. Hoch (Soz.) als Berichterstatter fest, daß auch hier wieder die Kommunisten schablonenhaft und ins Blaue hinein ungemessene Erhöhungen der Ausgaben verlangen, ohne nach der Möglichkeit der Deckung zu fragen. .
Auf Antrag der Abgeordneten Christine Teusch (Ztr.) wird die Entschließung der Sozialdemokraten gegen den Widerspruch der Antragsteller an den Ausschug verwiesen. Die vom Hauptausschutz “ Entschließung, die die beschleunigte Vorlegung eines ausreichenden Er⸗ höhung und zweckmäßigen Lastenverteilung der Wochenhilfe und Wochenfürsorge verlangt, wird mit großer Mehrheit an⸗ genommen. Der Antrag der Kommunisten auf Erhöhung der Etatpositionen von 20 auf 150 Millionen Mark wird gegen die Stimmen der Kommunisten abgelehnt.
Beim Kapitel „Sozialpolitik und Volks⸗ wirtschaft im allgemeinen und Arbeiter⸗ sch utz“ wird zunächst die Angelegenheit des Internationalen Arbeitsamts besprochen. Hierzu beantragt der Ausschuß eine Ensschn hung. worin die Reichsregierung ersucht wird, auf volle Gleichberechtigung Deutschlands innerhalb des Inter⸗ nationalen Arbeitsamts mit allen Kräften hinzuwirken, ins⸗ besondere dafür zu sorgen, daß auch die Sprache als Amtssprache zugelassen wird. Der rückständige Anteil des Deutschen Reichs an den Unterhaltungskosten des Inter⸗ nationalen Arbeitsamts kann in der Annahme des geforderten Entgegenkommens des Internationalen Arbeitsamts bis zur vollen Höhe nachgezahlt werden. b 8
Abg. Lambach (D. Nat.) erklärt sich gegen die Beteiligung des Reiches an dem Internationalen Arbeitsamt, das ebenso wie das Washingtoner Abkommen ein Bestandteil des Versailler Schand⸗ vertrages sei. Nach den Satzungen des Internationalen Arbeits⸗ amtes entsenden die 56 Staaten des Völkerbundes je nur vier Ver⸗ treter in das Amt, Arbeitgeber⸗ und Arbeitnehmervertreter. Die weitaus meisten der letzteren sind nun Soizaldemokraten. Wir erleben jetzt bei uns den Zusammenbruch der soziademokratischen Ideen. Wir verlangen von der Regierung, daß die marxistische Ver⸗ sretung der deutschen Interessen im Internationalen Arbeitsamt abgeschafft wird. Leiter des Internationalen Arbeitsamtes ist mit einer bezeichnenden Geste gegen Deutschland der ranzösis Munitionsminister Thomas geworden. Von den 236 Angestellten des Internationalen Arbeitsamtes sind mur sechs Deutsche. Das ist die Gleichberechtigung Deutschlands! Die deutsche Sprache ist nicht als Amtssprache anerkannt worden. Solche Forderungen hätten beim Eintritt in das Internationale Arbeitzamt mit Erfolg vertreten werden können, aber der damalige sozialdemokratische Minister
Schlicke ist mit vollen Segeln hineingegangen (Zwischenruf links). Es würde gar nicht schaden, wenn die Sozialdemokraten in natio⸗
naler Beziehung ebenso empfindlich wären wie die Deutschnationalen (Heiterkeit). Im Internationalen Gerichtshof, der als letzte Instan üiber Beschwerden Anes Staates entscheidet, ist Deutschland gar nich vertreten. Bei der Lösung der Frage des Eintritts Deutschlands in den Völkerbund muß auch die grundsätzliche Stellungnahme Jun, Internationalen Arbeitsamt Prlaft werden. Vor allem muß dur gesetzt werden, daß auch das Deutsche als Amtssprache anerkannt umd die Gleichberechtignug Deutschlands sichevgestellt wird. muß ein sachverständiger Spetglist Deutschlonds in Genf zugelasser Wir treten im Gefühl der nationalen Würde dafür ein daß die Beiträge Deutschlands für das nternationale Arbeitäine. nachgezahlt werden, da wir jetzt im guten Gelde zahlen können. Abe⸗ wir stehen der vähe internationalen Organisation mit Mißtraue
werden.
gegenüber; wir müssen dafür sorgen, daß wir durch die besten Kräfte in Genf vertreten sind. (Beifall rechts
Abg. Lemmer (. ) 9' Rückzug decken, nachdem er früher einen ganz andern Standpunkt ei⸗ genommen hat. Früher wollten die Deutschnationalen die deut Zahlungen für das Internationale Arbeitsamt streichen. v solcher Antrag wiederholt, so könnten wir es abermals, wie geste
““
fondern auch
spricht den
m.): Herr Lenbach wollte sich nur den
Würde
erleben, daß die Deutschnationalen gegen thren elgenen Antrag stmmen. Es wäre erwünscht, wenn die deutsche Politik aktiver als bisher im Rahmen der internationalen Arbeiterorganisation erscheint. Man sollte nicht bloß auf die Arbeiteszeit in Amerika Lhinweisen, — Hauf andere Erscheinungen. Wenn man die Schäden der Ruhrindustrie heilen will, was will man zur Heilung der durch den passiven Widerstand und die Verhältniss . schadigten Arbeitskraft tun? (Abg, Schultz⸗Bromberg [D. Nat.j: Das war doch Eure Regierung!). Dem Zentrumsantrag, die rück⸗ Se Beiträge zur Internationalen Arbeitsorganisation in einem achtragsetat einzufordern, zugleich aber auf volle Gleichberechtigung Deutschlands innerhalb der Internationalen Arbeitsorganisation mit allen Kräften hinzuwirken, insbesondere dafür zu sorgen, daß auch die deutsche Sprache als Amtssprache zugelafsen wird, werden wir zu⸗ stimmen. Sachlich besteht gewiß eine Berechtigung, diese Sachen als eine Einheit zu betrachten, ich warne aber davor, von einer bestimmten Frage aus die ganze Sache unwirksam zu machen. Die Internationale Arbeitskonferenz muß darauf hinweisen, daß die Reparationspolitik praktisch in der Zukunft ihre Grenzen zu finden hätte, wenn sie nur noch durchführbar wäre auf Kosten der deutschen Sozialpolitik. Es muß heißen: „Erst Brot, dann Reparationen“. Wir sind gern bereit, alle Maßnahmen zu unterstützen, die dazu führen, die sozialpolitischen Fragen der europäischen Industrievölker in einer Einheit zu behandeln. Damit wird der deutschen Sache ein Dienst erwiesen werden. Abg. Schlicke .“ Der
2— bg. Lambach hat durch seine Ausführungen nur bewie
en, daß er die ichte der Inter⸗
nationalen Arbeitevorganisation und des Genfer Arbeitsamts nicht
vollständig beherrscht auch über die Rolle der Gewerkschaften gegen⸗ über dieser Einrichtungen nicht ganz im Bilde ist. Herr Lambach
sozialdemokratischen Gewerkschaften die “ chaften ab und fordert eine „erstklassige“ Vertretung Deutschlands im Internationglen Arbeitsamt; nun mit politischen Führern wie Ludendorff und ähnlichen können wir es immerhin nicht aufnehmen. Die Angriffe, die man geen den Vorsitzenden des Amts, den Fran⸗ osen Thomas, gerichtet hat, sind haltlos (Widerspruch rechts); er hat sich alle Mühe gegeben, den Deutschen entgegenzukommen, an seinem guten Willen ist nicht zu zweifeln. Wenn man die Gleich⸗ berechtigung der Deutschen fordert, darf man nicht gleichzeitig die Zahlung der Beiträge verweigern. Der Abg. Lambach hat auch auf Unstimmigkeiten in der Uebersetzung der Artikel, betr. die Internationale Arbeiterorganisation, vionikesen⸗ Nach den Er⸗ fahrungen aus meiner Ministerzeit haben sich solche Unstimmigkeiten zurch Verständigung auf kommissarischem Wege leicht er. ledigen lassen. Im Internationalen. Arbeitsamt wird die Parität dürchaus gewährt, die Arbeiterschutzpolitik wird dort von einem Deutschen, einem früheren Gewerkschafter bearbeitet. Parteiisch wird also keineswegs verfahren. Die Auswahl der ge⸗ eigneten Kräfte ist begreiflicherweise äußerst schwierig. Die Bei⸗ träge für 1920 und 1921 sind bezahlt, erst 1922 blieben wir si schuldig; ich weiß nicht, wo das dafür verantwortliche Karnickel sitzt; vielleicht ist auch das Auswärtige Amt nicht ganz unschuldig daran; daß wir 1923 in der Inflationszeit überhaupt zahlungsunfähig waren, bedarf keines Nachweises. Wir sind damit “ daß an die Stelle der Ausschußentschließung auch der Antrag des Zentrums tritt.
Abg. Stegerwald (Zentr.): Nach unserm Antrag sollen die rückständigen Beiträge durch Nachtragsetat angefordert werden, bei der Zahlung aber zugleich die Gleichberechtigung für egehe und die Zulassung des Deutschen als Amtssprache energisch reklamiert werden. Hoffentlich bringt das Amt für diese Ansprüche der 80 Mil⸗ lionen Deutscher das nötige Verständnis auf.
„Hierauf wird die Beratung abgebrochen. Präsident Löbe teilt mit, daß der Abgeordnete Bauer (Soz.) das Mandat niedergelegt hat.
Nächste Sitzung, Sonnabend 1 Uhr (Kleinere Vorlagen, Anträge, Fortsetzung der Beratung des Haushalts des Arbeits⸗ ministeriums). 11
Schluß 7 Uhr.
Prreeußischer Landtag. 12. Sitzung vom 6. Februar 1925, Mittags 12 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)
Die heutige Sitzung des Preußischen Landtags wurde gegen 1 ¼ Uhr vor spärlich besetztem Hause eröffnet, da die meisten Abgeordneten noch durch die Faktionssibungen zurückgehalten waren.
Vor Eintritt in die Tagesordnung verwahrte sich der Abg. Paul Hoffmann (Komm.) gegen den in der Donnerstag⸗ sitzung vom Abg. Kuttner (Soz.) erneut erhobenen Vorwurf der Kinderausbeutung werkschaftsblatt bereits die Unrichtigkeit des Vorwurfs zugegeben habe.
Der Forderung der Kommunisten, ihren Antrag auf Auf⸗ hebung des Landtags sowie den weiteren Antrag auf Ent⸗ eignung des Saganschen Lehnfideikommisses sofort zu behandeln, wird nicht stattgegeben.
Das Haus tritt darauf in die Tagesordnung ein, auf der als erster sit die Beratung des Antrags der Deutschen Volkspartei steht über die Verseuchung der Wohnungen in der Gemeinde Hohenneuendorf durch den hohen Grundwasserstand.
Abg. Held (D. Vp.) begründet den Antrag, in dem gefordert wird, daß sofort ausreichende Mittel zur Verfügung gestellt und alle geeigneten Maßnahmen getroffen werden, um so schnell als möglich die unhaltbaren und gefährlichen Zustände in Hohenneuendorf end⸗ süns zu beseitigen. Im Ortsteile Süd ständen alle Keller voll⸗ tändig unter Wasser. Die einzige Möglichkeit der radikalen Befeitigung des Uebels läge in der Schaffung einer geregelten Entwässerung. Die Gemeinde sei aber nicht in der Lage, diese Mittel von sich aus aufzu⸗ bringen, deshalb müsse der Staat helfen. 1 1
Abg. Dörr (Komm.) verlangt, daß Spekulationsgewinnler von den Hilfsmaßnahmen ausgeschlossen würden. 1
Abg. Krüger⸗Brandenburg (Soz.) tritt für den Antrag ein und fordert, daß nicht nur das Gelände verbessert wird, sondern auch die Häuser und daß die Bewohner der Häuser eine angemessene Ent⸗ schädigung erhalten. “
Nachdem noch die Abgg. Hürtgen (D. Nat.) und Wiglow (Dem.) für baldige Hilfe sich eingesetzt hatten, wird der Antrag dem Hauptausschuß überwiesen.
Der sozialdemokratische Antrag: das Staatsministerium zu
ersuchen, den Schutz der Minderheiten auf dem Gebiete des Schulwesens im Sinne des Erlasses des Kultusministeriums vom 31. Dezember 1918 in den Gebieten Preußens bis zum 1. April 1925 zurückzuführen, wo der Schutz der Minderheiten nicht vertragsrechtlich geregelt ist, geht ohne Aussprache an den Unterrichtsausschuß.
Hierauf begründet der b lbg. Oelze (D. Nat.) en Urantrag seiner Fraktion auf Ein⸗ richtung von Begabtenklasffen zum Uebertritt in die höhere Schule nach dreijährigem Besuch der Grundschule. Es sei zu verlangen, daß unter grundsätzlichem Festhalten an der vierjährigen Grundschule durch Ministeriale laß in möglichst weitem Umfange Versuche zugelassen würden, die innerhalb der Grundschute durch Ein⸗ richtung von Begabtenklassen oder anderen Maßnahmen begabten körperlich und seelisch gesunden Schülern und Schülerinnen aller Volksschichten die Möglichkeit gewähren, nach drei Jahren in die höhere Schule überzutreten. Besonders sprächen auch gegen einen Zwang auf vierjährigen Besuch wirtschaftliche Gründe. Für die Beamtenschaft und für den Mittelstand sei es unerträglich, wenn ein
e des Jahres 1924 ge⸗
Hoffmann weist darauf hin, daß auch ein Ge⸗
Jahr der Ausbildung mehr verlangt würde, wo es nicht erforderlich sei. Seine Parter fordere auch in dem Antrag ferner, auf die Reiche⸗ regierung mu Nachdruck in dem Simne einzuwirfen daß baleiost durch eine Novelle zum Grundschulgesetz solche verluchsweise getroffenen
WI zur Förderung Begabter allgemem eingerührt werden
Mit der Besprechung verbunden wird der weitere deutsch⸗ nationale Antrag,. dafür Sorge zu tragen, daß der für einzelne Kinder oder für Kinder mehrerer Familien gemeinsame Privat⸗ unterricht grundsätzlich auch an Privatschulden erteilt werden
dürfe.
Abg Königg (Soz) bekämpft den Antrag und die Ausführungen des deutschnationalen Redners. Das Ziel sei, die alte Stankdes⸗ vorschule wieder einzuführen, seine Partei werde das nie mitmachen.
Abg. Grebe (Zentr.) legt den Standpunkt seiner Fraktion zur Frage dar und empfiehlt beide Anträge dem Unterrichtsausschuß zu überweisen. 8
„Abg. Anny von Kulesza (D. Vp.): Schnelle und unparteiische
Peltsg dieser Frage im Unterrichtsausschuß wünschen auch wir ringend. 8
Abg. Kerff (Komm.): Die Herren von der Rechten vertreten
Inach wie vor die engherzignen Klasseninteressen der Bourgeoisie. Die
Grundschule ist ihnen verhaßt obwohl sie eigentlich auch einen reak⸗ tionären Charakter trägt, der durch die Entwicklung der letzten Jahre in vielen Gemeinden noch verschärft worden ist, zumal vielfach das alte Abhängigkeitsverhältnis der Schulleiterschaft von den besitzenden Klassen unverändert fortbesteht. Der Antrag der Deutschnatronalen bat vornehmlich den Zweck, aus dem Proletariat die daselbst vor⸗ handene Intelligenz auf dem Wege der Auszese der Begabten beraus⸗ zuholen und in den Dienst der Bourgeoisie einzuspannen. (Lachen rechts.) Wir lehnen beide Anträge ab
Abg. Dr. Bohner (Dem.) stellt sich dem Antrage freundlich Cis schber und erwartet von der Ausschußberatung ein günstiges Er⸗ gebnis.
Abg. Schwenk⸗Oberhausen (Wirtschaftl. Vereinig.) stellt sich grundsätzlich auf den Boden der Forderung, wirklich Begabten den Zutritt zur höheren Schule schon nach drei Jahren zu ermöglichen. Die Vorschule dürfe aber auf diesem Wege nicht wiedereingeführt eer Angesichts dieser Gefahr sei er für Ablehnung beider An⸗ räge.
Im Schlußwort hält Abg. Oelze (D. Nat.) dem Abg. Grebe entgegen, daß diejenigen Eltern. die schon zu Ostern sich über die Schulzuweisung ihrer Kinder schlüssig machen müssen, nicht auf die „Erfahrungen“ mit der Grundschule warten können. Bei dem Abg g sei nur dogmatische Voreingenommenheit zum Ausdruck ge⸗ ommen.
Die Anträge gehen an den Ausschuß für das Unter⸗ richtswesen.
„Damit ist die Tagesordnung erledigt. Der Präsident schlägt vor, die nächste Sitzung Dienstag, den 10. Februar,
achmittags 2 Uhr, abzuhalten, mit der Tagesordnung, Wahl des Ministerpräsidenten, endgültige Wahl des Präfidiums.
Der Antrag des Abg. Sobottka (Komm.), Sonnabend
11 Uhr den Antrag der Kommunisten, betr. die Einführung der siebenstündigen Arbeitszeit ab 1. März auf den Bergwerken unter Tage, der achtstündigen über Tage, zu beraten, wird gegen die Stimmen der Kommunisten abgelehnt.
Schluß 2,35 Uhr.
Parlamentarxrische Nachrichten.
Im Haushaltsausschuß des Reichstages verlangten gestern bei der Beratung des Etats des Reichsverkehrs⸗ ministeriums bE die Vertreter aller Par⸗ teien, mit Ausnahme der Kommunisten, daß die Reichsregierung dafür sorgen solle, daß die bei der Beratung des Reichsbahngesetzes und des Reichsbahnpersonalgesetzes regierungsseitig gemachten Zusagen erfüllt und die neue Personalordnung der Reichsbahn dem Reichstag zur
setzlichen Verabschiedung unterbreitet wird. Demgegenüber verlas
er Reichsverkehrsminister Krohne laut Bericht des Nachrichten⸗ büros des Vereins deutscher Zeitungsverleger ein Schreiben des süiheren Staatssekretärs im Reichsverkehrsministerium, jetzigen tellvertretenden Generaäldirektors der Reichsbahngesellschaft Vogt
worin bestritten wurde, daß die Reichsregierung seinerzeit eine der⸗ artige Zusase. u“ habe. Dies hätte sonst durchaus mit der Tat⸗ sach in Widerspruch gestanden, daß nach § 22 des Reichsbahngesetzes ie v von der e zu erlassen ist und in diesem Gesetz dem Reichstage in keiner Weise ein Recht zur Mitwirkung eingeräumt ist. — Gegen diese Aeußerungen wandten sich die Redner aller Parteien. Abg. Dietrich⸗Baden (Dem.) wies darauf hin, daß Heser überhaupt nicht zusagen konnte, den international ge⸗ bundenen § 24 zu ändern, sondern nur zugesagt hat und zusagen konnte, die zu erlassende Personalverordnung mit den Beamten⸗ organisationen zu beraten. s ist denn auch geschehen. Um also aller Legendenbildung vorzubeugen, daß Herr Oeser an der heutigen ungünstigen Lage der Lfinse schuldig sei, sei hier fest⸗ G daß der ehemalige Reichseisenbahnminister die Zusagen, ie er nicht gehalten haben soll, nicht gemacht hat, daß er aber das, was er zugesagt hat, gehalten hat. Wenn die Abgeordneten, die Oeser angriffen, jetzt erklärten, sie verlangten nur Vorlage der um sie zu besprechen und auf Aenderung zu drängen, 0 sest dem nichts im Wege. Im übrigen ist der Generaldirektor Oeser über alle Zweifel an seiner Beamtenfreundlichkeit erhaben. — Abg. Groß (Zentr.) blieb enzgegen der Auffassung des Vertreters der Reichsregierung bei seiner Darlegung, daß ein Versprechen auf Vorlage der Personalordnung an den Reichstag durch die damaligen Vertreter des Reichsverkehrsministeriums vorliege. — Abg. Schuldt⸗Steglitz (Dem.) vertrat den Standpunkt, daß die Per⸗ L“ der Reichsbahn als innerdeutsches Gesetz vom Reichstag geändert und ergänzt werden könne. Solche Ergänzungen seien notwendig und würden in einem demokratischen Antrag ge⸗ fordert, der baldigst beraten werden müsse. Das Einspruchsrecht des Reichsverkehrsministeriums gegen die Dienstbezüge der unteren und mittleren Beamten dürfe schon aus wirtschaftlichen Gründen nicht bestehen bleiben. Das Petitionsrecht musse dem Personal unbe⸗ schränkt erhalten bleiben. Zur Auskunfterteilung müßten Beamte der Reichsbahngesellschaft als Kommissare des Reichsverkehrs⸗ ministers vor dem Reichstag erscheinen. — Ministerialdirektor Gutbrod gab einen Ueberblick über ven egenmärtiger Stand des rollenden Materials der Reichsbahn und betonte, daß das Reichsverkehrsministerium die Reichsbahn um Vorlegung eines Pianes über die künftige Beschaffungspolitik ersucht habe. —
inisterialdirektor Vogel führte aus, daß die Arbeiterpensions⸗
kasse B infolge der Inflation ohne Mittel sei und daß die Schwierig⸗
keit ihrer Lage noch nicht behoben wäre. Der Abbau von Begmten
die im Regiedienst gestanden hätten, könnte nicht grundsätzlich unterbleiben. Diese Beamten seien insofern besser daran gewesen, als sie länger als ihre Kollegen im unbesetzten Gebiet vom Abbau verschont geblieben seien. Nunmehr erfordere es die Gerechtigkeit und die Notwendigkeit der Erfüllung des Abbausolls, auch hier den Abbau durchzuführen. Gegen die Gewährung von Ausgleichszulagen
an Arbeiter, die im Regiedienst gestanden hätten, spräche der Um⸗ stand, daß diese zum größten Teil höher gelöhnt gewesen seien als im Reichsbahndienst. seien längst nicht alle Arbeiter im Regiedienst gewesen, sondern viele seien ausgewiesen und viele wären erwerbslos. Gegenüber diesen wäre es unangebracht, wenn man den ehemaligen Regiearbeitern noch Zulagen gewähren wollte. Das Petitionsrecht der Beamten, Angestellten und Arbeiter bestehe an sich fort, jedoch habe die Regierung nicht die Möglichkeit, von der Reichsbahngesellschaft eine Auskunft über die zu treffenden Fälle u erzwingen. — Abg. Schmidt⸗Stettin (D. Nat.) betonte, die Peantten hätten auf die Zulagen im Interesse der Allgemeinheit ver⸗ zichten müssen und wünschte Auskunft über die Vergütung des Ver⸗ waltungsrates. Er habe nicht dem Generaldirektor Oeser einen
Wortbruch vongeworfen, sondern die Sache im ganzen sei ein Wortbruch gegenuver dem Ausschuß. — Emn Vertreter des Finanzministeriums teilte mit, daß die Verwartungsrats⸗ mitglieder der Reichsbahngeseuschaft jäahrtich zehntausend Mark bekamen; außerdem erhielten die Mitglieder des Arbeitsausschusses sowie die Muglieder des Präsidiums, wie üblich, einen angemessene Zuschlag für ihre besondere Mühewaltung, dessen Hohe der Redner auf einen Zuruf hin etwa auf den gleichen Betrag von zehntausend — Ein Vertreter des Reichsverkehrs⸗ ministeriums führte bezüglich der Kleinbahnbauunterstügungen aus, daß diesbezüglich bisher nur Anträge von zwei Seiten vorlägen, für deren Erfüllung der vorgesehene Betrag ausreiche. — Hierauf wurde über eine große Anzahl von Anträgen abgestimmt, die gegen die Kommunisten angenommen wurden und in einer gemeinsamen Entschließung zusammengefaßt werden, die dem Ausschuß morgen vorgelegt wird. Bei der Einzelberatung wurde ein Antrag, den Klennbahnenbau⸗Unterstützungsfonds auf zehn Millionen (anstatt wei Millionen) festzusetzen, trotz Widerspruch des Vertreters des inanzministeriums angenommen. Die Besprechung des Herner Unglückes wurde auf heute vertagt; daran soll sich die Beratung des Justizetats anschließen, 8 — Im Auswärtigen Ausschuß des Reichstags wurde gestern das deutsch⸗siamesische vorläufige Wirtschaftsabkommen behandelt. Von Regierungsseite wurde dem Nachrichtenbüro des Vereins deutscher Zeitungs⸗ verleger zufolge hierzu ausgeführt, daß durch den Abschluß eines vorlaufigen, zunächst zwei Jahre laufenden Wirtschaftsabkommens den deutschen Industrie⸗, Handels⸗ und Wirt gestseettn die Möglichkeit einer ungehinderten Betätigung in Siam verschaf werden soll. Siam andererseits wünsche völlige Gleichstellung mit den fremden “ und erstrebe daher, in erster Linie die Justiz⸗ See über alle Fremden und die Freiheit, seine Zölle nach Be⸗ ieben festsetzen zu können, was ihm die zum Teil noch bestehenden alten Verträge mit fremden Mächten zurzeit noch verbieten. In dem deutsch⸗namesischen Wirtschaftsabkommen wurde die Meist⸗ begünstigung in den Fragen der Ein⸗ und Ausfuhrverbote, der Ein⸗ und Ausfuhrzölle, des Ein⸗ und Auslaufens von Schiffen, des Schutzes gewerblicher Eigentumsrechte sowie in Fragen der Bestellung von Konsularbeamten und der ihnen einzuräumenden Rechte zugestanden. In allen anderen Fragen, insbesondere der inneren Besteuerung usw., sind deutsche Reichsan ehörige den Siamesen gleichgestellt. Die diplomatischen Se will Siam erst nach Inkrafttreten des Abkommens wieder aufnehmen; es hat jedoch für die Zwischenzeit eine vorläufige diplomatische Sondermission zugelassen. Der Auswärtige Ausschuß empfahl dem Plenum des Reichstages das deutsch⸗siamesische Wirtschafts⸗ abkommen zu ratifizieren und ersuchte die Reichsregierung in einer bei weiteren Verhandlungen den Grundsatz der Unantastbarkeit des Privateigentums im Bereiche der Wirkung des Versailler Vertrages zu wahren. Ferner ersuchte der Ausschuß die Reichsregierung bei den noch bevorstehenden Verhandlungen mit Siam dafür Sorge zu tragen, daß der Ueberschuß des Liquidations⸗ erlöses und die aufgelaufenen Zinsen des Liquidationserlöses Were Schadloshaltung der enteigneten Siamdeutschen aus⸗ händigt werden. — Der Reichstagsausschuß für die Handelsverträge setzte in seiner gestrigen Sitzung die all⸗ gemeine Aussprache über den deutsch⸗spanischen andelsvertrag fort. Die Beratung hat bisher eine Klä⸗ rung der Haltung der Parteien nicht erbracht. Nachdem die Ver⸗ treter des Reichsaußenministers, des Reichswirtschaftsministers und des Reichsfinanzministers die Annahme des Vertrages warm befürwortet hatten, erwiderte der Reichsernährungs⸗ minister auf eine aus dem Ausschuß an ihn gestellte Frage, daß er den Vertrag für den Weinbau „für ruinös und katastrophal“ halte. In einer späteren Rede schränkte er dieses Urteil durch den Zusatz „auf die Dauer“ ein. Im einzelnen kamen zu Worte die Abgeordneten von Richthofen (D. Nat.), Hildebrandt (Soz.), Rosenberg (Komm.), Meyer (Dem.). Ein Antrag Dr. Reichert (D. Nat.), mit Rücksicht auf die Dringlichkeit der Vorbereitung des neuen deutschen Zolltarifes und mit Rücksicht auf die laufenden Handelsvertragsverhandlungen die Veröffent⸗ lichung der amtlichen Außenhandelsstatistik für 1924 möglichst zu beschleunigen, wurde angenommen. — Abg. Meyer (Dem.) er⸗ rein sachlichen Gesichtspunkte zu beurteilen gewohnt seien, daß es aber doch höchst bedenklich sei, wenn etwa eine Teilung der politi⸗ 82. Arbeit so vorgenommen werde, daß ein Teil des Reichstags ie Macht habe und der andere Teil die Aufgabe, unpopuläre Re⸗ gierungsvorlagen durchzubringen und vor den Wählern zu ver⸗ treten. Deshalb müsse sich die Demokratische Partei für 222 Ab⸗ simmung, auch über den deutsch⸗spanischen Handelsvertrag, volle reiheit vorbehalten. Redner über die erhebliche politische und E Bedeutung des Vertrages und die Gefahren eines Zollkrieges, insbesondere auch vom Standpunkt der Aus⸗ landsdeutschen, der verarbeitenden Industrie, des Exporthandels und der Arbeiterschaft aus gesehen. Der Rechtsausschuß des Reichstags beschäftigte sich in seiner gestrigen Sitzung mit den Anträgen M üdfer⸗ Franken (Soz.), Schiele (D. Nat.) und Thälmann (Komm.) auf Erlaß eines Gesetzes über Straffreiheit für poli⸗ tische Straftaten. Abgeordneter Schulte (Zentr.) äußerte rundsätzliche Bedenken gegen eine allgemeine Amnestie, die die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden lähmen müßte. Von Einzelgnadenbeweisen sei im Reiche und in den Ländern ausgiebig Gebrauch gemacht worden in einer Weise, die weit über das hinausgehe, was vor dem Kriege üblich gewesen sei. — Abgeord⸗ neter Rießer (D. Vp.) betonte, daß er einer allgemeinen Amnestie ablehnend gegenüber stehe, und verwies ebensalls auf den Weg der Einzelgnadenbeweise. — Abgeordneter Lohmann⸗ Altona (D. Nat.) würdigte die grundsätzlichen Bedenken gegen eine allgemeine Amnestie, doch sei es im Hinblick auf die Amnestierung der Separatisten und die Zusagen beim “ wert, eine Amnestie zuzulassen. — Abgeordneter Wegmann (Zentr.) schloß sich den Ausführungen des Abgeordneten Schulte an. — A . Dr. (D. Nat.) betonte insbesondere im Falle Lüttwitz die Notwendigkeit, die Angelegenheit durch eine Amnestie aus der Welt zu schaffen. — Abg. Levi (Soz.) wandte 8 dagegen, daß für einen General, der nicht den Mur gehabt
nen daß die Demokraten zwar die wirtschaftlichen Fragen vom
abe, vor einem Gerichte für seine Tat einzutreten, eine besondere Amnestie geschaffen werde. — Abgeordnete Dr. Marie Lüders (Dem.) wies daraufhin, daß der damalige Reichsjustizminister vor dem Staatsgerichtshof ausgesagt habe, daß eine bindende Er⸗ klärung nicht abgegeben worden sei. — Abgeordneter Dr. Kahl (D. Vp.) erklärte, daß er trotz seiner grundsätzlichen Stellungnahme egen die Amnestie doch mir Rücksicht 8 die Begnadigung der eparatisten für eine Amnestie sei. — Ministerilarat Werager teilte mit, daß die Reichsregierung bei den Ländern wegen einer Amnestie Rückfragen gehalten habe; mit Ausnahme eines kleineren Landes sei eine 153 Haltung eingenommen worden. Preußen habe noch nicht geantwortet. Sobald die Antwort vor⸗ liege, werde die Reichsregierung Stellung nehmen. — Abgeordneter Geschke (Komm.) verlangte eine allgemeine Amnestie, auch für
die während des Krieges Verurteilten. — Der Vertreter des
Preußischen Justizministeriums führte aus, daß auf Grund des Reichsgesetzes vom 4. August 1920 zahlreiche Einzel⸗ begnadigungen vorgenommen worden wären, ebenso auf Grund des preußischen Geseßzes vom 26. Juli 1920, durch den von dem preußischen Landtag dafür eingesetzten Ausschuß. Im ganzen sei in Preußen in 8600 Fällen Begnadigung gewährt worden. Straffälle, welche nicht unter die in den vorliegenden Amnestie⸗ anträgen aufgeführten eingereiht werden könnten, seien jedenfalls in Preußen sehr wenig vorhanden. — Der Ver⸗ treter der Baherischen Justizverwaltung stellte fest, daß im Jahre 1919 im Zusammenhang mit der Räterepublik im ganzen 2209 Personen verurteilt worden wären, und zwar 407 u Festungsstrafen. 1737 zu Gefängnisstrafen und 65 zu Zucht⸗ hausstrafen. Die Verurteilungen zu Festungshaft seien eeen vollftändig erledigt worden, darunter zu 75 Prozent auf dem Wege der Begnadigung. Von den 1737 zu Gefängnis Verurteilten sei nur noch eine einzige Person in Strafhaft. Die Str