sich auf den Standpunkt zu stellen: hier ist mein Gesetz, ich gehe meinen eigenen Weg, und ich brauche der Oeffentlichkeit teine Rechen⸗ schaft zu geben. Die Reichsbahn ist ein Institut, zu dem jeder Staats⸗ bürger mehr oder weniger in persönliche Beziehungen tritt; sie steht also im Mittelpunkte des öffentlichen Interesses. Es gibt, wie ein großer Staatsmann einmak gesagt hat, gewisse Imponderabilien, an denen man einfach nicht vorbeigehen kann. Zu diesen Imvonderabilien rechne ich allerdings dieses Moment bei der Reichsbahnfrage in sehr starkem Maße. (Sehr richtig!)
Meine Damen und Herren, auf diese Worte möchte ich mich zunächst bezüglich der Reichsbahn beschränken.
Was die Wasserstraßen angeht, so glaube ich, allgemein mit der Bemerkung begnügen zu daß die Bahnen weiter. zu gehen sein werden, die von den Ländern seinerzeit beschritten worden sind. Die Länder können ja alle auf eine großzügige und wirkungsvolle Wasserstraßen⸗ politik zurückblicken. Es wird auch hier darauf ankommen, die
Zasserstraßenverkehrsmöglichkeiten mit anderen Verkehrsmöglichkeiten, die wir haben neben der Eisenbahn, zusammenzuschalten (sehr wahr!), um überall da, wo es einmal nicht gelingen follte, durch Anwendung des Aufsichtsrechts die Eisenbahn zu einer anderen Tarifgebarung und Tarifgestaltung zu veranlassen, ihr eben auf anderem Wege zu zeigen, daß man mit einem starren Prinzip nichts erreicht daß es auch noch andere Verkehrsmöglichkeiten gibt, die die Reichsbahn sehr stark in ihre Rechnung einstellen muß. (Lebhafte Zustimmung.)
Meine Damen und Herren, erlassen Sie es mir, vor Ihnen ein Wasserstraßenprogramm zu entwickeln. Sie wissen auf Grund von Aeußerungen, die von außen zu uns gekommen sind, daß die Entwicklung eines derartigen Programms Deutungen erfährt, die Tatsachen nicht entsprechen und die wir alle nicht wünschen⸗ Im übrigen ist dieses Programm in seinen großen Zügen so einfach daß es Ihnen allen bekannt ist. Es geht von Osten nach Westen, von Süden nach Norden Es geht weiter dahin, daß wir dafür zu sorgen haben, die Einfalls⸗ und Ausfallstore für unseren Export und Import möglichst leistungsfähig zu machen.
Nun hat der Herr Berichterstatter sehr eingehend über die immer noch ungelöste Frage der Wasserstraßenorganisation gesprochen. Ich werde Gelegenheit haben, in etwas gebundenerer Weise hierzu eine Er⸗ klärung abzugeben, wenn es sich um die Interpellation der Herren Abgg. Dr. Scholz und Dr. Most handelt. Ich habe aber doch auf Grund von Vorgängen, ich möchte beinahe sagen der letzten Tage, Veranlassung, schon jetzt dazu einiges zu sagen. Es mag ja zweifelhaft sein, ob es richtig war, seinerzeit gleichzeitig mit der Eisenbahn die Wasserstraßen auf das Reich zu überführen. Sie sind wesensähnlich, teilweise aber auch wesensfremd. Die Wasserstraße ist mit allen möglichen Landeskulturinteressen verzahnt, mit den Nebenflüssen und was sonst mehr sein mag, während die Fisenbahn auf eingezäunter Straße ihren geraden Weg läuft, ihre eigene Polizei hat usw. Ein solches Institut läßt sich natürlich leicht von den Ländern auf das Reich überpflanzen. Man hat die Wasserstraßen damals im Interesse der Verkehrseinheit auf das Reich übernommen, und hat das auch im Interesse der Länder getan; denn die Wasserstraßenverwaltung ist nun einmal eine sehr große Zuschuß⸗ verwaltung immer gewesen. Die Höhe der Summe, die wir von Ihnen erbitten, ist Ihnen ja bekannt. Nachdem damals die Finanz⸗
gebarung im Verhältnis zwischen Reich und Ländern auf eine voll⸗ ständig andere Grundlage gestellt war, mußte es sehr bedenklich er⸗ scheinen, wenn man von dieser großen Zuschußverwaltung das Reich entlastete und sie bei den Ländern ließ. Mag dem aber sein, wie ihm wolle — jedenfalls ist jetzt ein Moment eingetreten, das uns eingehend beschäftigt: wir haben die Reichsbahn nicht mehr in unserer unmittel⸗ baren Gewalt. Diese Tatsache zwingt uns, alle übrigen Verkehrs⸗ möglichkeiten zentral zusammenzufassen und zu einer gemeinsamen Wirkung zu bringen. (Sehr richtig! rechts.) Dazu gehören nun einmal ganz unbedingt die Wasserstraßen.
Mun hat man gerade vor zwei Tagen in einem großen preußischen landwirtschaftlichen Gremium die Besorgnisse wegen des Verbleibens der Wasserstraßen beim Reich und gegen die Durchführung der Organi⸗ sation so stark bewerten zu müssen geglaubt, daß man zu dem starren Beschluß kam, die Wasserstraßen müßten auf die Länder zurückgebracht werden. Ich möchte die Landwirtschaft in dieser Hinsicht warnen. Denn gerade, wenn es die Ansicht ist, daß wir die Wasserstraße zur Gegenwirkung gegen die Reichsbahn in tarifarischer Beziehung brauchen, dann hat auch die Landwirtschaft ein großes Interesse daran — ich verweise in dieser Beziehung auf die zahlreichen und berechtigten Tarifwünsche der Landwirtschaft, die in den wenigen Tagen meiner Amtsführung schon an mich herangetreten sind —, daß dieses Moment der Gegenwirkung in der Reichshand auch erhalten bleibt. (Sehr richtig! rechts.)
Nun ist gesagt worden: mag es bleiben, wie es jetzt ist; es möge die Zentralverwaltung zwischen dem Reich und den Ländern getrennt bleiben, aber man soll wenigstens nicht weiter organisieren in der Mittel⸗ und Unterinstanz; sonst kommen die Landeskulturinteressen zu kurz.
Wie liegen die Dinge tatsächlich? Zunächst ist mir noch nicht ein einziger Fall bekannt geworden, daß seit Uebergang der Wasserstraßen auf das Reich die Landeskulturinteressen zu kurz gekommen seien. (Sehr richtig!) Ein Fall allerdings ist jetzt vor drei Tagen zum Gegenstand der Erörterung im Verkehrsausschuß gemacht, das ist die Vertiefung der Unterweser. Aber es bedarf nur eines Blickes in den Etat und Sie werden finden, daß im Etat bei dem betreffenden Titel ausdrücklich steht: die Arbeit soll erst in Angriff genommen werden, wenn die Verhandlungen mit den beteiligten Ländern wegen Vermeidung der Schädigung der Landeskulturinteressen abgeschlossen seien. (Hört, hört! bei der Deutschen Volkspartei.) Wo entstehen denn Schädi⸗ gungen der Landwirtschaft und der Landeskultur? Sie entstehen nicht dadurch, daß irgendwo innerhakb der Kompetenz des Oberpräsidenten oder des Wasserbauamts eine Buhne gebaut wird, sondern sie ent⸗ stehen dadurch, daß große Wasserstraßenprojekte durchgeführt werden sollen. Diese großen Projekte aber werden nicht in der Mittel⸗ oder Unterinstanz entschieden, sondern in der Zentralinstanz, wo jetzt schon die Trennung zwischen dem Reichsverkehrsministerium — dem Reich — und den landwirtschaftlichen Ministerien der Länder durchgeführt ist und hier engste Zusammenarbeit stattfindet. Aber es ist doch ein Unding, annehmen zu wollen, daß ein Reichsverkehrsminister es er⸗ tragen könne, sich in Wasserstraßenprojekten zu ergehen und sie ein⸗ seitig durchführen zu wollen, von denen er ganz genau weiß. daß auf der anderen Seite eine Schädigung der Landeskultur eintritt. Meine Damen und Herren, werfen Sie nur einen Blick zurück! Wie ist es
denn im territorial größten Wasserstraßenstaat gewesen, in Preußen?
mich können,
In Preußen hat man, wenn ich nicht irre, seit dem Jahre 1847 die Wasserstraßenverwaltung von der Landeskulturverwaltung ge⸗ trennt, und man hat im Jahte 1872 die Wasserstraßen⸗ verwaltung in den großen Stromgebieten zusammengeschlessen und hat sie unmittelbar dem Oberpräsidenten unterstellt. Bei dieser Trennung ist man sehr gut gefahren. Ich habe einmal nachgeforscht, ob es in den letzten 30 Jahren überhaupt notwendig gewesen ist. daß das Staatsministerium eine Differenz zwischen dem Ministerium der öffentlichen Arbeiten und dem Landwirtschaftsministerium hinsichtlich der Ausführung von Wasserstraßenprojekten hat zum Austrag bringen müssen. Das ist nicht geschehen, in einer Zeit nicht geschehen, in der Preußen alle seine großen Wasserstraßenprojekte durchgeführt hat.
Aber ich bitte, nicht annehmen zu wollen, daß ich die Besorgnisse der Landwirtschaft irgendwie auf die leichte Achsel nehme. Nachdem wir große Gebiete verloren haben und dadurch die Ernährungsbasis im Inlande sa schmal geworden ist, haben wir alle Veranlassung, dafür zu sorgen, daß nichts geschieht, wo⸗ durch die Landeskultur beeinträchtigt wird, und ich darf hier erklären, daß gerade das ja Gegenstand der von mir seit Monaten angebotenen Verhandlung mit den Ländern sein sollte, welche Siche⸗ rung über den Artikel 97, 3 der Verfassung hinaus oder in Aus⸗ führung dieses Artikels den Ländern geboten werden müßte, damit sie die Beruhigung haben, daß ihre Landeskulturinteressen wirklich ge⸗ wahrt werden. Ich werde die Ehre haben, Ihnen bei der Inter⸗ pellation Dr. Scholz auszuführen, daß ich zu diesen Verhandlungen mit Preußen leider nicht gekommen bin. Ich habe aber die Absicht, zu einer solchen Organisation der Wasserstraßenverwaltung zu kommen, daß schon von unten herauf, über die Mittelinstanz bis nach oben, wo ja der Zusammenhang schon besteht, ein engstes Zusammenarbeiten zwischen den Länderverwaltungen und der Reichswasserstraßenverwaltung stattfinden soll, so daß die Länder⸗ verwaltungen und gerade die Landeskulturbeamten, welche, wenn ich so sagen darf, vor Ort die Verhältnisse sehr genau kennen, Gelegen⸗ heit haben, ständig unmittelbaren Einblick in die Arbeiten der Wasserstraßenverwaltung zu bekommen, und ich bin ebenso bereit, das anfgestellte Verzeichnis über die Wasserstraßen einer nochmaligen Nachprüfung in objektiver Weise nach der einen oder nach der anderen Seite vornehmen zu lassen. (Hört! hört! rechts).
Nun kommt aber noch etwas anderes hinzu. Der Herr Bericht⸗ erstatter hat ausgeführt, daß die Reichsregierung zunächst nicht daran denke, ein Wasserstraßengesetz, wie sie beabsichtigt hat, auf Grund des Beschlusses dieses hohen Hauses Ihnen vor⸗ zulegen. Wenn das aber nicht der Fall ist, dann haben ja die Länder bei Aufrechterhaltung dieser Rechte die allergrößte Sicher⸗ heit, daß ihre Landeskulturinteressen gewahrt werden; denn das Reich muß nun im Rahmen dieser Rechte die dort von den Ländern be⸗ stimmten Wege wandeln: über die verschiedenen Beschlußbehörden und über die verschiedenen Verwaltungsgerichte. Eine größere Siche⸗ rung für die landwirtschaftliche Verwaltung kann ich mir tatsächlich nicht denken.
So viel nur über die Wasserstraßenverwaltung! Wenn ich dann auf den Luftverkehr und auf die Angelegenheiten des Luftfahr⸗ wesens eingehen darf, so glaube ich, es hieße Eulen nach Athen. tragen, wenn ich hier vor dem Reichstag mich in längeren Aus⸗ führungen über die Bedeutung des Luftfahrwesens verbreiten wollte, vor dem Reichstag, der es als seine traditionelle Aufgabe in den letzten Jahren betrachtet hat, dem Luftfahrwesen nicht nur das wärmste Interesse zuzuwenden, sondern dieses Interesse auch durch
reichliche Bewilligung von Mitteln zu betätigen. Daß wir zwei⸗ Seiten der Bedeutung des Luftfahrwesens haben, einmal die wirt⸗
schaftliche schon kraft unserer geographischen Lage, daß wir als 60 Millionenvolk verlangen können, in diesen Luftverkehr, der keine Ländergrenzen und beinahe keine Meereshindernisse mehr kennt, ein⸗ gespannt zu werden, bedarf nur der Andeutung, und ebenso bedarf es nur einer Andeutung, daß diesem Luftfahrwesen eine große politische Bedeutung beizumessen ist, wenn man daran denkt, daß diese neue Form des Verkehrswesens völkerannähernd und völkerverbindend wirkt. In dieser Beziehung darf ich auf die letzte große deutsche Tat hinweisen, auf den Ozeanflug des 3R. 3 mit seinen Wirkungen, die er, wie wir hoffen, auch in politischer und symptomatischer Beziehung drüben gehabt hat. Sie werden es ver⸗ stehen, wenn ich es als meine vornehmste Pflicht betrachte, hier dieser Tat auch vor Ihnen nochmals ehrend zu gedenken. (Bravo!) Aber das Bild wird nun sehr trübe, denn Sie wissen, daß trotz der Höhe unserer Technik, trotz des Mutes und des Einsatzes der Männer, welche sich um das Luftfahrwesen verdient gemacht haben und es weiter tun wollen, wir über den Versailler Vertrag hinaus durch das Londoner Ultimatum Fesseln angelegt bekommen haben, die eine wenn auch nicht tötende, so doch dauernde Erstickungs⸗ gefahr für die Entwicklung unseres Luftfahrwesens darstellen. Es sind die bekannten Begriffsbestimmungen. Um diese Begriffsbestimmungen kämpfen wir jetzt seit dem Jahre 1921, und ich darf Ihnen versichern, daß ich es als meine größte Aufgabe auf dem Gebiet des Luftfahrwesens be⸗ trachte, diesen Kampf mit aller Hartnäckigkeit und aller Intensität fortzusetzen, dabei aber auch zu ehrlicher Verhandlung und Ver⸗ ständigung bereit bin. (Bravo!) Es ist meine Pflicht, wenn ich dieses Hemmnisses gedenke, anerkennend des Luftverkehrs und der Luft⸗ industrie zu gedenken, welche trotz dieser Schwierigkeiten, trotz der da⸗ mit verbundenen Risiken, die sie beständig zu laufen hatten, doch ein
solches Höchstmaß von technischen Erfolgen erzielt haben, welche sich
mit Würde in der ganzen Welt sehen lassen kann. Ich vertraue aber weiter darauf, daß diese Begriffsbestimmungen in ihrer Wirkung schließlich gegen die schlagen, welche sie uns auferlegt haben. (Sehr richtig!) Denn wir sehen Schritt für Schritt, daß man um uns nicht hinwegkommen kann. Es ist nun schon so, daß sich die Kreise dieser Kreise enger und enger ziehen, und ich hoffe, daß sie bald voll zur Wirkung kommt und zu der Ueberzeugung führt, daß man ohne Deutschland doch nicht auskommen kann und daher zu einer Aenderung der Begriffsbestimmungen wird gelangen müssen. (Bravo!)
Meine Damen und Herren! Im Hauptausschuß — ich weiß im Augenblick nicht, ob es der Herr Berichterstatter erwähnt hatte — ist auch von den Luftverkehrsgesellschaften gesprochen und der Wunsch ausgedrückt worden, das Reich möge bei voller Aufrechterhaltung des Gedankens, hier nicht etwa monopolisierend wirken zu wollen, doch sehen, einen stärkeren Einfluß auf die Luftverkehrsgesellschaften zu be⸗ kommen. Ich glaube, daß das Subventionsverfahren, das wir jetzt haben, doch noch stark genug ist, um uns, wie schon im Hauptausschuß
gesagt, die ordnende Hand über den Luftverkehr zu sichern. Aber ich
Ausbau noch mehr Möglichkeiten eröffnet werden können
glaube hier gerade vor Ihnen mit einer bestimmten Absicht sag
zu sollen daß sich doch Uebertreibungen einzustellen beginnen welche mir den Gedanken sehr nahe legen, daß die Zeit vielleicht nicht mehr fern ist, wo diesem Wunsche des Hauptausschusses entsprochen werden muß
Meine Herren, wir haben die Bitte an Sie gerichtet daß Sie uns nun weiter unterstützen möchten in der Frage der Borken⸗ organisation, und ich will heute nur kurz bemerken: die Frage sst außerordentlich wichtig Das Luftfahrzeug geht nur dahin, wo es einen Flugplatz vorfindet, und ich darf die Bitte an Sie richten, unz auch in dieser Beziehung zu unterstützen.
Was schließlich das Kraftfahrwesen angeht, so hateder Her Berichterstatter mit Recht darauf hingewiesen, daß es sich hier um eine Frage handelt, deren Bedentung sprunghaft, kann man sagen, in den letzten Monaten eine immer größere geworden ist Meine Einstellung zu der Frage des Kraftwagenverkehrs und des Kraftwagens überbaupt ist die, daß wir herunterkommen müssen von dem Gedanken, in dem Automobil aus vielleicht unangenehmen äußeren oder auch unangenehmen inneren Begleiterscheinungen ein Luxusfahrzeug zu sehen, sondern daß wir dahin kommen müssen, in dem Kraftwagen ein Gebrauchsfahrzeug zu seben, wie wir es in anderen Ländern haben ein Gebrauchsfahrzeug, das weitesten Kreisen zugänglich gemacht werden muß. Die Damen und Herren wissen ja, daß wir nur ein Viertel so viel Fahrzeuge wie England und Frankreich haben, von Amerffa üherhaupt gar nicht zu reden. Nun haben sich bei der ganzen Ab⸗ wicklung dieses Kraftwagenverkehrs allerlei Mißbräuche geltend gemacht. Sie müssen beseitigt werden durch Aufflärung über die Gefahren bei denen, die nicht im Wagen sitzen, und durch Selbstzucht bei denen, welche im Wagen sitzen und ihn führen, und sie muß drittens beseitigt werden durch eine allgemeine fahrver⸗ kehrspolizeiliche Regelung, also nicht nur für die Kraftwagen Nun kommt hier wieder die Zuständigkeitsfrage zwischen Reich und Ländern.
Ich habe aber Grund zu der Annahme, daß wir hier bald zu einer Verständigung koinmen
Wir werden uns weiter angelegen sein lassen, die technischen Vor⸗ gänge mit großer Sorgfalt zu verfolgen. Ich darf auf die Fragen der Normalisierung und der Typisierung hinweisen und hierbei die ernste Mahnung an die Industrie richten, hier endlich zu einem energischen Schritt sich aufzuraffen. Wir werden uns angelegen sein lassen, daß auch da Fortschritte erzielt werden, wo vielleicht nicht der nackte Verkehr, der Verkehrsgebrauchswagen in Frage kommt Ich meine damit das Interesse daß die Landwirtschaft an der Heraus⸗ bringung von geeignetem landwirtschaftlichen Zuggerät hat. Wir haben nach der Richtung einen Wettbewerb veranstaltet und ver⸗ sprechen uns hiervon immerhin einiges.
Es ist dann von den Krastverkehrsgesellschaften gesprochen worden,
und hier spiegelt sich wieder der Gegensatz zwischen den verschiedenen
Verkehrskreisen ab, Auf der einen Seite wird beanstandet, daß eine Monopolisierung. eine Bekämpfung des nicht motorischen Verkehrs stattfindet, das Speditionsgewerbe meldet sich an, und auf der anderen Seite treten diejenigen, die vom Verkehr schlecht bedacht sind, an uns heran und verlangen den stärkeren Ausbau der Kraftverkehrsgesell⸗ schaften. Es ist auch hier schwierig, die richtige Linie zu finden. Wir werden bemüht sein den beiderseitigen Wünschen auf einer mög⸗ lichst guten Mittellinie Rechnung zu tragen. Den Kraftverkehr kann man nicht verlassen, ohne wenigstens kurz die Straßenbau⸗ frage zu streifen. Die Straße ist ja der gioße Gegyer des Kraftverkehrs, weil der Kraftwagen die Straße in un⸗ verhältnismäßiger Weise in Anspruch nimmt. Alles das ünd Binsenwahrheiten, die aber für die Entwicklung des Ver⸗ kehrs sehr großes Gewicht haben. Wir werden an die Kraftverkehrs⸗ steuer herangehen müssen und uns überlegen müssen, ob ihrem weiteren um die Wegeunterhaltung zu entlasten.
Ich möchte damit meine Bemerkungen schließen. Ob die berech⸗ tigten Erwartungen, die Sie an das Reichsverkehrsministerium in seiner neuen Form stellen in Erfüllung gehen werden, stelle ich dahin. Aber ich glaube das sagen zu dürfen: wenn ich weiter auf den Rat
und die Unterstützung rechnen darf, die ich in der kurzen Zeit meinert
Amtsführung im Verkehrsausschuß und im Hauptausschuß gefunden habe, daß diese Erwartung jedenfalls nicht geradezu getäuscht werden wird. (Bravo! in der Mitte und rechts.)
—e
26. Sitzung vom 17. Februar 1925, Nachmittags 2 Uhr.
(Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitunasverleger*)]
Am Regierungstische: Reichsverkehrsminister Dr. Krohne.
Präsident Löbe eröffnet die Sitzung um 2 Uhr 20 Min.
Die zweite Lesung des Reichshaushaltsplans wird fortgesetzt beim Haushalt des Reichsverkehrs⸗ ministeriums. Der Ausschuß fordert u. a. den Entwurf eines Reichswasserstraßengesetzes. Ferner ersucht er die Reichs⸗ regierung, der Entwicklung des Kraftverkehrswesens besonders Beachtung zu schenken und jedem Versuche der Reichsbahn, diese Entwicklung im Interesse der Ausnutzung des Eisenbahn⸗ monopols zu hindern, entschieden entgegenzutreten. Weiter sollen die Bahnhofsbuchhandlungen von Schund⸗ und Schmutz⸗ schriften gesäubert werden.
Abg. Schumann (Soz.) begrüßt die vom Reichsbverkehrs⸗ minister in Aussicht gestellte Großzügigkeit in der Gestaltung unseres Verkehrswesens. Diese Erkenntnis komme aber leider sehr spät. Die Sozialdemokraten hätten bei ihren Reformplänen stets’“ Wider⸗ spruch gefunden Dem Luftverkehr müsse jede Förderung zuteil werden. Auf dem Gebiete des Wasserstraßenverkehrs stehe die Notwendigkeit des Ausbaues und der endlichen Fertigstellung des Mittellandkanals weitaus im Vordergrunde. Die Frage der Linienführung dürfe nicht wieder aufgerollt werden, das würde die Vollendung der Anlage viel⸗ leicht um ein Jahrzehnt verschleppen. Kaum minder wichtig seien der Rhein— Maln. — Donau⸗Kanal und der Hansa⸗Kanal. Ein ein⸗ heitliches Reichswasserrecht müsse geschaffen werden. Heute machten sich bei der Verwaltung der Wasserstraßen partikularistische Be⸗ strebungen geltend, so in Bayern und ganz neuerdinags leider auch in Preußen. Im neuen Landtage beantragten die Deutschnationglen, die Regierung zu ersuchen, darauf hinzuwirken, daß die Schaffung eigener Wasserstraßenverwaltungsbehörden im Reiche unterbleibe. Von durchschlagender Bedeutung sei auch die Tariffrage. Die Um⸗ wandlung des staatlichen Schleppmonopols in eine gemischtwirtschaft⸗ liche Einrichtuna würde er auf Grund seiner genauen Kenntnis der Verkehrsverhältnisse im Westen sehr bedauern. Das Darcheinander im Tarifwesen der Wasserstraßen müsse beseitigt werden. Dem Kraft⸗ verkehr müßten wir mehr Aufmerksamkeit zuwenden. Die Entwicklung
*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck eeee Reden
der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind
linien
des Kraftfahrzeugwesens in Amerika zeige, wie hochbedeutend dieser Wirtschaftszweig sei. Wenn er auch einer Verstaatlichung unter den heutigen Umständen nicht das Wort rede, so müßten wir doch ver⸗ hüten, daß etwa die Reichsbahn⸗Gesellschaft überwiegenden Einfluß auf den Kraftverkehr gewinne. Wichtig sei die Frage der Unfall⸗ verhütung. Es müßten Organisationen zur besseren Ausbildung der ahrer geschaffen werden, um die „wilden“ Fahrer zu beseitigen, die heute das Publikum losgelassen würden. Auch dürfe es nicht länger geduldet werden, daß Fahrer von Kraftdroschken 24 Stunden hintereinander auf dem Wagen säßen, Das Arbeitsmin’sterium habe leider eine Entschließung des Reichstags nicht ausgeführt, Richt⸗ z über die Ruhezeit von Kraftfahrern aufzustellen. Not⸗ wendig sei der Erlaß einer Reichsverkehrsordnung. Die wenigen Rechte, die das Reich und das Parlament gegenüber der neuen Reichsbahn⸗Gesellschaft hätten, müßten bis aufs äußerste ge⸗ wahrt werden. Mit der von der Reichsbahn⸗Gesellschaft eingeschlagenen Politik werde unsere Wirtschaft schwer geschädigt. Die Reichswasser⸗ straßen würden zugunsten der Eisenbahn benachteiligt. Die Kon⸗ kurrenz wolle man möglichst ausschalten. Hier müßte der Verkehrs⸗ minister eingreifen zur Wahrung der Rechte des Reiches. Ebenso müsse er verhindern, daß die Eisenbahn heruntergewirtschaftet werde durch das Bestreben, 18 Ueberschüsse herauszuwirtschaften. Die Frage der Werkstättenschließungen lasse die Tendeng erkennen, mit der die Gesellschaft arbeite. Auf Arbeiter, die schon lange im Dienst wären, werde keine Rücksicht genommen. Mit der Lohnpolitik der Reichsbahn sehe es überaus traurig aus. Die Gehälter der Ar⸗ beiter stünden in einem krassen Widerspruch zu denen der leitenden und höheren Beamten, denen enorme Dienstaufwandsgelder und Loistungs⸗ oder besser Korruptionszulagen gewährt worden seien, die weit über die Gehälter der Beamten des Verkehrsministeriums hin⸗ ausgingen. Müsse da nicht an diese Reichsbeamten die Versuchung herantreten, ihre Posten so zu verwalten, daß sie Aussicht hätten, über kurz oder lang ebenfalls von der Gesellschaft übernommen zu werder? Auch die sonstigen Rechte der Reichsbahnbeamten würden mißachtet; hier müßten durch das Reich Sicherungen gegen Ent⸗ rechtung geschaffen werden.
Abg. Koch⸗Düsseldorf (D. Nat.); Werden sich unter dem neuen interneticnalen Regime die Entwicklungsmöglichkeiten für das deutsche Eisenbahnwesen in der nächsten Zukunft erfüllen? An⸗ sceinend hat der Wawaltungsrat ein ganz neues Programm auf⸗ gestellt das auck eine Neuordnung der Werkstättenverwaltung ent⸗ hält, das zu den größten Bedenken Anlaß geben muß, von dem man aber offiziell bisber nichts erfahren hat. Nach der Auffassung des Ministers soll sich der Reichstag nicht in eine Kampfstellung gegen die Reichsbahngesellschaft hineinkreiben lassen. Das sollte sich aber doch die andere Seite ebenso gesagt sein lassen. Schon ist Grund zur Beschwerde über das Verhalten der Gesellschaft gegeben. Die Riesenzuwendungen an ihre leitenden Personen hat Entrüstung nicht nur bei den oberen Beamten des Verkehrsministeriums erregt, son⸗ dern weit über diese Kreise hinaus in der gesamten Oeffentlichkeit. Der Aufgabenkreis der Gesellschaftsbeamten ist dem der Beamten des Verkehrsministeriums durchweg konform; dennoch diese kolossalen Zulagen! Diese Höherstufung ist schlechthin unverständlich. Der Reichstag muß aufs allerdeutlichste gegen eine solche Gehälterpolitik protestieren. Namentlich auf das besetzte Gebiet muß eine solche Maßnahme auf alle die abgebauten Arbeiter, die nicht wissen, wo sie für den nächsten Tag für sich und ihre Angehörigen Brot her⸗ nehmen sollen, in höchstem Maße erbitternd wirken. Auch die Ent⸗ schädigung der Aufsichtsratsmitglieder ist sehr hoch. Die Hoheits⸗ nechte des Reiches sind bei der Umformung der Reichsbahn in eine selbständige Gesellschaft zu kurz gekommen. Darin muß vieles nach⸗ geholt und wieder gutgemacht werden. Es ist nicht richtig, deß man die Umwandlung von denselben Personen hat vornehmen lassen, die machher in der Gesellschaft tätig sein sollten. Ich erhebe nach der persönlichen Seite keinen Vorwurf, aber wir sollten dieselben Fehler, die wir auch schon beim Reichsschatzministerium gemacht habeen, nicht wiederholen. Wir bedauern die Art, wie die Bestellung des General⸗ direktors und des Verwaltungsrates vollzogen worden ist. Es ist dabei nach politischen, sogar nach parteipolitischen Rücksichten ver⸗ fahren worden. Im Verwaltungsrat sitzen auch Personen, die sich bibher mit den Eisenbahnfragen noch nicht genug beschäftigt haben: es hätte andere, praktisch erfahrenere Personen gegeben. Den einzelnen Persönlichkeiten mache ich keinen Vorwurf, aber sachlich scheint mir diese Kritik geboten. (Beifall rechts.)
Abg. Groß (Zentr.): Durch den Wasserstraßen sst 86 Fortschritt in der Richtung der Verwaltung erreicht worden, aber eine gewissen Selbständigkeit, insbesondere in der Ausnurtzung der Wasserkräfte, muß den Einzelstaaten bleiben. In der Frace der oberschlesischen Industrielöhne spielt die Verkehrsfrage eine große Rolle. Besonders wichtig ist der Ausbau der süddeutschen Wasserstraßen, da die Industrie in Süddeutschland mit der Heran⸗ schaffung von Rohstoffen große Schwierigkeiten hat. Der Redner brinat dam Wünsche des Wasserstraßenverkehrspersonals bezüglich Ausschaltung der Frauenarbeit, Bezahlung der Sonntagsarbeit usw. vor. Der Entwicklung des Flugverkehrs will er größte Aufmerksam⸗ keit gewidmet wissen.é Als besonders notwendig hat sich eine Luft⸗ verbindung Stuttgart—Leipzig — Berlin herausgestellt. Unverständ⸗ lich ist es, daß gerade Stuttgart bezüglich des Um⸗ leitungsverkehrs auf den Reichsbahnen sich beklagen muß. Die Klagen Württembergs in dieser Richtung sind berechtigt. Stuttgart hat große Zubringerstrecken untenvwegs. Diese Verkehrs⸗ strece nach dem Süden in den Schwarzwald hinein muß aufs modernste ausgebaut werden. Vielfach hat man halbe oder dreiviertel fertige Strecken nicht weiter ausgebaut, sondern verwildert liegen jassen. Eine solche Vernachlässigung des Nebenbahnbaues ist auch vom Standpunkt der Hebung der Volkswirtschaft verfehlt. Daher beantragen wir eine Erhöhung des für den Bau von Nebenbahnen vorgesehenen Fonds um Föhn Millionen Mark. In der Frage der Tarifpolitik schließt der Redner sich seinem Vorredner an. Höhere Tarife ergeben nicht immer höhere Einnahmen. Das sieht man z. B. an den Straßenbahnen. Der Bezug von Rohstoffen in Württemberg, Baden und auch Bavyern macht die Industrie Süddeutschlands außer⸗ ordentlich abhängig von den Tarifen. Die hohen Tarife machen sie nur schwer konkurrenzfähig. Die Bedeutung der süddeutschen Industrie schafft ihr das Anrecht, endlich mal in ihren Klagen und Wünschen gehört zu werden. In Oberschlesien erreichen Familien von vier Köpfen einen Monatsverdienst von 70 Mark. (Hört hört!) Die Reichsbahnverwaltung hat Erklärungen abgegeben, daß Beschlüsse des Reichstags für die Reichsbahn keinerlei Rechtsverbindlichkeit haben. (Hört! hört!) Wenm auch keinerlei Rechtsverbindlichkeit vor⸗ handen ist, so sollte doch eine gewisse moralische Verpflichtung zur Beachtung der Reichstagsbeschlüsse bestehen. Regierung und Reichs⸗ tag müssen die Verhältnisse einer Nachprüfung unterziehen. Auf den eNechaenn lünshundert Köpfen vorhanden sein. Das kann hüre ber ernberung der pelitischen Verhaltnisse sehr, schnell isper eine Regiebahn herzustellen. Eine Klärung der Verhältnisse zwischen Reichsregierung und Verwaltung der Reichsbeahnen muß durch An⸗ rufung des Schiedsgerichts exfolgen. 3 v . Reichsbahngesellschaft souverän. Die Reichsregierung hat aber ein Recht, nachzuprüfen, ob die Bestimmungen des Reichsbahnpersonal⸗ Gesetzes innegchalten worden sind. Zu diesem Zweck müßte ein Aus⸗ schuß einagesetzt werden. Ich verwahre mich in Uebereinstimmung mit meiner Fraktion energisch dagegen, daß mit den wohlerworbenen Rechten der Beamtenschaft Schindluder getrieben wird. Die Reichs⸗ bahnbeamten dürfen ihres verfassungsmäßigen Rechtes nicht ent⸗ kleidet werden. Im Westen werden Beamte unter dem Druck der Androhung der Entlassung in das Arbeiterverhältnis oder in eine tiefere Gehaltsgruppe versetzt. (Hört! böett Gegen den Abbau von Beamten wegen notorischer Verfehlungen haben wir nichts einzu⸗ wenden. Es ist ein Skandal, wenn treue Ruhrbeamte jetzt durch franzosenfreundliche Beamte, die als Regiebeamte tätig er auf die Abbauliste gesetzt werden. Der Redner führt eine Anzah von Einzelfällen an. Derartige Zustände können natürlich Treu und Glauben zu einer Ctesvensetacg nicht stärken. Die Regie⸗ arbeiter müssen auch einen gewissen Ausgleich erhalten, wie ihn die Regiebeamten erhalten haben. Der Redner fordert für die 790 000 Angestellten der Reichsbahnverwaltung einen Vertreter im Ver⸗
Staatsvertrag über die
soll noch eine französische Eisenbahntruppe von etwa doch nur den Zweck
In den Personalfragen ist die
waltungsrat. Die Postangestellten hätten zum Beispiel sieben Ver⸗ treter im Verwaltungsrat. Das Reichsbahn⸗ wie das Reichsbahn⸗ personalgesetz hätten nicht im ungünstigen, sondern im günstigen Sinn für das Personal ausgelegt werden müssen. Die Eisenbahnen dienen mit zur Bezahlung der Reparationslasten, die Angestellten tragen also mit bei zur Befreiung Deutschlands, sie haben daher moralischen Anspruch auf Schutz ihrer Rechte.
Reichsverkehrsminister Dr. Krohne: Der Herr Abgeordnete Groß hat den Fall Ehrang im Hauptausschuß zur Sprache gebracht. Ich habe damals zugesagt, daß ich diesen allerdings sehr eklatanten Fall sofort untersuchen und mich mit der Reichsvahn in Verbindung setzen würde. Ich habe das getan und von der Reichsbahn eine Mit⸗ teilung bekommen, in der zunächst die einzelnen in Frage kommenden Beamten aufgezählt und mit einer Notiz der Reichsbahn dahin ver⸗ sehen worden sind, daß sie wegen ihres ganzen vorherigen Verhaltens und auch wegen ihres Verhaltens während des Regiebetriebes nicht als Beamte in Frage kommen, die regietreu anzusehen sind und nun, unter diesem Einfluß stehend, etwa deutschtreue Beamte und Arbeiter bei Abbau benachteiligt haben. Ich möchte die Namen dieser Beamten hier nicht verlesen, bin aber bereit, sie dem Herrn Abgeordneten Groß zu nennen.
Die Reichsbahn kommt weiter zu dem Ergebnis, daß sie nicht den geringsten Anlaß habe, daß in dem bemängelten Sinne verfahren worden wäre, und sie erklärt weiter, daß jeder Abbaufall von der Eisenbahndirektion in Trier sorgfältig untersucht worden sei. Ich lege nur Wert darauf, im sofortigen Anschluß an die gemachten Aus⸗ führungen diesen einen Fall aufzuklären. Ich werde auch den weiteren Bemängelungen, die im einzelnen hier vorgetragen worden sind, mit derselben Schnelligkeit nachgehen und kann vielleicht im Laufe der Tagung oder sonst im Verkehrsausschuß die nötige Auskunft geben. (Bravo!)
Abg. Dr. Gildemeister (D. Vp.): Darüber sind wir alle einig, daß die großen Lnfoaben. die auch jetzt noch dem Verkehrs⸗ ministerium obliegen, die Erhaltung dieses Ministeriums erforderlich machen. Wenn der Minister von seinem „Rumpfministerium“ Na o kann ich das nur in bezug auf die Beschränkung des ersonals, aber nicht in bezug auf die Aufgaben anerkennen, auch wenn leider die Eisenbahnen abgetrennt sind. Das jetzige Ver⸗ hältnis ist rechtlich wohl so aufzufassen, 88. Reichsbahn ver⸗ pfändet und die re e hsen der Pfandhalter ist. Die
heitsverwaltung liegt beim Reiche, dieses ist noch in der Lage, eine Reichsverkehrsordnung zu schaffen, der sich die Reichsbahngesellschaft zu fügen hat. Der Betrieb der Eisenbahnen ist der Gesellschaft über. tragen worden, aber ihre Befugnisse sind im Eisenbahngesetz scharf umgrenzt worden. Die Gesellschaft hat das Betriebsrecht der Bahnen in ihrem jetzigen Umfange. Das Reichsfinanzministerium wird darauf zu achten haben, daß die Gesellschaft sich nicht etwa anderen Betrieben angliedert. Es sind neue Probleme aufgetaucht, z. B. Angliederung des Knaftfahrwesens. Dadurch würden die Befugnisse der Reichsbahn überschritten werden. Es würde eine falsche Auffassung sein, daß die Reichsbahnverwaltung die Verkehrs⸗ hoheit in sich trüge und ihren Betrieb irgendwie erweitern könnte. Eine Reichsverkehrs⸗Kreditanstalt ist gegründet worden, eine Reichs⸗ bahnspeditions⸗Anstalt ist in der Bildung begriffen, aber eine voll⸗ kommene Monopolisierung des Verkehrswesens durch die Reichsbahn ist nicht zulässig. Bei der Struktur der Verpfändung der Reichs⸗ bahn kann nicht zugegeben werden, daß sie sich alle möglichen anderen Betriebe angliedert, (Sehr richtig! rechts.) Ich bitte, den Minister Studien darüber im Auslande vornehmen zu lassen, wie weit der Kraftwagenverkehr auf den Landstraßen z. B. in England schon fort⸗ geschritten ist. Deutschland ist darin noch zurückgeblieben. Das Ministerium darf sich von dem Standpunkt der Verkehrsfreiheit nicht abdrängen lassen. Man muß den Kraftwage verkehr auf den Landstraßen sich bis zu einem gewissen Umfange frei entwickeln bassen, ehe man daran denken kann, da mit gesetzlichen Maßnahmen einzugreifen. Die Tarispolitik muß sich nach den Bedürfnissen der Volkswirtschaft richten. Zu bedauern ist es, daß bei uns die Autos steuerlich noch als Luxusartikek angesehen werden. Unhaltbar ist es, daß ein Land sich der Einrichtung einer Reichspostlinie mit Autos widersetzt hat. Ein solcher⸗Fall müßte im Reichsrat zur Ent⸗ scheidung gebracht werden können. In dem Aufkommen einer Kon⸗ kurrenz der Postautos wird die Reichsbahn einen Ansporn zu eigenen Reformen sehen können. Der ungebührlichen Erhöhung der Beamten⸗ bezüge bei der Reichsbahn kann die Reichsregierung nicht ohne Widerspruch zusehen, weil dadurch die gleichstehenden Beamten der Hoheitsverwaltungen deklassiert werden. Nur wenn im Einzelfall eine besondepe Kraft, von der man sich technische Fortschritte ver⸗ sprechen kann, nicht anders zu gewinnen ist, könnte ich eine Leistungs⸗ ulage gutheißen. Das neben dem Verkehrsinteresse bei den Wasser⸗ strahen der Landesmelioration Beachtung geschenkt werden muß, erkenne ich durchaus als eine berechtigte Forderung an. Nur darf diese Beachtung nicht dahin führen, daß schließlich dadurch der Aus⸗ bau der deutschen Wasserstraßen unterbunden wird. Unter allen⸗Um⸗ ständem müssen die Wasserstraßen so beschaffen sein, daß die Schiffe auf ihnen verkehren können, sie müssen also auch in dem Maße, wie die Entwicklung des Weltverkehrs zur Verwendung größerer Schiffs⸗ gefäße geführt hat, vertieft werden. Das Reich hat hier eine sehr gewichtige Aufgabe übernommen: Deutschlands Lage ist heute freilich in einer politisch und militärisch gleich unmöglichen Lage, aber ver⸗ kehrspolitisch ist es nach wie vor das Herz Europas.
Abg. Schütz (Komm.): Beim Etat der Reichsbahnen tritt die hilflose Rolle Deutschlands besonders deutlich in Erscheinung. Die Verstlavung Deutschlands ist vollständig. Weder die deutsche Regie⸗ rung noch die Parteien durften ein durch die Steuern geschaffenes Volksvermögen so an das Entenltekapital verschachern. Die großartige Entrüstung der Parteien ist heute vollkommen un⸗ verständlich. Sie hätten dem Londoner Abkommen ihre Zustimmung verweigern sollen. In keinem Paragraphen des Vertrages ist auch nur ein kleines Recht Deutschlands zu verzeichnen. Der angebliche Vertrag soll bis zum 31. Dezember 1964 laufen, also auf vierzig Jahre soll Deutschland über sein wichtigstes Verkehrsinstrument nichts zu sagen haben. Noch mehr interessiert uns die vollständige Aus⸗ lieferung der Eisenbahner an die Reichsbahngesellschaft. Die Gesell⸗ schaft ist vollständig steuerfrei. Hinsichtlich des Abbaus von Beamten hat ja die frühere deutsche Regierung der Gesellschaft ein recht rigoroses Beispiel gegeben. Infonderheit die Sozialdemokraten haben gar keine Ursache zur Entrüstung. Auch zu der beabsichtigten Schließung von Hauptwerkstätten hat man seinerzeit schon ein Bei⸗ spiel gegeben. Dabei nimmt man gar keine Rücksicht auf die tech⸗ nische Notwendigkeit. Im Eisenbahnausmessungswerk Linzen z. B., von dessen zweitausend Köpfen die frühere Regierung bereits sechs⸗ hundert Köpfe abgebaut hatte, hat die Reichsbahngesellschaft weitere dreihundert Personen abgebaut und eine nochmalige Verringerung in Aussicht gestellt. An Stelle jedes in das Arbeiterverhältnis über⸗ geführten Beamten soll ein Arbeiter entlassen werden. Dabei wird aber besonders Rücksicht genommen auf Beamte, die sich als Separa⸗ tisten hervorgetan haben. Das Zentrum hat übrigens gar keine Ur⸗ sache, auf die Separatisten zu schimpfen, denn diese separatistischen Bahnangestellten sind fast alle Zentrumsleute. (Widerspruch im Zen⸗ trum.) Das Personal ist schon so weit verringert, daß man im Westen schon dazu übergegangen ist, Züge ohne Zugführer und Zug⸗ begleiter, nur mit Lokomotivführer und Heizer fahren zu lassen. Der Redner bringt weitere Beschwerden bezüglich Verringerung der Zahl der Betriebsräte, Festsetzung der ungeheuren Gehälter des vermehrten oberen Beamtenstabs vor und erklärt, ein früherer Staatssekretär bekommt auf seinem jetzigen Posten bei der Reichsbahn ein Gehalt von 42 000 Mark jährlich. Der Generaldirektor Oeser wird ein Ge⸗ halt von beinahe hunderttausend Mark erhalten. Die hohen Ge⸗ hälter sollen die hohen Beamten nur gefügig machen für die Aus⸗ beutungsabsichten der Direktion. Das sind die reinen Korruptions⸗ zulagen. Die Arbeitszeit des Personals beträgt heute schon zehn
Stunden; man kehrt sich also an das Washingtoner Abkommen gar nicht. Bayern, das diesem Gefetz nicht zugestimmt hat, bekommt noch Sonderrechte eingeräumt! Die Reichsbahngesellschaft hat eben Inter⸗ esse an der Förderung des Separatismus. Dreißigtausend Eisen⸗ bahner plant die Gesellschaft abzubauen. Informierte bayerische Kreise wissen nun schon mitzuteilen, daß davon nur 420 Personen auf Bayern entfallen. (Hört! Hört!) Die Unfälle haben auch unverhältnismäßig und in erschreckendem Maße zugenommen. Das Herner Eisenbahn⸗ unglück ist auch nur auf die Sparpolitik der Reichsbahngesellschaft urückzuführen, ebenso die zahlreichen Unfälle von Streckenarbeitern.
ie Privatbahnen sind zur Ueberführung in Staatshand reif. Die Kritik der übrigen Parteien ist nur Heuchelei.
Die Beratung wird abgebrochen.
Das Haus vertagt sich auf Mittwoch 2 Uhr. Auslands⸗ kredite von Gemeinden und Schankstätten⸗Gesetz. Fortsetzung des Haushalts des Reichsverkehrsministeriuns
Schluß gegen 7 Uhr.
Preußischer Staatsrat. Sitzung am 17. Februar 1925. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)
Der Staatsrat trat heute nachmittag erneut zu einem Sitzungsabschnitt zusamm en, der voraussichtlich bis zum Freitag dauern wird.
Der Präsident Dr. Adenauer gedachte der Opfer des letzten Bergwerksunglücks, und der Staatsrat ehrte ihr An⸗ denken in der üblichen Weise.
Als Stellvertreter für das Staatsratsmitglied Boes (Dem.) wurde der Strafanstaltspfarrer Dr. Alfred Salz⸗ geber⸗Berlin bestimmt. Ferner wurde die Wahl des vom Hohenzollernschen Kommunallandtag am 2. Januar 1925 ge⸗ wählten stellvertretenden Staatsratsmitglieds Vogel bestätigt. Heute nachmittag tritt der Staatsrat zur Erledigung einer Reihe von Vorlagen zu einer weiteren Sitzung zusammen. Am Donnerstag und Freitag soll dann der Haushalt zur Er⸗ ledigung kommen. b
Parlamentarische Nachrichten
Im Haushaltsausschuß des Reichstags wurde fecein die ECtatsberatung über das Auswärtige Amt ortgesetzt. Abg. Dr. Schreiber (Zentr.) beantragte, nach dem Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deurscher Zeitungsverlegeg, zwecks Einstellung eines wissenschaftlichen Hilfsarbeiters für das neu aufblühende Forschungsfeld der christlichen Archäologie in Rom die Erhöhung des Etatssatzes „Kosten für Sonderaufträge“ um 15 000 Reichsmark. Der Antrag wurde angenommen. — Die Abgg. Dr. Schnee (D. Vp.) und Graf Lerchenfeld. (Bayr. Vp.) wünschten Förderung der deutschen Land⸗ und Forstwirtschaft durch die Stationierung namhafter Sachverständiger im Auslande, ins⸗ besondere auch ständigen Informierung in Auswanderungsfragen. — Abg. Dr. Schreiber (Gentr.) hielt auch die Beobachtung der Lage der geistigen Arbeiter durch im Auslande befindliche Sachver⸗ ständige für notwendig. — Abg. von Rheinbaben (D. Vp.) verlangte Erhöhung der Etatssumme fn das wirtschaftliche Nach⸗ richtenwesen von 15 000 Reichsmark auf 30 000 Reichsmark. — Abg. Klöckner (Zentr.) wünschte eine Erweiterung der wirtschaftlichen Nachrichtenstellen in Wesideutschland. Der Antrag auf Erhöhung der Summe auf 50 000 Reichsmark wurde angenommen. — Abg. Dr. Hoetzsch (D. Nat.) sprach sich gegen den im Landtag befür⸗ worteten Plan aus, das eminar für orientalische Sprachen zu einer Auslandshochschule auszugestalten, setzte sich aber sehr entschieden für die Erhaltung und Ausgestaltung des Seminars im Zusammenhang mit den Festrehungen des Auswärtigen Amts ein, durch die Gewährung von Zuschüssen zu den Unterrichts⸗ kosten den Beamten des auswärtigen Dienstes die im dienstlichen Interesse gebotene Erlernung fremder Sprachen zu erleichtern. Ein diesbezüglicher Antrag, die hierfür im Etat eingesetzte Summe von 14 000 Reichsmark auf 100 000 Reichsmark zu erhöhen, wurde an⸗ “ Die Frage des Verteilungssystems der Gelder sowie der lusgestaltung des Seminars für orientalische Sprachen wurde dem Unterausschuß zur Beratung von Spezialfragen des Auswärtigen Amts überwliesen. — Preußischer Staatssekretär Dr. Becker be⸗ tonte, daß zwischen dem Preußischen Kultusministerium und dem Auswärtigen Amt in Sachen des Orientalischen Seminars stets in vollster Harmonie gearbeitet worden sei, und gab seiner Genugtuung darüber Ausdruck, daß die ganze Frage der Ausgestaltung des Seminars nunmehr im Haushaltsausschuß des Reichstags seiner endgültigen Klärung entgegengeführt wird. — Abg. Dr. Elsa Matz (D. Vp.) brachte die wirtschaftlichen und Rechtsverhältnisse der deutschen Auslandslehrer zur Sprache und forderte be⸗ Pglich Ruhegehalt, Hinterbliebenenversorgung, Anrechnung der
ienstzeit im Ausland, Gleichstellung mit den Inlandslehrern. Das Reich habe starkes Interesse daran, daß die tüchtigsten Lehrer für solche Stellungen gewonnen werden. Das sei nur möglich, bei Sicherung der wiesscaftiche Verhältnisse. — Geheimrat Söring vom Auswärtigen Amt versicherte, daß die Anregungen der Vor⸗ rednerin banß im Sinne der Amtspolitik liegen. Eine Anrechnung der im Auslande vecbrachten Dienstjahre sei jedoch nur bei solchen Lehrkräften möglich, die im Inlande eine Anstellung oder mindestens einen Anspruch auf Anstellung oder Pensionierung durch ihre Aus⸗ landstätigkeit aufgegeben haben. — Die Abgg. Dr. Schnee (D. Vp.), D. Mumm (D. Nat)⸗ Dr. Hoetzsch (D. Nat.) und Stücklen (So9) sprachen sich dafür aus, daß eine der Pietät und dem deutschen
Insehen entsprechende würdige Pflege der im Auslande be⸗ findlichen Kriegergräber erfolgen solle. Abg. Dr. Schreiber (Zentr.) wies darauf hin, daß die Völker darin wett⸗ a müßten, Kriegergräber pietätvoll zu pflegen. Es müsse an⸗ erkannt werden, daß Frankreich in dieser Frage edelster Auffassungen aus Geboten der Hffberregende geleistet habe. Für die Pflege und Unterhaltung deutscher Kriegergräber wurden vom Ausschuß 250 000 ℳ bewilligt. Diese Mittel dienen nur der er⸗ gänzenden und kontrollierenden Unterhaltung der Kriegergräber im Auslande, da nach dem Versailler Vertrag diejenigen Staaten, in denen Kriegergräber liegen, selbst für die Grabpflege zu sorgen haben. — Angenommen wurde sodann ein Antrag Dr. Schreiber (Zentr.), Mittel für die Einberufung eines Kulturbeirats zur Verfügung zu stellen. Dort müßten Fragen der Hochschulpolitik, der Betreuung 2 Auslandsstudierenden usw. geprüft werden. — Zum Etatsposten „Nachrichtenwesen im Inlande“ wurde vom Abg. Dr. Cremer (D. Pp.) die Tätigkeit der Reichszentrale für
“ anerkannt. Die Reichszentrale stelle eine außerordent⸗ lich wertvolle Einrichtung dar, die in objektiver Weise Aufklärung über wirtschaftliche und geönn Fragen in die Massen hineintrage. Er schlug eine Besserstellung der Referenten der Reichszentrale da⸗ durch vor, daß man die Möglichkeit der Erlangung eines ee- gebe. m schloß sich Abg. D. Mumm (D. Nat.) an. — Die Abgg. Graf Lerchenfeld (Bayr. Vp.) und Hoch (Soz.) hatten jedoch Bedenken dagegen, die Reichszentrale für Heimat⸗ dienst zu einer dauernden Einrichtung auszubauen und ihre Referenten⸗ stellen zu etatisieren. Nachdem sich noch Ministerialdirektor Kiep, der Leiter der Presseabteilung der Reichsregierung, und Ober⸗ regierungsrat Dr. Strahl, der Leiter der Reichszentrale für zur Sache geäußert hatten, wurde ein Antrag des Abg. Dr. Schreiber gentr.) angenommen, die Regierung zu einer Nachprüfung zu veranlassen, ob die Reichszentrale für Heimat⸗ dienst mit dem Etat der Presseabteilung der Reichsregierung ver⸗ 1