1925 / 58 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 10 Mar 1925 18:00:01 GMT) scan diff

Der Stellvertreter bezieht für die Dauer der Stellvertretung des Reichspräsidenten das 81 zustehende Diensteinkommen inschließlich der Aufwandsgelder. Die Kommunisten beantragen Wahl des Stellvertreters urch den Reichstag. Das Gesetz wird in erster und zweiter Lesung ange⸗ nommen, der kommunistische Antrag abgelehnt.

Es folgt die erste und zweite Beratung der Vorlage,

betreffend die Uebernahme der Kosten der Bei⸗

etzung des verstorbenen Reichspräsidenten urch das Reich.

Abg. Remmele (Komm.) wendet sich aufs entschiedenste gegen

ie Absicht der Reichsregierung; die Kosten, die durch das Ableben des Reichspräsidenten entstanden sind, mögen die tragen, in deren Interesse Ebert sein Amt als Diktator verwaltet hat. Selbst sozial⸗ emokratische Zeitungen hätten gegen die Lobeserhebungen Front ge⸗ macht, die ihm gespendet worden seien. Sein Regiment bedeute sechs Jahre Ausnahmegesetz gegen das Proletariat, sechs Jahre Arbeiter⸗ nord, . Jahre Bürgerkrieg, sechs Jahre Spitzelzucht. (Andauernde große Unruhe im ganzen Hause, süirvifsche Zurufe: Moskau! bei der Sozialdemokratie.) Ebert habe die Bourgeoisie vor der deutschen Revolution retten sollen und gerettet. (Präsident Löbe fragt den Redner, ob er diese Ausführungen gegen den verstorbenen Reichs⸗ präͤfidenten richtet und ruft ihn f seine Bejahung zur Ordnung.) Der Reichspräsident ist tot, fährt Redner fort, der Kommunismus und Bolschewismus lebt und wird weiter leben, bis alle Reichs⸗ bräsidenten tot sind. Der Beweis, daß Ebert die Bourgeoisie vor 8 Revolution retten sollte und rettete, kann urkundlich geführt werden. Die deutschnationale Presse sett dem Marxismus der Sozialdemokraten als Todfeindin gegenüber. Sie hat anerkannt, daß Ebert in der Bekämpfung des revolutionären Proletariats immerhin etwas geleistet hat. Aehnlich das Zentralorgan der Stinnespartei, ebenso der bekannte Militarist General Schröder. (Die Unruhe und Erregung im Hause, besonders bei den Sozialdemokraten hält an.) Und hat Herr Crispien über Ebert und seine Leistung als Reichs⸗ bräsident nicht noch vor einigen Jahren ganz dasselbe Urteil gefällt? Ich begreife jg, daß Ihnen (zu den Sozialdemokraten) diese Erinne⸗ rung an die Wiederaufrichtung der Konterrevolution, das Werk der Ebert und Scheidemann, jetzt sehr unangenehm ist. (Die Sozial⸗ demokraten verlassen zum größten Teil den Saal.) Redner verliest Aeußerungen des Abg. Crispien aus der „Freiheit“. (Präsident Löbe macht ihn unter stürmischem Protest der Kommunisten darauf aufmerksam, daß er aus den betreffenden Artikeln und Protokollen den Verstorbenen beleidigende Aeußerungen nicht wiederholen dürfe.) Hat Ebert in dem Munitionsarbeiterstreik vom Januar 1918 etwa die Interessen der Arbeiter und nicht viel mehr die der Bourgeoisie, der Durchhalter wahrgenommen. Das verräterische Spiel, das mit der Arbeiterklasse getrieben worden ist, hat selbst die sozialdemo⸗ kratische „Leipziger Volkszeitung“ empört. Auch die „Wiener Ar⸗ beiterzeitung“ erklärt, Ebert habe sein Amt in Wirklichkeit gegen dieselbe Arbeiterschaft ausgeübt, auf deren Krücken er in die Reichs⸗ präsidentschaft gelangt sei. Bei seinem Amtsantritt hat Ebert schmäh⸗ Uich verleugnet, was er am 9. November 1918 die „Stunde der Ab⸗ rechnung“ nannte. Die ersten Opfer waren Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, und darauf folgten tausende von Arbeitern und die Niederwerfung des Proletariats. Alle Errungenschaften der Arbeiter durch die Revolution sind in wenigen Jahren wieder verloren ge⸗ gangen. Die sozialdemokratische „Rheinische Volksstimme“ kenn⸗ zeichnet Ebert in diesen Tagen als Verräter an den Millionen Ar⸗ heitern. Die Neutralität des Reichspräsidenten hat selbst in seiner Partei großes Mißbehagen erregt, so daß im Herbst 1923 sein Aus⸗ schluß aus der Partei beantragt wurde und der Sattlerverband ihn tatsächlich ausschloß. Die wahre Rolle dieses Reichspräsidenten der Bourgeoisie war erkannt und in dieser Rolle liegt System, das System der Eö1“ Ebert war eine Marionette der Bourgeoisie. Er hat seine Präsidentschaft zum ersten Male aus den Händen des Prinzen Max von Baden und 1922 die Fortsetzung seines Amtes aus den Händen des Herrn Stinnes entgegengenommen. (Minutenlanger wilder Tumult mit heftigem Wortwechsel zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten, den Präsident Löbe nur mit vieler Mühe beschwichtigen kann.) Wer auch Eberts Nachfolger werden wird, er wird es nicht aut bei uns haben. (Präsident Löbe macht den Redner darauf aufmerksam, daß er ihm weiten Spielraum gelassen hobe, daß aber diese Ausführungen nicht zur Frage der Bestattungs⸗ kosten gehören.) Ich spreche über das System. (Präsident Löbe: Das System gehört nicht zur Sache.) Ein sozialdemokratischer Präsident kommt jetzt nicht mehr in Frage, die Partei scheint sich damit abzufinden und macht nur noch Scheinmanöver. (Präsident Löhe ruft den Redner zum zweiten Male zur Sache und macht ihn auf die geschäftsordnungsmäßigen Folgen eines solchen dritten Rufes aufmerksam.) Redner schließt: Wir aber werden die Sieger sein. (Lebhafter Beifall bei den Kommunisten. Gelächter im ganzen übrigen Hause.)

Präsident Löbe: Gegenüber mancherlei Fragen betone ich, daß mir formell die Möglichkeit, gegen diese Ausführungen einzuschreiten, nicht gegeben ist. Den Toten setzen sie nicht herab. (Lebhafter Beifall.)

Abg. Fehrenbach (Zentr.), Was wir soeben gehört haben, verdient nicht durch einen Protest zurückgewiesen zu werden. (Ruf bei den Kommunisten: Amen!) e habe von dieser Stelle aus das Andenken eines Verstorbenen (großer Lärm bei den Kommunisten, andauernde stürmische Unruhe im ganzen Hause), eines Toten . . . .. (Neueinsetzender Lärm der Kommunisten, der die nächsten Worte des Rednerns übertönt. Die Abg. Golke (Komm.) ruft: Heuchelei! Sie wird dafür zur Ordnung gerufen.) Wenn der Tote in dieser Weise heruntergerissen worden ist, so habe ich, der ein Jahrzehnt lang mit dem Verstorhenen zusammengearbeitet hat und der nicht zu derselben Partei gehört, das Bedürfnis, für den Verstorbenen ein Wort zu sprechen. Wir müssen die politische Tätigkeit unseres ver⸗ storbenen Reichspräsidenten in der schwersten Zeit anerkennen (neuer großer Lärm), und wenn schon nach zwei Monaten nach ““ des Krieges das Deutsche Reich nicht dem Chaos anheim fsie Rufe bei den Kommunisten: Ahl), sondern in der Lage war, die Ver⸗ föfeng durch die deutsche Nationalversammlung zu geben, so gehört as mit zu den Verdiensten des Verstorbenen. Und wer Gelegenheit gehabt hat, in schwerer Zeit seine Amtstätigkeit kennenzulernen, der muß die Tatsache feststellen, daß er zwar Angehöriger seiner Partei geblieben ist, erkennt aber auch an, daß er sein Amt mit Würde, Gerechtigkeit und Unparteilichkeit wahrgenommen hat. (Abermaliger großer Lärm bei den Kommunisten und stürmische Erregung im Hause.) Alle anständigen Elemente des Volkes erkennen das an. (Beifall im ganzen Hause, bei den Kommunisten. Die nächsten Worte des Redners sind wiederum in dem Lärm nicht zu verstehen. Man hört von den Bänken der Sozialdemokraten Pfui⸗ rufe gegen die Kommunisten. Aus der Mitte des Hauses erschallt der Ruf: Pfui Deibel!) Die ganze Welt erkennt das an. Das deutsche Volk hat sein Zeugnis dafür abgelegt, daß ein würdigerer und ver⸗ dienterer Präsident nicht denkbar ist. Das sind wir dem Andenken des Reichspräsidenten schuldig. (Beifall und Händeklatschen.)

Abg. Graf Reventlow (Nat. Soz.): Die Bestattung auf Reichskosten 8 zt die Einigkeit über die Verdienste des Verstorbenen voraus. Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor, auch fehlt es dafür an der Einigkeit im Volke. Auch im Reichstage käme vielleicht nur eine verschwindende Mehrheit heraus, wenn die Deutschnationalen in der Regierung nicht vertreten wären. (Hört! hört!) Wir halten das Vorgehen der Regierung für demoralisierend und im Grunde un⸗ wahrhaftig. (Große Unruhe.) Es handelt sich hier schließlich um eine rein politische Frage. Wir lehnen die Vorlage ab. Die Sozial⸗ demokraten werden hoffentlich zu derselben die gleiche Stellung ein⸗ nehmen, wie zur Frage der Ruhrkredite. (Lachen links. Ruf: Idiot! Ordnungsruf.) Auch im Sinne des Verstorbenen dürfte ein so un⸗ würdiger Byzantinismus nicht gelegen haben.

Die Vorlage wird darauf in zweiter Lesung gegen die Stimmen der Kommunisten und Nationalsozialisten ange nommen. .

Hierauf tritt das Haus in die Beratung des kommu⸗ nistischen Antrags ein, wonach die Reichsregierung auf⸗ efordert wird, Schritte zur Beilegung des Ei senbahner⸗ serests u tun und dafür zu sorgen, daß die Forderungen er Eisenbahner bewilligt werden.

Abg. Koenen (Komm.) begründet den Antrag. Es frage sich, ob die von der Reichsbahngesellschaft und vom Ententeagenten gegen die Eisenbahner betriebene Schandwirtschaft weiterdauern oder unter⸗ bunden werden soll. Gegen den Willen jener 1 auch gegen den Willen des Bürgerblocks und der Gewerkschaftsbürokratie, habe die Eisenbahnarbeiterschaft den Kampf gegen die französischen Groß⸗ kapitalisten aufgenommen. In den Versammlungen der beteiligten Verbände sei 8 Kampfstimmung vorhanden. Man fordere Lohn⸗ erhöhung und Wiederherstellung des Achtstundentags. Die Forderung auf Lohnerhöhung sei sehr bescheiden; trot dem dekretiere der Demo⸗ krat Oeser auf Geheiß des französischen Oberkommissars: „Es wird nichts bewilligt!“ Da sei es doch kein Wunder, wenn die Kampf⸗ stimmung immer erbitterter werde. Wie den Metallarbeitern und den Bergarbeitern, so werde jetzt von den kapitalistischen Gewalt⸗ habern der Eisenbahnarbeiterschaft mitgespielt. Die Verräterei der Sozialdemokraten im letzten Halbjahr habe es zu Wege gebracht, daß in dieser Zeit der Reallohn der Arbeiterschaft von achtzig auf sechzig Prozent gesunken sei. Eine unerhörte Provokation, die Ankündigung eines Abzuges von einer halben Stunde Lohn für die 15 Minuten Arbeitsruhe am 5. März, habe dem Faß endlich den Boden ausge⸗ schlagen. Die Unterbeamten des Lehrter seien jetzt durch Herrn Oeser mit dem Hinauswurf bedroht, weil sie sich weigern, die Arbeit der streikenden Güterbodenarbeiter auszuführen. Anstatt Ent⸗ gegenkommen zu beweisen, mache man gegen das Koalitionsrecht der Arbeiter die von Noske geschaffene Technische Nothilfe mobil, um den Eisenbahnerstreik abzuwürgen. Dieser Gefahr müsse entgegen⸗ getreten werden. Schon sei ein weiterer Abbau des Eisenbahn⸗ personals auf Befehl des französischen Kommissars geplant; alles, was die Rentabilität 13 wüsse hinausfliegen, und die Sozial⸗ demokratie sowie die Gewerksaftsbürokraten leisteten dabei getreu⸗ lich Beistand Die Neueinstellung von 87 000 Mann, um die die Arbeitslosenzahl vermindert werden würde, sei nötig, wenn der Acht⸗ stundentag wieder in Kraft gesetzt werde; daher der erbitterte Wider⸗ der Oeser und Konsorten gegen die Eisenbahnerbewegung. Der Antrag seiner Fraktion solle vor den Eisenbahnern feststellen, wo ihre Verräter sitzen, die im August 1924 geschwindelt hätten, als sie ver⸗ sicherten, es werde kein weiterer Abbau erfolgen. Die Macht der Eifen⸗ bahner sei groß, sie sei so groß, daß sie zur Vernichtung der Bürger⸗ blocksregierung führen müsse. Wären die Sozialdemokraten wirklich Gegner des Bürgerblocks, dann müssen sie dafür sorgen, daß der Streik der Eisenbahner allgemein werde. Kein Abbruch ohne Sieg Die Eisenbahner hätten es in der Hand, den Achtstundentag für die ganze deutsche Arbeiterschaft wieder zu erringen.

Abg. Schumann (Soz.): Wir verzichten auf eine Polemik mit dem Abg. Koenen. Wir haben unsererseits schon das Verkehrs⸗ ministerium darauf hingewiesen, daß die Reichsbahn ein gefährliches Spiel treibt, wenn die Forderungen der Eisenbahner nicht erfüllt werden. Der Streik darf nur das letzte Mittel sein. Der Abg. Koenen darf sich deshab nicht wundern, wenn die „Geschäftsbüro⸗ kratie“ den Streik nicht genehmigt, geschweige denn provoziert hat. Die Verhandlungen sind noch nicht abgeschlossen. Die Lohnforde⸗ rungen sind sehr bescheiden, und es ist deshalb sehr bedauerlich, daß ie noch nicht erfüllt sind: es handelt sich nur um drei Pfennige mehr ür den Stundenlohn. Wir lehnen es ab, uns in das Schlepptau der Moskauer zu begeben. Wir haben wiederholt erklärt, daß wir die Interessen der Arbeiter unter keinen Umständen den Interessen der Schwerindustrie opfern werden. Ein Uebergreifen des Streiks auf den Verkehr erscheint nicht ausgeschlossen. Darum muß die Regierung in letzter Stunde unbedingt eingreifen. Ich fordere nunmehr, da offenbar der Reichsverkehrsminister nichts erreichen konnte, den Reichsarbeitsmninister auf, in dem Streik zu vermitteln und den Streit zum Abschluß zu bringen. Die außerordentlich ernste Lage kann nur durch eine Verständigung gebessert werden.

Abg. Dr. Cremer (D. Vp.) beantragt nunmehr Schluß der Debatte und Ueberweisung des kommunistischen Antrags an den Verkehrsausschuß.

Der Antrag auf Schluß der Debatte wird angenommen. Ueber den Antrag auf Ueberweisung an den Ausschuß wird durch Auszählung entschieden. Mit Ja stimmen 179, mit Nein 127. Der Antrag ist also angenommen.

Den deutschnationalen Antrag, betreffend Bildung einer Abordnung von 14 Mitgliedern zur Untersuchung der Ursachen der Explosion in Reinsdorf, beantragt Abgeordneter Hemeter (D. Nat.) von der Tagesordnung abzusetzen, da die Regierung eine Denkschrift über das Unglück vorzulegen beabsichtige.

Abg. Koenen (Komm.) widerspricht und bezeichnet die 18 sartige Behandlung als notwendig. Das geflossene Arbeiterblut schreie nach Rache.

Präsident der Reichsarbeitsverwaltung Dr. Sydow drückt das riefe Mitgefühl der Reichsregierung aus und macht Mitteilung von der durch eine Sachverständigenkommission vorgenommenen Besichtigung der Unglücksstätte. Die Regierung beabsichtige, ein ausführliches Gutachten über die Explosionsursache vorzulegen.

Abg. Hemeter (D. Nat.) hält eine Zurückstellung der Beratung bis nach Vorlegung des Regierungsgutachtens für zweck⸗ mäßig.

Abg. Koenen (Komm.) protestiert dagegen, daß man sich inter eine solche Denkschrift zu verstecken e Die Regierung ei nicht Richter, sondern 8* sich als Angeklagter zu verant⸗ worten.

Die Absetzung wird beschlossen.

Es folgt die zweite Beratung des Gesetzentwurfs über Aufnahme von Auslandskrediten durch Ge⸗ meinden und Gemeindeverbände in Verbindung mit den Anträgen der Sozialdemokraten über denselben Gegenstand.

Der Reichshaushaltsausschuß beantragt durch den Berichterstatter Abgeordneten Dr. Cremer (D. Vp.) die An⸗ nahme der Vorlage, die solche Anleihen von der Zustimmung des Reichsfinanzministers abhängig macht, mit dem Zusatz, da das Gesetz auf alle Verträge dieser Art Anwendung findet, die eit 1. März 1925 aeescheossen worden sind. Damit erledigen ich die sozialdemokratischen Anträge, die unter Aufhebung der Verordnung des Reichspräsidenten vom 29. Januar 1925 ein solches Gesetz vorgeschlagen haben.

Abg. Keil (Soz.) fürht aus, daß die Verordnung auf Grund des Artikels 48 der Nichsverfassung nicht zulässig gewesen sei und durch ein Gesetz ersetzt werden mußte. Darauf sei es seiner Partei bei dem Antrag auf Aufhebung der Verordnung angekommen. Mit der Ungültigkeitserklärung dieser Verordnung zugkeich müsse aber das Gcet gemacht weren, das den gleichen Zweck verfolge. des Ausschuß⸗

Seine Partei aber beantrage die Abänderung 1. Februar

beschlusses dahin, daß die Rückwirkung bis zum erstreckt werde.

In dieser Fassung wird die Vorlage in zweiter und dritter Beratung angenommen.

In erster Beratung wird der Gesetzentwurf über die Volks⸗, Berufs⸗ und Betriebszählung 1925 dem volkswirtschaftlichen Ausschuß überwiesen.

In erster Beratung wird der Gesetzentwurf über die vierteljährliche Gehaltszahlung an die Be⸗ amten mit einem vom Abgeordneten Eichhorn (Komm.) begründeten Antrag der Kommunisten, der die Regierung zur Wiedereinführung dieser Gehaltszahlungsweise in bindender Form verpflichten will, an den Haushaltsausschuß überwiesen.

Der Gesetzentwurf über den Beitritt des Reiches zu dem Madrider Abkommen, betreffend die Unter⸗ drückung falscher Herkunftsabgaben auf Waren, wird ohne Debatte in allen drei Lesungen angenommen.

Der Gesetzentwurf über eine zweite Aenderung der Personalabbauverordnung wird an den Haushalts⸗ ausschuß überwiesen.

Es folgt die erste Beratung des Gesetzentwurfs über den Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamts in Verbindung mit dem Gesetzentwurf, betreffend das Washingtoner Uebereinkommen vom 28. November 1919 über die Arbeitslosigkeit. Die beiden Gesetze erhalten die Zustimmung Deutschlands zur Vermehrung des Verwaltungsrats um 8 auf 32 Mitglieder und zu dem Uebereinkommen vom 28. Novemher 1919.

Abg. Weber⸗Düsseldorf (Komm.) bedauert die Unzulänglich⸗ keit des Inhalts der Washingtoner Uebereinkunft; seine Fraktion stimme ihr aber zu, schon um den Sozialdemokraten das Argument zu nehmen, 896 wieder einmal die Kommunisten einen sozial⸗ politischen Fortschritt abgelehnt und damit die Arbeiterschaft geschädigt hätten.

Die Vorlagen gehen an den Auswärtigen Ausschuß.

Das Genueser Uebereinkommen vom 10. Juli 1920 über die Stellenvermittlung für Seeleute ist ebenfalls zur Genehmigung dem Reichstage vorgelegt.

Abg. Creutzburg (Komm.) fordert die baldigste Vorlegung der auf der Tagung der zweiten allgemeinen Konferenz der Inter⸗ nationalen Arbeitsorganisation in Genua gleichzeitig beschlossenen Uebereinkommen über das Mindestalter für die Zutassaung der Kinder zur Arbeit auf See und über die Gewährung einer Ent⸗ für Arbeitslosigkeit infolge von Schiffbruch. Die gänz⸗ ich unzureichenden Vorschriften der Seemannsordnung würden dadurch wenigstens in etwas korrigiert.

Auch diese Vorlage geht an Ausschuß.

Darauf wird Vertagung beschlossen. Nächste Sitzung Dienstag 2 Uhr (dritte Lesung des Gesetzentwurfs über die Stellvertretung des Reichspräsidenten und des Gesetzentwurfs wegen Uebernahme der Beisetzungskosten auf das Reich; Haushalt des Reichsjustizministeriumse).

Schluß 6 Uhr.

den Sozialpolitischen

Parlamentarische Nachrichten.

Im Haushaltsausschuß des Reichstags wurde gestern der Marineetat behandelt. Angenommen wurde eine Entschließung des Abg. Brüninghaus (D. Vp.), wonach die Marinezahlmeister⸗Laufbahn im Interesse eines geeigneten Nach⸗ wuchses günstiger gestaltet werden soll. Auf Anfrage der Abgg. Dr. Schreiber (Zentr.), Brüninghaus (D. Vp.) und Hün⸗ lich (Soz.) bezüglich des Bildungswesens bei der Marine und der Vorbereitung für das bürgerliche Fortkommen der Marine⸗ angehörigen nach Beendigung ihrer Dienstzeit erwiderten die Ver⸗ treter der Marine laut Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger, daß eine Fachschule für Verwaltung und Wirtschaft und eine Fachschule für Gewerbe und Technik diesem Zwecke dienten. Eine Anerkennung der Zeugnisse dieser Fachschulen sei durch die Reichsbehörden und durch die Mehrzahl der Länder bereits erfolgt, so daß die Absolvierung dieser Schulen eine gewisse Bürgschaft für die spätere Einstellung des Marineangehörigen als Beamten gewähre, sobald die Anstellungssperre in den Beamtenlaufbahnen aufgehoben sei. Weniger günstig seien die Aussichten einer späteren Beschäftigung in Industrie und Handel. Auf Anfrage des Abg. Dr. Wielandt (Dem.) wurde von der Marineleitung betont, daß bei der Werft das Kon⸗ struktionspersonal völlig unzureichend sei. Die Konstruktions⸗ büros seien nicht in der Lage, die Zeichnungen rechtzeitig fertigzustellen. Hierdurch entstünden Verzögerungen bei den Arbeitsobjekten, die ein wirtschaftliches Arbeiten unmöglich machten. Was die Stellung des obersten technischen Beamten anbetreffe, so sei in Rücksicht auf die außerordentlich große Bedeutung der Technik für die Marine seine Position insofern gehoben worden, als er nunmehr dem Chef der Marineabteilung direkt unterstellt ei. Bei Beratung des Kapitels, betr. „Hilfsleistungen durch nichtbeamtete Kräfte“, bestätigte der Reichswehrminister Geßler seine früheren Er⸗ klärungen, daß die Angestellten, die jetzt noch in der Marineverwaltung tätig seien, einen moralischen Anspruch darauf hätten, daß sie im Dienste blieben. Im weiteren Verlauf seiner Darlegungen führte der Minister darüber Klage, daß eine Reihe von Behörden es systematisch ablehne, Militäranwärter einzustellen. Dieser Vorwurf sei vor allem gegen eine Anzahl von Gemeindebehörden zu erheben. Abg. Ersing

(Zentr.) regte dann an, das Reichswehrministerium möge unter Bezug⸗

nahme auf die Besprechung im Haushaltsausschuß an die Leitung de deutschen Städteverbandes herantreten und diese bitten, auf die Ge⸗ meinden einzuwirken, daß sie mehr als bisher Versorgungsanwärter einstellen. Abg. Schmidt⸗Stettin (D. Nat.) führte aus, daß eine Entlassung der über 12 Jahre beschäftigten Angestellten nicht erfolge dürfe, wie das auch kürzlich der Reichsfinanzminister verfügt habe. So⸗ bald einmal Personalbestand und bedarf der einzelnen Reichsverwal⸗ tungen festgesetzt sei, müsse seiner Ansicht nach spätestens im Herbst der Einstellung der Versorgungsberechtigten als Beamtenanwärter näher getreten werden. Bei Behandlung der Unterhaltungskosten für die Bauwerke der Marine beantragte Abg. Hünlich (Soz.), die Marineleitung möge ihre Bedenken in bezug auf die wirt⸗ schafiliche Verwendung der von ihr nicht benötigten Hafenteile in Wilhelmshaven wenn sie nicht militärischer Natur sind so weit zurückstellen, daß die wirtschaftliche Ausnutzung dieser Hafenteile nicht unmöglich wird. Von seiten der Marineleitung wurde hierzu bemerkt, daß es durchaus im Interesse der Marine läge, wenn die wasserbau⸗ lichen Marineanlagen in Wilhelmshapen⸗Rüstringen nicht weiter ver⸗ fielen. Deshalb seien auch von der Marine die Pläne der Städte, die von der Marine gebauten Anlagen auszunutzen, stets gefördert worden, soweit diesen Plänen nicht die Belange der Landesverteidigung ent⸗ gegenstanden. Beim Kapitel „Minenwesen“ fragte Abg. Dr. Cremer (D. Vp.), ob aus der Lage des Minendepots „Grauer Ort“ bei Awpenfleet besondere Gefahren für den Ort wie für die be⸗ nachbarten Deichanlagen sich ergäben. Ein Vertreter der Marinelertung erwiderte hierauf, daß für „Grauer Ort“ die Sicherheitsverhältnisse besonders günstig lägen, da hier nur geringe Belegung mit einwandfreier Munition stattfinde. Auf sprengtechnisckem Gebiete gemachte Erfahrungen seien bei Herrichtung des Forts berück⸗ sichtigt worden. Die Geeianetheit des Forts als Lagerstelle für See⸗ minen sei durch die beteiligten Reichs⸗ und preuß schen Staats ministerien sowie durch die zuständigen technischen Behörden auf das eingehendste geprüft worden. Alle hierbei als erforderlich festgestellten baulichen Schutzmaßnahmen seien ausgeführt worden. Da die einzelnen Explosionsräume durch Pufferräume getrennt seien, könnten selbst im Falle eines Unglücks, das aber, so weit menschliches Ermessen reicht, ausgeschlossen sei, nur Teilexplosionen in Frage kommen. Im Hin blick auf diese gauten Sicherheitseigenschaften habe die Marine ein be sonderes Interesse an diesem Fort als Munitionslager. . nisse der Marsckhbewohner können demnach als unbegründet bezeichne werden. Hierauf wurde die Weiterberatung des Marineetats auf heute vertagt. Der Reichstagsausschuß zur Untersuchung der Völkerrechtsverletzungen im Weltkrieg trat gestern unter Vorsitz des Abg. Dr. Bell zusammen, um ein Referat des Sachverständigen Gehe mrats Professors Dr. Meurer über Ver letzungen des Genser Abkommens „zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken bei den im Fesde stehenden Heeren“ ent gegenzunehmen. Dem Reserat folgte ee Aussprache, die vom Mitt⸗ woch an fortgesetzt und voraussichtlich zu einer Entschließung des Aus⸗

Die Besorg⸗

überhaupt besteht.

Auelagen 34 000

EFinblick in die Akten und fraat, ob

schusses über die Haltung der kriegführenden Parteien in der wichtige Fragen der Behandlung Verwundeter und Kranker sowie des

Sanitätspersonals führen wird. Das Referat wie die zu er⸗ wartende Entschließung werden in Bälde veröffentlicht.

Der Aeltestenrat des Preußischen Landtags ist gestern Nachmittag zu einer Sitzung zusammengetreten und hat be⸗ schlossen, heute Nachmittag eine Sitzung abzuhalten mit der Tages⸗

Idnung: Wahl des Ministerpräsidenten. Auch morgen soll eine Sitzung stattfinden. Für den Fall, daß der neugewählte Minister⸗ präsident sein Kabinett am Donnerstag vorstellen kann, ist dieser Tag für die Entgegennahme der Regierungserklärung vorgesehen. In diesem Fall soll auch am Freitag noch eine Sitzung stattfinden, während sonst nur noch am Donnerstag in dieser Woche getagt werden soll. Auch in der nächsten Woche sollen Situngen am Dienstag, Mittwoch und eventuell noch am Donnerstag abgehalten werden.

Im Unterrichtsausschußdes Preußischen Land⸗ bgg wurde dem Nachrichtenbüro des Vereins deutscher Zeitungs⸗ verleger zufolge der Erlaß des Kultusministeriums vom 6. Februar

925 stark krilisiert. Nach diesem Erlaß sind am 1. 4. 1925 unter⸗ zubringen 401 männliche und 29 weibliche Lehrkräfte. Von diesen sind 57 Studiendirektoren, darunter 30 Akademiker und 25 Theologen; 50 Prorektoren, darunter 21 Akademiker und 13 Theologen; 57 Semi⸗ narstudienräte, darunter 18 Akademiker und 3 Theologen, 237 Semi⸗ nar⸗Oberlehrer, darunter 33 Akademiker und 2 Theologen. Von den 29 weiblichen Lehrkräften sind 8 mit akademischer Bildung unter⸗ zubringen. Durch den Abbau der Seminare am 1. Oktober 1925 und 1. April, 1926 werden 328 Lehrkräfte, darunter 133 Akademiker und 55 Theologen, frei. Der Berichterstatter Abg. Oelze (D. Nat.) wies auf den Unterschied nvischen dem Dezember⸗ und dem Februar⸗Erlaß hin. Der erste erkenne ausdrücklich die Verpflichtung zur ander⸗ weitigen Unterbvingung der Seminarlehrer an und gebe dafür vier Möglichkeiten: in Sckulleitung. Aufsicht, Rektorat und höheren Schulen einschließlich Aufbauschulen. Der Erlaß sei staatsrechtlich zu beanstanden, er sei unterzeichnet, als Braun das Vertrauen als Kultus⸗ minister bereits entzogen war; außerdem sei das Etatsrecht des Land⸗ tags verletzt. Der Erlaß enthalte ungeheure Härten; die Seminar⸗ lehrerschaft sei ja schon durch die Verkürzung der Aufrückungsmöglich⸗ keiten geschädigt genug. Darum fordere der deutschnationale Antrag ofortige Aufbebung des Erlasses. Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbidung Dr. Becker schilderte die schwierige Lage für das Unterrichtsministerium: Der Etat sei noch nicht behandelt. Der ver⸗ diente Referent des Lehrerbildungswesens, Geheimrat Schwartz, sei infolge von Ueberarbeitung in den Ruhestand getreten. Die bisherigen Leistungen der Lehrerbildner erkenne die Regierung an. Sie werde sich eber mit aller Energie für eine neue Form der Lehrerbildung ein⸗ senen. Vom Finanzministerium wurde darauf hingewiesen, daß di Wartegeldversorgung schon früher in größerem Umfange Anwendung gesunden habe, so bei der Uebergabe der Eisenbahn⸗, Steuer⸗ und Staatsschuldenverwaltung an das Reich. Es sollen auch Ausreichs⸗ zuschläge gegeben werden, um die anderweitig untergebrachten Lehr⸗ kräfte nach Klasse X aufrücken zu lassen. Eine Nobelle zum Unter⸗ bringungsgesetz müsse die Städte veranlassen, Lehrerbi dner an ihren Schusen unterzubringen. Die Frage, ob seminaristisch vorgebildete Seminarlehrer auch an den Aufbauschulen angestellt werden können, wurde seitens der Regierung verneint. Auch Aba. Dr. Bohner (Dem.) sprach sich dagegen aus. Abg. Kickhöffel (D. Nat.) forderte im Gegensatz dazu, daß tüchtige Seminarlehrer nicht grundsätzlich aus⸗ geschlossen werden dürfen.

Im Untersuchungsausschuß des Preußischen Landtages für die Landespfandbriefanstalt führte zu Beginn der gestrigen Sitzung Abg. Riedel (Dem.) als Bericht⸗ erstatter, gestützt auf Akten, u. a. laut Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger, aus: Tae Landespfandbrief⸗ anstalt hat ein Kontokorrentbuch vorgelegt. Die Buchführung darin ist sehr unsauber. Es kommen viele Durchstreichungen, Ueber⸗ schreibungen und sogar Radierungen vor. Einmal ist auf einer Konto⸗ seite, die die hier zur Sprache süchendim Fälle betrifft, z. B. die Be⸗ zeichnung „Stäͤdtische Sparkasse Stettin“ durchgestrichen und dafür „Zitzewitz u. Gen.“ hingeschrieben worden. Verschiedene Ein⸗ tragungen stimmen auch nicht überein mit dem Inhalt der Schuld⸗ urkunden. Der Berichterstatter führte sodann im einzelnen die Konten an. Daraus ergibt sich, daß am 15. Mai 1924 auf dem Konto Etzdorf u. Gen. ein Saldo von rund 1,3 Millionen Mark stand. An dem genannten Tage wunde dieser Saldo auf das neue Konto „Städtische

asse Stettin“ übertragen. Dieses Konto ist später umgewandelt worden in ein solches, das den Namen „Zitzewitz u. Gen.“ trug. Ins⸗ gesamt sind der Landespfandbriefanstalt auf diesem Konto gutgeschrieben rund 4,8 Millionen Mark bis 31. Dezember 1924. In dem gleichen

Kontohuch befindet sich das Konto der Deutschen Wohnstätienbank.

Diese hat, wie aus den Akten hervorgeht, ihr Geld ausdrücklich unter

der Bezeichnung „für wertbeständige Anlagen“ zur Verfügung gestellt.

Nach meinem Dafürhalten hat die Landespfandbriefanstalt für das

Zitzewitz⸗Geschäft von Anfang an mit dem Gelde der Wohnstättenbank

und Stettin nur als Scheingeschäft angesehen. Die Direktoren er Landespfandbriefanstalt haben für ihre Tätigkeit als nebenamtliche

Direktoren der Wohnstättenbank ein Zusatzgehalt bezogen, das durch⸗

weg die Hälfte ihres Gehaltes bei der Anstalt betrug. In den bis⸗

herigen Aktenstücken hörte der Schriftwechsel mit Stettin am 15. Mai auf. Nach den neuen Akten, die jetzt vorliegen, sind Schreiben noch ge⸗ wechselt worden am 17. Mai, am 21. Mai, am 18. ni, am 30. Juni,

im September usw. In dem Schreiben vom 21. Mai, das die Städ⸗

tische Kasse in Stettin an die Landespfandbriefanstalt in Berlin⸗ ge⸗

richtet hat, bestätigt Stettin (unterzeichnet von Direktor Güßner, der hier als Zeuge vernommen ist), daß die G „unserer

Weisung gemäß“ einen bestimmten Betrag gezahlt habe. Das be⸗

rührt sonderbar, weil dem Herrn Vorsitzenden und auch

H und auch mir au Fragen nicht gesagt worden ist, daß ein diesbezüglicher Ehh nir, auf

2 t Nunmehr ergibt sich, daß sämtliche Laftschriften auf das Konto Stettin mit ganz genauer Bezeichnung des Zahlungs⸗ modus einzeln brieflich mitgeteilt worden sind. Es muß fest⸗ gestellt werden, ob diese Briefe, von denen die Durchschläge vorhanden sind, an Stettin abgegangen sind. Wenn ja, dann haben die Herren aus Stettin etwas unrichtiges ausgesagt. Daß aber auf beiden Seiten unrichtiges gesagt wurde, geht daraus hervor, daß auch Stettin von seinem Schreiben an Berlin nichts mitreteilt hat. Aus einem Schreiben vom 3. Februar d. J. ist ersichtlich, daß der Stettiner Stadtrat Schmidt, der hier als Zeuge gehört worden ist, am 20. Ja⸗ nuar zu einer Besprechung in Berlin war und daß Stettin jür kelg 20 Mark vergütet worden sind. Ueber die geradezu sträflich nachlässice Revision und Beaufsichticung der Landespfand⸗ briesanstalt die sich aus den Akten ergibt, muß später noch gesprochen werden. Sodann teilt der Berichterstatter noch mit, daß von Dr. Fleischmann im Ausschuß ein Schreiben eingegangen ist, in dem er nochmals erklärt, daß er an dem Geschäft der Herren Zitzewitz usw. in keiner Weise beteiliat gewesen sei. Die Reise nach London habe er aus Gefälligkeit mitgemacht. Fleischmann leat dann im einselnen dar, wie er die 30 000 Mark verausgabt habe. 6500 Mark habe Carlowitz in Berlin erhalten, 5000 Mark Karstädt, 5000 Mark Epdorf, nochmals 600 Mark Etsdorf nochmals 2000 Mark Carlowitz. 8000 Mark seien für Hotel usw. ausnegeben worden, etwa 1600 Mark für Fahrtkosten. Der Rest soll auf Auslagen englischer Firmen entfallen. Die Nieder⸗ ländische Grundkredithank hat sich ebenfalls in einem Schreiben gemeldet und eine Abschrift der notariellen Urkunde über das seiner⸗ zeitige Geschäft mit der Stadt Berlin überreicht. Sodann teilt sie mit, daß sie in Berlin großen schuldenfreien Besitz hat. Buchhalter Müller vom Bürobaus Börse A. G. hat einen Kontoauszug über 51 000 Mark eingeschickt, welchen Betrag die Herren Etdorf, Carlo⸗ witz und Karstädt für private Zwecke abgehoben haben. Aus einem anderen Schreiben geht hervor, daß für die von Carlowitz gekaufte Brennerei 34 000 Mark in Rechnung gestellt worden sind. Hierauf gewährt Vorsitender Leinert dem Pugen Geheimrat Nehring ie in Akten befindlichen Briefe an die Städtische Sparkasse Stettin abgegangen ee süieeß Zeuge erklärt, daß sie zum Teil abgegangen seien. E s

Stettin noch besondere Telephongespräche geführt worden; zuständig für diese Fragen sei der Direklor Lüders. Der Vo rsitzende ver⸗ weist an der Hand der Schreiben selbst darauf, daß diese auch vom Zeugen teilweise mit unterschrieben selen. Auch seien einige Schreiben von ihm allein, andere von Lüders allein unterschrieben. Auf die Frage, warum die unterschriebenen Briefe nicht in die Expedition zur Be⸗ förderung gegangen seien, verweist der Zenge wiederum auf besondere lelephonische Besprechungen mit Stetdin. Die Frage, ob er die Schreiben bielleicht zurückgehalten habe, verneint der Zeuge. Bericht⸗ erstatter Riedel: Weshalb haben Sie dem Stadtrat Schmidt die Reise bezahlt? Zeuge Dr. Kornbaum: Die Anstalt hatte die Herren von der Stettiner Stadtsparkasse gebeten, von Stettin herüber⸗ zukommen. Bei der Besprechung haben wir uns nicht geeinigt, da Stadtrat Schmidt seinen Provisionsantrag aufrechterhielt. Zeuge von Carhowitz bekundet, er könne die Verwendung der einzelnen Posten im Augenblick nicht belegen. Berichterstatter Riedel be⸗ tont, es blieben inmer noch 800 900 000 Mark für private Ver⸗ wendung übrig. Zeuge v on Etzdorf bemerkt dazu, daß auf keinen Fall eine so hohe Summe für private Zwecke verwendet worden ist. Der Zeuge will in kürzester Frist die genauen Belege beibringen. Der überhaupt nicht Rest könne sich höchstens auf 350 000 Mark belaufen. Zeuge -wuchhalter Müller vom Bürohaus „Börse gibt dann Auskunft über die Verwendung der Einnahmen dieser Firma. Er habe den Herren gesagt, daß im ganzen etwa 22 000 Mark Miete monatlich herauskämen, während diese mit einem großen Ueberschuß rechneten. Herr von Karstädt ließ sich die vorhandenen 13 000 Tbaß geben, obwohl ich erklärte, daß noch Steuerrückstände zu zahlen seien. Wir mußten Steuerstundung beantragen, um eine Pfändung abzu⸗ wenden. Im ganzen sind 51 523 Mark an die Herren gezahlt worden. Für Auflassung von Hypotheken sind 5200 Mark gezahlt worden. Neuerdings sollen wir wieder über 3000 Mark für Hypotheken be⸗ zahlen. Das Bürohaus „Börse“ ist ein gutes Geschäft, aber wenn diese Geldzahlungen so weiter gehen, dann wird das untraabar. Den Antrag auf Steuerstundung habe ich begründet mit großen Miete⸗ außenständen. Wäre das Geld nicht gezahlt worden, so hätten die Steuern gezahlt werden können. Zeuge von Karstädt bemerkt auf eine Frage des Vorsitzenden, daß Hypotheken auf das Bürohaus „Börse“ überhaupt nicht aufgenommen worden sind. Für die Pfand⸗ briefanstalt habe man 4 Millionen Grundschuld eintragen lassen. Zeuge Buchhalter Müller bekundet weiter, daß für die Geschäfts⸗ führung früher an die Firma Hake und Leiser 600 Mark monatlich gezahlt, während für die Zeit vom Juli und August an die Herren von Etzdorf usw. 51 000 Mark gezahlt worden sind. Zeuge von Etzdorf bemerkt, daß die Summe für die Zeit vom 1. Juli bis Ende Dezember gezahlt worden ist. Ueber 10 000 Mark waren Pro⸗ visionen an einen Herrn von Pfiffer für einen Protestwechsel gezahlt. Auf eine Frage des Vorsitzenden an den Zeugen Müller, wer denn das Geld immer verlangt habe, erwidert dieser, daß von Carlo⸗ witz selten selbst kam, daß aber verschiedene Ausgaben für ihn gemacht worden sind. Aus einer Aufstellung über die einzelnen an die Herren von Etzdorf, von Carlowitz, von Karstädt usw. gegebenen Beträge geht hervor, daß vom Bürohaus „Börse“ eine große Anzahl kleinerer Aus⸗ gaben geleistet, zahlreiche Telegramme bezahlt sowie das Gehalt an Privatsekretärinnen, an den Privatchauffeur des Herrn von Karstädt aufgebracht und daß ferner besondere Privatbüros gemietet und mit Teppichen und Lederstühlen ausgestattet worden sind. Auch die Miete für diese Büros ist bezahlt worden. Ferner ist einmal eine Probvision von Tausenden von Mark gegeben. Gegen die Zahlungen habe der Zeuge wiederholt protestiert; es sei ihm gefagt worden, das Geld komme zurück. Die Herren seien täglich im Büro gewesen, und das eingehende Geld sei immer sofort wieder verbrauchi worden. von Etzdorf erklärt, daß er selbst, wie auch Karstädt usw., Müller an⸗ gewiesen hätten, zu zahlen. Die Zeugen Erich Hake und Lei ser werden hierauf über gezahlte Provisionen vernommen. Leiser ist im September 1923 aus dem Vorstand Bürohaus „Börse“ ausgetreten. Provisionen von 6 % seien mit Dr. Beckhoff vereinbart worden. Er habe über 5000 Mark erhalten. Wegen des Restes sei der Prozeß vor dem Kammergericht anhängig. Für von Ebdorf habe er keine Ge⸗ schäfte vermittelt. Wenn Zahlungen geleistet worden seien, so wisse er davon nichts. Hake macht weitere Angaben über zugesagte Provi⸗ sionen. An ihn seien über 5000 Mark gezahlt worden, die schon an Kosten draufgegangen seien. Für Ansprüche aus einem zweiten Ge⸗ schäft mit von Etzdorf und Beckhoff sei fruchtlos gepfändet worden. von Zitzewitz habe die selbstschuldnerische Bürgschaft versprochen. Diese wurde später aber abgelehnt Die Beträge setzen sich zusammen aus einer Gewinnbeteiligung von 25 % für den Verkauf des Bürohauses „Börse“ und aus weiteren Geschäften mit von Etzdorf und Genossen. Ueber Geschäfte mit der Landespfandbriefanstalt könne er nichts aus⸗ sagen. Pfändungen seien fruchtlos verlaufen. von Zitzewitz sei ihm als versierter Kaufmanm erschienen, die anderen als das Gegenteil. Auf Vorhalten, daß die angegebenen Summen zu niedrig seien, er⸗ klärte der Zeuge Hake, er habe sich schließlich auf Grund eines Kom⸗ promisses mit niedrigeren Summen zufrieden gegeben, nämlich mit zusammen 84 000 Mark. Die Provision von 25 % sei sväter mit 21 000 Mark abgelöst worden; da er die Hunderttausende, oie er zu gehabt hätte, doch nicht bekommen haben würde, habe er sich amit abgefunden. Als Träger des Geschäfts habe er, so erklärte er auf weitere Anfra von Anfang an Herrn von Zitzewitz angesehen, die anderen nur s vorgeschobene Personen. Zu den verlesenen Rech⸗ nungsbeträgen erklärt von Karstädt, eine Abrechnung sei es nicht gewesen. Geheimrat Nehring erwidert, er habe eine solche darin hesechen. Zeuge Beckhoff macht nähere Angaben über die verein⸗

rten Provisionen; der Zeuge Hake sei ihm als zu geschäftstüchtig vorgekommen. Hierauf werden als Zeugen vernommen die Kaufleute Huse und Jander. Huse weiß besondere Angaben nicht zu machen, der Zeuge Jander habe die einschlägigen Verhandlungen geführt. Dieser gibt nunmehr eine Darstellung der Verhandlungen mit Dr. Beckhoff. Der Zeuge hat mit Herrn von Carlowitz nie gesprochen. Eine Provision sei zugesaat worden. Nach einem zustande gekommenen Vergleich habe sich die Gesamtprovision auf 50 000 Mark belaufen. Zeuge Dr. Beckhoff äußert sch über den Vertrag vom April, bei dem es sich um einen Treuhandvertrag handele. Der Zeufe habe zu⸗ nächst 10 000 Dollar vorauslagt. Die Effekten hätten ihm letzten Endes 250 000 Dollar gekostet. Die Einnah men sollten zwischen den beiden Vertragsarupven geteilt werden. Aus dem Vertrage hat der Zeuge 90 000 Dollar mehr bekommen. Er sei mnicht nach Berlin ge⸗ kommen, um Geldaeschäfte zu machen, sondern um Grundstücke zu kaufen. Die Sift⸗Anteile seien ihm viel lieber als das Geld. Ich klage jetzt gegen die Preußische Pfandbriefanstalt auf Schadenersatz und Wiederherstellung des alten Zustondes. Geleventlich hatte ich den Herren ein Darlehen von 5000 Mark gegeben, aber nicht, um mich an einem Holzgeschäft zu beteiligen, sondern lediglich aus Gefälligkeit. Die weiteren 15 000 Mark sind Zinsbeträae für gestundete Darlehen. Im ganzen handelte es sich um 817 250 Mark, die ich zurückerhalten habe. Berichterstatter Abg. Jaeger verliest dann den sogenannten „Bollmann⸗Vertrag“ zwischen Bechhoff und ihm wirtschaftlich nahe⸗ stehenden Firmen einerseits und den Herren von Ebzdorff usw. anderer⸗ seits betr. Ueberlassung von Anteilen der Sift⸗Berliner Grundstücks⸗ gesellschaft m. b. H. an Dr. Beckhoff. In dem Vertrage ist eine Vertragsstrafe von 100 000 Dollar festgesezt, falls die Ueberbrinaung der Sift⸗Anteile nicht erfolgen sollte. Dr. Beckhoff bezeichnet den Ver⸗ trag als Treuhand!ertrag. Aus einem zweiten Vertrag vom 11. 2. 1924 der die Gvundlage des zuerst verleseren bildet, ergibt sich, daß das Bürohaus „Börse“ ein Kapital von 100 000 Mark in Aktien von je 1000 Mark besaß. Dieselbe Summe besaß die Sift⸗Berliner Grundstücksgefellschaft m. b. H. Der Vertrag revelt die Beziebunnen und Vexrpflichtungen zwischen einem Italiener Giuseype di Bossini umd der Sift⸗Gesellschaft und der Bürohaus „Börse“ A. G. bezw. Dr. Beckhoff. Die Sift⸗Gesellschaft wird als Besitzerin einer größeren Anzahl von Grundstücken in der Fasanenstraße Kurfürsten⸗ damm, Nassauische Straße. Eisenzahnstraße usw. bezeichnet. Di Käufer übernehmen mit dem Tage des Kaufes alle Einnahmen und Ausgaben der betr. Grundstiicke. In dem Vertrane wird eine Kon⸗ ventionalstrafe von 10 000 Dollar festoesetzt, ebenso verfallen bereits gemachte Zahlumgen als Konventionalstrafe. Dr. Beckhoff er⸗ klärt zu den Verträgen, daß das Rückkaufsrecht für ihn bis zum 15. Februar 1925 festaeleat worden sei. Später sei der Vertrag dahin ge⸗ schlossen worden, daß als Abceltung für den Verzicht auf das Rück⸗ kaufsrecht 250 000 Mark gezahlt werden sollten. Es werden weitere Verträge verlesen, darunter der vom 12. August 1924, in dem die ge⸗

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nannte Summe als Abgeltung für den Verzicht auf das Rückkaufs⸗ recht vereinbart worden ist. Dr. Beckhoff erklärt dazu, daß er diesen Vertrag wegen Zwanges ansechte. Zum Schluß der Sitzung beant⸗ wortet der Zeuge Dr. Kant eine Frage des deutschnationalen Abzeord⸗ neten Dr. Koch, daß ihm nicht bekannt sei daß die Londoner Firma Thidewell zahlungsunfähig sei, er glaube das auch nicht. Ein Ein⸗ ee den Protest des Dr. Kant über diese Fragestellung lehnt der Vorsitende ab. Der Termin der nächsten Sitzung wird noch bekannt⸗ gegeben werden. voraussichtlich ist mit einer solchen in dieser Woche nicht zu rechnen.

Der Preußische Landtagsaus u suchung der Barmat⸗Kutssker⸗ . seine Verhandlungen fort. Zur ECrörterung heit Barmat —Reichsfettstelle. weist laut Bericht des Nachri

zur Unter⸗ ffäre setzte gestern stand die Angelegen⸗ Vors. Dr. Leidig weist laut tenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger zu Beginn darauf hin, daß der Reichstag aus

schuß sich mit der Angelegenheit Reichsfettstelle Barmat in seiner nächften Sitzung am kommenden Donnersta sehr ausführlich beschäftigen wird; es sind 21 Zeugen zu SA. Fall geladen. Deshalb bittet er, diese Angelegenheit im Landtagsausschuß nicht zu weit gehen zu lassen. Abg. Kuttnexr (Soz.) bemerkte, daß vom stellvertretenden Vorsitzenden Dr. Deerberg bedauer⸗ licherweise in der letzten Sitzung des Landtagsausschusses nicht inhibiert worden sei, daß der Jeuce Sckwon eine Angelegenhei

88 Sprache brachte, in der der Name des Regierungspräsidente

1 rützner genannt worden sei, obwohl diese Angelegenbeit mit der

zur Erörterung stehenden Fragen des Ausschusses gar nichts zu ina hätte. Er sehe voraus, daß Grützner nun verlangen werde

hiergn gehört zu werden. Ebenso werde wahrscheinlich der ehe⸗

malhme Reichswirtschaftsminister Robert Schmidt gehört werden müssen, gegen den in der letzten Sitzung auch Vorwürfe erhoben worden seien. Vors. Dr. Leidig meinte. daß er sich immer

dagegen gesträubt habe, die Beweisführung ins Uferlose auszu⸗

dehnen. Er erklärte, wenn Lehmann hier aber geäußert habe

Schulz sei ein Schweinigel, müsse man Schulz Gelecenheit geben

sich zu äußern; und wenn dann Schulz sage, Schmidt sei ein Schweinigel, so müsse auch der gehört werden. Bevor der Aus⸗ schuß sich dann seinem eigentlichen Thema für heute zuwendet,

nimmt er aus technischen Gründen die Befragung des 43 jährigen

Staatssekretärs von Möllendorf vor. Vorf. Dr. Lei dig:

Es ist behauptet worden, daß in Ihrer Gegenwart im Jahre 1919

der sozialdemokratische Abgeordnete Wels mit Barmat zusammen

beim Reichswirtschaftsminister Wissell wegen eines Textilgeschäfts

vorstellig geworden sei. Was wissen Sie hierüber? Zeuge

v. Möllen dorf: Ich war damals Unterstoatssekretär im

Reichswirtschaftsministerium. Barmat war in Begleitung des

Abg. Wels beim Minister Wissell erschienen, um eine Einfuhr⸗

erlaubnis für Textilien zu erhalten. Die zuständigen Staats⸗

sekretäãre wandten sich aus wirtschaftspolitischen Gründen gegen

die Einfuhr von fertigen Textilien. Barmat machte geltend, daß

im deutschen Volke zu jener Zeit große Not an Kleidungsstücken

herrsche. Abg. Wels drückte seine Verwunderung darüber aus,

daß ein von einem holländischen Sozialdemokraten einem deut⸗

schen Sozialdemokraten angebo enes Geschäft, daß die Volksnot

lindern sollte, an dem bürokratischen Widerstande der Staatssekretäre

und Referenten scheitern könnte. Ich bemerke ausdrücklich, daß Reichs⸗

wirtschaftsminister Wissell sich niemals von irgendwelchen Ressen⸗

timents hat leiten lassen. Und auch dieser Ge chäftsantrag Bar⸗

mats ist nach der Unterredung in den ordentlichen Geschäfisgang

gekommen. Ob inmgend etwas aus dem ganzen Antrag geworden ist,

weiß ich nicht. Abg Pinkerneil (D. PVp.): Konnte das Auf⸗

treten des Abg. Wels bei der fraglichen Unterhaltung mit

Minister Wissell als ein Angriff gegen Wissell gedeutet werden?

Zenge: Nein. Ich entsinne mich nur genau, daß das Auf⸗

treten des Herm Wels scharf war. Abg. Lüdemann (Sos):

Ist es nicht häufig vorgekommen, daß Politiker einen Standpunkt

wie Herr Wels einnahmen, wenn sie glaubten, daß durch irgend⸗

einen Anlaß eine patriotische Tat, wie in diesem Falle die

Beschaffung von Kleidungsstücken für das deutsche Volk, geschehen

könne? Ze uge: Meine persönlichen polit schen Erfahrungen

sind nicht sehr umfangreich. Ich will mit meiner Aussage nicht

den Eindurck erwecken, als ob es sich bei der fraglichen Angelegen⸗

heit um ein korruptives Vorgehen gehandelt hat. Abg.

Lüde mann (Soz.) erklärte, wer den Abg. Wels kenne. wisse,

daß Wels immer eiwas derb auftrete. Auf weitere Fragen

erklärt der Zeuge, daß es sich bei den Verhandlungen wenig⸗

stens aufangs um die Einfuhr von Fertigfabrikaten und em ein

großes Geschäft gehandelt habe. Abz. Kollwitz (Komm.)

befragte dann den Zeugen, ob er etwas über die Preise wisse, die

damals von Barmat verlangt wurden. Staatssekretär oon

Möllendorf erklärte dazu, es sei in diesem Zusammenhang

darüber gesprochen worden, aber Einzelheiten sind ihm davon

1— Damit ist die Vernehmung des Staatssekretärs beendet.

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Die am Sonnabend abgebrochene Vernehmung des Zeugen Reg.⸗ Rats Weyermann wird fortgesetzt. Abg. Könnecke (D. Nat.): Sie hatten bekundet, daß die Verträge vielfach neit einem unver⸗ kennbaren Dyouck von oben zustande kamen. In anderem Zu⸗ sammenhang hahen wir gehört, daß Barmat sich vielfach rühmte mit seinen Beziehungen zur Seozialistischen Partei Deutschlands. Ist Ihnen irgendetwas bekannt. daß Barmat Iknen gegenüber auch solche Aeußerungen getan hat oder haben Sie sonst Wehr⸗ nehmungen gemacht, aus denen Sie folgern konnten, daß solche Beziehungen Barmnats zur Sozialistischen Partei bestanden. Zeuge Weyer mann: Ich habe drei bis viermal Jufius Barmat persönlich gesehen und gesprochen, und er hat es aller⸗ dings bei diesen Gesprächen nicht unterlassen, seine Beziehungen zu den damals führenden Herren der Saeziaglistischen Partei zu erwähnen und seinen Einfluß gebührend ins Licht zu setzen. Ich crinnere mich, bei einer der Gelegenheiten, wo ich Barmat gesehen habe, daß er sich in einem sehr vertrauten Freundschaftsverhältnis zu dem damaligen Unterstaatssekretär Baake befand. Ich konnte das auch selbft feststellen. Auch unser Vertreter in Rotterdam, ein gewisser Herr Rommel, hatte sehr ausführliche Kenntnis über Barmats Beziehungen zu solchen behördlichen Stellen. Herr Rommel berichtete uns, daß diese Beziehungen Barmats auch nach der Deutschen Gefandtschaft in Haag hinübergingen. Wenn diese Dinge uns in der Stellungnahme zu den einzelnen Offerten Barmats auch nicht beeinflusten konnten und durften, so ergab sich doch immer wieder gegenüber Barmat für uns eine Situation, wie wir sie gegenüber keinem anderen Partner vor⸗ fanden, eine Situation, mit deren Auswirkung wir immer rechnen mußten. Eines Falles kann sich der Zeuge ganz genau entsinnen. Es wurde damals einer seiner Kollegen von Barmat in freundschaftlicher Weise eingeladen, mit Barmat am Ahend im Zentralhotel zu speisen. Er begab sich auch dorthin und zwar in seinem Bürvanzug. Später erzählte er, er habe eine große Gesellschaft vorgefunden, die in der Hauptsache aus bekannten Persönlichkeiten, insbesondere der Sozialdemokratischen Zartei bestand. Sein Kollege babe sich geniert, in seinem Büro⸗ anzug mit den Herren zu sprechen. Es wäre reichlich gegessen und Musik gemacht worden, und man habe auch getanzt. Deeser Vor⸗ gang habe bei dem Zeugen damals einen tiefen Eindruck gemacht, der noch verschärft wurde dadurch, daß sich Deutschland in seiner tiefsten Erniedrigung und Schmach befand es ⸗war kurze Zeit nach der Unterzeichnung des Versfailler Dikzats. Auf Befragen des Vorsitzenden verliest der Zeuge dann, um keinen Zweifel dar⸗ über zu lassen, was Rommel damals gefagt hat, einen Brief des Herrn Rommel vom 19. April 1920. Es geht aus dem Brief hervor, daß der Einfluß Barmats sich auch auf die Deutsche Gesandt⸗ schaft und das Auswärtige Amt erstreckte. So sei Barmat einmal zwecks Einholung einer Information aus einem Bericht des Herrn von Reißwitz im Auswärtigen Amt gewesen, und zwar Ende 1919. Barmat war dort in Gegenwart Heilmanns, und vom Minister Hermann Müller wurde Barmat die Einsichtnahme gestattet. Der Zeuge erklärt, diese Tatsache allein dürfte schon als Maßstab dafür gelten, welchen Einfluß Barmat beim Aus⸗ wärtigen Amt gehabt hat. Vorsitzender kommt dann