1925 / 61 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 13 Mar 1925 18:00:01 GMT) scan diff

Entzündung und Explosion von Schlagwettern Anlaß geben, wenn er infolge nicht sachgemäßer Zusammensetzung der Lampenteile oder infolge einer Beschädigung eine Undechtigfeit aufweist. Er ist daber nicht so sicher wie die elektrische Grubenlampe Ein gewisser Mangel besteht ferner darin, daß dae Tönen des Anzeigers in der Grube von stärkeren Geräuschen (z. B. von Bohr⸗ oder Abbau⸗ hämmern. Schüttelrutschen) übertönt werden fann.

Hiernach erfüllen die Bewerbungen „Nellv“. „Carbofer“ und „Gnom“ zwei wichtige Bedingungen des Preisausschreibens: sie lassen die Anwesenheit und den Gehalt an Grubengas zuverlässig erkennen und sind wenigstens ebenso schlagwettersicher wie die tragbaue elektrische Grubenlampe.

Die Schlagwetteranzeiger „Wetterlicht“ und „Siegfried“ zeigen Grubengas ebenfalls an, lassen aber den Gehalt an Grubengas nicht so genau wie die obengenannten Schlagwetteranzeiger erkennen; auch erfüllen sie nicht die wichtige Bedingung daß die Gefahr der Schlag⸗ wetterentzündung nicht nur hei der Handhabung, sondern auch bei etwaiger Beschädigung des Anzeigers nicht größer als bei der tragbaren elektrischen Grubenlampe sein darf.

Deingemäß sind die Bewerbungen „Nelly“, „Carbofer“ und ⸗Gnom“ durch Teilpreise, die Bewerbungen „Wetterlicht“ und „Siegfried“ durch lobende Erwähnung ausgezeichnet worden.

ITch habe gemäß §.8 Zisser 1 und 21 des Gesetzes zum Schutze der Republik die „Gerdauener Zeitung“ in Gerdauen auf die Dauer von zwei Wochen, und zwar vom 12. März bis 25. März einschließlich verboten. Königsberg, den 11. März 1925. Der Oberpräsident. Siehr.

1“ n

88 8 8 88 „Mit Rücksicht auf die am 29. d. M. stattfindende Reichs⸗ präsidentenwahl verkürze ich mein Verbot des „Roten Echos“ in Erfurt auf die Zeit bis zum 15. d. M. einschließlich. Magdeburg, den 11. März 1925. Der Oberpräsident. Hörsing.

2. 8.

Dentsches Reich.

Kurz nach 12 Uhr Mittags fand gestern im Plenarsitzungs⸗ saale des Reichstags die feierliche Vereidigung des stell⸗ vertretenden Reichspräsidenten Dr. Simons statt. Sämtliche Reichstagsfraftionen waren vertreten, bis auf die Kommunisten. In der Diplomatenloge wohnten Vertreter der fremden Mächte der Feier bei.

„Um 12 Uhr 5 Min. betraten der Reichstagspräsident Löbe und der stellvertretende Reichspräsident Dr. Simons mit den Mitglierern des Reichskabinetts den Saal. Der Reichstagspräsident Löbe richtete laut Bericht des Nachrichten⸗ büros des Vereins deutscher Zeitungsverleger sofort folgende Ansprache an Dr. Simons:

Herr Reichegerichtspräsident! Nach dem plöͤtzlichen und tief⸗ beklagten Hinscheiden des Herrn Reichspräsidenten Ebert hat der Reichstag in seiner Sitzung vom 10 März 1925 Sie zum Stell⸗ vertreter des Herrn Reichspräsidenten bis zum Amtsantritt des neuen Präsidenten gewählt. Die Verfassung fordert, daß der Reichspräsident und sinngemäß also auch sein Vertreter den im Artikel 42 vor⸗ geschriebenen Eid vor dem Reichstag ablegt. Ich habe die Mit⸗ gijeder des Reichstags zu diesem feierlichen Akt zusammengerufen und erlaube mir, Ihnen die Eidesformel zu überreichen Ich ersuche das Haus sich zu erheben, und bitte Sie, den Eid abzulegen.

Stellvertretender Reichspräsident Dr. Simons sprach sodann folgenden Eid: IWch schwöre, daß ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren. Schaden von ihm wenden, die Vertassung und die Gesetze des Reiches wahren, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtiakeit gegen jedermann üben werde.“

Reichstagspräsident Löbe richtete danach folgende Worte an den Stellvertretenden Reichspräsidenten:

Mit der Leistung dieses Eides übernehmen Sie Ihr hohes und schweres Amt. Niemand von uns zweifelt daran, daß Sie das Ver⸗ trauen so großer und vieler Parteien erfüllen und Ihr Amt zum Wohle des Landes und des deutschen Voltes verwalten werden. Ich spreche Ihnen im Namen der Körperschaft, die diese Wahl getroffen, meinen herzlichen Glückwunsch aus.

““ Reichspräsident Dr. Simons entgegnete hierauf:

Herr Reichstagspräsident! Ich danke Ihnen herzlich für den Glückwunsch, den Sie mir im Namen dieses hohen Hauses dar⸗ gebracht haben, und für den Ausdruck Ihres Vertrauens. Es wird mein Streben sein, dieses Vertrauen zu rechtfertigen.

Meine Damen und Herren! Sie haben den Schwur gehört, den ich in die Hand Ihres Präsidenten abgelegt habe Hören Sie nun auch meinen Dank, den Dank für die Ehre, die Sie mir mit der Initjative Ihrer Wahl erwiesen haben Ich weiß wohl, das Gesetz sagt es klar, daß ich die Ehre nicht sowohl meiner Person, als der Stellung zuzuschreiben habe, in die mich der verstorbene Reichspräsident erhoo und gerade das freut mich, denn dadurch betont das Gesetz die Bedeutung des deutschen Richtertums dem ich mit Stolz angehöre Aus ihm eringe ich in mein Zwischenamt das innere Gebot der Unparteilich⸗ lichkeit, von dem vielvetrauerten Toten, den ich vertrete, nehme ich das Vorbild der Treue und Würde, durch die er seinem Amt die Acheung der Welt erwarb Seine hohen volitischen Gaben sind kein übertragbares Erbe Aber wie ich geschworen habe, die Pflichten dieses Amts gewissenhaft zu erfüllen, so bin ich auch entschlossen, seine Rechte mit Festigkeit zu wahren, damit ich sie unversehrt in die Hände des Mannes legen kann, den sich bald zum ersten Male in seiner wechselvollen Geschichte das ganze deutsche Volk, soweit es staatlich geeint ist, in freier unmittelbarer Wahl zum Oberhaupt küren wird. (Lehhafter Beifall.) ““

Damit war der feierliche Akt beendet.

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Deutscher Reichstag. 35. Sitzung vom 12. März 1925, Nachmittags 2 Uhr.

(Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger*).

Am Regierungstische: Reichsjustizminister Dr. Frenken.

Präsident Löbe 20 Minuten.

Vor Eintritt in die Tagesordnung fordert der Abgeordnete Koenen (Komm.) wiederum die sofortige Behandlung des

Eisenbahnerstreiks, der sich außerordentlich ver⸗ schärft habe. (Widerspruch.)

eröffnet die Sitzung um 2 Uhr

Abg. Schumann (Soz.) stellt demgegenüber fest, daß gerade das Gegenteil richtig sei. S.e Hört! hört!) Es sei . ständigung darüber zustandegekommen, die Differenzen einem Schiedsgericht zu unterbreiten, daß bereits am Freitag beim E1“ werde. (Beifall.)

EN (D. Nat.) erhebt ebenfalls Protest gegen die falschen Behauptungen Koenens. Er bittet den Reichstag dreingend, alles zu vermeiden, was in die bevorstehenden Verhandlungen störend eingreifen könnte.

Da Einspruch erhoben worden ist, ist der kommunistische Antrag damit erledigt.

Auf der Tagesordnung steht der Gesetzentwurf über die Volks⸗, Berufs⸗ und Betriebszählung, die im Juni stattfinden soll. Der Ausschuß hat beschlossen, die Hand⸗ werksbetriebe besonders festzustellen. Ferner wird die Regierung aufgefordert, eine Enquete vorzunehmen, durch die die Bildung von Konzernen und Interessengemeinschaften in der deutschen Wirtschaft festgestellt wird.

Abg. Fleißner (Soz.) berichtet über die Ausschußverhand⸗ lungen. Der Ausschuß hat der Vorlage zugestimmt.

Abg. Dr. Jörissen (Wirtschaftl. Vereinig.) befürwortet seinen usatzantrag, wonach sich die Zählung auch auf die ernährungswirt⸗ chaftlichen Verhältnisse erstrecken soll. Diese Frage sei so wichtig, ß sie so schnell wie möglich geklärt werden müsse.

Ein Vertreter des Reichswirtschaftsministe⸗ riums sagt zu, daß sobald wie möglich umfassende Erhebungen über die Wohnungsverhältnisse vorgenommen werden sollen. Im Rahmen des Te 88 aber diese besonderen Er⸗

ebungen dieses große Werk so belasten, daß es vielleicht in Fra Fünn. b 3 8 u“

[bg. Dr. Jörissen zieht seinen Antrag in der Erwartung, daß 1 besonderen Wohnungserhebungen alsbald stattfinden zurück.

Die Vorlage wird in zweiter und sofort auch in dritter Beratung unverändert und mit den Entschließungen des Aus⸗ schusses angevommen.

Es folgt die zweite Beratung des Gesetzentwurfs über 1“ für Renten aus der Inva⸗

idenversicherung, die der Ausschuß für soziale Angelegenheiten unter Erhöhung der Vorschläge der Regierung angenommen hat.

Berichterstatter Abg. Sr effer (D. Vp.) bemerkt in seinem Referat, daß der Ausschuß si fegslha 1. Se. Renten annähernd wieder auf die Friedenshöhe zu bringen. Die Inpalidenversicherung werde damit wieder einen Schritt vorwärts gebracht,

Staatssekretär Geib: Die Inpalidenversicherung hat nach der Inflation wieder neu ins Leben gerufen werden können, 8 hat schon wieder viele Millionen Goldmark an Renten leisten können und auch die Heilbehandlung wieder aufgenommen. Die Reichsregierung hat sich reit erklärt, daß in den Etat 115 Millionen Mark für die Aufwertung der Renten eingestellt wurden. Der Reichszuschuß zur

önnen.

Reichsminister der Finanzen von Schlieben: Meine Damen und Herren! Die Reichsregierung und ich für meine Person ver⸗ kennen durchaus nicht die große Notlage, in der sich die Invaliden⸗ rentner neben zahlreichen anderen notleidenden Kreisen des deutschen Volks befinden. Ich habe daher der Neueinstellung der sehr erheb⸗ lichen Summe von 115 Millionen Mark zum Zwecke der Auf⸗ besserung der Invalidenrenten unter den einmaligen Ausgaben des Haushalts für 1925 trotz erheblicher finanzieller Bedenken unverzüg⸗ lich zugestimmt. (Bravo! rechts.) Die Reichsfinanzverwaltung muß aber pflichtgemäß schwere Bedenken dagegen äußern, daß nach dem Vorschlage der Sozialdemokratischen Partei über diesen Betrag hin⸗ aus noch erheblich hinausgegangen und der Haushalt nicht nur des Jahres 1925, sondern auch der künftigen Jahre mit einer sehr großen fortlaufenden und dauernden Mehrausgabe belastet werden soll. Es entsteht durch eine solche dauernde Belastung mit Ausgaben, denen sich das Reich später nicht mehr entziehen kann, die große Gefahr, daß vom Etatsjahre 1926 ab, in welchem ja bekanntlich die großen Reparationslasten zu laufen beginnen, die fortdauernden Ausgaben des Reichs nicht mehr durch die fortdauernden Einnahmen gedeckt werden können und daß das Reich schließlich zur Erfüllung seiner öffentlichen Ausgaben nicht mehr in der Lage ist.

Ich bitte daher das hohe Haus ganz allgemein dringend, sich in der Uebernahme von neuen dauernden Lasten auf den Haushalt des Jahres 1925 und damit auch der folgenden Jahre die größtmögliche Zurückhaltung aufzuerlegen. Schon jetzt ergibt sich nach den von uns angestellten Berechnungen auch bei Annahme der Steuergesetze in der von der Reichsregierung beabsichtigten Form und auch bei einer anderen Ausgestaltung des Finanzausgleichs in dem Sinne, daß das Reich größere Prozentsätze von den Ueberweisungssteuern für sich in Anspruch nimmt, als es bisher der Fall war, doch immerhin ein Fehlbetrag von mehreren Hunderten Millionen Mark im ordentlichen Haushalt des Etatsjahres 1926 und der späteren Jahre. (Hört, hört! rechts.) Wenn ich daher namens der Reichsfinanzverwaltung einer dauernden Erhöhung des Reichszuschusses für die notleidenden Rentner um 50 Prozent, das heißt von 48 Mark auf 72 Mark, also einer sehr erheblichen Erhöhung der fortdauernden Ausgaben des Reichs auf diesem Gebiete, unter der Voraussetzung zustimme, daß etwa die Hälfte des unter den einmaligen Ausgaben bereits bewillig⸗ ten Betrags von 115 Millionen Mark zur Erhöhung dieses Reichs⸗ zuschusses von 50 Prozent verwendet wird, so scheint mir das das Aeußerste zu sein, was vom Standpunkte einer vorsichtigen und auf die künftigen uns bevorstehenden schweren Jahre rücksichtnehmenden Finanzpolitik überhaupt noch verantwortet werden kann.

Ich darf daher die dringende Bitte aussprechen, es bei dem

Beschluß des Haushaltsausschusses bewenden zu lassen. Abg. Karsten (Soz.): Wenn die Parteien sich ihrer Ver⸗ sprechungen im Wahlkampf erinnern würden, könnten sie mit dieser Vorlage nicht zufrieden sein. Wenn die Deutschnationalen noch zu ihrem schwarz⸗weiß⸗roten Flucblatt aus der Wahlzeit ständen müßten sie etwas anderes annehmen, als der Ausschuß beschlossen habe. Die Deutschnationalen seien aber nicht zum ersten Male um⸗ gefallen. Wenn jetzt auch das Zemtrum, das sonst immer etwas niehr auf seinem Kopf bestehe, nicht mehr bewilligen wolle, so widerspreche das ebenfalls den Wahlversprechungen des Zentrums. Es genüge nicht, die Renten auf die Friedenshöhe zu bringen. Der Reichstag sei ein ganz unsoziales Instrument.

Abg. Efe (Zentr.) bedauert die agitatorischen Entstellungen des Vorredners in dieser ernsten Frage. Die Parteien stünden doch hier in einer Arbeitsgemeinschaft mit der Regierung. Man habe er⸗ reicht, was zurzeit möglich sei. So ganz wenig sei es nicht. Eine Erhöhung des Reichszuschusses um 2 mache schon 52 .¼½ Millionen Mark aus. Mit den Phrasen des Vorredners sei den Rentnern wenig edient. Auch das Zentrum sehe in dem vorliegenden keine End⸗

ösung und werde an der weiteren Verbesserung arbeiten. Man müsse den Volksmassen die schwere finanzielle Lage des Reiches klar machen.

Abg. Raedel (Komm.) verurteilt die Unzulänalichkeit der Vorlage und weist 9 hin, daß man ja für die Ruhrindustrie 700 Millionen übrig gebabt habe. Cs werde darauf hingewiesen, daß die Invalidenrentner noch Zuschüsse aus der Fürsorge bekämen: von 51 150 Invalidenrentnern bekämen aber nur 18 600 Fürsorgezuschüsse, die übrigen 32 500 nicht. Die jetzt geplante Regelung der Steigerung

*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind. 8

““ hat außerdem wieder bedeutend erhöht werden

Arbeitslosigkeit vor dem Kriege keine Beiträge hätten zahl b

r ssigke Kriege hlen könn würden für ihre cgeteisseben noch dadurch bestra * daß sie 88. der Steigerung ausgeschlossen seien. Die

fordere die Erhöhung der Rente auf 56

9 2 monatlich ö des Reichszuschusses auf 552 im Jahr

Sozialpolittk die Parteigegenfätze so aufeinanderstoßen. Für die Sozialpolitik würde es würdiger sein und uns weiter bringen, wenn diese Gegensätze ausgeschaltet würden. So aber werden immer An⸗ träge gestellt, die einander übertrumpfen und doch unannehmbar sind. Auch uns ist die Regierungsvorlage nicht weit genug gegangen, und wir haben in der ersten Lesung daneben eine Erhöhung der Grund⸗ tenten gefordert. Damit haben wir im Ausschuß keine Ghegenliebe ge⸗ funden. Die Mütter und die Väter der Ausschußbeschlüsse werden, wenn diese zur Auswirkung kommen, keine reine Freude daran haben. Diese Beschlüsse können höchstens als ein Provisorium betrachtei werden. Die Ausführung dieser Beschlüsse wird eine ungeheure Büroarbeit verursachen und diese Arbeit wird im Herbst von neuem gemacht werden müssen. Eine wirkliche Verbesserung kann nur die Frhöhung der Grundrente bringen. Das Reich ist allerdings finan⸗ ziell in katastrophaler Lage, aber es ist auffallend, daß diese kata⸗ strophale Lage immer dann vorgehalten wird, wenn wir eine Auf⸗ besserung der Sozialpolitik verlangen. Das Reich muß mehr tun als bisher für die Invalidenrentner (Zustimmung). Die Angehörigen der Invaliden können heute nicht mehr in demselben Maße für die In⸗ validen mitsorgen, wie sie es vor dem Kriege getan haben. Daher ist trotz aller schönen Worte, die gemacht sind, das Ergebnis der jetzigen großen Aktion doch recht unbefriedigend. Im Wahlkampf haben sich die Parteien mit höheren Forderungen geradezu überboten. (Rufe rechts: Sie auch!) Nein, unsere Anträge haben sich immer in mäß gen Grenzen bewegt, aber die Deutschnationalen haben Forderungen ge⸗ stellt, die das Finanzministerium auf 960 Mill onen Mark jährl. berechnete. Damals waren die Deutschnationalen allerdings noch nich an hef Fegisenng. Der Redner fordert Verdoppelung des Reichs⸗ zuschusses.

„Abg. Beier⸗Dresden (Wirtschaftl. Vereinig.) gibt eine Er⸗ klärung ab, wonach seine Partei bereit sei, alles für die Invaliden⸗ rentner zu tun. Sie müsse aber auf die Reichsfinanzen Rücksicht nehmen, es gebe noch andere nokleidende Kreise des deutschen Volkes, besonders im Mittelstand. Die jetzige Vorlage sei ein Provisorium. Zur Mitarheit an einer weiteren Besserung sei seine Partei bereit. Abg. Schwarzer (Bayr. Vp.) bedauert, daß in sozialen Fragen immer wieder parteipolemische Debatten stattfänden. Auch die Linke müsse einsehen, daß im Augenblick Renten, die zum Lebens⸗ unterhalt ausreichten, nicht gezahlt werden können. Die jetzige Lösung werde von keiner Partei als endgültig angesehen.

Abg. Karsten (Soz.) gibt folgende Erklärung ab: Die sozial⸗ demokratische Fraktion stellt vor dem ganzen Lande fest, daß die Regierungsparkeien aus Furcht vor einer Regierungskrise die erst von ihnen beschlossenen Rentensätze ermäßigt haben, obwohl sie dieselben als das Minimum der Rentenerhöhung betrachtet haben. Die Regierung hat Geld für die Ruhrindustriellen, für neue Kriegsschiffe, sie will die Besitzsteuern ermäßigen, aber sie hat nicht das aller⸗ notwendigste übrig, zur Linderung der großen Not der Veteranen der Arbeit. Nachdem die sozialdemokratischen Anträge abgelehnt sind, die eine wesentliche Erhöhung der Renten bedeutet hätten, ist die Sozial⸗ demokratie in der Zwangslage, den Anträgen der Regierungsparteien zustimmen zu müssen. Die Notlage der unglücklichen Rentenempfänger ist so groß, daß sie auch nicht einmal auf eine so klägliche Erhöhung verzichten können. Die Regierungsparteien tragen aber allein die Schuld daran, daß die pöllig unzureichenden Renten keine wesentliche Aufbesserung erfahren haben.

Unter Ablehnung aller Aenderungsanträge wird die Vor⸗ lage darauf in der Ausschußfassung endgültig angenommen.

Es folgt die dritte Beratung des von den Sozialdemo⸗ kraten, den Demokraten und dem Zentrum eingebrachten Gesetzentwurf über die technischen Maßnahmen zur Wahl des Reichspräsidenten. Der Rechtsausschuß hat den Gesetzentwurf einstimmig angenommen.

Abg. von Kardorff (D. Volksp.) stimmt der Einführung des amklichen Stimmzettels zu, beantragt aber die Bestimmung zu treichen, daß der Wähler seine Stimme gauch für eine nicht vorge⸗ chlagene Person abgeben darf. Die Präsidentenwahl sei nicht dazu a, Vereinen Gelegenheit zu Paraden zu geben. Man dürfe nicht zu⸗ lassen, daß zu viele Stimmen zersplittert werden, weil das ein Zeichen der politischen Unreife des deutschen Volkes sei.

Abg. Kube (Nat. Soz.) schließt sich dem Antrag von Kardorff an. Die Unfähigkeit der großen politischen Parteien sei durch die Verhandlungen der letzten Tage bewiesen. Seit acht Tagen warte g Fertich⸗ Volk auf die Vertrauensmänner für die Reichspräsiden⸗ enwahl. ee Dittmann (Soz.) erwidert, die sollten 9. ihren großen Mann erst mal zeigen. Der Redner tritt für Aufre hterhaltung des Zusatzes ein. an verhindere damit, daß eine Hebe im Lande einsetzen könne mit der Begründung, ein wichtiges Grundrecht der Verfesa sei verletzt worden.

Abg. Brodauf (Dem.) schließt sich dieser Auffassung an.

Der Antrag v. Kardorff wird darauf abgelehnt und der Gesetzentwurf einstimmig angenommen.

Zur Verhandlung gelangt dann der Gesetzentwurf über ZusassteshHherung dei senten in der An⸗ gestelltenversicherung. Der Steigerungsbetrag be⸗ trägt in der Gehaltsklasse Feine Mark, in G zwei Mark, in H drei Mark und in I vier Mark. Der Ausschuß fordert einen Gesetzentwurf, der neben einer Erhöhung der Per ewsng⸗. pflichtgrenze in der Angestelltenversicherung auch eine Er⸗ höhung der Leistung vorsieht.

„Miinisterialdirektor Grieser (Arbeitsministerium) sagt etwa 8 den April die Einbringung einer Vorlage über die Erhöhung der

ersicherun flichtsfenge u.

Abg. Aufhäuser (Soz.): Diese Vorlage des Ausschusses zeigt, wie wenig die Ker seung und die hinter ihr stehenden Parteien für die wichtige Klasse der Angestellten übrig haben. Die Vorlage kann an Dürftligkeit nicht überboten werden. Sie ist angesichts der vielen Versprechungen, die man gemacht hat, geradezu eine Verhöhnung der Angestellten, Nicht einmal die Erweiterung des Kreises der Ver⸗ sicherten und die Wiedereinführung des Heilverfahrens ist zugestanden worden. Die Steigerung der Renten erstreckt sich nur auf die vier obersten Gehalisklassen, die am schlechtesten besoldeten Angestellten bekommen keine Steigerung, d. h. zwei Drittel der männlichen An⸗ gestellten sind von dieser Vorlage ganz ausgeschlossen und von den weiblichen Angestellten fallen nur drei Prozent unter dieses Gesetz. Wenn der Regierungsvertreter eine neue Vorlage für den Aprl ankündigt, so können die Angestellten nicht länger warten. Wir be⸗ antragen, daß die Steigerung der Renten allen Angestellten, nicht nur den gehobenen, zuteil wird. Man sieht hier wieder, daß es ein Fehler gewesen ist, daß die Angestellten für sich eine eigene Ver⸗ sicherung haben wollten, anstatt sich in die Invalidenversicherung ein⸗ reihen zu lassen. Mir kommen Notschreie aus dem Lande zu, daß die Höchstgrenze der Rente von draoißig Mark zeitgemäß erhöht werden muß. Wir verlangen eine Verdoppelung der Renten, und das könnte das Reich auch leisten ohne Erhöhung der Beiträge. Dex soziale Gesichtspunkt wird immer mehr in den Kintergrund gedrängt und man kommt uns nur mit versicherungstechnischen Berechnungen. Es ist eine Brutalität, daß von jährlich 120 Millionen Einnahmen aus den Beiträgen nur 20 Millionen für die Renten verwendet werden dürfen und 90 Millionen 89 die hohe Kante gelegt werden sollen. Die Angestelltenversicherung ist doch kein Bankgeschäft, das Kapitalien anzusammeln hat. Alle Anträge auf Beitragserhöhung lehnen wir ab. Das heißt doch, den Angestellten zuviel zuzumuten. Mit den 90 Millionen lleberschuß will man Thesaurierungspolitik treiben. Der eeete d reeer Grieser hat ja im Aeeichn. erklärt, daß die Wirtschaft es sehr begrüßt, daß die Reichsversicherungsanstalt ihre Kapitalien für Kredite ausgibt. Die Angestellten verlangen, daß die Vermögensverwaltung der Reichsversicherungsanstalt nachneprüft wird: dann wird sich sicherlich manche Ersparmismöglichkeit in der

Nationalsozialisten

der Zusatzrenten sei völlig ungerecht, denn diejenigen, die wegen

Verwaltung herausstellen. Der Haushaltsausschuß des Reichstags

tische Fraktion

Abg. Ziegler (Dem.). Es ist eigentümlich, auch bei der

hat sich am 28. Februar gegen die Beschlüsse politischen Ausschusses erklärt und verhindert die in der Sozialversicherung. Nach außen hin fordert m

estellten 85 Firgen an den Reichstag zu richten, und dann es

e Mehrzahl dieses Reichstags die Eingaben meder. Staatssekretär des Innern Graf

8. so sehr Heuchelei, wie eine solche Art von Sozialp

ngestellten werden dieses Spiel bei den Wahlen durchschauen. den rechtsstehenden Parteien kann ich nichts anderes erwarten, aber dee Haltung des Arbeitsministeriums, das über den Püalg. Gedanken Ministerium

Etwas weniger

wachen soll, ist unverständlich und bedauerlich. muß die soziale Hilfe als das Primäre hae Mathematik, etwas mehr Sozialpolitik. (Beifall bei demokraten.) 8

Abg. Torgler (Komm.): Die geringer besoldeten

werden den bürgerlichen Parteien die Antwort nicht schuldig bleiben. wenn die Beiträge erhöht

Die Renten will man weiter erhöhen, b werden, das heißt mit der einen Hand gibt man, mit nimmt man. Bei einem Ueberschuß von 90 Millionen der Regierungsvertreter im Ausschuß, daß gegenwärtig höhung der Grundrente nicht zu denken sei.

nüben. Redner befürwortet den Antrag seiner Partei,

Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze auf 9000 Mark, eine Er⸗

höhung des Grundbetrages der Rente auf 960 Mark jähr Erhöhung des Kinderzuschlages von 36 auf 120 Mark langt wird.

näherzubringen.

Abg. Schneider⸗Berlin (Dem.) fordert eine bessere Berück⸗ Die Regierungsparteien wünschten

sichtigung der unteren Klassen. ungsp aber keine Erhöhung der Beiträge, ohne die eine E Leistungen nicht möglich sei. Mit so niedrigen Ren tenbe

man, selbst wenn man Hungerkünstler sei, nicht auskommen. verlorengegangen. Reichsarbeitsministerium sei offenbar der soziale Gestaltungswille ver⸗ Es handele sich hier nur um die Wiederherstellung des Friedenszustandes in der Angestelltenversicherung, der durch den demokratischen Antrag aber nicht einmal erreicht worden sei.

liche Ersparnisse der Angestellten seien

lorengegangen.

habe manchmal den Eindruck, daß die soziale Versicheru

selbst willen aufrecht erhalten werde, anstatt soziale Zwecke zu erfüllen. Abg. Thiel (D. Vp.) spricht zugleich für seine Fraktion, die Deutschnationalen, für die Bayerische Volkspartei und die Wirt⸗

schaftspartei. Er hebt die Verbesserungen der neuen Ent

und weist die Ausführungen der Kommun isten zrück, denen es nicht

auf Leistung sozialer Arbeit, sondern auf Verhetzung der ankomme. Dem Abg. Aufhäuser gegenüber betont der

nicht die Unternehmer die Wirtschaft repräsentierten, sondern daß den weit größeren Teil der Wirtschaft die an Zahl weit überwiegenden Die Hergabe der ö habe aus⸗ durch Wir dürfen, so fährt Redner

Arbeitnehmer darstellten. drückkich den Interessen der erhaltung der Betriebe dienen sollen.

Arbeitnehmerschaft

fort, der Ueberzeugung sein, daß die Regierung im Aprim Herrn Aufhäusers Politik geht aus

gekündigte Vorlage bringen wird. rs aaitatorischen Gründen auf Verpulverung der Beiträge Versicherten hinaus, ohne sich darum zu kümmern, was künftigen Versicherten werden soll. Zeiwunkt eine Entscheidung ab.

arbeitsministeriums bedauert der Redner. Abg. Gerig (Zentr.) wendet sich gleichfalls gegen

des Abg. Aufbäuser gegen die Mehrheit des Hauptausschusses; der

Vorwurf der Heuchelei sei völlig unberechtigt.

Abg. Stöhr (Nat. Soz.) hält die Sätze für unzureichend und

wünscht grundsätzlich den Fortfall jeder Versicherungsgr

Fraktion werde aber dem demokratischen Antvag zustimmen.

Damit ist die erste Lesung erledigt. Der Gesetzentwurf zur Regelung des ausgleichs zwischen Reich, Ländern

meinden im ersten Halbjahr des 1e.ng e 1925 erlänge⸗ etzes auf ein Jahr

geht an den Steuerausschuß, der ö über rung des Besoldungssperrge geht an den Hauptausschuß.

Der Vertrag mit Polen über den R wird angenommen.

daß eine feste Begrenzung der Besatzun und damit auch eine Begrenzung der Besch von Wohnungen und öffentlichen Gebäuden, i von Schulen und Krankenanstalten, erreicht wird.

Das Haus vertagt sich. Nächste Sitzun [(0“

osadowsky hat einmal gesagt, nüchts

Man will es dahin bringen, daß die Zinsen des aufgesammelten Kapitals die Leistungen der Versicherung decken; das Kapital selbst soll den Unternehmern

Ferner beantragt die Partei eine Zusammenlegung der Angestelltenversicheruna mit der Invalidenversicherung, um die Ver⸗ waltung zu verbilligen und die Arbeiter und Angestellten einander

Wir lehnen daher in diesem Die Ausführungen des Abg. Schneider über den mangelnden sozialen Gestaltungswillen des Reichs⸗

Angenommen wird ferner ein Antrag des Ausschusses für die besetzten Gebiete, die Reichsregierung u ersuchen, bei der bevorstehenden Wiederaufnahme der Pariser Verhandlungen über die Anrechnung der Besatzungs⸗ kosten auf die Annuität mit allen Kräften darauf hinzuwirken,

lagna

des sozial⸗ Fortschritte an die An⸗

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den Sozial⸗ Angestellten der anderen

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Präsident Bartels eröffnet gegen 12 Uhr die heutige Sitzung. Abänderung von Gerichtsgemeinsch rägen verabschiedet.

Das Haus berät sodann in zweiter Lesung den Gesetzes⸗ orschlag der Sozialdemokraten, des Zentrums und der Demo⸗ Zänausschlebung der Wahlen für

kraten über die H 32 die Provinziallandtage und Kreis

Der Ausschuß hat vorgeschla en, den Endzeitpunkt für iese Wahlen über den 1. Juli 1925 hinauszuschieben, und

zwar auf den 1. November 1925. Der Grund wird darin einem den Wünschen

Wahlsystem, das

Verhältnis zu ihren Abgeordneten kommen

genommen werden können.

Nachdem Abg. Dr. Peuker (Zentr.) den Ausschußbericht tlichen Gesichtspunkte atte, begründet der

at.) den mit der Deutschen Volks⸗

erstattet und die tatfächlichen und re ür die weitere dargelegt Abg. v. Mirbach (D.

artei gemeinsam gestellten Urantrag, die Neuwa

Brovinziallandtagen und Kreistagen auf Grund des bestehenden

Wahlrechts sofort anzuordnen. Der Gesetzgeber habe

ür die Provinziallandtage die Beschränkung der Wa Jahre festsetzen wollen. Gründe für eine Verlängerung nicht vorhanden. habe die notwendige Initigtive für eines neuen Wahlrechts vermissen lassen. Offenbe gegenwärtigen geschäftsführenden Innenministerium sccheigen Gründen erwünscht, daß der möglichst lange erhalten bleibe.

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Fall sei, wieder aufleben lassen. b 8 Abg. von Evnern (D Vp.) schließt sich djesen an. Der Berichterstatter habe die Regierung als sch

Ohne Aussprache wird zunächst der Entwurf über die

esehen, daß ein neues Wahlgesetz mit er Bevölkerung besser entsprechenden tem Staatsrat vorliegt, erst vom Landtag verabschiedet werden soll, damit die neuen Wahlen nach dem neuen System, durch das die Wähler in ein

Auch für die Kreistage seien stichhaltige Die Regierung rechtzeitige Verabschiedung

ös bas erschien es dem

gegenwärtige t (Sehr richtig! rechts.) Man könne doch auch unmöglich bereits erloschene Mandate, wie es hier der

15 Minuten

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tage.

der Hinaus⸗

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Ausführungen

die Regierung treffe aber eine erhebliche Schuld an der Verzögerung.

Mit voller Absicht scheine sie auf eine möglichst weite Pinausschiebung dieser Wah en hingearbeitet zu haben. Ein nur geschäftsführendes Ministerium müsse sich zum mindesten mit der Opposition in Ver⸗ bindung setzen, wenn es Aktionen von größerer politischer Bedeutung vornehmen wolle, sonst verletze es in gröblichster Weise seine Pflichten. Wie komme das Ministerium dazu, statt der fälligen Neuwahlen ein⸗ fach einen Gesetzentwurf einzubringen? Dadurch werde der gesetzliche Boden völlig entzogen. (Zuruf der Kommunisten: Die Sozialdemo⸗ kraten haben das gut von Ihnen gelernt!) Warum diese westere Hinausschiebung? Weshalb könne zum Beispiel nicht am 3 Mai gewählt werden? Eine neue Städteordnung erfordere doch wirklich nicht ohne weiteres wieder sofortige neue Wahlen, das könne ja durch Aufnahme einer besonderen Bestimmung ausgeschlossen werden. Offen⸗ bar passe aber den Einbringern des Entwurfs der jetzige Zeitpunkt für Wahlen nicht, da eine Reihe unangenehmer Ereignisse dies nicht erwünscht scheinen lasse. Auch der Mimister des Innern, der das Vertrauen des Landtages nicht einmal besitze, lasse sich offenbar auch hier von politischen Gründen leiten. 88

Mmisterialdirektor Mulert: Die Staatsregierung hat alle Mühe aufgewendet, dem Landtag seinerzeit eine Vorlage zu machen. Im Staatsrat ist diese Vorlage in seiner Januartagung nicht verab⸗ schiedet worden; dafür, daß das erst im Februar geschah, kann die Regierung nicht verantwortlich gemacht werden. In der Vorlage war ein neues Wahlgesetz für die in Rede stehenden Körperschaften vor⸗ gesehen, die Neuwahl derselben sollte erst nach Verabsch'edung dieses Wahlgesetzes erfolgen. Der Staatsrat hat sich dieser Stellungnahme angeschlossen. Ueber die Zulässigkeit der Verschiebung des Wahl⸗ termins kann ein Zweifel nicht bestehen.

Abg. Schüling (Zentr.): Die Parteien der Rechten haben früher selbst in dieser Materie Verschleppungspolitik getrieben. Aus rein praktischen, nicht aus politischen Gründen haben wir mit den Sozialdemokraten und den mokraten die Verschebung des Wahl⸗ termins beantragt. Wir empfehlen dringend die Annahme des Aus⸗ schußvorschlags Abg. Dörr (Komm.): Die Arbeiterschaft glaubt nicht daran, daß dieser Landtag ersprießliche Arbeit leisten kann. Heute Vormittag haben die Eisenbahner in Berlin beschlossen, allgemein in den Streik zu treten, das Parlament bleibt stumm. Aber gegenüber der Frage der Neuwahl der Provinziallandtage und Kreistage sabotiert es kaltblütig im Verein mit der Regierung bestehende gesetzliche Vorschriften. Die Regierung müßte dafür sorgen, daß vor Ablauf der vierjährigen Wahl⸗

eriode der Landtage, d. h. vor dem 20. Februar, die Neuwahl statt⸗ inden kann; keine gesetzs che Bestimmung erlaubt die Verlängerung dieser Mandate. Die Argumentation des Regierungsvertreters ist unhaltbar und eine faule Ausrede, um eine Gesebesverletzung zu ver⸗ schleiern; die Zustimmung des Staatsrats entbindet die Regierung nicht im mindesten von ihrer Pflicht. Sie hat wissentlich das Gesetz mißachtet. Aber nicht weniger schuldig an der Verschleppung sind die Sozialdemokraten. Ebenso haben die Deutschnationalen ihren Stand⸗ punkt in der Frage stark geändert; im Juli 1919 vertrat Dr. Negen⸗ born die Auffassung, die heute die Sozialdemokraten vertreten. Wie der Beschluß der Eisenbahner zeigt, hat sich auch in der breiten Masse eine starke Wandlung vollzogen, die Rückschlüsse auf den veränderten Ausfall dieser Wahlen gestattet. Früher sprachen die Sozialdemo⸗ kraten von der „modrigen Stickluft“ in den Provinziallandtagen und Kreistagen; heute wollen sie deren Mandate einfach verlängern. Wir empfehlen unsern Antrag zur Amahme, der feststellt, daß die Regie⸗ rung gesetzwidrig unterlassen hat, die Wahl auszuschreiben, daß das Verbleiben der betr. Abgeordneten über den 20. Februar hinaus un⸗ gesetzlich ist, daß daher das Staatsmenisterium zu beauftragen ist, diesen ungesetzlichen Zustand schleunigst zu beendigen. Endlich hat guch die Neuwahl der Stadt⸗ und Bezirksverordneten Berlins z er⸗ folgen, die lange genug unter nichtigen Vorwänden hinausgeschoben worden ist. Diese Hinausschiebung hat auch ermöglicht, daß der Ober⸗ präsident von Berlin die Kommunistische Fraktion vergewaltigen konnte, indem er sie von der Vertretung im Magistrat ausschloß.

Abg. Haas (Soz.): Der letzte Teil dieses kommunistischen An⸗ trags ist parlamentarisch, so wie er gestellt ist, überhaupt unzulässig. Im Jahre 1919 waren doch noch die alten Land⸗ und Kreistage vor⸗ handen: unsere damalige Haltung war also durchaus gerechtfertigt. Im Ausschuß für die Städte⸗ und Landgemeindeordnung haben gerade die Kommunisten Sabotage getrieben, sie „pfiffen“ auf die Vertaaung; ihr heutiges Drängen ist ledialich ein Scheinmanöver. Und gestern, als Herr Pieck verlangte, daß schon heute über ihren Antrag zur Auf⸗ lösung und Neuwahl beraten und beschlossen werden solle, waren von ihnen ganze zehn Mann zur Stelle! Sie wollen ernstlich gar keine Neuwahlen, die Ziffern der Wablergebnisse vom 4. Mai und 7 De⸗ zember schrecken sie. Die Neuwahlen m diesen Provinziallandtagen und Kreistagen werden tatsächlich erst im Mai stattfinden können. Als wir vorgeschlagen hatten, am 7, Dezember auch noch diese Wahlen zu vollziehen, haben sich alle übrigen Parteien dagegen aus⸗

gesprochen, alle waren sie auch überzeugt, daß diese Provinzial⸗ und Kreiswahten schon so bald nach dem 7. Dezember, schon im Februar zu veranstalten, eine Unmöglichkeit sei. Heute wollen die Herren

rechts davon nichts mehr wissen. 1 g. Müller⸗Franken (Wirtschaftl. Vereinig.): Durch das Verhalten der Regierung sind wir vor ein böses Dilemma gestellt. Herr von Eynern will die Wahlen „möglichst bald“, wann ist das? Es bandelt sich nicht sowohl um den Wahltag als um die Wahl⸗ vorbereitungen und um die Wahlpropaganda. Notgedrungen müssen wir dem Vorschlag der Verschiebung bis zum 1. November zustimmen. Man kann nicht die Reichspräsidentenwahl und diese Wahlen m⸗ fammenkovppeln. Auch wir erhoffen von der Neuwahl eine bessere Zusammensetzung, aber wir wollen sie zu einer passenderen Zeit. Abg. Greßler (Dem.): Wir müssen es ablehnen, vier⸗ oder fünfmal im Jahre zu wählen. Wir sipd auch gerade mit Rücksicht auf die Lage im besetzten Gebiet veranlaßt, Sie zu bitten, in die Ver⸗ schiebung der Wahlen bis zum 1. November zu willigen. Außerhalb der Tagesordnung wird auf Antrag Grzezinski gemäß einem Beschluß des Geschäftsordnungsaus⸗ schusses die nachgesuchte Genehmigung zur Vernehmung des Abgeordneten Braun⸗Berlin im Rothardt⸗Prozeß mit der Maßgabe erteilt, daß die Vernehmung bis zum 16. März ein⸗ schließlich erfolgt sein muß. Nach weiteren Ausführungen des (Komm.) gegen den Entwurf weist 1“ 1“ Abg. v. Eynern (D. Vp.) noch einmal auf die wichtige rinzipielle Frage hin, die die Unterlassung der Anordnung so⸗ ortiger Neuwahlen durch die Regierung bedeute. Die Tausend⸗ jahrfeier für die Rheinlande könne man doch nicht mit Ernst als Argument für die lange Hinausschiebung der Wahlen anführen. In der Abstimmung wird der gemeinsame Antrag der Deutschnationalen und der Deutschen Volkspartei auf sofortige Anordnung der Neuwahlen auf Grund des bestehenden Vahl⸗ rechts gegen die Antragsteller sowie gegen die Freiheitspartei und die Kommunisten abgelehnt. Gegen dieselbe Minderheit wird dann der kommunistische Antrag, gleichzeitig mit den Wahlen zu den Provinzialland⸗ tagen und Kreistagen die Wahlen für die Berliner Stadt⸗ und Bezirksverordneten vorzunehmen, abgelehnt, ebenso der weitere Inhalt des kommunistischen Antrages, der die Schuld an dem ungesetzlichen Zustande dem Staatsministerium zuschiebt und die Festsetzung des tunlichst möglichen Termins für die Wahlen verlangt. Das Ergebnis der Abstimmungen wird mit leb⸗ haften Kundgebungen zwischen den Befürwortern der Vorlagen und der Opposition aufgenommen. Es folgt die Abstimmung über den Ausschußantrag, wonach die Wahlzeit der Abgeordneten bis zum 1. November 1925 verlängert wird. Auf Antrag Lüdicke 8 Nat.) ist die Abstimmung namentlich. Bei der Abstimmung

Abgeordneten Heym

tellt sich die Beschlußunfähigkeit des Hauses heraus. Es wurden nur 202 Karten abgegeben. Vizepräsident Garnich schließt die Sitzung und beruft auf sofort die neue Sitzung ein.

Als erster Punkt der neuen Sitzung steht auf der Tages⸗ ordnung die erste Beratung der Novelle zu dem Gesetz über die vorläufige Grundvermögenssteuer. Durch den Entwurf sollen die bestehenden Gesetes⸗ bestimmungen dahin geändert werden, daß ihre Geltungs⸗ dauer auf den 31. März 1926 verlängert wird.

In der Begründung wird darauf verwiesen, daß in dem endgültigen Grundvermögenssteuergesetz als Besteue⸗ rungsgrundlage der vom Reich mit den Ländern für Reichs⸗ und Landessteuern zu ermittelnde Einheitswert eingeführt werden soll. Da dieser Einheitswert frühestens am 1. April 1926 feststehen wird, kann für die Uebergangszeit des Rech⸗ nungsjahres 1925 nur der der vorläufigen Grundvermögens⸗ steuer zugrunde gelegte Wert als Besteuerungsgrundlage in Frage kommen. Eine Aenderung der Steuersatze des § 2 des

Gesetzes vom 28. Februar 1924 1 wie es in der Begründung weiter heißt, nicht beabsichtigt; der Artikel 2 des genannten Gesetzes ist daher abzuändern, was durch den vorliegenden Entwurf geschehen soll.

Abg. Hecken (D. Nat.) bekämpft die Vorlage, wenn auch dem Vorschlage der Regierung, daß bei der endgültigen Steuer ein Ein⸗ heitswert zugrunde gelegt werde, zuzustimmen sei. Bis dahin müsse eine Uebergangsregelung gefunden werden. Jedenfalls sehe seine Fraktion in der Reichsvermögenssteuer eine bessere Grundlage als in der preußischen Grundvermögenssteuer. Heute habe man keinen nor⸗ malen Gütermarkt; deshalb könne das Grundstück keine Grundlage abgeben. Die Baugrundstücke namentlich in der Nähe großer Städte müßten anderweitig bewertet werden, wohl⸗ wollender Seine Fraktion fordere ferner stärkere Schonung der Siedler und Befreiung der Sportplätze von der Grundsteuer. Jeden⸗ 5 sei die heutige Grundsteuer für den Grundbesitz, für den 1 esitz als auch für den landwirtschaftlichen und gärtnerischen esi nicht mehr traägbar. Der Hauptausschuß müsse die Vorlage no einmal v 1 .

Abg. olingh (Zentr.) spricht sich gegen den Regierungs⸗ vorschlag aus und 8 gleichfalls für Ausschußberatung. Die Grund⸗ vermögenssteuer müsse gerechter gestaltet werden. In habe man einen subjektiven L festgestellt, indem man das Ein⸗ kommen des Wirtschafters miteingerechnet habe; das gehe nicht an. Die Veranlagungsbehorden hätten die landwirtschaftlichen Sachver⸗ ständigen lediglich als Statisten benutzt: ihre Sachkunde müsse eine andere Bewertung und Auswirkung finden. Sehr angreifbar sei die Zusammensetzung der Veranlagungsausschüsse; auch hier müssen mehr Cu““ 1

Abg. Dr. Waentig (Soz.) erkennt die starke Belastung der Landwirtschaft wenigstens car die allerletzte Zeit an; dafür habe sie aber in der Kriegszeit und in den Nachkriegsjahren sehr wenig Steuern zu zahlen gehabt. Freunde hielten das heutige Grundsteuergesetz in Preußen für schwer tragbar; lediglich aus Staatsinteressen hätten sie ihre Bedenken zurückgestellt. uch von

sozialdemokratischer Seite wurde gefordert, daß das? rbeitseinkommen ü erner die Se aansessernasr

nicht eingerechnet würde, und daß nach dem Ertrage oder nach dem Verkaufs⸗ oder Pachtpreise na geprüft werde, so sehr auch sonst die Bemessungen nach dem a gemeinen Wert be seien. Eine grundlegende Reform

aber zurzeit nicht moglich. Das Interregnum brauche aber nicht auf ein Jahr festgelegt werden; es genüge der Termin des 30. Juni. Das würde vielleicht auch die Arbeiten für eine neue Bewertungsgrundlage

beschleunigen. 1 Abg. Held (D. Vp.): Die Grundsteuer war be unserer Finangle e eine Notwendigkeit; daß sie den landwirtschaftlichen Grundbesitz schwer belastet, ist eine Tatsache. Die Hauptsache ist eine gerechte Veranlagung; die heutige Steuerwirtschaft ist unhaltbar. Es muß grundlegend eingegriffen werden und nach einheitlichen Grundsätzen, wenn eine richtige Bewertung erzielt werden soll. Die Steuerausschüsse müssen anders zusammengesetzt werden und auch Mitglieder in ihrer Mitte haben, die dem Kreise der Grundsteuer⸗ pflichtigen angehören. Abg. Stolt (Komm.): Wir Kommunisten haben stets eine ge⸗ rechte Steuerverteilung unter Vorbelastung der Besitzenden ge ordert. Die Hauszinssteuer etwa das Gegenteil davon dar, da sie von den auf die schwachen zultern der Mieter abgewälzt wird. Unser ganzes Steuerwesen ist unhaltbar. Der Redner der Deutschnationalen beklagt sich sehr mit über angebliche Be⸗ nachteiligung des Grundbesitzes. Die heutige kicherefierung Luther ist ja eine Rechtsregierung; wie kann da Herr Hecken ich über nicht genügende Beteiligung seiner Partei an der eichsregierung auf⸗ alten? Die Sehnsucht nach einer der Steueraus⸗ 6. e beweist doch nur, daß die hers noch größere Vorteile auf dosten des Gros der Steuerzahler füc ihren Geldbeutel beanspruchen. Die Preise für die 1aeee tlichen Produkte liegen jg pro entual höher wie die 5 vel. Jeder Steuer, Uie abwälzbar ist, sagen wir schärfsten Kampf an. .“ 8— Abg. (Dem.) bedauert auch, daß hier wieder bloß eine Verlängerung, aber keine Revision der Grundvermögensfteuer in Frage steht. Die Verlängerung sei freilich unhedingt geboten; das Haus befinde sich also in einer Notlage. Die Fraktlon schließe sich dem Antrage auf Ueberweisung an den Hauptausschuß an. Auch ier müsse die Schonung der schwächeren u“ das Ziel sein. 8 den zu bildenden Ausschüssen müsse der Besitz einen ausschlag⸗ gebenden Einfluß haben.

Abg. gahe-Liegnit Wirtsczaftf Vereinig.) erklärt, daß der von der Grundsteuer betroffene städtische Grundbesitz zum großen Teil aus dem Mittelftand und auch aus der Arbeiterschaft sich zu⸗ (Zuruf bei den Kommunisten: Laubenkoloni ten!) dein, die nicht allein! Mit der Wohnungszwangswirtschaft habe man die Massen irregeführt! Auch dem Grundbesitz müsse Gerechtigkeit widerfahren. .

Abg. Milberg (D. Nat.) legt noch einmal die gußerordentliche Belastung der Landwirtschaft dar, insbesondere durch die Grundsteuer. Gerade die Demokraten hätten diese irrsinnige Fteee mitgemacht, die viele deutsche Bauernsöhne ins Ausland getrieben habe. W Abg. Kölges (Zentr.) erklärt, das Gesetz in der jetzigen Form könne allerdings nicht befriedigen; die Opposition solle aber bessere Vorschläge machen. Zu einer einheitlichen Bewertungsgrundlage müsse man freilich baldigst kommen.

Der Entwurf wird dem Hauptausse Zentrumsantrag, der in der Verordnung zur Ab⸗ änderung des Kommunalabgaben⸗ und des Kreis⸗ und Provinzialabgabengesetzes den dort festgelegten Termin bis zum 1. Apri 1928 hinaussetzt, wird dem emeindeausschuß überwiesen.

Hierauf begründet Abgeordneter Pieck (Komm.) den Urantrag seiner Fraktion, der den Rücktritt des Land⸗ tagspräsidenten Eö“ da er mit vollem Bewußtsein nach seiner eigenen Erklärung die Geschäfts⸗ ordnung gebrochen und schon vor Beginn der Trauersitzung für den verstorbenen Reichspräsidenten den Kommunisten erklärt habe, er werde ihnen das Wort zur Geschäftsordnung nicht

eben. 1 1 ¹ Abg. Herold (Gentr.) verweist darauf, daß die damalige Sitzung einen außergewöhnlichen Charakter als Treuerkandgehnng getragen und daß der Präsident mit der Ablehnung einer Geschäfts⸗ ordnungsdebatte die Würde des Hauses nur gewahrt habe. jst sch

Abg.“ Körner (Nat. Soz.) unterstützt den kommunis jev Antrag; der Präsident hätte seine Absichten dem b mitteilen müssen. Er habe die Beschott s töntac absichtlich ver 8*

Abg. Pieck (Komm.) erklärt zum Schluß, ein Haus, da ledig⸗ lich einen Toten zu ehren wisse, aber nicht die vielen Opfer der Grubenkatastrophe, müsse man zum Teufel jagen.

Hierauf wird der kommunistische Antrag gegen die Antrag⸗ steller und die Nationalsozialisten abgelehnt.

überwiesen. Der

zuldlos bezeichnet, 1

Das Haus vertagt ü9 auf Mittwoch: Entgegennahme der Regierungserklärung. Für den Fall, daß es nicht dazu kommt,