den Grundbetrag beim Ruhegeld auf etwa 480 ℳ jährlich, den Steigerungsbetrag von zehn auf fünfzehn Prozent und den Kinderzuschlag von 36 ℳ auf mindestens 90 ℳ jährlich er⸗ höht. Das Gesetz wird darauf auch sofort in dritter Lesung angenommen.
dorauf beantragt der Abg. Koenen erneut die Be⸗
sprechung der Vorgänge in Halle, Neutölln und Stuttgart. Da wiederum widersprochen wird, kann die Angelegenheit nicht
behandelt werden.
1 Es wird dann die zweite Lesung des Reichshaushalts⸗
plans fortgesetzt, und zwar beim „Reichsjustizministerium“.
Abg. Brodauf (Dem.) bedauert die Vergiftung der politischen Atmosphäre und weist auf die ungeheure Zahl von Beleidigungs⸗ prozessen hin. Geradezu erschütternd ist es gewesen. erklärt Redner, daß ein Beamter des verstorbenen Reichspräsidenten im Rothardt⸗ piozeß in Magdeburg feststellen mußte, daß dieser Prozeß der 143. Be⸗ leidigungsprozeß ist, den der Reichspräsident zu führen hatte. (Hört! hört! links.) Bezeichnend ist es, daß man sich bemüht hat, Zeugen gegen den Reichspräsidenten zu beschaffen von der Art des Syprig und des Kreil (Lebhafte Zustimmung links.) Ein deutsch⸗ nationaler Pastor hat dabei hervorragend mitgewirkt. (Hört! hört 1.) links) Die Aufhebung des Republikschutzgesetzes und damit des Staatsgerichtshofs ist im Hinblick auf die politischen Verhältnisse zurzeit noch nicht möglich. ie Angriffe gegen den Republikanischen
Kichterbund weise ich entschieden zurück. Die Bemerkung des deutsch⸗ nationalen Redners, der Eintritt in diesen Bund sei Gesinnungs⸗ lumperei, ist typisch für die Vergistung der politischen Atmosphäre. Unerhört ist es, daß republikanische Richter vielfach boypkottiert werden. Wir bedauern, daß die Gründung des Republikanischen Richterbundes notwendig geworden ist. Wäre sie noch nicht erfolgt, so müßte sie jetzt unter allen Umständen erfolgen. Man muß ver⸗ langen, daß die ablehnende innere Einstellung eines großen Teils der Richter gegenüber dem neuen Staat sich nicht in der Rechtsprechung auswirkt, wie das jetzt oft zu beobachten ist. In Strafprozessen politt⸗ scher Natur werden Vergehen von Anhängern rechtsstebender Parteien vielfach geringer bestraft als von Anhängern verfassungs⸗ treuer Parteien. Die Ehre der Republikaner wird bei den ordent⸗ lichen Gerichten geringer geachtet als die Ehre von Monarchisten. Die verrassungsmäßigen Farben der deutschen Republik genießen viel⸗ fach geringeren Schutz als die alten Reichsfarben Oft lassen Urteile eine antisemitische Einstellung erkennen. Typisch ist der Ausspruch bei einem kürzlichen Prozeß Severings, daß die Qualität der Mi⸗ nister heute nicht mehr so sei wie früher. Gegen die Dem okratische Partei ebenso wie gegen die Sozialdemokraten fiel seinerzeit der Vorwurf, ihre Kassen seien mit ausländischen Geldern gerüllt. Wir waren damals Regierungsparkei und forderten Klarstellung im öffentlichen Interesse. Der zuständige bayerische Staatsanwalt lehnte dies ab. Auch eine Beschwerde bei der bayerischen Regierung blieb erfolglos mit der Begründung, daß die Aeußerung im Wahlkampf gefallen sei (Hört! hört! links) Durch ein solches Verhalten fördert die bayerische Regierung das Rechtsempfinden gerade nicht. Unverständlich ist, wie jemand den Magdeburger Richter Bewersdorff noch in Schutz nehmen kann. Das für einen Mann ganz unmögliche Ausweichen Bewersdorffs beweist daß er die ihm vorgeworfene Aeußerung getan hat. Wenn die Urteilsbegründung des Magdeburger Gerichts richtig wäre, dann hätte der Königlich Preußische Staats⸗ anwalt von 1918 im höchsten Maße seine Pflicht verletzt, weil er nicht schon damals gegen Ebert eingeschritten ist. Der Redner behandelt dann die Emmingersche Justizreform. Auf den neuen Strafgesetzbuchentwurf wolle er angesichts der Bedeutung des ganzen Komwlexes nicht eingehen. Den demokratischen Antrag, den Rechtsanwälten die Befugnis zu geben, Zahlungsbefehle und Vollstreckungshefehle ergehen zu lassen, zieht der Redner zurück, nachdem sich die Rechtsanwälte mit Mehrheit da⸗ gegen ausgesprochen haben. Eine Reform des Ehescheidungs⸗ rechts sei unbedingt notwendig Es sei bedauerlich. daß der Justizminister einer solchen Reform ablehnend gegenüberstehe. Gerade die vielen Prozesse seien geeignet, die Ehen noch weiter zu zerrütten. Die Justiz bilde nur dann den Grundpfeiler des Staates, wenn sie vom allgemeinen Vertrauen aller Volksschichten getragen werde. Oberstes Gehot aller Richter müsse der Fundamentalsatz der Lerfassung sein: Das Deutsche Reich ist eine Republik, die Staats⸗ gewalt geht vom Volke aus (Beifall bei den Demokraten)
Abg. Dr Pfleger (Bayr. Vp): Wir schließen uns den Ver⸗ wahrungen aller Parteien gegen die Art der Berichterstattung über den Justizetat durch den Abg Korsch (Komm.) an. Das war kem Bericht über die Ausschußverhandlungen, sondern eine einseitige parteipolitische
Darstellung. (Zustimmung.) Eine Aenderung in der Stellung des Patentamts, das seit vielen Jahren dem Justizm inisterium angeschlossen ist, halten wir nicht sür nötig. Dagegen darf auch nach unserer An⸗
sicht die Höhe der Gebühren den Erfindern nicht hinderlich werden. Die Emmingerschen Notverordnungen über die Justizreform waren not⸗ wendig, um unsere Rechtspflege vor dem drohenden und sehr nahen Zusammenbruch zu bewahren. Bei den Schwurgerichten darf die Zahl der Berufsrichter nicht weiter beschränkt werden, damit die Rechts⸗ garantien nicht gefährdet werden. Es freut mich, daß der Justir⸗ minister auf die Wünsche wegen Erleichterung der Ehescheidung nicht ohne weiteres eingegangen ist. Diese Frage muß vom grundfätz⸗ lichen Standpunkt aus beurteilt werden Der Staat kann kein Interesse daran haben, die Ehe zu einem Taubenschlag machen u lassen. Wir stehen den Anträgen auf Erleichterung der Ehe⸗ zepdcg ablehnend gegenüber. Was uns im übrigen nottut, ist eine lare und übersichtliche Gestaltung unseres Rechts, das nicht fort⸗ bährend durch Novellen geändert werden darf Wir begrüßen es lehhaft, daß der neue Strasgesetzbuchentwurf in gemeinsamer Arbeit mit Oesterreich aufgestellt ist, und hoffen, daß er eine Brücke zwischen beiden Ländern schlagen wird. (Beifall.) Die Aufwertungsfrage darf nicht im Sinne einer Armenunterstützung entschieden werden, sondern nur von grundsätzlichem Rechtsstandpunkt aus. (Zu⸗ stimmung) Daß Urteile von Richtern vorgekommen sind, die nicht die Prüfung im Sinne der Erhaltung des Vertrauens des Volks zu unserer Rechtspflege bestehen, kang nicht ge⸗ leugnet werden. Namentlich darr ein Richter sich nicht ein Urteil bilden und es aussprechen, bevor die Prozeßverhandlung abgeschlossen ist. Der Richter muß die Unantastbarkeit der Rechtspflege und den Glauben des Volkes daran hochhalten Unser Kichterstand im all⸗ gemeinen ist aber erhaben über Vorwürfe in der Richtung einer politischen Einstellung seiner Urteile. (Zwischenruf links.) Das gilt auch von den bayerischen Gerichten. Ein Versagen des Staats⸗ gerichtshofes könnte auch das Ansehen des Reichsgerichts, mit dem er in reger Verbindung steht, gefährden. Es heißt, daß die Richter für das Reichsgericht auch mit Rücksicht darauf ausgewählt werden, ob sie sich auch für den Staatsgerichtshof eignen würden.
Abg. Dr. Frick (Nat. Soz): Die deutschvölkische Bewegung wird vom Minister Severing und von der Regierung in Bavern mit polizeilicher Willkür unterdrückt. Wir verlangen eine Behand lung auf Grund des Rechts nicht der Polizeiwillkür. Die Hitler⸗Versamm⸗ lungen in München sind verboten worden. Bei dem ersten Auftreten Hitlers nach seiner Entlassung aus der Haft benahm sich die Polizei mit Gummiknüpveln so rigoros gegen die vollkommen ruhigen Vesammlungs⸗ teilnehmer, daß man auf den Gedanken kommen mußte, die Poltzei habe provozteren wollen Die folgenden Hitler⸗Versammlungen wurden dann verboten unter dem Vorgeben, Hitler habe zu Gewalttätigkeiten aufgereizt. Redner verliest Stellen aus Hitlers Rede, aus denen man keine Auf⸗ reizung herauslesen könne (Widerspruch links), und sagt, auch die baverische Regierung scheine schon pazifistisch verseucht zu sein. Der Redner wendet sich ferner gegen die Verhaftung des Hauptmanns von Heydebreck im letzten Wahlkampf, den man mit Zuchthäus lern zusammen in eine Zelle gestopft und trotz seiner schweren Kriegsver⸗
letzung ffandalös behandelt hat. Bei Barmat kam man dagegen
mit dem Auto vorgefahren. Auch Höfle wird immer noch als Minister bebandelt. Der Redner führt Beschwerde über die Verhaftung des
Heirn von Hepdebreck Man wisse immer noch nicht, warum er
verhaftet sei. (Zuruf: Bei Barmat weiß man es auch noch nicht! —
Aba, die Herren Barmatisten!) Der Staatsgerichtshof und das
Republikschutzgesetz müssen endlich aufgehoben werden.
Reichsminister der Justiz Dr. Frenken: Meine sehr ver⸗ ehrten Damen und Herren! Zu den Ausführungen des Herrn Vor⸗ redners, die sich zu einem sehr hohen Prozentsatz überhaupt nicht mit Dingen beschäftigt haben, die mein Ressort betreffen, habe ich nur wegen des Falles von Heydebreck etwas zu bemerken. Es schrwebt eine Untersuchung gegen Herrn von Heydebreck. Gegen ihn war Heft⸗ befehl erlassen Er hat Beschwerde gegen den Haftbefehl erhoben, und die Bescheverdeinstanz hat die Beschwerde zurückgewiesen. Selbst⸗ verständlich kann der Haftgrund von neuem nachgeprüft werden. Es kann auch darauf hingewirkt werden, daß das Verfahren nach Mög⸗ lichkeit beschleunigt wird. Das ist auch bereits geschehen. Der Herr Oberreichsanwalt ist auf die Sache aufmerksam gemacht worden, und er wird seinerseits das tun, was möglich ist um die Sache zum Ab⸗ schluß zu bringen.
Es ist dann die Beschwerde auch dahin gegangen, der Herr von Heydebreck sei während der Untersuchungshaft unmwürdig be⸗ handelt worden. Dieser Beschwerde sind wir nachgegangen, und die Prüfung hat folgendes ergeben:
Herr von Heydebreck hat, als man ihm sagte, es ist eine Be⸗ schwerde eingegangen, Sie seien nicht gehörig behandelt worden, selbst erklärt, zu Klagen über die Verpflegung im Untersuchungsgefängnis keinen Anlaß zu haben. Er bestreitet auch, seinen Freunden Feder und von Winterfeld Klagen dieser Art vorgebracht zu haben. Es ist unwahr — so ist festgestellt —, daß von Heydebreck im Unter⸗ suchungsgefängnis in einer jeder Beschreibung spottenden Weise — so hatte die Beschwerde gelautet — untergebracht ist, daß seine Be⸗ handlung der eines Verbrechers gleiche und daß insbesondere dem Inhaftierten eine harte Pritsche zum Lager diente. Richtig ist viel⸗ mehr, daß seine Zelle mit einem eine Matratze enthaltenden Bett ausgestattet ist. Er hat sofort zwei Decken erhalten. Auch ist ihm, wovon er allerdings keinen Gebrauch gemacht hat, bei Einlieferung der Gebrauch seines eigenen Federbettes gestattet worden. Die Reinigung der Zelle — das war auch Gegenstand der Beschwerde — ist von ihm niemals verlangt worden. von Heydebreck hat selbst er⸗ klärt, über die Verpflegung im Untersuchungsgefängnis keine Klagen vorbringen zu können. (Zuruf von den Nationalsozialisten: Ueber die Verpflegung!) — Das, was ich vorher von den Betten sagte, gehört nicht zur Verpflegung. (Zuruf von den Nationalsozialisten: Und die sonstige Behandlung?) — Ich habe es ja vorgelesen. Wir wollen noch weiter hören. Vielleicht ergibt sich das noch. Der Bericht sagt weiter: Er hat ferner erklärt, über die Verpflegung keine Klagen vorbringen zu können, und stellt in Abrede, bei seinen Besuchern darüber Klage geführt zu haben. Wie jeder andere Untersuchungsgefangene kann er sich allwöchentlich am Dienskag Lebensmittel aus verfügbarem Gelde bestellen. Die Ausgabe kann aus Verwaltungsgründen erst am folgenden Freitag erfolgen. Auf seinen Antrag wäre Herr von Heydebreck wöchentlich mehrmals vasiert worden. Von einem solchen Antrag hat er aber Abstand genommen, weil er um Aushändigung eines eigenen Rasierapparats gebeten hatte, welchem Antrag dann auch stattgegeben worden ist. Die beiden Be⸗ sucher hatten sich wie alle anderen einer Reihe von Formalitäten zu unterziehen. Unrichtig ist, daß sie von dem diensttuenden Beamten ungnädig empfangen und eine Stunde lang von einer Stelle zur anderen geschickt worden sind. Unrichtig ist weiter, daß der Aufsichts⸗ beamte den Untersuchungsgefangenen in barschester Form zurückgewiesen hat, als er den Besuchern die Hand reichen wollte. Richtig ist vielmehr, daß der Besuch in dem dafür bestimmten Besuchsraum
stattgefunden hat, in dem zwei Barrieren angebracht sind, welche die
Besucher vom Gefangenen trennen. Als von Heydebreck beim Ein⸗ treten seiner Freunde die Barriere durchschritt, um sie zu begrüßen, ist dies von dem Beamten als unzulässig bezeichnet worden, woran Herr von Heydebreck selbst übrigens keinerlei Anstoß genommen hat. Bei Beendigung des Besuches hat der Beamte gestattet, daß sich die Besucher mit Händedruck verabschiedeten.
Sie sehen aus dieser Feststellung, daß der Beschwerde in allen ihren Punkten nachgegangen ist und daß die Beschwerde sich in allen Teilen als unrichtig krwiesen hat. (Hört, hört! in der Mitte. — Ab⸗ geordneter von Graefe [Mecklenburg]!: Das bestreite ichl) Mögen Sie das bestreiten, mir sind die Feststellungen, die amtlich gstroffen sind, doch wichtiger als ein bloßes Bestreiten. (Abgeordneter von Graefe [Mecklenburg]: Papier ist geduldig!)
Abg. Lohmann⸗Altona (D. Nat.) bringt Gehaltswünsche der Justizbeamten vor. Ein alter Wunsch der Rechtsanwälte an den Amtsgerichten gehe dahin, daß sie grundsätzlich auch an den Land⸗ gerichten zugelassen werden. Die Deutschnationale Partei halte diesen Wunsch für berechtigt. Die Amtsgerichtsanwälte kennten die speziellen Verhältnisse in der Regel besser als die Anwälte an den Landgerichten. Die Erfüllung des Wunsches werde zur Verbesserung und Verbilligung der Rechtspflege beitragen. Die meisten deutschen Staaten hätten die sogenannte Simultanzulassung bereits eingeführt. Den Anträgen auf Beseitigung der Strafen für die Abtreibung stehe die deutschnationale Partei entschieden ablehnend gegenüber Die Neuregelung des Straf⸗ prozesses habe sich bewährt; jedenfalls dürfe, seitdem erst so kurze Zeit verflossen, daran nicht jetzt schon wieder geändert werden. Diese Fragen müßten bei der großen Reform geprüft werden. Von dem Artikel 48 der Reichsverfassung sei in der letzten Zeit allzu reichlich Gebrauch gemacht worden. In einer demokratischen Versammlung in Halberstadt sei ein Redner für die Demotratisierung der Rechtspflege durch Besetzung der Stellen mit Demokraten eingetreien; das hieße doch die Politik in die Rechts⸗ pflege hineintreiben. Erfreulich sei die Zusammenarbeit mit Oester⸗ reich bei dem Strafgesetzbuchentwurf., Hoffentlich trage es zu einem innigeren Zusammenschluß beider Staaten bei Die Sprache unserer Gesetze sei durch die Befragung des Deutschen Sprachvereins besser geworden, die Gesetze seien dadurch verständlicher. Die Heranziehung des Laienelements wirke gleichralls in der Richtung eines besseren Verständnisses für unsere Rechtspflege.
Abg Lucke (Wirtschaftl. Vereinig.) führt aus, daß seit dem 9. November 1918 der Gesetzgeber in dem Bestreben, Reich. Staat und Gemeinden ganz neu aufzubauen, gerade nicht eine alückliche Hand gehabt habe. Die Gesetze seien vielfach von der Rücksicht auf die Gunst der Massen diktiert worden und wiesen viele Lücken auf. Wenn schon die Richter sich schwer durch die vielen neuen Gesetze hindurchfinden, um wieviel schwerer werde es dem Volke. Dadurch gehe das Vertrauen und die Gerechtigkeit ver⸗ loren. Daran seien nicht die Richter schuld, sondern die Gesetzgeber seit dem 9. November 1918. Die Prozesse und Miets⸗ streitigkeiten dauerten jahrelang und eine erstrittene Räumung könne nicht durchgeführt werden, solange nicht eine Ersatzwohnung beschafft sei. Die Wohnungszwangswirtschaft bewege sich auf falschen Bahnen; eine ungeheure Menge von Arbeit müsse für Mietsstreitigkeiten ver⸗ schwendet werden. Der Redner bedauert daß beim ganzen Justizetat mit noch keinem Wort diese Uebelstände berührt worden seien. Das sei bezeichnend. Wenn man ein Abbaugesetz schaffen wolle, dann sei es vor allem auf diesem Gebiet dringend notwendig.
Abg Schröder⸗Mecklenburg (Nat Soz) bespricht Anwalt⸗ fragen Der Redner wendet sich ferner gegen jede Erleichterung der Ehescheidung. Die Zusammenarbeit mit Oesterreich beim Strafgesetz⸗ buch sei sehr zu begrüßen. Die letzte Strafprozeßresform müsse baldigst wieder beseitigt werden. Ein hoher Prozentjatz unseres Richterstandes
habe sich erfreulicherweise von politischen Einflüssen freigehalten. Die Rechtspflege müsse von jüdischem Einfluß hefreit werden.
Abg. Brodauf (Dem.) erklärt gegenüber Vorwürfen der Vor⸗ redner, er habe keinem Richter den Vorwurf einer bewußten Partei⸗ lichkeit machen wollen. Ein öffentl'ches Interesse liege sehr wohl vor, wenn einer Regierungepartei vorgeworfen werde, sie arbeite mit ausländischem Geld. Der Redner fragt den Minister, ob es richtig sei, daß Kapitänleutnant von Killinger seine Strafe aus dem Conlul⸗ prozeß noch nicht angetreten habe.
Reichsminister der Justiz Dr. Frenken: Meine Damen und Herren! Es ist richtig, daß der verurteilte v. Killinger die ihm auf⸗ erlegte Strafe noch nicht angetreten hat. (Hört! Hört! links.) Es liegt ein Gnadengesuch in der Sache vor, und bis zur Entscheidung über das Gnadengesuch ist die Strafvollstreckung, wie das auch in zahlreichen sonstigen Fällen geschieht, einstweilen ausgesetzt worden. (Zurufe links.) “
Damit schließt die allgemeine Aussprache. Das Gesetz über die vorläufige Regelung des Reichshaushalts wird dem Haushaltsausschuß überwiesen.
Das Haus vertagt sich. — Mittwoch, 2 Uhr: Einzeldebatte zum Justizetat, kleine Vorlagen, kommunistische Anträge über die Vorfälle in Halle, Stuttgart und Frankfurt.
Schluß 7 ½ Uhr.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Haushaltsausschuß be - “ sich gestern mit der Frage der vierteljährlichen Ge⸗ haltszahlung an die Beamten. Der Entwurf der Re⸗ ierung sieht vor, daß die Reichsregierung mit Zustimmung des eichsrats und des Haushaltsausschusses des Reichstags den Zeitpunkt
der Wiedereinführung dieser Zahlungsweise bestimmt. Hierbei kann
angeordnet werden, das die Vierteljahrsbezüge zu einem anderen Zeir⸗
punkt als zum Beginn eines Vierteljahres gezahlt werden oder daß
an Stelle der vierteljährlichen zunächst eine zweimonatliche Voraus⸗ zahlung erfolgt. Verschiedene Redner des Ausschusses wandten sich nach dem Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger dagegen, daß der Zeitpunkt der Wiedereinführung unbestimmt gelassen würde, und forderten, daß entweder eine Termin der Wiedereinführung in das Gesetz eingefügt oder die Aufhebung der vierteljährlichen Zahlung auf eine bestimmte Frist beschränkt würde. — Ministerialdirektor Lothholz (Reichsfinanzministerium) betonte, daß die gesamten Mehrkosten schätzungsweise 960 Millionen betragen
würden, und zwar für das Reich 180 Millionen, für die Post 120
Millionen, die Reichsbahn etwa 180 Millionen, für die Länder 300 Millionen und für die Gemeinden 180 Millionen. Im Reichsrat seien gegen die sofortige Einführung der Vierteljahrszahlung erheo⸗ liche Bedenken vom Standpunkt der Finanzgebarung der Länder geltend gemacht worden. Zunächst müßte erst einmal die Finanz⸗ gebarung für Reich und Länder durch die Steuergesetze festgelegt sein, dann werde die Regierung mit allem Nachdruck und Wohlwollen die Frage prüfen, ob die dreimonatliche Gehaltszahlung wieder einzu⸗ ühren sei. — Nach längerer Aussprache wurde eine Resolution der Abgg. Morath (D. Vp.) und Dr. Cremer (D. Vp.) ange⸗ nommen, daß die vierteljährliche Gehaltszahlung mit tunlichster Be⸗ schleunigung, spätestens aber bis zum 1. Oktober 1925, eingeführt werden soll. — Ministertaldrrektor Lothholz erklärte namens der Regierung, daß die vierteljährliche Vorauszahlung bei Ueberweisung auf ein “ für den im Gesetz vorgesehenen Personenkreis wieder eingeführt werde, sobald die Finanzlage des Reichs und der anderen öffentlichen Körperschaften sowie die allgemeine Wirtschaftslage es zulasse. Es bestehe die begründete Hoffnung, daß dieser Fall bis zum 8 Oktober dieses Jahres eintreten werde. Die Regierung werde bei ihren Gntfcheihün h nachdrücklichst bestrebt sein, den Wünschen der Parteien des Reichstags Rechnung zu tragen. Zur gleichmäßigen Ver⸗ teilung der dem Reiche usw. hierdurch erwachsenden Lasten sollten bei Wiedereinführung einer dreimonatlichen Zahlung nicht alle Beamite usw. ihre Bezüge am ersten Tage des Kalendervierteljahres erhalten, vielmehr sollten an jedem Monatsersten einem anderen Drittel der Empfänger die Vierteljahrsbezüge gezahlt werden. Sollte die Ge⸗ samtlage noch nicht die Einführung einer vierteljährlichen, wohl aber einer zweimonatlichen Vorauszahlung gestatten, so sollte zunächft diese eingeführt werden. — Es folgte die Beratung des Entwurss einer 4. Aenderung des Besoldungssperrgesetzes. Abg. Allekotte (Bentr.) berichtete über den Gesetzentwur. Bereits in der Begründung zum ursprünglichen Besoldungssperrgeses sei betont worden, daß das Reich sich dessen wohl bewußt sei, die mit dem Sperrgesetze verbundene Einengung der Bewegungsfreihei: der Länder und Gemeinden sei eine an sich unerwünschte, aus der Not⸗ der Gegenwart geborene Maßnahme. Der Eingriff sollte daher auch seiner Geltungsdauer nach tunlichst beschränkt werden. Nach Ansicht der Regierung könne jedoch auf das Besoldungssperrgesetz — dessen Geltungsdauer inzwischen bis zum 1. April 1925 verlängert worden ist — zurzeit noch nicht verzichtet werden. Deshalb solle das Gesez erst am 1. April 1926 außer Kraft treten. — Abg. Steinkopf (Soz.) führte namens seiner Fraktion aus, daß er die Verlängerung des Be oldungssperrgesetzes bis zum 1. April 1926 ablehnen müsse. Es bestehe die Gefahr, daß zunächst die Regierung die einjährige Verlängerung nur erstrebe, um später noch eine weitere Verlängerung durchzudrücken. Bestünden aber diese Absichten bei der Regierung nicht, so sei gar nicht einzusehen, was die einjährige Verlängerung für einen praktischen Nutzen haben solle. Da während der langen bis⸗ herigen Geltungsdauer des Besoldungssperrgesetzes noch gar nicht alle Ziele erreicht worden seien, wäre für die einjährige Verlängerung ein esseres Resultat gar nicht zu erwarten. Jedenfalls liege für die Sozialdemokrate kein sachlicher Grund zur Beibehaltung des Be⸗ oldungssperrgesetzes vor, so daß sie die sofortige Aufhebung des Ge⸗ sohes beantragen werde. — Abg. Schuldt⸗Steglitz (Dem.) wider⸗ sprach ebenfalls einer Verlängerung des Gesetzes und kritisierte die diesbezügliche Denkschrift der Regierung. — Ministerialdirektor Lothholz betonte, daß die Regierung nicht beabsichtige, die Wirk⸗ samkeit des Besoldungssperrgesetzes über ein Jahr hinaus zu ver⸗ längern. Was die kritisierte Denkschrift betreffe, so seien die darin angeführten Einzelbheiten, die in manchen Fällen vielleicht nicht mehr anz den heutigen Verhältnissen entsprechen, nicht durchaus entscheidend für die prinzipielle Frage. Das Besoldunassperrgesetz solle auch nicht rigoros angewandt werden, sondern unter Wahrung größerer Gesichts⸗ punkte, aber der Zweck des Gesetzes sei noch nicht so vollständig er⸗ reicht, daß von seiner weiteren Verlängerung abgesehen werden könne. — Angenommen wurde ein Antrag des Unterausschusses, wonach das Besoldungssperrgesetz am 1 April 1926 außer Kraft treten soll. Wenn die Länder und Gemeinden bereits zum 1. Januar 1926 oder zu einem früheren Zeitpunkt durch Einführung des Zuschlagrechts zur Einkommensteuer und zur Körperschaftssteuer größere Selbständig⸗ keit in bezug auf die Ausnutzung dieser Steuern erhalten, so wird das Besoldungssperrgesetz schon mit jenem früheren Zeitpunkt außer Kraft treten. Der entsprechende Gesetzentwurf wurde vom Ausschuß genehmigt. Der Ausschuß vertagte sich darauf auf morgen.
— Der Reichstagsausschuß für soziale Ange⸗ legenheiten befaßte 8 gestern mit der allgemeinen Aussprache über den ntwurf eines zweiten Gesetzes bezüglich Aenderung der Unfallversicherung. Ministerialdirektor Grießer (Reichsarbeitsministerium) er⸗ läuterte dem Nachrichtenbüro des Vereins deutscher Zeitungsverleger zufolge die Bestimmungen der Vorlage, die weit⸗ tragende Aenderungen des jetzigen Gesetzes enthält. Der Entwurf fordert vor allem einen erhöhten Unfallschutz, der durch möglichst un⸗ abhängig zu stellende besondere Aufsichtspersonen schärfer als bisher überwacht werden soll. Auch der Begriff „Unfall“ soll erweitert werden. Durch Verordnung sollen eine Reihe von Berufskrankbeiten der Unfallversicherung unterstellt werden. Neu ist die im Entwurf ausgesprochene Verpflichtung, die Unfallfürsorge durch Schaffung einer
des Reichstags be.
“ 8 8 * 83 88 9*⁸
Berufsfürsorge zu erweitern. Wiederherstellung der Arbeitskraft müsse das hochste Ziel sein. Berufsberatung, Umschulung, Arbeits⸗ vermittlung sollen die Wege dazu ebnen. Die Renten sollen wieder nach dem katsächlichen Verdienst gestaltet werden. Die Drittelungs⸗ renze 19 wegfallen, ebenso sollen die üe-ee Zwergrenten in egfall kommen. Dafür sollen bei den Schwerbeschädigten Kinder⸗ bulagen bincesürt werden. Der Jahresarbeitsverdienst soll bei den enten der Minderschwerverletzten nur zur Hälfte zur Anrechnung Eisen- Die Vollrente soll auf 70 vH erhöht werden. Renten aus Zeit vor der Inflation werden nach einer Schlüsselzahl umge⸗ rechnet. Der Ausschuß beschloß, von einer Generaldebatte abzusehen und söet in die Spezialdebatte einzutreten. Zum Berichterstatter wurde Abg. Ziegler (Dem.) bestimmt. — Der volkswirtschaftliche Reichstagsausschuß beriet in seiner gestrigen Sitzung über Regiearbeiten der Reichsbetriebe und in Verbindung damit auch über die Tätig⸗
keit der Regiebetriebe der Länder und gemeindlichen Ver⸗ Gegen die Stimmen der Sozialdemokraten wurde 9 gemeinsamer Antrag des Ausschusses angenommen: Die
waltungen.
1
eichsregierung wird ersucht, 1. in den Reichsverwaltungen die in das Gebiet des gewerblichen Mittelstandes fallenden Arbeiten und Lieferungen, soweit dieselben nicht in beschränktem Umfang, z. B. zur Ausbildung der Angehörigen der Reichswehr, nötig sind, grundsätzlich durch die freien Berufe und weder direkt noch indirekt durch die Verwaltungen selbst ausführen oder unterstützen zu lassen; 2. auf die Länderregierungen entsprechend Ziffer 1 einzuwirken und sie zu er⸗ suchen, auch im Bereiche der Gemeinden die Peseitigung unbe⸗ ründeter Selbstversorgungsbetriebe zu erstreben; 3. innerhalb von sche Monaten dem Reichstag eine Uebersicht über die Beteiligung er Reichsverwaltungen an “ Lieferungen und Leistungen als Selbstunternehmer vorzulegen; 4. Regie⸗ oder gemeinnützige Be⸗ triebe in der Steuergesetzgebung mit denselben Steuern und Ab⸗
gaben zu belasten wie die Pripatbetriebe.
—
Der Aeltestenrat des Preußischen Landtags beriet gestern abend über die Frage, ob heute der erste Punkt der Tagesordnung, wie er vorgesehen war, zur Beratung gestellt werden soll. Es handelt sich um die Entgegennahme der Er⸗ klärung des Ministerpräsidenten und die Be⸗ sprechung dieser Erklärung. Mit der Besprechung soll verkunden werden der Urantrag Winckler (D. Nat.) über die Tätigkeit eines „Geschäftsministeriums“. Nach dem sellen Amtshandlun in eines solchen Ministeriums zu denen offen⸗ ichtlich das politische Vertrauen nach Art. 5 gehört, ohne vor⸗ erige Zustimmung des Landtages nicht vorgenommen werden. 1s solche öö sind insbesondere anzusehen: Die E des Haushalts, die Anweisung von Ausgaben über die im Haushalt angesetzten Summen hinaus, ferner Versetzungen und Ernennungen von höheren Beamten mit Ausnahme von Ver⸗ 16188 bei Duvchführung von h“ — Es wurde eschlossen, es der Entscheidung des Landtages anheimzustellen, ob der erste Punkt der Tagesordnung beraten werden soll. Im übrigen wird der Landtag heute eine Reihe weiterer Gegenstände verhandeln, so die erste Beratung des Provinztallandtags⸗ und Kreistaxgesetzes sowie Anträge über die Reform des Schulwesens und über den Abbau von Wahlbeamten und die Einstellung des Personalabbaus. ür morgen ist eine weitere Sitzung des Plenums in Aussicht genommen. v“
Der Hauptausschuß des preußischen Landtags beschüsticee sich in seiner gestrigen Sitzung Verlän 88 rung des preußischen Grundvermögenssteuer⸗
esetzes bis zum 31. März 1926. Der Berichterstatter Abg. Dr. Kauhold (D. Nat.) wies dem Nach richtenbüro des Vereins deutscher Zeitungsverleger zufolge e 58* daß nach Ansicht der preußischen Staatsregierung auch im kommenden Jahre die Erträge aus der Grundvermögenssteuer, die mit 170 Mil⸗ lionen Mark in den Etat eingesetzt worden seien, nicht entbehrt werden könnten, zumal noch ein Defizit von über 400 Millionen Mark im Etat enthalten sei, für das man noch keine Deckung habe. Streitig sei, ob der. Verlängerung des Gesetzes bis zum 31. März 1926, also für ein volles FJahr, oder nur für kürzere Zeit zugestimmt werden soll, und ob jetzt an den materiellen Be⸗ stimmungen Aenderungen vorgenommen werden sollen. — Finanz⸗ minister Dr. döpker⸗Aschoff setzte sich für eine einjährige Verlängerung ohne Veränderung der bisherigen E“ ein. Jede Veränderung mache eine ungeheure Verwaltungsarbeit notwendig; erst am 31. März 1926 werde man bezüglich des Finanzausgleich es klar sehen können. In der Aussprache wurde von den Rednern der verschiedenen Fraktionen hervorgehoben, daß das Gesetz er . Aenderungen bedürfe. Besonders kritisiert wurde die Wertfestsetzung, die vielfach viel zu hohe Zu⸗ schlüge der Gemeinden mit sich bringe, und die all⸗ monatliche Zahlung der Steuer. Die Sozialdemokraten beantragten, das Gesetz nur bis zum 30. Juni 1925 zu verlängern. Schließlich wurde mit Rücksicht auf die Kürze der Zeit von jeder materiellen Aenderung des Gesetzes Abstand ge⸗ nommen. Die Deutschnationalen erklärten, daß ihre Anträge im Plenum wieder vorliegen würden, damit bis zum 30. Juni eine gründliche Beratung und Erledigung dieser Anträge möglich sei. Eine deutschnationale Entschließung, die durch Verwaltungsmaß⸗ nahmen die monatliche Zahlung der Grundvermögenssteuer bei den landwirtschaftlichen Grundstücken in eine vierteljährliche, zahl⸗ bar in der Mitte jedes Jahres, umwandeln will, wurde mit großer Mehrheit angenommen. 3 Der Unterrichtsausschuß des Preußischen Laundtages beriet gestern die Anträge, begabten Grund⸗ schülern die Mö⸗ lichkent zu geben, nach drei Jahren in die höheren Schulen überzutreten. Abg. Oe ze (D. Nat.) betonte, laut Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger, daß seine Fraktion durchaus den sozialen Schul⸗ gedanken sich zu eigen mache und keinen Abbau der Grundschule volle. Es müsse aber die Möglichkeit geschaffen werden, für begabte Kinder ein Jahr abzukürzen. Wenn in der höheren Schule das Ueberspringen möglich dei dann müsse das auch aus Billig⸗ keitsgründen in der Grundschule statthaft sein. Ministerialdirektor Kästuer erläuterte die e des Ministeriums dahin, 288 es durchaus bereit sei, für begabte Kinder die Möglichkeit einer Ver⸗ kürzung der vierjährigen Grundschuldauer zu schaffen, aber unter Ablehnung jeder besonderen Förderung. Die Auswahl dürfe nicht durch die Grundschule, sondern müsse durch die Schulaufsichts⸗ behörde geschehen. In der Aussprache spielte der Antrag des Bildungsausschusses des Reichstages, nach dem die Begabtenfrage für die Grundschule eine gesetzliche Regelung erfahren soll, eine bedeutsame Rolle. Da der Antrag erst jetzt dem Reichstagsplenum zugegangen ist, wird bis zum 1. April, wie hervorgehoben wurde, schwerlich ein Gesetz zustandekommen. Die deutschvolksparteilichen Redner, Schwarzhaupt, Dr. Schuster und Anny von Kulesza, sprachen sich für grundsätzliche Regelung der Frage im Sinne des Beschlusses des Bildungsausschusses im Reichstag aus. Sie waren damit einverstanden, daß mit der grundsätzlichen Rege⸗ lung bis zum Erlaß des Reichsgesetzes gewartet werde. Deshalb sei eine Vertagung des deutschnationalen Antrages zu empfehlen. Abg. König (Soz.) sprach sich gegen die Verkürzung der Grund⸗ schule aus, während der Zentrumsredner Wildermann sich entgegenkommend äußerte. A g. Dr. Bohner 6 lehnte den deutschnationalen Antrag ab, setzte sich aber persönlich für die Ver⸗ kürzung der Grundschulzeit bei begabten Kindern ein. Schließlich fand Annahme der Zentrumsantrag, das Staatsministerium zu ersuchen, zu veranlassen, daß zu Ostern 1925 die Möglichkeit ge⸗ oten werde, daß geistig und körperlich besonders leistungsfählge Kinder nach dreijährigem Grundschulbesuch 88* Aufnahmeprüfung
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r eine mittlere oder höhere Schule zugelassen werden.
Die I Sitzung des preußis ausschusses für die Barmat⸗
en Untersuchungs⸗ utisker⸗Affäre er⸗
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öffnete der Vorsitzende Dr. Leidig um 10,20 Uhr. Nach dem Be⸗ richt des Sadehehsec. des Vereins deutscher Zeitungsverleger lug er zunächst vor, die Verhandlungen des Reichstagsaus⸗ husses, ohne die Berichte zur Verlesung zu bringen, im preu⸗ bücen Untersuchun zanschuf mit zur Sprache kommen zu öen Es soll darüber ein Ausschußbeschluß gefaßt werden, ferner darüber, ob die von Bauer überreichten Verteidigungsakten Barmats, die eine ganze Reihe von Verträgen und sonstigen Urkunden enthalten, zu den Verhandlungen zugezogen werden sollen. — Als erster euge wird dann der fn ere Reichswirtschaftsminister Robert chmidt vernommen, der bereits am Sonnabend im Reichs⸗ c ansscha eingehende Bekundungen gemacht hat. Der Zeuge oll aus agen, ob die Gebrüder Barmat nicht innerhalb der Sozial⸗ emokratie bei ihrer Geschäftsverbindung mit Reichsstellen be⸗ bevorzugt worden sind. Der Zeuge Schmidt wiederholt ann seine ““ er bereits im Reichstagsausschuß ge⸗ eben hat. Er weist darauf hin, daß die Ernährungsverhältnisse im Oktober 1918 sehr tralkrig waren. Wir waren nicht in der Lage, insbesondere dem blühenden Schmuggel an der dänischen und vor allem an der holländischen Grenze wirksam entgegenzutreten. Wir waren froh über jeden Zentner Lebensmittel, den wir herein⸗ bekamen, auch auf solchem Wege. Barmat hat damals meines Wissens schon solche Waren hereingebracht. Er wurde auch die sogenannte schwarze englische Liste gesetzt, was von deutscher Seite aus für einen Kaufmann ein Ehrentitel war. Um den bureaukratischen Schlendrian aus den Reichsstellen heraus⸗ zubringen, hat man in jede Abteilung möglichst viel praktische Kaufleute hineingebracht. Schließlich kam es zur Bildung des Diktatorischen Ausschusses, der über die verschiedenen Reichsstellen esetzt wurde und unumschränkte Vollmachten hatte. Damals be⸗ tanden große Kreditschwierigkeiten, besonders mit Dänemark und Holland. Barmat trat in dieser Zeit zum ersten Male an uns “ Er wurde eingeführt durch holländische Parteigenossen. er Zeuge stellt fest, daß Barmat ihn dreimal in seinem Bureau besucht habe, niemals ei er aber außerhalb mit ihm zusammen⸗ gekommen. Natürlich habe man in der Unterhaltung auch über hHolitische Dinge und Verhältnisse gesprochen. Barmat beschwerte liich, daß er von den Reichsstellen zurückgedrängt werde, weil er Sozialdemokrat sei. Dann seien die Angriffe in der holländischen Presse gekommen, daß Barmat von der gesamten E“ als unzuverlässiger Geschäftsmann angesehen werde. Bei dem Streik im Rotterdamer Hafen hätten sich die Arbeiterorganisarionen ein Feobes Verdienst um die Freigabe der für Deutschland bestimmten ebensmittel erworben, dagegen habe man von der deutschen Ge⸗ andtschaft einen recht üblen Eindruck gehabt, denn sie habe keine hnung gehabt, was für den Handel und Verkehr vom Stand⸗ punkte der deutschen Interessen notwendig gewesen sei. Die über den Streik dem Reichswirtschaftsministerium damals zugeleiteten Berichte seien völlig falsch gewesen. Das könnte nur darauf bE1““ daß die Herren von der Gesandtschaft keine Berbindung mit den Streikenden und den Arbeiterorganisationen gehabt hätten. Dadurch sei die Absendung der Lebensmittel nach Deutschland erheblich verzögert worden. Zu der Pressenotiz mit der Ueberschrift: „Reichsminister Schmidt: Das Reich um hundert Millionen betrogen!“ erklärte der Zeuge, daß dieser Abschluß nicht unter seiner Geschäftsführung getätigt worden sei, sondern unter derjenigen seines Nachfolgers, dem er aber keinen Vorwurf daraus machen könne, denn es hätte ihm angesichts falscher Berichte der Reichsfettstelle ebenso gehen können. Aus keinem der Revisions⸗ berichte gehe hervor, daß er Geschäft unterstützt oder begünstigt habe. Entgegen der Behauptung, daß er verfügt hätte,
das Geschäft mit Barmas abzuschließen, weist der Zeuge darauf
hin, daß in einem Briefe des Herrn Pritschow an Barmat gesagt werde, er, Pritschow, sei mit der Aufhebung des Geschäftes ein⸗ verstanden und der Minister Schmidt würde nachträglich wahr⸗ scheinlich auch der Aufhebung zustimmen. Dann habe es in der resse geheißen, er, der Minister, habe die Anweisung gegeben. Eine solche Unterstellung sei ihm in seinem politischen Leben noch nicht vorgekommen. Er habe hier einwandfrei gehandelt. Zu der Behauptung, daß er infolge des persönlichen Verkehrs mit Barmat auch enge Beziehungen geschäftlicher Art unterhalten hätte, erklärt der Zeuge: Ich habe niemals an Bavmats lukullischen Mahlen im Sotel Bristol teilgenommen. Ich kann unter meinem Eide aus⸗ agen, daß ich niemals mit Barmat irgendwo oder irgendwie usammengetroffen bin, außer dreimal in meinem Bureau. Auf die Frage des Vorsitzenden, ob nach dem Schreiben der Bochumer Handelskammer und nach der darauffolgenden amtlichen Erklärung eine Untersuchung über die Zuverlässigkeit Barmats angestellt wurde, erklärt der Zeuge, daß wohl eine Untersuchung statt⸗ gefunden habe insbesondere hinsichtlich der Bemühungen Barmats, einen höheren Preis zu erhalten als die Konkurrenz. Der Vor⸗ sitzende stellt fest, daß damals nicht bekannt gewesen sei, daß es sich um eine anonyme Zuschrift an die Bochumer Handels⸗ kammer handelte. Auch in der amtlichen Erklärung sei nicht von einem anonymen Schreiben die Rede. Der Zeuge bekundet weiter, daß auf Grund der amtlichen Notiz und der Erklärungen in der Nationalversammlung irgendwelche offiziellen An⸗ weisungen betreffs Barmats an die einzelnen Stellen von ihm nicht ergangen seien. Es sei auch niemand an ihn herangetreten. Hinsichtlich der Aussage des Zeugen Staudinger, daß Barmat nicht besser und nicht schlechter behandelt werden solle als andere Bewerber, daß ihm aber von vornherein die Türen nicht ver⸗ chlossen werden sellten, erklärt der Zeuge Schmidt, daß er weder schriftlich noch mündlich eine solche Anweisung gegeben habe. Soweit sich der Zeuge entsinnen kann, sind einzelne politische Persönlichkeiten nur insoweit herangetreten, als sie ihm nur Kenntnis brachten, daß Barmat sich über Zurücksetzung seitens der einzelnen Stellen beklage. Um direkte Empfehlungen könne es sich dabei nicht handeln. — Es wird darauf in die Fragestellung an den Zeugen eingetreten. Auf Anfrage des Abg. Könnecke (Deutschn.) erklärt Zeuge Schmidt mit erhobener Stimme, daß er von keinem der im Revisionsausschuß sitzenden Lefter der Reichs⸗ helen jemals aufgefordert sei, sich mit der Sache Barmat zu be⸗ assen. Wenn die Leute bei Direktor Pritschow keinen Erfolg ge⸗ habt hätten, hätten sie die verdammte Pflicht und Schuldigkeit gehabt, sich mit ihm in Verbindung zu setzen. Er könne nicht im eizelnen sagen, ob Pritschow ihm über die verschiedenen Beschwerden Vortrag gehalten habe. Vortrag gehalten sei über Beschwerden verschiedener Geschäftsleute, ob über Barmat, sei ihm nicht bekannt. Abg. Könnecke (Deutschn.) fragt, ob Heilmann in Sachen Barmat beim Zeugen Minister a. D. Schmidt gewesen sei. — Zeuge erwidert, daß er das nicht mit Bestimmtheit sagen könne. Heilmann sei mehrere Male bei ihm gewesen, um sich Informationen über wirtschaftspolitische Dinge für die „Politische Korrespondenz“ zu holen. Es sei möglich, daß dabei über Barmat gesprochen worden sei, daß aber Heilmann wegen Barmat allein gekommen sei, glaube er nicht. Unter seinem Eide könne er das aber nicht aussagen. — Abg. Könnecke kommt dann auf die
Ausfuhr von Reichswaren durch die Altleder⸗Verwertungsstelle
u sprechen. So sei für Polen oder andere Länder Leder für die Ürmee geliefert worden. — Zeuge erklärt, diese Frage habe im Reichstag eine Rolle gespielt. Es sei aber nicht eingehend geklärt worden, wer diese Schiebungen gemacht habe. Eine Sendung von zwei oder drei Waggons Tornister nach Polen sei von ihm ver⸗ hindert worden. Was ihm die Leute im einzelnen erzählt hätten, wisse er heute nicht mehr. Als Sozialdemokrat sei er übrigens nicht gewissenhaft in der Erfüllung des Versailler Vertrages gewesen. (Große Heiterkeit.) — Abg. Könnecke: Die Tatsache, daß auf unsere Kosten die polnische Armee ausgerüstet werden sollte, mußte Ihnen als Reichsminister doch als ungeheuerlich erscheinen. — Vorsitzender: Nach meiner Erinnerung ist nicht festgestellt, daß Sachen an die polnische Armee, sondern nur über die Grenze gegangen sind. — Zeuge Schmidt: Ich habe solche Versuche nach Möglichkeit verhindert. Die Angelegenheit wurde im Ministerium untersucht und es sind ausführliche Berichte darüber vorhanden. — Darauf tritt eine Mittagspause ein.
Vors. Dr. Leidig eröffnet die Nachmittagssitzung gegen 2 ¼ Uhr. Es wird in der Fragestellung an den Zeugen Reichs⸗ minister a. D. Robert Schmidt fortgefahren. Abg. Meier⸗
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Berlin (Soz.) fragt den Zeugen mit Bezug auf einen Widerspruch zu der Aussage des Zeugen Schwon, ob seine Auffassung nich dahin ging, daß, als Herr Schwon in Aktion trat, bereits durch Umerhandlungen mit den beiden Hafenarbeiterorganisationen in Rotterdam die Frage der Auslieferung der Waren in einem für Deutschland günstigen Sinne gelöst war. — Zeuge Schmidt erklärt, daß Herr Schwon in der Sache nichts wisse, sei wahr⸗ scheinlich darauf zurückzuführen, daß die Verhandlungen mit den Organifationen nicht in Gegenwart des Direktwars Schwon geführt worden wären. Daß die Waren von Streikbrechern herei racht worden seien, möchte Zeuge Robert Schmidt entschieden bestreiten, und zwar unter Berufung auf die Au⸗ des Abg. Koenen (Komm.) im Reichstagsausschuß. Welchen Einfluß Barmat bei der Sache gehabt habe, könne Herr Schwon nicht wissen. — Weitere Fragen an den Zeugen wenden sich dann der Groß⸗ handelserlaubnis für Barmat zu. Barmat hatte damals keine polizeiliche Genehmigung dazu. Der Zeuge erklärt, es könne möglich sein, daß er damals angeordnet habe, die Genehmigung 5 hier nicht notwendig. Bezüglich der Papierlieferungen an armat bemerkt der Zeuge, er könne nicht mehr sagen, ob die Anweisung der ö“ durch ihn oder Herren aus dem Ministerium erteilt worden e er glaube annehmen zu dürfen, daß des letztere richtig sei. Weshalb die Genehmigung an Barmat selbst und nicht an den „Voorwaarts“ gegeben worden wäre, lasse sich vielleicht daraus erklären, daß Barmat den Ab⸗ transport in die Hände bekommen habe. Darüber, ob damals den An⸗ griffen der „Berliner Volkszeitung“ gegen Barmat und mit ihm in Zusammenhang stehenden Firmen nachgegangen wäre, könne der Zeuge nichts Bestimmtes sagen. — Auf eine Frage des Al Dr. Waentig (Soz.) erklärt der Zeuge, er möchte nicht behaupten, daß nicht einmal jemand zu ihm gekommen sei mit dem Anliegen, er wolle mit Barmat nicht abschließen. Jedenfalls habe er Leute, die aus Holland zu ihm gekommen wären, gefragt, was denn mit Barmat eigentlich los sei? Er habe aber niemals ein Tatsachenmaterial in Händen gehabt, das sein Urteil hätte ändern können. — Auf Befragen des Vorsitzenden hinsichtlich der Empfehlung Barmats durch den Vorsitzenden der holländischen Sozialdemokratie Troelstra, führt der Zeuge aus, er habe Gekegenhent genommen, Herrn Troelstra mitzuteilen, es sei kein schöner Zug von Barmat, daß er mit dem de so sehr herum⸗ werfe. Weiter bemerkt der euge, er habe keine große Achtung vor Leuten gehabt, die in Zeiten nicht normaler Wirtschafts⸗ verhältnisse in großen Konzernen aufgekommen seien. Von dem Auftrage an Barmat, 250 000 Kilogramm Butter zu liefern, sei ihm, Zeugen, erst jetzt Kenntnis geworden. Er ibt weiter an, daß allerdings einzelne Lieferungen besonders hoch gewesen seien; der Gesamtabschluß mit Barmat aber sei sicher⸗ lich gegenüber der Gesamtmenge der damals eingeführten Lebens⸗ mittel nicht so bedeutend gewesen. Die Auflösung eines Lieferungsgeschäftes von 10 000 Kisten Speck und 5000 ameri⸗ kanischen Schweineschultern, sei, so erwidert der Zenge auf eine deutschnationale Anfrage, nicht durch i empfohlen, sondern durch die Reichsfleisch⸗ und Fettstelle. Der Brief des Herrn Pritschow an Barmat zeige das; er habe später zugestimmt. — Zeuge Schwon bestätigt diese Angaben. Der Vertrag 8 durch das Reichswirtschaftsministerium aufgelöst worden. Die Verhandlungen seien von ihm und Pritschow ge⸗ ührt worden. Man sah keine Möglichkeit, von Barmat die ver⸗ rochene Ware nach Deutschland hereinzubekommen. Zeuge chivon äußert sich nochmals über die Rotterdamer Streik⸗ angelegenheit. Er sei damals in Rotterdam in der Fleischstelle ewesen. Im Auftrage des Diktatorischen Ausschusses habe er zur rhandlung mit den Arbeiterführern nach Amsterdam fahren müssen, um die zurückgehaltenen Waren herauszubringen. Vor⸗ sitzender der Versammlung sei Herr Koenen gewesen. Es sei von ihm die Forderung bewilligt, einen Gulden mehr zu zahlen, Eine Kommission sollte zusammentreten, um die Verladung zu ermög⸗ lichen. Später habe er von dieser Kommission nichts mehr gehört. Auf weitere Vorstellungen sei die Ware aus dem Rotterdamer Hafen herausgebracht worden. Es sei ein Dampfer nach B. land mit 10 000 bis 15 000 Kisten abgegangen. Der Gulden mehr sei dann aber nicht gezahlt wornden. Er habe nie behauptet, eine Anweisung erhalten zu haben, Barmat zu begünstigen. Die Ver⸗ handlungen seien immer von Pritschow geführt worden. Er set als maßgebende Stelle angesehen worden, die die Wünsche des Ministers bzw. dessen Anweisungen überbrachte. Den Minister zu informieren, habe er keine Veranlassung gehabt, da er Pritschow gegenüber kein Mißtrauen gehabt habe. Er habe . darauf verwiesen, daß es sich bei den angesochtenen ieferscheinen um keine Lieferscheine im kaufmännischen Sinne gehandelt habe. — Vorsitzender Dr. Leidig bemerkt, daß er jedenfalls auf solche Lieferscheine keinen Pfennig gegeben haben würde. — Es kommt hierauf die Boykottierung durch den holländischen Oelkonzern zur Sprache. — Zeuge Schwon erklärt dazu, daß diesem Konzern alle holländischen, am Fetthandel be⸗ teiligten Firmen angehört hätten. Durch den Boykott habe Barpeat in Holland keine Geschäfte mehr machen können. — Vom Vorsitzenden befragt, erklärt Zeuge Schmidt, daß sein herbes Urteil über Beamte seines Ministeriums sich lediglich auf den angezogenen Fall bezogen hätte. — Hierauf wird Direktor Pritschow vernommen, der ausführt, er habe seinerzeit im engsten Einvernehmen mit dem Minister gearbeitet. Bei Be⸗ gründung der Devisencbeschaffungsstelle habe exr das Amt des Vorsitzenden übernommen, ferner sei er Vorsitzender im Devisen⸗ beirat gewesen. In der Zeit vom Mai bis September 1919 fei man darauf angervoiesen gewesen, zur Erlangung von Privar⸗ krediten jeden aus dem Auslande kommenden Kaufmaun oder Bankier zu empfangen. Im Mai 1919 sei er dann auch das erste Mal mit Barmat zusammengekommen. Durch wen r vor gestellt worden sei, entsinne er sich nicht. Seine Befugniste habe der Ausschuß erst im September 1919 vermindert. Barmat habe ünstige Zahlungs⸗ und auch Lieferungsangebote gemacht. Es be sich insgesamt um Kreditgeschäfte mit Barmat in Höhe von etwa 20 Millionen Gulden, d. i. etwa 30 Millionen Goldmar⸗, gehandelt. Aus dem Bericht der Devisenbeschaffungsstelle gebe aber hervor, daß an die Reichsfleischstelle 40 Millionen Gulden, an die Reichsfettstelle 30 Millionen an die Reichsstelle für Oele und Fette 35, an die übrigen Stellen zusammen 58 Millionen Gulden gegeten worden seien. Im Jahre 1920, in dem au Barmat auch noch Aufträge in gleichem Umfange erteilt worden seien, habe sich der Bedarf der Reichsstelle an Devisen für die Be⸗ zahlung der Einkäufe auf etwa 1600 Millionen Goldmark be⸗ laufen. In der Zeit von Mitte 1919 bis Oktober 1920 wo man mit Barmat in Geschäftsverbindung stand, also in einem Zeitraum von 14 Monaten, hätten die Reichsstellen Geschäfte abgeschlossen in Höhe von 3,7 Milliarden Goldmare. Die Lebensmittelgeschäfte mit Barmat machten also noch nicht 1 Prozent des Gesamttbedarss des Reiches aus. Die entstandenen Differenzen seien in kaufmännischer Weise aus der Welt geschafks worden. Weder freundschaftliche Beziehungen noch materielle Mög⸗ lichkeiten oder Abhängigkeiten hätten ihn gezwungen, Barmat besser u behandeln als einen andern Geschäftsmann. Im Jahre 1920 hätten sich die Beziehungen mit Barmat gelockert, und dieser habe nunmher auch dem Minister Hermes seine Offerten gemacht. Auf Befragen erklärt Zeuge Pritschow, daß dem Leiter der Reichsgetreidestelle Jaques Meyer von 520 allein 300 Millionen Devisen zur Verfügung gestellt worden seien; er sei der größte Devisenschlucker gewesen. (Lebh. ört! hört!) Durch Vermittlung Barmats seien irgendwelche Valutakredite dem Reich nicht zur Verfügung gestellt worden. Beschwerden seien auch über andere Firmen eingelaufen. Nicht über alle, aber über einzelne Be⸗ schwerden sei dem Minister Vortrag gehalten worden. Auf Grund eines ungünstigen Berichtes über Barmat hätten mit ihm Ver⸗ handlungen über eine Aenderung der Verträge stattgefunden. — Minister a. D. Schmidt erklart auf Befragen nochmals, Barmat habe keine Anweisung 85 falschen Etikettierung der Unzen⸗Büchsen für die Kondensmilchlieferung geben. — Zeuge Pritschow
erklärt erneut, Differenzen seien nicht nur mit Barmat, sondern