1925 / 123 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 28 May 1925 18:00:01 GMT) scan diff

Antrag dazu

durch die öffentliche Kontrolle gehoben werden. Hinter dem Steuer⸗ betrug müsse der Staatsanwalt mit dem Gitterhäuschen gestellt werden. Die Kommunistische Partei werde den Kampf gegen die Lohn⸗ steuer, die eine Ausnahmegesetzgebung sei, mit aller Kraft aufnehmen. Abg, Dr. Preyer (D. Nat,.) setzt sich zunächst mit dem Vor⸗ redner über die Normieruna des steuerfreien Existenzminimums aus⸗ einander und weist dann den Abg. Fischer darauf hin. daß keinesfalls alles Wesentliche innerhalb der Regierunacvarteien hinter den Kulissen abgemacht worden sei; es habe vielmehr im Ausschuß eine sehr weit⸗ ichtige Aussprache stattgefunden, in der Dr. Fischer gut die Hälfte Zeit für sich in Anspruch genommen habe. Das zu konstatieren sei pützlich, damit keine Mißverständnisse auftreten und keine Legenden⸗ ildung möglich wird. Was aus dem Ausschuß hervorgegangen sei, klde einen guten Grund für das ganze Steuergesetzgebungswerk.

Damit schließt die allgemeine Aussprache. Die Abschnitte

1 und 2 der Vorlage werden entgegen dem demokratischen

ntrage auf Streichung mit großer Mehrheit in der Aus⸗

ußfassung angenommien, nachdem die kommunistischen An⸗ lträge abgelehnt sind. Die von den Demokraten beantragte n schiteng, betr. die Veranlagung für 1924 bleibt ebenfalls in der Minderheit. Auch der dritte Abschnitt (Vorauszah⸗ lungen und Steuerabschnitt ab 1. Januar 1925) gelangt nach Ablehnung mehrerer kommunistischer Anträge nach den Aus⸗ schußvorschlägen zur Annahme. Der Antrag der Sozialdemo⸗ raten auf Heraufsetzung des Existenzminimums auf zwölf⸗ undert Mark wird nochmals vom Abg. Meier⸗Baden Soz.) unter scharfer Polemik gegen den Abg. Brüning ein⸗ gehend befürwortet.

Nach weiterer Aussprache, an der sich noch die Abg. Neubauer (Komm.) und Brüning (Zentr.) beteiligen, wird § 37 (Existenzminimum) unter Ablehnung aller Ab⸗ änderungsanträge in der Ausschußfassung angenommen. Es Vent daher bei dem steuerfreien Betrag von monatlich achtzig

kark.

Vpon den Sozialdemokraten ist weiter beantragt, daß die Reichsregierung verpflichtet werden soll, dem Reichstag einen Gesetzentwurf vorzulegen, der eine Heraufsetzung des steuer⸗ freien Betrages vorsieht, wenn das Aufkommen der Lohnsteuer in drei aufeinanderfolgenden Monaten durchschnittlich je hun⸗ dert Millionen Mark übersteigt. Staatssekretär Popiy pricht sich gegen den Antrag aus, ebenso Abg. Beusch (Zentr.).

Vom Abg. Brüning (Sentr.) ist eine Len ließung vorgelegt, die Reichsregierung zu ersuchen, beim Abschluß der jetzigen Steuerreform einen Gesetzentwurf vorzulegen, der das Gesamtjahresaufktommen aus der Eeg-Pr. 8 auf 1,2 Milliarden Reichsmark beschränkt bis ein steuerfreies Existenzminimum von 1200 Mark jährlich für die Lohn⸗ steuerpflichtigen erreicht ist. Diese Entschließung bittet der Staatssekretär in den Steuerausschuß zu verweisen, der wird vom Abg. Kulenkampff (D. Vp.) formell gestellt. Der Antrag der Sozialdemokraten wird ab⸗

elehnt, die Entschließung Brüning nach Ablehnung des Antrags Kulenkampff angenommen.

Ein fernerer Antrag der Kommunisten geht auf Auf⸗ hebung der Umsatzsteuer mit Wirkung vom 1. Juli 1925; von den Sozialdemokraten ist für das dritte und vierte Kalender⸗

vierteljahr 1925 die Herabsetzung auf ein bezw. einhalb

das Abkommen abzulehnen und die

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Prozent des Entgelts beantragt. Beide Anträge werden ab⸗ gelehnt.

Von den Demokraten ist beantragt, dem Gesetz einen neuen hinzuzufügen, wonach die Voraus⸗ zahlungen 185 1925, soweit sie die Schätzungen übersteigen, in einem Sonderfonds gesammelt werden sollen, der nicht angegriffen werden darf, ehe das Veranlagungsergebnis für 1925 feststeht. Der Antrag wird abgelehnt.

Das Haus tritt sofort in die dritte Lesung der Vorlage ein. Das Haus nimmt sie in der Fassung zweiter Lesung endgültig an.

Es folgt die zweite Lesung des Gesetzentwuvfs über das zwischen dem Deutschen

eich und dem Königreich Spanien.

Der Handelsvertvags⸗Ausschuß hat bekanntlich beschlossen,

Regierung um neue Ver⸗ andlungen mit Spanien zu ersuchen, durch die eine Meist⸗ egünstigung für alle Erzeugni se der deutschen Industrie und

ein ausreichender Zollschutz für die deutsche Landwirtschaft, ins⸗ besondere dem deulschen Wein⸗, Obst⸗ und Gemüsebau, erreicht werden soll.

Die Sozialdemokraten Müller⸗Franken und Genossen, beantragen die Entschließung, die Reichsregierung zu ersuchen,

ür die Verordnung, durch welche die nach dem noch nicht rati⸗

füsevien deutsch⸗spanischen Handelsvertrag zu Pae, veen. Zölle gestundet worden sind, die Genehmigung des Reichstags nach⸗ zusuchen. .

Berichterstatter Dr. Lejeune⸗Jung (D. Nat.) referiert über die Ausschußverhandlungen. 1

Abg. Dr. Scholz (D. Wo.): Namens der Fraktionen der Deutschnationalen Volkspartei, des Zentrums, der Deutschen Volks⸗ partei, der Wirtschaftlichen Vereinigung und der Bayerischem Volks⸗ partei habe ich folgende Erklärung abzugeben: Das dem Reichstag bvorliegende Handelsabkommen mit Spanien ist in einer Zeit verhandelt und ee worden, in der Deutschland zunächst unter den Wir⸗ kungen der Inflation zu leiden und sich bedauerlicherweise lange nach Bescstigun 12eg Währung noch gegen den dann völli unberechtigten Va 8r2. een Spaniens zu wehren hatte. Dieses hat es mit sich

bracht, daß das Abkommen, unter ungünstigen Verhältnissen zum Abscht gebracht, auch für wichtige zollpolitische Lebensfragen Deutschlands nicht das erreicht hat, was uns nötig erscheint. Ins⸗ besondere ist die volle tatsächliche Meistbegünstigung nicht erreicht worden, außerdem sind Spanien 8 tlich der Zölle für Wein sogar ohne Nachweis des Ursprungs, für st, Tomaten, Reis und andere Erzeugnisse Vergünstigungen eingeräumt worden, die zu schweren Be⸗ einträchtigungen der deutschen Landwirtschast, insbesondere des Wein⸗ baues, bereits geführt haben und bei Fortdauer unerträglich wären. Es ist andererseits festgestellt worden, daß seit der tatsächlichen Amvendung des Handelsabkommens die Wirtschaftsbeziehungen mit Spanien eine günstige Entwicklung genommen haben. Unter Ab⸗ wäagung, namentlich der politischen Momente, die dafür sprechen, keinen vertraglosen Zustand eintreten zu lassen, vielmehr das bereits batsächlich in Anwendung befindliche Abkommen nicht abzulehnen und den Ausbau weiterer guter Beziehungen zu Spanien nicht zu er⸗

zweren, sind die in der Regierung vertretenen Fraktionen in der Freen. bereit, wenn auch unter Ueberwindung schwerster Be⸗ denken, dem Abkommen ihre Zustimmung zu geben, Diese Bedenken gründen sich neben den allgememen delspolitischen Bedenken, inebesondere auf die trostlose Lage des deutschen Weinbaues. Bei einer Ueberfüllung der Keller der deutschen Produsenten. leidet der Markt an einem Ueberangebot von ausländischen Weinen. Die Felge sind ise für deutsche Weine, die erheblich hinter den

stehungskosten zurückbleiben. Die längere Aufrechterhaltung eines 8* Zustandes würde zum Ruin des deutschen Weinbaues und

r deutschen Winzer führen. Angesichts dieser Lage fühlt sich ein Teil unserer Fraktionsmitglieder außer Stande, dem Abkommen in dieser Gestalt zuzustimmen. Auch die Mehrheit kann ihr Ein⸗ verständnit nur vertreten, wenm sie sicher ist, daß die Regierung sofort in neue Verhandlu mat anien eintritt, mit dem Ziel, eine

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und insbesondere dafür Sorge zu tragen, daß die volle Meist⸗ begünstigung erreicht wird und die dem deutschen Wein⸗, Obst⸗ und Gemüsebau sowie die Fischerei nicht ügend schützenden Zölle sich bei Beginn der nächsten Ernte nicht mehr auswirken. Mit Bestimmt⸗ heit hoffen wir, es im Wege sofort einzuleitender freundschaft⸗

licher Verhandlungen möglich sein wird, die erwähnten Mängel zu beseitigen, erwarten aber ebenso bestimmt von der Regierung, daß sie, wenn wider Enwarten 8 Ziel sich nicht rechtzeitig erreichen

läßt, daraus die gegebenen Folgerungen zieht. Die Notlage der betroffenen Erwerbsstände, insbesondere der Winzer, erfordert weiter eine Hilfsaktion seitens der Regierung. Wir erwarten deshalb von der Regierung, daß sie die in dem Handelsvertragsausschuß des Reichstags bei der Beratung des Handelsabkommens abgegebenen Erklärungen über Hilfsmaßnahmen, namentlich in Form von aus⸗ reichenden, langfristigen Krediten und Steuererleichterungen, sofort in die Tat umsetzt.

Dr. Hilferding (Soz.) weist darauf hin, daß der Ferssgeszeabsche Handelsvertrag, der seit 1. August 1924 in Kraft ei, in dieser ganzen Zeit eigentlich der gesetzlichen Grundlage ent⸗ behre. Er begründet einen Antrag seiner Fraktion dahingehend, daß die Reichsregierung die Indemnität, die nachträgliche Genehmigung des Reichstags nachsuche. Der Redner erörtert dann die handels⸗ und wirtschaftspolitischen Unterschiede gegenüber dem Vorkriegs⸗ zustande. Notwendig sei jetzt eine Handelspolitik nicht zugunsten einer Erhöhung der Grundrente, sondern zugunsten einer Förderung der Produktion und der Ausfuhr. Freilich könnten wir der amerika⸗ nischen Konkurrenz nur entgegentreten, wenn Europa zu einem einheit⸗ lichen Wirtschaftsgebiete zusammengefaßt werde; und hier könne nur Deutschland die Initiative ergreifen, um mit dem Abbau der Zollmauern einen Anfang zu machen und ein Beispiel zu geben. Die englische und französische Handelspolitik befinde sich gleichfalls in einer veränderten Lage; sie hätten großes Interesse an vermehrter Ausfuhr und würden gern ihr Zollsystem abbauen, wenn Deutschland damit vovanginge. D Redner bezeichnet den Abschluß des Handels⸗ vertrags als den einzigen richtigen Weg. Die Absatzkrise im deutschen Weinbau ei vor allem eine Krise unserer Kaufkvaft, nicht eine Krise unserer Handelspolitik. Mit Hilfsmaßnahmen sei die Sozial⸗ demokratie einverstanden. Es dürfe nicht das Sonderinteresse einer Wirtschaftsgruppe über das Allgemeininteresse der Gesamtwirtschaft gestellt werden. Nicht die Winzer, sondern ihre bezahlten An⸗ gestellten verlangten die Ablehnung des deutsch⸗spanischen Handels⸗ vertrags. (Lebhafter Widerspruch E edner weist auf den bevorstchenden neuen Zolltarif hin, die Verbrauchsartikel der sroßen Massen schwer belasten werde. Er erörtert die handels⸗ und inanzpolitische Wirkung des Zolltarifs und weist auf den in der letzten Zeit ohne den Zolltarif schon gestiegenen Preisstand der Agrarprodukte hin. Auf russischen Export sei für absehbare ne. vicht zu rechnen, und um so weniger, je mehr die Lage der russischen bäuerlichen Landwirtschaft sich besser. Geh. Rat Sering habe die Aenderung der weltwirtschaftlichen —4 hingewiesen und aum die verminderte Gefahr der N ⸗n nb wr Konkurrenz in landwirtschaft⸗ lichen Produkten hingewiesen. Es handele sich für die Großagrarier nur um Steigerung der Grundrente. (Widerspruch rechts.) Der Redner erklärt sich bereit, die berechtigten Interessen der Bandwirtschaft, der bäuerlichen Bevölkerung, zu wahren. Die Industxriezölle seien in den wichtigsten itionen gegenüber den Vertragszöllen in der letzten Zeit um 300 % erhöht worden. (Hört, hört! Sei eine Induftrie unter sogenannten Erziehungszöllen so erstarkt, daß sie den eigenen Bedarf decke, daß sie genügend exportiere, so sei ein Zoll überflüssig. Schutzzoll habe nichts mehr zu tun umt Erziehungszoll. Die deutsche Industrie brauche heute den Luftzug der freien Konkurrenz; zur Be⸗ eitigung des Zünftlertums brauche man Abbau der Zölle, nicht Auf⸗

u neuer Zölle. Der Redner gibt eine Uebersicht der Entwicklung der Ein⸗ und Ausfuhr zwischen Deutschland und Spanien während des ersten halben Jahres des Bestehens des Handelsvertrags. Die Einfuhr aus Spanien habe um 2 %, die Ausfuhr nach Spanien habe dagegen um 27 % zugenommen. (Hört, hört!) Der Vertrag müsse aber auch außenpolitisch gewertet werden. Wo wäre, fragt Redner, die Diskontfähigkeit Ihrer (nach rechts) Regierung, wenn wir den deutsch⸗spanischen Handelsvertrag ablehnten. Es widerspricht dem ganzen parlamentarischen System, wenn man als stärkste Re⸗

die Annehmlichkeiten für sich in Anspruch nimmt, die

nannehmlichkeiten ober der Opposition überläßt. Sogar der Reichs⸗ kanzler und der Reichsaußenminister sollen in den Fraktionszimmern versucht haben, einzelnen Parteien die richtige Ueberzeugung beizu⸗ bringen. Er hat es doch nicht nötig, im Umherziehen um ein Ver⸗ trauensvotum zu werben. (Heiterkeit.) Die Zollvorlage soll der Wechsel für die Zustimmung der Rechtsparteien zum deutsch⸗spanischen Handelsvertrag sein. Das deutsche Volk wird ihnen diesen Wechsel aber nicht diskontieren. Der Kampf ist mit Annahme des Zoll⸗ tarifs nicht etwa zuende. Der Kampf beginnt erst!

Abg. Dr. Rosenberg (Komm.): Es ist doch mehr als merk⸗ würdig, 83 die Sozialdemokvaten nach dieser fulminanten Anklage⸗ rede des Abg. Hilferding hen die Deutschnationalen diesen selben Deutschnationalen den ausgesuchten Gefallen tun, Stimmenthaltung zu üben. Wenn trotz der nicht erlangten Meistbegünstigung, trotz der exorbitanten spanischen Zölle ein großer Teil der deutschen Industrie o sehr auf die Annahme des Vertrags drängt, so muß man doch zu

m Schlusse berechtigt sein, daß sie trotz alledem selbst aus diesem Vertrag noch beträchtlichen Nutzen zu ziehen hofft. Die Opposition der protektionistischen Parteien ist vor der Ueberredungsgabe der Herren Luther und Stresemann dahingeschmolzen; die Notlage der deutschen Winzer hat für sie plötzlich keine Bedeutung mehr. Jetzt will man aus Rücksicht auf ein spekulatives Dumping die Lebens⸗ interessen dieses schwer leidenden deutschen Winzerstandes einfach preis⸗ geben. Wunderbar berührt auch die Sympathie der Sozialdemokraten ür Spanien und den dort herrschenden weißen Terror. Wenn die Regierung Luther⸗Stresemann so fortfährt, ihren Freunden Steine statt Brot zu bieten, uns kann es recht sein. Und wenn die Sozialdemokraten sich für einen solchen

ndelsvertrag einsetzen, sind sie nichts weiter als die lfersbelser beim Wiederaufbau des deutschen Kapitalismus.

Abg. Meyer⸗Berlin (Dem.): Wenn man die Angriffe der Re⸗ gierungsparteien, vor allem der Deutschnationalen Volkspartei, gegen den Deutsch⸗Spanischen Handelsvertrag und ihre Abstimmung im Ausschuß mit der heutigen Erklärung zusammenstellt, so kann man nur mit Juvenal sagen: „Es ist schwer, keine Satire zu schreiben.“ Im Ausschuß haben sämtliche Vertreter der Deutschnationalen Volks⸗ partei gegen den Vertrag gestimmt. Heute hören wir, daß eine Mehr⸗ heit der Regierungsparteien, einschließlich der Deutschnationalen, für das Abkommen stimmen werden. Das ist die Politik vom Umfall zum Umfall, es ist die Politik, die so lange wie möglich aus agitatorischen Gründen in unerfüllbaren Versprechungen und verantwortungsloser Opposition schwelgt, um dann im letzten Augenblick die frühere Hal⸗ tung zu verleugnen und gerade so vielen Fraktioasmitaliedern noch zu gestatten, das Gesicht zu wahren, wie möglich ist, ohne das Abstim⸗ mungsergebnis zu gefährden. Die Deutschnationale Partei verläßt sich darauf, daß die Oppositionsparteien, und vor allem die Demokraten schließlich ihrer Regierung die zur Annahme derartiger Gesetze noc ersorderlichen Stimmen schaffen werden. Wir wissen auch, daß sie uns um unserer Einfalt willen bemitleidet. Aber wir schämen uns dieser Einfalt nicht. Sie ist nichts anderes, als das Verantwortungsgefühl, das uns zwingt, auch in der Opposition sachliche Politik zu treiben. Was wir allerdings nie verhindern können, ist der Schaden, den das Verhalten der Deutschnationalen Partei bei denjenigen anrichtet, die ihre Versprechungen und Angriffe für bare Münze nehmen. Die De⸗ mokratische Partei hält es für das wichtigste Ziel der deutschen Handelspolitik, die Ausfuhr unserer Industrieerzeugnisse zu fördern, damit unsere Handels⸗ und Zahlungsbilanz verbessert, unsere Wäh⸗ rung geschützt und unsere Arbeiterschaft beschäftigt wird. Den Weg zu diesem Ziele bietet der Abschluß günstiger Handelsverträge. Es handelt sich hier um einen Vertrag mit einem Lande, das uns im Kriege ehrliche Neutralität bewiesen hat und mit dem wir auch ferner freundschaftliche Beziehungen wünschen. Es handelt sich um ein für Deutschland sehr erbebliches Absatzgebiet. Viele Zweige unserer In⸗ dustrie haben schwer darunter gelitten, als nach dem Kriege durch den Valutazuschlag unsere Ausfuhr einen argen Rückgang erlitt. Das Pro⸗ visorium hat dann einen erfreulichen Aufschwung gebracht. Dabei fällt noch ins Gavicht, daß unter dem Provisorium unsere Ausfuhr nach

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Svanien verhältnismäßig rascher gestiegen ist ale die Einfuhr aus Spanien. Diese günstige Entwicklung darf nicht unterbrochen werden durch die Ablehnung des Vertrags die den Zollkrieg und somit die glatte Verhinderung unserer weiteren Ausfuhr nach Spanien zur Folge hätte, Auch wir empfinden es schmerzlich, daß den des deutschen Weinbaues nicht genügend Rechnung getragen worden ist. Wir sind aber bei unserer Entschließung darauf angewiesen, die Inter⸗ essen abzuwägen, und da ist es ohne Zweifel, daß die überwiegenden Interessen auf der Seite der Industrieausfuhr liegen, die immer noch ein Vielfaches der Weineinfuhr beträgt. Wir weisen aber auf das be⸗ stimmteste die Unterstellung zurück, daß wir den Weinbau der Indu⸗ strie opfern. Ueber die bereits zugesagten Kompensationen hinaus be⸗ wir b- ““ , 1r Ablehnung g. Lertrags würde nur eine vorübergehe rleichterung bereiten Kosten der deutschen Wirts ft, also auf Kosten der Konsumentenkreise, deren Erstarkung doch auch für den Weinbau eine Existenznotwendig⸗ keit ist. Ich bitte Sie, den Vertrag anmmehmen. An die Regierung aber richte ich das dringende Ersuchen, auch mit dem übrigen Auslande Handelsverträge abzuschließen; denn das A und O aller handels⸗ politischen Weisbeit für unser verarmtes Land ist der Satz: „Ausfuhr tut not!“ (Beifall bei den Demokraten.)

Die Rede des Ministers des Auswärtigen Dr. Stresemann, der hierauf das Wort ergriff, wird nach Eingang des Steno⸗ gramms veröffentlicht werden.

Abg. v. Graefe⸗Mecklenburg (Völk. Vereinig.), Am Tage den Ferien und zu einer Tageszeit, wo man sonst ernste Arbeit 888 mehr vornimmt, muß der Reichstag diesen ersten nach dem Kriege geschlossenen wichtigsten Handelsvertrag beraten. Nach der Makkabäer⸗ schlacht meiner drei Vorredner (stürmische Heiterkeit) habe ich folgendes zu sagen. Selbst ein fanatischer Freihändler kann nicht annehmen, daß man einen auch nur einigermaßen annehmabren Handelsvertrag ab⸗ schließen kann, ohne einen eigenen Zolltarif zu haben. Der Herr Reichg⸗ außenminister, der sich gern an seinen Worten berauscht (Heiterkeit), kann von heute auf morgen das Gegenteil von dem sagen, was er zmu⸗ * g. hat. Zwischen der Annahme der Dawes⸗Gesetze und dem 10 räumt sei,

anuar hat Herr Stresemann gesagt, wenn die Kölner Zone am Januar nicht . atten diejenigen recht, die d Dawes⸗Gesetze abgelehnt haben. (Minister Dr. Stresemann: Das habe ich nicht gesagt. Bewegung und Unruhe.) Das haben Sie doch ge⸗ sagt. (Rufe links: zur Sache! Spanischer Handelsvertrag! Fort⸗ gesetzte Unruhe.) Und jetzt spricht Herr Dr. Stresemann davon, was sein werde, wenn das Ruhrgebiet bis zum 16. August nicht geräumt sei. Die Worte Dr. Hilferdinas stehen im Widerspruch mit den Aeußerungen von Dr. Karl Marx. Dieser hat sich gegen eine Ver⸗ nichtung der Landwirtschaft ausgesprochen und das Freihandelssystem als gleichbedeutend mit sozialer Revolution abgelehnt. Der Reichs⸗ kanzler gibt unsern Gegnern eine sehr aute Waffe mit dem Abschlr eines schlechten Handelsvertrags in die Hand. Wenn er auch gle seine Verbesserung in Aussicht stellt, so ist das doch nicht ernst m nehmen. Der Redner bezeichnet den vorliegenden Vertrag als untrag⸗ bar und lehnt ihn ab.

Ein Schlußantrag der Regierungsparteien wird darauf gegen Sozialdemokraten und Kommunisten angenommen.

18 Die Entgegnung des Ministers des Auswärtigen Dr. Stresemann wird nach Eingang des Stenogramms mitgeteilt werden.

Abg. WL“ (Komm.) bemerkt, daß durch die Erklärung des Ministers die Besprechung wieder eröffnet sei.

Präsident Löbe erwidert, das gehe nur, wenn es sich um Be⸗ merkungen zu dem Gegenstand, aber nicht, wenn es sich um persönliche Bemerkungen handle.

Bei der Abstimmung über Art. 1 der Vorlage erheben sich zunächst die Rechtsparteien, das Zentrum und die Demo⸗ raten in ihrer großen Mehrheit für das Abkommen, während die Minderheiten in diesen Parteien, die Völkischen, Sozial⸗ demokraten und Kommunisten sitzenbleiben. Bei der Gegen⸗ wag⸗ ergibt sich das S. Bild mit der nenem g. daß die Sozialdemokraten abermals sitzenbleiben, also sich ent⸗ halten. Die Auszählung ergibt die Annahme des Art. 1 mit 170 gegen 96 Stimmen bei 98 Stimmenthaltungen. Heiter⸗ keit erregt es, als bei der Abstimmung des Büros der Präsi⸗ dent Löbe seine Stimmenthaltung erklärt.

Zum Art. 2 empfiehlt Abg. D. B. ell (Zentr.) mit kurzen Worten die Annahme.

Die Abgg. von Gué6rard (Zentr.) und Genossen beantragen den Schluß der Aussprache.

Abg. Dittmann n protestiert entschieden gegen den Schlußantrag; die Minderheit dürfe nicht in dieser Weise mundtos gemacht werden. 8

Präsident Löbe teilt mit, daß der Schlußantrag zurückgezogen ist.

Abg. Korell (Dem.) erhält um 10 ½6 Uhr Abends das Wort wird aber durch ununterbrochene Schlußrufe zunächst verhindert, si verständlich zu machen. Er beschwert sich, daß man ihn, einen Kenner der Verhältnisse des deutschen Weinbaues, nicht hören wolle, und führt dann aus, daß es unverantwortlich sei, die deutschen Winzer den Interessen der exportierenden Großindustrie zum pfer zu bringen.

spanische Handelsvertrag gereiche der deutschen Indnstrie zum Vorteil, aber dieser Vorteil sei .55 so groß, um ihr den deutschen Wein⸗ bau zu opfern. Man habe im Ausse 8929 mit phantastischen Milchmädchen⸗ rechnungen operiert, um die Annahme des Vertrags schmackhaft machen. Der Abg. Hilferding habe keine Ahnung von dem Mag der Qualitätsarbeit, die gerade der deutsche Winzer zu verrichten habe. Nachdem weite Landgebiete trochen gelegt seien, müßte nun die aus⸗ ländische Weinproduktion alles aufbieten, um in Deutschland einzu⸗ brechen. Nach dem Abschluß des Vertrags stände ein großer Teil der 250 000 deuischen Winzer ummittelbar vor dem Ruin, vor der Existenzunsähigkeit; die Industrie werde demgegenüber nicht ent ernt

leich 3, von der Ablehnung des Vertrags betroffen werden. Selbst 8 sozialistische Landarbeiterverband habe sich mit einer Eingabe egen den Handelsvertrag an den Reichstag gewendet. Mit den ver⸗ Hilfsmaßnahmen werde man den schweren Schaden, den der Vertrag anrichten müsse, nicht wieder gutmachen. Aus volkswirt⸗ Feft ben Gründen stimme er mit den Winzern gegen den Vertrag, die politischen Gründe, die man für ihn ins Feld führe, keines⸗ wegs rechtfertigen könnten.

Abg. Höllein (Komm.): Die Debatte hat ergeben daß die Winzer offen gegen die Großagrarier und Schwerinduftriellen rebellieren, und daß die Luther⸗Regierung durch die Abstimmung in die Minderheit gedrängt worden ist. Die Feigheit der Sozialdemokratie allein ermöglicht der Luther⸗Regierung, noch im Amte zu bleiben.

Damit schließt die Aussprache. Der Rest des Abkommens wird angenommen. Um 11 Uhr tritt das Haus in die dritte Bevatung ein. Eine Diskussion findet nicht mehr statt; ein Antrag rell auf namentliche Abstimmung findet nicht die erforderliche Unterstützung von 50 Mitgliedern. In einfacher Abstimmung wird der Vertrag endgültig gegen Kommunisten und Völkische bei Abwesenheit der Sozialdemokraten ange⸗ nommen. Die eingegangenen Petitionen werden durch die Beschlußfassung für erledigt erklärt.

Nächste Sitzung Donnerstag 11 Uhr vorm. (Haushalt des Reichswehrministeriums.)

Schluß 11 ¼ Uhr nachts.

zu s Spandau 8.

PVarlamentarische Nachrichten.

Der Haushaltsausschuß des Reichstags stimmte gestern vormittag der Verlängerung des Notetats um zwei Monate zu. Laut Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitunasverleger bespiech der Ausschuß dann die Neuorgani, 232 der Deutschen Werke A.⸗G. auf Grund eines

eferats des Berichterstatters Dr. Oberfohren (D. Nat.). Vom Reichsfinanzministerium ist dazu eine Denkschrift vorgelegt worden, wonach zur Durchführung des Gesampplans vom Reiche zur Ver⸗ stellen sind: Für die Uebernahme des Fabrikgeländes in 5 Millionen Mark, als Bareinlage für Kiel 7,5 Mil⸗ sionen Mark, als Zuschuß für Kiel während dieses und der nächsten ahre jährlich 2,5 Millionen Mark. Die Mittel hierfür sind in gänzungen zum Haushaltsplan des Reichsfinanzministeriums für 1925 angefordert. Abg. Dr. Quaatz (D. Nat.): Die neue Ümstellung der Deutschen Werke scheint wenigstens eine Klarheit der Bilanz erreicht zu haben und die Möglichkeit einer Uebersicht über den Stand der einzelnen Unternehmungen. Der Mißerfolg der bisherigen Unternehmungen ist zu einem Teile darauf zurück⸗ fesceeen. daß man die kamerilistische Betriebsführung mit der hufmännischen vermischt hat. Um so mehr müßte wenigstens die übliche kaufmännische Kontrolle, die volle Klarheit in der Buch⸗ führung herrschen. Statt dessen ist starke Unklarheit eingetreten, bis es sozusagen zum Zusammenbruch gekommen ist. Dem Reichs⸗ tag sind keinerlei Mitteilungen über eine derartige katastrophale Ge⸗ schäftsführung gemacht worden. Das Reichsfinanaministerium hätte sich mehr um das Schicksal dieser Reichsunternehmungen bekümmern und die Zügel der Kontrolle über ihre Verwaltung schärfer in die Hand nehmen müssen. Weil es sich um öffentliche Gelder und schließlich Reichsbesitz handelt, hätte eine größere Publizität der Geschäftsführung Platz greifen müssen. Für den Verbleib des Restes unseres Heereseigentums usw müssen die verantwortlichen Organe auch die nötige Sorgfalt auf⸗ wenden und darüber dem Reichstaa Auskunft geben. Ich wiederhole deshalb den Wunsch nach Klarheit und genauer Kontrolle seitens der Reichsorgane. Ungelöst ist ferner die Frage der Rechnungskontrolle und der Wirtschaftskontrolle. Ist es gelungen, mit dem Rechnungs⸗ hof zu einer Uebereinstimmung zu kommen? Was ist mit ihm ver⸗ einbart worden? Die Prüfung der Untergesellschaften kann natürlich durch ein Organ der Dachgesellschaften erfolgen. Endlich können wir unser Befremden nicht unterdrücken, daß der Rechnungshof von seinen vielen Prüfungen dem Reichstag keinerlei Kenntnis gegeben hat. Ueber den Verbleib des Heeresvermögens z. B. in den RNeichs⸗ betrieben haben wir keinerlei Mitteilung erhalten. Staats⸗ sekretär Fischer: Für die Rechnungsführung ist Abschnitt IVa der Haushaltsordnung maßgebend. Zwischen Reichsfinanzministerium und Rechnungshof haben eingehende Besprechungen darüber statt⸗ gefunden, wie diese Kontrolle gehandhabt werden soll. Es ist auch zu einer Verständigung gekommen. Wir haben dem Rechnungshof auch die Punkte mitcgeteilt, die dafür maßgebend sind. Dieser war damit einverstanden. Die vier Unternehmungen werden durch ein vollständig unabhängiges Revisions⸗ und Treuhand⸗ institut geprüft, die übrigen Gesellschaften durch das Treuhand⸗ institut des Konzerns. Einer der Direktoren wird im Einvernehmen mit dem Rechnungshof dafür ernannt werden; über die Person schweben Verhandlungen. Eingehend ist auch geklärt, wie diese Re⸗ vision arbeiten soll. Sorge getragen ist, daß der Rechnungshof in die Lage kommt, alle Berichte Treuhandgesellschaft zu prüfen. Ein Mitglied des Rechnungshofes wird den Prüfungssitzungen des Fiak beiwohnen. Eine schriftliche Bestätigung dieser Ab⸗ machungen ist uns vom Rechnungshof für die nächsten Tage in Aus⸗ icht gestellt. Es bestehen keine Bedenken, diese Bestätigung dem zusschuß seinerzeit vorzulegen. Wie sich der Rechnungshof der ihm Verpflichtungen, die Rechnungen des Schatzamtes und Reichsfinanzministeriums zu prüfen, entledigt, dafür sind wir nicht 8 Jedenfalls unterstützt ihn das Reichsfinanzministerium in in jeder Weise. Aber die Prüfung ist nicht einfach. Der Rechnungshof wird seine Bemerkungen, wie üblich, dem Reichstag vorlegen. Auf Eimwendungen des Abg. Dr. Wieland (Dem.) macht Reichsfinanzminister von Schlieben darauf aufmerksam, daß es sich hier nur darum handle, daß der Reichstag seinem Mini⸗ sterium nicht bei der Umwandlung der Deutschen Werke, wie sie jetzt dränge, in den Arm falle. Nach kritischen Bemerkungen der Abgg. Stücklen (Soz.). Wissell (Soz.), Ersing (Zentr.) und Eichhorn (Komm.) über die Leitung der Deutschen Werke werden neben der Denkschrift die Positionen des Nachtvags⸗ und Ergänzungs⸗ etats, die sich mit den Deutschen Werken befassen, dem sogenannten Sparunterausschuß überwiesen, der sofort zusammentritt. Nach kurzer Pause wird die Beratung des Etats des Reichsamts des Innern fortgesetzt. Abg. Dr. Else Matz (D. Vp.) weist

mit Bezug auf einen vorliegenden entsprechenden Antrag der Deuts⸗ nationalen darauf hin, daß die Deutsche Volkspartei bereits 1921 im Reichstag eine Entschließung eingebracht habe, die die Regierung ersuchte, den Schulentlassenen einen Auszug aus dem Friedens⸗ vertrage von Versailles zu überreichen. Dem deutschnationalen An⸗ trage würde sich die Deutsche Volkspartei anschließen. Die Rednerin verlangt weiter, . Reichsspielplatzgesetz endlich geschaffen werde. Abg. Dr. Rosenfeld (Soz.) wünscht, daß der Antrag des Zentrums auf Erleichterung der Formalitäten zur Eheschließung und Vermeidung von Härten ausgedehnt werde auch auf Che⸗ scheidungen. Dann spricht sich der Redner gegen den von den Rechts⸗ rteien gewünschten Verfassungsausschuß aus. Der Schaffer der eimarer Verfassung, Preuß, habe sich dagegen ausgesprochen, daß der Reichstag überhaupt Verfassungsänderungen vornehme. Preuß ei ein besserer demokvatischer Interpret als Kardorff, der bald Links⸗, bald Rechtsschwenkungen mache. Der Redner warnt die Regierung, in der Verfassungsfrage den Standpunkt der Rechten zu teilen; die Sozialdemokraten würden in diesem Falle die Verfassungsfrage so aufrollen, wie es im Interesse der Arbeiterschaft liege. Abg. Schlange⸗Schöningen (D. Nat.) betont nochmals, daß die Rechtsvarteien mit dem Antrag auf Einsetzung eines S ausschusses keine grundsätzliche Verfassungsänderung bezweckten. Er, der Redner, sei überzeugt, daß sich im Augenblick im Volke nur eine schwache Minderheit für grundsätzliche Verfassungsänderungen finden würde. Aber es liege im Interesse der Linken, die notwendigen kleineren Verfassungsänderungen so lange durchzuführen, wie die er⸗ wähnte Minderheit noch nicht zu einer Mehrheit geworden ist. Der Redner bittet den Innenminister noch, im Hinblick auf Nachrichten, die von schweren Verlusten der französischen Fremdenlegion in Marokko berichten, mit allen Mitteln propagandistisch dahin zu wirken, daß die deutschen Volksgenossen vor dem Schicksal bewahrt würden, als weiße Sklaven der Fancsen ihr Blut für diese fremde Nation zu vergießen. Abg. Leicht (Bayer. Pp.) begrüßt die klare Stellungnahme des Innenministers zu gewissen Verfassungs⸗ fragen. Man könne, ebenso wie in Bayern, wo schon ein Ver⸗ fossungsausschuß bestehe, einen solchen auch für das Reich schaffen. Dieser Verfassungsausschuß brauche nicht gleich jeden Paragraphen der Verfassung umzuändern, sondern müsse vielmehr die aktuellen erfassungsfragen beraten. Der Rechtsausschuß hätte zu diesen Ar⸗ beiten keine Zeit, weil er ohnedies stark beschäftigt wäre. Der edner wendet sich dann gegen den Antrag, den Schülern einen Aus⸗ iung aus dem Friedensvertrage zu überreichen. Von der Schule müsse die Politik ferngehalten werden. Reichsminister des Innern chiele meint, was in Preußen möglich sei, wo unter sozialdemo⸗ kratischer Regierungsführung ein Verfassungsausschuß ins Leben ge⸗ rufen worden sei, könne auch für das Reich geschehen. Der Minister Füiert dann eine Aeußerung des Abgeordneten, jetzigen eichstagspräsidenten Löbe (Soz.), die in der Sitzung der National⸗ versammlung vom 31. Juli 1919 bei der Zustimmung der Sozial⸗ mokraten zur Verfassung gemacht worden ist und in der es heiße: Wir tun das (zustimmend) in dem Vertrauen, daß die lebendigen Kräfte der Entwicklung stärker sein werden als die papiernen Hinder⸗ nisse, die damit aufgerichtet werden.“ Der Minister bittet, daß den lebendigen Kräften nun auch die Möglichkeit gegeben. werde, sich zu entfalten. Abg. Sänger (Soz.) ersucht den Reichsminister des Innern um die Beantwortung folgender Fragen: Erstens: Ist es richtig, daß vor Abschuß der bayerischen Kirchenverträge die bayerische Regierung sich an die Reichsregierung oder ein Reichsministerium mit der Frage, ob die genannten Perträge etwo gegen

die Reichsverfassung verstoßen würden? Zweitens: Hat eine Reichsbehörde, etwa das Reichsiustizministerium, darauf die Antwort erteilt, das Konkordat und die Protestantenverträge würden nicht Reichsverfassung verstoßen? Drittens: Ist der Herr Minister selbst heute der Auffassung, daß das Konkordat weder gegen die stillschweigenden noch die ausdrücklichen Grundsätze der Reichs⸗ verfassung verstößt, wobei besonders an die Artikel 5 und 6 des Kon⸗ kordats erinnert wird? Abg. Moses (Soz.) weist darauf hin, daß man in Frankreich einen gewaltigen Aufbau auf sozialem und hygienischem Gebiet bemerken könne, während in Deutschland in dieser Beziehung abgebaut werde. Das sei um so bedauerlicher, als eine Vernachlässigung dieser Gebiete auch e2f die Wirtschaft zurück⸗ wirke. Der Redner begründet dann seinen Antrag, der von der Re⸗ gierung verlangt, daß sie dem Reichstage alljährlich eine Uebersicht über die Gesundheitsverhältnisse des ganzen deutschen Volkes vor⸗ legen möge. Abg. Schlack (Zentr.) warnt vor dem Verfassungs⸗ ausschuß. Es würde für diesen Ausschuß nicht bei den vorliegenden Anträgen bleiben; eine Flut von weiteren Anträgen würde folgen, und dam würde nur große Unruhe im Volke entstehen. Aufgabe der Regierung und insbesondere der Regierungsparteien sei es aber, Ruhe ins Volk zu bringen. Vor allen Dingen dürften die Deutsch⸗ nationalen, als Regierungspartei, keine so beunruhigend wirkenden Anträge einbringen, wie den in der Flaggenfrage, noch dazu, wenn sie genau wüßten, daß diese Anträge abgelehnt werden. Das Zentrum sei zwar auch der Ansicht, daß die Weimarer Verfassung, an deren Schaffung es rege mitgearbeitet habe, nicht für alle Ewigkeit in ihrer gegenwärtigen Textierung erhalten werden könne; im gegenwärtigen Moment könne es aber nicht für die Einsetzung eines Verfassungs⸗ ausschusses stimmen. Abg. Dr. Else Matz (D. Vp.) hebt noch⸗ mals die nationale Bedeutung der Verteilung eines Auszugs aus dem Friedensvertrage an die Volksschüler hervor. Dieser Auszug solle nur die brubalen Tatsachen des Versailler Vertrages, alles das, was man Deutschland genommen und sonst aufgezwungen habe, ent⸗ halten. Die nächste Sitzung des Haushaltsausschusses findet Donnerstag vormittag statt. Auf der Tagesordnung steht die Ge⸗ neraldebatte über den Bericht des Unterausschusses über die Neu⸗ organisierung der Deutschen Werke und die Fortführung der General⸗ debatte über den Etat des Innenministeriums. Die Redexkeit soll, im Interesse einer schnelleren Bewältigung des Beratungsstoffes, auf fünf Minuten verkürzt werden.

Der Aufwertungsausschuß des Reichstags nahm gestern die Abstimmungen über die einzelnen Absätze des § 5 vor, der die Zahlungstermine für die aufgewerteten Kapitalbeträge, deren Anmeldung und Festsetzung vorschreibt. Angenommen wurden dazu laut Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher

eitungsverleger die Kompromißanträge der Regierungsparteien auf Grund der Vorschläge des Reichsrats unter Ablehnung aller übrigen Anträge. Nach den Aenderungen ist festgesetzt, daß die Aufwertungs⸗ stelle auf Antrag eines Schuldners, dessen wirtschaftliche Lage es erfordert, die Schuld in Teilbeträgen bis längstens 1. Januar 1938 abzuzahlen hat. (Vorlage: 1. Januar 1945.) Der Zinssatz für die aufgewerteten Ansprüche soll nunmehr betragen vom 1. Januar 1925 ab 1,2 v. H., vom 1. Juli 1925 ab 2 ½½ v. H. vom 1. Januar 1926 ab 3 v. H. und vom 1. Jamar 1928 ab 5 v. H. Wiederkehrende Leistungen, die auf Grund einer Reallast oder einer Rentenschuld geschuldet werden, sind im Jahre 1925 mit 40 v. H., vom 1. Januar 1926 ab mit 60 v. H. und vom 1. Januar 1928 ab in voller Höhe des aufgewerteten Betrags der Jahresleistung zu bewerten. Im übrigen wird die Fassung des Reichsrats in § 5 genehmigt. Hinzu⸗ gefügt werden mehrere Absätze, entsprechend einem Zusatzantrage Emminger (Bayer. Volksp.), der lautet: Sofern die wirtschaftliche Lage des Gläubigers es dringend erfordert und der Schuldner hierdurch keine erhebliche Erschwerung seiner wirtschaftlichen Lage erleidet, kann die Aufwertungsstelle auf Antrag des Gläubigers anordnen, daß der Schuldner seine Schuld ganz oder teilweise vorzeitig zu tilgen hat, wobei jedoch die Gesamtsumme der vorzeitig zu zahlenden Leistungen den Betrag von fünftausend Reichsmark, die Summe der jährlich zu zahlenden Leistungen den Betrag von tausend Reichsmark nicht übersteigen darf. Zwischen Zustellung der Entscheidung der Auf⸗ wertungsstelle und dem ersten Zahlungstage muß eine Frist von mindestens drei Monaten liegen. Untrag kann nicht vor dem 1. April 1926 gestellt werden. Bei Ansprüchen, die durch Hypothek an einem Grundstück Rlichert sind, dessen Erträgnisse durch eine Zwangswirtschaft zum Nachteil des Verpflichteten beschränkt sind, muß überdies seit E Zwangswirtschaft mindestens ein Jahr verflossen sein. Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf Forderungen, die der Gläubiger erst nach dem 14. Februar 1924 erworben hat. Genehmigt wurde ferner folgende Entschließung: Die

Reichsregierung zu ersuchen, alsbald mit den in Betracht kommenden Grundkreditanstalten ([Hypothekenbanken), Landschaften und öffentlich⸗ rechtlichen Grundkreditanstalten zu dem Zwecke in Verbindung zu treten, um unter Ausschluß eines gesetzlichen Zwanges, soweit nötig, aber unter staatlicher Förderung durch Gewährung von Kredit, Ab⸗ nohme von Pfandbriefen oder auf sonstige Weise die Möglichkeit zu erleichtern, daß die Aufwertungsbeträge der Hypothekengläubiger von den Grundkredit⸗Anstalten wegen Ausgabe von Pfandbriefen ab⸗ genommen werden. Der An des Abg. Dr. Korsch (Komm.), einen Unterausschuß 8. Bearbeitung der Fragen der Mobilisierung der 17- e einzusetzen, wird abgelehnt, dagegen wird beschlossen, von jeder Fraktion einen Vertreter für eine besondere beim Reichs⸗ wirtschaftsministerium für diese Frage zusammentretende Kommission zu wählen. Berufen werden dazu die Herren Abga. Keil (Soz.), Hergt (D. Nat.), Dr. Schetter (Zentr.), Dr. Wunderlich (D. Vp.), Dr. Jörissen (Wirtschaftl. Vereinig.) Emminger (Bayr. Vp.), Dr. Dernburg (Dem.), Dr. Korsch (Komm.).

Im Steuerausschuß des Reichstags wurde gestern darüber abgestimmt, ob und in welcher Form die Besteuerung nach dem Verbrauch erfolgen soll. Angenommen wurde dem Nachrichtenbüro des Vereins deutscher Zeitungsverleger zufolge ein Antrag des Abg. Dr. Gereke (D. Nat.), wonach die diesbezügliche Muß⸗Vorschrift des § 49 des Einkommensteuergesetzes in eine Kann⸗ Vorschrift umgewandelt wird. Es ist also in das Ermessen der Finanzbehörde gestellt, wenn ein offenbares Mißverhältnis zwischen versteuertem Einkommen und Verbrauch zu konstatieren ist, die Ver⸗ anlagung nach dem Verbrauch vorzunehmen. Weiter beschloß der Aus⸗ schuß, daß eine Besteuerung nach dem Verbrauch nicht dann erfolgen darf, wenn der Steuerpflichtige nachweist, daß er den Verbrauch aus Vermögen bestritten hat, das bei seinem Entstehen in den letzten drei Jahren der Besteuerung nach dem Einkommensteuergesetz unterlegen hat. Schließlich bestimmte der Ausschuß, daß eine Besteuerung na dem Verbrauch nur Anwendung finden darf, wenn der Verbrau mindestens 15 000 Reichsmark jährlich beträgt. Die Regierungsvor⸗ lage enthielt dagegen als Grenze einen Jahresverbrauch von 8000 Reichsmark. Im weiteren Verlauf der Sitzung wurde vom Ausschuß beschlossen, daß bei der Veranlagung besondere wirtschaftliche Ver⸗ hältnisse, die die Leistungsfähigkeit des Steuewflichtigen wesentlich be⸗ einträchtigen, durch Ermäßigung oder Erlaß der Einkommensteuer be⸗ rücksichtigt werden, wenn das Einkommen 16 000 Reichsmark nicht übersteigt. Als Verhältnisse dieser Art sollen gemäß den vom Aus⸗ schuß angenommenen Anträgen der Abag. Dr. Preyer (D. Nat.) und Gerauer (Bayr. Vp.) gelten insbesondere außergewöhnliche Belastungen durch Unterhalt oder Erziehung einschl. Berufsausbildung der Kinder, durch gesetzliche oder sittliche Verpflichtung zum Unterhalt mittelloser Angehöriger, durch Krankheit, Körperverletzung, Verschuldung, Un⸗ Hücksfälle, darunter auch Ernte⸗ und Hochwasserschäden, oder durch be⸗ ondere Aufwendungen im Haushalt, die durch Erwerbstätigkeit einer Witwe mit minderljährigen Kindern veranlaßt worden sind. Die für die zur Haushaltung des Steuerpflichtigen zählende Ehefrau und für jedes minderjährige Kind vorgesehenen Ermäßigungen sollen auch ge⸗ währt werden: a) für die Ehefrau und minderjährigen Kinder, die nicht zur Haushaltung des Steuerpflichtigen zählen, d) für uneheliche minderiährige Kinder, die nicht zur Haushaltung des Steuerpflichtigen zählen, wenn sie vom Steuerpflichtigen ganz oder im wesentlichen unterhalten werden. Bezüglich der Besteuerung des Einkommens aus Forstwirtschaft wurde auf Antrag des Aba. Herold (Zen tr.) ein Be⸗ schluß gefaßt, wonach bei Einkünften aus Forstwirtschaft die Steuer für außerordentliche Waldnutzungen getrennt berechnet werden soll und

derienigen Steuer himzuzmaählen ist, die sich für das übrige Einkoaꝛmmen 8 8

ergibt. Hierbei dürfen bei der Steuer für die Waldnutzung Ermäßi gungen nur noch insoweit vorgenommen werden, als sie nicht bereits bei Berechnung der Steuer für das übrige Einkommen berücksichtigt worden sind. Als außerordentliche Waldnutzungen in diesem Sinne gelten obne Unterschied der Betriebsart alle aus wirtschaftlichen Gründen gebotenen Nutzungen, die über die nach forstwirtschaftlichen Grundsätzen nachhaltig zu erzielenden jährlichen regelmäßigen Nutzungen hinausgehen. Die weitere Aussprache drehte sich um einen kommunistischen Antraa, der zwecks Hebung der Steuermoral die öffentliche Bekanntgabe der Einkommensteuerver⸗ anlagungen verlangte, Dieser Antraa wurde von den Abgg. Höllein (Komm.) und Neubauer [(Komm.) hearündet. Von den Rednern wurde darauf verwiesen, daß auch in den Vereinigten Staaten von Amerika eine derartige öffentliche Bekanntgabe der versteuerten Einkommen erngeführt sei und daß sich dabei ergeben habe, wie ver⸗ hältnismäßig gerina die aroßen Industriemagnaten ihr Einkommen angegeben hätten. Die in der amerikanischen Presse damit verbun⸗ denen Erörterungen hätten dann in Hinsicht auf die Steuererfassung ganz ersprießliche Resultate gezeitigt. Abg. Dr. Hertz (Soz.) trak sachlich vollkommen auf den Boden des Antraags, hielt es aber für richtiger, wenn dieser Antrag in Verbindung mit der Forderung der Beibehaltung und Stärkung des Buchprüfungsverfahrens nicht nur beim Einkommensteuergesetz, sondern bei dem für alle Veranlagungs⸗ gesetze als Rahmengesetz gültigen Entwurf der Reichsabgabenordnung durchgeführt würde. Dieser Ansicht schloß sich auch Abg. Beus (Zentr.) an. Staatssekretär Dr. Popitz (Reichsfinanzministerium befürwortete auch die Behandlung dieser Materie im Rahmen der Reichsabgabenordnung. Er begrüßte jede Maßnahme die geeignet sei⸗ die Steuermoral zu heben, verwies aber auch auf die bekannten Be⸗ denken, die darauf hinausliefen, daß bei politischen Persönlichkeiten und im Brennpunkt dez öffentlichen Interesses stehenden Personen leicht Verhetzungen geschehen können. Mit diesen Bedenken wolle er sich aber prinzipiell nicht gegen den sachlichen Kern des Antrags wenden. In der Abstimmung wurde der kommunistische Antrag abgelehnt. Die Frage wird bei der Beratung der Reichsabgabenordnung nochmals be⸗ handelt werden. Hierauf vertaate sich der Ausschuß.

Der Reichstagsausschuß für die Kriegs beschädigtenfürsorge trat gestern nach längerer Pause zum ersten Male wieder zusammen. Diese Pause wurde durch sechs lange Sitzungen des eingesetzten Unterausschusses ausgefüllt, in den jede Partei einen Vertreter entsandt hatte. Der WW“ sah sich eenötigt, durch eine in der gestrigen Sitzung abgegebene Erklärung des

eichsfinanzministers Schlieben seine Sitzung abzubrechen u den Hauptausschuß vom Stande der Dinge zu verständigen. Das Arbeitsprogramm des Unterausschusses war mit der Regierung ver⸗ einbart. Seie Arbeitsplan gliederte sich in vier Hauptabschnitte: 1. Geldversorgung der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen einschließlich Abfindung für Versorgungsscheine, 2. Versorgung der Drlehiare und Kapitulanten und der Hinterbliebenen dieser Personen, 3. Verfahren in Versorgungssachen, 4. soziale Fürsorge, Auswertung des Schwerbeschädigtengesetzes. Die Verhandlungen des Unteraus⸗ schusses waren Als besonders dringlich wurden dem Nach⸗ richtenbüro des Vereins deutscher Zeitungsverleger zufolge vorweg behandelt die Erhöhung der Grundrenten, die Wiedergewährung von Renten an die Beschädigten, die F“ sind, Beamtenscheine und Geldabfindung hierfür, allgemeine Erhöhung der Hinterbliebenenrente, Altersrente, atzrente, Erhöhung der Einkommensgrenzen Auf⸗ wertung der Ansprüche, Abfindung von wiederverheirateten Witwen und Abfindung auf Grund des § 104 des Gesetzes. Daneben wurden die im Reichstag bereits eingebvachten Anträge mitbehandelt. Die Erklärung, die der Reichsfianzminister in der letzten Sitzung des Unterausschusses abgab, ging dahin, daß die Finanzlage eine heikle sei, und zwar schon für das Etatsiahr 1925, für die späteren Jahre wären seine Besorgnisse noch größer, wie er den Etat balancieren solle. Bei allem Verständnis für die Notleidenden müsse man sich doch davor hüten, über das Maß von Aufwendungen hinauszugehen, daß wir auf die Dauer durchhalten könnten. Sonst könne er die Finanzverwaltung mit gutem Gewissen nicht mehr verantworten. Er könne nicht über eine Mehrbewilligung von 200 Millionen Reichsmark für das Jahr 1925 hinausgehen, und zwar davon 150 laufend und 50 als einmalige Aus Außerdem wären insolge der Erhöhung der Ortszuschläge der imten den Kriegsbeschädigten weitere 20 Millionen zugute ge⸗ kommen. Diese Bewilligung bedeute eine ganz außerordentlich Ver⸗ antwortung für ihn, denn es entstehe ein bisher nicht 8 betrag von 400 Millionen Mark. Wie er ihn decken könne, wisse er noch nicht. Wegen der Entschädigung der bereits Abgefundenen glaube er in Uebereinstimmung mit dem Reichskanzler, daß für diese Leute schon etwas aus den 50 Millionen einmaliger Ausgaben chehen könne. Gehe der Ausschuß über diese Summe hi sei das für die Regierung unmöglich tragbar. Die Regierung könne sonst das nicht halten, was sie versprochen habe. Wenn die Reparationsleistungen gleich in den ersten Jahren nicht erfüllt werden würden, so wäre das ein Unglück, das auch der Reichstag nicht herauf⸗ beschwören dürfe. Er befürchte auch, daß diese Bewilligung auf anderen Gebieten ähnliche Forderungen nach sich ziehen würde. Ein geordneter fragte an, ob diese Summe endgültig sei. Werde die Frage bejaht, so könne man diese Summe nur als Abschlagszahlung betrachten und müsse bei kommenden Etats neue Forderungen stellen. Die andern Kategerien Bedürftiger könnten Konsegquenzen aus dieser Be⸗ willigung nicht ziehen, im Gegenteil, Sache der Kriegsbeschädigten ihrerseits sei es, nun einmal die Konsequenzen aus der Bewilligung für andere Kreife zu zichen. Es handele sich hier um Leute, die ihre Gesundheit und ihr Leben im Dienste der Allgemeinheit gegpfert hätten. Der Reichsfinanzminister wiederholte, daß nicht mit einer Erhöhung dieser Summe zu rechnen sei. Schon vom 1. Juli ab würden die Steuern wesentlich, weniger einbringen als bisher, und zwar infolge der Erhöhung des Existenzminimums, des Kinder⸗ rwwvisegs und anderer Umstände. Vom Jahre 1926 ab aber fielen ie Reparationslasten und dazu die erste Veranlagung der neuen Steuern stark ins Gewicht. Kein Mensch wisse, wie diese ausfallen würden. Die Vermögenssteuer z. B., die mit jährlich 500 Millionen Mark vevanschlagt sei, habe im April nur 20 Millionen ergeben, das gebe, auf das Jahr umgeschlagen, nur 240 Millionen. In der Beurteilung der tellung der Kriegsbeschädigten als einer bevorzugten Fenes anderen Kategorien stimme er mit dem Vorredner überein.

in weiterer Abgeordneter erklärt den Betrag, den die Regierung be⸗ willigen wolle, als unzureichend. Von der Regierung sei die Vorlage einer Novelle zugesagt. Komme sie, dann müsse auch Schluß sein, das sei aber bei so geringfügigen Mitteln nicht der Fall. Was im Jahre 1925 nicht zu erreichen sei, sei es 1926 erst recht nicht. Seine Partei werde sich bei der Stellung ihrer Anträge im Ausschuß und im Plenum in dieses Prokustusbett, nicht hineinzwängen lassen. Der Finanzminister erwiderte, auch die Partei des Vorredners habe im

Hauptausschuß wie im Sparausschuß die Stellungnahme des Finanzministers geteilt. Ein weiterer seordneter be⸗ merkte, daß, wenn man die Beamtengehälter auf ein Vierteljahr voraus zahlen könne, dann sei es doch noch dringlicher, die Forderungen der Kriegsbeschädigten zu berücksichtigen. Redner fragte an, ob es die Absicht des Finanzministers wäre, auch für den kommenden Etat die Dinge so laufen zu lassen; er beantrage eventuell eine Sondersteuer, um weitere Mittel für die Kriegs⸗ beschädigten aufzubringen. Der Finanzminister erklärte eine Sonderbesteuerung für die Kriegsbesch. igten für unmöglich. Schon die Inflationssteuer bringe nichts Wesentliches. Die viertel⸗ jährliche Gehaltsvorauszahlung für die Beamten sei von den Par⸗ teien verlangt worden. Ob im späteren Etat für die Kriegs⸗ beschädigten noch mehr geschehen könne lasse sich noch nicht über⸗ sehen. Ein anderer Abgeordneter gestand zu, daß mehr gegeben worden sei, als man anfangs hätte erwarten dürfen. Auf dieser Zasis werde man sich aber einrichten müssen. Man müsse die Be⸗ schlüsse der ersten Lesung revidieren. Ein Regierungsver⸗ treter erklärte, daß er sich bereits ein Bild über die Verteilung der genannten Summen gemacht habe. Vorgeschlagen wurde, diese Verteilung der Mittel nach dem Regierungsentwurf zur Kenntnis des Ausschusses zu bringen. Ein weiterer Abgeordneter fragte an, ob es nicht möglich wäre, bei der Elternrenie die volle Zusatzrente zu gewähren. Regierungsseitig wurde diese Möglichkeit zugegebden. Beschlossen wurde, mit dem ersitzenden des Haushaltsausschusses in Verbindung zu treten zu gemeinfamer Besprechung im Haushalts⸗