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S. 139) Herrn Gutsbesitzer Richard Strich in Stalle, Kreis Stuhm (Westpreußen), zu seinem Hauptbevollmächtigten für das Deutsche Reich bestellt. Berlin, den 22. Juni 1925. Das Reichsaufsichtsamt für Privatversicherung.
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Bekanntmachung.
Die North British and Mercantile Insurance Company, Limited in London, hat an Stelle ihres bis⸗ Hauptbevollmächtigten Herrn Richard Dobberpfuhl zu
erlin Herrn Hans Eschwe zu Berlin W. 9, Potsdamer Straße 5, zum Hauptbevollmächtigten für das Deutsche Reich bestellt (vgl. die Bekanntmachung vom 3. Mai 1921 im Reichs⸗ anzeiger Nr. 104 vom 6. Mai 1921) 8 Berlin, den 22. Juni 1925. Das Reichsaufsichtsamt für Privatversicherung. J. V.: Brillat.
I. und III. Mecklenburg⸗Schwerinsche 5 prozentige Roggenwertanleihe von 1923.
Infolge Feststellung des Durchschnittspreises für märkischen Roggen auf 11,10 Reichsmark für den Zentner sind nach bereits erfolgtem Abzug von 10 Prozent Kapital⸗ ertragsteuer zu zahlen für den am 1. Juli 1925 fälligen Zinsschein
der I. Roggenwertanleihe: Lit. A 1,25 RM, Lit. B 0,50 RM, Lit. C 0,25 RM, Lit. D 0,13 RM, der III. Roggenwertanleihe: Lit. A 12,50 RM, Lit. B 5 RAM, Lit. 0 2, h0 NM, Lit. D 1,25 RN. 8
Schwerin, den 25. Juni 1925. 1“
Mecklenburg⸗Schwerinsches Finanzministerium. J. A.: Schwaar.
Bekanntmauachung.
Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 26 des Reichsgesetzblatts Teil I enthält: das Gesetz über die Hinausschiebung der Vermögensteuervoraus⸗ zahlung vom 15. Mai 1925 bis zum 15. August 1925, vom 23. Juni 1925, 1 die Verordnung über Aenderung und Ergänzung der Eichordnung, vom 18. Juni 1925, die Verordnung über das Mahnverfahren, vom 19. Juni 1925, die Verordnung über die Umlaufsgrenzen für Pfandbriefe und sonstige Schuldverschreibungen von Hypothekenbanken, vom 20. Juni 1925, die Verordnung zur Aufhebung einiger Vorschriften der Ver⸗ ordnung über die Einschränkung öffentlicher Bekanntmachungen, vom 20. Juni 1925, und die Bekanntmachung über die Anlegung von Mündelgeld, vom Juni 1926. Umfang ½ Bogen. Berlin, den 26. Juni 1925. Gesetzsammlungsamt.
Verkaufspreis 15 4₰. Krause.
Bekanntmachung.
Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 27 des Reichsgesetzblatts Teil II enthält:
die Bekanntmachung über Aenderung des Planes für die Ver⸗ teilung der Stimmen in den Bezirkswasserstraßenbeiräten, vom 6. Juni 1925,
die Bekanntmachung über den Schutz von Erfindungen, Mustern
unnd Warenzeichen auf einer Ausstellung, vom 12. Juni 1925,
die Bekanntmachung, betreffend die Ratifikation des am 4. März
1924 unterzeichneten Abkommens zwischen dem Deutschen Reiche und der Tschechoslowakischen Republik über Erleichterungen im Grenz⸗ verkehr, vom 15. Juni 1925, und
die Verordnung zur Aenderung der Verordnung, betreffend die
Besetzung der Kauffahrteischiffe mit Kapitänen und Schiffsoffizieren, vom 22. Juni 1925.
Umfang ¼ Bogen. Verkaufspreis 15 J. Berlin, den 26. Juni 1925. Gesetzsammlungsamt. Krause.
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Bekanntmachung.
Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 28 des Reichsgesetzblatts Teil II enthält: das Gesetz über die Weltpostvereinsverträge, vom 22. Juni 1925. Umfang 15 ½ Bogen. Verkaufspreis 2,16 RM. Berlin, den 26. Juni 1925.
Gesetzsammlungsamt. Krause.
Preußen.
“ Bekanntmachung. Die Herren Forstbeflissenen, die am Schlusse des laufenden Semesters die Vorprüfung abzulegen beabsich⸗ tigen, haben die vorschriftsmäßige Meldung spätestens bis 1 .Juli dieses Jahres dem Rektor der forstlichen Hochschule inzureichen, an der sie sich der Vorprüfung unterziehen wollen. Berlin, den 25. Juni 1925. Der Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. J. A.: Frhr. v. d. Bussche.
Handelsverbot.
Auf Grund der Verordnung über Handelsbeschränkungen vom 13. Juli 1923 (RGBl. S. 706) habe ich dem Kaufmann Sally Steinmann in Berlin⸗Wilmersdorf, Pfalz⸗ burger Straße Nr. 10, durch Verfügung vom 17. Januar 1924 den mit Gegenständen des täglichen Bedarfs wegen Unzuverlässig⸗
eit in bezug auf diesen Handelsbetrieb untersagt.
Berlin, den 21. Juni 1925. 8 Der Polizeipräsident.
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J. V.: Meister.
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1 Durch rechtskräftigen Bescheid vom 24. Februar 1925 ist dem bier, Hartwigstraße I, wohnhaften Ernst Seeger der Handel mit Gegenständen des täglichen Bedarfs wegen
nzuverlässigkeit in bezug auf den Handel auf Grund der Ver⸗ ordnung über Handelsbeschränkungen vom 13. Juli 1923 untersagt.
Hannover, den 24. Juni 1925. Städt. Polizeiverwaltung. J. A.: Weber.
. Deutscher Reichstag. 3 84. Sitzung vom 26. Juni 1925, Nachmittags 1 ½ Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger*).
Präsident Löbe eröffnet die Sitzung um 1 Uhr 45 Mi⸗ nuten.
Auf der Tagesordnung steht die erste Lesung eines Ge⸗ seseaxtwürfes zur Verlängerung der Geltungs⸗ dauer der dritten Steuernotverordnung über den 30. Juni hinaus bis zum 15. Juli 1925. Die Vor⸗ lage ist unterzeichnet von den Abgg. Hergt (D. Nat.), Fehrenbach (Zentr.), Scholz (D. Vp.), Fehr (Wirt⸗ schaftl. Vereinig.) und Leicht (Bayr. Vp.).
Abg. Keil (Soz.) benutzt erneut die Gelegenheit, um den Deutschnationalen Zwiespältigkeit in der Behandlung der Auf⸗ wertungsfrage vorzuwerfen. Der Redner erklärt, seine Freunde würden gegen die Verlängerung stimmen, möge sie auch von der Regierung für noch so notwendig gehalten ee Er wirft dann den Regierungsparteien vor, 8es s- sich der steuerlichen Erfassung der Inflationsgewinnler hartnäckig widersetzen, und deutet an, daß dabei vielleicht persönliche Interessen mögen. (Unruhe rechts.)
Abg. Dr. Korsch (Komm.) erklärt sich ebenfalls gegen den Gesetzentwurf. Dr. Best sitzt hier und im Ausschuß als Beweis des von den Regierungsparteien verübten Volksbetruges und ihres bösen Gewissens. Der Redner ruft zum Kampf auf gegen die Aufwertungsbeträge. Die Rechtsparteien wollen keine Gründe hören, sondern verlassen sich nur auf die Abstimmungs⸗ maschine. Als der Redner von niederträchtigen Betrugsmanövern der Rechtsparteien spricht, wird er zur Ordnung gerufen.
Damit schließt die L Persönlich weist der
Abg. Keil (Soz.) darauf hin, daß Herr Hergt sich zum Worte gemeldet habe, als er, Keil, von Verschleppungsmanövern im Auf⸗ wertungsausschuß gesprochen habe. Dann hätte eine Besprechung der Deutschnationalen im Gange des Sitzungssaals stattgefunden, worauf Hergt seine Wortmeldung zurückgezogen habe. (Hört, hört! links. Lachen rechts.)
Abg. Hergt (D. Nat.) erwidert, es ist richtig, daß ich mich zuerst zum Worte meldete. Nachdem ich aber den Unsinn gehört habe, den der Abg. Korsch hier verzapft hat, habe ich mir die Er⸗ aubnis meiner Fraktionsfreunde berschafft⸗ meine Wortmeldung wieder zurückzuziehen. (Beifall rechts; anhaltender Lärm bei den Kommunisten.)
Der Gesetzentwurf wird darauf in allen drei Lesungen mit den Stimmen der Regierungsparteien und der Demokraten angenommen.
Das Haus geht zur zweiten Beratung der Novelle zum Unfallversicherungsgesetz über. In der Hauptsache enthält der Entwurf einen Umbau der Leistungen der Unfallversicherung, und zwar einen folgerichtig durch⸗ geführten Aufbau der Sachleistungen und mit rückwirkender Kraft stellenweise einen starken Ausbau der Verletzten⸗ und Hinterbliebenenrenten. Der Entwurf rückt die Sachleistungen in den Vordergrund, insbesondere die Verpflichtung zur Un⸗ fallverhütung, Ueberwachung des Betriebsschutzes, Kranken⸗ behandlung, Berufsfürsorge usw. Die Wiederherstellung der Arbeitskraft soll bis zu einem gewissen Grade den Vorrang vor den Geldleistungen durch die Renten haben. Dem Reichs⸗ versicherungsamt werden größere Befugnisse zur Aufsicht über die Unfallverhütungsvorschriften gegeben. Bei der Berechnung der Renten soll die sogenannte Drittelungsgrenze von achtzehn⸗ hundert Mark, von der ab der Jahresarbeitsverdienst nur zu einem Drittel angerechnet worden ist, fortfallen; die Zwerg⸗ renten für Verletzte, die nur zehn oder fünfzehn Prozent der Erwerbsfähigkeit eingebüßt haben, werden aufgegeben. Der Ausschuß für soziale Angelegenheiten hat vielfach Aenderungen an dem Entwurf vorgenommen und beantragt Entschließungen, worin die Regierung ersucht wird, alsbald eine Neuregelung der Vertretung der Versicherten bei den sozialen Versicherungs⸗ trägern im Sinne einer Gleichstellung derselben mit den Arbeitgebervertretern herbeizuführen und einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch den die 1“ auf zurzeit noch nicht versicherungspflichtige Betriebe und Tätigkeiten aus⸗ gedehnt wird, die mit einer besonderen Unfallgefahr verbunden ind. 8 1 Berichterstatter Abg. Ziegler (Dem.) berichtet kurz über die Aenderungen des Gesages⸗ “ den Ausschuß, die zum Teil wesent⸗ iche Umgestaltungen darstellen. i 8 Von stast cllen Parteien sind neue Abänderungsanträge gestellt worden.
Abg. Becker⸗Herborn (Soz.): Der Entwurf der Regierung stellt einen Raubzug auf die Taschen der Unfallverletzten dar; die kleinen Renten sollten ganz wegfallen und die Renten bis zu fünfzig Prmen der Erwerbsunfähigkeit gekürzt werden. Die Unternehmer -
mitsprechen
aben die erweiterten Aufsichtsbefugnisse der Behörde für die Unfall⸗ verhütungsvorschriften abgelehnt und die Bestellung von besonderen Aufsichtsbeamten durch die Behörde als Eingriff in die Selbst⸗ verwaltung bezeichnet. Den Betriebsräten wird gegen das Gesetz die Mitwirkung an den Unfallverhütungsvorschriften von den Unter⸗ nehmern verweigert. Mit der Unfallverhütung liegt es vielfach noch * im argen. Zweck der Arbeit ist ja nach der Auffassung der nternehmer nicht das Gemeinwohl, sondern das Herausschlagen möglichst großer Gewinne. Bei der Akkordarbeit lassen sich die Unfallverhütungsvorschriften gar nicht durchführen. Es ist vor⸗ gekommen, daß Reeder seeuntüchtige Schiffe hinausgeschickt haben, um bei ihrem Untergang hohe Entschädigungen zu erhalten. Dafür dürften Geldstrafen nicht genügen, solche Reeder müßten mit Ge⸗ fängnis bestraft werden. Die Fortbildungsschulzeit darf nicht auf den Abend gelegt werden, und die Unternehmer müßten die ver⸗ säumten Arbeitsstunden bezahlen. Den jungen Leuten muß die Ausbildung in jeder Weise erleichtert werden. Die Berufsfürsorge kann zum Schaden der Versicherten ausfallen. Wenn z. B. ein Verletzter in einen anderen Beruf übergeführt wird und dort eine Stelle gefunden hat, so wird die Rente verkürzt, aber nicht wieder in der alten Höhe wiederhergestellt, wenn ihm in seiner neuen Stelle gekündigt wird, was bei der flüssigen Lage des Arbeitsmarktes leicht vorkommen kann. Wenn ein Verletzter eine ihm von der Berufs⸗ genossenschaft angewiesene neue Stelle nicht annimmt, wird ihm seine Rente auf Zeit ganz oder teilweise entzogen. Die Renten⸗ ansprüche der Verletzten werden in ganz ungenügender Weise an⸗ erkannt, vielfach wird behauptet, der Verletzte habe selbst den Unfall verschuldet. Wir müssen verlangen, daß beim vollen Verlust der Erwerbsfähigkeit der volle entgangene Arbeitsverdienst als Rente gegeben wird. Die Krankenkassen sollen zu den Kosten der Berufs⸗ genossenschaften mit herangezogen werden; dann müßten die Kranken⸗ hossen auch ein Mitbestimmungsrecht haben. Wir verlangen, daß die Berufsgenossenschaften allein für die Unfälle aufzukommen haben. Das ist keine Belastung der Wirtschaft, sondern die Fürsorge für die Arbeiterschaft steigert deren Arbeitsfreudigkeit zum Nutzen der Wirtschaft. (Beifall bei den Sozialdemokraten.)
Abg. Schwarzer⸗ Oberbayern (Bayr. Volksp.); Die Par⸗ teien der Rechten, das Zentrum, die Wirtschaftspartei und unsere Partei bedauern lehbaft, daß bei der jetzigen Lage der Wirtschaft für die Arbeiterschaft noch nicht mehr geschehen kann. Diese Novelle ist von den Parteien und von den Berufsgenossenschaften selbst ge⸗ wünscht worden. Es mußte nach der Ueberwindung der Inflation
*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sindt.
Ansprüche dürfen aber nicht erhoben werden.
wieder Ordnung geschaffen und die Renken mußten erneut geregel werden. Nun befürchten die Berufsgenossenschaften von dieser Novelle eine unerträgliche Belastung, und die Versicherten sind mit ihr auch nicht zufrieden. Wir halten die Einbeziehung der Gast⸗ und Schankstätten, der Bühnenbetriebe und der Feuerwehr in die Unfallversicherung für geboten, aber wir konnten um derentwillen diese Novelle nicht verzögern. Bei der Einmütigkeit der Parteien in diesen Dingen sollten die Versicherten mehr Vertrauen zu uns haben. Der Ausschuß hat die Vorlage wesentlich verbessert. Die Unfälle auf den Wegen von und zur Arbeit sind in die Versicherung einbezogen worden, die Unfallverhütungsvorschriften sind ausgebaut die Rentenberechnug ist verbessert usw. Alle Parteien haben zu Verbesserung der Vorlage beigetragen, und der Ausschuß hat sich seiner Arbeit nicht zu schämen. Zur Aufhebung der kleinsten Renter ohne Entschädigung konnten wir uns nicht entschließen. Wir be⸗ antragen deshalb süenen mit den genannten Parteien, daß für den Wegfall dieser Renten als Abfindung ein dreifacher Betrag einer Jahresrente gewährt wird. Namens der von mir vertretenen Par⸗ teien kann ich nur versichern, daß wir das Gesetz so gestalten wollem wie es den Versicherten und den Versicherungsträgern am besten dient. (Beifall.)
Abg. Rädel (Komm.): Es ist bezeichnend, daß die Regie⸗ rungsparteien sich auss⸗ weigen und daß man dieses umfangreiche Gesetz in der knappen Redezeit von einer halben Stunde besprechen soll. Das Gesetz dient der Entlastung der Unternehmer und der Be⸗ lastung der Versicherten. Man hebt den Wert der Unfallverhütungs⸗ vorschriften eifrig hervor, aber die Vorlage enthält keine Verbesse⸗ rung des jetzigen Zustandes. Eine Rentenerhöhung ist nur teil⸗ weise erfolgt bei den höheren Renten, aber nicht bis zur vollen Höhe des Jahresarbeitsverdienstes, wie wir verlangt haben, und die Kosten sollen die kleineren Renten bis zu 50 Prozent tragen, für die nach der Vorlage nur der halbe Jahresarbeitsverdienst zugrunde gelegt werden sollte, wofür wenigstens der Ausschuß zwei Drittel eingesetzt hat. Aber hierdurch wird trotz der Beseitigung der Drittelungs⸗ grenze an dem Drittelungsverfahren festgehalten. Im Ausschuß hat selbst das Zentrum die Beseitigung der kleinsten Renten bis zu zehn Prozent mitgemacht. Es ist ein Skandal, daß noch Renten von einer Mark vierteljährlich vorkommen, denn man hat die Auf⸗ wertung der Renten verhindert. Auch der Antra Schwarzer über die Abfindung verbessert die Sache nicht. Die Berufsfürsorge soll nur eine Rentenquetsche abgeben. Die Berufsgenossenschaften haben gar “ Vertrauen bei den Versicherten.
Ahg. Zieglter (Doam.) stimmt im wesentlichen den Ausschuß⸗ beschlüssen zu. Man könne hier mit “ 8 aber wohl den Andersdenkenden nicht überzeugen. Wenige Gesetz⸗ entwürfe seien im Ausschuß so eingehend erörtert worden wie dieser. Der Entwurf bringt gegenüber dem Kriegszustand und auch gegen⸗ über dem Vorkriegszustand wesentliche Verb sserungen. Wir können Sozialpolitik aber nur mit Rücksichtnahme 88 die Wirtschaft treiben; beide hängen miteinander untrennbar zusammen. Die Lasten der Sozialversicherung müssen von der Wirtschaft getragen werden. Sie braucht dazu aber arbeitswillige und arbeitsfähige Menschen, die davon überzeugt sind, daß für sie gesorgt wird. Wir treiben Wirt⸗ Fhft nicht um der Wirtschaft, sondern um der Menschen willen.
ie Wirtschaft ist heute, zu einem großen Teil unproduktiv. Wir müssen für größere Produktivität sorgen. Der Redner verweist auf die Ausführungen Dr Schachts in Köln, der den Vernne st anf apparat unserer Wirtschaft als „noch immer in unerhoͤrter Weise aufgebläht’ bezeichnete und auf eine Vermehrung der selbständigen Geschäfte in Berlin von einundzwanzigtausend im Jahre 1913 um das Vier ache hinwies sowie die Vermehrung der Aufsichtsratsstellen 8 60 bis 70 Prozent schätzte. Der in dem Gesetzentwurf ein⸗ geschlagene Weg I und muß führen zu einem besseren Zusammen⸗ arbeiten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Die Verwaltungs⸗ arbeit muß auf das geringste Maß beschränkt werden. Immer neue Am ganz geringfügige B wird d werden so und so viele Beamten und zwei, drei Instanzen in Bewegung gesetzt, und das Ende ist ein Prozeß. Das muß aufhören. Mancherlei Wünsche müssen zurück⸗ gestellt werden, wenn wir nicht Unerreichbares fordern wollen. Eine andere geistige Einstellung der einzelnen Faktoren der Wirtschaft muß durch die Zusammenarbeit erreicht werden. Der Kampf muß in eine Augepedden verwandelt werden.
Abg. Stöhr (Völk.) stellt fest, daß der Ausschuß saubere und sachgemäße Arbeit geleistet hat. Den Vexsicherten werde durch die Vorlage nicht wenig Faten Leider habe man die Versicherungs⸗ grenze nicht erweitern können. Die verschiedenen Kreise und Wünsche müßten aber auf einen Nenner gebracht und zum Gedeihen der Gesamt⸗ “ ausgeglichen werden. Das Schicksal des deutschen Volkes beste he in der Befreiung von den druͤckenden Fesseln unabsehbarer Zeit, die jeden innern und äußern Fortschritt hemmten. Vor allem müsse die Wirtschaft frei werden von den fremdvölkischen Bedin⸗ gungen, von dem Mordinstrument des Versailler Vertrages und dem
awes⸗Abkommen. Das deutsche Volk sollte gemeinsam Befreiungs⸗ politik treiben, den Gedanken der Wahrhaftigkeit nicht verkümmern lassen, um der Welt zu beweisen, daß wir keine Sklavenkolonie, sondern ein ehrliebendes, selbstbewußtes Volk seien. In erster Linie müsse der deutsche Arbeiter ausrufen: Fort mit der Reparationspolitik; im selben Augenblick würden auch die Grundfesten des Versailler Teufelswerks ins Wanken geraten. Oesterreich wolle jetzt fünftausend Arbeiter nach Amerika exportieren. Das „Berliner Tageblatt“ habe für Deutschland schon einen ähnlichen Vorschlag gemacht. Die Ver⸗ icherung und Versorgung der hinterbliebenen Familienangehörigen eines Versicherten müsse weiter ausgedehnt werden. Der Redner fordert Ausbau der Wirtschaftsverfassung und paritätische Gestaltung der Verwaltung. Er schließt mit der Ankündigung, daß seine Fraktion für die Ausschußfassung stimmen und zum Zwecke der schleunigen “ gegen alle darüber hinausgehenden Anträge stimmen werde.
Die Sozialdemokraten beantragen die Einfügung neuer §§ 546 a und 546 b, wonach sich die Unfallversicherung auf das Solo⸗ und Chorpersonal der deutschen Bühnen und das
samte Personal der Gast⸗ und Schankwirtschaften er⸗ trecken soll.
Abg. Aufhäuser (Soz.) befürwortet diesen Antrag.
Ministerialdirektor Grieser setzt auseinander, weshalb sich diese Wünsche in dieser Vorlage noch nicht erfüllen ließen; indessen solle dafür ein besonderes Gesetz gemacht werden.
Abg. Andre (Zentr.) verweist auf die Entschließung des Aus⸗ schusses über die Erweiterung der Versicherung auf andere Berufs⸗ zweige.
Abg. Luise Schroeder (Soz.) hätte eine Erklärung der Regierung gewünscht, ob nicht auch die Krankenpfleger in die Ver⸗ sicherung aufgenommen werden könnten. Zahlreiche Unfälle im Krankenpflegeberuf durch Ansteckung usw. bewiesen die Gefährlichkeit dieses Berufes. Das durchschnittliche Lebensalter der Krankenpfleger sei nur 35 Jahre.
Abg. Rädel (Komm.) wünscht, daß überhaupt alle Berufs⸗ zweige unfallversicherungspflichtig gemacht werden.
Der Antrag der Sozialdemokraten wird abgelehnt; über die Entschließung des Ausschusses wird in der dritten Lesung abgestimmt werden.
Nach § 559 des Ausschußbeschlusses beträgt die Rente, solange der Verletzte infolge des Unfalls erstens völlig erwerbs⸗ unfähig ist, zwei Drittel des nach §§ 563 bis 572 berechneten Jahresarbeitsverdienstes (Vollrente), zweitens teilweise er⸗ werbsunfähig ist, den Teil der Vollrente, der dem Maße der Einbuße an Erwerbsfähigkeit entspricht (Teilrente).
Abg Karsten (Soz.) beantragt, daß die Vollrente den vollen Betrag des Jahresarbeitsverdienstes ausmachen soll.
Abg. Moldenhauer (D. VPp.) widerspricht dem Antrag, der eine Erhöhung der gesamten Rentenaufwendungen um fünfzig Prozent bringen würde und nicht erträglich sein würde Der Antrag sei auch im Rahmen der ganzen Vorlage mit ihren Verbesserungen des bisherigen Zustands fachlich nicht begründet.
Abg. Rädel (Komm.) spricht sich für den vollen Betrag des Jahresverdienstes als Vollrente aus und stellt denselben Antrag.
Beträge wird da gestritten,
durch nachträgliche mehr als 10 vH weiter gemindert wird. Die Rente wird um
Der sozialdemokra wird in namentlicher Ab⸗ stimmung mit 247 gegen 138 Stimmen bei 2 ungültigen timmen abgelehnt. bde Ausschußfassung wird angenommen. Nach § 559 b der Ausschußfassung wird zu Renten von fünfzig oder mehr Prozent der Vollrente (Renten der Schwerverletzten) zu jeder Rente für jedes eheliche Kind bis zur Vollendung des fün zehnten Lebensjahres eine Kinderzulage in Höhe von 10 Prozent der Rente gewährt, für Kinder, die sich nicht selbst erhalten können. Abg. Luise Schroeder (Soz.) bezeichnet diese Kinderzulage ür völlig unzureichend und befürwortet den Antrag ihrer Parte⸗
iese Zulagen bis zum achtzehnten Lebensjahre zu gewähren, und zwar
zu allen Renten, nicht nur zu den Renten der Schywerverletzten.
Abg. Martha Arendsee (Komm.) spricht sich unter großer Unruhe des Hauses in demselben Sinne aus. (Präsident Löbe bemerkt, daß entweder die Beratung abgebrochen werde oder Ruhe — müsse; in dieser Unruhe ließen sich die Verhandlungen nicht ühren.
Abg. Andre (Zentr.) bemerkt, daß es bisher überhaupt keine Kinderzulagen in der Unfallversicherung gegeben habe; erst diese Ver⸗ lage habe sie gebracht und der Nusschuß 52 sie noch verbessert. Die Berechnungskosten bei allen Renten würden mehr betragen, als die ganze Sache wert sei.
Der sozialdemokratische Antrag wird abgelehnt, ebenso ein kommunistischer Antrag, die Kinderzulage auf 20 vH zu be⸗ messen. Die Ausschußfassung wird angenommen.
Nach § 559 kann die Berufsgenossenschaft bis zum Ablauf der 26. Woche nach dem Unsall an Stelle der Rente ein Krankengeld in Höhe von zwei Dritteln des Grundlohnes ge⸗ währen. Nach dem Antrag der Regierungsparteien soll sich dieses Krankengeld nach den Vorschriften der Kranken⸗ versicherung bemessen. Der § 559 b wird mit dieser Aende⸗ rung angenommen, nachdem sich Abg. Janschek (Soz.) gegen den Antrag erklärt und Ministerialdirektor Grieser ihn empfohlen hat.
Nach § 559 e ist die Unfallrente mit Wirkung vom Tage des Unfalls an festzustellen. Dabei gilt der Verletzte für die Zeit, in der er Krankengeld aus der Krankenversicherung be⸗ zogen hat, als völlig erwerbsunfähig. Das aus der Unfall⸗ versicherung gewährte Krankengeld wird auf die nachträglich für dieselbe Zeit festgestellte Rente angerechnet.
Die Regierungsparteien beantragen die Streichung dieses erst vom Ausschuß eingefügten Paragraphen. In ““ Abstimmung wird mit 220 gegen 170 Stimmen gemäß diesem Antrag § 559 c gestrichen.
„§ 588 der Ausschußfassung setzt die Witwenrente auf ein Fee des Jahresarbeitsverdienstes und, solange die Witwe
urch Krankheit wenigstens die Hälfte ihrer Erwerbsfähigkeit verloren hat, auf zwei Fünftel fest. § 588 wird mit einem
zusatz der Regierungsparteien angenommen, wonach diese Er⸗ höhung. nur gewährt wird, wenn die Beschränkung der Er⸗ werbsfähigkeit länger als drei Monate bestanden hat.
8,616 trifft die Bestimmungen über die Rentenabfindung. Der Ausschußbeschluß bestimmt: Beträgt die Rente eines Ver⸗ letzten ein Viertel (Regierungsvorlage ein Fünftel) der Voll⸗ rente, oder weniger, so kann die Berufsgenossenschaft den Ver⸗ icherten mit seiner Zustimmung durch Gewährung eines dem
zerte seiner Jahresrente entsprechenden Kapitals abfinden. Trotz der ö. Rente weitergewährt werden, wenn
erschlimmerung die Erwerbsfähigkeit um
den Betrag gekürzt, der bei Berechnung der Abfindung zu⸗ grunde gelegt war.
Die Sozialdemokraten beantragen, daß die Abfindung nur bei Renten von einem Fünftel der Vollrente oder weniger ein⸗ treten kann, daß die Rente wieder auflebt, wenn sich die Er⸗ werbsfähigkeit ö um 10 vH“ weiter vermindert und dann die Rente um den Betrag gekürzt wird, der als Ab⸗ findung gewährt ist, wobei ratenweise Abzahlung zuzu⸗ gestehen ist.
Die Regierungsparteien beantragen: Sind seit dem Un⸗ fall zwei Jahre vergangen und beträgt die Rente des Ver⸗ letzten nicht mehr als ein Zehntel der Vollrente, so kann ihn die Genossenschaft durch Gewährung des dreifachen Betrages seiner Jahresrente abfinden. Im übrigen stimmt dieser An⸗ trag mit der Ausschußfassung überein.
Die Kommunisten beantragen, die Abfindung überhaupt u streichen.
Abg. Karsten (Soz.) führt zur Begründung seines Antrags aus, daß die Ausschufeschlüsse ungerechtfertigte Härten enthielten, was gerade auf Vorschlag der Partei geschehen sei, die immer behaupte, das meiste für die Sozialpolitik zu tun.
Abg. Andre (Zentr.) weist die Vorwürfe des Vorredners zurück. Es bleibe ja doch in allen Fällen der Anspruch auf Krankenbehandlung trotz der Abfindung bestehen. Das Zentrum habe für die Erhaltung der Rentenansprüche und die anderen Rechte der Abgefundenen mit aller Energie gekämpft. (Lärm bei den Kommunisten.) Nun werde man ja sehen, ob die Herren von der Linken den Mut haben würden, das Gesetz abzulehnen.
Ministerialdirektor Grieser tritt für die Ausschußfassung ein.
Abg. Rädel (Komm.) führt aus, seine Partei sei grundsätzlich gegen die Abfindung womit die Berufsgenossenschaften nur die
eute ein für allemal loswerden wollten.
Die Anträge der Sozialdemokraten und Kommunisten werden abgelehnt, § 616 wird in der Fassung der Regierungs⸗ parteien angenommen.
Nach § 848 sind die Berufsgenossenschaften verpflichtet, dafür zu sorgen, daß, soweit es nach dem Stand der Lichtet und Heilkunde und der Leistungsfähigkeit der Wirtschaft möglich ist, Unfälle verhütet werden und bei Unfällen den Ver⸗ letzten eine wirksame erste Hilfe zuteil wird.
Abg. Höllein (Komm.): Es ist unerhört, daß man solche Selbstverständlichkeiten in das Gesetz hineinschreibt. Freilich, man weiß ja, wie die Berufsgenossenschaften im Ie erede ees Kapitals handeln. Besonders bezeichnend ist, daß auf die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft Rücksicht genommen werden soll. Dem Kapitalismus fallen Menschenopfer unerhört zum Opfer. Auf die Leistungsfähigkeit
r Wirtschaft wird ohnehin schon genug Rücksicht genommen. Redner beantragt die Worte: „und nach der Leistungsfähigkeit der Wirtschaft“ zu streichen.
Ein Antrag der Kommunisten aif namentliche Ab⸗ stimmung über diesen Antrag wird abgelehnt; der Antrag Höllein selbst wird in einfacher Abstimmung gegen Kom⸗ munisten und Sozialdemokraten abgelehnt und § 848 un⸗ verändert angenommen.
Abg. Schmidt⸗Cöpenick (Soz.) befürwortet einen Antrag seiner Partei, die Parggraphen 931 bis 940 zu streichen. Die Land⸗ wirtschaftsarbeiter dürften nicht schlechter behandelt werden als die Industricarbeiter.
Abg. Behrens (D. Nat.) befürwortet unter Polemik gegen den Vorredner die Ausschußbeschlüsse. Die Verhältnisse der Land⸗ wirtschaft seien anders als die der Industrie. Eine Rentenfestsetzung nach dem Muster der Industrie würde einen großen kostspieligen Ver⸗ waltungsapparat notwendig machen, ohne daß davon die Arbeiter einen Vorteil hätten. (Beifall rechts.)
In namentlicher Abstimmung, die von den Sozial⸗ demokraten beantragt ist, wird der ““ Antrag mit 247 gegen 135 Stimmen abgelehnt.
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§ 1559 erhält auf Antrag gie ler (Dem.) in seinem ersten Absatz die Fassung: „Ist ein Verhichetter getötet oder derart verletzt worden, daß er voraussichtlich nach acht Wochen noch nicht wieder vollerwerbsfähig ist, so untersucht die Ortspolizei⸗ behörde des Unfallorts sobald als möglich den Unfall.“ Abg. Karsten (Soz.) befürwortet einen Antrag, in Art. 115 die Bestimmung, daß die neuen Vorschriften über Berechnung der Renten und über die Versicherungsgrenze vom 1. April 1925 ab rückwirkend in Kraft treten sollen, dahin zu ändern, daß sie bereits vom 1. Januar ab in Kraft treten sollen.
Der Antrag wird abgelehnt, ebenso noch weitere sozial⸗ demokratische Anträge.
Nach Beendigung der zweiten Lesung wird auf Vorschlag des Präsidenten Löbe auch noch die dritte Lesung vor⸗ genommen. Eine allgemeine Besprechung findet nicht statt. Zur Einzelberatung liegt nur ein vom Abg. Rädel (Komm.) befürworteter Antrag auf Mitwirkung der Betriebsräte bei der Unfallverhütung vor. In einfacher Abstimmung — die Unterstützung für einen kommunistischen Antrag auf nament⸗ liche Abstimmung genügte nicht — wird der Antrag abgelehnt.
In der Gesamtabstimmung, die auf Antrag Esser (Zentr.) namentlich ist, wird die Novelle zum Unfallversicherungsgesetz mit 334 gegen 26 Stimmen angenommen. Dagegen stimmten nur die Kommunisten. Fünf Abgeordnete enthielten sich der Stimmabgabe. Ueber die zu der Vorlage eingebrachten Ent⸗ schließungen wird später abgestimmt werden.
Präsident Löbe fragt nunmehr das Haus, ob es jetzt noch — es ist bereits 9 Uhr vorbei — geneigt sei, den nächsten Punkt der Tagesordnung in Angriff zu nehmen, nämlich die Anträge auf Kündigung des deutsch⸗spanischen Handelsvertrages. Von vielen Seiten ertönen zustimmende Zurufe. Zunächst erhielt das Wort zu einer Regierungserklärung
Ministerialdirektor Winter vom Auswärtigen Amt. Die Erklärung lautete: Ich habe für die Reichsregierung zu den Anträgen folgendes zu erklären. Erstens zu den Krediten für die Winzer: ein Kredit von dreißig Millionen ist inzwischen aufgebracht worden und auf die Länder derart verteilt, daß Preußen 6,7, Bayern 7,6, Hessen 5,7, Baden 5,2, Württemberg 4,3 Millionen, Sachsen 157 000 und Thüringen 75 000 Mark erhalten, (Heiterkeit.) Die Regierungen sind auch bemüht, diese Summen schnell zu verteilen, damit sie noch für die Bekämpfung der Rebenschädlinge und für die Vorbereitung der neuen Ernte verwendet werden können. Zweitens habe ich zu den Steuererleichterungen für den Weinbau mitzuteilen, daß das Reichs⸗ E die erforderlichen Anweisungen hinsichtlich der
einsteuer den Finanzbehörden alsbald hat zugehen lassen. Außer⸗ dem sind die Zusagen über erleichterte Zahlung der Weinsteuer dadurch eingelöst, daß in dem Entwurf, der dem Reichstag zugegangen ist, als Termin der Zahlung der fünfzehnte Tag des dritten Monats festgesetzt ist, der auf den Monat folgt, in dem die Steuerschuld ent⸗ standen ist. Drittens habe ich 9 den neuen Verhandlungen mit Spanien zu erklären: Nachdem der Reichstag dem Vertrag am 25. Mai zugestimmt hatte, wurde er vom spanischen Parlament am 12. Juni genehmigt und am 21. Juni wurden die Ratifikations⸗ urkunden ausgetauscht. Im Anschluß daran hat der deutsche Bot⸗ schafter bei der spanischen Regierung den Antrag gestellt, sofort neue Verhandlungen aufzunehmen, mit dem Ziel, die Bestimmungen des Vertrags zu ändern, die bei der Beratung im Reichstag beanstandet worden sind. Mit dem spanischen Botschafter in Berlin ist im gleichen Sinne gesprochen worden. Eine Antwort der spanischen Re⸗ gierung auf diesen Antrag steht noch aus. Alsbald nach Eintreffen der Antwort soll in Madrid mit den Verhandlungen begonnen werden. Die Reichsregierung kann erwarten, daß damit baldigst begonnen wird und hofft, daß die Verhandlungen zum gewünschten Ergebnis führen. Viertens verweist die Regierung auf ihre bei der Beratung des Vertrags abgegebenen Erklärungen, an denen sie in vollem Um⸗ fange festhält. Sie möchte im gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch davon absehen, den damaligen Erklärungen neue ergänzende e
Abg. Graefe (Völk.) hält sofortigen Eintritt in die Beratung ür notwendig. Die Antwort des Regierungsvertreters sei keine
ntwort gewesen. 1 8 8
Abg. Schultz⸗Bromberg (D. Nat.) spricht gegen die heutige Beratung.
Bei der Abstimmung wird gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und der Kommunisten die heutige Beratung abgelehnt. Das Haus vertagt sich auf Sonnabend 1 Uhr.
(Kleine Vorlagen.)
Schluß 9 ½ Uhr.
Preußischer Landtag. 55. Sitzung vom 26. Juni 1925, Mittags 12 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger“*).)
Vor Eintritt in die Tagesordnung beantragt Abg. Pieck (Komm.), den kommunistischen Antrag auf die heutige Tages⸗ ordnung zu setzen, der fordert, daß im Plenum eine vas gcache stattfinden soll über die Umbildung der preußischen Regierung. Die Forderung scheitert, da Widerspruch aus dem Hause wird. (Lärm bei den Kommunisten.)
Das Haus überweist sodann 4 Anträge Conradt 82 Nat.) über Handwerkerfragen der Ausschuß⸗
eratung. Die Anträge betreffen die Vorlegung eines Reichs⸗
indwerksgesetzes, die Nachprüfung der Steuergesetzgebung zur Entlastung von Handwerk, Handel und Gewerbe, die Wahr⸗ nehmung der Interessen des Handwerks durch Ein⸗ stellung einer Ministerialdirektorstele in den nächsten Haushalt sowie die Begnadigung von Handwerkern, Gewerbetreibenden usw. wegen geringfügiger Ver⸗ gehen gegen die Preistreibereiverordnungen sowie die lußerkraftsetzung der Wuchergesetze. — Auch ein Antrag Jaeger (D. Nat.) auf Beschränkung des Straßen⸗ handels mit Lebens⸗ und Benußmitteln, Gebrauchsgegen⸗ usw sowie der Antrag von Kries (D. Nat.), aß die Existenzmöglichkeit des Photographen⸗
E“ nicht durch die Einführung der vollständigen onntagsruhe vernichtet wird, werden der Ausschußberatung überwiesen.
Nach ausspruchsloser Erledigung einer Reihe von Straf⸗ verfolgungssachen, in denen der Landtag die Genehmigung
versagte, folgt die Beratung eines Berichtes über zwei
reiben des Abg. Bischof (Wirtschaftsp.), der einer Aufforderung des Landgerichts Berlin⸗Lichtenberg, als Zeuge zu erscheinen, nicht Folge geleistet hatte und vom Amts⸗ Seris mit 100 Mark bestraft worden ist.
Abg. Kilian (Komm.) sieht in dem Vorgehen des Amtsgerichts den Versuch einer Einschränkung verfassungsmäßig garantierter Rechte der Abgeordneten. Ein Abgeordneter brauche einer solchen Aufforde⸗ rung nicht Folge zu leisten; er werde sonst der Ausübung seines Be⸗ rufes als Abgeordneter entzogen. In einem anderen ähnlichen Fall sei einem kommunistischen Abgeordneten von einem Gericht die Vor⸗ führung angedroht worden. Es liege auch ein Präzedenzfall vor. So haben im Maadeburger Ebertprozeß Landtaga und Geschäftsordnungs⸗ ausschuß mit Recht den Standpunkt vertreten, es müsse dem einzelnen Abgeordneten überlassen bleiben, ob er einer Aufforderung, vor Ge⸗ richt zu erscheinen, Folge leisten wolle oder nicht.
*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben b 1 1 8
“
zg. Nachdem Abg Gottwald (Zentr.) sich als Berichterstatten über die Ausschußberatungen geäußert hatte, gab ein Vertreter des Justizministeriums eine Darstellung des Falles. Der Abg. Bischoff habe sich nachträglich entschuldigt, die Strafe sei dann aufgehoben worden. Eine bloße Vorladung zum Termin sei keine Be⸗ schränkung der persönlichen Freiheit des Abgeordneten. Er könne ohne Genehmigung des Landtags sehr wohl geladen werden; nur bei aus⸗ wärtigen Vemnehmungen sei das anders Wenn z. B. eine Plenar⸗ sitzung oder Ausschußsitzung sei, so gehe selbstverständlich die Aus⸗ übung des Abgeordnetenmandats einer gerichtlichen Aufforderung vor. Hätte. der Abg. Bischof geschrieben er sei verhindert, so wäre eben der Termin aufgeschoben worden. (Lachen links.) Die Verfassung behandelt nur Strafverfahren wegen einer kriminell strafbaren Handlung. Es ist nicht anzunehmen, daß Ordnungsstrafen und dergl. von der Ver⸗ fassungsbestimmung mit umfaßt werden. Im vorliegenden Falle er⸗ scheine also ein Vorwurf ““ (Lachen und Widerspruch links und in der Mitte.) Selbstverständlich ist eine Verhaftung oder eine zwangsweise Vorführung eines Abgeordneten immer an die Genehmi⸗ gung des Landtags gebunden
Abg. Dr. Klamt (Wirtschaftsp.) erklärt, seine Fraktion habe sich nicht geäußert, da sie das Gutachten des Justizministeriums erst abwarten wolle Bedauerlich sei daß der Präsident den Abg. Bischoff nicht mehr in Schutz genommen habe; er habe gewußt, daß der Ge⸗ schäftsordnungsausschuß vor vier Wochen nicht zusammentreten werde. Auch der Vorsitzende des Ausschusses Grzesinski habe sich nicht für Bischoff eingesetzt. Er habe ihm vielmehr empfohlen, die 100 ℳ zu bezahlen, und zu versuchen, sie später wieder zu erhalten.
Präsident Bartels erklärt dazu, daß er ordnungsgemäß die Angelegenheit dem Geschäftsordn ungsausschuß überwiesen habe.
Abg. Dr. Körner (D. Vp.) betont, daß der Abaeordnete durch Art. 37 der Re chsverfassung geschützt sei. Es bedeute eine Beschrän⸗ kung der Freiheit, wenn er gezwungen werden sollte, einer Ladung Folge zu leisten. Wenn das Gericht der Ansicht sei, daß er sich vor einer Vernehmung drücken wolle, dann habe es die Genehmigung des Landtags einzuholen.
Abg. Pieck (Komm.) sieht gleichfalls in den Ausführungen des Vertreters des Justizministeriums den Versuch, die Rechte der Ab⸗ geordneten einzuschränken. “ 1
Der Vertreter des Justizministeriums erwidert, es handele sich hier um eine Auslegung der Reichsverfassung; eine authentische Interpretation könne nur durch Reichsgesetz erfolgen.
Abg. Leinert (Soz.) bezeichnet es als einen ungewöhnlichen Vorgang, daß man in die Beratungen des Ausschusses eine Plenar⸗ beratung einlege. Man hätte erst das Gutachten abwarten sollen. Die ganze Debatte sei überflüssig. Es handele sich lediglich um die Ent⸗ scheidung, ob der Ausschußantrag angenommen werden solle. Unge⸗ wöhnlich sei insbesondere, daß der Vertreter des Justizministeriums hier ähnliche Ausführungen gemacht habe wie im Ausschuß, die die Verhandlungen nicht weiter gebracht hätten. Sollten vielleicht diese Ausführungen schon das Gutachten selbst sein? Jedenfalls bedeuteten sie eine merkwürdige Vorwegnahme der Entschließungen des Justiz⸗ ministers. Im Ausschuß sei man der Meinung gewesen, daß Art. 37. über die Immunitätsrechte gegen jeden fremden Einariff gegen die persönliche Freiheit schützen solle Man wäre da schon in Differenz gekommen mit dem Vertreter des Justizministeriums. Der Redner erklärt sich für den Ausschußantrag auf Vorleguna eines Gutachtens. Das Gutachten müsse aber schriftlich sein und von dem Ministerium selbst stammen. Recht eigenartig sei es von dem Abg. Dr. Klamt ge⸗ wesen, daß er die Aeußerung des Vorsitzenden des Geschäftsordnungs⸗ ausschusses Grzesimski, Bischoff solle die 100 ℳ bezahlen und versuchen, das Geld später wieder zu bekommen, hier angezogen habe. Diese Aeußerung sei nicht im Geschäftsordnungsausschuß gefallen. Offen⸗ bar solle ihre Wiedergabe den Ausschußvorsitzenden diskreditieren. (Lebh. Widerspruch des Abg. Dr. Klamt.)
Der Antrag des Ausschusses lautet: Der Landtag wolle beschließen: G
b Hüct das Schreiben des Abg. Bischof vom 26. Mai 1925 werden das Ministerium des Innern und das Justizministerium beschleunigt um ein Gutachten über die im Schriftwechsel des Abg. Bischof mit dem Amtsgericht Berlin⸗Lichtenberg berührten Fragen ersucht.“
Ein Vertreter des Justizministeriums erwidert: Meine Ausführungen sollten nicht etwa das Gutachten ersetzen; ich habe nur den tatsächlichen Sachverhalt und die im kaiscaß eäußerten Ansichten darlegen wollen. (Unruhe und Widerspru inks.)
Abg. Nuschke (Dan.): Diese Darlegung zu geben, war doch Sache des Berichterstatters. Die Verhängung einer Ordnungsstrafe se nicht gleichbedeutend mit einem Strafverfahren, meint der Herr
ommissar. Wir müssen dringend wünschen, daß sich in diesem unkte das gö von seiner Auffassung unterscheidet. ie Verhängung einer Ordnungsstrafe ist die Einleitung eines Straf⸗ verfahrens, es kann bekanntlich auch eine lesehess ins Spiel kommen. Vor allem müssen wir das Gukachten haben. Geschieht der Rücksicht auf die Immunität nicht Genüge, so muß auf dem Wege des Gesetzes Remedur geschafft werden.
Nach einer kurzen Erwiderung des Regierungsvertreters führt Abg. Dallmer (D. Nat.) aus, . der Immunität die Sicherung und Aufrechterhaltung der Rechtspflege nicht vergessen werden dürfe. (Lärm bei den Kommunisten.) Hier liege eine Inter⸗ essenkollision vor. Man müsse das Gutachten abwarten.
Auf Antrag Riede] (Dem.) wird die Debatte geschlossen.
ur Geschäftsordnung bemerkt “
Abg. Körner 8 daß der Reichataß rundsätzlich die Ladung ablehne; der Geschäftsordnungsausschuß hätte sich mit dem Reichstag in Verbindung setzen sollen.
xbg. Pieck (Komm.): Wir beharren dabei, daß der Fall an den Ausschuß zurückverwiesen werden muß. “
Nach einer weiteren Aussprache zur Geschäftsordnung wird der Ausschußantrag angenommen.
Darauf setzt das Haus die zweite Beratung des Haus⸗ halts der Forstverwaltung fort.
Abg. Freiherr v. ö (Wirtschaftl. Vereinig., D. Fn geht 8 die Waldweide und auf die bestehenden alten
Berechtsame der Waldanwohner, sowie auf die alten Holzgere 2 keiten näher ein, um die Verwaltung zu bitten, bei ihren Maß⸗ nahmen zur Ablösung nicht zu rigoros zu verfahren. Dann ver⸗ breitet er sich über das Thema der Aus⸗ und Fortbildung der Forst⸗ beamtenschaft und unterstützt die in dieser Richtung vom Haupt⸗ ausschuß gemachten Vor chlage, insbesondere den Plan der Verein⸗ heitlichung des forstlichen Versuchswesens. Zur Frage der Reorgani⸗ sation der Forstverwaltung akzeptiert er, da die Schaffung eines völlig een Forstressorts ausgeschlossen erscheine, die Aus⸗ chaßem räge 80 Einrichtung selbständiger Forstabteilungen unter ersorstmeistern als Dirigenten mit kollegialer Verfassung.
Oberlandforstmeister v. d. Bussche kommt auf einige Ausführungen aus der eg trigen Beratung zurück. Er bemerkt: Der Forstetat 8 mit 15 Millionen Mark durch . und dergleichen neu belastet, die den Reinertrag pro Hektar beeinflussen. Die auffallende des Reinertrages ist also immerhin ein Zeichen dafür, daß die Ausnutzung des Forstgelän es gegen 1913 nicht schlechter geworden ist. Den Vorschlag der Trennung der Holz⸗ verwertung von der übrigen 8ö halte ich nicht für praktisch. Mit der bisherigen Organisation des Holzverkaufs und der Holzverwertung haben wir vorzügliche Resultate erzielt. An die weitere Durchdringung der Verwaltung mit kaufmännischem Feiß sollten wir doch auch mit der e. Vorsicht herangehen. No nicht ein Fünftel des Gesamteinschlags ist an die Firma Busold vergeben worden. Dieser Unternehmer hat etwa 160 Angestellte beschäftigt. Von einem Millionenverdienst kann keine Rede sein. Wenn 13 v. Treskow den Einschlag für viel zu hoch bezeichnet bat, so ist eine Ueberschreitung des planmäßigen Einschlags um 10 Proz. wohl noch als niedrig anzusehen, wenn man berücksichtigt, ein wie großer Holzbestand allein in den Regierungsbeszieken Frankfurt und Potsdam dem Eulenfraß zum Opfer gefallen ist. In der Zusammen⸗ legung von Oberförstereien dürfen wir nicht zuweit gehen, dürfen uns vor allem nicht der Illusion hingeben, daß damit große Er⸗
“” gemacht werden. Der Eulenfraß ist erfreulicherweise in iesem Jahre nicht im früheren Umfang aufgetreten; wir dürfen “ 8 88