daß von em solchen verderblichen Einfluß des Oberstudienrats Kresse in Oppeln nicht die Rede sein kann. Insbesondere fehlt es an jeder Grundlage dafür, daß Oberstudienrat Kresse im Unterricht eine offensichtlich polnische Einstellung zeigt
2. Eine einseitige politische Einstellung von Schulbehörden in Oberschlesien ist bis jetzt nicht zu Tage getreten. (Hört, hört!)
3. Der Erlaß vom 27. April d. J., betreffend die Beteiligung der Schuljugend an den Wahlkämpfen, ist kein Erlaß des Herrn Oberpräsidenten, sondern ein Erlaß des P. S. K., den der Herr Oberpräsident als Präsident der Behörde unterzeichnet hat. Nach den Vorgängen, die zu ihm geführt haben, kann ich die Herausgabe⸗ dieses Erlasses nur als begründet bezeichnen. Da er weiter nach Form und Inhalt zu Beanstandungen keinen Anlaß gibt, besteht keine ausreichende Veranlassung, den genannten Erlaß aufzuheben.
Endlich die große Anfrage Nr. 34 des Abgeordneten Kollwitz und Genossen über die Benutzung von Schulräumen zu Veranstaltungen (Vorträgen) von kommunistischen Vereinen usw. — Drucksache Nr. 296 — möchte ich folgender⸗ maßen beantworten:
1. Der Erlaß vom 30. Januar 1920, wonach die Ueberlassung von Schulräumen an Persönlichkeiten oder Verbände grundsätzlich ausgeschlossen ist, die eine Aenderung der bestehenden politischen Verhältnisse auf anderem als gesetzlichem Wege anstreben, besteht zu Recht.
2. Die Benutzung von Schulräumen an die bezeichneten Per⸗ sönlichkeiten und Verbände kann nicht freigegeben werden.
3. Die Regierung in Düsseldorf und der Bürgermeister in Erkrath können danach nicht angewiesen werden, die Benutzung der Schulen freizugeben. 8
Ein Regierungsvertreter äußert sich zu Beschwerden, die in der Debatte vorgebvacht waren, und stellt eine Reihe irrtüm⸗ licher Behauptungen richtig. . . b
Abg. Leinert (Soz.) wendet sich gegen die Ausführungen des Abg. Voß, die wirklich nicht von christlichem Sinne erfüllt gewesen sleien. (Sehr richtig! links.) Es gäbe überhaupt keinen Fall Lessing,
ondern einen Fall (Zuruf rechts: Leinert!) fanatischer Hetze von wfessoren und Studenten gegen Lessing. Was Lessing über Hinden⸗ urg gesagt habe, hätten auch andere gesagt und geschrieben. Was Lessing geschrieben habe, decke sich mit Ansichten, die auch Oberst Bauer und General Hoffmann über Hindenburg geäußert hätten. Der Artikel, über den man sich so aufrege, enthalte nicht ein Tausendstel von dem, was man gegen den Kandidaten des Volksblockes Marx an Beleidi⸗ ungen ausgesprochen habe. Es sei erfreulich, daß der Minister den Wünschen von rechts nicht stattgegeben habe. Die Studenten würden immer als kommende Führer des Volkes hingestellt. Seien das aber kommdende Führer, die das Autoritätsgefühl so verletzen? Es 4* eine “ antisemitische Hetze, die sich gegen Lessing austobe. dagegen wende sich seine Fraktion. Sie wolle, daß die Lehrfreiheit und die Feiheit der persönlichen Meinungsäußerung geschützt werde. Sie wünsche, daß der Minister diesem Treiben mit aller Entschieden⸗ heit entgegentrete. (Beifall links.) 1
Abg. Koch⸗Oeynhausen (D. Nat.) erklärt, der Minister habe die weise Mahnung des Horaz: Aequam memento! nicht beobachtet. Erstaunen müsse es enwecken, wemm der Minister seine Beamten guf ihre Parteiangehörigkeit habe nachprüfen lassen. Ein vertrauensvolles Zusammenarbeiten zwischen Wäii erean und Kirche sei nötig; einer besondecen Ermahnung des Ministers bedürfe es nicht. Das Gesetz über die Pfarrerbesoldung sei in zweiter Lesung erledigt. Es sei
b wünschen, daß die Herren im Finanzministerium nicht etwa mit
em Gedanken spielten, es hier zu einem Konflikt kommen 8 lassen. Was an Entgegenkommen een könne, solle geschehen. Er hoffe, daß noch bis zur dritten Lesung eine Berständigung ermöglicht werde. In Stockholm habe die deutsche Delegation wegen ihrer Haltung kein Lob erhalten. Wenn man mit kritischen Augen den Lobgesängen vom allgemeinen Weltfrieden gegenüberstehe, so brauche man nur nach Westen zu blicken. Es sei nicht möglich, daß sich, wie es in Locarno eschehen sein solle, in ein paar Wochen Geister umstimmten, die seit fahchunderten sich feindlich gegeneinander erwiesen hätten. Dem Zentrum möchte er sagen, daß das Gut des konfessionellen Friedens ein hohes Gut sei. Jede Maßlosigkeit sei zu vermeiden, auch guf katholischer Seite. Jedenfalls zeuge es nicht von einem Geist des Friedens, wenn in Rom bei der Heiligsprechung des Canisius Worte Fehe seien, in denen von Luther gesagt werde, er habe den Weg r* Verderbnis geführt, und wenn über ihn weiter Urteile gefällt würden, die evangelischen Herzen zum mindesten hart vorkommen müßten. (Sehr wahr! rechts.) Es diente sehr dem allgemeinen Frieden, wenn wir alle uns auf den Grundsatz der Achtung vor der religiösen Ueberzeugung Andersgläubiger einigen würden. (Sehr richtig: rechts.) Abg. Schuster (D. Vp.) gibt zunächst folgende Erkläcung
ab: „Der Herr Minister hat gestern erklärt, er habe die Beobachtung ge⸗
macht, je weiter ein Minister politisch links stehe, um so unabhängiger und selbständiger sei er in seiner Amtsführung 8 weiter rechts, um so abhängiger und unselbständiger. Da Here 99 inister Becker hierbei ausdrüͤcklich Herrn Seveving rühmend hervorhob, so hat er offensicht⸗ lich in erster Linie an die preußischen Minister gedacht und muß, da in Preußen keine Minister rechts von der Deutschen Volkspartei in Fragr kommen, unsere Minister vorzüglich gemeint haben. Ich bin emuftragt, diesen unerhörten Vonpurf mit aller E zuweisen. Unsere Minister haben sich in ihrer gesamten Amtsführung von nichts als von ihrem eigenen Urteil und Gewissen und von ihrem tarken und lebendigen Staatsgefühl leiten lassen. Unsere Fraktion hat es stets abgelehnt, auf die Minister einen Druck auszuüben, son⸗ dern, dem Vertrauen entsprechend, mit dem sie die Herren für ihr hohes Amt vorgeschlagen hat, ihre Ehre dareingesetzt, sie unabhängig arbeiten zu lassen. So entspricht es unserer Auffassung von Staats⸗ autorität und unserem liberalen Prinzip, d. h. unserer Schätzung der veien und selbständigen Persönlichkeit.“ Der Minister hatte gestern heinen besonders glücklichen Tag; er hat zwei Beamte seines Ministe⸗ viums als Schild vor sich gehalten. Er hätte sich die Zeit nehmen müssen, selbst den vorgetragenen Beschwerdefällen nachzugehen. Er hat sich als übewarteilich bezeichnet. Glaubt er, seine Beamten partespolitisch abstempeln zu müssen? (Sehr gut! rechts.) „Es hat uns auch nicht gefallen, daß er sich nur gegen den Rechtzradikalismus in der Jugend gewandt hat. Er hat sich schützend vor den Professor Lessing gestellt. Herr Leinert ging soweit, den Vers zu variieren: „Dies Kind, kein Engel ist so rein!“ Der offene Brief au den Reichspräsidenten ist nach der Wahl geschrieben worden. Ein scharfes Einschreiten gegen Professor Lessing wäre auch sonst durchaus geboten gewesen. Er ist ein Vielwisser, der gründliche Forschung und objektives firteit absolut vermissen läßt. Intellektuelle Urheber der entstandenen Empörung sind nicht parteipolilsche Hetzer, sondern Herr Lessing hat sich diese zweifelhafte Ehre erworben. Der Zustand, daß Herr Lessing seinen Lehrauftrag fortführt, ist deswegen unecträglich, weil er der einzige ist, der an der Hanmoverschen Technischen Hochschule Philo⸗ sopbie lehrt. Hätten wir eine ordentliche Professur, dann lägen die Dinge anders. Redner verteidigt die Erklärung, die die eutsche Delegation auf der Stockholmer Kirchenkonfevenz bezüglich des Völker⸗ bundes abgegeben hat, und schließt mit der Forderung um besseren Schutz der Heiliaghaltung des Sonntags gegenüber der Uebechand⸗ nahme der Vergnügunassucht. Wenn Geistliche politische Entolei⸗ becincen, so würde das von ihm durchaus verurteilt. (Beifall bei der Deutschen Volksvwartei.) B
Abga. Dietrich (Bentr.) weist darauf hin, daß die Lobl der Lehrerstellen seit 1922 um rund 7000 gefallen, die Zahl der Be⸗ werber dagegen von 29 000 auf 37 000 gestiegen sei. Die Jung⸗ lehrernot wachse sich aus zu einer Not der Schule. Die Not gehe auf zwei Ursachen zurück: einmal sei die Geburtenziffer gefallen, zum anderen erschwere die Unterbringung der Flüchtlingslehrer die Lage des Immalehrers. Die Lehrer aus den abgetrennten preußischen Gebieten müßten von Preußen untergebracht werden. In der großen Mehr⸗
lasses vom 25. Juli bedeute tatsächlich eine Verschärfung des Ab⸗
verhältnis zwischen evangelischen und katholischen stellenlosen Be⸗ werbern. Der katholische Volksteil habe hier die größere Last des Krieges zu tragen. Es müsse Sorgce getragen werden, daß die Jung⸗ lehrer recht bald in Verbindung mit der Schule kämen. Seine Fraktion erwarte, die preußischen und Reichshilfmaßnahmen den Zustand milderten ir hätten dann in Preußen immer noch 12 485 Schulklassen mit mehr als 60 Kindern. Die Durchführung des Er⸗
baues. Die Zahl der beschäftigungslosen Junglehrer werde erheblich gesteigert. Vorbildlich seien die Maßnahmen in Frankfurt, Main. Der Redner verweist dann darauf, daß der Etat sich das letztemal mit dem Seminar zu befassen habe. Er danke den Männern, die am Seminar mit hingebendem Fleiß und vorbildlicher Pflichttreue ge⸗ arbeitet hätten. züglich der Unterbringung der Seminarlehrer ent⸗ spreche der bisherice Verlauf nicht den Erwartungen. Beim Unter⸗ bringungsgesetz werde man sich näher damit beschäftigen müssen. g. Kilian (Komm.): Wenn diese Disputationen unter Pastoren, zu denen auch der freireligiöse Pastor Kleinspohn von den Sozialdemokraten gehört (Heiterkeit), so weitergehen, dann kommen die wirklich bedeutungsvollen Probleme, um die es bei diesem Ressort geht, ganz sicher viel zu kurz. Mit dem Reichsschulgesetzentwurf des Herrn Schiele wird die Volksschule bis weit ins Mittelalter zurück⸗ geworfen. Auch der Bund entschiedener Schulreformer verwirft die für die Lehrerbildung ausgeklügelte neue Methode; er verlangt und wir mit ihm die Erziehung des ganzen Volkes in der Schule zu produktiver Arbeit, und dazu gehört, daß die Lehrerschaft in weit innigere Beziehungen zum praktischen Volksleben tritt als bisher. Die Junglehrernot wächst ständig. Auf 112 194 Lehrerstellen kommen 26 900 beschäftigungslose Junglehrer. Es muß diesen Beschäftigung als Lehrer beschafft werden, also brauchen wir neue Lehrerstellen, Klassen und Schulbauten. Die Landschule leistet ja immerhin mehr als früher, aber ausreichend sind ihre Leistungen in der heuticen Zeit noch lange nicht. Die einklassigen Schulen sind in zweiklassige zu verwandeln, womit schon der Not von vielen tausend Junglehrern abgeholfen werden könnte.
Abg. Wickel (Dem.) tritt als Nassauer für die Simultanschule als die gegebene Form der Volksschule ein. Für die pädagogische Akademie müsse die simultane Form die Generalforderung sein. Der Einwand des Ministers im Ausschuß, daß man wohl von Simultan⸗ chulen, aber nicht von simultanen Lehrern sprechen könne, treffe gneben. Auch der katholische Klerus habe die vetteh simultane Schulverfassung stets als die beste anerkannt. Die vüdaoogischen Akademien sollten auch in organische Verbindung mit den . gebracht werden, was durchaus tunlich wäre. Von den im Reiche 85 die Junglehrer als Hilfsfonds zur Verfügung gestellten sechs Millionen sollte der weitaus größte Teil an Preußen gegeben werden. Daneben aber müsse Preußen sich der Not seiner Junglehrer ungleich energischer als bisher annehmen, um dem traurigen Schauspiel ein Ende zu machen, daß Tausende von Junglehrern, die es unter schweren Opfern geworden sind, auf der Straße herumlaufen müssen.
Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung Dr. Becker: Meine hochverehrten Damen und Herren! Ich habe vorhin nicht gleich auf die Rede des Herrn Abgeordneten D. Schuster geantwortet, weil ich bei Beginn seiner Rede leider außerhalb des Saales war und erst im Stenogramm nachlesen wollte, was für eine Erklärung er abgegeben hat. Nachdem ich soeben dieses Stenogramm erhalten habe, möchte ich sofort dazu Stellung nehmen.
Ich möchte hier nicht erneut auf das Thema probandum ein- gehen; auf die Frage des Verhältnisses der Minister der Rechten und der Linken zu ihren Parteien. Ich glaube, daß das ein an sich sehr interessantes Thema ist, das sich außerordentlich vertiefen ließe; aber ich bin es der Loyalität schuldig, daß ich auf den Wortlaut dessen Bezug nehme, was ich gesagt habe. Wenn Sie — leider ging damals gerade mein Schlußwort im Lärm unter — meine Erklärungen und die Parallele mit Herrn Seveving nachlesen, so werden Sie finden, daß ich am Schluß gesagt habe — und davaus sehen Sie sofort, worauf die ganze Pointe meiner Ausführungen hinauslief —, nachdem ich erklärt hatte, daß es mir eine besondere Ehre wäre, mit Kerrn Severing verglichen zu werden: Herrn Severing wäre es jedenfalls nicht passiert, daß er in einer vitalen nationalen Lebensfrage unserer Außenpolitik von Parteifunktionären, die aus der Provinz zusammengestellt worden wären, niedergestimmt worden wäre. (Sehr richtig! links) Ich glaube, darin kommt klar und deutlich zum Ausdruck, daß ich Herrn Severings Stellung und Verhalten habe kontrastieren wollen mit den Ministern der Deutschnationalen Partei, und daß es mir voll⸗ kommen ferngelegen hat, gegenüber den Ministern der Volkspartei irgend etwas Bestimmtes zu äußern. (Zustimmung.) 1
Außerdem darf ich sagen, da auch das in dieser Erklärung an⸗ klingt, daß ich ausdrücklich hier nicht nur davon gesprochen habe, was ich in meiner amtlichen Eigenschaft erlebt habe, sondern auch von dem, was ich als Zuschauer und Zeitgenosse beobachtet habe. Ich habe bestimmt das Wort „Zuschauer“ gebraucht.
Nun aber zu den weiteren Ausführungen des Herrn Abgeordneten D. Schuster. Es ist von ihm wie auch von einigen anderen Rednern beanstandet worden, daß ich so eine Art Ueberblick gegeben habe, über die parteipolitische Zusammensetzung des Ministeriums unid der mir unterstellten Behörden. Meine Damen und Herren, Sie können
überzeugt sein, daß es mir außerordentlich peinlich gewesen ist, gleichsam diese Flucht in die Oeffentlichkeit anzutreten; nachdem ich aber — vor allem von der Seite der Rechten, und zwar bis in die Volkspartei hinein — in der gröblichsten Weise immer und immer wieder in der Presse angerempelt worden bin (sehr wahr! links), und nachdem mir immer und immer wieder vorgeworfen worden ist, daß ich eine einseitige Politik der Linken mache, mußte ich doch einmal ganz offen die Verhältnisse hier darlegen und einfach an dem nackten Tatbestand der Zahlen beweisen, daß diese Vorwürfe nicht zutreffen.
Meine Damen und Herren, Sie können ja nun fragen 3 Woher weiß denn der Minister eigentlich, wie die Parteizugehörigkeit seiner Fachberater ist? (Sehr richtig! rechts.) — Ja, meine Damen und Herren, das ist eine sehr interessante Frage. Erstens kann ich Ihnen sagen: Wenn man 10 Jahre im Ministerium sitzt und mit seinen Beamten alle die vielen politischen Fragen, die wir zu traktieren haben, Tag für Tag in ernster, gemeinsamer Arbeit durchgeht. dann weiß man schließlich, wo die Mitarbeiter stehen. (Heiterkeit und sehr richtig! links.) Aber darüber hinaus, merne Damen und Herren, betrachte ich es einfach als meine Pflicht, mich über diese Dinge zu orientieren oder mir wenigstens ein Bild davon zu machen. (Sehr gut! links.) Ich werde keinen Menschen bedrängen, der parteilos sein will oder der nicht freiwillig von sich aus Stellung nimmt — niemals! Aber ich fühle mich diesem hohen Hause gegenüber ver⸗ pflichtet, denn es ist doch — vielleicht mit Ausnahme der Kom⸗ munisten, vielleicht auch der Völkischen — in diesem ganzen Hause keine Partei, die nicht schon zu mir gekommen wäre, und sei es aus konfessionellen, sei es aus politischen Gründen, Paritätsbeschwerden geltend gemacht hätte. Ja, meine Damen und Herren, wie soll ich denn auf diese Fragen und diese Wünsche antworten, die gevade von sämtlichen Parteien dieses Hauses immer und innner wieder an mich herangebracht werden, wenn ich nicht orientiert bin? Ich kann
Herren wollen doch eine Antvwort haben; also muß ich ungefähr wisfen, wie mein Haus und meine Behörden zusammengesetzt sind.
Dazu kommt noch ein weiteres: Wenn in irgendeine Beamten⸗ stelle ein Beamter nur auf Grund seiner Tüchtigkeit und seiner persönlichen Eignung berufen wird, der nun aber zufällig der Linken dieses Hauses angehört, so erhebt sich in der ganzen Rechtspresse ein ungeheures Geschrei — das gilt schon für jeden Schulrat, um wieviel mehr für einen Ministerialrat —, da sei wieder einmal ein Demokrat oder ein Sozialist in einen Posten gesetzt worden. Daraus entnehme ich selbstverständlich, daß dieser Mann, ohne daß es sich um eine Denunziation handelt, einer dieser Parteien angehört. (Graße Heiterkeit.) Das Umwekehrte, meine Herren, ist natürlich auch der Fall: selbstverständlich wird in der Presse der Linken der gleiche Lärm erhoben, wenn ich einen Beamten der Rechten avancieren lasse. Also, meine Damen und Herren, da dürfen wir doch nicht Versteck spielen. Im allgemeinen wissen wir doch, wie wir zu den ver⸗ schiedenen politischen Richtungen stehen. Ich halte es auch für die Pflicht eines Ministers, der mit allen Parteien sich verständigen soll, daß er sich, wenn eine wichtige Stelle zu besetzen ist, darüber orientiert, wie die politische Einstellung des Beamten ist, der in diese Stelle hineinkommen soll. Ich will nicht sagen, daß die Besetzung der Stelle davon abhängig sein soll (Aha! rechts), aber, daß der Minister wissen muß, was für einen Mann er in dieser Zeit in eine Stelle setzt, das halte ich allerdings für seine Aufgabe und für eine Not⸗ wendigkeit für die vorgesetzte Behörde. (Zuruf links: Das hat man früher nicht gemacht! — Große Heiterkeit.) Ich glaube, der Differenpunkt zwischen diesem hohen Hause resp. einzelnen Parteien und dem Minister besteht in dieser Frage darin, daß ja alle Parteien selbstverständlich den Wunsch haben, daß Beamte befördert werden, die ihnen angehören, während der Minister den Wunsch hat, daß Beamte aus sämtlichen Parteien dieses Hauses befördert werden. Das ist meiner Ansicht nach der einzige Differenpunkt. Wenn Sie Leute empfehlen, die Ihren Parteien angehören und Mitglieder dieser oder jener Partei drei⸗ oder viermal in einer Sache zu mir kommen, um einen Mann besonders, natürlich aus sachlichen Gründen, zu empfehlen, so kann ich doch selbstverständlich annehmen, daß, wenn es ein Deutsch⸗ nationaler ist, er sich nicht gerade für einen Sozialisten einsetzt. (Große Heiterkeit.) Sie sehen also, meine Damen und Herren, daß es Mittel und Wege gibt, sich ohne irgendwelche Bespitzelung über, die Parteizugehörigkeit der Beamten in den einzelnen Behörden und Ministerien zu informieren.
Aber, meine Damen und Herren, ein anderer Vorwurf, der in den Ausführungen des Herrn Abgeordneten Dr. Schuster gelegen hat, hat mich eigentlich gekränkt. Er hat mir vorgeworfen, daß ich mich nicht genügend vor meine Beamten stelle, sondern daß ich die Beamten vor mich stelle. Zwei Fälle sind, wenn ich richtig berichtet bin, aus meiner Rede zitiert worden. In dem einen Falle habe ich gesagk, ein Vorschlag sei auf Gund des Votums eines deutschnationalen Mit⸗ glieds des Kultusministeriums erfolgt. Ja, meine Damen und Herren, es war mir doch entgegengehalten worden, ich hätte hier auf Vor⸗ schlag eines sozialistischen Mitgliedes meines Hauses entschieden. Diesen Vorwurf mußte ich widerlegen. Ich konnte nicht anders, als sagen: es war nicht ein Sozialist, sondern es war ein Deutsch⸗ nationaler, der mich beraten hat. Also, wenn Sie mir vorwerfen, daß ich mich auf das Votum einzelner Mitglieder der Linken meines Ministeriums verlasse und diesem Votum folge, und wenn das nicht richtig ist, so muß ich das Recht haben, zu sagen: es war nicht ein Beamter der Linken, sondern ein Geheimrat der Rechten. (Sehr richtig! links.) .
Der zweite Fall betrifft den Umstand, daß ich hier ein Votum des Geheimrats Richert vorgelesen habe. Nun, meine Damen und Herren. Herr Richerb ist gewiß Referent im Kultusministerium, Herr Richert ist aber eine pädagogische Autorität ersten Ranges auch außerhalb des Ministeriums. Wenn ich in diesem Falle einen Päda⸗ gogen habe sprechen lassen wollen, so habe ich Herrn Richert als eine einwandfreie, von niemand zu beanstandende Autorität und nicht als meinen eigenen Kommissar zu Worte kommen lassen. Daß ich mich mit seinem Votum identifiziere, ist selbstverständlich, sonst hätte ich es nicht vorgelesen.
Ich kann wohl sagen, ich werde es nie und nimmer scheuen, mich vor die Mitglieder meines Hauses zu stellen, welcher Partei sie auch angehören. Ich habe ein ganz persönliches Vertrauensverhältnis zu den Mitgliedern meines Hauses. Wer den Betrieb im Kultus⸗ ministerium etwas näher kennt, weiß, daß da kein Unterschied zwischen Angehörigen von rechts oder links gemacht wird in bezug auf das Vertrauen zum Minister. Es ist gerade mein ganz besonderer Stolz, daß es neir gelungen ist, im Kultusministerium im Laufe der Jahre eine Athmosphäre des Vertrauens zu schaffen, und daß es mir als Staatssekretär und Minister möglich gewesen ist, ein Personal zu⸗ sammenzustellen, das weiß Gott in der Reihe der Ministerien mit an eister Stelle genannt werden kann, das wirklich lebt, und wo jeder dem andern vertraut und alle hinter dem Minister stehen, wie dieser immer bereit ist, sich vor sein Haus zu stellen. (Bravo! links.)
Abg. Doht (Soz.) spricht sich entschieden gegen den neuen des Reichsschulgesebes aus, der der Verfenne und den Ver⸗ sprechungen, die in der worden seien, widerspreche. Die Simultanschule, kenntnisschule, sei als Regel aufgoestellt worden. 2. freie Entwicklungsmöglichkeiten. In das Loblied, das der Abg. Oelze über die alte Volksschule angestimmt habe, könne er nicht einstimmen. Und Herr Boelitz scheine vergessen zu haben, daß bereits im Jahre 1868 Baden seine Simultanschule erhalten habe, und zwar durch die Nationalliberale Partei! Das Ziel der Lehrerbildung müsse sein, einen Volkserzieher, einen Volksbildner heranzuziehen. Dazu sei die Hochschulbildung, nötig. Seine Fraktion lehne es ab, daß nur für 10 % der Grunbsatz der Bildungseinheit durchgesetzt werde. Akademien, wie sie die Denkschrift vorsehe, könnten die Unterstützung seiner “ nicht finden; sie müßten so eingerichtet werden, daß auf ihnen jeder, der die Universitätsreife erlangt habe, unabhängig von seiner Religion oder seiner Weltanschauung seine Ausbildung er⸗
lten könne. 1 b B ö Kickhöffel (D.Nat.) beklagt die schlechten gesundheit⸗ lichen Verhältnisse in den Volksschulen und fordert Abhilfe der Not der Junglehrer. Gelänge es nicht, 30 000 Junglehrer für ihren Beruf zu erhalten, dann würden Tausende von ihnen in kultur⸗ zersetzende und staatsfeindliche Schichten hinabsinken. Die Nicht⸗ des vollen Universitätsstudiums verdanken die Lehrer in erster Linie den Sozialdemokraten und ihren Ministern. Die neue Aeher dülden muß sich hineinstellen in den Geist deutscher Arbeit
zund christlicher Lebensanschanung. Die pädagogischen Akademien müssen auch dem kommenden Landlehrer das nötige Rüstzeng geben und ihm das platte Land vertraut machen. Die Begabungen der weniger bemittelten Kreise und vor allem des platten Landes dürfen nicht ausgeschaltet werden. Die Mittelschule muß durch eine günstigere Regelung der mittleren Reife gestärkt werden;
der Nationalversammlung gegeben nicht die Be⸗
zahl wären die Flüchtlinaslehrer katholisch. wödurch die Unterbrinaung katholischer Junglehrer erschwert würde. Daher ergebe sich das Miß⸗
2
doch nicht sagen: Alle Ihre Wünsche sind ja erfüllt. Sondern die
ebenso muß die Landschule gefördert werden. Die Grundlagen für sie ja erst die Konservativen geschaffen. Die Liberalen waren groß in Versprechungen,
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ausgleich beraten werden. die Ausführung haben sie den 1
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Konserativen überlassen. (Sehr richtig! rechts.) Das geschah in den Jahren von 1885 bis 1908, wo die Konservativen die wirt⸗ schaftlichen Grundlagen für den Lehrer geschaffen haben. Die Personalpolitik des Ministers müssen wir ablehnen. Noch immer werden .“ zu Kreisschulräten in evangelischen Schulen ernannt. Bei Besetzung der Schulratsstellen wird das Wort Demokvat“ e So haben in Pommern die Demo⸗
kraten von den Wählern 4 %, von den Kreisschulräten aber 40 %. (Hört, hört!) Es muß ein Reichsschulgesetz kommen, das auch die evangelische Schule sichert. Die geistliche Schulaufsicht lehnen wir im Einverständnis mit der evangelischen Kirche ab. Es wird von dieser eine Regelung des Besuchsrechts getroffen werden, die alle Teile Ar Wir hoffen, daß in der Volksschule eine Reaktion kommt, die den Materialismus überwindet, und die durch geistige Werte das ersetzt, was uns an materiellen Werten verloren⸗ gegangen ist.
Abg. Elisabeth Stoffels (Zentr.) legt die Stellung ihrer Fraktion zu den pädagogischen Akademien dar, fordert die konfessionelle Lehrerbildung und Trennung der Vorbildung für Lehrer und Lehrerinnen. Die Landschule bedürfe besonderer Förde⸗ rung, es dürften ihr gute Kräfte nicht entzogen werden.
Abg. Anny von Kulesza (D. Vp.): Gegenüber dem weiten Raum der kulturellen Belange in der Verfassung stellt 8 die Oeffentlichkeit bei der Erörterung kultureller Fragen nicht ent⸗ sprechend ein. Leider hat auch die Reichsregierung bei den Auf⸗ gaben, die ihr von den Ländern überwiesen sind, zu starke Zurück⸗ haltung gezeigt. Lediglich die Grundschule ist reichsgesetzlich
geregelt, und auch da sind schon Abänderungen nötig geworden. Die Schuld trifft in der Hauptsache die Freunde der Grundschule, weil sie zu starken Zwang geschaffen haben. Wenn der Abgeordnete Lauscher gesagt hat, daß es dem demokratischen Staat nicht ansteht, den Eltern zu verwehren, ihre Kinder in die Schule zu schicken, die sie für geeignet halten, so darf auch der Staat gegenüber der Grund⸗ schule das Elternrecht ungeschmälert lassen. Die pädagogischen Akademien dürfen, nicht zuletzt aus praktischen und wirtschaftlichen Gründen, nicht nach Geschlechtern getrennt werden. Die meisten deutschen Lehrerinnen, die evangelischen ausnahmslos, sind durch simultane Akademien gegangen. Es fragt sich sehr, ob die aus konfessionell abgeschlossenen Anstalten hervorgegangenen Lehrer treuer zur Kirche und Konfession haälten als die Lehrerinnen. Rednerin fordert auch ihrerseits, daß in den Versuch mit den Akademien eine simultane Akademie hineingenommen wird. Sie fordert schließlich mehr Beachtung für die hygienischen Belange und endliche Lösung der Frage des Lesebuchs, das ein Familien⸗ buch sein muß.
Abg. Hoff (Dem.) tritt den Ausführungen des Abgeordneten Kickhöffel über die konservative Kulturpolitik vor dem Kriege ent⸗ gegen. Damals seien die Schulklassen überfüllt gewesen; bis zu 80 Kinder hätten sich in einklassigen Landschulen befunden. Die Lehrerbesoldungen seien erbärmlich gewesen. Die heutigen unter den schwierigsten Verhältnissen gemachten Fortschritte seien nur gegen den äußersten Widerstand der altpreußischen Reaktion ermöglicht worden.
Abg. Anna Oventrop (Soz.) tritt für die weltlichen Schulen ein, deren Lebensfähigkeit die Erfahrung erwiesen habe. Gegen sie wende sich nur das kirchliche Vorurteil. Der Minister solle der weltlichen Schule die Entwicklungsmöglichkeit geben. Die konfessionelle Schule bedeute den unerträglichen Gewissenszwang. Abg. Lukassowitz (D. Nat.) wirft dem Minister vor, auf eine Anfrage eine falsche Antwort gegeben zu haben. Die Personal⸗ olitik des Ministers verdiene den schärsten Protest. Das Urteil des Abg. Hoff sei befangen. Die Tonart der Lehrerzeitungen diene nicht der Sache. Auch die Rede des Abg. Lauscher habe Sarkasmen enthalten die er aus dem Munde eines Geistlichen lieber nicht gehört
ütte. Die Katholiken, die sich zu den Deutschnationalen geschlagen ätten, wolle man verdächtigen und man wolle einen Keil in die
beutschnationale Partei hineintreiben. (Lachen im Zentrum.) Gleich⸗ berechtigung für beide Teile sei zu fordern im Interesse der christlichen Schul⸗ und Kirchenpolitik. Entgleisungen bedauere seine Fraktion, sie kämen aber auch auf der anderen Seite vor, auch auf katholischer Seite. Er fordere das Zenlrum auf, mit seiner Fraktion im Geiste der Verfassung zu arbeiten Das Zentrum habe sich im Gegensatz zu Dr. Marr gestellt, der es als religiöse Pflicht des Zentrums be⸗
ichnet habe, dem Zentrum anzugehören. (Widerspruch im Zentrum.)
Benn Dr. Lauscher sich früher so geäußera hätte wie gestern, wäre viel Streit vermieden und viel Gift gespart worden. (Zwischenruf im Zentrum.) Mindestens 40 Prozent der gesamten Katholiken ge⸗ hörten nicht dem Zentrum an! Es müsse dem einzelnen Katholiken überlassen bleiben, wie und wohin er sich stelle: das sei Gewissens⸗ freiheit. Herr Dr. Lauscher habe auch die Katholiken vergessen, die zum Sczialismus übergingen; diese Kategorie wachse immer mehr.
arum möge das Zentrum den Kampf nicht gegen rechts, sondern gegen links führen. (Anhaltende Unruhe im Hause.) Setze es den bicher eingeschlagenen Weg fort, so würden immer mehr Leute ein⸗ sehen, wie schlecht bestellt es beim Zentrum mit der Wahrung der chriftlichen Belange sei. Wenn man die Formel „Parität“ gleich Katholizismus anwende und nicht gleich „Zentrum“, dann werde das Zentrum auch die Unterstützung der Deutschnationalen haben⸗ Be⸗ zeichnend sei, wie das Zentrum in Oberschlesien Parität übe; sie sei viel schlimmer als die sogenannte Imparität auf anderer Seite. (Zuruf: Das sagt Lukassowitz!) Das Zentrum scheine nicht gewillt zu sein, in Gemeinschafh mit den christlichen Parteien christliche Kulturpolitik zu treiben. (Lebhafter Beifall bei den Deutschnationalen. — Gegenkundgebungen und Lachen im Zentrum und links.)
Abg. Beuermann (D. Pp.) bestreitet die Richtiakeit der Ausführungen des Abg. Kickhöffel über die Haltung der Liberalen Fir Landschule. Was man bis jetzt an Schulreform sehe, sei eine
teform des Stedtschulwesens. Das Volksschulwesen leide besonders schavere Not in Schlesien. Man müsse zu gehobenen Klassen oder zu eittelschulen kommen. Die anormalen Schulverhältnisse müßten 1 Für die Reform könne man die erforderlichen Lehr⸗ kräfte aus den Reihen der Junglehrer nehmen. Man dürfe dem Landschullehrer nicht die Berufsfreudigkeit nehmen durch Ungerechtig⸗ keiten in der Besoldung; man muüsse sie den Obersekretären, gleich⸗ stellen. Der Schulrat müsse in lebendigem Konnex mit den einzelnen Lehrern stehen; deshalb müsse er vom Schriftwerk entlastet werden. Der Minister scheine den Artikel 118 Abs. 1 nicht zu kennen: sonst hätte er eine solche Schnüffelstatistik nicht machen können. Auch die alten Beamten, die 8 Verdienste sich erworben hätten, partei⸗ mäßig abzustempeln, sei unerhört! Es sei nicht recht, die Schule zu PRitisieren, und es sei ein Unrecht von einem Minister, einen solchen Veg zu gehen. Es folgen persönliche Bemerkungen, die zu teilweise sehr erregten Auseinandersetzungen führen. Unter anderem wirft Abg. König (Soz.) dem deutschnationalen Abg. Lukassowitz vor, er, der das Zentrum
set so angreife, habe früher selbst dem Zentrum angehört; außerdem abe er sich bei Minister Heepisch seinerzeit um eine Stelle beworben.
Abg. Lukassowitz (D. Nat.) erwidert, er habe nie dem Zentrum anmpehört. (Lebhafte Protestrufe bei den Sozialdemokraten und beim Zentrum.) Die Angelegenheit der Bewerbung beim Minister Haenisch habe sich ganz anders abgespielt; er habe sich aller⸗ dings beworben (lebhafte Ahal!⸗Rufe bei den Sozialdemokraten); das sei aher erst geschehen nachdem ihm ein Angebot gemacht worden sei.
Abg. König (Soz.) hält seine Darstellung vollinhaltlich auf⸗ recht und erklärt, Zeugen dafür nennen zu können. Herr Lukassowitz habe auch den Vorwurf des Abg. Müller (Soz.) bewußter Ver⸗ leumdung auf sich siben lassen.
Abg. Müller (Soz) bestätigt, er habe Lukassowitz einen Ver⸗ kermde. und Ehrabschneider genannt und halte daran auch heute och fest.
Abg. Lukassowitz (D. Nat.) lehnt es ab, Herrn Muͤller au Grund der Einschätzung seiner Persönlichkeit noch zu 8 (Große Unruhe im ganzen Hause.)
Donnerstag 11 Uhr: Weiterberatung. Anträge und Anfragen. In der Donnerstag⸗Abendsitzung soll der Fina
Schluß gegen 8 Uhr.
1 Parlamentarische Nachrichten. Der Aeltestenrat des preußischen Landtags beriet , erneut über die Geschäftslage. Nach dem Bericht des achrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitu rleger soll heute die weitere Lesung des Finanzausgleichs auf die Tagesordnung gesetzt werden; es soll auch eine Abendsitzung stattfinden. Bis Freitag will man den Kultushaushalt beenden. Es tritt dann die bereits be⸗ ge Pause ein. Man damit, daß die zweite Lesung des Etats erst Anfang Dezember beendet wird. Für die dritte Lesung ist der 9. Dezember in Aussicht genommen. Die Weihnachtsferien sollen am 19. Dezember beginnen und bis dum 12. Januar anhalten. Der Aeltestenrat beriet im übrigen ü ie Beschwerde des Abo. Kollwitz (Komm. i seines Aus chlusses aus einer Sitzung des Frfesechandaes cusses. Dem Beschluß des Geschäftsordnungs⸗ vnsschases sich dahin aussprach, daß der Ausschluß zu Unrecht erfolgt sei, trat der Aeltestenrat bei.
Der Hauptausschuß des preußischen Landtags führte gestern die Beratung des Ausführungsgesetzes zum inanzausgleichsgesetz zu Ende. Die Vorlage wurde nach dem Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungs⸗ verleger angenommen gegen die Stimmen der Rechtsparteien. Be⸗ stark waren die Bedenken der Deutschnationalen Volkspartei, ie eine Steuerverteilung bereits für 1925 und 1926 in einem Zeit⸗ punkt ablehnte, in dem man noch nicht übersehen könne, wie sich die auszinssteuer auswirke. Nach der Höhe des Aufkommens dieser teuer müsse sich auch das ganze Verteilungssystem ändern. Die vom Ausschuß beschlossenen Aenderungen der Regierungsvorlage kommen im wesentlichen den Wünschen der kommunalen Spitzen⸗ verbände entgegen. Die relative Garantie für die Gemeinden ist auf 100 — erhöht worden. Die Verteilung des Aufkommens aus der Umsatzsteuer zwischen Staat und Gemeinden wurde dahin geändert, daß an Stelle des Vorschlags der Regierung, wonach die Umsatzsteuer halbiert werden soll, den Gemeinden 55 % überwiesen werden sollen. Der Forderung, wonach der den Städten und Landkreisen aus dem örtlichen Aufkommen aus der Hauszinssteuer verkleinerte Anteil er⸗ höht werden solle, wurde I“ entsprochen, daß der Anteil von 20 % auf 25 % erhöht wurde. Endlich wurde die Bestimmung ge⸗ trichen, daß der Aufsichtsbehörde das Recht zustehen solle, in ””ge Fällen die von den Gemeinden beschlossenen Zuschläge zu den Real⸗ steuern herabzusetzen.
— Der Dt hsschg des preußischen Landtags beriet gestern dem Nachrichtenhüro des Vereins deutscher Zeitungs⸗ zufolge, demokratische Anträge über die Verhältnisse in der Grenzmark. Berichterstatter Hermann⸗Breslau (Dem.) wies an zahlreichen Beispielen die traurigen Verkehrsverhält⸗ nisse in der Grenzmark nach und betonte deren Kreditnot. Der Berichterstatter vertrat ferner die Forderungen der Beamtenschaft auf Neueintellung des Ortsklassenverzeichnisses in der Grenzmark. In eingehender Aussprache traten die Abgg. Krüger (Scoz.), von Kries (D. Nat.), Pischke (D. Vp.), Riedel (Dem.) und Zawadzki (Zentr.) im wesentlichen den Ausführungen des Bericht⸗ erstatters bei. Es wurden auch starke Bedenken gegen die Wieder⸗ einführung einer Ostmarkenzulage in der Beamtenbesoldung geäußert. Ministerialdirigent Schultze vom Handelsministerium teilte mit, daß die Reichsbahn sich gegenüber den preußischen Wünschen auf einen autonomen Standpunkt stelle, da sie weder dem Parlament noch einer Gesellschafterversammlung verantwortlich sei. Er empfahl die Aufstellung eines großzügigen Verkehrsprogramms, das neue Kraft⸗ fahrlinien und Kleinbahnen umfaßt. Zur weiteren Bearbeitung dieser Frage wurde ein Unterausschuß eingesetzt. Ein interfraktioneller An⸗ trag auf evwe. finanzielle Unterstützung der Ostpreußischen Wohnungsfürsorgegesellschaft wurde nach längerer Aussprache dem bereits für die östlichen Wohnungsverhältnisse bestehenden Unteraus⸗ schuß zur alsbaldigen Behandlung überwiesen.
— Der Gemeindeausschuß des preußischen Landtags trat gestern abend zu einer Sitzung zusammen, um über den Gesetzentwurf, betreffend die Vereinigung der Landgemeinde Campe mit der der Stadt Stade, u beraten. Es handelt sich hier um die erste Zwangseingemein⸗ dung, die den preußischen Landtag beschäftigt. Der Berichterstatter Abgeordneter Biester⸗Hannover (Dt. Hann.⸗Wirtschaft. Vergg.) hob, dem Nachrichtenbüro des Vereins deutscher Zeitungsverleger ufolge, hervor, daß die Begründung des Entwurfs nur allgemeine Gesichtspunkte anführe, die bei jeder Eingemeindung hervortreten. Er wäre, weil seitens der Gemeinde Campe ein Widerspruch gegen die Eingemeindung erfolgt sei, nach Campe gefahren, um sich dort persönlich zu informieren. Von den 15 Mitgliedern des Camper Gemeindeausschusses (8 Sozialisten, 7 Vürgerliche) hätten sich nur drei für die Eingemeindung, die übrigen zwölf aber dagegen aus⸗ gesprochen. Bei einer herbeigeführten nichtamtlichen Gemeinde⸗ abstimmung hätten sich von 1087 Wahlberechtigten nur 195 für,
585 gegen die Eingemeindung ausgesprochen. das Selbstbestimmungsrecht der Gemeinde so wenig beachtet sei und die ganze Angelegenheit scheinbar unter einem starken amtlichen Dru stünde, erklärte sich der Berichterstatter gegen die Eingemeindung, wie auch seinerzeit der Berichterstatter im Staatsrat sich dagegen gewandt 85 — Von seiten des Zentrums wurde es für not⸗ wendig erachtet, in einer Zeit, wo vom Selbstbestimmungsrecht der Völker die Rede sei, dieses auch den Gemeinden zu gewähren. Ver⸗ teidigt wurde die Vorlage vom Regierungsvertreter sowie von dem Abgeordneten von Eynern (D. Vp.). Der Ab⸗ e von Mirbach (D. Nat.) erklärte sich gegen die Ein⸗ genfeindung, während der Abgeordnete Haas (Soz.) dem Plan wohl Sympathien entgegenbrachte, auf der anderen Seite aber auch für das Selbstbestimmungsrecht der Gemeinde eintrat. Abge⸗ ordneter Barteld (Dem.) schlug vor, ehe man zu einer Ent⸗ scheidung schreite, eine Besichtigungsreise nach Stade⸗Campe zu unternehmen. Nach kurzen Bemerkungen der Abgeordneten Müller⸗Hameln (Soz.) und Schüling (Zentr.) erklärte sich der Ausschuß für eine Besichtigungsreise, die am 18. und 19. De⸗ stattfinden soll. Es beteiligen sich an ihr je zwei Vertreter er großen, und ein Vertreter der kleinen Fraktionen.
Hopfenernte im Deutschen Reiche im Jahre 1925. Nach der Schätzung Mitte September.)
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Ge⸗ Ernte⸗ 8 8 3 Gesamt⸗]1925 flache ertrag
ha in dz
Durchschnittlicher Hektarertrag 1924 1928 1922 1921] 1920
Länder und Landesteile
in dz = 100 kg
Regierungsbezirk: Magdeburg .. 69 119 Sigmaringen. 39
Uebrige preuß. Landesteile .. 7
Preußen 8. 165
Regierungsbezirk E“ Niederbayern
falz.. Oberpfalz.. Oberfranken.. Mittelfranken.
Unterfranken. Schwaben ...
Bayern Neckarkreis .... Schwarzwaldkreis
Jagstkreis.. Donaukreis...
Württemberg
Landeskomm.⸗ Bezirk: Konstanz... “ arlsruhe.. Mannheim..
Baden
Uebrige Länder Deutsches
Reich 1925 48 289
Dagegen 1924 56 328
1923 6 31 803
1922 62 161
1921 32 194
3,0 4,4 2,4 5,3
2,1 127 3,0
50 00.— —⁸+ 2 82.90 S—
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Ernte⸗Gesamt⸗ fläche ertrag 2) 1914[22 7611 169 477 2) 1913[22 203 87 415 , 2) 1912[22 287⁄ 153 478 1920 60 767 2) 1911122 025 73 636
¹) Die Anfang Juni ermittelte Anbaufläche betrug 12 582 ha. ²) Umgerechnet auf das jetzige Reichsgebiet (nach Abzug von Elsaß⸗Lothringen und Posen). Berlin, den 4. November 1925. 3 Statistisches Reichsamt. Wagemann.
Hektar ertrag 1
SS8B —ℳ0
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8
Erntevorschätzung der Hackfrüchte im Deutschen Reiche Anfang Ntober 1925.
8 Kartoffeln
Zuckerrüben Runkelrüben“)
Länder und Landesteile Ernte⸗ vom
üche. ft Hektar ha dz d
Ernteerträge
fläche im ganzen ch de
Ernteerträge vom
Ernte⸗ Ernteerträge vom
fläche ktar ch Hektar ha dz dz ha dz dz
Ernte⸗
im ganzen im ganzen
Provinz Ostpreußen ... 8 Stadt Berlin “ 8 Provinz Brandenburg.. “ 8 Pommern u“ Grenzmark Posen⸗Westpreußen I 206 343 154,9 Oberschlesien.. 8 96 559 139 9 ET““ 218 664 142,9 Schleswig⸗Holstein. 30 557 151,2 Fböö6 169 027 148,7 Westfalen... 94 463 160,0 „ Hessen⸗Nassau. 90 486 145,8 Fbeht 148 021] 151,9 Hohenzollen . 3 5 751 140 0
181 268 122,5 3 530 153,3 320 715 154,4 245 709 147,9 68 279 146,0
22 210 871! 541 149 47 49 524 357 36 345 569 9 968 734 1 133 31 954 226 13 508 604 31 245 391 4 620 218 339 25 136 470 15 110 976 13 192 842 22 483 897 805 140
3 624 877 122 42 270 353,1 14 924 531 11 125 428 300,0 128 400
6 057 687 38 100 3751 14 289 840 6 208 689 12 908 311,1 4 016 053 302 17] 3 558 337,8 1 201 892 17 920 425 39 5861 371 4 14 701 555 4 060 794 10 304 358 8 3 697 075 27 088 867 40 173 328,0 13 178 017 87 157 11 516 374,0 4 306 984
9 304 165 25 078 318,6 7 988 879 494 611 35 909] 367.0 13 178 940 836 612 29 924 332,4 9 947 242
5 945 868 56 299 394,2 22 190 574 — 604 267,5 161 570
242,0 236,7 250, 8 232, 4 266 7 279,2 268,5 237,9 257,1 244,5 231,2 250,3 274,8
24 153 26 720
64 180 15 124 113 855
38 055 2 139 3 342
21 634
Preußen ¹) 1 879 372 147,2
376 115 123 2 102 662 155,6 81 727 124 6 89 794 137,9 64 958 128 8 60 167 148,9 746 103,4
68 558 139 9 17 528 152, 2 21 384 140 7 20 115 134.6 1 964 160,0
6 218 147,7 768 159,6
10 987 127,9 4 356 120,0
1 521 1662
Bavern ¹).
Sachsen..
Württemberg
Baden
Thüringen “ ZZ11“ Mecklenburg⸗Schwerin Oldenburg... Braunschweig... bb1“ Hremen .... 111“; bb1X4“ Mecklenburg⸗Strelitz . “ Schaumburg⸗Lipope..
0 2 ο 0ο 20
276 648 444
46 327 274 15 970 466 10 179 318 12 380 400 8 366 295 8 960 798 77 174 9 590 585 2 667 496 48 3 009 716 2 708 355 314 000 — 918 181 949 122 573 1 404 611 522 720 81 252 790 70
251.,9
258,0 238,1 260, 8 267,7 230,0 283,3
189,7 1421 254 6 186,1
255,8 184,4
240 G 260,0
314 345
6 580 6 760 5 465 2 003 7 359 5 902
15 914
79 195 293
1 697 951 1 609 88
346 657 357,4 123 911 552
155 325 247,8. 38 483 007 39 246 339.] 13 308 145 32 308 290 8 9 394 168 39 617 286,4 11 345 120 34 020 297,] 10 105 755 38 274 335,2 12 830 398
339 253,3 85 853 12 183 260 6 3 174 284 4 091] 248.0. 1 014 510 4 626 324,2 1 499 711 2 984 235 4 702 545 199 380,0† 75 620
3 269] 343 6 1 123 115
— 466]0 256,7 119 622 487 058 1 681] 193.1 324 548
19 440 1 764 375,0 661 500
18 200 824 410 3 338 087
1 424 54 536 370
1 692 632
1 672 138
3 018 895
6 820 5 450 83] 2 585 565
242 775
21 409 13 893
2 642
2 808 940 142,6
2 760 477] 131,7 2 760 466 131 9 2 801 758] 157.]
Deutsches Reich ¹)
Vorschätzung Oktober 19243.. November⸗Ermittlung 192’2424 ... 1913 7)²), . 8
r 90
aus dem Jahre 1914. da früher nicht erhoben.
400 421 196
363 498 469 364 022 410 4 . 440 133 433]1 ³) 466 616 ¹) Ohne Saargebiet. — ²) Die Vergleichszahlen 1913 entsprechen dem setzigen Reichsgebiet (ohne Saargebiet). — ⁴¹) Von Reichs wegen erst seit 1921 erhoben 1
403 420
394 683 394 447
247,0 251.0 260,3 299,7
99 657 870 717 873 318,3 228 497 540
99 058 072 732 417 295 3%ßy216 261 798 102 660 860 731 976 317,6⁄ ß232 478 400 139 863 335 b 1
*) Ergebnis
Berlin, den 4. November 1925.
Statistisches Reichsamt. Wagemann.
8 11X“