1925 / 262 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 07 Nov 1925 18:00:01 GMT) scan diff

Der Einspruch des Abgeordn Lukassowitz (D. Nat.) gegen einen ihm vom Präsidenten erteilten Ord⸗ nungsruf wird gegen die Rechtsparteien von der Mehrheit des Hauses zurückgewiesen.

Hierauf wird die zweite Beratung des Kultushaus⸗ halts fortgesetzt beim Abschnitt Universitäten, Technische Hochschulen usw.

Abg. Kilian (Komm.) bekämpft den reaktionären Geist auf den Universitäten und Hochschulen. Das Volkshochschuwesen sei nichts anderes als eine „Wurstpelle“ für den Bildungsdvang der arbeitenden Massen. An der Berliner Universität würden die natio⸗ nalistischen Verbände unerhört bevorzugt; sie erbielten Räume und

ielten dann Brandreden; Kommunisten erhielten niemals Räume. 2 Röthe begründe die Erhöhung der Kolleggelder damit, man wolle die Universität von dem Ballast befreien: das seien natürlich die proletarischen Elemente. 40 Prozent aller Studierenden habe man so entfernt! Völlig ungerecht sei auch die Abstufung des Kolleg⸗ heldes bei den einzelnen Farus sten. Auf der Frankfurter Universität habe der Studentenausschuß beschlossen, daß alle Juden entsemnt werden müßten und das in der Judenstadt Frankfurt! Herr Haenisch könne mit seinem Lieblingskinde Frankfurt nicht viel Staat machen. Die mittellosen Studenten müßten eine freie Lesekarte erhalten ohne demütigende Nachprüfungen. Die Gebühren und Kolleggelder müßten nach dem Einkommen gestaffelt werden. Auch der Marxismus müsse auf den Universitäten gelehrt werden, aber nicht ein solcher, wie ihn der Professor Cuno lehre. Auch die komnmnistischen Zeitschriften müßlten auf den Universitäten ausgelegt werden, besonders die Inter⸗ nationale Correspondenz. Mit Vorbedacht würden kommunistische Bücher, wie solche über Lenin, nicht ausgeliehen von der Universitäts⸗ bibliothek. 11u“

Abg. Hoff (Dem.) bemängelt, daß die staatlichen Einrichtungen auf dem Gebiete der Medizin nicht ausreichend seien, und empfiehlt einen entsprechenden Antrag seiner Fraktion. Auch der 2. ik müsse die Stellung zugewiesen werden, die sie als Wissenschaft habe Zu begrüßen sei der Aushau der Wirtschaftsbeihilfen für die Studenten. Der Redner träat eine Reihe von Wünschen der Universität Kiel vor. Besonders müßten auch die Bibliotheks⸗ verhältnisse gebessert werden. Der Geist auf den Universitäten lasse noch immer sehr viel zu wünschen übrig. Wer nicht rechtsgerichtet sei, werde einfach boykottiert!

Abg. Dr. Klamt (Wirtschaftl. Vereinig.) wendet sich dagegen, daß man aus den Akademien politische Institute machen wolle, wie es Abg. Waentig (Soz.) fordere. Die Professoren sollten sich nicht politisch, sondern wissenschaftlich betätigen. Es sei auch nicht zu verstehen, wie Professor Waentig den Blick nur in die Zukunft richten wolle. Welcher Philolog könne Plato entbehren! Welcher Volkswirt könne auf das Studium der Entwicklung verzichten, Alles sei doch nur ein Durchgangsstadium; die Entwicklung gehe un⸗ mufhörlich weiter. Auf wissenschaftliche Klarheit scheine es manchem weniger anzukommen, als auf Erzeugung einer gewissen Stimmung. Das lehne seine Fraktion ab. Sie wolle nicht. daß die Universitäten ein Tummelplatz wirtschaftlicher und politischer Kämpfe würden; sie wolle, daß ihre Professoren wirklich Träger der Wissenschaft seien und blieben. Der Redner fordert, daß der Not der Privatdozenten gbgeholfen werde, und warnt vor der Ueberschätzung eines rein berit schen Wissens für den Verwaltungsbeamten. Verwaltungs⸗

eamte müßten vor allem Volkswirte sein. Das Juristenmonopol dürfe in dem bisherigen Umfange nicht beibehalten werden. Man spreche immer von Sparen. Manche Universitätsabteilungen 88 so schlecht besucht, daß ihnen wirklich das Lebenslicht ausgeblasen werden könnte. Besonders gelte das von solchen, von denen -e Zum Schluß empfiehlt der Redner einen Antrag seiner Fraktion, dem Nordischen Institut bei der Universität Greifswald eine einnalige zuwendung von 800 Reichsmark zu machen, damit es seine Schulden bezahlen koͤnne, und den Jahresetat für das Institut auf 2500 zu erhöhen. Das Institut sei in eine solche Notlage geraten, daß es nicht einmnal die Rechnungen von kleinen Handwerkern und Gewerbe⸗ treibenden in Höhe von beispielsweise 10 bis 15 begleichen könne.

Abg. Dr. von Brehmer (Dt. Völk.): Im Finanzministerium soll ein prinzipieller Widerstand bestehen gegen die Errichtung plan⸗ mäßiger Ertraordinariate. Wir haben demgegenüber beantragt, daß der Landtag die Pharmakognosie als planmäßiges Extraordinariat der Berliner philosophischen Fakultät anerkennen möge. Redner macht weitere Reformvorschläge.

Abg. Dr. Weyl (Soz.): Der Berliner Professor Lubarsch hat sich ohne jede Berechtigung in die inneren Verhältnisse der Privat⸗ kliniken der Berliner Aerzteschaft eingeweiht; wir erwarten, daß Remedur geschaffen wird. Die Wissenschaft muß mit der Arbeiter⸗ scha und dem Volksleben in immer engere Berührung treten, um fruchtbar und lebendig zu bleiben.

Ein Vertreter des Ministeriums geht auf einige vom Abgeordneten von Brehmer gegebene Anregungen näher ein. Das Nordische Institut sei Gegenstand steter Aufmerksamkeit. Die Ver⸗ wendung des Lehrauftragsfonds habe der Abgeordnete Dr. Waentig

gestern mit Unrecht kritisiert. Das bezüglich der katholisch⸗theo⸗ gogischen Ergänzungs⸗Professur in Bonn gestern erhobene Bedenken sei verständlich, aber der gewählte Weg sei früher nicht beanstandet worden. Das veralteie Leichenreglement der Charité werde um⸗ gearbeitet.

Abg. Dr. Semmler (D. Nat.) äußert sich über die besonderen Verhältnisse und Aufgaben der Technischen Hochschulen und begrüßt die jetzt ermöglichte Ausgestaltung der Breslauer Technischen Hoch⸗ schule zu einem Vollinstitut. Sparsamkeit sei gewiß sehr angebracht, aber Sparsamkeit am falschen Orte sei Verschwendung. Die Rede des Ministers habe in mehreren Partien mit Recht starkes Be⸗ ftemaen hervorgerufen; so bezüglich der Charakteristi?ẽ der Selb⸗ tändigkeit eines Ministers, je nachdem er weiter nach links oder nach rechts orientiert sei. Die Deutschnationglen verlanaten keine Bevor⸗ zugung, aber sie wehrten sich dagegen, daß Wissensckaftler wegen ihrer Parteistellung benachteiligt würden. Wolle Preußen vorwärts ommen, so müsse es seine Technischen Hochschulen ausbauen; Volks⸗ wirtschaft müsse an ihnen gelehrt und getrieben werden, damit auch der Techniker das Ganze des Wirtschaftslebens überschauen lerne.

Abg. Dr. Pinkerneil (D. Vp.): Bei der Führung der Wirtschaft steht heute erfreulicherweise der Techniker nicht mehr an letzter Stelle. Das legt uns die Verpflichtung auf, dafür zu sorgen, daß dem Techniker auf der Hochschule auch die Probleme der Wirt⸗ schaft nähergebracht werden. Es müßten zu diesem Zwecke eigene Abteilungen geschaffen werden, eventuell eine eigene Fakultät Leider ehle bei dieser Diskussion der Abgeordnete Professor Faßbender,

ssen lichtvolle Darlegungen auf den Ausschuß großen Eindruck gemacht hätten. In bezug auf das aäkademische Prinzip der Selbst⸗ erziehung der Studentenschaft habe der Minister unzweifelhaft das Richtige getroffen. Der Student sollte zum Opfer politischer Aagitationen zu schade sein, dafür müßten die Professoren und die älteren Studenten sich selbst energisch einseten. Die nationalen Kreise hätten auch Achtung vor den akademischen Insti⸗ üutionen. Man solle auch an dem Elend der Studenten nicht gefühl⸗ los vorübergehen. Im Jahre 1848 habe die Studentenschaft gegen das feudale Prinzip angekämpft, 1918/1919 ebenso berechtigt gegen den Versuch der Errichtung einer Massenherrschaft. (Zurufe links.) Die Studentenschaft sei immer national gesinnt gewesen.

„Abg. Graue (Dem.): Wir sehen eine Gefahr darin, daß unsere Eehnes Welt nicht mehr die Einheitlichkeit der, Weltanschauung

sitzt. Die Wissenschaft ist in eine kaum übersehbare Menge disvarater Disziplinen auseinandergefallen, und das hat auch praktisch seine Konseqguenzen gehabt, nicht zuaunsten des geistigen Hochstandes unseres Volkes. Uebevall aber wächst uns auch ein neuer deutscher Idealismus entgegen; die sozialen und personellen Gegensätze der

genwart werden dadurch einer Ausgleichung entagegenceführt. Hierin erblicen wir die Aufgabe wahrhaft nationaler Universitäten.

Abg. Dr. Bohner (Dem.) setzt sich mit den Ausführungen des Abg. Lauscher in der gestrigen Sitzung über paritätische Bildung auseinander. Er sei zwar sehr dankbar für die vorgebrachten Gründe, würde es aber mit Herrn Lauscher beorüßen, wenn nicht Jahr für Jahr hier die deutsche Passion aufgeführt und die Wunde am Leih der Nation, die Spaltung nach Bekenntnissen, aufgedeckt würde. Wenn

8 Füichas nur Ausländer Vorteil hätten. (Sehr richtig!)

er Lauscher gesagt hat: „Wir wollen kein katholisches Ghetto“, so der wir ihm dafür dankbar, aber er übersieht doch, was für den katholischen Religions⸗ und Geschichtsunterricht in den, „Richtlinien an Unterweisung vorgeschrieben ist. Weiter ist von ihm das Urteil Harnacks über die geringen Kennmisse der Abiturienten vom Katholi⸗ zismus angeführt worden. Harnack hat aber keineswegs ein Urteil über die paritätische Schule oder über den evangelischen Religions⸗ unterricht fällen wollen. Der Rednex fährt fort, er müsse es für den Religionsunterricht, den er genossen habe, ablehnen, daß dieser Unter⸗ richt nichts vom Katholizismus gelehrt habe. Auch die neuen Richt⸗ linien für das höhere Schulwesen trügen dem Katholizismus im evangelischen Religionsunterricht Rechnung. Sie sähen neben dem Katholizismus des Mittelalters ausdrücklich auch eine Würdigun des modernen Katholizismus vor. In der Simultanschule solle auch die Achtung vor anderen Ueberzeugungen gepflert werden. Das sei der Geschichtsunterricht, den er sich eventuell nur denken könne, wenn er von einem inmnerlich aufgeschlossenen und von der Religion i:m Leben wenigstens einmal lebendig berührten Mann gegeben werde. Im anderen Falle sei Geschichte Biologieunterricht. Bei der Be⸗ handlung der Reformation habe die Simultanschule zu zeigen, daß die Entscheidung zwischen Selbstverantwortung oder Mitverantwortung durch die Kirche keine Entscheidung der Intelligenz, sondern des Gewissens, aber auch keine Entscheidung der Sinne sondern wieder des Gewissens sei. Er fürchte, wenn er das Wort Hebbels, der seine schönste Frauengestalt in ihrer Not sagen läßt: „Ich wollte, ich hätte einen Herrgott wie die Katholischen, damit ich ihm Blumen bringen könnte“, Sie würden sagen: Auch das sei ein Mißverständnis.

Damit schließt die Besprechung über die Universitäten, das Haus geht über zur vierten allgemeinen Besprechung über „Kunst“.

Abg. Annemarie Oestreicher (Soz.): Wir sind Zeugen des Absterbens einer alten, des Aufkommens einer neuen revolutionären Kulturepoche, die nach neuen Formen des künstlerischen Ausdrucks sucht. Hier muß das Volk selbst Richter sein. Mit dem Staats⸗ anwalt entscheidet man über derartige Probleme nicht. Alle Uebel⸗ stände einer Uebergangsperiode treten doppelt 18 hervor. Die Schmerzensschreie der notleidenden Künstler sind erschütternd. Wir haben Anträge vorgelegt, die bezwecken, diese Not 7 lindern. Ueber alle Lußenrpofstischen und inneren Nöte hinweg sollte die Gesamtheit unter dem schwarz⸗rot⸗goldenen Banner 8eget sein, die deutsche Künstlerschaft zu schützen und zu fördern. Has ist der Wunsch vor allem der . Arbeiterschaft und der deutschen Frauen.

Abg. Kimbel (D. Nat.): Wir sind mit den Zuständen in den verschiedenen Akademien sehr 8 zufrieden. In Berlin, in Breslau, in Königsberg, überall sind die Verhältnisse verworren und undurchsichtig. Erkennt man das Handwerk als Grundlage der Kunst an, dann soll man das Interesse, das man den Lehrwerkstätten spendet, auch dem Handwerk zuwenden Heute krankt die ganze künstlerische Erziehung an einen Zwitterzustand. Ich möchte noch anregen, die Einrichtung der großen goldenen Medaille 898 Kunst als Ansporn für die ausstellenden Künstler wieder einzuführen. Zur Förderung des Künstlers dienen nicht Almosen, nicht Darlehen. Das wirksamste Mittel, dem Künstler und der Kunst auf die Bomne gn helfen, sind Aufträge, vor allem Staatsaufträge. Nur eine gute. irtschaft wird die Kunst zu neuer Blüte bringen. (Beifall rechts.),

Abg. Schwering (Gentr.): Ist die altattische Statue echt? Und selbst wenn, mußte dann eine Million Goldmark dafür hingegeben werden? Hundert Künstler hätten jahrelang damit unterstützt werden können. Wie viele von den vier Millionen Berlinern nehmen an diesem Werk Interesse? Was geschieht, auf der anderen Seite vom Staat für die Fercennf der christlichen Kunst? Die Frage der Berliner Museumsbauten schwebt seit 1910 und dürfte vie seüch 1930 gelöst sein. Die Vollendung der Bauten hat sich hingeschleppt nicht nur durch den Krieg, sondern auch durch einen unglaublichen Bürokratismus. Hoffentlich werden die Anträge des Unterausschusses der Sache endlich schnelleren Fortgang geben. Der preußische Staat ist einer der größten Theaterunternehmer. Es besteht heute wirtschaftlich und künstlerisch eine Theaterkrise schlimmster- Arb. Für das Jugendspiel, das sich vielverheißend ent⸗ wickelt, ist leider bei der schlechten Finanzlage aus der Staatskasse nicht viel herauszuholen gewesen. In der Frage der Landesbühnen der Besuchsorgansation arbeitet die ierung immer noch mit einer erstaunlichen C“ Auch hier wird wieder an falscher Stelle gespart. Die beiden Organisationen „Die Volksbühne und „Die Landesbühne“ haben ganz hervorragendes geleistet und bereits eine Reihe städtischer Theaterunternehmungen, wie in Halberstadt vor dem Untergang gerettet. Immerhin muß erwartet werden, daß der Finanzminister auch hier allmählich seinen wahren Vorteil er⸗ kennt. Die Denkmalspflege hat unter der Ungunst der Zeiten schwer leiden müssen, es wird hohe Zeit, daß der Staat sich des Kölner Domes, der Perle des Niederrheins, gründlich annimmt. Preußen wird sich auch in Zukunft in der Plleg⸗ der Kunst von keinem anderen deutschen Lande, auch nicht von yern, übertreffen lassen. (Beifall im Zentrum.)

Abg. Buchhorn (D. Vp.) wirft die Frage auf, was das Ministerium tue, um die Erneuerung des innerdeutschen Menschen insbesondere um die Grundlage 8 diese Erneuerung 9 erhalten, nämlich die Schrifbsteller, Maler, Bildhauer, Tonsetzer, Radierer, deren Elend kaum zu ermessen sei. Er verweist auf die vorbildliche Tätigkeit des Verbandes Deutscher Erzähler, dessen Mittel aber natürlich auch nur beschränkt seien. Dank gebühre Thomas Mann, der seinen letzten Abend in den Dienst der Wohl⸗ tätigkeit gestellt habe. Vielleicht sei es möglich, solche Abende über ganz Preußen und Deutschland auszudehnen. Es sei ganze Arbeit, namentlich in den kulturell gefährdeten Grenzgebieten, zu leisten. Natürlich müsse die Kunst, die auf den Theatern geboten werde, deutsche Kunst sein im Sinne Schillers und Wagners. Er bitte das Ministerium, seine Aufmerksamkeit auf die Ver„rotterung und Vertvustung hinzulenken. b angesichts der Not unter den deutschen Künstlern gerade jetzt der Augenblick geeignet sei, die vielgenannte attische Göttin zu erwerben, das 1-e. d werden. Weiter fragt der Redner, ob das Ministerium bei dem rlaß ages letzten Denkschrift über die Musikpflege auch die berufenen Verbände zu Rate gezogen hätte; er erkundigt 8 ferner nach dem Stand der Arbeiten für das Gesetz zum Schutze der Baudenkmäler und der Natur und verweist auf die Bestrebungen des Bundes „Heimatschutz“, die nutzbar zu machen sich das Ministerium angelegen sein lassen solle. Die Museen müßten für die Wiederaufbauarbeit des inner⸗ deutschen Menschen nutzbar gemacht werden durch möglichste Be⸗ eitigung aller Hommungen, die einem Besuch entgegenstünden und 8— der Fühvungen durch anregende Vorträge. Zu enafele ei die Schaffung eines Staatsvpreises für bildende Künstler aue dem Gebiet der Malerei, der Plastik und der Architektur, der aber dann, anders als der Schillerpreis, auch wirklich verteilt werden müßte. Der Federkampf um die Museumsneubauten, hinter dem ohne Fraße wieder Exzellenz von Bode stehe, müsse zu einem Ende gebracht werden. Zu billigen seien die Anträge des Hauptausschusses. Der Redner verwahrt sich dagegen, daß er sich, wie in Zeitungsmeldungen 1 lesen gewesen wäre, einseitig durch die Herren Hoffmann und Wille hätte unterrichten und irreführen lassen. Er habe sich immer dafür eingesetzt, daß Hand in Hand mit den Museumsbauten auch die Innenbauten gefördert werden müßten, daß vor allen Dingen der Pergamon⸗Altar aufgestellt und der Oeffentlichkeit zugänglich ge⸗ macht werden sollte. Auch in diesen Museumsneubauten sei ein gut Teil des praktischen Wiederaufbaues unseres Volkes eingeschlossen.

Abg. Kerff kritisiert die heutige Theaterkultur. Der Not der Künstlerschaft wolle auch serne Partei abhelfen. Es sei aber der Künstler nicht würdig, bei der Bourgeoisie betteln zu gehen.

Abg. Dr. Gertrud Klausner (Dem.) schildert die Rot der Künstler. Es sei zu begrüßen, daß sich die Organisationen zusammen⸗ hüa hätten zu gemeinschaftlichem Handeln. Hoffentlich lasße sich taatlicherseits eine dauernde Hilfe ermöglichen, ebenso wie Kredite für und Landwirtschaft gewährt worden seien. Es bedürfe der Wiederherstellung und Erhaltung der künstlerischen Produktions⸗ fähigkeit. Auch andere Länder und Stadtgemeinden, wie Dresden, hätten große Mittel zur Verfügung gestellt. Die Schetlen sollte man künstlerischer ausgestalten; da könnte man den Künstlern gute Arbeit geben. Er könne es gleichfalls nicht billigen, daß 1 000 000

für den Ankauf der attischen Göttin ausgegeben worden sei, wo⸗ durch gleichsfalls weder die Stadt Berlin veranlaßt werde 200 000 auszugeven. Angesichts der hlot der Künstler sei dieser Aderlaß 2

startk. Die zuständigen Stellen der Länder sollten sich im Interesse

der deutschen Kunst mit dem Reichskunstwart in Verbindung eine

it ei t fen werde, denn wir hätten vam bhne Ben scheelc flcn sonserk ens veutsee Kunft. Vor bildlich sei die neue Anordnung im Völkerkundemuseum, die eine ausgezeichneten Ueberblick gestatte. Möge hier ein Ansporn gegeben sein auch für andere 85 Die Rednerin bespricht zum Schluß die Verhaltnisse auf den Akademien Königsbergs und wendet sich gegen die Beschrankung der Künstlerfreiheit. Die Landesbühnenorganisatton bedurfe regster Foörderung.

Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung D. Dr. Becker: Meine Damen und Herren! Ich kann nur meine freudige Zustimmung erklären zu den Schlußworten meiner Frau Vorrednerin. Ich habe schon in meiner Etatsrede bei der Generaldebatte ausführlich die Frage der Not der Künstler behandelt. Ich hielt es für richtiger, gleich am Anfang diese Frage zu behandeln, als das Interesse an der Kulturdebatte noch lebhafter war, als es schließlich am letzten Tage zu sein pflegt. Ich habe es für richtiger gehalten, gleich da diese so unendlich brennende und wichtige Frage der Versorgung unserer Künstler zu behandeln. Des⸗ wegen darf ich heute wohl auf meine damaligen Ausführungen hin⸗ weisen. Wenn ich heute darauf zurückkomme, so geschieht es, weil diese Frage wieder von verschiedenen Rednern im Zusammenhang mit der Frage der attischen Statue der stehenden Göttin angeschnitten worden ist. Es ist zunächst die Frage auf⸗ geworfen worden, ob diese Statue echt sei. Sie wissen alle, daß das ein schwieriges und rein fachgemäßes Problem ist und daß ein Minister natürlich nicht im Einzelfall das nötige Sachverständnis besiten kann. Das kann ich auch nicht, das gehört nicht zu meiner Kom⸗ petenz. Aber ich kann Ihnen versichern, daß beinahe alle be⸗ deutenden Archäologen in Deutschland, insbesondere die beamten mäßig verantwortlichen Archäologen unserer Museen, darüber absolut nur ein Urteil haben, nämlich, daß die Statue echt ist.

Was nun die finanzielle Seite der Sache betrifft, so muß ich doch hier anerkennen, daß Direktor Wiegand mit einem nur seinem persönlichen Charisma eigenen Talent es fertiggebracht hat, in einer Zeit, wo fast für nichts Geld da ist, tatsächlich Mittel in erheblichem Umfange mobil zu machen. Wenn gesagt worden ist, die Mäzen sollten das Geld lieber bedürftigen Künstlern zuwenden, so tun sie es einfach nicht; sie denken gar nicht daran. Dazu gehört eine Per⸗ sönlichkeit von dem gewaltigen, aufrührenden, begeisterungsfähigen Charakter, wie sie Herr Wiegand ist, um den Herren, denen es jetzt wirklich nicht darum zu tun gewesen ist, irgendwie Geld auszugeben für einen speziellen Zweck, die Notwendigkeit klarzumachen, hier die nötigen Mittel zur Verfügung zu stellen. Was waren das für Ge dankengänge? Sie waren, daß wir in unserem antiken Museum gerade auf archaischem Gebiete eine ganz wunderbare, fast einzigartig dastehende Sammlung besitzen. In diese Sammlung paßt nun gerade dieser seltene Fund, um den es sich hier handelt, so vorzüglich hinein, daß dadurch die archaische Sammlung der Berliner Museen zu einer

Weltattraktion würde und daß dadurch eine solche Fülle von Inter⸗ essen ausgelöst wird, so viel Leute nach Berlin kommen werden, daß

die Millionen, die hier investiert sind, auf indirektem Wege dem Staate wieder zugute kommen werden. 1

Wie hoch sind denn diese Mittel? Meine Damen und Herren! Die Sache war so: 800 000 Mark waren von privater Seite, von der Stadt Berlin und vom Reich zusammengekommen. Und nun handelte es sich darum: sollten wir bei dieser Sachlage dieses Werk uns ent⸗ gehen lassen, wo neue Staatsmittel nur in Höhe von 100 000 Mark notwendig waren? Diese 100 000 Mark hat der Herr Finanz⸗ minister zur Verfügung gestellt; weitere 100 000 Mark stammen aus laufenden Mitteln des Museums, die für Neuanschaffung bestimmt sind, so daß wir tatsächlich mit bloßen 100 000 ℳ, die außeretatlich bewilligt worden sind, dieses gewaltige Kunstwerk in unseren Besitz haben bringen können. Ich persönlich kann nur dem Herrn Finanz⸗ minister auch bei dieser Gelegenheit meinen aufrichtigen Dank dafür

aussprechen, daß er dieses große Verständnis für unsere Sammlungen

bewiesen hat. Meine Damen und Herren! In diesem Zusammenhange darf ich, da ich bei den Museen bin, vielleicht gleich Stellung nehmen zu der Frage des Museumneubaues: zu der Angelegenheit, für die ja ein Unterausschuß gebildet war, der zu ganz bestimmten Formulierungen gekommen ist. Zu diesen Formulierungen möchte ich Punkt für Punkt folgendermaßen Stellung nehmen: 8 Zu dem ersten Beschluß habe ich zu sagen, das über dem Nord⸗ flügel befindliche Glasdach ist während der Kriegszeit mit unzu reichenden Materialien hergestellt worden. Die Bauleitung trif kein Verschulden. Ich erachte es als selbstverständliche Pflicht der Regierung, die erforderliche Umdeckung dieses Glasdaches so vorzu⸗ nehmen, daß die Museumsverwaltung mit dem Gefühle vollkommener Sicherheit die wertvollen Museumsschätze in diesen Bauteilen zur Aufstellung bringen kann. 1 Zu 2. Die gotischen und romanischen Räume, die heute im Nordflügel des Museumneubanes zwar nicht, wie fälschlich in der Oeffentlichkeit behauptet wurde, fertiggestellt, aber im Rohbau stehen, wurden während der Kriegszeit nicht nur gegen den aus⸗ drücklichen Widerspruch des leitenden und für die künstlerische Durchführung verantwortlichen Architekten, des Geheimen Baurats Dr. Ludwig Hoffmann, ausgeführt, sondern auch im Widerspru 1 zu dem Beschluß der Museumbaukommission, die ihre Herstellung in Rabitz verlangte. Wie dies möglich gewesen ist, entzieht sich zu meinem Bedauern der Nachprüfung. Die Bauleitung lehnt die Verantwortung für diese in Angriff genommenen Teile des inneren Ausbaues ab. Da nun imitative Stilräume den Charakter eines

neuzeitlichen Museumgebäudes nicht mehr entsprechen und solche

Räume die Verwaltung für alle Zeiten in ihrer Verwendung fest⸗ legen würden, so bin ich entschlossen, hier eine Umgestaltung vorzu⸗ nehmen (sehr gut!), zumal nennenswerte finanzielle Aufwendungen nicht in Betracht kommen. Nach den hoffnungsvollen Ansätzen neuer musealer Raumgestaltung, wie sie unter der Leitung des Regierungs⸗ und Baurats Wille in dem Tell⸗Amarna⸗Saal des Neuen Museums und dem Umbau des Völkerkundemuseums soeben zur Ausführung gelangt sind, habe ich das Vertrauen zu der Bau⸗ leitung, daß sie auch den Innenausbau der Neubauten f der Museumsinsel zu voller Zufriedenheit der Museumsverwältung und der Oeffentlichkeit ausführen wird.

Zu 3: Der Wunsch des Hauptausschusses, daß der noch fehlende Vorbau am Pergamonsaal und die die vorderen Teile verbindende Säulenhalle baldmöglichst ausgeführt werden, ist selbstverständlich; denn es bedarf keiner Erörterung, daß der Bau in unvollendetem

erhalten wünschte. Die Künstler haben das ja selbst beantragt, sonst hätte ich bei meinen Bedenken gegen einen Juristen einen andern

1 leicht eine falsche Vorstellung davon hat, wie sich das Vorgesetzten⸗ verhältnis eines Direktors einer Kunstakademie gegenüber den unter

die Verwaltung in der Hand, und die Künstler sind ja so dankbar, wenn ihnen die Verwaltung abgenommen wird und sie sich in vollem Umfeange ihren eigentlichen künstlerischen Aufgaben widmen können. Sie können überzeugt sein, daß der neue Direktor nicht ihre Bilder korrigieren und sich auch nicht um ihre Modelle kümmern wird.

über diese Frage mehrfach im Ausschuß unterhalten.

möglichen Instanzen und Verbände ich glaube, 22 worden, und diejenigen, die sich jetzt dagegen wehren, größten Teil auch vorher gehört worden. ins einzelne ausführlich im Ausschuß auseinandergesetzt. Nexuerungen, die so energisch eingreifen daß eingegriffen werden mußte, darüber sind sich alle Instanzen einig, und daran ist nicht mehr zu ändern —, geht es ohne Kritik nicht ab. Wir können jetzt,

treten lassen. Interessenten, die in außerordentlicher Regsamkeit die Presse mobil machen, irre machen, daß hier tatsächlich eine große Verbesserung eingetreten ist.

sind, wie wir aus einer großen Fülle von Resolutionen und Adressen, die wir in diesem Punkte bekommen haben, nachweisen können.

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Etat diese Mittel ganz bedeutend erhöht werden.

Zustande einen unbefriedigenden Eindruck macht. (Sehr richtig!) Die in der Oeffentlichkeit geäußerte Befürchtung, daß durch Inan⸗ griffnahme dieser Bauteile der besonders dringliche Innenausbau irgendwie verzögert werden würde, ist unbegründet, zumal feststeht, daß die Heranschaffung des benötigten Baumaterials mehrere Jahre erfordern wird. Die Staatsregierung wird nach objektiver Abwägung aller Verhältnisse den Auftrag zur Inangriffnahme dieser Bauteile unbeschadet des Innenausbaues dann erteilen können, wenn die finanzielle Sicherstellung feststeht, und wenn die Stadt Berlin sich bereit erklärt haben wird, die Brücke über den Kupfergraben auf ihre Kosten durchzuführen, wie dies dem ursprünglichen Bauvorhaben und der dem Landtage im Jahre 1922 vorgelegten Denkschrift entspricht.

Zu 4: Die Aufstellung eines weitergehenden Bauprogramms wird sich ermöglichen lassen, sofern der Rahmen nicht zu weit gespannt wird. Seine Durchführung hängt vann wesentlich von den zur Verfügung stehenden Mitteln ab. Endlich möchte ich nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, daß es das Kultusministerium stets als seine selbstverständliche Pflicht betrachtet hat und dies auch in Zukunft tun wird, der Bauleitung ihre Aufgabe möglichst zu erleichtern. Bürokratische Hemmungen bestehen nicht.

Meine Damen und Herren! Dann ist weiter die Angelegen⸗ heit des Reichskunstwarts erörtert worden. Ich möchte nach den Aeußerungen meiner Vorrednerin doch einmal feststellen, daß auf Grund der Reichsverfassung Kunst⸗ und Kulturpflege Sache der Länder ist. Die Aufgabe des Reichskunstwarts ist groß und bedeutungsvoll. Er hat nämlich im wesentlichen die Aufgabe, bei den Reichsressorts dafür zu sorgen, daß bei den großen Bauunter⸗ nehmungen und sonstigen Unternehmungen das künstlerische Prinzip sich durchsetze. Das ist die Aufgabe des Herrn Reichs⸗ kunstwarts. Alle anderen Aufgaben sind im wesentlichen Sache der preußischen Kunstverwaltung. Wenn manchmal in der Oeffentlichkeit kleine Mißverständnisse über die Kompetenz des Reichskunstwarts entstehen, so nimmt mich das nicht wunder. Wenn aber selbst eine so sachverständige Rednerin wie die Frau Abgeordnete Dr. Klausner hier eben sagen konnte, daß in Preußen eine analoge Einrichtung zu fehlen scheine, so muß ich gestehen, in Preußen haben wir nicht nur einen preußischen Kunstwart, eine Einzelpersfönlichkeit mit außerordentlich vagen Befugnissen, sondern in Preußen haben wir eine verantwortliche Kunstverwaltung (sehr richtig!), die genau die gleiche Aufgabe, nur in einem viel weiteren und viel größerem Umfange hat. Ich bedauere es außerordentlich, daß es möglich gewesen ist, diese Kunstverwaltung, für die ich ver⸗ antwortlich zeichne, so vollkommen zu übersehen. (Heiterkeit.)

Meine Damen und Kerren, ich bedauere weiter, daß ich auch in der Frage der Prähistorik mit der geschätzten Vorrednerin nicht ganz übereinstimmen kann. Wenn uns das, was Polen auf diesem Gebiete leistet, hier als leuchtendes Vorbild hingestellt wird, so möchte ich sagen: was die wissenschaftliche Unterbamung betrifft, nämlich die Erforschung der ganzen Besiedlung des Ostens, so beruht das im wesentlichen auf deutschen Vorarbeiten. Und dann die sach⸗ liche Organisation. Gewiß, in Polen zieht man die Sache etwas anders auf als bei uns, aber ich glaube, daß bei uns, wenn auch unsere Organisation anders ist, mindestens ebenso viel geleistet wird wie in Polen, und daß wir mit dem Erfolg unserer Prähistorik und ihrer Organisation zurzeit durchaus zufrieden sein können.

Dann ist mir vorgeworfen worden, daß ich einen Juristen zum Direktor der Akademie in Königsberg gemacht habe. Nun, ich muß ehrlich sagen, daß mir das äußerst unbehaglich war. Ich habe mich im Ministerium immer und immer wieder dagegen gesträubt, an diese Stelle einen Juristen zu setzen, aber Sie wissen alle, welche Schwierigkeiten wir mit Königsberg in den letzten Jahren hatten. Die Frage, wer an die Spitze einer Kunstakademie gestellt werden soll, ist ausschließlich eine Frage der Persönlichkeit. (Sehr richtig! bei der Deutschen Volkspartei.) Ich kann versichern: es ist schon schwer, Professoren zu regieren, aber Künstler zu regieren, ist nahezu unmöglich. (Heiterkeit.) Dazu gehören ganz besondere Talente, und wenn wir eimnal einen Mann finden, welcher Vor⸗ bildung auch immer, der diese Talente besitzt, so werden wir ihm gern diesen Posten übertragen, und um so mehr, wenn die Künstle schaft trotz meiner Zurückhaltung gerade diesen Mann als Chef zu

Mann an diese Stelle gesetzt. Dann muß ich auch sagen, daß die Frau Vorrednerin doch viel⸗

Man kann eigentlich Der Direktor hat

seiner Leitung schaffenden Künstlern auswirkt. von einem Vorgesetztenverhältnis nicht reden.

Was dann den Musikerlaß betrifft, so haben wir uns ja Ich möchte die Bitte an Sie hier richten: Lassen Sie sich diese viel umstrittene Angelegenheit erst einmal auswirken. Wir werden in 1, 2 Jahren ein ganz anderes Urteil darüber haben. Es sind alle nur irgend gehört sind zum Ich habe das alles bis Bei großen

ehe wir sehen, wie sich das auswirkt, auch keine Aenderungen ein⸗ Ich bitte dringend, lassen Sie sich nicht durch einzelne

Ich glaube, daß die überwiegende Mehrheit der musikpflegenden Interessenten mit dem Erlaß durchaus einverstanden

Abg. König⸗Swinemünde Soah. Der Finanzminister zeigt genüber der Bedeutung der Volksbühnenorganisation eine höchft edauerliche Engherzigkeit. Was soll der Landesbühnenverband

mit den 100 000 Mark anfangen, die er gütigst hergeben will?

Wir haben 800 000 Mark gefordert. Jedenfalls müssen im nächsten

Abg. Dr. Bohner (Dem.) bedauert, daß kein Wort des Be⸗

von Moriz Heimann, der doch nicht der erste Beste, sondern ein bedeutender Dichter sei, nicht habe geschützt werden können. Das Verbot der jüngstdeutschen revolutionären Literatur sei eine kulturelle Dummheit. Sei das Kultusministerium für Vogel⸗ freiheit des Schriftstellers?

Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung D. Dr. Becker: Ich möchte nur ein ganz kurzes Wort dazu sagen. Wir haben jetzt ausdrücklich Kunstausschüsse gerade zur Sicherung der Fragen gebildet, die Sie angeschnitten haben, und die Goethe⸗ Bünde haben neuerdings auf ihrer Zusammenkunft in Bremen be⸗ schlossen, daß diese Dinge auch in anderen Ländern eingeführt werden möchten. Wenn gesagt worden ist, es wäre wünschenswert gewesen, daß wir in bezug auf den Schriftsteller Heymann auch in anderer Weise in die Erscheinung getreten wären, als es heute morgen ge⸗ schehen ist, so kann ich hier nur aussprechen, daß wohl die einzige Bühne, glaube ich, die den „Armand Charell“, ein Werk von Hey⸗ mann, in Seene gesetzt und aufgeführt hat, gerade die preußische Staatsbühne gewesen ist. (Abg. Dr. Bohner: Hätten Sie es jetzt nicht wiederholen können, und hat seine Familie ein Telegramm bekommen? Ich glaube nicht!)

Abg. Dr. Waentig (Soz.): Wir treten den Ausschuß⸗ anträgen betreffs der useumsbauten bei und lehnen die Amendements der Rechten ab.

Damit ist auch diese letzte allgemeine Besprechung beendet. Das Haus wendet sich zur Einzelbesprechung.

Dr. Bachem (D. Nat.) legt bei den dauernden Aus⸗ gaben Protest ein gegen die Stellungnahme des Finanzministers, der die Aufwendung von Staatsmitteln für die Kulturpropaganda in den Rheinlanden für unnötig erklärt und damit die Dinge fast auf den Kopf gestellt habe. Er fragt, welche Stellung der Kultus⸗ minister zur Frage einnehme.

Abg. Dr. Steffens (D. Vp.) tritt dafür ein, daß die Uni⸗ versität Königsberg, die im abgeschnürten Gebiet liege, konkurrenz⸗ läühah gemacht werde und die bezüglichen Etatsfonds entsprechend erhöht werden. Es gelte die Aufrechterhaltung des Deutschtums.

„Ein Ministerialrat gibt eine entgegenkommende Er⸗ klärung ab. Der Sonderfonds werde voraussichtlich beträchtlich erhöht werden können.

Ueber die Nutznießung, die der Universität Greifswald aus der Zweiquadratmeilen⸗Grundstücksschenkung der pommerschen Herzöge se tehen, sowie über die von ihr verliehenen Ehrendoktorate setzen siich die Abgeordneten Dr. Kähler (D. Nat.), Meincke (Dem.) und Dr. Waentig (Soz.) auseinander.

Abg. Schwarzhaupt (D. Vp.) befürwortet für die Uni⸗ versität Kiel eine Erhöhung der Aufwendungen für die Bibliothek. Auch für die Universitäten Göttingen und Bonn werden Spezial⸗ wünsche vorgetragen; desgleichen für den Ausbau des Seminars in Braunsberg.

Abg. Stolt (Komm.) führt über die Lücken in den Beständen der Staatsbibliothek hinsichtlich der neuesten wirtschaftlichen und politischen Literatur lebhafte Beschwerde.

Abg. Lukassowitz (D. Nat.) stellt beim Volksschulwesen aufs bestimmteste in Abrede, sich um die Versetzung oder Ver⸗ drängung amtierender Schulräte bemüht zu haben, und beruft sich auf schriftliche Zeugnisse, die die angeblichen Opfer seiner Be⸗ mühungen zu seinen Gunsten abgelegt 8

Ein Vertreter des Ministeriums entgegnet, daß die vom Minister gegebene Auskunft sich auf dieselben Gewährs⸗ männer gestützt habe.

. Abg. Kerff (Komm.) fordert das Verbot der Prügelstrafe in der Schule.

Abg. Quaet⸗Faslem (D. Nat.) verweist auf die Verdienste der deutschen Turnerschaft im Interesse der Volksgesundung.

Abg. Bachem (D. Nat.) verliest einen Brief eines Kreis⸗ schulrats, der unter der Lehrerschaft die systematische Nachforschung nach der politischen Stellung empfehle. Der Redner fragt, ob das Ministerium ein solches Verfahren billige.

Der Staatssekretär ersucht den Redner, ihm das Material zur weiteren Prüfung zugehen zu lassen.

Abg. Krischick (D. Nat.) kommt auf die Rede des Abgeord⸗ neten Baszewski vom 4. November zurück, die an demagogischen Uebertreibungen ihresgleichen suche.

Abg. Voß bett) nimmt bei der geistlichen Verwaltung Gelegenheit, den gegen den Pastor Münchmeyer von der Linken erhobenen Vorwurf zurückzuweisen, daß dieser konfessionelle Hetze getrieben habe.

Abg. Alwine Wellmann (Soz.) trägt demgegenüber dern Wortlaut einer vor Stahlhelmleuten gehaltenen Predigt vor, um zu beweisen, daß jener Vorwurf vollauf berechtigt sei.

Abg. Dallmer (D. Nat.) protestiert gegen die fortdauernden Ueberschreitungen des Rahmens der Einzelbesprechung.

Präsident Bartels gibt dem Vorredner Recht, stellt aber gleichzeitig fest, daß diese Verstöße gegen die Geschäftsordnung von den Rednern aller Parteien begangen worden sind.

Zu den einmaligen Ausgaben ergibt sich eine wesentliche Erörterung nicht mehr. Damit ist die zweite Beratung des Haushalts für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung und die Tagesordnung erledigt.

Nächste Sitzung Mittwoch, 12 Uhr: Dritte Lesung der Novelle zum Finanzausgleich, kleine Vorlagen, Haushalt der preußischen Staatsbank in Verbindung mit dem Bericht des Barmat⸗Ausschusses. 8 8 8

Schluß 8 % Uhr.

Parlamentarische Nachrichten.

W“ NEE des Reichstags wurde gestern die Beratung über den Antrag des Abg. Dr Everling (D. Nat.) fortgesetzt, der die Sim bE“ der Amts⸗ gerichtsanwälte beiden zuständigen Landgerichten wünsccht. Nach ausführlicher Diskussion wurde der Antrag laut Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger mit 14 gegen 10 Stimmen abgelehnt. Angenommen wurde ein An⸗ Abg. Schulte (Zentr.), dem § 3 der Rechtsanwalts⸗ ordnung vom 1. Juli 1878 v. hen Fassung zu geben: „Der bei dem Amtsgericht zugelassene Rechtsanwalt ie af seinen Antrag zugleich bei dem Landgevicht, in dessen Bezirk das Amtsgericht seinen Sitz hat, sowie bei den im Bezirk des Landgerichts befindlichen Kammern für Handelssachen zuzulassen. Die Zulassung unterbleibt, wenn sie nach dem übereinstimmenden Gutachten des Oberlandes⸗ gerichts und des Vorstands der Anwaltskammer nicht im Interesse der Rechtspflege liegt.“ Hierzu wurde ein Zusatzant des Abg. Wegmann angenommen, der dem § 9 der Rechts⸗ anwaltsordnung elgehae Uebergangebestimmungen anfügt: 1. Das Gesetz tritt mit dem 1. Januar 1926 in Kraft, 2. die Landesjustiz⸗ verwaltungen werden ermächtigt, Vorschriften 9 nach denen mit Wirkung bis zum 31. Dezember 1930 die Geltung des 8 9 der Rechtsamvaltsordnung in seiner neuen Fassung auf einen Teil der bei den Amtsgerichten zugelassenen Rechtsanwälte beschränkt wird. Es folgte die Beratung des Gesetzentwurfs über die Ge⸗ bühren der Zeugen und Sachverständigen. Nach der -genwärtig geltenden fünften Verordnung über die Gebühren der eugen undd werständigen vom 21. Dezember 1920 in Verbindung mit § 2 der zweiten Durchführungsvervordnung zum Münzgesetz vom 12 zember 1924 betragen die den Zeugen für Zeitversäumnis zustehenden Entschädigungen 5 bis 75 Reichspiennige und die den Sachverständigen zustehende Vergütung höchstens 1,50 Reichsmark

dauerns vom Regierungstische darüber gefallen sei, daß die Leiche

für jede —2ö1 Stunde. Diese Beträge, für deren Bemessumg die besonderen Verhältmsse beim Abschluß der Inflationszeit

gebend gewesen sind, haben sich nach Ansicht der Regierung im Laufe der seitdem verflossenen Zeit als unzureichend erwiesen. Die Reichs⸗ regierung schlägt deshalb vor, zu den Entschädigungssätzen des Gesetzes vom 10. Jun 1914 zurückzukeohren und ebenso das Kilometergeld für Wegestrecken, die nicht unter Benutzung von Transportmitteln zurückgelegt werden, . der früheren Regelung von 5 auf 10 Reichspfenmige zu erhöhen. Der Ausschuß nahm die Regterungs⸗ vorlage ohne Aenderung an. Nunmehr wandte sich der Ausschuß einom Gesetzentwuef zur Ergänzungder Reichsverfassung zu. Von seiten der Regierung wude der Entwurf damit begründet, daß die neue Reichsverfassung davon absehe, außer den im Art. 48 Abs. 2 dem -eew zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gegebenen Befugnissen dem Reiche ein Notverordnungsrecht für die Zeit, in welcher der Reichstag nicht versammelt ist, zu geben. Die Verhältnisse der Nachkriegsze t, besonders die schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse, die sich als Folge des Versailler Vertrags entwickelten, zeigten jedoch, ein solches Notverordnungsrecht für das Reich ein dringendes Bedürfnis ist. Namentlich in den langen 15 chnitten, die sich wãhrend der Auflösung eines Reichstags u⸗ dem Uih. ne, weh 2,, des neuen Reichstags in den letzten Jahren zweimal ergeben haben, war es vielfach nicht möglich, mit dem Erlaß von Rechtsvorschriften, be⸗ sonders auf wirtschaftlichem Gebiete, bis zum Zusammentritt des neuen Reichstage zu warten. Da eine andere Regelung fehlte, blieb nichts anderes übrig, als den Art. 48 der secsꝛereas in einem Umfange anzuwenden, der zwar nach Auffassung der Reichsregierung verfassungsrechslich zulässig war, aber 89 namhaften Rechtsgelehrten als zu weitgehend erschien und staatspo itisch jedenfalls unerwünscht ist. Art. 48 war in erster Linie für Maßnahmen polizeilichen und militärischen Charakters als äu aster Notbehelf gedacht. Die Notwerdigkeit, ihn für gewöhnliche Ä zaben der laufenden Gesetz⸗ gebun anzurwenden, sollte daher mögfichft eingeschränkt werden. Die Reichsregierung schlägt daher vor, ihr in der Zeit, in welcher der Reichstag nicht versammelt ist, d. h. in den Zeiten zwischen wei Wahlperioden oder Tagungen, sorvie auch in der Zeit von Vertagungen zur Beseitigung ungewöhnlicher Notstände ein Not⸗ verordnungsrecht zu geben, das an die Zustimmung des Reichsrats und des Reichstagsausschusses 5 Wahrung der Rechte der Volks⸗ vertretung geknüpft ist. e von der Reichsregierung erlassenen Verordnungen sollen die Kraft von Reichsgesetzen haben, müssen aber von der Reichsregierung auf n werden, wenn der Reichstag dem sie alsbald vorzulegen sind, ihre Aufhebung verlangt. Nach längerer Aussprache, in der die hochpolitische Seite der Angelegen⸗ heit zum Ausdrvuck kam und insbesondere über eine eventuelle Ein⸗ schränkung der Vollmachten debattiert wurde, die durch den Art. 48 der Reichsverfassung dem Reiche und den Lä⸗ gegeben sind, wurde beschlossen, die Sache zunächst bis Mitte Dezember zu vertagen. Heute wird sich der Rechtsausschuß mit Art. 35 der Keichsverfafsung (Imnumität der Ausschußmitglieder) beschäftigen.

Handel und Gewerbe. Berlin, den 7. November 1925. Telegraphische Auszahlung.

6. November Geld Brief 1,744 1,748 4,197 4,207 1,776 1,780 2,375 2,385

20,338 20,388 4,195 4,205 0,627 0,629 4,315 4,325

168,84 169,26 5,84 5,86

19,015 19,.055 80,63 80,83 10,55 10,59 16,54 16,58 7,43 7,45 104,52 104,78

21,225 21,275 85,29 85,51 16,92 16,66 12,415 12,455 80,86 81,06 3,035 3,045 59,94 60,10

112,13 112,41 59,13 59,27 5,88 5,90

7. November Geld Brief 1 Pap.⸗Pes. 1,739 1,743 C 1 kanad. 8 4.197 4,207 Japan .c1 Yen 1,773 1,777 Konstantinopel 1 fürk. 2 2,39 2,40 London ... 1 £ 20,333 20,383 ¹ 1 1

Buenos⸗Aires. Canada ....

New York. . 1 ½ 4,195 4,205 Rio de Janeiro 1 Milreis 0,626 0,628 Uruguay. Goldpeso 4,315 4,325

Amsterdam⸗ Rotterdam 100 Gulden 168.84 169,26 100 Drachm. 5,84 5 86

EEE111X“

Brüssel u. Ant⸗ werpen 100 Fres. 19,03 19,07 Danzig ... .. 100 Gulden 80,63 80,83 Helsingfors 100 finnl. 10,55 10,59 Ftalien ... . 100 Lire 1663 16,67 100 Dinar 7,43 7,45 100 Kr. 104,44 104,70

Jugoflavien .. Kopenhagen .. Lissabon und

Oporto . 100 Escudo 21,225 21,275

EIII“ 85,21 85,43

Paris 100 Fres. 16,94 16,98

Prag .. 600 12.415 12 465

100 Fres. 80,84 81,04

100 Leva 3,035 3,045

100 Peseten 59.93 60,07

Schweiz..

Sosia. 100 Kr. IIIIͤg1Ib 100 Schilling! 59,13 59,27

Spanien... Stockholm und 100 000 Kr. 5,875 5.895

Gothenburg. ö“ Budapest..

Ausländische Geldsorten und Banknoten.

6. November Geld Brief 20,50 20,60

422 424

4,19 4,21 4,179 4,199 1,721 1,741 0,61 0,63

20,295 20,395 20,293 20,393

18,95 19,05 3,01 3,03 104,29 104,81 80,40 80,80 10,505 10,565 16,87 16,95 168,43 169,27

7. November 1 Geld Brief Sovereigns 20 Fres.⸗Stücke üeae Gold⸗Dollars. 4,215 4,235 Amerikanische: 1000 5 Doll. 1 4,19 4,21 2 und 1 Doll 1 4,18 4,20 1 1,717 1,737 1 0,61 0,63

Argentinische Brasilianische Englische: große 20,288 20,388 1 Au darunter 1 88 20,287 20,387 Türkische... 1 türk. Pfd. Belgische ... 100 Fres. 18,97 19,07 Bulgarische .. 100 Leva 3.005 3,025 Dänische.. 100 Kr. 104 21 104 73 Danziger. 100 Gulden 80,45 80,85 100 finnl. 10 505 10,565 100 Fres. 16,88 16 96 100 Gulden 168,48 169,32 16,61 16,69

Finnische .. . Französische.. 100 Lire 16,55 16,63 100 Dinar 1I“ ZZ1“ 85,01 85,43

Holländische Italienische: 100 Kr. 85,06 85,48 100 Lei

über 10 Lire Jugoflavische Norwegische 100 Lei 100 Kr. 111,90 112,46 111,87 112,43 100 Fres. 80,72 81,12 80,70 81,10 59,72 60,02 59,77 60,07

Rumänische: 1000 Lei .. 100 Peseten 100 Kr 12.375 12,435 12,375 12,435 12,375 12.435 12,375 12 435

unter 500 Lei Schwedische 100 Kr. 100 Schilling! 58,97 59,27 59,00 59,30 5,84 5,88

ap.⸗Pes. Milreis

Svpanische . .. Tschecho⸗slov.: 5000 Kr. ..

1000 Kr u dar Oesterreichische.

Schweizer Ungarische.. 100 000 Kr.

und im Falle einer besonders schwierigen Leistung 3 Reichsmark