1925 / 293 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 15 Dec 1925 18:00:01 GMT) scan diff

Regierung glaubt, der Hoffnung Ausdruck geben zu können, daß eine Zustimmung des Reichsrats möglich ist.

Die Rücksichtnahme auf die Interessen der Länder und Ge⸗ meinden läßt es der Reichsregierung weiter geboten erscheinen, mit der Gewährung einer Beihilfe über die sechste Besoldungsgruppe nicht hinauszugehen. Die Reichsregierung stellt sich auf diesen Stand⸗ punkt, obwohl sie sich sehr bewußt ist, daß auch bei den höheren Besoldungsgruppen wichtige Gesichtspunkte für eine Erleichterung der Lage der Beamtenschaft sprechen. Angesichts der außerordent⸗ lichen Notlage, in der sich durch die steigende Erwerbslosigkeit weite Teile des deutschen Volkes befinden, erscheint es indessen geboten, die Bereitstellung der nach der Finanzlage des Reichs, der Länder und Gemeinden sehr eng bemessenen Mittel auf die Fälle der größten Bedrängnis zu beschränken. Die Gewährung einer einmaligen Beihilfe an Teile der Beamtenschaft angesichts der schwierigen Verhältnisse in weiten Kreisen der privatrechtlichen Arbeitnehmerschaft trägt auch in der Begrenzung bis zur sechsten Klasse den Besonderheiten des Beamtenverhältnisses Rechnung. Geht man allgemein von den Notzuständen als Grundlage für die Gewährung der Beihilfe aus, so hat der Vorschlag, für den die Reichsregierung hiermit eintritt, gegenüber dem Beschluß des Haushaltsausschusses auch den Vorzug, daß er in seinem ganzen Aufban die sozialen Erfordernisse in stärkerem Maße berücksichtigt. Denn dieser Vorschlag sieht nicht nur ausdrücklich einen Mindest⸗ betrag von je 30 Mark für den Unverheirateten und je 5 Mark für jedes Familienglied vor, sondern dadurch, daß der einmalig auszuzahlende Betrag von einem Viertel des Monatsgehalts bei den Gruppen I bis IV und von einem Fünftel bei den Gruppen V und VI sich auf das gesamte Gehaltseinkommen bezieht, wird

den wirtschaftlichen Verhältnissen der einzelnen Beamtenfamilien Rechnung getragen. In einer nicht geringen Zahl von Fällen, und zwar gerade in den Fällen, wo die Not am größten ist, ge⸗ währt der Vorschlag, für den die Reichsregierung eintritt, den Beamtenfamilien einen höheren Betrag als der Vorschlag des Haushaltsausschusses.

Im Hinblick auf alle diese Umstände wiederholt die Reichs⸗ regierung ihre Bitte, der Reichstag wolle dem Antrag auf Nr. 1679 beitreten, damit so die Grundlage geschaffen wird, um in dem begrenzten Rahmen des Möglichen alsbald eine wirkliche Hilfe wenigstens den am geringsten besoldeten Teilen der Beamten⸗ schaft zuteil werden zu lassen. (Zuruf bei den Kommunisten: Das ist eine Verhöhnung der Beamtenschaft!)

Abg. Bender (Soz.) erinnert an die von den Rechtsparteien zu Beginn des Jahres gemachten Versprechungen sowie an die dann von der Regierung vorgelegte Denkschrift. Die Beamten seien mit schönen Vessbrece e an 88 Nase herumgeführt worden. Die Re⸗ gierung habe in den letzten Tagen immer wieder versucht, die Er⸗ höhung der Erwerbslosenunterstützung mit der Erhöhung der Beamten⸗ gehälter zu verkuppeln. Alles das wäre vermieden worden, wenn die übrigen Parteien mit der seinigen im Sommer die Beamtenbesoldung geregelt hätten. Die Regierung habe im Gegensatz zu ihrer Preis⸗

senkungsaktion alle Voraussetzungen für weitere Sos zu ungen ge⸗ schaffen. Bei den Beamtenunterstützungen seien nur 15 bis 20 vH - Beamten berücksichtigt worden. Durch die Darlehns⸗ und Vor⸗ schußwirtschaft sei die Beamtenschaft nur immer mehr verschuldet worden. Die Zurückzaͤhlung der Darlehn in kleinen Raten sei den Beamten nur erwünscht, wenn es sich um Darlehn von Behörden, nicht von privater Seite handele. Die Not der Beamten könne nur behoben werden, wenn ihnen eine größere Summe in die Hand gegeben werde. Der Redner kritisiert dann die im Ausschuß vor⸗

elegts Denkschrift der Regierung und ihre Schlußfolgerungen. Aus Berechnungen des Reichsfinanzministeriums ergebe sich, daß das deutsche Volk auf den Kopf der Bevölkerung jährlich 135 ℳ, auf

eine vierköpfige Familie für Gehälter und Pensionen 540 jährlich

bezahle. Wenn das Reichsfinanzministerium solche Zahlen bekannt⸗ gebe, dann müsse es auch die entsprechenden Erläuterungen dazu eben; dann werde eine Hetze gegen die Beamten, wie sie in der e Zeit von gewissen Kreisen getrieben worden sei, unmöglich sein. Nur ein Drittel der Beamtenschaft sei mit ihren Bezügen über der Durchschnittsgehaltsgrenze von 3250 jährlich, zwei Drittel be⸗ 192s sich unterhalb dieses Durchschnitts. Bei der lrbeiterschaft läge ein Viertel über der Durchschnittsgrenze der Beamtengruppen II mit 1694 ℳ, drei Viertel seien darunter. Der Redner bestreitet die innere Berechtigung der Behauptung, daß seit März d. J. die Realbezüge der Arbeiterschaft um 2 % gestiegen seien. Aehn lich liege es bei den Beamten. Der Redner erörtert die Fatschliehung des Ausschusses und charakterisiert ihre pekuniäre Auswirkung als unzureichend. Bei der ablehnenden Haltung der Regierung könne man zwar gewisse Schwierigkeiten der parlamentarischen Lage berücksichtigen, aber durch die Zustemmung fast sämtlicher Parteien wäre die geschäftsführende Regierung doch gedeckt. Der wichtigere Ablehnungsgrund für die Regierung sei wohl der, daß die Spannung zwischen den Besoldungs⸗ sätzen zugunsten der unteren Besoldungsgruppen geändert werden würden. Im Dezember 1924 habe man ““ den Gehalts⸗ erhöhungen der oberen Beamtengruppen bei der geschäftsführenden Regierung nichts gehört. Da im Ausschuß aber nichts mehr habe erreicht werden können, so werde die sozialdemokratische Fraktion für die Ausschußentschließung stimmen. Die Sozialdemokraten verlangten aber auch die Vorlage einer Denkschrift über die Gehälter für Minister und Generale unter der alten Regierung.

Die Anträge der Deutschnationalen und der Sozialdemo⸗ kraten, betreffend Vorlegung einer Denkschrift über die D“ und ⸗-pensionen usw., werden ebenfalls mit der Aussprache verbunden.

Abg. Laverrenz (D. Nat.): Die Beamtenschaft ist sehr stark verschuldet; seit Jahresfrist üns ihr deshalb Zusicherungen gemacht

worden, die als bindende Versprechungen angesehen wurden. Es war kein Zweifel, daß beim Wiederzusammentreten des Reichstags eine Hilfe gewährt werden müßte. Wir haben keine Anträge gestellt, aber ich spreche im Namen meiner Partei dem früheren Finanz⸗ minister von Schlieben den Dank für das Verständnis aus, das er ür die Lage der Beamtenschaft gezeigt hat. (Lachen und Widerspruch bei den Sozialdemokraten.) Schließen Sie die Große Koalition ab und dann streuen Sie mit vollen Händen aus. Ich bin auch ein Beamter. (Ruf bei den Sozialdemokraten: Ja, aber ein höherer!) Wir haben die verschiedenen Wege erwogen, auf denen den Beamten geholfen, werden kann. Von allen Vorschlägen blieb nur übrig die Erhöhung der Grundgehälter oder als letztes Mittel eine ein⸗ malige Beihilfe. Die Erhöhung der Grundgehälter ist in diesem Augenblick nicht möglich. Jede solche Aktion würde vor Weihnachten uünter den Tisch fallen. Damit überhaupt etwas noch vor Weih⸗ nachten zustande kommt, muß eine einmalige Heile gegeben werden. Die Regierung hätte aber in dieser Frage die müssen. Im Etat für 1925 hat ja die Regierung ( Millionen aus den Ueberschüssen von 1924 „zu Sonderzwecken“ in Reserve estellt. Es erregte nun Erstaunen, daß die Regierung die Beamten⸗ oldung mit dem Problem der Exnwerbslosenfürsorge verquickte. Die Anträge der Kommunisten, Soßialdemokraten und Völküschen perlangen eine unmögliche Belastung der Finanzen, die in den nächsten Jahren nicht durchführbar sein würde. Es kam dann im Ausschuß der Antrag Morath, von dem man annahm, daß er für die amt⸗ lichen Stellen genehm sein köͤnnte. Wir haben uns in einem Unter⸗ ausschuß vergeblich bemüht, die Meinungen zusammenzubringen. Dann kam der Vermittlungsvorschlag Leicht, den wir nicht in dieser Form annehmen können. Wir beantragen mit der Deutschen Volks⸗ partei und der Wirtschaftspartei zusammen, auch die oberen Gruppen

in die Aktion hineinzuziehen, und die Beihilfe von 35 auf 40 u erhöhen. Die Verschuldung der Beamtenschaft geht auch in die Fn Gruppen hinein. Zu dem Thema der Ministerpensionen haben wir auch einen Antrag gestellt. Die Vorwürfe gegen Herrn Schiele sind unbegründet. Es wäre wünschenswert, daß mancher andere Pensionsempfänger ebenso handeln würde wie mein Freund Schiele.

Abg. Morath (D. Vp.): Die Linke hat soziales Verständnis immer nur für die eigenen Kreise gezeigt. (Widerspruch bei den Sozialdemokraten.) Herr Bender macht den bürgerlichen Kreisen den Vorwurf, daß sie im Sommer eine Aktion für die Beamten ver⸗ hindert hätten, er hätte aber an die Haltung seiner Partei gegenüber unseren Anträgen vor einem Jahre denken sollen, auch davan, daß unter der Kanzlerschaft von Sozialdemokraten die Beamten Straßendemonstrationen greifen mußten, der Reichskanzler Bauer aber einen Empfang ihrer tationen ab⸗

lehnt hat. (Unvuhe bei den Sozialdemokraten.) o bleibt das iemotmatische Gerede von der Solidarität aller Arbeitnehmer, wenn man die unteren Beamten gegen die oberen ausspielt? nn der Ausschußantrag angenommen wird, lehnt ihn das Rumpfkabinett ab und dann geschieht gar nichts. Es bleibt also nur der Ver⸗ mittlungsvorschlag übrig. Dabei verlangen wir, daß auch die Gruppen V und VI berücksichtigt werden. Die weitere Berück⸗ sichtigung der Gruppen bis zur XII. würde nur so wenig mehr Mittel erfordern, daß damit eine Verbesserung der unteren Gruppen doch nicht zu erreichen wäre. Wir beantragen ferner eine Beschrän⸗ kung der Darlehnsgewährung an die Beamten, denn eine solche kann sehr unsozial sein. Wir wollen deshalb, daß für Darlehen nur ein Zwanzigstel des Monatseinkommens abgezogen werden darf. Der Beamte muß, gerade weil er mit wenigem auskommen muß, möglichst vor dem System der Abzahlung bewahrt werden. Die Geschäfte nutzen die Lage aus und die Beamten haben dann monate⸗ lang Abzahlungsraten zu leisten. Der Beamte muß wieder sein Vierteljahrsgehalt bekommen, damit er seine Bedürfnisse bar be⸗ ahlen kann. Wir beantragen also die Einbeziehung der Gruppen is zur Gruppe XII mit der Beschränkung, 88 kein Beamter mehr als ein Fünftel Monatseinkommen als Beihilfe erhält. Wenn die Hilfsaktion scheitert, so liegt es nicht an uns.

Abg. Ersing (Gentr.) betont, er wolle aus der Frage der Beamtenbesoldung keine Farkeatatiiscen Vorteile zu erringen sacen Danach habe er auch im-Ausschuß gehandelt. Der ablehnende Standpunkt der geschäftsführenden Regierung sei ja verständlich, aber es handele sich 18 um eine Notstandsaktion, für die die Parteien die Verantwortung übernehmen würden. Sei eine solche Ver⸗ ständigung zwischen Regierung und Parteien nicht im Ausschuß mög⸗ lich gewesen? Die Regierung habe selber nicht gesagt, was sie wolle, habe trotz mehrfacher Auforderung durch alle Parteien des Ausschusses keinen positiven Vorschlag gemacht, habe in dieser wichtigen Frage nicht die Führung übernommen. Der Redner wünscht, die Reichs⸗ regierung möge ihre Bedenken überwinden und die Vorschläge des Ausschusses dem Plenum vorlegen. An der scharfen Stellungnahme des Reichskanzlers gegen den Ausschußbeschluß sei der ablehnende Artikel des Porwabts⸗ schuld. 90 Prozent des deutschen Volkes lebten zwar heute sozial schlechter als vor dem Kriege, trotzdem müsse man untersuchen, ob es nicht möglich sei, die Beamtenschaft aufzubessern. Der Redner polemisiert gegen die als unsozial zu bezeichnenden Vorschläge des Abgeordneten Movath und bittet den Reichstag um Zustimmung zu dem Ausschußantrag, damit die ve sehen, daß man wenigstens versucht, ihnen nach Möglichkeit zu helfen.

Staatssekretär Dr. Fischer erklärt nochmals die Ausschuß⸗ beschlüsse für unannehmbar. 18 1] 3

Abg. Torgler (Komn..) weist darauf hin, daß die Aus⸗ führungen des Reichskanzlers Dr. Luther in seiner Antrittsrede ganz anders zugunsten der Beamten geklungen hätten, als die jetzigen Aeußerungen der Reichsregierung. Auch die Parteien hätten im Januar bei Beginn der neuen Reichstagsperiode baldige und tat⸗ kräftige Hilfe für die Beamtenschaft gefordert. Gerade die Abgg. Morath und Genossen hätten in der Reichstagswahlagitation den Beamten goldene Berge versprochen, um den Deutschnationalen die Wähler abzujagen. (Lebhafter Widerspruch bei der Deutschen Volkspartei.) Der Redner erinnert an die im Januar aufgestellten konkreten Forderungen der Kommunisten, insonderheit für die unteren Besoldungsgruppen, deren Notlage am dringendsten sei. Aus all den Antraäͤgen der Parteien habe sich eine elende Komödie, für viele Beamtenfamilien eine Tragödie, entwickelt. Die Parteien ließen nach der Regierungsbildung ihre Anträge fallen, die dadurch als reine Agitationsanträge charakterisiert worden seien. Auch der Reichsfinanzminister von Schlieben habe schon im März erklärt, es sei kein Geld zur Befriedigung der Forderungen der Beamten da. Vor der Reichspräsidentenwahl, im April, hätten die bürgerlichen Parteien den Beamten abermals Versprechungen gemacht, die man dann nicht gehalten habe. Das Versprechen des reeathanee sei ein elendes Täuschungsmanöver gewesen, um die Beamten von Gehaltsforderungen abzuhalten. In die Kreise der unteren Beamtenschaft sei unerhörte Not und Elend eingezogen. Die fast täglichen Selbstmorde von Unterbeamten seien bestimmt nicht auf Liebeskummer zurückzuführen, sondern an ihre ver⸗ weifelte Notlage. Mit Darlehen sei den Beamten nicht geholfen. Der Redner begründet dann die kommunistischen Anträge, mit denen man im Ausschuß geradezu schamlos verfahren sei. Die Frage der Beamtenbesoldung solle jetzt als Pressionsmittel, als

uhhandelsobjekt für die Bildung der neuen Großen Koalitions⸗ regierung benutzt werden. Der Antrag Leicht sei unannehmbar, bedeute geradezu eine Verhöhnung der unteren Beamtenschaft. Der Redner droht mit einer Zerschlagung dieses Staates durch die Beamten sowie die Arbeiter und Angestellten; ihre Lammsgeduld sei erschöpft.

Die inzwischen eingegangenen gemeinsamen Anträge der Deutschnationalen, der Deutschen Volkspartei und der Wirtschaftspartei wollen den Antrag Leicht ändern, daß die Beihilfe im Betrage eines Fünftels des Monatseinkommens ür die Gruppen V bis XII gewährt wird, jedoch im Höchst⸗ alle ein Fünftel des Monatseinkommens der Endsumme der Gruppe VIII. Ferner solle die Frauenzulage auf mindestens 40 Mark bemessen werden.

In bezug auf die Ministerpensionen beantragen die Deutschnationalen Graf Westarp und Genossen, die Reichsregierung zu ersuchen:

1. Eine Denkschrift vorzulegen über Anzahl, Höhe und Be⸗ rechnungsart der seit der Staatsumwälzung für Keichskanzler und Reichsminister festgesetzten Ruhegehälter.

2. Unverzüglich einen Gesetzentwurf vvezereh n der die Pensionsverhältnisse des Reichskanzlers und der Reichsminister den sepigen —235 entsprechend regelt. 8

Abg. Schuldt (Dem.) betont, daß alle Parteien sich darüber einig seien, daß den Beamten geholfen werden müsse; nur über die Art der Hilfe herrsche keine Uebereinstimmung. Die Demo⸗ kraten seien mit ihren Anträgen leider immer in der Minderheit

blieben, sie könnten hier also mit den übrigen bürgerlichen

arteien nicht in einen Topf geworfen werden. Die Demokraten hätten andauernd gedrängt, . müßten daher die Verantwortung für die jetzige Zuspitzung ablehnen. Es sei bedauerlich, daß von manchen Seiten in der Oeffentlichkeit behauptet werde, daß es den Beamten noch verhältnismäßig gut gehe. Man verwechsele eben das Nominaleinkommen mit dem Realeinkommen und vehegeg.. daß das erstere bei weitem nicht die Kaufkraft in solcher Höhe habe. Die starke Verschuldung und noch mehr die hohe Krankheitsziffer der Beamten sprächen eine deutliche Sprache. Mit Darlehen könne nicht geholfen werden, dadurch werde die Not nur ncch größer. Der Zeamee müsse etwas erhalten, was er nicht zurückzuzahlen brauche. Die Regierung habe durch die Vorschußwirtschaft selbst die Zunahme der Not verschuldet, da die Vorschüsse mit hohen Betrögen abgezogen würden. Auch die Reichsbahn dränge auf ahlung der Darlehen. Das wirke geradezu lataftrophal.

eine Porier beantrage deshalb, daß die Darlehen .. eien oder die Einziehung wenigstens vorläufig unterbleibe. Die Kegierung wolle der künftigen Regierung nicht vorgreifen, das

besage aber der lee nicht, er gebe nur die Berechnungs⸗ grundlage an. Seine Fraktion habe ja auch im Ausschuß ver⸗

langt, daß die neue Regierung sofort eine Neuregelung der Be⸗

Die Darstellung der Regierung über enthalte irreführende Angaben, so daß man fast an eine tendenziöse Darstellun glauben könne. Es sei nicht richtig, daß vier Fünftel der Be⸗ amtenschaft ein Durchschnittseinkommen von à hätten, es seien nur 2200, und nur ein Drittel der Beamten komme über den Durchschnitt. Man dürfe die einzelnen Gruppen doch nicht nur nach dem Höchstgehalt berechnen. Es sei ferner falsch, wenn es in der Oeffentlichkeit so dargestellt werde, als seien, nachdem die Abgeordneten des Gewerkschaftsbundes mit ihren Forderungen für die Erwerbslosen abgewiesen seien, die Abgeorbneten des Deutschen Beamtenbundes sich hinter die Re⸗ gierung gesteckt und mit großen Forderungen gekommen seien. Es ebe hier keine Abgeordneten des Gewerkschaftsbundes und des eamtenbundes, 8b dern nur Abgeordnete des deutschen Volkes. Es sei ganz verkehrt, immer einen Teil des Volkes gegen die anderen auszuspielen. 8

Inzwischen ist von der Sozialdemokratischen Partei der Antrag nuf namentliche Abstimmung gestellt worden.

Die Beratung wird auf Vorschlag des Präsidiums ab⸗ gebrochen und nur noch der von den Deutschnationalen ein⸗ gebrachte Gesetzentwurf über die Aenderung der Rechts⸗ anwaltsordnung an den Rechtsausschuß überwiesen.

Nächste Sitzung Dienstag, 1 Uhr. (Fortsetzung der Beratung über die Beamtenbesoldung; Ernährungsetat.)

Schluß nach 7 Uhr.

amtenbesoldung vorlege. die Beamtenbesoldung

Prreußischer Landtag.

108. Sitzung am 14. Dezember 1925, Mittags 12 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger*).)

Vor Eintritt in die Tagesordnung fordert der

Abg. Riedel (Dem.) in einer Erklärung den Abgeordneten Wiedemann (D. Nat.) auf, ein gerichtliches Verfahren gegen ihn einzuleiten und die Aufhebung seiner Immunität beim Landtag zu beantragen, damit die von ihm getroffenen Sefig dngen gerichtlich erwiesen werden könnten. Es handelt sich dabei um die gerichtliche Klarstellung von Vorwürfen, die der Abgeordnete Riedel (Dem.) gegen den Abgeordneten Wiedemann (D. Nat.) erhoben hat, und die darauf hinausgehen, daß Wiede⸗ mann Kassenberichte nicht einwandfrei aufgestellt habe. Er gibt als weiteres Beweismittel einen Brief bekannt, in dem kürzlich der Abgeordnete Wiedemann von einem demokratischen Abgeördneten Geld für seine Gewerkschaftskasse erbeten hat. (Lachen und Zuruf bei den Deutschnationalen: Ist das alles?)

Die Einzelberatung zur dritten Lesung des Haushalts wird beim „Landwirtschaftsetat“ fortgesetzt.

Zunächst äußert sich ein Regierungsvertreter zu der sozialdemokratischen Anfrage, wonach schlesische Arbeitgeberver⸗ bände verlangt haben, daß seitens der zuständigen Behörden gesetz⸗ liche Maßnahmen getroffen werden, die der Landflucht und dem Kontraktbruchlandwirtschaftlicher Arbeiter ein Ende machen. Weiter wird von der Regierung in Beant⸗ wortung der Anfragen von Plehwe (D. Nat.) dargelegt, was in der Angelegenheit des Weichseldammbru chs bei Scharnau veranlaßt ist.

Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Steiger: Meine Damen und Herren! Die große Anfrage der Drucksache Nr. 1360 geht von der Annahme aus, daß durch den deutsch⸗ russischen Handelsvertrag ein Zugeständnis für die Einfuhr von Pferdewallachen gemacht sei, allerdings unter der Voraussetzung, daß die Wallachen bei der grenztierärztlichen Untersuchung auf Seuchen, insbesondere auf Rotz, unverdächtig befunden worden seien. Die Anfrage geht dann weiter und will Auskunft darüber haben, in welchem Umfange die Einfuhr gestattet ist, zu welchen Zollsätzen und was die Staatsregierung in bezug auf die Ge⸗ staltung der Zollsätze für Pferde in der Zukunft zu tun gedenkt. Obwohl der deutsch⸗russische Handelsvertrag am Sonnabend im Reichstag angenommen worden ist, hat diese An⸗ gelegenheit noch heute ihre Bedeutung. Sie führt zurück auf Artikel 12 des Wirtschaftsabkommens der Verträge, in dem gesagt ist: Wenn einer der vertragschließenden Teile ein Außenhandels⸗ monopol einführt oder die Ein⸗ und Ausfuhr durch irgendwelche Bestimmungen nen einführt oder beschränkt, dann kann das gegen⸗ über dem andern Vertragsteil nur insoweit geschehen, als dieses Außenhandelsmonopol oder diese einschränkende Bestimmung all⸗ gemein Anwendung findet. Es ist aber eine Ausnahme gemacht, indem gesagt wird, daß in all den Fällen, wo Gründe der Gesund⸗ heitspolizei oder des Schutzes von Tieren oder weiter die öffentliche Sicherheit in Betracht kommen, anders verfahren werden kann, das heißt mit andern Worten, Deutschland hat nach diesen Richtungen hin die Möglichkeit, besondere Bestimmungen gegen Rußland zu erlassen. Die Meistbegünstigung ist nach der Richtung gebrochen. Deutschland hat vollkommene Selbständigkeit. Als dieser Artikel verhandelt wurde, sind die Russen mit dem Entwurf von sanitären Bestimmungen für die Einfuhr von Tieren, tierischen Teilen und Viehrauhfutter hervorgetreten. Dieser Entwurf ging dahin, daß die Einfuhr mit einem sanitären Ausweis des betreffen⸗ den Landes begleitet sein sollte. Der Ausweis sollte bei Tieren einfach sagen, sie seien aus einem seuchenfreien Gehöft oder aus einer seuchenfreien Gegend und seien gesund, oder aber sie kämen aus einer seuchenverdächtigen Gegend und seien desinfiziert. Selbst⸗ verständlich konnte sich die deutsche Regiexung auf derartige Be⸗ stimmungen nicht einlassen. Sie hätten der Einschleppung von Seuchen Tür und Tor geöffnet. (Sehr richtig! rechts.) Wir mußten einer solchen Bestimmung um so mehr entgegentreten, als die Erfahrungen von 1920/1921 mit der damaligen Einschleppung von Maul⸗ und Klauenseuche noch in aller Erinnerung ist, jene Erfahrungen, bei denen wir in der Landwirtschaft einen unmittel⸗ baren Schaden von wenigstens 400 Millionen zu verzeichnen hatten. (Hört, hört!) Es war unmöglich, die deutsche Landwirt⸗ schaft solchen Gefahren erneut auszusetzen. Daher ist die Regierung auf jenen Boden nicht getreten und hat neue Bestimmungen her⸗ beigeführt, die sich auf die Einfuhr von Schweinen, auf die Ein⸗ fuhr von Fleisch, auf die Einfuhr des Geflügels, auf die Einfuhr von Gedärmen, Knochen ufw. und ebenso auch auf die Einfuhr von Pferden beziehen. Darum handelt es sich zunächst in der großen Anfrage. Es ist nun im Anhang zum Ablommen be⸗ stimmt, daß Hengste und Stuten überhaupt nicht eingeführt werden dürfen wegen der in Rußland herrschenden Beschälseuche. Für Wallache ist die Einfuhr unter der Voraussetzung der grenz⸗ tierärztlichen Untersuchung zugestanden. Diese grenztierärztliche Untersuchung ist einmal eine klinische und dann eine serologische.

*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck ees'en Reden der Herren Minsster, die im Wortlaute wiedergegeben sind.

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Wenn die serologische Untersuchung nicht ein einwandfreies Er⸗ gebnis gibt, wird zur zweiten serologischen Unterfuchung ge⸗ schritten, so daß die ganze Quarantänezeit unter Umständen vier⸗ zehn Tage in Anspruch nehmen kann. Jedenfalls können Sie hier⸗ aus ersehen, daß die Untersuchung der aus Rußland eingeführten das gilt für die ganze polnische Grenze Pferdewallache mit dieser befonderen Sorgfalt geschieht.

Ist aber nun die Tatsache der Gestattung der Einfuhr von Pferdewallachen aus Rußland ein Zugeständnis? In keiner Weise! Denn alle ausländischen Staaten haben das Recht. Pferdewallache nach Deutschland einzuführen. Aber die Einfuhr aus Rußland ist insofern beschränkt, als Rußland keine Hengste und Stuten ein⸗ führen darf, was andere Staaten dürfen, weil sie nicht die Beschäl⸗ seuche haben. Also es liegt gerade umgekehrt, als angenommen worden ist. In bezug auf die Pferdeeinfuhr aus Rußland liegt eine Beschränkung vor, und es war mir angenehm, diese Sache hier besprechen zu können, weil auch in den Mitteilungen der Preisgerichtsstelle beim Deutschen Landwirtschaftsrat, die am 9. Dezember erschienen sind, folgendes steht:

Zur Einfuhr nach Deutschland aus Rußland find ferner auch Pferdewallache zugelassen, sofern sie bei der grenztierärztlichen Untersuchung auf Seuche als unverdächtig befunden worden sind. Nach der Preisgabe der deutschen Pferdezucht im Handelsvertrag mit Belgien muß diese neuerliche Beeinträchtigung besonders befremden.

Es handelt sich also nicht um eine Preisgabe, sondern um das Gegenteil, was ich noch einmal sagen will: Rußland ist in bezug auf die Einfuhr von Hengsten und Stuten behindert. Es kann überhaupt keine in Deutschland einführen, während alle anderen Länder das können. Was das für eine Bedeutung hat, mögen Sie daraus entnehmen, daß wir im Jahre 1913 im ganzen eingeführt haben 138 000 Pferde, davon 57 000 aus Rußland, und von diesen 57 000 waren wieder rund 10 000 Hengste und Stuten. Sie sehen also, in welcher erheblichen Weise gerade die Einfuhr aus Rußland durch diese Bestimmungen beschränkt worden ist.

Der zweite Teil der großen Anfrage bezieht sich auf den Zoll. Wir hatten vor dem Kriege einen Zoll, der bis 1000 Mark Wert 90 Mark betrug, von 1000 bis 2500 180 Mark, über 2500 360 Mark. Als das Pferdeeinfuhrverbot im Frühjahr dieses Jahres auf⸗ gehoben wurde, sind die alten Zollsätze automatisch wieder in Kraft getreten. In jener Zeit hat nun die Reichsregierung ein Ab⸗ kommen mit Belgien getroffen, das nachher auch die Zustimmung des Reichstags erhielt, in welchem Abkommen der Zollsatz für Pferdeschläge, wie sie in Belgien gezüchtet werden, also nur für das halbblütige Pferd, auf 140 Mark angesetzt worden ist. Die Aufhebung des Pferdeeinsfuhrverbots und dieser Zollsatz haben damals in der Landwirtschaft eine ungewöhnliche Panik hervor⸗ gerufen. Einesteils mit vollem Recht. Es zeigte sich bald, daß infolge der Aufhebung des Pferdeeinfuhrverbots die Einfuhr von Pferden in die Höhe schnellte. Im März betrug sie noch 1104 Pferde, im April 6000, im Mai 6500, im Juni 6039. Nun aber finden wir eine Erscheinung, die auch nicht uninteressant ist. Im Juli betrug sie nur 4700, im August 3300, im September 3500, im Oktober sogar nur 2000. Wie ist das zu erklären? Ganz einfach. Besonders in der intensiv betriebenen Landwirtschaft ist die Lage so, daß man mit dem besten Willen kein Pferd kaufen kann. Also die geringere Nachfrage ist die Ursache, daß die Einfuhr von Pferden zurückgegangen ist Aber eins ist von Interesse. Ganz besonders ging die Einfuhr vom September zum Oktober zurück. Im September hat sie noch 3500 Pferde betragen, im Oktober nur noch 2000,. Warum? Am 1. Oktober sind die neuen Zollsätze in Kraft getreten, die jetzt lauten: 500 Mark pro Pferd, 30 Mark für die kleinen Litauer, die bis 1,40 Stockmaß haben. So erklärt sich der ungewöhnliche Rückgang im Monat Oktober.

Nun aber beschäftigt sich die große Anfrage weiter damit, was in Zukunft in bezug auf den Pferdezoll wohl zu erwarten sein wird Da geben uns die Zahlen der Einfuhr auch einen gewissen Anhalts⸗ punkt. Aus Belgien sind vom Januar bis Oktober 4300 Pferde eingeführt worden, aus den Niederlanden rund 4700, aber aus Däne⸗ mark 10 700. Jetzt wissen wir, wo unsere zukünftige Konkurrenz liegt. Sie liegt vielleicht weniger bei Holland, als viel mehr bei Dänemark. Ich glaube, schon die gegenwärtigen Verhältnisse haben genügend gezeigt, daß 140 kein Zoll ist, der für kaltblütige Pferde den Anforderungen entspricht. (Sehr richtig! bei der Deutschnationalen Volkspartei.) Wer dem nicht zustimmen will, dem empfehle ich, sich die Verhandlungen im Reichstage beim Zolltarifgesetz zu ver⸗ gegemwärtigen. Man hat dort eingeräumt, daß man vor allem die Einfuhr von Rindvieh, Schweinen und Schafen schützen müsse, weil deren Zucht von der bäuerlichen Landwirtschaft betrieben werde, und ging so weit, nicht nur die Zollsätze zu erhöhen, sondern auch Mindest⸗ zollsätze für diese Tiere einzuführen.

Wie liegen nun die Verhältnisse bei den Pferden? Die An⸗ nahme, daß die Pferdezucht nur von dem Großgrundbesitz betrieben werde, ist völlig irrtümlich. (Sehr richtig! bei der Deutschnationalen Volkspartei.) Die Sache liegt vielmehr so, daß der Großgrundbesitzer der wichtigste Abnehmer der Erzeugnisse des bäuerlichen Besitzers ist Dieser betreibt die Pferdezucht, soweit er kann, nämlich bis zum Absetzen des Fohlens; dann nimmt es ihm der Großgrund⸗ besitzer ab. Wenn man also auf der einen Seite wirklich die bäuerliche Viehzucht schützen will, dann muß man diesen Schutz auch auf die Pferdezucht ausdehnen. Insbesondere wird man bei den kommenden Verhandlungen mit Dänemark dagegen Widerstand leisten müssen, daß dort eine wesentliche Senkung des Zolles eintritt. Daß die Dänen in der Tat, sehr beachtenswerte Konkurrenten sind, gebt auch aus den Einfuhrzahlen hervor. Ich habe bereits gesagt. daß im Oktober der neue Zollsatz eingeführt worden ist. Ich habe Ihnen gezeigt, wie infolgedessen die Einfuhr zurückgegangen ist; nur aus Dänemark nicht. Die Einfuhr aus Dänemark ist sogar noch um ein kleines, von 848 auf 862 Tiere, gestiegen. Daraus kann man schließen, daß die Dänen ganz besondere Gegner für unsere Pferde⸗ zucht sind. Ich habe nur den lebhaften Wunsch, daß es gelingt, diese schwere Konkurrenz von unsever Pferdezucht fernzuhalten.

In Beantwortung der großen Anfrage Laden⸗ dorff (Wirtsch. Vereinig.) macht ein Regierungs⸗ vertreter Mitteilung von der Maßnahme zur Unterstützung tierärztlicher Hochschulen in Hannover.

In der allgemeinen Aussprache zur Landwirtschaftlichen Verwaltung erklärt

Abg. Dr. von Winterfeld (D. Nat.) die Belastung per

Landwirtschaft an Hinsen sei unverhältnismäßig hoch gegenuͤber der Friedenszeit. Beim Abschluß von Handel X. die Inter⸗

essen der Landwirtschaft zu wenig berücksichtigt. Hinsichtlich der Ein⸗ fuhr von Pferden sei besondere Vorsicht Dänemark gegenüber ge⸗ boten.“ Zwischen Landwirtischaft und Industrie beständen immige Zu⸗ v Das erweise sich insbesondere bei der Stickstoff⸗ industrie. nstatt der Zwangsversteigerungen sei im Interesse der Volkswirtschaft besser die für landwirtschaftliche Betyebe zu setzen. Eine klare Erklärung sei erforderlich, in welcher Weise die Saatgut⸗ und Erntebergungskredite prolongiert werden sollen, damit der Landwirt disponieren könne. Seine Partei ver⸗ lance, es der Landwirtschaft zu ermöglichen, sich freizumachen von ihren Schulden. Bei Einnchtung neuer landwirtschaftlicher Aufbau⸗ schulen müsse vorher die Landwirtschaft gehört werden. Was die

rage der sonarbeiter betreffe, so vn auch seine Partei nicht, daß viele Polen in der Landwirtschaft Acfäftigt würden. Es sei aber unerhört, daß der Ministerpräsident diese Tatsache hervorhebe ur Abwehr des Vorwurfes, daß so viele estlüdische Elemente in das

Land gelassen 8 (Lebhafte Zustimmung rechts.) Solange ein Ministerium Braun bestehe, könne es in Preußen nicht aufwärts gehen! (Beifall bei den Deutschnationalen.)

Abg. Schmelzer (Zentr.) bespricht die Frage der Auswertung sandwirtschaftlicher Hotheren und der Rückzahlung der landwirt⸗ schaftlichen Kredite, die verlängert werden müßten. Die Reichsbank müsse landwirtschaftliche Wechsel diskontieren und nötirenfalls prolon⸗ gieren; die Erklärung, sie sei nicht dazu da, sei nicht zu verteidigen diesem wichtigsten Berufsstand gegenüber. Nur mit einem gesunden Bauernstand könne die die deutsche Republik bestehen! Das Gesetz von 1881, das die Genossenschaftsverwaltung unter staatliche Aufsicht stelle, könne nur wirksam sein, wenn mit der Bevölkerung Hand in Hand itet werde.

Abg. Dr. Schiftan (D. Pp.) geht gleichfalls des näheren auf die katastrophale Lafe der Landwirtschaft ein, die alles, was sie produziere, in einen Topf ohne Boden hineinwirtschafte. Die Be⸗ dingungen für die Hypotheken, die der Landwirtschaft zur Verfügung gestellt worden seien, seien so gewesen, daß sie die Landwirtschaft zum größten Teil nicht hat übernehmen können. Redner bespricht dann den Antrag der Deutschen Volkspartei auf Bereitstellung von Mitteln zur Erforschung der Landarbeitsfragen. Dieser Antrag sei von allen Parteien angenommen worden, und gerade in einer Zeit der Not sei die Vertiefung der Lehre von der v en; von besonderer Dringlichkeit. Diese Angelegenheit, die nun seit L5 r und Tag von einem Ressort zum anderen wandere, müsse endlich geregelt werden. Auch die landwirtschaftlichen Schulen forderten eine intensivere Be⸗ arbeitung an den Zentralstellen der Verwaltung, und zwar in erster Linie durch einen gkademisch gebildeten Landwirt. Reder gab der Erwartung Ausdruck, daß der Minsster sich innerhalb des Kabinetts auch wirklich so durchsetzen möge, wie er es in Aussicht gestellt habe. Der Preisabbau müsse fortgesetzt werden, vor allem an den vielen Mittelstellen, bei den Leuten, die nicht säen, sondern bloß ernten. An die aus Polen verdrängten Domänenpächter müßten so schnell wie möglich Vorschüsse gezahlt werden. Unserer Wirtschaft könne nur 72 werden, wenn man darauf verzichte, für teuer erarbeitetes deutsches Geld Auslandskredite und Devoisen zu kaufen; nur aus deutschem Boden und Werten müßten wir Pevisen zu schaffen suchen.

-v üller⸗ Frankfurt (Komm.) verweist auf die Landflucht der Arbeiter, die er auf die Hungerlöhne und die Ueberarbeitung zurückführt. (Sehr richtigl bei den Kommunisten.) Weiter erinnert der Redner daran, daß in Preußen noch zwanzig be⸗ ständen, in denen die Arbeiter nicht das kommunale hlrecht hätten. (Hört, hört! bei den Kommunisten.) Das Fehlen jeder Bildungsmöglichkeit und die mangelnde Exvwerbslosenfürsorge ver⸗ anlaßten weiter den Abzug der Landarbeiter. .

Abg. Wachhorst de Wente (Dem.) betont zwar auch die kritische Lage der Landwirtschaft, meint aber, der Staat könne der Landwirtschaft nicht die Rentabilität garantieren; hier solle vielmehr die Selbsthilfe stärker hervortreten. Der Stagt müsse aber für miedrigere Zinsen und langfristige Kredite sowie für eine Ermäßigung der Steuern und eine Vereinfachung des Steuersystems sorgen Die Landwirtschaft 11; diese Hilfe erhalten, namentlich im Gesamt⸗ interesse, denn sie bilde eine der stärksten Fundamente der gesamten Volkswirtschaft. (Beifall.)

„Abg. Biester hh seh Vereinig.) bezeichnet es als unerläßli für die landwirtschaftliche Gesundung, daß zunächst einmal Schluß mit den Kultivierungsmaßnahmen gemacht werde und alles vorhandene Geld für die Siedlungsprobleme verwendet werde.

Abg. Meineke (Dem.) setzt sich für die Interessen der mittleren und kleinen de watsöce tlichen Betriebe ein. Die Groß⸗ betviebe hätten sich durch en. usw. ausreichend geschützt. Der Redner hhen intensivere rbeitung des Siedlungsproblems und schließt sich dabei der Auffassung des Schlesischen Bauernbundes an, daß noch nicht einmal die amtlich genannten Siedlungszahlen bisher tatsächlich erreicht seien. (Hört hört! links.

Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Steiger: Der Herr Abgeordnete von Winterfeld hat in seiner Rede über die Bemerkung des Herrn Ministerpräsidenten hinsichtlich der aus⸗ ländischen Arbeiter Ausführungen gemacht, die mit dem Wortlaut des Stenogramms sich nicht in Uebereinstimmung befinden. Danach hat der Herr Ministerpräsident gesagt:

Jawohl, ich bin auch dafür, daß die Ausländer hinausgeschafft werden müssen, insbesondere die 300 000 bis 400 000 ausländischen Arbeiter, die auf Wunsch Ihrer Parteifreunde in unser Land hereingekommen sind und jetzt in einzelnen Bezirken geradezu zu einer Landplage werden.

Er hat also nicht davon gesprochen, daß es sich dabei nur um Land⸗ arbeiter handle. (Lachen bei der Deutschnationalen Volkspartei.) Ich

wollte nur sagen: Von Landarbeitern hat er nicht gesprochen.

Ich komme dann weiter auf Ausführungen zu sprechen, die be⸗ züglich der Erntebergungs⸗ und Saatgutkredite gemacht worden sind. Es ist bereits ausgeführt worden, daß eine große Beunruhigung im Lande entstanden sei, weil man nicht wisse, was man zu tun habe. Bereits am 12. November ist sämtlichen Oberpräsidenten Mitteilung gemacht worden, wieviel in der ersten, wieviel in der zweiten und wieviel in der dritten Rate zu bezahlen ist. Die Herren Ober⸗ präsidenten wurden gebeten, sich mit den Landwirtschaftskammern in Verbindung zu setzen und dann die tatsächlichen Verhältnisse bei dem Hereinholen der einzelnen Raten entsprechend zu berücksichtigen. Wenn also draußen Schwierigkeiten entstehen, dann wollen Sie bitte berück⸗ sichtigen, daß von hier aus den zuständigen Instanzen im Lande früh⸗ zeitig Mitteilung gemacht worden ist.

Wenn dann der Herr Abgeordnete Wachhorst de Wente ausgeführt hat, daß in Pommern 30 Prozent der Großgrundbesitzer unter Geschäftsaufsicht stehe, so muß ich auch diese Auf⸗ fassung richtigstellen. Es handelt sich nicht um Geschäftsaufsicht nach Maßgabe der gerichtlichen Bestimmungen, sondern in Pommern sind in den einzelnen Kreisen Kreiskommissionen gebildet worden. Diese haben sich zur Aufgabe gestellt, den einzelnen in schwerer Bedrängnis befindlichen größeren Landwirten zu zeigen, was sie wirtschaftlich zu tun, wie sie ihren Betrieb einzurichten haben, und ihnen andererseits dann auch die erforderlichen Kredite zuzu⸗ führen. Die Betreffenden müssen sich aber verpflichten, so zu handeln, wie diese Kommission bestimmt. Es ist also eine freiwillige Ge⸗ schäftsaufsicht.

Dann ist von mehreren der Herren Abgeordneten von der Sied⸗ lung gesprochen worden. Es wurde gesagt, sie sei auf einem toten Punkt angekommen. Ja, dafür, daß es mit den Geldverhältnissen so liegt, kann man niemand verantwortlich machen. (Sehr richtig!) Im übrigen ist aber das Landwirtschaftsministerium durchaus bereit,

allen berechtigten Klagen, die vorliegen, bis auf den Grund nachzu⸗

gehen und niemand zu schonen. Daß ich bislang die Anfrage der Demokrarischen Partei über die Siedlung nicht beantwortet habe, ist nur daher gekommen, daß ich in dieser äußerst wichtigen Sache keine allgemeinen Ausführungen machen will, sondern daß ich meine Aus⸗ führungen im einzelnen durch Tatsachen, durch Zahlen belegen will. (Sehr gut!) Gegenwärtig wird bei sämtlichen Landeskulturamts⸗ präsidenten eine Erhebung veranstaltet. Wenn sämtliches Material vorhanden ist, werde ich die Anfrage beantworten, und mich bemühen, Ihnen die tatsächlichen Verhältnisse nach dieser Richtung zu zeigen.

Nun wird Herr Ministerialdirektor Articus noch Mitteilungen über eine besondere Angelegenheit machen.

Zur Frage des Zusammenbruchs der Land⸗ bank erklart hierauf ein Regierungsvertreter: Bei den Verhandlungen st wiederholt von der Landbank die Rede gewesen. sbesondere ist gefragt worden, ob die Staatsregierung bereit wäre, für die Siedler⸗ interessen tatkräfiger einzutreten, die durch einen . —2 der Landbank 11, wären. Die finanziellen Verluste der Landbank sind auf Geschäfte zurückzuführen, die nicht Kövre, nen. waren. Gleichwohl war die Staatsregierung zu einer Stützungsaktion bereit. Vovaussetzung dafür war aber eine Reihe von Bedingungen, die einen staatlichen Einfluß auf das Institut sichern sollten. Es st zu einer Einigung über diese 1* nicht gekommen. Die Staats⸗ regierung konnte aber von der Erfüllung dieser Bedingungen um so weniger absehen, als die von der Landbank für ra. gehaltenen Beträge so hoch waren, daß sie unter den 1g2 Verhältnissen nicht ohne weiteres zur Verfügung gestellt werden konnten. Sollte durch einen finangiellen Zusammenbruch der Landbank die Existenz von Siedlevn gefährdet wenen, so ist die Staatsregierung bereit, ugunsten dieser Siedler helfend einzugreifen. Hierzu werden weniger sestlace Mittel erforderlich sein als zur Stützungsaktion der Land⸗ k. Wenn im übrigen behauptet wird, daß die Staatsregierung die Siedlungsfrage neuerdings für weniger doinglich halte, so ist das ösärerten ich 1r2 b Abg. Perschke (Wirtschaftl. Ve reimig. beklagt die hohen Anlege⸗ gebühren bei den Wesferftrahen die die Wirtschaft und auch den Sport schädigen, und fordert I eines Antrags seiner Freunde auf Herabsetzung dieser Gebühren. Damit ist die Beratung des Landwirtschaftshaushalts⸗

B b s folgt die dritte Beratung des Kultushaushalts.

Abg. Schwarzhaupt (D. Pp.) erstattet den Ausschußbericht über die Anträge von Campe (D. Vp.) und Falk (Dem.) auf Er⸗ nche einer pödagogischen Akademie auf simultaner Grundlage.

Abg. Wildermann (Zentr.) gibt namens seiner Fraktion eine Erklärung ab, in der es heißt: Die Zentrumsfraktion erblickt in dem Antrag auf Einrichtung einer Ürer pädagogischen Akademie in Frankfurt a. M. einen Versuch, die Grundl der Bekemnnis⸗ schule zu unterxhöhlen und die Simultanschule in Nassau zu ver⸗ ewigen. Die A“ ist nach Ueberzeugung der Zentrums⸗ partei, die Schule, die die Gewissensfreiheit und die berechtigten Ansprüche aller geseaseer. Nv-xen sicherstellt,. Die Bekenntms⸗ chule sichert den religiosen Frieden unter den Volksgenossen und gibt

r Vaterlandsliebe der Schüler die religiöse Grundlage. Das setzt aber eine Vorbildung der Lehrer vovaus, die nur auf bekenntnis⸗ mäßig eingerichteten Lehrerbildungsanstalten erworben werden kann. Eine simultane Lehrerbildung zerstört die netwendigen Voraus⸗ setungen der bekenntnismäßigen Volksschule. Wer ernsthaft die bekenntnismäßige Volksschule will, muß mit unausweichbarer Folge⸗ richtigkeit auch die bekenntnismäßige Ausbildung der Lehrer ver⸗ langen. Wenn besondere Verhältnisse ausnahmsweise zur Einrichtung von Simultanschulen führen, so ist auch für die Lehrer und Lehrerinnen an diesen Schulen eine simultane Ausbildung weder nötig ““ Daß man die simultane Akademie für Frank⸗ furt a. M. verlangt, muß noch besonders stutzig machen. Ist doch offen een daß Frankfurt sich deshalb eigne, weil in Naffau die Simultanschule die Regel sei. Man vergißt dabei, daß die katholische Bevölkerung Nassaus von jeher sich gegen diesen ewehrt hat und die Bekenntnisschule verlangte. (Sehr richtig! im Fertaem) In Versammlungen und scharfen Erklarungen aus allen

ichten der katholischen Bevölkerung zeigt sich deutlich die Er⸗ regung, die sich der katholischen Bevölkerung Nassaus bemächtigt hat. Dabei sei auch hingewiesen auf die K ung des Herrn Bischofs von Limburg an den Minister. Die Zentrumsfraktion lehnt aus allen diesen Erwägungen die Gründung einer S multan⸗ akademie ab. Sie macht noch ganz besonders darauf aufmerksam, daß die Gründung einer Simultanakademie der Reichsverfassung wider⸗ spricht. Diese Ansicht hat die Staatsregierung im Alsschaß mit großem Nachdruck vertreten. Wir treten dieser Ansicht vollinbaltlich bei und lehnen jede Verantwortung für die zußerst bedenklichen ab, die sich unter diesen Umständen aus der Gründung einer

imultanakadsmie unvermeidlich ergeben müssen. Sollte der Antrag angenommen werden, so behält das Zentrum sich vor, mit allen gesetz⸗ mäßigen Mitteln die Errichtung der simultanen Akademie zu ver⸗ hindern. (Beifall im Zentrum.)

Zu der Angelegenheit des Intendanten von Schillings, die dann zur Sprache kommt, liegen von der Deutschen Volkspartei zwei Anträge vor. Darin wird das Staatsministerium ersucht, die fristlose Entlassung des Intendanten der Staatsoper, Professors Max von Schillings, zurückzuziehen, und eine baldige Lösung des entstandenen Konflikts herbeizuführen. In dem zweiten Antrag wird ver⸗ langt, daß für das Rechnungsjahr 1926 im Kultusetat eine planmäßige Stelle für Musikpflege und eine planmäßige Stelle für das Theaterwesen nicht geschaffen werden.

„Von der Völkischen Freiheitspartei, der National⸗ sozialistischen Deutschen Arbeiterpartei und der Wirtschaftlichen Vereinigung wird die Erledigung des Falles Schillings in einem Antrage folgendermaßen gewünscht: 1. Professor Dr. von Schillings wird unverzüglich wieder in sein Amt als Intendant der Staatsoper eingesetzt, 2. die beiden Referenten⸗ stellen für Kunst sind aus dem Etat des Ministeriums für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung zu streichen.

In der Debatte nimmt zunächst Abg. Baecker⸗Berlin (D. Nat.) das Wort und führt u a. aus: Es handelt sich nicht um eine politische Angelegenheit. Wir haben keine Anträge gestellt und werden für die Anträge der Deutschen Volkspartei stimmen. Uns scheint, daß der Künstler, der die Dinge mit seinem Temperament gesehen hat, große Entschuldigungsgründe für sich geltend machen kann. In der Verwaltung der Over ist nicht alles in Ordnung gewesen. Der Grund der Zuspitzung liegt aber nicht hier Die C samttätigkeit des Herrn von Schillengs geigt gro Plusgründe auf. Er hat die Staatsoper künstlerisch und fmanzie durch die schwierigste Zeit mit steigendem Erfolge durchgeführt. Er hat die Staatsoper wieder an die Spitze gestellt. Niemand. der den ist von künstlerischen Betrieben kennt wird nen, daß wenn das ganze Personal sich hinter einen solchen Mann stellt das doch auch für den Mann selbst spricht. Das Defizit in der Staatsoper ist nicht größer geworden in diesen Jahren. Wix wären zufrieden wenn bei allen Verwaltungen sich die Verhältnisse so günstig gestaltct hätten gegenüber dem Friedensstand wie bei der Staatsoper. Be’m A diel ist die Hauptsache, daß das Gastspiel ein schöner Erfolg für die deutsche Musik gewesen ist, der auch auf das Konto des Herren von Schillings fällt. Wenn in formaler Beziehuna An⸗ laß zur Beschwerde vorhanden ist, so sind hier doch nur kleinliche und ungerechte sechtepunte zur Geltung gekommen. Die Herren im Ministerium scheinen überhaupt die Hande zu vdiel in Kunstdinge gesteckt zu haben. Sie sind auch nicht sehr fein gewesen. Besonders hat ein Brief den Konflikt sehr verschärft, der einen Ton gezeigt dat der einem Mann wie Schillings gegenäber durchaus unangebrocht war, so, wenn in ihm gesagt wird, er babe das letzte Vertrauen per⸗

loren. Die Antwort hat der Minister ungezogen genannt. Wir sind