Uebertreibung dieses Prinzips den erstrebten Erfolg zu gefährden. (Zustimmung.) Es ist meiner Ueberzeugung nach unmöglich, den Wiederaufbau unserer Wirtschaft durchzuführen, wenn wir außer den laufenden Lasten, deren Schwere uns schon zu erdrücken droht, auch noch einmalige Ausgaben durch Steuern aus der geschwächten Wirt⸗ schaft herausholen. Wir müssen deshalb finanzpolitisch meiner Ueberzeugung nach wieder dazu übergehen, zwischen dem ordentlichen und dem außerordentlichen Haushalt streng zu scheiden und Aus⸗ gaben des Extraordinariums, soweit solche überhaupt wirtschaftlich gerechtfertigt sind, nicht mehr, wie bisher, durch Steuern und Ab⸗ gaben, sondern durch Anleihen zu decken, wobei bei der infolge des nur langsam sich bildenden Sparkapitals bedingten geringen Auf⸗ nahmefähigkeit des inländischen Marktes für Anleihen, die äußerste Beschränkung solcher Ausgaben selbstwerständliche Pflicht ist. Wird dieses gesunde Prinzip der Finanzgebarung in ganz Deutschland wieder durchgeführt, so wird es in Verbindung mit sparsamster öffentlicher Wirtschaft meiner Ueberzeugung nach die deutsche Gesamt⸗ belastung wieder tragbar machen können, wobei ich dahingestellt sein lasse, ob der notwendige Ausgleich zwischen Steuerbedürfnis und Steuerkraft durch ein Etatsgrundgesetz geregelt werden kann, das die Gesamtheit der öffentlichen Bedürfnisse ie dine bestimmte Höchst⸗ grenze einfügt, oder ob die Grenzen der steuerlichen Leistungsfähigkeit des einzelnen durch ein Grundgesetz geregelt werden könne. Alle diese Erwägungen werden bei dem bevorstehenden Finanzausgleich berücksichtigt werden müssen, und wenn über den Weg, den Reich, Länder und Gemeinden dabei einzuschlagen haben, auch Meinungs⸗ verschiedenheiten bestehen werden, steht das Ziel, das erreicht werden muß, doch für alle fest: durch Reform der Verwaltung und Be⸗ schränkung der Aufgaben und Ausgaben Anpassung der gesamten öffentlichen Lasten Deutschlands, soweit wir allein darüber zu be⸗ stimmen haben, an die Steuerkraft unseres Volkes und unserer Wirtschaft.
Ich stehe nicht an, zu sagen, daß meiner Ueberzeugung nach von der praktischen Lösung dieser Frage der Wiederaufbau unserer deutschen Wirtschaft und, da nur eine gesunde Wirtschaft gesunde öffentliche Finanzen auf die Dauer gewährleisten kann, auch unser finanzielles Schicksal abhängt. Es wird deshalb mit der durch unsere Notlage gebotenen Beschleunigung mit aller Energie an diese Aufgabe heran⸗ gegangen werden müssen. Da aber trotz aller Beschleunigung die Aus⸗ wirkungen dieser Akkion erst allmählich eintreten können, erscheint es mir unmöglich, darauf zu warten: Die Not unserer Wirtschaft und unserer Erwerbslosen, die ja vor der ganzen Welt klar und offen zutage liegt, erfordert vielmehr sofortige Maßnahmen. (Sehr wahr!)
Nun liegen die Dinge, rein vom Standpunkt der Reichsfinanzen aus betrachtet, im Augenblick so, daß die von Woche zu Woche sich verschlechternde Wirtschaftslage in Verbindung mit der zurück⸗ gegangenen Konsumfähigkeit der breiten Massen einen starken Rück⸗ gang der Einnahmen der Steuern und anderen Abgaben gebracht hat, während auf der anderen Seite aus denselben Gründen — ich er⸗ innere nur an die Unterstützung der Erwerbslosen und neuerdings die der Kurzarbeiter — erhöhte Ausgaben geleistet werden müssen. Ich halte es aber für einen schweren Fehler, wenn wir diese Zeit des Tiefstands finanziell sozusagen als Normalzeit betrachten wollten
(sehr gut! bei den Deutschen Demokraten) und, um die durch die Wirtschaftsnot erforderlich gewordenen Mehrausgaben zu decken, die von allen Seiten zugegebene Ueberlastung der Wirtschaft aufrecht⸗ erhalten oder gar erhöhen wollten; es wäre ein circulus vitiosus, der Volk und Wirtschaft zum Verbluten bringen müßte (sehr wahr)),
während jede wirtschaftliche Ueberlegung dafür spricht, den um⸗ gekehrten Weg zu gehen und durch Erleichterung untragbarer Lasten den Gesundungsprozeß zu beschleunigen. (Sehr richtig!) Das war ja auch der Sinn der Atempause, die das Dawes⸗Gutachten uns zur inneren Erstarkung geben wollte. Die ausländischen Sachverständigen haben meiner Ansicht nach durchaus zutreffend erkannt, daß eine zu starke Belastung in den Uebergangsjahren unsere finanzielle Leistungs⸗ fähigkeit für die Zukunft erschüttern muß.
Diesem Ziel, unsere Wirtschaft erst innerlich kräftig werden zu lassen, diente ebenso die 800⸗Millionen⸗Anleihe wie die weitere Be⸗
stimmung, daß in den ersten beiden Jahren die Aufbringung von 500 Millionen durch Veräußerung der Vorzugsaktien der Reichsbahn — an die die Reichsregierung nicht denkt — oder im Wege der inneren Anleihe erfolgen sollte.
Die augenblickliche Krisis zwingt uns dazu, diesen Gedanken⸗ gängen mehr als bisher zu folgen und den Ausgleich zwischen dem öffentlichen Ausgabebedarf und der Leistungsfähigkeit der Wirtschaft nicht nur in der allmählichen Verminderung der staatlichen Ausgaben zu suchen, sondern ihn sofort unter Benutzung der augenblicklich vor⸗ handenen Kassenmittel durch Senkung von Steuern, die produktions⸗ verteuernd und damit produktionshemmend wirken, zu bewirken. (Bravol)
Die Reichsregierung hat sich deshalb nach eingehender Prü⸗ fung dieser meiner Ueberzeugung nach für unser Volk lebens⸗ wichtigen Fragen auf meinen Vorschlag hin entschlossen, den gesetz⸗ gebenden Körperschaften in allernächster Zeit ein Gesetz zugehen zu jassen, das in gradliniger Fortsetzung der schon im Herst 1924 von dem jetzigen Herrn Reichskanzler als damaligen Finanz⸗ minister eingeleiteten Maßnahmen, zum Zwecke der Herabdrückung des Preisniveaus und der Ueberwindung unserer Wirtschaftskrise folgende Steuererleichterungen enthalten wird.
Die wichtigste Herabsetzung soll auf dem Gebiete der Umsatz⸗ steuer stattfinden, die am 1. April des Jahres auf 0,6 % gesenkt werden soll (Bravo!)
Ich brauche hier nicht anzuführen, wie gerade die Umsatz⸗ steuer durch ihre gehäufte Wirkung die Preise nach oben treibt und dadurch sowohl die Lebenslage und die Konsumfähigkeit der breiten Massen wie die Konkurrenzfähigkeit unserer Wirtschaft auf dem Weltmarkt aufs schwerste beeinträchtigt. Die Senkung der Umsatzsteuer von ihrem Höchststand von 2 ¼ % ist ja deshalb von meinen Amtsvorgängern schon planmäßig durchgeführt worden: Es ist immer die Ueberzeugung der Regierung gewesen, die ich im vollen Umfang teile, daß ein dem Welthandel angeschlossenes und auf den Welthandel angewiesenes Volk eine allgemeine Umsatz⸗
steuer von 1 % auf die Dauer nicht tragen kann. Pläne zur Ver⸗ edelung der Umsatzsteuer, die geschwebt haben, scheinen mir außer⸗ ordentlich schwierig durchführbar und mit Ungerechtigkeiten aller Art belastet. Die beste und allein Erfolg verbürgende Veredelung der Umsatzsteuer ist ihre Senkung. Sehr gut!) Wenn diese Senkung aber auf das Preisniveau einen Einfluß haben und da⸗ durch der ganzen Bevölkerung zugute kommen soll, muß ein ent⸗ schiedener Schritt getan werden. Gerade bei dieser Steuerart zeigt sich, daß zu geringe Senkungen leicht auf dem weiten Wege vom
Produzenten zum Konsumenten hängen bleiben und dadurch die von der Reichsregierung beabsichtigie Wirkung nicht eintritt. (Sehr gut!) Das Ideal der Beseitigung der Umsatzsteuer — von den großen Welthandelsvölkern erheben bekanntlich weder England noch Amerika eine Umfatzsteuer, und die anderen Länder, die sie erheben, können sie fast alle nur wegen des niedrigen Standes ihrer Valuta, die den schädlichen Folgen dieser brutalen Steuer entgegenwirkt, ertragen — ich sage, das Ideal einer Beseitigung der Umsatzsteuer für Deutschland ist leider bis auf weiteres im Hinblick auf die uns durch den verlorenen Krieg und die Dawes⸗ Verpflichtungen auferlegten Lasten nicht erreichbar, da ein Ersatz für den Ausfall nicht zu beschaffen ist, wir vielmehr, insbesondere wenn wir für die erhöhten Reparationslesstungen des Jahres 1927 und der kommenden Jahre Vorsorge schaffen wollen, unter den Satz von 0,6 % nicht herabgehen können.
Die Reichsregierung wird mit aller Energie dafür sorgen, daß diese Senkung der Umsatzsteuer fast auf die Hälfte ihrer jetzigen Höhe wirklich der Allgemeinheit den Nutzen bringt, der allein den Ver⸗ zicht auf die erheblichen der Reichskasse dadurch verlorengehenden Einnahmen rechtfertigen kann. Gerade von diesem Punkte aus kann und muß der Preisabbau gefördert werden, von dem unsere Wett⸗ bewerbstätigkeit auf dem Weltmarkt ebenso abhängt wie die Be⸗ lebung unserer Binnenwirschaft durch Steigerung der Konsumfähig⸗ keit der breiten Masse. Es ist dies meiner Ueberzeugung nach die einzig dauerhafte Hilfe, die wir weiten Schichten unseres Volkes, auch unserer Beamtenschaft bringen können, wenn wir die Kaufkraft des Geldes und damit die Realgehälter und löhne allmählich er⸗ höhen, anstatt wieder die furchtbare Preisschraube in Aktion treten zu lassen, deren verheerenden Wirkungen wir in den hinter uns liegenden Jahren ja zu unserem maßlosen Elend alle am eigenen Leib zu spüren bekommen haben. (Sehr wahr!)
Neben die Senkung der allgemeinen Umsatzsteuer soll die Be⸗ seitigung der erhöhten Umsatzsteuer treten (Bravol in der Mitte), die meiner Ueberzeugung nach überall dort schädlich gewirkt hat, wo sie eine Sondersteuer für deutsche Qualitätsarbeit — und das ist ja bei dem heutigen Aufbau leider im starken Umfang der Fall — bedeutet. (Sehr gut!) Sie soll deshalb für alle diese Fälle auf⸗ gehoben werden und auf bestimmte scharf umgrenzte Gruppen von Gegenständen, deren Erfassung polkswirtschaftlich und kulturpolitisch unbedenklich, ja sogar erwünscht ist, beschränkt bleiben, d. h. in erster Linie auf den Uebergang hochwertigen, nicht zur weiteren industriellen Bearbeitung bestimmten Materials — ich erwähne als Beispiel Juwelen — von einer Hand in die andere.
Drittens soll eine steuerliche Erleichterung bei wirtschaftlich notwendigen Betriebszusammenschlüssen, wie sie in einer Reihe von Anträgen in diesem hohen Hause gefordert wird, stattfinden, d. h. also, die Fusionssteuer, die heute ja tatsächlich prohibitiv wirkt, soll auf ein angemessenes Maß herabgesetzt werden in Verbindung mit einer Erweiterung des sogenannten Schachtelprivilegs im Körperschafts⸗ und Vermögenssteuergesetz. Die Notlage der deutschen Wirtschaft be⸗ ruht, abgeseben vom Kapitalmangel, nicht zum wemgsten auf dem großen nicht voll genutzten Sachapparat. Höhere Nutzwirkung läßt sich pielfach dadurch erreichen, daß Teile von Betrieben, denen gleiche Arbeit oder wirtschaftlich ineinandergreifende Arbeit obliegt, zu einem Gemeinschaftswerk zusammengefaßt werden, das nun mit den über sämkliche Werke fließenden Aufträgen reichlicher beschäftigt werden kann. Die Durchführung einer solchen Rationalisierung der Betriebe erfordert Opfer; manche Selbstentsagung, nicht zum wenigsten bei denen, die an leitenden Stellen der Werke stehen, und Opfer auch an bisher sorgsam und mit Stolz gehüteter wirtschaftlicher Selb⸗ ständigkeit, die zu bringen die volkswirtschaftliche Notwendigkeit jetzt in der Zeit der Not häufig zwingt. Auch die Staatswirtschaft muß versuchen, Hemmungen zu beseitigen, die der Rationalisierung von ihrer Seite entgegenstehen. Als solche Hemmung wird die gegen⸗ wärtige Belastung empfunden. Kapitalverkehrssteuer, Grund⸗ erwerbssteuer und Wertzuwachssteuer treffen bei der Durchführung der Maßnahme zusammen. Die Fusion ist mit 2 % Kapitalverkehrs⸗ steuer belastet. Hierzu treten 3 % Grunderwerbssteuer und unter Umständen noch Wertzuwachssteuern der Gemeinden. Bei der Er⸗ richtung von neuen Unternehmungen erhöht sich die Belastung da⸗ durch, daß die Kapitalverkehrssteuer nicht nur 2, sondern 4 % be⸗ trägt. Hier sollen Erleichterungen geschaffen werden durch Halbierung der Steuersätze bei gleichzeitigem Fortfall der Wertzuwachssteuer. Dieselben steuerlichen Vorteile, die bei der echten Fusion bestehen, sollen auch dem anderen Fall der Schaffung eines Gemeinschaftswerks zugute kommen, wenn dies gleichartige oder wirtschaftlich zusammen⸗ gehörige Betriebe aufnimmt. Was dann noch an Härten verbleibt, kann im Stundungswege ausgeglichen werden.
Viertens sollen die Härten beseitigt werden, die durch die Häu⸗ fung der Termine der Einkommen⸗ und Vermögenssteuerzahlung im nächsten Etatsjahr auftreten werden. Grundsätzlich möchte ich hier darauf hinweisen, daß die meisten Klagen, die zurzeit noch über die zu starken Belästigungen unserer Steueranforderungen vorgebracht werden, ihren Grund in der Uebergangszeit haben. Jede Uebergangs⸗ zeit bringt Unstimmigkeiten und Unbequemlichkeiten mit sich, und es ist eine besonders schwierige Kunst, das allmählich verschwindende Steuerrecht und das an seine Stelle tretende sich so einander ab⸗ lösen zu lassen, daß keine Ueberspannungen und Ueberlastungen vor⸗ kommen. Das gilt in besonders hohem Maße in einer Zeit wirt⸗ schaftlicher Not, wie der gegenwärtigen, wo solche Härten, die man in normalen Zeiten wohl hätte überwinden können, besonders stark drückend, ja unerträglich werden können. Die Vorauszahlungen zur Einkommensteuer sind nach dem bisher noch geltenden Rechte nach Ablauf jeden Kalendervierteljahres fällig. Nach dem neuen Ein⸗ kommensteuergesetz sollen die Vovauszahlungstermine in der Mitte des Vierteljahres liegen. Das letztere System löft das erste ab nach Zustellung des ersten neuen Einkommensteuerbescheides. Wird nun ein solcher Einkommensteuerbescheid zugestellt, nachdem gerade eine Vorauszahlung am Schluß eines Vierteljahres geleistet is i, und vor Mitte des laufenden Kalendervierteljahres, so können zwei Zahlungs⸗ termine unmittelbar aufeinander folgen, und es können sich für das Kalenderjahr 1926 statt vier fünf Vorauszahlungstermine ergeben. Bei der schwierigen Lage der deutschen Wirtschaft wird es dem hier⸗ durch betroffenen Steuerpflichtigen nicht zugemutet werden können, ein Jahr besonders zu belasten. Es scheint auch nicht zweckmäßig, hier lediglich im Verwaltungswege ducch Stundung zu helfen, man wird vielmehr eine grundsätzliche gesetzliche Regelung vorziehen müssen. (Sehr gut!)
Ich möchte die Gelegenheit, wo ich von Einkommensteuer und Körperschaftssteuer spreche, dazu benutzen, um darouf hinzuweisen, daß im übrigen ja glücklicherweise sehr bald mit dem Ablauf der
Uebergangszeit zu rechnen ist.
Ertrag anzupassen. Sobald nunmehr etwa im zweiten Kalender⸗ vierteljahr dieses Jahres die erste Einkommensteuerveranlagung zur
Ausführung gekommen ist, gehört das Recht der Zweiten Steuer⸗
notverordnung der Geschichte an. Wir werden also sehr bald — und ich will all das meine zur Beschleunigung dieses Zustandes tun — dazu kommen, daß der
einzelne Steuerpflichtige wieder auf Grund eines wirklichen end⸗
gültigen Steuerbescheides und nicht mehr in einem, wenn ich mich so ausdrücken darf, unübersichtlichen und in der Wirkung auch ungerechten Kontokorrentverfahren seine Steuerschuld an den Staat zu begleichen hat. (Sehr wahr!) .
Aehnlich wie bei der Einkommensteuer durch den Uebergangs⸗ zustand eine Ueberlastung des Kalenderjahres 1926 eintreten kann,
liegt es — und damit komme ich zum fünften Milderungsvorschlag
— bei der Vermögenssteuer. Die verhältnismäßig späte Verab⸗ schiedung der Steuergesetze im Sommer vorigen Jahres und di
Durchführung des Bewertungsgesetzes haben zur Folge, daß zu⸗ nächst noch die Vermögenssteuer 1925 nach dem Stande vom 31. Dezember 1924 veranlagt werden muß und nach Zustellung des Steuerbescheides zu zahlen ist, soweit sie nicht durch die zwei im Jahre 1925 gezahlten Vorauszahlungen gedeckt sein sollte. Es ist sodann auch noch in diesem Jahre die Vermögenssteuer 1926 nach dem Stande vom 31. Dezember 1925 zu veranlagen und teils durch Vorauszahlungen, teils nach Zustellung des Steuerbescheides zu entrichten. Hier muß eine Entlastung eintreten, zumal die Finanzbehörden durch die doppelte Veranlagung der Vermögens⸗ steuer in einem Jahre mit dem ganzen damit verbundenen Be⸗ wertungsgeschäft ganz außerordentlich stark in Anspruch genommen sein würden, so daß die Befürchtung besteht, daß die übrigen wichtigen Aufgaben Not leiden. Es ist aber überaus wichtig, daß die ersten Veranlagungen nach den neuen Steuergesetzen so genau als möglich ausfallen, damit eine gute Grundlage für die Zukunft gegeben ist. (Sehr vichtig! in der Mitte.) Ich halte es für zweck⸗ mäßig, die dichte Aufeinanderfolge zweier Vermögenssteuer⸗ veranlagungen dadurch zu beseitigen, daß nur die erste Ver⸗ anlagung vorgenommen und so das Bewertungsgesetz erstmalig in die Praxis übersetzt wird, sodann aber die Vermögenssteuer 1926 ohne nochmalige dicht darauffolgende Bewertung und Ver⸗ anlagung in der Form entrichtet wird, daß sie auf drei Viertel
der Steuerschuld festgesetzt wird, die sich bei der Veranlagung 1925
ergeben wird. (Hört, hört! bei den Kommunisten.) Zu diesem Zweck wird der Vorauszahlungstermin auf die Vermögenssteuer am 15. Mai in Fortfall gebracht werden, was — abgesehen von den steuertechnischen Erwägungen — wirtschaftlich aus zwei Gründen gerechtfertigt und nötig erscheint: erstens weil bei der Ertragslosigkeit eines großen Teiles der deutschen Vermögen im letzten Jahre die Steuer sowieso zum guten Teile aus der Sub⸗ stanz gedeckt werden muß, und zweitens, weil die für den 31. De⸗ zember 1924 festgestellten Vermögen — man denke nur an die Ent⸗ wicklung der Aktienkurse seit jener Zeit, die im Durchschnitt höher liegen werden als bei einer Feststellung für den 31. Dezember 1925 zu erwarten wäre — geringer ausfallen sollen.
Schließlich habe ich die Absicht, noch von der Möglichkeit,
durch eine Verordnung die Börsenumsatzsteuer zu senken, Gebrauch
zu machen, da ich der Ueberzeugung bin, daß eine gut und reibungslos funktionierende Börse für die Kapitalneubildung und vor allem für die Zuführung flüssiger Summen an die Wutschaft von größter Bedeutung ist. Ueber das Maß der Senkung schweben zurzeit noch Verhandlungen, da, wenn die Maßnahme ihren wirt⸗ schaftlichen Zweck erfüllen foll, gleichzeitig erreicht werden muß, daß die Banken ihre Provisionssätze entsprechend der Steuer⸗ senkung herabsetzen. (Sehr richtig!)
Mit diesen Steuererleichterungen, die bis zur äußersten Grenze dessen gehen, was ich als Finanzminister verantworten kann, ohne an dem für mich selbstverständlichen Grundfatz zu rütteln, daß ein Defizit⸗Etat unter allen Umständen vermieden werden muß, glaubt die Regierung auf finanzpolitischem Gebiete die Ueberwindung der Wirtschaftskrise erleichtern und beschleunigen zu können. Dagegen erscheint es mir ebenso ein unmittelbares wirtschaftliches Bedürfnis zu sein, daß wir mit einer überhasteten Gesetzesmacherei auf steuerlichem Gebiete zunächst einmal Schluß machen und deshalb an den im vorigen Sommer geschaffenen Grundlagen unseres Steuersystems nichts ändern, um ihre Be⸗ währung abwarten zu können. Es ist zweifellos eine Forderung der Rechtssicherheit und der Berechenbarkeit wirtschaftlicher Maß⸗ nahmen, daß man an den systematischen Fragen angesichts des großen Gesetzgebungswerks des vorigen Sommers nunmehr Gesetzdisziplin übt, weil sonst zu befürchten steht, daß der Zustand der Gelegenheitsgesetzmacherei und der ununterbrochenen Aende⸗ rung und Umwälzung auf steuerlichem Gebiet sich wiederholen könnte. Nur eine Aufgabe halte ich für unaufschiebbar und dringend: bei Gelegenheit der Neuordnung des Finanzausgleichs wird auch an dem Fragenkomplex der Realsteuern nicht vorüber⸗ gegangen werden können. (Sehr wahr! links.)
der Realsteuerpflichtigen geht, und daß sich damit die erhofften Vorteile einer den Gemeinden genehmen Ausgabe volkswirtschatt⸗ lich in eine Hemmung der Produktion und eine Erschwerung der Wirtschaftserstarkung verwandeln. (Zustimmung.) Ich setze be⸗ sondere Hoffnungen darauf und werde mit aller Energie auf das Ziel hinarbeiten, daß die Gewährung des Zuschlagsrechts bei der Einkommen⸗ und Körperschaftssteuer an Länder und Gemeinden die Möglichkeit einer Minderung der Realsteuern mit sich bringt. (Sehr gut! — Rufe von den Kommunisten: Hört, hört!) Ohne eine solche Milderung bleibt unser finanzielles Reformwerk wirt⸗ schaftspolitisch ein Torso.
Im übrigen wird es mein ganz besonderes Bestreben sein, die Steuerveranlagung und die Steuererhebung soweit wie wöglich zu vereinfachen. Ein großer Teil des Unmuts, der in unserem Volk wegen der Steuerbelastung entstanden ist, richtet sich wen man die Dinge genau nachprüft, nicht so sehr gegen die Belastung wie gegen die Belästigung (sehr richtig!), die gehäuften Termine und die unendliche unproduktive Arbeit, die für den Steuer⸗ pflichtigen mit der Steuererklärung und — Abführung verbunden ist. (Sehr wahr!) Ich hoffe, daß es gelingt — ich werde bei der Einzelbesprechung des Etats des Reichsfinanzministeriums darauf noch zurückkommen —, hier durch besondere Maßnahmen zu helfen,
Man wird zugeben müssen, daß die Finanzverwaltung bemuht gewesen ist, schon bei den letzten Voraus- zahlungsterminen die Steuerzahlungen möglichst an den wirklichen
Man muß sich darüber klar sein, daß jede Ueberschreitung der Grenzen äußerster Sparsamkeit, insbesondere in den Gemeinden, gerade auf Kosten
und wenn wir unserem Volke auch eine außerordentlich schwere Belastung nicht ersparen können, doch die Belästigung ouf ein Mindestmaß zu verringern. (Sehr gut!)
In der Richtung dieses Wunsches liegen bereits die Vorschläge, die ich Ihnen vorhin über die Gestaltung der Zahlungstermine ber Einkommensteuer und Vermögenssteuer machte. Ich werde auch be⸗ müht sein, auf dem Gebiete der Lohnsteuer, entsprechend den aus⸗ führlichen Aussprachen über dieses Thema im Steuerausschuß dieses hohen Hauses, Vorschläge zur Vereinfachung zu unterbreiten. Es ist kein Zweifel, daß die Mißstände, die sich hier, insbesondere auf dem Gebiete des Erstattungsverfahrens, herausgestaltet haben, geeignet sind, das feste und bewährte Gefüge der Besteuerung des Arbeits⸗ einkommens an der Quelle zu gefährden. (Sehr richtig! rechts.)
Die Steuermilderungen, die ich im einzelnen aufgeführt habe, werden für das Rechnungsjahr 1926 schätzungsweise einen Einnahme⸗ ausfall von 550 Millionen bringen. Wegen dieses Einnahmeausfalls wird eine Neugestaltung der Einnahmeseite des Haushalts notwendig werden, die im Falle der Annahme der Steuernovellen durch einen Ergänzungshaushalt vorgelegt werden wird. Der Münzgewinn von 133 Millionen, der nach dem Ihnen vorliegenden Entwurf zur Ver⸗ tärkung der Betriebsmittel dienen sollte, wird in Einnahme zu stellen sein. Außerdem können bei dem Haushalt der Reichsschuld einige Mehreinnahmen und Minderausgaben verantwortet und entsprechend ausgebracht werden. Auf diese Weise würden etwa 180 Millionen edeckt werden. Der Rest von 370 Millionen würde dadurch zu decken sein, daß
1. außerordentliche Ausgaben in dem finanzpolitisch vertretbaren
Umfange, von dem ich gesprochen habe, auf Anleihe genommen werden, und daß
vorhandene Betriebsmittel als Einnahmen eingestellt und ver⸗
ausgabt werden, ein Verfahren, das allerdings nur dies eine
Mal noch anwendbar sein würde.
1 Nähere Ausführungen darüber mit genauen Unterlagen werde ich im Haushaltsausschuß machen.
8 . 58 „ . Unbedingte Voraussetzung aber der Steuererleichterungen, ins⸗
besondere der aus volkswirtschaftlichen wie aus sozialen Gründen not⸗
wendigen Senkung der Umsatzsteuer, ist, daß die endgültige Verab⸗
chiedung des Haushalts für 1926 in der Endsumme der Ausgaben keinen höheren, sondern möglichst durch Einsparungen einen geringeren Betrag als der Ihnen vorgelegte Entwurf aufweist. Ich richte deshalb die dringende Bitte an dieses hohe Haus, die Regierung in dem Bestreben, die Wirtschaftskrise zu überwinden, dadurch zu unter⸗ tützen, daß Sie den Grundsatz festlegen, daß für jede von Ihnen etwa
zu beschließende Erhöhung eines Ausgabepostens die entsprechende
Verminderung eines anderen stattfindet. Ich stehe nicht an, zu sagen, daß ein großer Teil unserer jetzigen Notlage meiner Ueberzeugung
nach dadurch verursacht ist, daß überall in Deutschland Mehrausgaben auf einzelnen Gebieten beschlossen worden sind, ohne daß man dabei das Ganze im Auge behalten hat. (Lebhafte Zustimmung!) Auch wir werden meiner Ueberzeugung nach zu der in England befolgten Praxis kommen müssen, daß Erhöhungsbeschlüsse irgendeines Aus⸗ schusses nur im Benehmen mit der Regierung gefaßt werden können (sehr richtig! rechts), und daß sie nur in Wirksamkeit treten können, wenn weitere Beschlüsse über eine entsprechende Einnahmenerhöhung vorliegen. Dies wird ein unumgänglicher Grundsatz der Parlaments⸗
praxis und des Budgetrechts werden müssen, der meiner Ueberzeugung nach auch gesetzlich festgelegt werden muß, da die Steuersenkungen sonst ein untragbares Risiko in sich schließen würden. Im Zusammen⸗ hang mit den Steuererleichterungen wird das hohe Haus deshalb zu dieser Frage Stellung nehmen müssen.
Im Zusammenhang mit der Frage der Entlastung der deutschen Wirtschaft durch eine wirklich wesentliche Steuerverminderung steht die Frage, ob nicht ein gewisser Ersatz der Einnahmeausfälle auf einem anderen Gebiet möglich ist. Ich denke dabei an das Brannt⸗ weinmonopol. Die Klagen darüber, daß das Branntweinmonopol bei seiner jetzigen Gestaltung und Geschäftsgebarung versagt hat, sind allgemein. (Zustimmung.) Wer das geltende Gesetz aufmerksam durchliest, wird zu der Erkenntnis kommen, daß ein besseres Ergebnis nach diesem Gesetz wohl kaum erwartet werden konnte. Ich bin der Ueberzeugung, daß es einer grundlegenden Aenderung hier bedarf. Man kann mit einem auf den Handel eingestellten Unternehmen kein Geld verdienen, wenn die Beschlußfassungen über die richtige Kalku⸗ lation der Preisgestaltung in den Händen der Lieferanten und Ab⸗ nehmer liegt (Zustimmung und große Heiterkeit), und wenn diese Preisgestaltung auch sonst durch gesetzliche Vorschriften in stärkstem Umfang gehemmt ist. Ich kann namens der Reichsregierung an⸗ kündigen, daß demnächst ein Gesetz zur Neugestaltung des Brannt⸗ weinmonopols vorgelegt wird. (Sehr gut!) Ich hoffe, daß es dann, wenn auch nicht selbstverständlich sofort, so doch in einer beschleunigten Entwicklung gelingen werd, aus dem Branntweinmonopol größere Beträge herauszuholen. Wenn der jetzige Haushalt nur mit 172 Millionen rechnet und nach sorgfältiger Ueberlegung auch nur rechnen kann, so muß das auch vom Standpunkt steuerlicher Gerechtig⸗ keit aus außerordentlich bedenklich stimmen, wenn man etwa einen Vergleich mit der Belastung des Zuckers oder des Tabaks anstellt. (Sehr richtig!)
Ich möchte meine steuerlichen Betrachtungen damit schließen, daß ich noch hinweise auf den Entwurf eines Kraftfahrzeugsteuer⸗ gesetzes, der Ihnen demnächst zugehen wird und der dafür Sorge tragen soll, daß die Wegeunterhaltungspflichtigen instand gesetzt werden, für eine Wiederherstellung und Modernisierung des deutschen Wegenetzes Sorge zu tragen.
Lassen Sie mich, bevor ich auf den Haushaltsplan selbst eingehe, ein Wort über die Währung sagen⸗
Für die Stabilisierung der Mark war die Wiederherstellung des Budgetsgleichgewichts die absolute Voraussetzung. Dieses Gleich⸗ gewicht wurde hergestellt, besteht und wird weiter bestehen. Wenn nach dieser Richtung hin, irgendwelche Gefahren bestünden, so wäre ich nicht in der Lage gewesen, Ihnen heute irgendwelche Steuer⸗ ermäßigungen anzukündigen. Die Steuerermäßigungen, die ich in Aussicht gestellt habe, werden das Gleichgewicht des Budgets nicht stören. Ebenso ist es völlig ausgeschlossen, daß durch eine Ver⸗ mehrung der Umlaufsmittel über den wirtschaftlich begründeten Be⸗ darf hinaus eine Gefährdung der Währung kommen könnte. Reichs⸗ regierung und Reichsbank werden mit düsrsichtslosester Energie alle Gefahren in dieser Hinsicht vermeiden. Angesichts dieses Tat⸗ bestandes sind gelegentliche Aeußerungen, die deutsche Währung sei
in Gefahr, Rückfälle in eine längst vergangene Zeit oder tendenziöser.
Machenschaften, die durch nichts begründet sind. Lebhaftes Bravo.) Wenn ich nunmehr auf den Haushaltsplan, der Ihnen vor⸗ liegt, selbst eingehe, so w
reinigen.
mich dabei so kurz wie möglich
fassen und von einer einzelnen Aufzählung des Ziffernwerkes, das Ihnen ja gedruckt vorliegt, absehen, zumal das Vortragen von Zahlen ja für den Hörer außerordentlich ermüdend ist (sehr richtig!) und der Haushaltsplan in seinen Vorbemerkungen eine sachliche Gruppierung der Summen bereits enthält.
Sie haben aus dem Etat ersehen, daß der Haushalt in Ein⸗ nahmen und Ausgaben mit rund 7,4 Milliarden das Gleichgewicht hält, wobei nicht nur die inneren Kriegslasten und die Reparations⸗ zahlungen, sondern auch die gelamten einmaligen und außerordentlichen Ausgaben durch laufende Einnahmen gedeckt werden und lediglich 200 Millionen aus den Ueberschüssen des Jahres 1924 mit zur Deckung herangezogen sind. Ich habe schon vorher bemerkt, daß, falls die von der Reichsregierung vorzuschlagenden Steuererleichte⸗ rungen Ihre Zustimmung finden, ein Einnahmeausfall von etwa 590 Millionen entsteht, zu dessen Deckung — außer den Münz⸗ gewinnen und außer anderen kleinen Posten — Anleiheeinnahmen und Betriebsmittel verausgabt werden müssen. Es würden sich dann auf der Einnahmeseite die Steuern auf etwa 6,4 Milliarden er⸗ mäßigen, während es bei den Verwaltungseinnahmen von 192 Mil⸗ lionen sein Bewenden haben würde.
Bei den Verwaltungseinnahmen sind neu eingesetzt 26 Millionen Reichsmark Dividende aus den 624 Millionen Vorzugsaktien der deutschen Reichsbahn, die auf Grund der Abkommen mit der Reichs⸗ bahnverwaltung dem Reich ausgehändigt werden.
Im Haushalt des Reichspostministeriums sind als Einnahme neu eingestellt 20 Millionen Reichsmark aus dem Reinüberschuß der Reichspost. Die Reichspost hat einen solchen Betrag an die Reichs⸗ kasse bisher nicht geleistet, weil die Vorschriften des Postfinanz⸗ gesetzes über die Bildung einer Rücklage für die Reichspost nicht erfüllt waren. Eine Aenderung dieses Gesetzes ist dahin beabsichtigt, daß die Gesamthöhe der Rücklage herabgesetzt und der Zeitpunkt, von dem ab Ueberschußbeträge in die Reichskasse fließen sollen vor⸗ gerückt wird. Im Hinblick auf diese Aenderungen ist der Einnahme⸗ ansatz vorgenommen worden.
Wenn die Post, wie es die Absicht des Herrn Reichspostministers ist, dazu übergeht, Neuanlagen werbenden Charakters nicht mehr über Unkosten zu nehmen, fondern durch Anleihen zu decken — das meiner Ansicht nach allein wirtschaftlich berechtigte Prinzip — werden für die Zukunft auch die Einnahmen aus der Reichspost, die ja in der vor⸗ läufig angesetzten Höhe nur eine sehr geringe Verzinsung des in⸗ vestierten Kapitals darstellen, allmählich zur Entlastung des Reichs⸗ haushalts gesteigert werden können. (Sehr richtig!)
Ueber die Einnahmeschätzungen der verschiedenen Steuerarten werde ich im Ausschuß eingehend Auskunft erteilen. Sie sind unter Berücksichtigung unserer Wirtschaftslage vorsichtig, aber meiner Ueber⸗ zeugung nach durchaus nicht zu vorsichtig eingesetzt, und es wird lediglich von der Entwicklung unserer Wirtschaft, die im Augenblick ja niemand übersehen kann, abhängen, ob die Schätzungen in ihrer Gesamtheit erreicht werden. Jedenfalls liegen Reserven für das laufende Etatjahr in den Steuereinnahmeschätzungen, zum mindesten, wenn man an den Zustand unserer Wirtschaft denkt, meiner Ueber⸗ zeugung nach nicht.
Ich komme nun zu der Ausgabenseite des Ihnen vorliegenden Etats. In der Oeffentlichkeit pflegt ein Vergleich gezogen zu werden zwischen dem Staatsbedarf des Reiches im Jahre 1913 und dem jetzigen Staatsbedarf. Die Reichsfinanzverwaltung hat durch einen Beamten des Statistischen Reichsamts Uebersichten ausarbeiten lassen, in denen die Ausgaben und Einnahmen des Reiches nach der Rech⸗ nung für 1913 und dem Voranschlag für 1926 sachlich nach ihren Verwendungszwecken und Einnahmearten gegliedert sind. Ich werde bei der Beratung des Haushalts im Haushaltsausschuß diese ver⸗ gleichenden Uebersichten vorlegen. Es ist hierbei versucht worden, alle Posten, die nicht dem Reiche, sondern Dritten zur Last fallen, aus⸗ zuscheiden und die Bruttozahlen sonach von allen Neberweisungen durchlaufenden Posten und etatstechnischen Doppelbuchungen zu be· Diese bereinigten Bruttozahlen ergeben für 1913 3605, für 1926 4942 Millionen Reichsmark, die Ausgaben des Jahres 1926 sind sonach um 1337 Millionen Reichsmark höher veranschlagt, als die Ausgaben nach der Rechnung des Jahres 1913.
Um den eigentlichen Staatsbedarf darzustellen, war es not⸗ wendig, die bei den Betriebsverwaltungen erwachsenen Bvuttoaus⸗ ausgaben von den Gesamtausgaben abzusetzen. Der so errechnete Stgaatsbedarf beläuft sich für 1913 auf 2672, für 1926, da hier die Betriebsverwaltungen nur mit ihrem Nettoüberschuß bei den Ein⸗ nahmen erscheinen, auf 4942 Millionen Reichsmark. Die Steige⸗ rung der Ausgaben gegenüber 1913 beträgt also 2270 Millionen oder rund 85 vom Hundert. (Hört, hört!) Dieser Mehrbedarf erklärt sich in erster Linie durch die unmittelbaren Ausgaben infolge des Krieges und der Besatzung, die allein einen Aufwand von 2422 Mil⸗ lionen Reichsmark oder 49 vom Hundert der Gesamtausgaben für sich beanspruchen. (Hört, hört! links.) Diese Ausgaben setzen sich zusammen aus den Militärversorgungsgebührnissen einschließlich der Kriegsbeschädigten⸗ und Hinterbliebenenfürsorge mit 1492 Millionen, den inneren Kriegslasten mit 298 Millionen, den 600 Millionen Reparationslasten und den sonstigen unmittelbaren Ausgaben infolge des Krieges und der Besatzung im Betrage von 32 Millionen Reichs⸗ mark. Dagegen hatte im Jahre 1913 das Reich nur 70 Millionen Reichsmark als Fürsorge für Kriegsbeschädigte und Kriegshinter⸗ bliebene aufzubringen. Setzt man in beiden Jahren diese Kriegs⸗ ausgaben ab, so stellt sich der gesamte Staatsbedarf 1913 auf 2602 Millionen, 1926 auf 2519 Millionen. (Hört, hört! links.) Der hiemach verbleibende Ausgabenbedarf ist 1926 also noch etwas geringer als 1913. Innerhalb dieses Ausgabenbedarfs haben nun große Ver⸗ schiebungen gegenüber der Vorkriegszeit stattgefunden. Die größte Verminderung gegenüber 1913 weisen die Ausgaben für Heer und Marine um 1320 Mill. Reichsmark auf. Dem stehen als Erhöhungen gegenüber der Zuschuß des Reiches zu den Kosten der Schutzpolizei im Betrage von 190 Mill. Reichsmark, Mehr⸗ ausgaben für Zivilpensionen und Beamtenunterstützungen in Höhe von 107 Mill. Reichsmark, Mehrausgaben für soziale Zwecke im Betrage von 330 Mill. und der Mehraufwand bei der Schuldenverwaltung infolge der Ablösung der Markanleihen in Höhe von 73 Mill. Nach Abzug dieser Ausgaben, deren Höhe im wesent⸗ lichen durch Folgen des Krieges bedingt ist, bleibt der Etat für 1926 noch mit 1167 Mill Reichsmark belastet gegenüber 1913 mit einem Mehrbetrage von 867 Mill. Diese Mehrbelastung hat ihre Ursache in dem Uebergang der Zoll⸗ und Steuerverwaltung auf das Reich, die allein eine Mehrbelastung von 311 Mill. brachte, und in der Uebernahme der Wasserstraßenverwaltung von den Ländern auf das Reich, aus der dem ich ein Mehraufwa 163 Mill. Reichsmark erwachsen ist.
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Sie ersehen aus diesem Ueberblick, daß, die Reichsverwaltung in Betracht kommt, der Vorwurf einer allzu verschwenderischen Steigerung der Ausgaben gegenüber 1913 nicht berechtigt ist. Trotzdem ist meiner Ueberzeugung nach unsere Notlage so, daß weitere Einschränkungen durch Ver⸗ waltungsvereinfachung und Ersparnis sachlicher Ausgaben eine unbedingte Notwendigkeit ist, und ich werde alle meine Kraft darauf verwenden, im Etat für 1927 — falls ich die Ehre haben sollte, Ihnen auch diesen Etat vorzulegen (große Heiterkeit) b. diese Ausgaben noch um eine wesentliche Summe zu vermindern.
Bei den einzelnen Ausgaben möchte ich die Reparations⸗ zahlungen an die Spitze ftellen. Bei den Reparationszahlungen ist zu berücksichtigen, daß das Reparationsjahr vom September des einen bis Ende August des nächsten Jahres läuft, sich also mit dem Etatsjahr nicht deckt. In das Rechnungsjahr 1926 fallen fünf Zwölftel des zweiten und sieben Zwölftel des dritten Reparationsjahres. An Haushaltszahlungen sind 454,2 Millionen Reichsmark zu leisten. Weiter hat das Reich nach den Londoner Abmachungen, wenn das Aufkommen aus den ver⸗ pfändeten Einnahmen im dritten Reparationsjahre 1 Milliarde übersteigt, ½ des Mehrertrages bis zum Höchstbetrage von 250 Mill. als zusätzliche Haushaltszahlung an den General⸗ agenten zu leisten. (Abgeordneter Dr. Dernburg: Das haben wir uns selber eingebrockt!) Da im dritten Reparationsjahre das Aufkommen aus den verpfändeten Einnahmen den Betrag von 1750 Mill. NM. vermutlich übersteigen wird, so ist für dieses Jahr mit einer Zusatzzahlung von 250 Mill. zu rechnen. (Hört, hört! links.) Auf das Etatsjahr 1926 entfallen hiervon ⅞⁄2 = 145,8 Mill. RM., die aller⸗ in vier Monatsraten vom 1. November 1927 bis 1. Februar 1928 fällig werden, aber der Vorsicht halber schon in diesem Etat pro rata temporis in Ausgabe gestellt worden sind.
Daß diese Ausgaben für ein Volk, das nicht nur die inneren Lasten des verlorenen Krieges tragen muß, sondern auch durch die Fortnahme seines im Ausland angelegten Vermögens und der anderen infolge des Friedensvertrages verlorenen Sachwerte und Kapitalien unendlich schwer sind. bedarf ja keiner Beweisführung: auch in der Weltöffentlichkeit bestebt darüber nicht der geringste Zweisel. Es steht ebenso für alle Sachverständigen sest, daß die vorangegangenen Kapitalentziehungen durch den Vertrag von Versailles die Wirtschafts⸗ krise, in der wir jetzt stehen, außerordentlich verschärft hat. (Sehr richtig!) Aber bei der Betrachtung dieser Sachlage darf nicht über⸗ sehen werden, daß, so sehr die Maßnahmen unserer ehemaligen Feinde vor dem Londoner Abkommen unsere Wirtschaft geschwächt haben, doch seit dem Bestehen des Londoner Abkommens wenigstens zunächst eine gewisse Erleichterung eingetreten ist, zumal während des ersten Jahres — also vom 1. September 1924 bis 31. August 1925 — die dem Reichsbaushalt obliegenden Lasten vollständig durch den Erlös der 800⸗Millionen⸗Anleihe gedeckt worden sind Erst seit dieser Zeit wird an den Generalagenten für Reparationszahlungen monatlich das Aufkommen der Verkehrssteuer und die an⸗ teilige Haushaltsbelastung abgeführt; im ganzen handelt es sich in den fünf Monaten seit dem 1. September 1925 um einen Betrag von rund 230 Millionen. Auch unter Berück⸗ sichtigung des Umstandes daß daneben die Reichsbahn eine monatliche Zahlung von annähbernd 50 Millionen zu leisten hatte, scheint es mir nicht unbedingt gerechtfertigt die Zusvpitzung unferer wirtschaft⸗ lichen Verhältnisse auf diese bisherigen Auswirkungen des Londoner Abkommens ursächlich zurückzuführen (Sehr richtig! links. Wider⸗ spruch rechts)
Welche Folgen der Verlauf dieser Wirtschaftskrise auf Deutsch⸗ 8 land als Träger der Last des Londoner Abkommens haben wird, läßt sich heute noch nicht übersehen. Aber in all den Schwierigkeiten. mit denen wir heute zu kämpten haben, darf man nicht überseben. daß durch das Londoner Abkommen die Weiterbehandlung des Reparations⸗ problems aus dem Gebiete des politischen Kampfes in die Sphäre der sachlichen Verhandlungen versetzt worden ist. wahr! in der Mitte.) Daß das so bleibt, liegt im dringenden Gesamtinteresse der deutschen Nation und der ganzen Welt, dem nicht gedient wird, wenn Angriffe auf den Sachverständigenplan eine leidenschaftlich zugespitzte Form annehmen⸗ Je sochlicher das Reparationsproblem von uns behandelt wird desto eher dürfen wir auch von ausländischer Seite eine gleiche Behand⸗ lung der Reparationsangelegenheit und ein Verständnis für die schwere Lage des deutschen Volkes erwarten. (Sehr gut! bei den Regierungsparteien)
Nur wenn unfere Wirtschaft nicht durch Ueberlastung erdrosselt wird, sondern erstarkt — und das ist ja das Ziel der von der Reichs⸗ regierung geplanten Maßnahmen auf dem Gebiet der Sparsamfeit und der Steuererleichterungen —, wird die Tragung hober Lasten für Deutschland überhaupt möglich fein Wenn das deutsche Volk die außerordentlichen Anforderungen des Sachverständigenplanes und 8 die damit verbundenen, für das Selbstbewußtsein einer großen Nation 8 schwer tragbaren Einschränkungen seiner Souveränität mit einem großen Entschluß auf sich genommen hat, so ist das geschehen, um bis zur äußersten Grenze unferer Krafr für die Generation, die nach uns kommt, die Möglichkeit freien Schaffens wieder herzustellen, von der die Zukunft unferes Volkes abhängt
Die inneren Kriegslasten sind in den Etat mit 298 Millionen eingestellt, von denen 228 auf den ordentlichen, 70 Millionen auf den außerordentlichen Etat als letzte Rate für die in Reparattonsangelegen⸗ heiten früher ausgegebenen E⸗Schatzanweisungen entfallen Unter den Ausgaben des ordentlichen Haushalts spielen noch immer die Zahlungen an die durch Kriegs⸗ und Liquidationsmaßnahmen geschädigter Reichsdeutschen eine wesentliche Rolle. Aus den Ueberschüssen de Jahres 1924 war ein Betrag von 270 Millionen RM zur Ent⸗ schädigung dieser besonders schwer getroffenen Opfer des Krieges zur Verfügung gestellt worden. Dieser Betrag wird an die Geschädigter nach Maßgabe der vom Reichstag gebilligten Nachentschädigungs⸗ und Wiederaufbaudarlehnsrichtlinien ausgeschüttet. Angesichts der Höhe der Schäden, der großen Zahl der Geschädigten und auch der in diesem Jahre neu hinzugetretenen Fälle reicht dieser Betrag nicht aus, um alle Geschädigten nach diesen Richtlinien abzufinden. Es sind daher in den Etat für 1925 und in den Etat für 1926 je weitere 50 Millionen Reichsmark für Entschädigung dieser Reichsdeutschen eingesetzt worden. Der Gesamtbetrag, der nach den
Berechnungen des Reichsentschädigungsamtes auf Grund des Kriegs⸗ schädengesetzes und den genannten Richtlinien an diese Ge⸗ schädigten gezahlt ist und noch zur Ausschüttung gelangt beträgt
unter Hinzurechnung der für 1926 neu zu bewilligenden 50 Millionen