anzukurbeln, stehen wir sympathisch gegenüber. Es muß aber alles vermieden werden, um nicht bei einer Hausse auf dem Baumarkt der Preistreiberei Vorschub zu leisten. Diese Dinge müssen sehr vor⸗ ichtig und sorngfältig behandelt werden. Eine Auslandsanleihe zu Bankzwecken hat sehr viel Bedenkliches. Intermationale sozial⸗ politische Vereinbarungen lehnen wir durchaus ab. Das sehr schwer um seine Existenz ringende Deutschland kann aber nicht allein vor⸗ gehen. Selbsthilfe und gegenseitige Verständigung sind staatlichem Ein⸗ greifen stets vorzuziehen. Wenn der Gedanke der Arbeitsgemeinschaft durchdringen soll, müssen sich beide Parteien auch anerkennen. Auf dem Gebiete der Tarifverträge ist vor Schematisierung und Ueber⸗ spannung der Tarifgedanken zu warnen. Wenn auf Seiten das nötige Verständnis und guter Wille vorhanden ist, braucht der Schlichter nur in Ausnahmefällen einzugreifen. Zur Frage der Verbindlichkeitserklärungen geben wir zu, daß ein Eingreifen des Staates in diesen schwierigen Zeiten zur Ueber⸗ windung großer Spannungen nicht entbehrt werden kann, es muß aber auf Ausnahmesälle beschränkt werden. Zusammenfassend age ich: Die Deutsche Volkspartei will, wie bisher, mitarbeiten an er Fortführung einer deutschen Sozialpolitik, die die Grenzen der Wirlschaft beobachtet, damit die soziale Spannung nicht zu grof werde und dafür gesorgt wird, daß auch die breiten Massen der Arbeitnehmer teilhahen an dem Fortschritt und Aufschwung unseres Landes, den es trotz aller großen Nöte auch einmal wieder nehmen wird. (Beifall bei der Deutschen Volkspartei.)
Abg. Tiedt (Komm.) bezeichnet das Reichsarbeitsministerium als ein Ministerium gegen die Arbeiter, das unter der Maske des Arbeiterfreundes auftrete. Die Fülle der erlassenen Verordnungen und Gesetze haben den Arbeitern nicht geholfen. Die Deutsch⸗ nationalen haben keine Veranlassung, auf die bisherige Sozial⸗ politik so stolz zu sein, wie sie es in ihrer Entschließung zu sein vorgeben. Die Ursache der ersten Krankenversicherung war, die Armenlasten vom Staate zu nehmen. Herr Dr. Brauns ist ein äußerst geschickter Anwalt des Unternehmertums. In der heutigen Sozialpolitik kommt der Klassenkampfgedanke kraß zum Ausdruck. Die Erwerbslosenfrage ist das traurigste Kapitel der Sozialpolitik. Von den in den Etats für 1924 und 1925 eingesetzten Posten für unterstützende Erwerbslosenfürsorge von insgesamt 290 Millionen sind 253 Millionen nicht für die Erwerbslosen ausgegeben worden. Die Schlichtertätigkeit des Arbeitsministers hat das allgemeine Lohnniveau herabgedrückt. Mit den Krankenkassengeldern haben die Unternehmer in der Inflationszeit spekuliert. Bei der Unfall⸗ versicherung betrugen im Jahre 1924 die Verwaltungsausgaben allein 42 Millionen, eingespart wurden 30 Millionen. Bei der Invalidenversicherung ist eine Verdreifachung der Zahl der Ver⸗ sicherungsträger gegenüber 1913 eingetreten; die Aufwendungen sind aber um die Hälfte zurückgegangen. Wir beantragen, den Reichszuschuß zur Invalidenversicherung jährlich von 72 auf 312 Mark für jede Invaliden⸗, Witwen⸗ und von 36 auf 150 Mark für jede Waisenrente zu erhöhen. Tatsächlich wird der Kinderzuschuß von 7,50 Mark in vielen Fällen nicht bezahlt. 6000 Renten könnten mit dem Gehalt von 45 Beamten dieser Verwaltung aus⸗ bezahlt werden. Wo ist das Vermögen der Invalidenversicherung geblieben? Am 1. Januar 1914 betrug es 2105 Millionen. Mit der Hälfte dieses Betrages hätte man die Invalidenträger kapitali⸗ siert abfinden können. Heute gibt man ihnen 25 Mark im Monat. Wir verlangen Auskunft über die Vermögenslage der Versicherung. Den Angestellten hat man 9 Millionen Kredite aus der Versiche⸗ rung ein verschwindend geringer Betrag gegenüber dem, was kapitalistische Unternehmen bekommen haben. 1924 sind 25 Millionen Kredite gegeben worden. Der Redner tritt für die Hilfsbedürftigen ein, die den Fürsorgeverbänden unterstellt sind. Diese Verbände dürfen nicht mehr das Recht haben, Hilssbedürftige in Zwangsarbeitsanstalten zu stecken. Nichts ist für die Wohnungs⸗ not getan worden, trotzdem man den Kriegsbeschädigten im Kriege ein Heim versprochen hatte.
Abg. Erkelenz (Dem.) weist ee der allgemeinen Klagen über die Verteuerung des öffentlichen Apparates darauf hin, daß diese Verteuerung in der ganzen Welt vorhanden ist. Wenn in früheren Reden die Vereinigten Staaten als Muster an⸗ geführt worden sind hinsichtlich des Abbaues der Kosten der öffent⸗ lichen Verwaltung, so vergißt man offenbar, daß in keinem anderen Lande die Steigerung der öffentlichen Ausgaben gegenüber der Vorkriegszeit so erheblich ist, wie in den Vereinigten Staaten. Während in Deutschland die Kosten der öffentlichen Verwaltung in Reich, Ländern und Gemeinden einschließlich Reparationen etwa 150 Mark pro Füht ausmachen, betragen sie in den Vereinigten Staaten über 500 Mark. In den Vereinigten Staaten betrugen die Gesamtausgaben der Union, der Staaten und Gemeinden im hre 1913 2 Milliarden 919 Millionen Dollar; sie sind jetzt ge⸗ tiegen auf 10 Milliarden 252 Millionen Dollar, sind also 3 ½ mal 8 hoch wie 1913. Bei uns beträgt die Steigerung nur das Andert⸗ halbfache. Der Redner spricht dem Reichsarbeitsministerium Dank und Anerkennung aus für die fleißige und tüchtige Arbeit, die im Ministerium geleistet wird. Aber man muß fragen, ob die Avrbeit nach richtigen Grundsätzen geleistet wird, ob die richtige Politik im Arbeitsministerium getrieben wird. Das ist zu verneinen. (Zu⸗ . Die deutsche Sozialpolitik ist entstanden im Zeitalter des Fürsorgestaates. Die Bismärckische Sozialpolitik war auf Unter⸗ tanen zugeschnitten, denen durch die damals herrschenden Kla⸗ sen Trinkgelder, Renten und ein gewisser Schutz gesichert wurden. Der neue Staat darf aber kein Untertanenstaat mehr sein. Staatssorm, Staatsgeist und Sozialpolitik stehen in engstem Zusammenhang. Wenn der neue Staat wirklich in der Masse des Volkes lebendig werden soll, muß insbesondere auf. sozialpolitischem Gebiet der Geist, von dem der neue Staat prinzipiell Feneseg sein soll, zum Durchbruch kommen. (Beifall.) Wir können die Sozialpolitik des Untertanenstaates in weitgehendem Umfange nicht mehr ge⸗ brauchen. Der selber arbeitet heute noch nach den Grund⸗ sätzen, die der Kaplan Hitze etwa zwischen 1890 und 1900 auf⸗ estellt hat. Hitze wollte den liberalen Staat mit Cööu orsettstangen durchziehen. Das war vielleicht für die damaligen Vorseteftafe richtig; aber schon damals war es sehr bedauerlich, daß der Gedanke liberaler Sozialreform, wie er von Hirsch, Bren⸗ tano, Schulze⸗Gaevernitz und anderen vertreten wurde, sich in Deutschland nicht genügend ausgewirkt hat. Bedauerlich ist, daß die Sozialdemokratie ebenfalls die Probleme des neuen Staates noch nicht durchgedacht hat und immer noch Bismärckisch⸗Stöckersche Sozialpolitik verfolgt. Die Sozialdemokratie hat zwei Seelen: eine demokratisch⸗liberale und eine sozialistisch⸗konservative. (Sehr richtig!) Während die deutschen Gewerkschaften ein Erzeugnis des demo⸗ kratisch⸗liberalen Bestandteiles sind, sind die sozialpolitischen Forde⸗ rungen in der Sozialdemokratie immer noch eingegeben von der Idee, die Bismarck in die Staatspolitik hineingetragen hat. Der republikanisch⸗demokratische Staatsgedanke fordert den Uebergang von dem früheren Prinzip des Untertanenstaates zum Prinzip der ozialen Selbstverwaltung. Es gibt bishex leider nur wenige Menschen in Deutschland, die diesen grundsätzlichen Unterschied be⸗ griffen haben. Die Schlichtungsordnung des Jahres 1921 mit ihrem lähmenden Behördenaufbau von oben nach unten ist glück⸗ licherweise nicht Gesetz geworden. Ein anderer Fehler ist es⸗ daß 1923 auf Grund des Ermächtigungsgesetzes jene unglückliche Form der Erwerbslosenfürsorge geschaffen ist, die jetzt eine Qual für alle Beteiligten ist. Statt daß man energisch eine Arbeitslosenversiche⸗ rung frühzeitig geschaffen hat, die auf der Grundlage der sozialen Selbstverwaltung beruht, Arbeiter und Unternehmer zur Beitrags⸗ leistung heranzieht, hat man mit der jetzigen Förm die Beteiligten verantwortungslos gemacht und hat Reich, Ländern und Gemeinden eine Last auferlegt, die sie weder technisch noch finanziell bewältigen können. Das Arbeitsnachweisgesetz des Jahres 1923 ist ebenfalls ein Beweis dafür, wie Sozialpolitik heute nicht mehr gemacht werden darf. Es wäre 1910 ein guter Gesetzentwurf gewesen, 1923 war es veraltet, ehe es entstand. Der Gedanke der sozialen Selbst⸗ verwaltung und Selbstverantwortung muß insbesondere auf das Gebiet der Schlichtung von Arbeitsstreitigkeiten übertragen werden. Letzten Endes muß der Staat sich die Möglichkeit aufrecht erhalten, in Arbeitskämpfe einzugreisen; er muß berechtigt sein, durch Ver⸗ bindlichkeitserklärung von Schiedssprüchen schwerwiegende Arbeits⸗ kämpfe zu vermeiden. Aber an die Beteiligten selber, Unternehmer
und Arbeitnehmer, muß man das Ersuchen richten, sich sowelt als möglich selber zu 1 Das jetzige Verfahren, wonach man meist dem Schlichter die letzte Verantwortung zuschiebt, macht den Schlichter zum Prügelknaben von Unternehmerverbänden und Ge⸗ werkschaften und macht den Staat unpopulär bei beiden Gruppen. Dies Verfahren ist der Mangel an Mut zur sozialen Selbstverwal⸗ tung. (Zustimmung.) — Die sehr oft leichtfertig gebrauchte Phrase, eine gute Wirtschaftspolitik ist auch eine gute Sozialpolitik, hat einen wahren inneren Kern. Eine moderne Wirtschaftspolitik muß vom Standpunkt der Sozialpolitik aus gefördert werden. Lohn⸗ herabsetzungen gehören nicht zum Programm einer modernen Wirtschaftspolitik; sie sind ein Ausfluß des alten rückständigen Systems, das in der Vereinigung der deutschen Arbeitgeberver⸗ bände geblüht hat, alle Forderungen nur an die Arbeitnehmer oder an den Staat zu richten und dabei der Unternehmerschaft nicht ge⸗ nügend klar zu sagen, welche neuen Pflichten und Aufgaben ihr obliegen. Die Gehirne gerade bei den Unternehmern sind auch ein Opfer der Inflation geworden. Selbst im Höhepunkt der Infla⸗ tion, als die Stundenlöhne zeitweise auf 9 Goldpfennige gesunken waren, ist uns immer wieder erzählt worden, der Lohn sei zu hoch. Deutschland kann zu keiner modernen Wirtschaf gelangen, solange unsere Löhne nur ein Viertel der amerikanischen und englischen Löhne betragen. Die Revolutionierung der Technik, die von den Vereinigten Staaten ausgeht, ist das Mittel, mit dem man die Verarmung durch den Krieg ebenso überwinden muß, wie die scheinbar unlösbaren sozialen Kömpfe Amerika hat die Technik von 1925, Deutschland arbeitet noch mit der Technik von 1913. Die amerikanische Automobilindustrie hat in der Zeit von 1923 — 1925 eine Steigerung der Produktivität er⸗ reicht, die 15 vH bei den billigen Automobilen, 60 vH bei den teuren Automobilen beträgt. Wenn die Fabrikation eines be⸗ stimmten erstklassigen Automobils in Amerika 7000 Arbeitsstunden kostet, in Deutschland aber 21 000 Arbeitsstunden, so zeigen diese nackten Ziffern, daß es kindlich sei anzunehmen, durch Verlänge⸗ rung der Arbeitszeit und durch Kürzung der Löhne könne diese Spanne überwunden werden. (Lebhafte Zustimmung links und in der Mitte.) — Redner beschäftigt sich eingehend mit dem Kura⸗ torium für wirtschaftliche Fertigung und erklärt, der Gedanke an sich sei gesund. Die Industrie hat diese Organisation zwar schon sofort nach dem Kriege gegründet, es gibt aber bisher nur ganz wenige Betriebe in Deutschland, die sich die Ergebnisse der Arbeit dieser Rationalisierungsbehörde zunutze gemacht haben. Die Unternehmerschaft beschränkt sich leider zu viel darauf, ihre Betriebe zu verwalten, aber sie hat bisher nicht die Kräfte ent⸗ wickelt, ihre Betriebe zu gestalten. Die Arbeit des Kuratoriums für wirtschaftliche Fertigung wird jetzt in den Schubladen der Schreibtische vergraben. Aus diesen Schubladen muß sie heraus⸗ gezogen werden. Wir brauchen eine großzügige Werbearbeit für die Rationalisierung der Wirtschaft. Die eingefrorenen Gehirne müssen aufgetaut werden, und zwar sowohl bei Unternehmern wie bei Arbeitnehmern. Alte, liebgewordene Gewohnheiten muß man vergessen. Es gilt, neues zu schaffen aus eigener Kraft. Bei einer rationalisierten Wirtschaft müssen auch die Arbeitnehmer manche liebgewordenen Gewohnheiten aufgeben. Die dazu erforderliche Werbearbeit kann nicht von einer von Unternehmern abhängigen Organisation geleistet werden, sie muß erzielt werden durch ein 99 ewußtes Zusammenwirken zwischen einem modern eingestellten und einem modern eingestellten Arbeits⸗ minister. An der itze dieser Organisation muß ein Mann stehen, der — wie der amerikanische Staatssekretär Hoover — auch nach der Unternehmerseit ein Autorität ist, und der eine auf⸗ bauende Kritik auch an den Nachlässigkeiten der Unternehmerschaft ausüben kann. Hoover hat erreicht, daß von 1914 bis 1923 die Produktivität der amerikanischen Wirtschaft sich um 60 vH ge⸗ steigert hat. 50 Millionen Tonnen Kohle werden in den Ver⸗ einigten Staaten allein gespart infolge von technischen Verbesse⸗ rungen, die zwischen 1919 und 1924 eingeführt worden sind. Das amerikanische „Bureau for simplified, practise“ hat durch die Durchführung seiner bisherigen Vorschläge schon der amerikanischen Wirtschaft jährlich einen Betrag von 2,2 Milliarden Dollar ge⸗ spart. olange die Führung in diesen Maßnahmen nicht unter⸗ nommen wird von den beiden hauptbeteiligten Ministerien, wird unsere Rationalisierung in den Anfängen stecken bleiben. Redner spricht dann eingehend über die Lohnpolitik und betont, daß Unter⸗ nehmer und Arbeitnehmer sich einigen müssen über die Grund⸗ sätze der Lohnpolitik. Dieser Grundsatz heißt: tunlichst hohe Löhne bei höchster Produktivität der Arbeit. Das bedingt freilich, daß in die Vereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände ein ganz anderer Geis einzieht. Redner erörtert die sozialen Folgen, die aus der Bildung großer nationaler und internationaler Trusts, wie Farbentrust, Eisentrust, Kohlentrust usw., entstehen. Wenn die Leiter dieser Trusts nicht nur Techniker, nicht nur Kaufleute sind, sondern wenn sie auch einen überragenden politischen Sinn mitbringen, dann werden die sozialen Gefahren dieser Trust⸗ bildungen nicht sehr groß sein. Die Frage der internationalen Trusts muß insbesondere im Intornationalen Arbeitsamt in Genf erörtert werden. Die Vertretung Deutschlands im Internationalen Arbeitsamt in Genf entspricht noch immer nicht den großen Auf⸗ gaben, die wir dort haben. Unsere Vertretung liegt in den Händen sachlich außerordentlich tüchtiger Geheimräte. Im Inter⸗ nationalen Arbeitsamt in Genf kommt es aber nicht darauf an, kluge Haragraphen zu formulieren, sondern es kommt “ an, die großen zedanken der europäischen Gemeinschaftsarbeit auszubauen und dabei für Deutschland auch moralische Eroberungen zu machen. In diesem Zusammenhang fordert der Redner auch die internationale Regelung der Arbeitszeit auf der Grundlage der Ratifikation des Washingtoner Arbeitsabkommens. Nicht einmal in der Idee har Deutschland in der Sozialpolitik die führende Stellung zu behaupten gewußt, die es vor dem Kriege hatte. — Der Redner behandelt dann die Frage der produktiven Arbeitslosenfürsorge und teilt mit, daß sich Gemeinden bei ihm darüber beklagt hätten, daß Reichsunterstützungen zur produk⸗ tiven Erwerbslosenfürsorge z. B. nur gezahlt würden beim Bau von Wegen. Infolgede sen würden heute Wege und Straßen die wahrscheinlich in den kommenden 20 und 30 Jahren nicht benutzt würden. Hinsichtlich des Straßenbaues steht eine viel größere Auf⸗ gabe vor uns. Auch die Automobilisierung Deutschlands ist nicht auf⸗ zuhalten. Die Zahl der Kraftfahrräder hat sich im Jahre 1925 um 25 vH vermehrt. Aller Voraussicht nach wird spätestens von 1927 ab die Zahl der Automobile in Deutschland sich jährlich um 100 vH oder mehr vermehren. Für einen solchen Automobilverkehr sind unsere Landstraßen ganz ungeeignet. Man sollte jetzt on. aus den Mitteln der produktiven Erwerbslosenfürsorge moderne Landstraßen bauen, die den riesigen Automobilverkehr, der sich in wenigen Jahren darüber ergießen wird, aushalten können. Eine große Frage, deren Bedeutung leider noch immer nicht erkannt wird, liegt auf dem Gebiete der Sied⸗ lung. Die Siedlung ist bei uns eine Phrase und ein Schlagwort ge⸗ worden. Es wird viel davon geredet, es wird aber wenig getan. Selbst die kräftigste Rationalisierung der Wirtschaft, verhunden mit einer Verdoppelung und Verdreifachung der Löhne, wird nicht imstande sein, die gesamte Ziffer der Arbeitslosen aufzusaugen, Mindestens muß dafür gesorgt werden, daß in den nächsten zehn Jahren nicht noch weikere Arbeitermassen vom Lande in die Stadt wandern. — Das Arbeitsgerichtsgesetz kann nicht verabschiedet werden, solange man sich nicht über die Grundgedanken⸗des deutschen Arbeitsrechts geeinigt hat. Der Redner verlangt die Veröffentlichung der bisherigen Vorarbeiten des Arbeitsrechtsausschusses in einer Denkschrift. Er fordert weiter die Aufstellung einer eingehenden Produktionsstatistik, da wir hin⸗ sichtlich der Leistungen unserer Produktion völlig im Dunkeln tappen Die sozialen Lasten 8 ein Teil des Lohnes. Wenn die sozialen Einrichtungen nicht bestünden, müßte eine erhebliche Abgeltung in Form höherer Löhne stattfinden. Die sozialen Lasten sind bis zu einem gewissen Grade verantwortlich für die Niedrigkeit der deutschen Löhne.
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(Zustimmung bei den Demokraten.)
Abg. Beier⸗Dresden (Wirtschaftl. Vereinig.): Wir wollen an dem Ausbau der sozialen Gesetzgebung mitarbeiten und an der Linderung der Not mitwirken. Aber Arbeitgeber und Acbeitnehmer können heute neue soziale Lasten nicht auf sich nehmen. Die Bei⸗ träge der B“ werden immer auf die Löhne abgewälzt. Das Kunsthandwerk liegt heute ganz besonders darnieder. Beim Ausbau
der Sozialpolitik darf es sich nicht nur um eine Erweiterung, sondern nur um eine Vereinfachung und Zusammenlegung handeln. Die Mittel für die produktive Erwerbslosenfürsorge, die im Jahre 1925 mit hundert Millionen ausgeworfen worden sind, hätten lieber in die Betriebe hineingebracht werden sollen, aber leider sind sie teil⸗ weise für andere Zwecke verwendet worden. Wir haben im Reiche anderthalb Millionen selbständige Handwerksbetriebe und ebenso viele Handels⸗ und Kleinhandelsbetriebe, wenn diesen Mittel aus der produktiven Erwerbslosenfürsorge zugeführt würden, wäre viel ge⸗ holfen. Dadurch läßt sich die Arbeitslosigkeit besser bekämpfen als durch Erwerbslosenunterstützung. Die Beiträge zur Erwerbslosen⸗ fürsonge belasten uns sehr schwer. Man sollte eine etwas längere Arbeitszeit als acht Stunden zulassen. Segensreich hat die Berufs⸗ beratung für die jungen Leute gewirkt. Die Knankenkassen sind in Not, ihre Verwaltung ist zu teuer. Wie durch eine Zentralisierung Ersparnisse erzielt werden sollten, ist mir nicht begreiflich. Die kleineren Kassen arbeiten besser für die Arbeitnehmer. Die Sozial⸗ lasten betvagen schon 100 Mark pro Kopf im Jahrz die beste Ab⸗ hilfe wäre die Stärkung der Wirtschaft. (Beifall.)
Abg. Schwarzhr (Bayr. Vp.): Die Sozialpolitik hat, wenn auch die Arbeitgeber ihr das absprechen und behaupten, sie nehme keine Rücksicht auf die Wirtschaft, doch produktiv gewirkt, und kein Mensch ist so töricht, sie abbauen zu wollen. Trotz der großen Not sind wir über den Winter gut hinweggekommen. Das erste Mittel gegen die Eunverbslosigkeit muß die Hebung der Wirtschaft sein, die Arbeit bringt. Wir sind bereit, alle Vorschläge dazu zu unterstützen, die die Wirtschaft hebem oder, wie man jetzt sagt, ankurbeln können. Es gibt jetzt sehr viele Menschen, die kurbeln. (Heiterkeit.) Die Kreditfrage ist eine der Hauptfragen, weil kein Betrieb ohne Geld arbeiten kann. Allerdings muß die Kreditwürdigkeit jedes einzelnen Betriebes genau geprüft werden, denn wir haben an der Spitze der Betriebe vielfach nicht mehr die vertrauenswürdigen Männer wie die früheren, die mit ganzer Hingabe an den Betrieb sparsam zu wirtschaften ver⸗ standen. Die Erwerbslosenfrage dürfte durch den heutigen Beschluß des Ausschusses zu einem Abschluß gebnacht wornden sein, bis wir die Erwerbslosenversicherung durchführen können. Den Beschluß über die Versorgung der Kurzarbeiter begrüßen wir gleichfalls. Wir bedauern, daß die Höhe der Erwerbslosenunterstützung nicht auf 75 vH des Lohnes beschränkt worden ist, denn es ist eine Härte gegen die Arbeitenden, wenn die Nichtarbeitenden ebensoviel be⸗ kommen. Die Arbeitsnachweise haben sich im ganzen gut bewährt, sie dürfen sich aber nicht zu Zwangsanstalten entwickeln. Wenn wir die Invalidenrente erhöhen sollen, müssen wir genau den Stand der Invalidenversicherung kennen lernen, um zu sehen, ob wir die Beiträge erhöhen können, dagegen könnte der Reichs⸗ zuschuß erhöht werden, um eine Reihe von Forderungen erfüllen zu können. Zurzeit ist eine Erhöhung der Beiträge der Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht möglich. Bei der Teilung von Kranken⸗ kassen muß genan geprüft werden, ob nicht dadurch die Interessen der Krankenversicherung geschädigt werden. Die Novelle zum hsihen . kann nur als eine Zwischenlösung angesehen werden, denn die Klagen der Kriegsbeschädigten sind nach wie vor groß. Der Abgeordnete Tiedt hat über die hohe Pension des bayeri⸗ schen Kronprinzen gesprochen, diese Pension kommt aber gerade den Kriegsbeschädigten zugute, denn der Kronprinz hat sie vom ersten Tage an den Kriegsbeschädigtenorganisationen zur Verfügung ge⸗ stellt. Die freiwilligen karitativen Verbände, die in der Inflation soviel verloren haben, sollten von der Regierung mit Mitteln unterstützt werden; diese Mittel werden segensreich angewendet werden.
Reichsarbeitsminister Dr. Brauns ergreift hierauf das Wort. Seine Rede wird nach Eingang des Stenogramms ver⸗ öffentlicht werden.
„Abg. Stöhr (Völk. A.⸗G.): Der ruhende Pol in allen Regierungskrisen gewesen. Trotz unserer Einstellung gegen die Regierungspolitik freuen wir uns dessen. Inmitten der Wirtschaftskrise darf der Wille zur Fortführung der Sozialpolitik nicht erlahmen, wenn die Wirtschaft wieder gesunden soll. Zur Erhaltung der Volksgesundheit und zum Schutze der Arbeitskraft müssen wir Geld haben. Deshalb ist das Klagen über die hohen Soziallasten nicht angebracht. Würden die sozialen Maß⸗ nahmen fortfallen, müßten natürlich die Löhne der Arbeiter ent⸗ sprechend steigen. Es geht nicht Jeran. eisch weige schlecht. Die Produktion und der Export der keramischen Industrie sind größer als 1913. Auch die Banken verdienen anerkanntermaßen gut. Bei der Berliner Handelsgesellschaft werden 10 vH Divrdende verteilt. Der tatsächliche Gewinn ist aber nicht viel größer. Auch die Klagen der Industrie sind angesichts ihrer Luxusaufwendungen oft unberechtigt. Der Kompromißantrag der Regierungsparteien wird 100 Millionen monatlich erfordern. Kann das die deutsche Wirtschaft aber auf die Dauer ertragen? Eine Erhöhung des Lebens⸗ niveaus des deutschen Volkes ist notwendig. Es müssen Arbeits⸗ möglichkeiten geschaffen werden, um die Arbeitslosigkeit an ihrer Wurzel zu bekämpfen. Wir fordern eine Arbeitslosenversicherung, die nach der berufsständischen Eigenart gegliedert ist, und weiter das Arbeitsdienstjahr für die Jugendlichen. Die Preisabbauaktion ist leider zum Stillstand gekommen. Die Regierung sollte sich durch gewwisse Interessenkreise nicht bestimmen lassen, von dieser Aktion Abstand zu nehmen. Die Sonntagsruhe muß vollkommen durch⸗ geführt werden, der Mensch muß eine Ausspannung haben und sich auch einmal auf sich selbst besinnen können. Daß eine Verbesserung der Sozialversicherung für die Arbeiter und die Angestellten nötig ist, darüber kann kein Zweifel sein, aber die Beiträge sind auf das äußerste angespannt, und deshalb können die Leistungen nur ge⸗ segen; werden, wenn die Verwaltung verbilligt wird. Die Bilder, die auf die Unfallgefahren aufmerksam machen sollen, sind zum Teil so schlecht, daß die Arbeiter sie vielfach nicht aushängen wollen. Wir werden uns auch der Teilung des Versicherungsamts für Schlesien widersetzen; sie könnte nur mit dem Wunsche begründet werden, neue Beazmntenposten zu schaffen. Die öffentlich⸗rechtlichen Ver⸗ tretungen in Industrie, Handel und Landwirtschaft müssen auf paritätischer Grundlage besetzt werden mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Wir haben schon einmal einen solchen Antrag ein⸗ gebracht und unterstützen daher den Antrag, den das Zentrum ein⸗ gebracht hat. Der Gedanke des Betriebsrätegesetzes muß sich in der ganzen Bevölkerung mehr als bisher durchsetzen; wir bean⸗ tragen deshalb die HG“ von Gesamtbetriebsräten für gleich⸗ artige oder nach dem Betriebszweck zusammengehörige Unter⸗ nehmungen sowie die Verhinderung von Verstößen gegen das Be⸗ triebsrätegesetz durch entsprechende Bestrafung. Wir müssen dahin kommen, daß Arbeitgeber und Arbeitnehmer in voller Harmonie zusammenarbeiten können. (Beifall.) 18
Damit schließt die Aussprache. Die Titel des Minister⸗ gehalts und der übrigen Personalausgaben werden bewilligt.
Darauf vertagt das Haus die weitere Beratung. Nächste Sitzung, Sonnabend 12 Uhr: Anträge über Steuerfragen und Erwerbslosenunterstützung; deutsch⸗französisches abkommen; Etat des Arbeitsministeriums.
Schluß 7 ½ Uhr.
Arbeitsminister ist der
Parlamentarische Nachrichten.
Der Haushaltsausschuß des Reichstags trat am 18. Februar unter dem Vorsitz des Abg. Heimann (Soz.) zu einer Sitzung zusammen, der der Reichskanzler und die Mitglieder des Kabinetts beiwohnten. Der Zweck dieser Sitzung war die Ent⸗ gegennahme einer Regierungserklärung über die finanzielle Lage des Reichs, die von der Regierung als bestimmend angesehen wird für die Stellungnahme zu den sozial⸗ politischen und wirtschaftlichen Forderungen, die in anderen
Reichstagsausschüssen von den Parteien gestellt worden sind. Beim
Beginn der Sitzung nahm, laut Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger, 5. Dr. Reinhold das Wort zu folgenden Ausführungen: die Reichsregierung ist dankbar dafür, daß ihr Gelegenheit gegeben wird, noch einmal einiges Grundsätzliche über ihr Programm näher
Senkung der Vermögenssteuer ist
eentsprechend geringere
Mitverwendung des eventuellen Ueberschusses von 1925.
eeinsetzen müssen,
allmählich stärker zu fließen.
Handels⸗
1
daß wir uns zu den im Reichstage angekündigten Steuersenkungen nicht entschlossen haben, weil etwa eine besonders günstige Lage uns in die Möglichkeit dazu versetzt, sondern weil wir überzeugt sind, daß wir wirtschaftlich so in Not sind, daß gu dem Programm der Reichsregierung, das die Behebung dieser Notlage zum sic hat, auch Steuersenkungen gehören. Die Regierung ist si aber vollkommen darüber klar, daß durch Steuersenkungen alleen die Not nicht behoben werden kann. Wir sind jedoch überzeugt, daß jetzt alle Kräfte darauf gerichtet werden müssen, die Krisis zu über⸗ winden, die die schlimmste Arbeitskrisis ist, die Deutschland bisher durchgemacht hat. Im Rahmen dieses großen Programms sind auch Steuererleichterungen, soweit sie eine Belebung der Wirtschaft bringen, unbedingt nötig. Außer den Steuererleichterungen hat das Kabinett sich in den letzten Tagen sehr ernsthaft und eingehend mit anderen Fragen beschäftigt, die es möglich machen werden. die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Vermutlich wird schon in den nächsten Tagen die Frage zum Abschluß kommen, daß die Reichs⸗ regierung der Reichsbahn⸗Gesellschaft eine gewisse Summe zur Verfügung stellt, damit die Reichsbahn dringend notwendige Investierungen vornehmen kann. Ich kann nicht einsehen, warum ausende von deutschen Arbeitern unbeschäftigt sein sollen und gewisse Werkstätten geschlossen sind, während auf der anderen Seite die Eisenbahn schon aus Gründen der Betriebssicherheit außer⸗ ordentliche Neuanschaffungen nötig hat und nur aus Gründen der Finanzierung das scheitert, was Tausenden Brot und Arbeit gibt und die Betriebssicherheit der Eisenbahn gewährleistet. Das Pro⸗ ramm der Regierung beschränkt sich also nicht nur einseirig auf ie Steuererleichterung, sondern hat die Behebung der Notlage zum Ziel, und darauf müssen alle Kräfte konzentriert sein. Darum muß die Regierung sich mit dem Reichstag zu einer Notgemein⸗ schaßt zusammenschließen, um die Krisis zu überwinden. Zu den Steuererleichterungen ist im hohen Hause in der Debatte von einigen Rednern angedeutet worden, sie seien ein Sprung ins Dunkle. Ich muß deshalb einige Zahlen aus dem Etat mitteilen. Der Etat von 1925 wird vermutlich mit einem, wenn auch nicht er⸗ heblichen Ueberschuß abschließen. Der Ueberschuß wird, wenn er überhaupt eintritt, deshalb nicht sehr erheblich sein, weil gerade in den letzten Wochen und Monaten an die Regierung große An⸗ forderungen gestellt worden sind und die Unterstützung der Er⸗ werbslosen von der Regierung eine Summe von 40 bis 50 Mil⸗ lionen monatlich erfordert. Der Ertrag der Steuern wird ver⸗ mutlich noch etwas über die Schätzungen im Haushalt hinaus⸗ gehen. Bei der Vermögens⸗ und Erbschaftssteuer werden die Be⸗ träge allerdings nicht erreicht, aber der Ausfall wird wettgemacht durch die Ergebnisse der Einkommensteuer, die vermutlich etwas höher sein werden, und durch die Zölle, die nach dem Januar⸗Er⸗ gebnis mit einem nicht unwesentlichen Plus abschließen. (Hört!
hört! links.) Wir werden noch den Nachtragsetat vorlegen müssen,
der insbesondere die Anforderung enthält für das Investitions⸗ programm der Reichsbahn. Die Regierung denkt nicht daran, den Betriebsmittelfonds, der unbedingt nötig ist, zu verausgaben; aber es ist nicht der einzige Bestand der Reichskasse, weil immer die nicht verausgabten Summen aus früheren Jahren noch zur Verfügung Beispielsweise die Summen der kleinen Besserungsscheine, ie erst Ende 1927 und Anfang 1928 fällig werden, auch die Summe von 150 Millionen, die zur einmaligen Ablösung der kleinen Kriegsanleihebesitzer bestimmt ist. Den Minderertrag aus den für
1926 vorgeschlagenen Steuersenkungen habe ich auf etwa 550 Mil⸗
lionen geschätzt, wobei die sogenannte Luxussteuer eingerechnet ist, da die Senkung der Umsatzsteuer sich im Jahre 1926 nur für elf
Monate auswirkt. Die Verschiebung der Einkommensteuer und die 2 8 ohne 1I1“ Wirkung,
Etat für die Vermögenssteuer ereits eine 8 — Summe eingesetzt war. Etatsmäßig soll die Mindereinnahme in folgender Weise gedeckt werden: Herangezogen werden der Münzgewinn von 1926 mit 133 Millionen, 47. Millionen Minderausgaben und Mehreinnahmen im Etat der RNeichsschuld, 173 Millionen aus verfügbaren Kassenbeständen hen Der Rest von 197 Millionen aus Anleihen, 127 Millionen des e
nariums und 70 Millionen der E⸗Schatzscheine. Das würde dann
in einem Nachtrtagsetat dem Reichstag vorgeschlagen werden. Ehe wir uns zu den Steuersenkungen entschlossen, beee wir auch eine genaue Uebersicht über das Etatsjahr 1927 aufgestellt. Wenn wir die Umsatzsteuer nicht — wie es unser unsch war — auf
0,5 Prozent, sondern auf 0,6 Prozent senkten, so war die Rücksicht auf 1927 maßgebend, weil in diesem Jahre sonst der Einnahme⸗ ausfall von 125 Millionen nicht zu decken gewesen wäre. Für 1927
rechnen wir mit einer Gesamtausgabe von 4996 Millionen gegen 4782 Millionen im Jahre 1926. wendig, daß wir 8 die Reparationsleistungen 1927 965 Millionen en vollen kleinen Besserungsschein mit 250 Mil⸗
ionen auf den Reservefonds, den wir ansammeln müssen für 1927.
Einsparungen sind bei dieser Eöctansstellung zunächst nicht vor⸗ genommen, sondern es sind nur die Posten berücksichtigt, die noch Reste der früheren Kriegsleistungen waren und von selbst fortfallen werden. Der Betrag für die einmaligen Ausgaben ist von 249 auf 267 Millionen erhöht worden. Die Deckung dieser für 1927 not⸗ wendigen Summe ist so gedacht: Für 1926 sind etatisiert 4874 Mil⸗ lionen durch Steuern und Zölle, für 1927 nur 4724 Millionen, weil wir den Ausfall an Umsatzsteuern in Rechnung stellen müssen. Dagegen haben wir die Einnahmen erhöht aus der Einkommen⸗ und Körperschaftsstener um 300 Millionen, aus der Vermögens⸗ steuer um 50 Millionen, 1926 erbringt an Steuern das freie Einkommen nur 900 Millionen. Diese im Verhältnis zu dem Er⸗ trag von 1200 Millionen aus dem Steuerabzug vom Lohn an sich Ene. Summe erklärt sich aus dem Darniederliegen der Wirtschaft. Eine Erholung der Wirtschaft wird hier bei gleichbleibendem zu höheren Erträgen führen. Auch die Kapitalertragssteuer beginnt Alle übrigen Steuern, die finanziell ns Gewicht fallen, sind vorsichtshalber nur mit denselben Beträgen eingesetzt wie 19265. Von den 4724 Millionen aus Steuern und Zöllen müssen den Ländern und Gemeinden 2421 Millionen über⸗ wiesen werden, 84 Millionen mehr als 1926. Die Zölle und Ver⸗ brauchssteuern werden sich erhöhen aus der Biersteuer, deren Er⸗ höhung erst am 1. April in Kraft tritt und deren Erträge erst nach einer gewissen Zeit eingehen. Den Ertrag aus dem Branntwein⸗ monopol haben wir mit 28 Millionen höher eingesetzt. Insgesamt eechnen wir mit einem Ertrage von 200 Millionen aus dem Brannt⸗
weinmonopol, was immer noch niedrig erscheint im Verhältnis zu den Steuern aus Zucker und Zigaretten und zu dem Ertrag der früheren Branntweinsteuern. Die Zölle sollen einen Mehrertrag von 120 Millionen gegen 1926 bringen. Wie weit diese Berechnung gerade
da im
für die Zölle zutreffen wird, hängt natürlich ab von der Entwicklung und den kommenden Handelsverträgen. Im
0d de Monat Januar haben die Zölle etwas über 70 Millionen gebracht. Die Verwaltungs⸗ einnahmen haben wir für 1927 von 185 auf 233 Millionen gesteigert. Die Vorzugsaktien der Eisenbahn bekommen wir 1927 voll verzinst, das macht 18 Millionen mehr. Von der Post erwarten wir statt 20 Millionen im Jahre 1927 50 Millionen ein Ertrag, der im Ver⸗ hältnis zu dem in der Post invenstierten Kapital noch gering ist. Das ergibt insgesamt, daß den Ausgaben des ordentlichen Etats von 4996 Millionen Einnahmen von 4826 Millionen gegenüberstehen; 9- daß sich ein Defizit von 170 Millionen ergibt. Zu seiner Deckung tehen zunächst alle die Ersparnisse zur Verfügung, die wir am Eka⸗ von 1927 vornehmen wollen. Außerdem steht zur Verfügung der Münzgewinn von 1927. Die Ersparnisse für 1927 werden eingeschätzt auf etwa 50 Millionen. Dazu kommen noch 145 Millionen aus den Ausgaben des außerordentlichen Etats, die in Zukunft wieder durch Anleihen zu decken sind. Bei der Etatsberatung sind Zweifel daran worden, ob eine Anleihe möglich sein wird. Das Reich nkt zunächst nicht daran, an den Anleihemarkt zu gehen. Aber, wenn wir an ihn appellieren wollen, so glauben die Banksachver⸗ tändigen, insbesondere der Herr Reichsbankpräsident Dr. Schacht, aß ein solcher Appell mindestens jetzt erfolgreich sein würde. Die von Preußen aufgelegten Schatzanweisungen sind fort nffac über⸗ zeichnet worden, und gegenwärkig sucht eine Menge flüssigen Geldes
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ö1ö““ 8 ve“] itzuteilen. Ich möchte in den Vordergrund die Tatsache stellen,] Anlagemöglichkeiten.
Diese Erhöhung ist dadurch not⸗
Selbstverständlich sind die gesamten Repara⸗ tionsleistungen für 1927 mit 975 Millionen in den ordentlichen Etat eingestellt und es wird nc daran gedacht, etwa hier zu einer Pump⸗ wirtschaft zu kommen. ir wollen lediglich die wirklich werbenden Ausgaben, die in Zukunft wieder späteren Generationen zugute kommen, auf dem Wege der Anleihe decken. Wenn wir die Steuer⸗ enkungen durchführen, wird unser Etat außerordentlich angespannt ein, und wir werden Mühe haben, mit den vorhandenen Mitteln durchzukommen; aber wir ordnen diese von uns nicht unterschätzten Schwierigkeiten dem großen Ziele unter, jetzt zur Ueberwindung der Krisis zu kommen. Wir können dieses Ziel nur dann erreichen, wenn Reichstag und Reichsregierung einig sind, hinter die Er⸗ reichung dieses Zieles alle anderen Wünsche zurückzustellen und nur mit d2 lossenem Willen auf diese große Aufgabe zuzugehen. Dabei ist selbstverständlich nicht daran gedacht, daß die Reichs⸗ regierung irgendwie soziale Aufgaben, die erfüllt werden müssen, drosseln will. (Unruhe und Zurufe links.) In keiner Form ist daran gedacht. Zum Beweise führe ich an, daß die Reichsregierung in einer ihrer ersten Sitzungen beschlossen hat, in der Kurzarbeiterfrage die Wünsche der Reichstagsmehrheit weitestgehend zu herfüllen und auch in der Erwerbslosenfrage das zu tun, was die Kiotlage der Erwerbslosen Sn soweit es finanziell und wirt⸗ sat verantwortet werden kann. Aber für uns alle muß vN
otwendigkeit sein, daß wir uns auf das Programm der Behebung der Krisis einheitlich einstellen und erkennen, daß es naneöglüch ist, es aus den Augen zu verlieren, um irgendwelcher Sonderwünsche willen. Wir müssen deshalb darin einig sein, alle Ausgaben, die wir in dieser Fe der Not nicht tragen können, abzuwehren, und gemeinsam einen
eg finden, daß Ausgabemehrhbewilligungen nicht beschlossen werden können, ohne daß entsprechende Wege mit der Regierung zu ihrer Deckung gefunden werden, und dazu gehört selbstverständlich, daß auch weitere Wünsche auf Steuersenfung farücgestell werden müssen und nur darauf geprüft werden dürfen, ob sie Ziele dienen, das die Regierung im Auge hat, über die wirtschaftliche Notlage hinweg⸗ ukommen. Von diesem Standpunkt aus sind die Steuersenkungen zu Hene die za auf der Linie liegen, die der jetzige Reichskanzler als “ schon eingehalten hat. Die Senkung der Umsatzsteuer ist, soweit Reichssteuern in Frage kommen, diejenige, von der wir uns einen wirtschaftlichen Erfolg versprechen können, da sie auf der einen Seite unsere Konkurvenzfähigkeit, auf der anderen die Konsumfähigkeit der breiten Masse steigert. Alle anderen Senkungen würden diesem nicht dienen. So würde eine Senkung der Zuckersteuer eine Er⸗
ichterung der gesamten Wirtschaftlage nicht zur Folge haben. Ich bitte Sie also, unser Vorhaben nicht nur vom Standpunkte der Steuererleichterungen aus anzusehen, sondern es unterzuordnen dem großen Programm der Reichsregierung. Wir müssen uns hier eng zusammenschließen, wenn wir dieses Ziel erreichen wollen. Wir müssen eine Notgemeinschaft zwischen Reichsregierung und Reichs⸗ tag bilden und diese Notgemeinschaft muß in irgendeiner Form au eine Bindung erfahren. Kommen wir dazu, dann glaube sch da die Wiederankurbelung der Wirtschaft, die wir erstreben, uns hilft, die Krise rascher zu überwinden, und uns auch in den Stand setzen wird, in Zukunft über die Einnahmen zu verfügen, die uns die Er⸗ füllung unserer staatspolitischen Aufgaben baldigst bei äußerster Sparsamkeit ermöglicht.
Nach der Rede des Reichsfinanzministers beantragte Abg. Schulz⸗Bromberg (D. Nat.), die 2 darüber zu vertagen, bis den Abgeordneten der Wortlaut der Rede mit ihrem reichen Zahlenmaterial zugegangen sei.
Reichskanzler Dr. Luther betonte, daß alle Kräfte von Reichstag und Reichsregierung zusammengefaßt werden müßten, um die furchtbare Notlage zu überwinden, in der sich gegenwärtig das deutsche Volk befindet. Um dieser Zcsammensasgang willen habe die Reichsregierung den dringenden Wunsch, sofort ihr Finanz⸗ rogramm im Haushaltsaussf —19 eingehend erörtert zu sehen. lle Entschlüsse müßten jetzt dem Ziel untergeordnet sein, die deutsche Wirtschaft wieder in g. zu bringen; denn nur so sei es möglich, der großen Masse der Notleidenden, insbesondere den Erwerbslosen und Kurzarbeitern, wirklich und dauernd zu helfen. Oft genug sei es in der Oeffentlichkeit und im Parlament betont worden, daß ein erhebliches Hindernis für die Erholung der deutschen Wirtschaft in den über das erträgliche Maß hinausgehenden Steuern zu sc Sei das richtig, so müsse man auch die Folgerungen hieraus ziehen. Der See eE eehen er Regierung, der ein Er⸗ gebnis des Willens zur Ueberwindung der Not sei und für die Be⸗ trachtungsweise normaler Zeiten sicher zu weit gehe, sei nur möglich auf der Grundlage der grundsätzlich optimistischen Auf⸗ fassung, daß überhaupt und “ auch durch die Erleichterung der Steuerlasten die Wirtschaftslage in v. sich erheblich bessere. Da es sich um ein Gesamtprogramm handle, so müsse die Reichs⸗ regierung großes Gewicht darauf legen, daß der Ausschuß auch Beschluß über die Erwerbslosenfrage in Würdigung des Ge⸗ amtprogramms fasse; sie erbitte deshalb sofortige Erörterung dieses Programms.
Reichswirtschaftsminister Dr. Curtius gab hierauf einen kurzen Umriß über die im Reichswirtschaftsministerium in Aussicht genommenen umfangreichen Maßnahmen zur Behebung und Linde⸗ rung der gewaltigen Notlage unserer Wirtschaft. 8 die Einzel⸗ heiten dieser Pläne wird der Reichswirtschaftsminister in seiner
Etatsrede des näheren eingehen. Der Minister bezeichnete es als
seine Aufgabe, den Versuch zu machen, die Wirtschaft wieder an⸗ ukurbeln und insbesondere neue innere wie äußere Absatzmöglich⸗ eiten zu schaffen und damit den toten Punkt der Krise zu über⸗ winden. Ich habe, so führte der Minister insbesondere aus, deshalb als eine meiner ersten Amtshandlungen den Versuch unternommen, Reichsbahnauftoäge der Wirtschaft zuzuführen. Wir sind mit der Reichsbahngesellschaft darüber im klaren, daß diese eine große Zahl von dringend notwendigen Aufträgen alsbald vergeben kann. Aber die Reichsbahn selbst ist finanziell nicht in der Lage, die S. schon heute aufzugeben. Infolgedessen muß das Reichs eingreifen. Wie Sie aus den Zeitungen ersehen konnten, haben bereits Ver⸗ handlungen zwischen den beteiligten Ressorts und der Reichsbahm⸗ gesellschaft stattgefunden. Ich kann Ihnem heute schon mitteilen, daß diese Verhandlungen noch im Lamfe dieser Woche abgeschlossen werden sollen. Es werden wohl Aufträge in Höhe von hundert Millionen Reichsmark in Frage kommen. Ich hoffe, daß es möglich sein wird, diese nobwendigen Aufträge der Reichsbahn auch be⸗ schleumigt zu verpeben. Dabei dürfte es sich im wesentlichen um Brückenbaumaterial, Oberbaumaterial, um Zug⸗ und Stoß⸗ vorricktungen handeln, vielleicht in ganz geringem Umfange auch um Vergebung von einzelnen D⸗Wagen und Vierter⸗Klasse⸗Wagen, aber nicht um Vergebung von Lokomotiven. Bei diesem Bau⸗ programm der Reichseisenbahn mauß natüplich pon umserer Seite darauf Wert gelegt werden, daß das Kontraktions⸗ und Kon⸗
zentrationsprocromm in der Wirtschaft nicht etwa gestört oder auf⸗ gehalten wird Wir dürfen unmöglich die Reichseisenbahn zu dem Plom veranlassen — um nur ein Beispiel herauszugreifen — in
größbem Umfang Waggons zu vergeben, um damit die zahllosen Waggonfabriken in Gang zu halten, bei denen zweifellos eine Ueber⸗ setzumg vorlieat und deren Zusammenlegung notwendig wird. Der Reichswirtschaftsminister wies ferner auf die dringende Nohvwendig⸗ keit der Förderung des Exports hin und legte dem Ausschuß die Pläne zur Auefuhrsteigerung nach dem Osten dar. Die Denkbschrift über die Exportförderung nach Rußland sei bereits im Reichs⸗ kobbinett verahsckiedet worden und gehe dem Haushaltsausschuß zur eingehenden Beratung nunmehr zu. Nach schwierigen Verhandlungen habe sich das Reich entschlossen, 35 Prozent des erteilben Auftraags zu sichern, in der Erwartung, daß die Länder weitere 25 Prozent der Ausfallbürgschaft tragen werden. Etwa 40 Prozent des Risikos müßten seodonn, von Industrie und Bankem übernommen werden. Es sollten durch die Uebernahme des Risikos durch das Reich nicht nur einige wenige große Geschäfte gesichert werden, wie es in der Presse dargestellt würde. Die Erleichterung der Ausfuhr solle allgemein den notleidenden Industrien zugute kommen. In die Fimanzierungsfragen könme sich das Reich nicht einmischen. Die Szunme von dreihundert
Millionen Reichsmark an Aufträgen, deren Sickenung imn. Aussicht
genommen sei, werde in zwei Teile zerfallen: 150 Millionen für
n sei.
hineingeraten, wir wir sie im vorigen
Kredite für ehva zwel Jahre, davüber hinaus weitere 150 Milli
die auf vier Jahre kreditiert werden sollten. Der Minister cfusr fort: Wir hoffen weiter, den Export dadurch fördern zu können, daß wir den Plan einer Erportkreditversicherung zur Purchfüh rung bringen. Die “ darüber sind im Gange. Weite Kreise von Industrie und Handel drängen auf einen baldigen Abschluß, so daß trotz der vom Hamburger Exporthandel geäußerten Bedenken in den nächsten Wochen die endaültigen Bespreckungen stattfigoen sollen. Der Reichswirtschaftsminister ging sodann auf die Not⸗ wendigkeit der Steigerung des Exports der Ruhrkohle ein. Er lehne jede Subsidienpolitik nach dem Vorbilde von Emaland hierfür ab. Andererseits müsse unter allen Umständen die Hilfe des Reichs in dieser gonsten Lage unserer Kohlenindustrie zuteil werden. Ueber die einzuschlagenden Wege fänden zurzeit Verhandlungen statt,
über die er demnächst dem Haushaltsausschuß berichten werde.
Eine weitgreifende Erleichterung unserer Lage versor . er sich aber von einer verstärkten handelspolitischen Aktivität. Mit Frank⸗ reich sei nunmehr das Provisovwium über das Frühgemüseabkommen zustande gekommen. Die Verhandlungen gingen weiter und würden hoffentlich alebald zu einem Definibivum führen. Sein Bestreben sei, die verschiedenen Handelsvertragsverhandlungen möglichst u fördern, um unserer Industwe eine Erleichterung auf dem Auslands⸗ markt zu verschaffen. Das Ziel müsse sein, auf diesem Wege pi Zollmauern wenigstens um ein Stück abzutragen. . innenwirtschaftlichem Gebiet werde es sein Bestreben sein, entsprechend der Erklärungen der Regierung die Preissenkungsaktion fortzusetzen. Es sei nicht vichtig, was immer wieder verbreitet werde, daß der Gesetzentwurf über den Preisabbau, den die vor⸗
rige Regierung eingebracht habe, zurückgezogen werden solle. In der Regierungserklärung sei wohl angekündigt worden, daß über die Abänderung dieses Eu bzw. einer Ueberprüfung noch einmal mit den verschiedenen Erwerbsständen verhandelt werden Diese Verhandlungen ständen in Bälde vor ihrem Abschluß. in die Lage versetzt, nicht nur den Artikel 1, die Frage der Geschäftsaufsicht, alsbald an den Reichstag gelangen zu lassen, sondern auch die anderen Artikel, wenn auch in abgeänderter und verbesserter Form. Auf die Kartellpolitik eingehend, betonte der Minister, daß es vom Standpunkt der Staatsautorität aus unerläßlich notwendig sei, in der bisherigen Richtung tatkräftig vorwärtszuschreiten, d. h den Mißbrauch einer wirtschaftlichen Macht zu beschneiden und zu be⸗ chränken, wo es nur irgend notwendig sei. Es sei Aufgabe der ge⸗ planten erscheite cnete die Einrichtung eines Kartellamtes und eines Kartellregisters zu prüfen, die der Reichstag in einer Ent⸗ schließung gefordert habe. Darüber hinaus werde man wohl nicht umhin koͤnnen, die Kartellverordnung, wie das gerade von der Wirt⸗ schaft gewünscht werde, eine gesetzliche Basis zu stellen. Die Kartellverordnung sei eine der Notverordnungen aus dem November 1923. Sie sei dvingend abänderungsbedürftig. Im Reichswirtschafts⸗ ministerium werde in den 8 Tagen eine besondere Kommission einffesess⸗ die sich mit einer Revision der Kartellverordnung befassen müsse.
Reichsarbeitsminister Dr. Brauns hob hervor, daß es natürlich nicht Aufgabe des Arbeitsministeriums sein kann, die aktive Ge⸗ der Wirtschaft seinerseits in die Hand zu nehmen und zu be⸗ reiben, soweit sie überhaupt von einem Ministervium betrieben werden kann. Wir werden, erklärte der Minister, vielmehr in unserer ganzen Arbeit und in der Abwicklung unserer Aufgaben beeinflußt von der Wirtschaft her, müssen natürlich bei der Sun der sozialpolitischen Probleme auch auf die Wirtschaft nötige Rücksicht nehmen, Das vor⸗ ausgeschickt, beantworte ich die Frage, wie sich unsere Aufgaben im einzelnen für die nächste Zeit gestalten werden und wie sie si budgetär und auf die Wirtschaft auswirken werden. Ich gehe aus von der Sozialversicherung, kann nach der Seite behaupten, daß da ein Auf⸗ trieb der Kosten in irgendeinem bemerkenswerten Umfang nicht zu erwarten ist. ir nähern uns auf dem Gebiete der Rentenversicherung wieder im wesentlichen der Vorkriegs⸗ behandlung dieser S und haben das Noctwendigste auf diesem Gebiete getan. Hier und da sind noch Aenderungen und Er⸗ äsee möglich, aber ein wesentlicher Auftrieb der Kosten der Wirt⸗
würde. d So werde die Regierung
chaft wird von dieser Seite der Sozialpolitik nicht zu erwarten sein. keststehen bleiben die Ausgaben für die Kriegs küäbigsefürsalg. Daran wird sich für die nächste Zukunft nichts ändern Wesentliche Ermäßigungen werden da noch nicht eintreten, wenigstens nicht 84 die nächste Zeit, für spätere Zeit wohl. Dann käme die Frage der Erwerbslosenfürsorge. Da werden wir mit erhöhten Ausgaben zu tun haben; nicht etwa nur noch für die nächsten Monate. Ich kann bei gewissenhafter Prüfung der Dinge nicht die Haffesgg en prechen, daß wir in diesem Jahre bald wieder etwa in eine Wirtschaftslage Jahre gehabt haben, und ich Ueberzeugung deckt sich mit der des ganzen Hauses. Wir hoffen, daß sich die Lage in wenigen Monaten wesentlich bessert. Ich kann es leider für die nächsten vierzehn Tage noch nicht bestimmt sagen. Das Bild ist so: In einem Teil der Bezirke ist die Ziffer der Erwerbslosen beständig, in einem anderen Teile geht sie zurück; es gibt aber auch noch Bezirke, wo sie noch steigt. In der Gesamt⸗ heit Esehen, sind wir, glaube ich, im Augenblick auf dem Höhepunkt der Erwerbslosigkeit und dürfen erwarten, daß die Ziffer bald sinkt. Daß wir aber nicht durch das ganze Jahr hindurch mit großen Erwerbslosenziffern zu rechnen haben, kann ich leider nicht garantieren. Ich glaube im Gegenteil, wir werden uns vielleicht nach en 852 Vorbilde für die nächste Zeit auf fortdauernd große Erwerbslosen⸗ iffern einzustellen haben. Dann käme noch in diesem Zusammenhang as Bauprogramm in Frage. Zur Verfügung stehen aus der Haus⸗ zinssteuer nach den neuesten Bestimmungen für Preußen günsti . rechnet 400 Millionen Reichsmark. Das würde, wenn ich diese gifser zugrunde lege, bedeuten, daß wir im Reich etwa 600 bis 700 Millionen Reichsmark netto wohrscheinlich zur Verfügung haben würden. Das scheint mir aber nach der jetzigen Lage der Gesetzgebung das höchste zu sein, war wir netto aus der Hauszinssteuer erwarten können. Wenn wir daraus sowohl den Grfa für die ersten Hypotheken wie für die zweiten Hypotheken beschaffen sollen, dann werden wir wahr⸗ scheinlich sehr wenig bauen können. Die Erwartung, die der Herr Kollege Höpker⸗Aschoff im Preußischen Landtag ausgesprochen hat, daß nämlich Preußen 100 000 Wohnungen in diesem Jahre würde bauen können, hat, wie ich auf Grund nachträglicher Erkundigung
glaube meine
festgestellt habe, zur Voraussetzung gehabt, daß die ersten Hypotheken
auf andere Weise beschafft werden können. Ich darf hervorheben, daß langfristiges Geld zu erträglichen Zinsen, wie es für das Bauen notwendig ist, bisher nicht auf dem deutschen Markt zu haben ist. Das ist ja bekannt. Aber ich will diese bekanntlich sehr kritische Frage hier nicht vertiefen. Würden wix auf die Hauszinssteuer be⸗ schränkt bleiben, dann würde das für Preußen nicht etwa 100 000, sondern nur 50 000 Wohnungen bringen.
Gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, Demokraten, Kommu⸗ nisten und der Bayerischen Volkspartei wurde dann mit 15 gegen 13 Stimmen beschlossen, die Aussprache über die Regierungs⸗ erklärungen zu vertagen, bis die Reden im Wortlaut vorliegen, was voraussichtlich am Freitag der Fall sein wird. — Der Ausschuß setzte dann die Aussprache über die Erwerbslosenfürsorge fort. Die Ab⸗ stimmung über die vorliegenden Anträge wurde auf Freitag vertagt.
Im Haushaltsausschuß des Reichstags wurde am 19. Februar unter dem Vorsitz des Abg. Heimann (Soz) in die allgemeine Aussprache über die gestrigen Regierungserklä⸗ rungen eingetreten. Der Reichskanzler und Reichsfinanzminister wohnten den Verhandlungen bei. Abg. Dr. Hertz (Soz.) behielt sich laut Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungs⸗ verleger vor, auf Einzelheiten der gestrigen Rede des Reichsfinanz⸗ ministers beim Etat der Reichsfinanzverwaltung einzugehen. Der Ton der gestrigen Ministerrede habe anders getlungen als der seiner Rede im Plenum Wenn tatsächlich der Etat so angespannt sei, daß keine Mehrausgabe möglich sei, dann müsse das Steuersenkungs⸗ programm der Regierung noch kritischer angesehen werden als vorber. Zu der vom Finanzminister gesorderten Notgemeinschaft zur Durch⸗ führung seines gewagten Experiments fehle die Zustimmung der Sozialdemokratie, die nicht übereugt sei, daß eine allgemeine Ueberlastung der deutschen Wirtschaft mit Steuern vorliege,