müngen. Bei der namentlichen Abstimmung über den Rlenderungsantrag zu der Reichsratsvorlage stellte sich die Beschlußunfähigkeit des Hauses heraus. Es wurden nur 190 Karten abgegeben: Deutschnationale, Zentrum und Deutsch⸗Hannoveraner beteiligten sich an der Abstimmung nicht. Damit ist dieser Gegenstand erledigt.
In der sofort einberufenen neuen Sitzu n g wird die Vorlage über die Vertretung vor den Verwal⸗ e im wesentlichen den Ausschuß⸗
eschlüssen endgültig angenommen.
Es folgen die Abstimmungen zum Wohl⸗ fahrtshaushalt. Zunächst finden die Abstriche von etwa 2 Millionen die Zustimmung des Hauses. — Der An⸗ trag der Wirtschaftlichen Vereinigung auf Auflösung des Wohlfahrtsministeriums wird gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt. Annahme finden im übrigen die Ausschußanträge, die u. a. verlangen: Aufhebung der kasernierten Prostitution in reußen bis Ende März 1926; Beseitigung der Kürzung der Gebühren der Kassenarzie um 20 vH; eine Million Zuschuß für den Bau einer Seuchenbaracke in Ober⸗
chlesien; Einwirkung auf die Reichsregierung im Sinne er Vorlegung eines Reichsbühnengesetzes. Ein kom⸗ munistischer Antrag, der einen Landtagsausschuß zur dauern⸗ den Kontrolle der öffentlichen und privaten 1“ einsetzen will, wird in nament⸗ licher Abstimmung mit 269 gegen 55 Stimmen bei 84 Ent⸗ haltungen abgelehnt.
Beim Kapitel „Wohnungs⸗ und Siedlungswesen“ wird u. a. der Ausschußantrag angenommen, die Heimstätten in die Lage zu versetzen, das Wohnungsbauprogramm durch⸗ zuführen. Weitere angenommene Anträge fordern u. a., daß die durch den Abzug der Besatzungsmächte frei werdenden festen Baracken zu Wohnungen umgebaut werden und daß die 1“ zur Hebung der Wohnungsbau⸗ beschleunigt durchgeführt werden. Der Ablehnung verfallen Anträge der Wirtschaftlichen Vereinigung auf Auf⸗ hebung der Wohnungslisten und Freigabe sämt⸗ licher jetzt½ leerwerdenden Wohnungen. Im übrigen wird der Etat nach den Ausschußbeschlüssen in zweiter Fübea verabschiedet.
ei den Abstimmungen zur zweiten Lesung des Haus⸗ halts der Gestütsverwaltung findet u. a. der Aus⸗ schußantrag Annahme, der einen eaass ausreichenden Zoll⸗ schutz für Pferde verlangt, als er im Handelsvertrage nit Belgien vorgesehen ist. Die Reichsregierung soll ersucht werden, das Handelsabkommen mit Belgien wegen der niedrigen Zollsäͤtze für Pferde zu kündigen.
Damit ist der Gestütshaushalt in zweiter Lesung erledigt und es folgen die Abstimmungen zuv zweiten Lesung des Domänenetats. Das Haus stimmt diesem Etat im wesentlichen nach den Ausschußbeschlüssen zu und nimmt eine Reihe von Anträgen zugunsten der Pächter und Siedler, ins⸗ besondere in den nördlichen und östlichen Grenzbezirken, an.
Dann wird die Einzelberatung des Landwirt⸗ schaftsetats fortgesetzt. 1 8 „Abg. Der mie tz el (D. Nat.) nahm die alten landwirtschaft⸗ ichen Schulen, die jetzt auf eine Lebensdauer von 50 Jahren zu⸗ “ gegen Angriffe des sozialdemokratischen Abgeord⸗ Bnserkamsen in Schutz. Die Leistungen dieser Schule seien hoch
Abg. Held (D. Vp.) ür Er ug des 2' 2 evsexma 8G Setr Hrog⸗ 1es 1““ AöAbg. Herrmann⸗Friedersdorf (D. Nat.) setzt sich gleichfalls für Förderung der känslichn den ar E“ Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr.Steiger: Meine Damen und Herren, in bezug auf die land⸗ wirtschaftlichen Schulen ist jetzt Gebrauch, daß die Schulen eine Beihilfe zu dem Gehalt des Direktors und des planmäßigen Landwirtschaftslehrers erhalten. Die Beihilfen betragen 75 vH des Gehalts. Vor dem Kriege betrugen die Beihilfen im Durchschnitt kaum 1500 Mark je Schule. Jetzt aber sind sie, wie aus dieser Mitteilung hervorgeht, um ein Mehrfaches höher. Nun kann man schon die Wahrnehmung machen, daß die Landwirtschaftskammern versuchen, unter Umständen auch einen dritten Landwirtschaftslehrer anzustellen und ihm besondere Sachen auf dem Gebiet der Tierzucht und anderen Gebieten zu übertragen, und auf diese Weise einen Spezialbeamten zu ersparen, für den sie das Gehalt ganz aufwenden müßten. Das kann ich aber nicht einräumen, eine landwirtschaftliche Schule, früher Winterschule genannt, ist eine einklassige oder eine zweiklassige Schule und ist keine Winterschulakademie. Da kann man nicht nebeneinander eine Reihe von Klassen setzen. Das ist nicht unbedenklich. (Sehr richtig!) Ich glaube, daß nach dieser Richtung thin das Entgegenkommen, das im Landwirtschaftsministerium herrscht, wirklich allen Anforderungen entspricht. (Sehr richtig!) Ich hatte gestern schon mitgeteilt, daß für dieses Jahr die Landwirtschafts⸗ kammern noch extra eine Million Mark außerplanmäßig bekommen haben, um die Wirtschaftsberatung der Direktoren noch ausgiebiger zu gestalten (Bravol) und insbesondere die Beiträge der bäuerlichen Besitzer zu Versuchsringen üusw. zu ermäßigen, vielleicht ganz von diesen Beiträgen zu befreien. Also ich glaube, daß gerade auf diesem Gebiet alles geschehen ist. Was aber nun diese mehrfachen Klassen
anlangt, da habe ich den Grundsatz, man widerstehe dem Anfang. (Sehr richtig!)
Abg. Wittich⸗Hessen (Soz.) erhebt Vorwürfe gegen die Geschäftsführung der Landwirtschaftskammer in Königsberg. 1
Abg. Jacoby⸗Raffauf (Gentr.) wendet sich gegen die 8 trebungen, daß in den Lehrplan der landwirtschaftlichen
hulen auch eine Fremdsprache aufgenommen wird. Das würde braktisch nur zu dem Ergebnis führen, daß die Schüler weder die ea Sprache noch die notwendigen landwirtschaftlichen Kennt⸗ nisse erwerben.
Abg. Therese Deutsch (D. Nat.) verlangt, daß wenigstens 50 vH der Kosten der ländlichen Fortbildungsschulen vom Staate übernommen werden. Vor dem Kriege seien bis zu 67 vH staat⸗ liche Zuschüsse geleistet worden, heute würden nicht einmal 50 vH erreicht.
Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. St eiger: Ich stimme der Frau Abgeordneten Deutsch darin zu, daß es erwünscht wäre, wenn der Satz von 33 ¼6 vH des Zuschusses erhöht werden könnte. Auch der Herr Handelsminister hat für die ihm unterstehenden Berufsschulen genau dieselbe Forderung vertreten. Leider war nicht mehr zu erreichen. Aber Sie haben doch aus dem Etat ersehen, daß die Summe für das laufende Jahr im ganzen eine wesentliche Erhöhung erfahren hat. ftebrigens hat die Frau Abge⸗ ordnete ja gesagt, daß sie auch mit dem jetzigen Zustand zufrieden sei.
Abg. Therese Deutsch (D. Nat.) verweist auf einen Land⸗ tagsbeschluß auf Angleichung der Gehälter ländlicher Lehrerinnen in die der städtischen und „ seine endliche Ausführung.
Abg. Peters⸗Hochdonn (Soz.) meint, Minister Steiger würde sich ein außerordentliches Verdienst erwerben, wenn er die Wissenschaft anregen wollte, energisch auf die Suche des Krank⸗
nach
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heltgerregers der Maul⸗ und Klauenseuche zu gehen, einer Seuche,
die der Landwirtschaft die schwersten Schäden verursache.
Von Regierungsseite wird 1neh daß die preußische landwirtschaftliche Verwaltung zur ekämpfung der Maul⸗ und Klauenseuche eine große Forschungsanstalt unterhält, die in gleicher Vollkommenheit in Europa sonst nicht existiere. Dort werde auch das gegen diese Krankheit zu verwendende Serum hergestellt. Von 3000 Litern Jahresbedarf vor drei Jahren sei die Anforderung dieses Serums, mit dem man gute I“ habe, heute bereits auf 100 000 Liter jährlich gestiegen. Die For⸗ schungen würden fortgesetzt. 8
Abg. Gauger (D. Nat.) empfiehlt einen Antrag auf Milde⸗ rung der Ausführungsbestimmungen des preußischen Viehseuchen⸗
esetzes. 8 8
Abg. Schiftan (D. Vp.) setzt sich für die Interessen der ländlichen Leelan⸗ und 2 Meincke (Dem.) für die der Nahrungsmittelchemiker ein. 2 1 1
Abg. Boes (D. Nat.) fordert, daß man nicht die Regierungs⸗ räsidenten für die Bekämpfung der Seuchen in Anspruch nehme, Se die unteren Instanzen, um Zeit und Kosten zu sparen.
Abg. Skjellerup (Komm.) und Abg. Elsa Hielscher⸗ Panten (D. Nat.) verlangen Förderung der Geflügelzucht, Abg. Boes (D. Nat.) die der Eierproduktion.
Abg. Roeingh (Zentr.) macht auf die immer mehr sinkende Produktion in der Viehhaltung aufmerksam. Besonders sei die Milchproduktion zu steigern; es sei manches „faul im Staate Dänemark“. Heiterkeit.) Die Butter brauche einen erhöhten Zoll⸗ schutz. (Widerspruch links.) 1 * .
Abg. Schulze⸗Stapen (D. Nat.) spricht auch für Förde⸗ rung der Milchwirtschaft. 1G 8
Abg. Graf Stolberg (D. Vp.) weist auf die Höhe des Standes des Genossenschaftswesens in Holland hin. 8
Abg. Peters⸗Hochdonn (Soz.) erklärt, daß in dieser Rich⸗ tung bei uns noch sehr vieles rückständig sei, —
Abg. Kickhöffel (D. Nat.) wünscht Herabsetzung der Fischereipachten, Milderungen der Strafbestimmungen für Neber⸗ tretungen der Fischereiverordnungen und Durchführung der vom .h.ng zugesagten Befreiungen von der Hauszinssteuer. Vorpommern müsse beim Bau von Häfen mehr berücksichtigt Er begrüßt die auf ihn zurückgehende Erhöhung der Summe für die Bienenzucht und sagt, von den Regierungs⸗ bezirken müßten Polizeiverordnungen zur Bekämpfung der Bienenseuchen erlassen werden. .
Abg. Hillger⸗Spiegelberg (D. Nat.) beklagt, daß Kulti⸗ vierungsarbeiten teilweise viel zu teuer seien; besonders sei die Melioration vom Hofe zu fördern. —
Abg. Hartleib (Soz.) verwahrt sich dagegen, daß Gemeinde⸗ vorsteher, die dem Reichslandbund angehören, mit terroristischen Maßnahmen die verfassungsmäßige Freiheit für die Beteiligung am Volksbegehren beseitigt haben. Er nennt dafür Einzelfälle, u. a. auch aus der Provin Hannover.
Abg. Hillger⸗Spiegelberg (D. Nat.): Wenn der Abg. Frrhleih glaubte, den Landwirtschaftsetat zu einer Rede für die Fürstenenteignung benutzen zu können, muß e doch endlich einmal festgestellt werden, daß aus reinem Volksempfinden heraus G links) die Bauern gegen diese Rechtsentei süng und
chande für unser deutsches Volk gehandelt haben. (Lebhafter Beifall rechts, Gelächter links.) “
Ein anderer deutschnationaler Redner erklärt, die Aufhebung der Reichsweinsteuer werde erst dann die für die Winzer erstrebten und erwarteten Erleichterungen bringen, wenn auch die städtischen Wein⸗ steuern gefallen sind.
Abg. Hillger⸗Spiegelberg (D. Nat.) weist die Be⸗ hauptung des Abg. Brandenburg (Soz.), daß die verheirgteten ost⸗ reußischen Landarbeiter nur 50 Mark Monatslohn bekämen, als fenh zurück.
Damit ist die Einzelberatung des Landwirtschaftsetats beendigt.
Um 7 Uhr vertagt sich der Landtag auf Donnerstag, 12 Uhr: Erste Lesung des Notetats; Beratung des Berghaushalts; Abstimmungen zum Landwirtschaftsetat.
werden.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Haushaltsausschuß des Reichstags setzte gestern unter dem Vorsitz des Abgeordneten Heimann (Soz.) die vorgestern abgebrochene Besprechung der Alkoholfrage und des Gemeindebestimmungsrechts fort. Abg. Dietrich (Dem.) erklärte, dem Nachrichtenbüro des Vereins deutscher Zeitungs⸗ verleger zufolge, daß seine Fraktion in der Frage des Gemeinde⸗ bestimmungsrechts nicht einheitlich sei, daß aber die Mehrheit wie er gegen die Verleihung dieses Rechts an die Gemeinden sei. Mit einem solchen Schritt würde man die Einheit der Gewerbesteuergesetzgebung völlig zerstören. Die Beratung wurde hierauf unterbrochen. Inder Be⸗ ratung des Antrages des Auswärtigen Amts vom 22. April 1926, be⸗ treffend Erwerb eines Bauplatzes und die Gerichtung eines Dienst⸗ gebäudes für die Deutsche Gesandtschaft in Helsing⸗ fors, wurde der Antrag mit der Maßgabe genehmigt, daß die Regierung nach Möglichkeit noch den Preis des Bauplatzes herunter⸗ drücken möge. — In der Fortsetzung der ö der Alkohol⸗ frage usw. trat die Abg. Weber (Zentr.) für die Zurückdrängung des gleoholmißbrauchs ein. Sie wies auf die starke Zunahme der Schankstätten, insbesondere in der Nähe der Arbeitsnachweise in Berlin, hin. Das Konzessionsunwesen müsse geändert werden. Die Volksbewegung für das Gemeindebestimmungsrecht sei die Selbsthilfe des deutschen Volkes gegen das Versagen des Parkaments. Die Frauen brächten den nnoraliscen Mut auf, an dieser Bewegung zäh fest⸗ uhalten. Abg. Dr. Anna Stegmann (Soz.) unterstützte die Aus⸗ ö der Vorrednerin mit statistischen und medizinischen Dar⸗ legungen. Auch sie behauptete, daß die in Deutschland verbreiteten Statistiken über Amerika einseitig und falsch seien Abg. Dr. Strathmann (D. Nat.) verwies auf die Erfahrungen Dänemarks. Er selbst sei nicht für eine zwangsweise Trockenlegung. Es müsse sich aber eine Form des Gemeindebestimmungsrechts finden lassen, die die in Amerika hervorgetretenen Schäden vermeide. Abg. Kube (völk.) erwiderte den Vorrednern, daß sie Erscheinungen der Not der Nach⸗ kriegszeit mit diesen Fragen und deren Schäden verwechselten. Der Schund und Schmutz gehe durchaus nicht etwa vom Alkoholka ital aus. Nach weiterer umfangreicher Debatte über die Frage des Ge⸗ meindebestimmungsrechts, an welcher Freunde und Gegner desselben teilnahmen, wurde zur Abstimmung geschritten. Ein Antrag verschiedener Abgeordneter, der das Gemeindebestimmungsrecht im Entwurf des Schankstättengesetzes aufgenommen wissen will, wurde mit 15 gegen 14 Stimmen angenommen. Weiter wurde angenommen eine Enkschließung der Abgg. von Guérard, Ersing, Weber und Andre (Zentr.), die dahingeht, die Reichsregierung zu ersuchen, baldigst in eine Prüfung einzutreten über 1. die derzeitigen Mißstände im Schankstättenwesen unter dem Gesichtspunkt der Volksgesundheit, des Familienlebens und des Fugendschußes. 2. die Mißstände bei Ver⸗ leihung von Konzessionen; 3. ob zur Bekämpfung dhser Meösühee eine stärkere Heranziehung von Gemeindeangehörigen dienlich ist. Die zu dieser Entschließung gestellten deutschnationalen Abänderungs⸗ anträge wurden abgelehnt. Ein Antrag der Abgg, Dr. Lüders (Dem.) und Strathmann (D. Nat.) ersucht die Regie⸗ rung, das Schutzgesetz gegen den Alkoholismus schleunigst vor⸗ zunehmen (mit allen gegen zwei Stimmen arcgeoo Endlich wurde ein Antrag der Bayerischen Volkspartei und der Wirtschafts⸗ partei angenommen, der sich im Sinne der Entschließung des Zentrums bewegt.
— Der Feme⸗Untersuchungsausschuß des Reichstags trat am gestrigen Tage wieder zusammen. Ein⸗ gegangen ist ein Schreiben des 8 worin 88 Organisa⸗ tion es als „ungeheure Beleidigung“ erklärt, in die Feme⸗Unter⸗ suchung einbezogen zu werden. Die Sekretärfrage hat der Vorsitzende mit dem Präsidenten Löbe besprochen, der der Ansicht war, ein Angestellter des Reichstags würde am besten die Sache übernehmen. Der Ausschuß “ inverstanden daß ei 1
6 .
aus der Beamtenschaft des Reichstags hinzugezogen, also kein be⸗ sonderer Sekretär angestellt wird. Der Ausschuß ermächtigte den Vorsitzenden, den Archivar Hampe als Sekretär vom Reichstags⸗ vorstand zu erbitten. Dem Nachrichtenbüro des Vereins deut⸗ cher Zeitungsverleger zufolge sollte gestern zuerst der Fall
auer⸗München untersucht werden. Berichterstatter Dr. Schäfer war noch nicht in der Lage, das e Material durchzuarbeiten. Der zweite Berichterstatter Abg. Dr. Levi (Soz.) berichtete dagegen bereits über den Tatbestand. Der Student Bauer aus Rostock wurde am 27. März 1923 bei Freising als Leiche mit Schußwunden aufgefunden. Der Student von Puttkamer wurde am 29. März als des Mordes verdächtig verhaftet, aber dann das Verfahren gegen ihn eingestellt. von Puttkamer hat aber Aussagen über seine Teilnahme an der Organisation Roßbach gemacht. Der Berichterstatter verlas diese Aussagen. Bauer hat danach von Puttkamer gegenüber Aeußerungen gemacht, daß er Scheidemann ermorden wolle. von Puttkamer warnte Scheide⸗ mann und machte auch der Polizei in Cassel Mitteilungen. Der Berichterstatter verlas weiter Aussagen des in die Affäre Bauer verwickelten Kaufmanns Hans Berger vom ‚ZBlücherbund“ in München, der u. a. erklärte, von Bauer einen sehr schlechten Ein⸗ druck gehabt zu haben. Ferner verlas Dr. Levi Aussagen des Vor⸗ sitzenden des „Blücherbundes“, Regierungsbaumeisters Rudolf Schäfer, die dieser am 30. Mai 1923 freiwillig der Münchner Polizei gemacht hat. Schäfer lenkte später bestimmt den Verdacht auf Berger und Dr. Ruge vom „Blücherbund“, der einen Geheim⸗ bund gründen wollte und Bauer eine führende Rolle darin zu⸗ gedacht habe. Dann aber habe er sich sehr abfällig über Bauer ge⸗ äußert, den er als unzuverlässig erkannt habe. Berger hat bei seiner Vernehmung am 21. Juni 1923 zugegeben, daß er eine Tasche des ermordeten Bauer nach Ansbach su dem Ehepaar Saum⸗ weber gebracht habe. Die Person, die ihm die Tasche übergab, werde er nicht verraten, das widerspreche der Treue und Kamerad⸗ schaftlichkeit. Die betr. Person habe ihm gesagt: Bauer werde nun nichts mehr „verraten“. Später gab dann Berger zu, daß ihm die Tasche am frühen Morgen des 19. Februar von dem Studenten August Blindau übergeben worden 8 Dieser habe ihm früher einmal u. a. gesagt: „Bauer ist ein Schwein, das aus den natio⸗ nalen Kreisen hinausgehört.“ Berger wurde dann verhaftet und am 22. Juni der Student Blindau vorgeführt, der erklärte, Bauer aus Notwehr erschossen zu haben. Der Berichterstatter verlas die betr. Aussage, ebenso die Aussagen des Privatdozenten Arnold Ruge und eines Herrn Stubenrauch aus Regensburg, der Blin⸗ daus Kamerad war. Blindau habe gesagt, er wolle Bauer „ein geheimes Waffenlager zeigen“. Wie der Berichterstatter betonte, sei dies der Vorwand gewesen, mit dem man das Opfer in ein Automobil lockte, um es dann zu 8 Stubenrauch war Zeuge der Mordtat. Erst forderte Blindau Bauer auf, in die Isar zu springen, und als er das tat, schoß er ihn nieder. Bei der gerichtlichen Vernehmung gab Stubenrauch nähere Einzel⸗ heiten an. Blindau habe Bauer gesagt, er wisse doch, daß sie einen Eid geschworen hätten, wonach der, der die Sache schädige und ver⸗ rate, sterben müsse. Bauer müsse also, da er Verrat geübt, sterben. Darauf setzte Blindau dem Bauer den Revolver auf den Kopf und drückte ab. Von einer „Tscheka“ Arnold Ruges ist nichts erwiesen. Ruge machte oft den Eindruck eines Narren. Ein Zeuge hat aus⸗ gesagt, daß Blindau unbedingt einen Auftrag gehabt haben müsse. Durch Urteil des Volksgerichts vom 22. August wurde Blindau zum Tode verurteilt, Johann Berger wegen Begünstigung zu 6 Monaten Gefängnis, Arnold Ruge zu einem Jahr Gefängnis wegen all⸗ gemeiner Aufforderung zum Mord. Auf die umfangreiche Be⸗ weisaufnahme in diesem Prozeß wird sich, so sagte der Bericht⸗ erstatter, im wesentlichen die Beweisaufnahme des Ausschusses auf⸗ bauen darüber, ob es sich um eine Femeorganisation Der Ausschuß wird den Femecharakter der zweifellos bestehenden Orga⸗ nisation und ihren Zusammenhang mit dem Blücherbund festzu⸗ stellen haben. Zu diesem Zweck müssen u. a. Schäfer, Johann Berger und Stubenrauch vernommen werden. — Die nächste Sitzung des Ausschusses findet voraussichtlich Ende nächster Woche statt. Der Vorsitzende teilte ngh mit, daß der Reichstagsvorstand den Archivar Hampe dem Ausschuß als Sekretär zur Verfügung gestellt habe.
Nr. 21 des „Ministerial⸗Blatts für die Preußische innere Verwaltung“, herausgegeben im Preußischen Mi⸗ nisterium des Innern, vom 28. April 1926 hat folgenden Inhalt: Allgem. Verwalt. RdErl. 20. 4. 26, Schriftverkehr mit dem Reichskommissar f. d. Uebergabe des Saargebiets. — RdErl. 21. 4. 26, Reichsanteil an der Besatzungszulage. — RdErl. 23. 4. 26, Alters⸗ grenze für Reg.⸗Referendare. — Staatshaushalt. RdErl. 19. 4. 26, Ausgabenkontingentierung. — Kommunalverbände. RdErl. 20. 4. 26, Bemessung der Kreisabgaben. — RdErl. 21. 4. 26, Reichssteuerverteil. — Aenderung der Verzinsung gestundeter Ab⸗ gaben. — Vordrucke zur Veranlagung der Gewerbesteuer. — Polizeiverwaltung. Filmverbote. S. 401. — RdErl. 21. 4. 26, Postsendungen an das Grenzkommissariat in Stentsch. — RdErl. 21. 4. 26, Vordrucke f. d. Postscheckverkehr. — RdErl. 21. 4. 26, Berufsberatung und Arbeitsvermittlung. — RdErl. 16. 4. 26, Kommunaler Pol.⸗Vollzugsdienst. — RdErl⸗ 19. 4. 26, Freiwerdende Pol.⸗Grundstücke. — RdErl. 22. 4. 26, Brotversorgung der Schutzvol. — RdErl. 21. 4. 26, Durchschnitts⸗ preise für Dienstpferde usw. in der Landjägerei. — RdErl. 21. 4. 26, Zeitschrift „Deutscher Polizeisporte. — Kreditwesen. AAnw. 23. 4. 26, Depot⸗ und Depositengeschäfte bei kommun. Kreditanstalten. — Verkehrswesen. RdErl. 20. 4. 26, Lichtbilder auf Zulass⸗ Bescheinig. — Neuerscheinungen. — Zu beziehen durch alle Postanstalten oder Carl. Heymanns Verlag, Berlin W. g, Mauerstr. 44. Vierteljährlich 1,80 RM für Ausgabe A. (zweiseitlg bedruckt) und 2,40 RM für Ausgabe B (einseitig bedruckt).
Verkehrswesen.
Aufnahme des Postüberweisungsverkehrs mit Lettland. Am 1. Mai wird der Postüberweisungsverkehr mit dem Postscheckamt in Riga aufgenommen. Demgemäß können Post⸗ scheckkunden Beträge von ihrem Postscheckkonto in Deutschland auf ein Postscheckkonto bei dem Postscheckamt in Riga und umgekehrt die lettländischen Postscheckkunden Beträge auf Postscheckkonten in Deutschland überweisen. Die Ueberweisungen nach Lettland, zu denen die innerdeutschen Postüberweifungsvordrucke zu verwenden sind, können in Reichsmark und Pfg. oder in lettischer Währung, Lats und Santims (1 Lat = 100 Santims) ausgestellt werden. Der Betrag der Ueberweisungen ist nicht begrenzt. Die Gebühr beträgt für je 100 RM 5 3₰, mindestens 20 J. Mitteilungen für den Empfänger sind auf dem Abschnitt der Ueberweisungen nach Lettland zugelassen. Das lettische Postscheckkundenverzeichnis kann durch Vermittlung der deutschen Postscheckämter zum Preise von 1 Lat bezogen werden. Außer mit Lettland besteht Postüberweisungsverkehr noch mit Danzig⸗ Dänemark Luxemburg, Oesterreich, Schweiz und Ungarn.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
be
Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenburg. Verantwortlich für den Anzeigenteil: Rechnungsdirektor Mengering 8 in Berlin.
Verlag der Geschäftsstelle (Mengerinc) in Berlin. Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, Berlin, Wilhelmstr. 32. “
Fünf Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage) und Erste bis Dritte Zentral⸗Handelsregister⸗Beilage
Der Bezugspreis beträgt vierteljährlich 9, —- Neichsmark. Alle Postanstalten nehmen Bestellung an, für Berlin außer den Postanstalten und Zeitungsvertrieben für Selbstabholer auch die
Geschäftsstelle SW. 48, Wilhelmstraße Nr. 32. Einzelne Nummern hosten 0,30 Neichsmark.
Fernsprecher: Zentrum 1573.
Anzeigenpreis für den Raum
einer 5 gespaltenen Einheitszeile (Petit) 1,95 Neichsmark, einer 3 gespaltenen Einheitszeile 1,75 Neichsmark.
Anzeigen nimmt an
die Geschäftsstelle des Neichs⸗ und Staatsanzeiger⸗ Berlin SW. 48, Wilhelmstrahße Nr. 32.
Berli n, Freitag, den 30. April. aben
ds.
Poftscheckkonto: Berlin 41821.
100. Neichsbankgirokonto.
Die nächste Nummer (101) des Reichs⸗ und Staatsanzeigers erscheint am Montag, den 3. Mai.
— —
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— — A * —
Ernennungen ꝛc.
Bekanntmachung über die Aenderung der Muster für die Unfallanzeigen, für die Beschreibung und für die Nachweisung der Unfälle.
Bekanntgabe der Großhandelsinderziffer 28. April 1926.
Bekanntgabe der Reichsinderziffer für die Lebenshaltungskosten im April 1926.
amtlichen vom
Deutsches Reich.
Der Kaufmann John Davies Mathews ist zum Vize⸗ des Reichs in Penzance (England) ernannt worden. Bekanntmachung über die Aenderung der Muster für die Unfall⸗ anzeigen, für die Beschreibung und für die Nach⸗ weisung der Reichsversicherungsordnung). Vom 28. April 1926. 1
Die Muster der Bekanntmachung über
er de „ über die “ neuer Muster für die Unfallanzeigen, für die Beschreibung un
für die Nachweisung der Unfälle vom 19. Dezember 1912 — 1 26 284 — Amtliche Nachrichten des Reichsversicherungsamts 1912 Seite 1110 ff. (Anlagen A, B, C, D der Bekannt⸗ machung) werden wie folgt geändert:
1. Die Größe alter Muster beträgt 210 mal 297 mm einschließ⸗ lich eines 15 mm breiten Heftrandes. Die Spalte der Frage 7 der
Anlage A und die Spalte der Frage 6 der Anlage B sollen die
bisherige Tiefe möglichst beibehalten. II. Anlage A. Auf Seite 1 sind im Kopf zu ersetzen: 8 a) unter Betriebsunternehmer die Worte: „Ort, Straße,
Hausnummer“ durch die Worte: „Ort — Kreis, Amt —,
Straße, Hausnummer“ und 8 b) unter Unfallanzeige die Worte:
„Je eine Anzeige ist zu senden an die Ortsvpolizeibehörde, an die Berufsgenossenschaft (Genossenschafts⸗, Sektions⸗ vorstand, Vertrauensmann)“ durch die Worte: „Anzeigen sind zu senden an die Ortspolizeibehörde, erforderlichenfalls unter Bei⸗ fügung einer Abschrift (§ 1553 Abs. 4 der Reichs⸗ versicherungsordnung), 2. an die in der Satzung des Versicherungsträgers be⸗ stimmte Stelle“. 2. Unter dem Abschnitt „Zur Beachtung“ ist a) in Zeile 1 „bis zu 300 Mark“ zu streichen, b) in Zeile 5 hinter „Betriebssitzes;“ anzufügen: „hierbei ist, falls die oberste Verwaltungsbehörde dies auf Grund des § 1553 Abs. 4 der Reichsversicherungs⸗ ordnung bestimmt hat, eine Abschrift beizufügen;“, c) Zeile 6 wie folgt zu fassen: „bei der durch die Satzung des Versicherungsträgers bestimmten Stelle.“ 3. Auf Seite 2 erhält Frage 6 c) folgende Fassung:
„Bezieht der Verletzte Unfall⸗, Invalidenrente, Knapp⸗ schaftspension, Ruhegeld oder Gebührnisse auf Grund der Reichsversorgung? von welcher Stelle?“
4. Satz 2 der Erläuterungen zu Frage 7 „Insbesondere sind usw. bis Zeichnung“ ist durch folgende Sätze zu ersetzen: „Insbesondere sind die Arbeitsstelle, wo der Unfall geschab (z. B. Werkstätte, Wald, Feld, Stall), die Arbeit (Maschine usw.)], bei der er sich ereignet hat, sowie der Maschinenteil und die Tätigkeit genau zu bezeichnen, geeignetenfalls unter Beifügung einer erläuternden Zeichnung. Erwünscht ist Angabe des Herstellers der Maschine.“
5 Frage 8 ist wie folgt umzustellen: I“ 1.“ „8. Angabe a) sämtlicher Augenzeugen des Unfalls Per⸗ 5) anderer Personen, die zuerst
von dem Unfall Kenntnis er⸗ Vonort, .
halten haben Wohnung.
6. Hinter das Wort „Heftrand“ auf beiden Seiten sind die Worte
„Nicht beschreiben“ zu setzen.
III. Anlage B. 1. Auf Seite 1 ist Frage 5 c) wie folgt zu fassen: Bezieht der Verletzte Unfall⸗, Invalidenrente, Knapp⸗ schaftspension, Ruhegeld oder Gebührnisse auf Grund der Reichsversorgung? von welcher Stelle?“
111“ 11“ 1““
1“
Vor⸗ und Famili Stand,
Unfälle (88 1555, 1751, 1752 der
— 2 — .
2. Auf Seite 2 ist unter Frage 6 hinter „Zeichnung.“ anzufügen: „Ereignete sich der Unfall am Lande, so ist der Ort des Unfalls (Straße, Platz, Stelle des Hafens) genau zu bezeichnen und — möglichst unter Beifügung einer Zeichnung — an⸗ zugeben, wie weit (in m) die Unfallstelle vom Liegeplatz des Schiffes entfernt ist, und ob der Verunglückte beurlaubt oder in dienstlicher — welcher — Angelegenheit an Land war.“”
3. Auf Seite 2 in der ersten Zeile von unten sind die Worte: „bis zu dreihundert Mark“ zu streichen.
4. Hinter das Wort „Heftrand“ auf beiden Seiten sind die Worte: „Nicht beschreiben“ zu setzen.
Die Benutzung der bisherigen Muster ist bis zum 1. April 1927 zugelassen. Berlin, den 28. April 1926. Das Reichsversicherungsamt. Abteilung für Unfallversicherung. Schäffer.
113
Die amtliche Großhandelsinderziffer vom 28. April 1926.
Vom 21. bis zum 28. April ist die Großhandelsindex⸗ ziffer um 0,2 vH von 123,2 auf 123,4 gestiegen. Die gleiche Steigerung weisen die Agrarerzeugnisse (mit 122,7) und die Industriestoffe (mit 124,7) auf. v“ Berlin, den 29. April 1926. 8 “ Sctatistisches Reichsamt. J. V.: Dr. Platzer
Di
1“ ee111*“*“ für die Lebenshaltungskosten im April 1926. „Die Reichsindexziffer für die Lebenshaltungskosten (Er⸗ nährung, Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Bekleidung und „Sonstiger Bedarf“) beläuft sich nach den Feststellungen des Statistischen Reichsamts für den Durchschnitt des Monats April auf 139,6 gegen 138,3 im Vormonat. Sie hat sich sonach um 0,9 vH erhöht. Ausschlaggebend hie rfür war die Steigerung der Wohnungomieten.
Berlin, den 29. April 1925. Statistisches Reichsamt. J. V.: Dr. Platzer.
1
Nichtamtliches. Deutsches Reich.
Der Reichsrat genehmigte in seiner gestrigen öffent⸗ lichen Vollsitzung die Satzungsänderungen der Bayerischen und Wechselbank in München und nahm, dem kachrichtenbüro des Vereins deutscher Zeitungsverleger zu⸗ folge, einen Gesetzentwurf über die vorläufige An⸗ wendung von Wirtschaftsabkommen an. Dieser Gesetzentwurf ermächtigt die Regierung, in Fällen dringender wirtschaftlicher Bedürfnisse Wirtschaftsabkommen, die mit anderen Staaten abgeschlossen sind, vorläufig auf drei Mo⸗ nate in Kvaft zu setzen. Der Reichsrat fügte die Bestimmung hinzu, daß die Regierung ihre Ermächtigung nur mit Zu⸗ stimmung des Reichsrats ausüben dürfe.
Auf der Tagesordnung stand ferner ein Gesetzentwurf, betreffend Vereinbarungen zwischen dem Deut⸗ schen Reich und dem Königreich Dänemark über Zollerleichterungen für dänische Er⸗ zeugnisse und über Behandlung deutscher Handlungsreisender in Dänemark.
8 Nach der Vorlage gewährt Deutschland Dänemark folgende Zollerleichterungen: 1. Zollermäßigungen, die Deutschland für Pferdeschläge von reinem Kaltblut gewährt, werden unter ent⸗ sprechenden Voraussetzungen auch auf die Pferde des jütländischen sowie des in Dänemark gezogenen sogenannten belgischen Behischen (reines Kaltblut) und der Kreuzung dieser Schläge untereinander an⸗ gewendet. Soweit keine weitergehenden Zollermäßigungen dieser Art gelten, werden Pferde des jütländischen Schlages und des in Dänemark gezogenen sogenannten belgischen Schlages (reines Kaltblut) und der Kreuzung dieser Schläge untereinander mit einem Zollsatz belegt, der keinesfalls höher sein darf als 200 Reichsmark für Pferde im Werte bis zu 1000 Reichsmark das Stück und als 250 Reichsmark für Pferde im Werte von mehr als 1000 Reichsmark, aber nicht mehr als 25 Reichsmark das Stück. Um die ermäßigten Zollsätze zu genießen, müssen die Einbringer für jedes Pferd ein Zeugnis eines staatlich er⸗ mächtigten dänischen Tierarztes beibringen, aus dem erhellt, daß das Tier ausschließlich dem reinen in Dänemark gezogenen sogenannten belgischen Schlag oder dem reinen jütländischen Schlag oder der Kreuzung dieser Schläge untereinander angehört. In Zweifelsfällen bleibt den deutschen hörden das Recht der Nachprüfung. Zoll⸗ ermäßigungen, die Deutschland für Warmblutpferde gewährt, werden unter entsprechenden Voraussetzungen auch auf Warnbbkutpferde dänischen Ursprungs angewendet.
2. Köpfe und Spitzbeine von Schweinen, Zungen, Lebern, Herz, Nieren, Fwenchfäl⸗ Milz, Lungen, Luftröhren von Vieh (ausgenommen Federvie 7 alle diese lediglich zur Erhaltung während der durch Bestreuen mit Sals oder durch Begießen mit Salzwasser ein⸗ gesalzen, werden vertragsmäßig nicht als einfach zubereitet, sondern als frisch verzollt.
3. Dänischer Steppenkäse, dänischer Tafelkäse, dänischer Tilsiter Käse und dänischer sogenannter Backsteinkäse, nicht in Einzelpackungen von 2 ¾ kg Rohgewicht oder darunter, soll mit 20 ℳ für den Doppel⸗ zentner verzollt werden. Falls Deutschland einem dritten Lande für irgendeine besondere Sorte von Hartkäse einen niedrigeren Zoll zu⸗ gestehen sollte als für die genannten dänischen Käsesorten, so wird auf diese der gleiche Zollsatz angewendet werden.
Diese Zusagen treten am zehnten Tage nach dem Tage in Kraft, an dem die Aushändigung der deutschen Ratifikationsurkunden an die dänische Gesandtschaft in Berlin erfolgt. Vom Zeitpunkt des Inkraft⸗ tretens an bleiben sie ein Jahr lang in Geltung. Wenn die deutsche Regierung ihre Absicht, diese Zusagen zurückzunehmen, unter Ein⸗ haltung der Kündigungsfrist nicht vor Ablauf der Geltungsdauer mit⸗ geteilt hat, wird die Geltungsdauer um jeweils sechs Monate ver⸗ längert. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate.
Dänemark wird hinsichtlich der Behandlung deutscher Handlungsreisender folgende Erleichterungen alsbald auf administrativem Wege in Kraft setzen:
1. Die Zutrittsscheine (adgangs bevis) werden nur noch von Handlungsreisenden im eigentlichen Sinne gefordert werden, wobei unter Handlungsreisenden nicht nur Angestellte oder Reisende mit Mustern verstanden werden.
2. Die dänischen Vorschriften über die Meldepflicht der Hand⸗ lungsreisenden und deren Kontrolle werden eine allgemeine Erleichte⸗ rung erfahren, die sich insbesondere erstrecken soll auf: a) Befreiung von persöoönlicher Meldung bei den gesetzlichen Kontrollstellen; b) Meldung der Handlungsreisenden nur ger einer einzigen Kontroll⸗ stelle an jedem Orte; c) Aenderung der Meldevorschristen vahingcehend, daß statt der jetzt geforderten Meldung vor Beginn der geschäftlichen Taͤtigkeit eine möglichst baldige Meldung danach, spätestens innerhalb 24 Stunden nach Ankunft, genügen soll; d). Handhabung der geltenden Vorschriften dahin, daß die Betätigung in den Grenz⸗ distrikten Kopenhagens und der „Kobstaeder“, wie z. B. in Frederiks⸗ berg, Hellerup, Gentofte, nicht als Verletzung des Verbots der Betätigung außerhalb der „Kobstaeder betrachtet wird. Die dänische Regierung wird den dänischen gesetzgebenden Körper⸗ schaften Gesetzvorschläge vorlegen, in denen folgende weitere Er⸗ leichterungen eingeführt werden Bis 15. April 1926: die Herabsetzung der Gebühren für Zutrittscheine — Hauptscheine — in folgender Weise: Zutrittsscheine mit einer Gültigkeitsdauer von 45 Tagen zu einer Gebühr von 100 Kronen; Zutrittsscheine mit einer Gültigkeitsdauer von einem Jahr zu einer Gebühr von 300 Kronen. Die Gebühren für die Ergänzungsscheine (Tillaegs⸗ bevis) werden im gleichen Verhältnis herabgesetzt. Bis Ende des Jahres 1926: a) weitere Erleichterung der jetzt geltenden Ver⸗ pflichtung zum Vorzeigen der Zutrittsscheine an jedem Ort, wo die Geschäfte gemacht werden, so daß diese Pflicht ganz oder im wesentlichen fortfällt, b) Erweiterung des Tätigkeitsgebiets der Handlungsreisenden über die eigentlichen „Kobstaeder“ hinaus. Diese Zusagen bleiben vom 15. April d. J. an ein Jahr lang in Geltung. Die Geltungsdauer wird, falls nicht fristgemäß Kündi⸗ gung erfolgt, um jeweils sechs Monate verlängert, die Kündi⸗ gungsfrist beträgt drei Monate.
In der beigegebenen Denkschrift wird als Zweck des Ab⸗ kommens bezeichnet, die von deutscher Seite nicht beabsichtigten Wirkungen zu berichtigen, die das neue Zolltarifgesetz vom August 1925 und einige der inzwischen in Kraft getretenen Handels⸗ verträge mit dritten Ländern auf gewisse dänische Erzeugnisse ge⸗ habt haben. Die in dem Gesetz über Zolländerungen lösacse gen autonomen Zallsäse haben auf die Ausfuhr einzelner dänischer Artikel nach Deutschland fast prohibitiv gewirkt und diese Wir⸗ kung wurde noch dadurch verschärft, daß inzwischen in Handels⸗ verträgen mit anderen Ländern für solche Erzeugnisse vertrags⸗ mäßige Zollherabsetzungen in Kraft getreten sind, die sich gegen⸗ über Dänemark praktisch wie Differenzierungen auswirkten. Diese Wirkung schien der Reichsregierung gegenüber einem Lande, das die deutsche Ausfuhr so liberal behandekt wie Dänemark, nicht ge⸗ rechtfertigt. Sie hat daher geglaubt, sich dem Wunsch der däni⸗ chen Regierung zu Verhandlungen darüber nicht entziehen zu ollen. Bei den Verhandlungen hat die Reichsregierung den däni⸗ chen Wünschen aus dringenden Rücksichten auf die deutsche Er⸗ zeugung oder den deutschen Verbrauch nur zum Teil stattgeben können. 8
Die Ausschüsse des Reichsrats haben trotz der wegen der ferdezölle und der Bestimmungen über Behandlung der
Handelsreisenden zum Teil geltend gemachten Bedenken das
Abkommen angenommen. In der Vollversammlung erklärte
der „ Vertreter der Provinz Schleswig⸗Holstein,
Dr. Schifferer, daß die Vereinbarung für ihn unan⸗ nehmbar sei, und beantragte namentliche Abstimmung. Das Abkommen wurde mit 47 gegen 20 Stimmen ange⸗
nommen. Dagegen stimmten die Vertreter der Provinzen
Ostpreußen, Brandenburg, Pommern, Posen⸗Westpreußen, Niederschlesien, Schleswig⸗Holstein, Hannover, Westfalen,
Rheinprovinz, Hessen⸗Nassau, ferner die Vertreter der Staaten
Württemberg, Thüringen, Mecklenburg⸗Schwerin und Meck⸗
lenburg⸗Strelitz, Oldenburg und Braunschweig. Das
preußische Staatsministerium, ferner die Vertreter von Berlin und der Provinz Sachsen gaben ihre Stimme für die Vor⸗
lage ab. Der Vertreter der Provinz Oberschlesien fehlte.
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