1926 / 134 p. 1 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 12 Jun 1926 18:00:01 GMT) scan diff

den Widerstand des Ministeriums finden, dem des Zentrums suzu⸗ stimmen, der stufenweise Milderung des Strasvollzugs verlangt und den Gefangenen von der dritten Stufe an ab und zu mehrere Tage Urlaub gewährt wird.

Abg. Gehrmann (Sos.), fordert Anstellung beamteter Strafanstaltsärzte in größerem ße.

Nach weiterer unerheblicher Aussprache war auch die Einzelberatung zum Justizhaushalt beendet. über die Erweiterung und Einschleusung des

Das Haus geht über zur zweiten Beratung des Entwurfs über die Erweiterung und Einschleusung des Fischereihafens zu Wesermünde.

8 Berichterstatter Leinert (Soz.) berichtet über die Beschlüsse des Frepteeheh.

Abg. Stolt (Komm.) führt Beschwerde, daß bei Wiedergabe der Ausschußberatungen die Stellungnahme der Kommunisten in der Presse falsch dargestellt worden sei.

Auf Antrag des Abg. Dallmer (D. Nat.) beschließt das aus gegen Sozialdemokraten und Kommunisten Schluß der ebatte.

Abg. Leinert (Soz.) erklärt, dieses Vorgehen des Abgeord⸗ neten Ulmer, von dem vorher den Sozialdemokraten kein Wort gesagt worden wäre, sei ein Ueberfall und eine so große Illoyalität, wie sie noch niemals vorgekommen wäre. Es häͤtte nur noch der Sozialdemokrat Brandes, ein Wesermünder Abgeordneter, auf der Rednerliste gestanden, dem man durch diesen Ueberfall das Wort ö“ hätte. Abg. Dallmer (D. Nat.) weist den Vorwurf der Illoyalität Eeü. Er habe zunächst nur Schluß der Debatte beantragt mit dem Hinzufügen, daß, wenn noch ein Redner auf der Liste stände, er Vertagung der Weiterberatung beantragen würde. Es sei illoyal, einen Abgeordneten zu zwingen, noch in später Abendstunde die Beratung einer Vorlage durchzuführen.

Nach weiterer lebhafter Geschäftsordnungsdebatte wird der Vertagungsantrag gegen die Stimmen der Deutsch⸗ nationalen abgelehnt und die zweite Beratung der Vorlage

eendet.

Zur allgemeinen Besprechung in der dritten Lesung erhält

Abg. Brandes (Soz.) das Wort. Er hebt hervor, daß die einzige Einnahmequelle des ganzen Wesermündergebietes der Fischereihafen sei, der ja nur ausgestaltet werden solle. Wenn man aber die S in Deutschland rentabel und konkurrenzfähig machen wolle, müsse man zuerst einmal die Transportfrage lösen. dabei überaus bedauerlich, daß auch hier die Reichsbahn versage.

Abg. Barteld⸗Hannover (Dem.) bezeichnet es als uner⸗ wünscht, die Entwicklung des neuen Fischereihafens in Wesermünde su fördern Im Interesse der Hebung des Fischkonsums sollte die Reichsbahn sich zu billigeren Tarifen für Seefische verstehen.

Abg. Kickhöfel (D. Nat.) empfiehlt bei Förderung der Ausgestaltung der Seefischereianlage Schonung der mittelständi⸗ schen Betriebe.

Abg Metzenthin (D. Vp.) bedauert, daß die deutsche Fischfangflotte Furzeit zu groß 19 um für den deutschen Bedarf lohnend verwendet zu werden. Wolle man das ändern, müsse man mehr Propaganda für den Fischverbrauch in Deutschland machen.

Damit schließt die allgemeine Debatte. Das Haus stimmt der Vorlage, die weitere 13 Millionen für den Ausbau des Fischereihafens von Wesermünde bereitstellt, auch in dritter Lesung und der Schlußabstimmung einstimmig zu.

Um 8 ¾ Uhr vertagt sich der Landtag auf Dienstag, den 22. Juni, mittags 12 Uhr: Zweite Lesung des Polizeietats.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Aeltestenrat des Reichstags trat nach der estrigen Plenarsitzung zusammen, um die Angelegenheit des Fzwischenruse des Abgeordneten Dr. Rosenfeld (Soz.) in der Plenarsitzung nachzuprüfen. Der Abgeordnete Rosenfeld hat in einem Zwischenruf den Vorwurf des Wortbruchs gegen den Reichs⸗ präsidenten erhoben und ist dafür vom Präsidenten Löbe zur Ord⸗ nung gerufen worden. Er hat trotzdem, wie mehrere Mitglieder im Aeltestenrat bekräftigten, diesen Vorwurf in neuen Zwischenrufen mehrmals wieverholt, die Wiederholung ist aber in dem Lärm des Hauses vom Präsidenten nicht gehört worden, und auch aus dem Stenogramm ist der Vorgang nicht zu ersehen. Der Aeltestenrat hat dem Präsidenten anheimgestellt, weitere Feststellungen vorzu⸗ nehmen und je nachdem in der Plenatsthung heute die Rüge gegen den Abgeordneten Dr. Rosenfeld nachträglich nochmals auszusprechen. 1 Der Houshaltsausschuß des Reichstags beriet am 9. d. M. unter dem Vorsitz des Abg. Heimann (Soz.) zu⸗ nächst den Aenderungsantrag der Abgg. von Guörard (Zentr.,, Dr. Scholz (D. Vp.), Koch⸗Weser (Dem.), Leicht Bayer. Vp.) und Genossen zur dritten Beratung des Haus⸗ alts für die besetzten Gebiete für 1926 (Kapitel I, itel 1 und 3 der fortdauernden Ausgaben: Generalkommissar des Reiches für die besetzten Gebiete). Der Antrag geht dahin, 1. statt „ein Staatssekretär“ künftig einzustellen: ein ständiger Stellver⸗ treter des Reichsministere mit der Amtsbezeichnung „General⸗ kommissar des Reichs für die besetzten Gebiete“, 2. demgemäß die Summe in Titel I zu erhöhen um 23 625 und diese Summe bei Titel III abzusetzen, unter Streichung der Stelle: „Ein Stellver⸗ treter des Reichsministers“. Abg. Esser (Zentr.) teilte laut Be⸗ richt des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger mit, daß auf seinen Antrag dieser Etatsantrag vom Plenum am 26. März 1926 an den Haushaltsausschuß zurückverwiesen sei. In⸗ e sei Herr Schmid zum „Staatssekretär“ ernannt worden. Manche nehmen an, daß damit der Etatsantrag erledigt sei. Der Schwerpunkt innerhalb des Kabinetts werde durch diese Er⸗ nennung verschoben. Früher sei ja Schmid politisch neutral ge⸗ wesen, seit den Wahlen vom Dezember 1924 fen er aber stark als Politiker, und zwar der Deutschen Volkspartei, hervorgetreten. mit habe er den neutralen Boden verlassen, der von dem Leiter der Angelegenheiten der besetzten Gebiete gefordert werden müsse. Solange nun etatrechtlich die Ernennung zum Staatssekretär nicht gesichert sei, sei der genannte Etatsantrag nach Meinung seiner Partei auch nicht erledigt. Reichskanzler Dr. Marx gibt eine geschichtliche Darstellung der Entwicklung dieser EX“ Von ihm sei bei seiner vorigen Kanzlerschaft 1924 mit Schmid ein Vertrao geschlossen worden, der ihm die Bezüge eines Staatssekre⸗ tärs feee Der Reichspräsident habe ihm in der Bestallungs⸗ urkunde auch die Stellung eines Beamten und, soviel er wisse, Buhegechül. usw. gewäyrt. Wiewohl nun Schmid die Bezüge der Gehaltsklasse B 5 erhalte, sei er bisher immer nur auf Dienstver⸗

trag angestellt gewesen und hace im Etat besonders aufgeführt werden müssen. sülher⸗ Versuche, diesem Zustand ein Ende zu

eichstag, im Sparausschuß usw. escheitert. So jetzt die Gelegenheit der Etatsfeststellung beseitigen. Der Etat war be⸗ sich deshalb berechtigt, Schmid zum Staatssekretär zu ernennen. Nachdem das Ministerium 85 die besetzten Gebiete nunmehr drei Jahre nebenamtlich verwaltet worden sei, habe das Kabinett es nicht für richtig ge⸗ halten, wieder das Ministerium hauptamtlich zu besetzen. Das Kabinett habe deshalb gegen Schmids Ernennung zum Staatssekretär keine Bedenken gehabt, und sie sei inzwischen erfolgt. Schmid habe sie in Händen. Schmid berelte die ihm in den Mund gelegten Worte. Mini⸗ sterialdirektor Rotholz setzte in längeren juristischen Dar⸗ legungen auseinander, daß etatrechtlich und finanziell keine Ein⸗ wendung gegen die Umwandlung dieser. Stelle in die eines „Staats⸗ sekretärs“ zu erheben 82 Abg. Sollmann (Soz.) bemängelte die Ausführungen der Regierungsvertreter. Vor allem aber habe

machen, seien im habe das Kabinett benutzt, den Mißstand zu willigt. Das Kabinett hielt

Schmid, obwohl er Generalkommissar der besetzten Gebiete gewesen

sei, in weit über das erlaubte Maß hinausgehender Weise weihe Kreise des rheinischen Volkes, insbesondere seine Partei, angegriffen Derartige politische Extravaganzen, wie er sie auch gegen die preußische Regierung erhoben habe, dürfe ein so hoher Beamter sich nicht er⸗ lauben. Das bedeute eine Unreife, die ihm das Vertrauen weiter Kreise mehrerer Parteien gekostet habe. Den weiteren Vorwurf, daß die Regierung sich über Beschlüsse des Reichstags hierbei hin⸗ weggesetzt habe, weist Reichskanzler Marx an Hand der Entwick⸗ lung der Aabesegenbeit zurück. Die späteren Vorschläge der Par⸗ teien hätten kein durchführbares Ergebnis gehabt. So habe die Regierung auf die ersten Vorschläge des Reichstags und Aus⸗ schusses in dieser Frage zurückgegriffen, einen Staatssekretär zu ernennen. Dieser Beschluß sei am 28. Mai gefaßt. Die Rede des Staatssekretärs, die hier Anstoß erregt habe, sei am 29. Mai gehalten, soviel er wisse. Die Urkunde wird Schmid am 31. Mai ausgefertigt sein, jedenfalls zu einer Zeit, wo er, der Reichskanzler, noch nichts von diesen Dingen gewußt habe. Sollte Schmid die Grenzen überschritten haben, die einem höheren Be⸗ amten gesteckt seien, werde er das Erforderliche veranlassen. Heute noch werde er die Angelegenheit weiter verfolgen. Aber er müsse, ehe er etwas veranlassen könne, die Sache genau untersuchen. A Ersing (Sentr.) legte als seine Meinung dar, daß staats⸗ rechtlich die Shce auch nicht in Ordnung sei. Wenn ein Antrag zu einer Position des Etats zurückverwiesen werde, na se es auch die betreffende Position. Das sei nicht geschehen. Die Lasten des natio⸗ nalen Abwehrkampfes beim Ruhrkampf hätten die der Bevölkerung, d. h. die Anhänger des Zentrums und der Sozial⸗ demokraten getragen. Und deren Vertrauen habe jetzt Schmid ver⸗ loren. Die Belange der notleidenden Bevölkerung würden nicht in der nötigen energischen Weise von den Beamten des Ministeriums der besetzten Gebiete gewahrt; das zeige z. B. das Schicksal der von den Engländern beschlagnahmten Bäckerei des Konsumvereins Wies⸗ baden, für die der Verein nur 5000 Entschädigung bei einem Schaden von weit über 100 000 mit Not erhalten habe. Abg. Dr. Cremer (D. Pp.) verteidigte die Ernennung Schmids um Staatssekretär. Der Reichskanzler habe nach den bisherigen erhandlungen zu der Ueberzeugung gelangen daß die Um⸗ wandlung dieser Stelle in eine vtZatafe efärst e keinen Wider⸗ spruch finden würde. Hier hätten auch der Ausschuß bezw. die Mit⸗ S die Anträge gestellt hätten, gesündigt, weil sie nicht für deren Erledigung gesorgt hätten. Die Rede Schmids sei am 28. Mai, also am Tage der ö zum Staatssekretär, gehalten worden in Essen im kommunalpolitischen Ausschuß seiner Partei, also in ge⸗ schlossener Versammlung. Redner verlas Teile des Stenogramms dieser Rede, die auf einen Artikel der „Roten Fahne“ bezug nehmen. Seiner Meinung nach ei die Rede nicht zu beanstanden, sondern aus dem Geist der Verfassung geboren. Sie rechtfertige auch nicht den Vorwurf mangelnden Taktes. Abg. Torgler (Komm.) nannte die Ernennung des Reichskommissars Dr. Schmid zum Stagtssekretär eine Provokation. Abg. Stücklen (Soz.) hielt die Ernennung vor der Beschluffassung durch den Haushaltsausschuß zum mindesten für voreilig. Abg. Esser (Zentr.) betonte nochmals, daß es sich bei der Stelle des Reichskommissars Dr. Schmid um einen delikaten politischen Posten handele, dessen Verwaltung besonderen Takt und außerordentliche erfordere. Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen rügte Redner die Lösung der Transportkostenentschädi⸗ gungsfrage auf dem Wege des Härtefonds, die ohne Fühlungnahme mit dem Reichstagsausschuß für die besetzten Gebiete durch das Ministerium in der Reichstagspause Fäshc sei. Die Freunde des Redners hätten sich wohl damit einverstanden erklären können, daß Schmid unter einem Minister arbeite, sie seien aber nicht geneigt, dem zuzustimmen, daß durch die Ernennung des Dr. Schmid zum Staatssekretär die Besetzung des Ministerpostens 3 die besetteg Gebiete unmöglich gemacht werde; denn etatrechtlich stände an der Spitze des Ministeriums für die besetzten Gebiete ent⸗ weder ein Staatssekretär oder ein Minister. Nach längerer Ge⸗ E1““ wurde alsdann die Abstimmung über den An⸗ rag auf einige Tage ausgesetzt, um den Regierungsparteien eine ühlungnahme mit der Regierung in der Frage zu ermöglichen. 's folgte die Beratung eines Initiativgesetzes über die A uf⸗ hebung der Preistreibereiverordnung und damit zu⸗ ammenhängender Verordnungen. Für das Initiativgesetz traten die Abgg. Findeisen (D. Vp.), Schlack (Zentr), Dr. Cremer Pop.), Dr. Klöckner (ZBentr.), Morath Vp.) und Sinn (Bentr.) ein. Das Initiativgesetz wurde vom Ausschuß in olgender Form angenommen: 1. An die Stelle des Art. I des Ge⸗ etzentwur süber die Aufhebung der Preistreibereiverordnung und da⸗ mit zusammenhängender Verordnungen treten folgende Vors chriften: Art. I. Von den im Art. I der Verordnung vom 13. Juli, 1923 genannten Verordnungen werden aufgehoben: 1. die Preistreiberei⸗ verordnung, 2. die Kvocd ne gegen verbotene Ausfuhr lebens⸗ wichtiger Gegenstände, 3, die Verordnung über Notstandsversorgung, 4. die Verordnung über Preisprüfungsstellen. Artikel II. Von der Verordnung über gdelsb seseih sages vom 13. Juli 1923 kommen in Fortfall: 1. aus dem ersten Abschnitt (Untersagung des Handels) die Bestimmungen des § 25 Abs. 3, § 28 Abs,. 2, §& 30 Abs. 2, 8 31, 32, 33 Satz II. 2. die Vorschriften des zweiten Abschnitts (Preisschilder und mirisherh S. 3. die Vor⸗ schriften des vierten Abschnitts (Marktverkehr und Versteigerungen). Die Vorschrift des fünften Abschnitts (Zeitungsanzeigen), soweit sie noch in Geltung sind. Artikel III. Die Bestimmungen der im Artikel I der Verordnung vom 13. Juli 1923 genannten Verord⸗ nungen treten im übrigen insoweit außer Kraft, als sie sich auf die in Artikel I, II dieser Verordnung aufgehobenen Vorschriften beziehen. Ebenso treten die E113“ Kraft, die auf Grund dieser Vorschriften erlassen sind, Sind in Gesetzen oder Verordnungen Vor⸗ ] die nach Artikel I, II aufgehoben werden, für anwendbar er⸗ lärt, so bleiben diese Vorschriften insoweit in Kraft. Das gleiche gilt für die Strafvorschriften gegen Ueberschreitung von Höchstpreisen bei Zuwiderhandlung gegen Preisfestsetzungen, die auf Grund des § 61 der Ausführungsbestimmungen zum Gesetz über die Regelung der Kohlenwirtschaft vom 21. August 1919 und der S 55, 56 der Vor⸗ schriften zur Durchführung des Gesetzes über die Regelung der Kali⸗ wirtschaft vom 18. Juli 1919 erfolgen. Artikel II wirde Artikel 1V und erhält folgende Fassung: Auf Verstöße gegen die nach Artikel I und IIl aufgehobenen Vorschriften, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes begangen sind, findet § II Abs. 2 des Reichsstrafgesetzbuchs Anwendung. An die Stelle des Artikels III tritt folgender Artikel V: Dieses Gesetz tritt mit dem Tage nach der Verkündung in Kraft. Hierauf wandte sich der Ausschuß einem Antrag des Ab⸗ eordneten Torgler (Komm.), betreffend Erhöhuna der Zu⸗ chläge zum Grundgehalt der Besoldungs⸗ gruppen l bis IX, zu. Von seiten der Reichsregierung wurde darauf verwiesen, daß in dieser Zeit der großeen finanziellen und wirt⸗ schaftlichen Not zuerst für vas riesige Heer der Erwerbslosen gesorgt werden müsse. Im Hinblick hierauf lehnte alsdann der Nhsschiß den kommunistischen Ankrag ab. Schließlich wurde noch der Unter⸗ ausschuß 5 B des Haushaltsausschusses aufgehoben und der Rest seiner Aufgaben dem Haushaltsausschuß direkt überwiesen. Hierauf ver⸗ tagte sich der Ausschuß auf Donnerstag.

Der Haushaltsausschuß des Reichstags beriet Fftern unter dem Vorsitz des Abg. Heimann ( 91) unähft die Novelle zum § 81 des Gesetzes über die privaten Versiche⸗ rungsunternehmungen, die diese zur Deckung der mit Aus⸗ übung der Aufsichtstätigkeit des Reiches verbundenen Kosten künftig in höherem Maße als bisher heranziehen solh Dabei darf der Satz von eineinhalb vom Tausend der gebührenpflichtigen Prämienein nahme nicht überschritten werden; der Reichswirtschaftsminister kann im Bedarfsfalle den Satz bis auf swe⸗ vom Tausend erhöhen. Ministerial⸗ rat Lehhe- (Reichswirtschaftsministerium) begründete die Vorlage, dem Nachrichtenbüro des Vereins deutscher Hesunggperlegter zufolfe, kurz mit der schlechten Finanzlage des Reiches. Es soll der volle Außvand der Kosten an Stelle des bisherigen halben Kostenaufwandes eingehoben werden, etwa das Doppelte des bisherigen Satzes. Abg. Schultz⸗Bromberg (D. Nat.) machte darauf aufmerksam, daß der Ausschuß von denen, die zahlen sollen, nichts über ihre Stellung zu dieser ihrer Belastung gehört habe. Er bat deshalb um Vertagung, bis die Gesellschaften sich geäußert hätten. Präsident Scharmer (Aufsichtsamt für Privatversicherung) teilte mit, daß Vertreter aller

11“ Versicherungszweige gehört worden setien Sie hätten sich sämtlich mit der 5 dieser Kosten einverstanden erklärt. Nur habe der Vertreter der Lebensversicherung Bedenken dagegen erhoben, daß man etwa über anderthalb vom Tausend hinausgehe. Er lege kein be⸗ sonderes Gewicht auf die etwaige Ermäßigung einer Erhöhung des Satzes auf zwei vom Tausend, weil vS; Summe voraussichtlich nicht beansprucht werde. Die Abgg. Moldenhauer (D. Vp.) und Dr. Dietrich (Dem.) sowie die Abgg. von Guérard (entr.) und Gen. beantragten Sneichg der frmächtigung an den Reichs⸗ X“ zu einer Erhöhung des Satzes auf zwei vom Tausend. Abg. Dr. Wienbeck (D. Nat.) beantragte die Ver⸗ tagung, weil, wie er höre, eine Eingabe der sellschaften gegen diese Belastung eingegangen sei, die er aber noch nicht kenne. Abg. von Guérard (Zentr.) begründete den Zentrumsantrag auf Streichung der Möglichkeit einer Erhöhung der Abgabe auf zwei vom Tausend. Gegen eine kurze Vertagung habe er nichts. wiewohl ihm die Sache nicht von großem Belang erscheine. Dr. Quaatz (D. Nat.) ersuchte um schütthich RahtenmSeg⸗ Nachweisungen über den sachlichen und persönlichen Kostenaufwand des Amtes. Der egenstand wurde hierauf bis zur Woche nach dem 21. d. M. zurück⸗ estellt. Es folgte die Beratung des Antrags der Abgg. Dr. Kalle 85 Vp.), Dr. 5cn; Hesigh 8. Vp.) und Gen., wonach die eichsregierung baldmöglichst Maßnahmen treffen soll und, soweit nötig, gesesliche Vorschriften vorbereiten soll, durch die bestimmt wird, daß Fcen nutzbaren im besetzten und bisher besetzten Gebiete, die dem Reich zur Anlage von Exerzier⸗, Schieß⸗, Sportplätzen usw. für die Besatzungstruppen überlassen werden mußten, im Falle der Zurückziehung der Besatzungstruppen oder sonstigen Freiwerdens auf Verlangen den früheren Le innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Freiwerden zu dem 8 überlassen werden, den das Reich beim Erwerb gezahlt hat. bg. von Gusrard (gentr.) schlug Verbesserungen der Fassung vor, da es sich nicht bloß um „Jandwirtschaftlich nutzbare“ Grund⸗ 888 handle, sondern auch um Sportplätze und ähnliches. Im zesten liege diese Frage nicht so einfach schon wegen des Inflations⸗ reises. Die Beschränkung „innerhalb einer Frist von sechs Monaten besser zu streichen. g. Dr. Moldenhauer (D. Vy.) er⸗ lärte sich bereit, in dem Antrag die Worte „landwirtschaftlich nutz⸗ bare“ zu streichen. Die Abgg. Hofman n⸗Ludwigshafen (Zentr.) und Dr. Diekrich⸗Baden (Dem.) schilderten Fälle, wo Gemeinden Besitze für Flugplätze, Exerzierplätze usw. in der Inflationszeit hätten abgeben müssen. Eine genaue Prüfung und Erledigung im Ver⸗ waltungswege empfehle sich vielleicht. Ministerialdirektor Miller machte n8 aufmerksam, daß im Verwaltungswege die Angelegenheit nicht zu erledigen sei, weil der. Inflationspreis vom heutigen Wert sehr stark abweiche und die Regierung den Inflationspreis nicht ohne weiteres gewähren könne. Eine Reihe von Grundstücken seien über⸗ dies inzwischen bedeutend bebaut und weiter veräußert. Abg. von Guérard (Zentr.) bemerkte, wenn der frühere esitzer sein Land wieder übernehme, müsse er große Sen aaenen⸗ um es wieder ertragsfähig zu machen. Ueberdies sei der ihm gewährte Preis auch vollkommen entwertet. Er bitte um Annahme des Antrages mit der besprochenen Streichung. Unter Streichung der Worte „land⸗ wirtschaftlich nutzbare“ wird der Antrag angenommen. Nunmehr wandte sich der Ausschuß einem Antrage der Abgg. Dr. Schreiber (Zentr.), von Gu6rard (Bentr. Klöckner (Zentr.) und Dr. Kahl (D. Vp.) zu, worin die Anrechnung der während des Krieges 1914/1918 in der „Feiwilligen Krankenpflege“ abgeleisteten 111“ auf das Besoldungs⸗ und Ruhestandsdiensta ter verlangt wird. Dementsprechend ollen die Vorschriften über die Anrechnung der Dienstzeit auf das Besoldungs⸗ und Ruhestandsdienstalter der Militärpersonen nebst den nachträglichen Ergänzungen des Besoldungsgesetzes bzw. das Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten vom 31. März 1873 in der Fassung vom 17. Mai 1907 auf die während des Krieges 1914/1918 im Operations⸗ und Etappengebiet tätigen „Angehörigen der Freiwilligen Krankenpflege“ entsprechende Anwendung finden. Als „Angehörige der Freiwilligen Krankenpflege gelten männliches und weibliches Personal. Abg. Dr. Kahl (D. Vp.) begründete den An⸗ trag. Er erwähnte dabei, daß das Reichsfinanzministerium schwere Bedenken gegen den Antrag geäußert habe. Er sei von der inneren Gerechtigkeit des Antrages überzeugt, wolle aber keinen Kon⸗ flikt etwa mit den Ländern, dem Reichsrat herbeiführen. Er könne aber den Antrag allein nicht zurückziehen, da ihn auch andere Parteien unterschrieben hätten. Nach längerer Aussprache wurde beschlossen, die Reichsregierung zu ersuchen, sie möge erwägen, ob nicht unter Würdigung des Antrags eine verbesserte Anrechnung der während des Krieges 1914/1918 in der Frewilligen Krankenpflege abgeleisteten Dienstzeit auf die ruhegehaltsfähige Dienstzeit der Reichsbeamten maalich ist. Hierauf vertagte sich der Ausschuß.

Der Unterausschuß des Haushaltsausschusses

s Reichstags zur Prüfung von Fragen der Anleihe⸗

lösung hielt gestern seine erste Sitzung ab. Abg. Hergt (D. 1 berichtete über die Gründe, die zur Bildung des Aus⸗ schusses Anlaß gegeben haben. Er forderte Aufschlüsse über die Durch⸗ fügrunf der Anleiheablösung, statistische Unterlagen über den Umfang es Altbesitzes von Reichsanleihen, Gewährung von Vorzugs⸗ renten usw. Vertreter der Reichsregierung gaben Aufschluß über das Verfahren bei der Anleibeablösung im allgemeinen und stellten ö Unterlagen für die Arbeiten des Ausschusses in Aussicht. Als erwünscht wurde bezeichnet, für die Besprechung der Länder⸗ und Gemeindemnleiheablosungen Vertreter der Länderregierungen, besonders Preußens, zuzuziehen. In seiner nächsten Sitzung wird der Unter⸗ ausschuß einen Bericht des Reichskommissars für Altbesitzanleihen

hören.

Im Geschäftsordnungsausschuß des Reichs⸗ tags wurde gestern über das seinerzeit von den Demokraten beantragte Mißtvauensvotum gegen den deutschnationalen Vize⸗ präsidenten des Reichstags Graef verhandelt, das durch seine Weigerung, im Januar 1925 am Besuch des Reichstagspräsidiums beim Reichspräsidenten Ebert teilzunehmen, war. Abg. Brodauf (Dem.) teilte mit, daß seine raktion angesichts der verstrichenen Zeit auf eine Abstimmung über den Antrag ver⸗ zichte, aber beantrage, grundsätzlich den Mitgliedern des Präsidiums die Pflicht zur Teilnahme an Repräsentationshandlungen auf zuerlegen. Abg. Freiherr von Freytagh⸗Loringhoven (D. Nat.) wies die gegen ven Vizepräsidenten Graef gerichteten Angriffe zurück und erinnerte daran, daß im Jahre 1912 im Falle Scheidemann die Linksparteien und ihre Presse die „Hofgängerei“ als lächerliche und überflüssige Formalität behandelt hätten. Man könne für den Reichs⸗ präsidenten keinesfalls höhere gesellschaftliche Ehrungen beanspruchen, als früher für den Kaiser. Ein Mißtrauensvotum gegen die Mit⸗ glieder des Reichstagspräsidiums sei weder in der Verfassung noch in der Geschäftsordnung vorgesehen und würde das Reichstags⸗

wäsidium in dieselbe unsichere Lage versetzen, in der sich heute die

egierung befinde. Diesen letzten Ausführungen schlossen sich die Abgg. Dr. Rießer (D. Vp.) und von Kardorf (D. —.) an. Nach weiterer Debatte zog Abg. Brodauf (Dem.) seinen Antrag endgültig zurück, so daß die Frage der Repräsentativverpflichtungen offen bleibt. Die Frage der Zulässigkeit von Mißtrauensanträgen gegen die Mitglieder des Reichstagspräsidiums soll demnächst grund⸗ feblich erörtert werden. .“

(Fortsetzung in der Ersten Beilage.)

Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenburg.

Verantwortlich für den Anzeigenteil: Rechnungsdirektor Mengering in Berlin.

Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin. Druck der Preußischen Druckerei⸗ und Verlags⸗Aktiengesellschaft. Berlin. Wilhelmstr. 32.

Fünf Beilagen 8 (einschließlich Börsen⸗Beilage) und Erste und Zweite Zentral⸗Handelsregister⸗Beilage

8 8 1“

Der Bezugspreis beträgt vierteljährlich 9,— Neichsmarh. Alle Postanstalten nehmen Bestellung an, für Berlin außer den Postanstalten und Zeitungsvertrieben für Selbstabholer auch die

Geschäftsstelle SW. 48, Wilhelmstrahe Nr. 32.

Einzelne Nummern hosten 0,30 Reichsmarh.

Fernsprecher: Zentrum 1573.

Anzeigenpreis für den Raum

einer 5 gespaltenen Einheitszeile (Betit) 1,05 Neichsmark, einer 3 gespaltenen Einbeitszeile 1,75 Reichsmark.

Anzeigen nimmt an

die Geschäftsstelle des Reichs⸗ und Staatsanzeigers Berlin SW. 48, Wilhelmstraße Nr. 32.

Nr. 134. Reichsbankgirokonto.

Einzelnummern oder einzelne Beilagen werden nur gegen Barbezahlung oder vorherige Einsendung des Betrages

einschließlich des Portos abgegeben.

Inhalt des amtlichen Teiles: Deutsches Reich. Exequaturerteilung.

Bekanntmachung, betreffend die Feststellung des Börsenpreises von Wertpapieren.

Bekanntmachung, betreffend Auslosung von Deutschen Gold⸗ mark⸗Reichsschatzanweisungen K von 1923.

Anzeigen, betreffend die Ausgabe der Nummern 32 und 33 des Reichegesetzblatts Teil I.

Preußen.

Beschluß über die Ernennung des Präsidenten des Landes⸗ gesundheitsrats und seines Stellvertreters.

Beschluß über die Ernennung von Mitgliedern des Landes⸗ gesundheitsrats.

Amtliches.

Deutsches Reich.

Dem Königlich italienischen Generalkonsul in Hamburg Ubaldo Rochira ist namens des Reichs das Exequatur erteilt

Bekanntmachung.

Auf Grund des § 9 in Verbindung mit § 4 der Bekannt⸗ machung, betreffend die Feststellung des Börsenpreises von Wertpapieren vom 21. November 1912 (RGBl. S. 537) in der Fassung der Verordnung vom 22. Mai 1925 (-GBl. I S. 73), wird hiermit bekanntgegeben:

Gemäß der Vereinbarung der Börsenvorstände sämtlicher deutscher Wertpapierbörsen ist abweichend von der Bestimmung des § 4 Abs. 1 Satz 1 der obenbezeichneten Bekanntmachung der Börsenpreis für alle an diesen Börsen zum Handel zugelassenen Industrieobligationen und verwandten Schuldverschreibungen, deren Aufwertung in dem vierten Abschnitt des Gesetzes über die Aufwertung von Hypotheken und anderen Ansprüchen (Aufwertungsgesetz) vom 16. Juli 1925 (RGBl. I. S. 117) geregelt worden ist, vom 15. Juni 1926 ab ohne Berechnung von Stückzinsen festzustellen.

Berlin, den 10. Juni 1926.

Der Reichswirtschaftsminister. J. A.: Schäffer.

8E11“

Deutsche Goldmark⸗Reichsschatzanweisungen K von 1923. Bei der heute bewirkten Auslosung der 2 bis 5 % Deutschen auslosbaren Goldmark⸗Reichsschatzanweisungen K von 1923, die am 1. Dezember 1926 zur Rückzahlung gelangen sollen, sind von den noch im Umlauf befindlichen Schatz⸗ anweisungen gezogen worden: 1b „Buchst. a zu 500 Goldmark 5636 637 6477 7490 10385

41661 46169 375 472 873 874 47956 49772 66903 67365 68054 105 106 625. 8

Buchst. b zu 100 Goldmark 5060 103 583 584 589 591 953 954 958 961 6541 960 8001 10316 317 320 322 11906 14243 18516 518 21954 22486 491 566 945 30395 31634 639 32788 796 43228 669 670 728 44280 859 47390 692 693 51802 52473 524 681 53377 379 56563 57720 64643 67100 101 206 336 340 68060 602 806 69419 420 74298 300 84441 987 93291 292 294 297 96169 97616 663 105182 432 135059 063 067 170 172 173 179 138001 002 005 153926 934 261108 109 268 278 544 411198 461 462 456496 501 505 517 519.

3 Buchst. c zu 50 Goldmark 11 262 265 272 276 484 488 1182 184 188 3761 762 765 768 771 778 780 786 788 790 15738 742 747 749 755 757 16147 377 381 385 402 20778 791 793 24036 057 060 41836 839 840 844 845 849 66814 830 67180 182 187 190 194 202 998 93531 536 554 99841 851 872 124162 164 125009 011 144704 145649 168916 919 178538 813 818 822 189611 198766 773 777 208499 642 211633 634 226507 232084 601857 604500 505 605270 272 273 276 279 284 286 288 291 293 610682 623294 300 301 636541 542 559 574 575 639339 353 356 458 495 496 498 643908 912 916 675665 689545 546 709728.

Die Besitzer vorstehender Schatzanweisungen werden auf⸗ gefordert, die am 1. 1926 zahlbaren Einlösungs⸗ beträge dieser Schatzanweisungen gegen Quittung und Rückgabe der Schuldurkunden sowie der nach dem Zeitpunkte der Rück⸗ zahlung fällig werdenden Zinsscheine Nr. 4 bis 12 nebst Er⸗ neuerungsschein für die folgende Reihe bei der Reichsschulden⸗ kasse in Berlin SW. 68, Oranienstraße 106/109, zu erheben. Diese Kasse ist werktäglich von 9 Uhr vormittags bis 1 Uhr nachmittags für den Kassenverkehr geöffnet. Die Einlösung erfolgt in Reichsmark. Die Einlösungsbeträge werden nach ö 22. November 1926 im Reichsanzeiger bekanntgemacht

en.

Die Einlösung geschieht auch außerhalb Berlins bei den Reichsbankanstalten. Die Wertpapiere können schon vom

1. November 1926 an diesen Stellen eingereicht werden, die sie der Reichsschuldenkasse zur Prüfung vorzulegen und nach Feststellung die Auszahlung vom 1. Dezember 1926 an zu be⸗ wirken haben.

Der Einlösungsbetrag kann bei den Vermittlungsstellen außerhalb Berlins nur dann mit Sicherheit am Fälligkeitstage abgehoben werden, wenn die Schatzanweisungen der Vermitt⸗ wenigsteng 2 Wochen vorher eingereicht werden.

Der Betrag der etwa fehlenden Zinsscheine wird vom Kapital zurückbehalten. Mit dem Ablauf des 30. November 1926 hört die Verzinsung der ausgelosten Schatzanweisungen auf.

Vordrucke zu den Quittungen werden von sämtlichen Ein⸗ lösungsstellen unentgeltlich verabfolgt.

Berlin, den 9. Juni 1926. Reichsschuldenverwaltung.

Bekanntmachung. Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 32. des Reichsgesetzblatts Teil I enthält die Bekanntmachung über die Aufhebung von beschränkungen, vom 27. Mai 1926, und die Bekanntmachung der Fassung des Gesetzes über den Geld⸗ entwertungsausgleich bei bebauten Grundstücken, vom 1. Juni 1926. Umfang ½ Bogen. Verkaufspreis 10 Reichspfennig. Berlin, den 11. Juni 1926. 8

Gesetzsammlungsamt.

Rayon⸗

Dr. Kaisenberg.

Bekanntmachung.

Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer des Reichsgesetzblatts Teil I enthält:

das Gesetz zur Aenderung des § 11 der Reichsabgabenordnung, vom 1. Juni 1926,

das Gesetz über Abänderung der Reichsverordnung über die Für⸗ sorgepflicht, vom 8. Juni 1926,

die Verordnung zur Aufhebung der Verordnung zur Aenderung der Reichsgrundsätze über Voraussetzung, Art und Maß der öffent⸗

lichen Fürsorge, vom 8. Juni 1926,

die Verordnung über Befreiung des Eigenverbrauchs von der Umsatzsteuer bei Landwirten mit einem Gesamtjahresumsatz von nicht mehr als 10 000 ℳ, vom 5. Juni 1926, und die Bekanntmachung über die Anlegung von Mündelgeld, vom 5. Juni 1926. Umfang Bogen. Verkaufspreis 10 Reichspfennig. Berlin, den 11. Juni 1926. .

Gesetzsammlungsamt. Dr. Kaisenberg.

e

Staatsministerium. Beschluß über die Ernennung des Präsidenten des Landes⸗ gesundheitsrats und seines Stellvertreters.

Auf Grund des Beschlusses über die Bildung eines Landes⸗ gesundheitsrats für Preußen vom 30. April 1921 (Gesetzsamml. S. 369) werden auf fünf Jahre ernannt:

zum Präsidenten: der Leiter der Abteilung „Volksgesund⸗

heit“ des Ministeriums für Volkswohlfahrt, Ministerial⸗ direktor Dr. Krohne,

zum Stellvertreter des Präsidenten; der Ministerialrat in dder Abteilung „Volksgesundheit“ des Ministeriums für Professor

8

Volkswohlfahrt, Geheimer Obermedizinalrat Berlin, den 25. Mai 192225. 2 Das Preußische Staatsministerium. Braun. J. V.: Scheidt.

Beschluß über die Ernennung von Mitgliedern des Landesgesundheitsrats. 8

Auf Grund des Beschlusses über die Bildung eines Landes⸗ gesundheitsrats für Preußen vom 30. April 1921 (Gesetzsamml. S. 369) werden zu Mitgliedern des Landesgesundheitsrats ernannt:

der Oberregierungs⸗ und ⸗medizinalrat Dr. Ostermann im Ministerium für Volkswohlfahrt,

der Oberregierungsrat Dr. Schopohl im Ministerium für Volkswohlfahrt, 1—

der Oberregierungsrat Dr. med. Mallwitz im Ministerium für⸗Volkswohlfahrt.

Berlin, den 25. Mai 1926.

Das Preußische Staatsministerium. Braun. J. V.: Scheidt.

Berlin, Sonnabend, den 12. Juni, abends. Postschecctonto: Berlin 41821. 19206

Nichtamtliches.

5

Deutscher Reichstag. 210. Sitzung vom 10. Juni 1926. Nachtrag. Die Redo, die der Reichskanzler Dr. Marx zu Beginn der Beratung des deutsch⸗russischen Vertrags gehalten hat, lautet nach dem vorliegenden Stenogramm, wie folgt:

Gestatten Sie mir, die Besprechung der Gesetzesvorlage mil einigen kurzen Bemerkungen einzuleiten. Der Herr Reichsaußen⸗ minister hatte die Absicht, die Vorlage vor dem hohen Hause zu begründen. Er ist daran leider durch ein Unwohlsein gehindert, das ihn seit einigen Tagen ans Zimmer fesselt. Um die Vevabe schiedung des Gesetzes nicht zu verzögern, habe ich mich ent⸗ schlossen, an seiner Stelle das Wort zu nehmen.

Der Ihnen vorliegende Vertrag mit der Union der Sozia⸗ listischen Sowjet⸗Republiken, der als „Berliner Vertrag“ bezeichnel zu werden pflegt, bedarf nach der Verfassung an sich nicht der Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften. Angesichts seiner besonderen politischen Bedeutung hat sich die Reichsregierung aber entschlossen, diese Zustimmung trotzdem einzuholen, bevor der Austausch der Ratifikationsurkunden stattfindet. Obwohl der Vertrag bei seiner Beratung im Auswärtigen Ausschuß allseitige Zustimmung gefunden hat, liegt der Regierung davan, den Par⸗ teien Gelegenheit zu geben, ihre Stellungnahme dazu auch in öffentlicher Sitzung des Hauses zum Ausdruck zu bringen.

Meine Damen und Herren, ich glaube, daß in den ver⸗ gangenen Jahren kaum jemals eine allgemeine außenpolitische Aussprache im Reichstag stattgefunden hat, bei der nicht von der jeweiligen Regierung und den Parteien übereinstimmend die Notwendigkeit guter und freundschaftlicher Beziehungen zu Ruß⸗ hland betont worden wäre. Nachdem die traditionelle, jahrhunderte⸗ lange Freundschaft zwischen Deutschland und Rußland durch den Weltkrieg zum Unglück beider Länder gebrochen war, zeigte sich schon im Vertrag von Rapallo vom Frühjahr 1922 das beiderseitige Bedürfnis, die alte Grundlage guter Beziehungen wiederherzu⸗ stellen. Die Situation, in der es zum Abschluß von Rapallo kam, ist in aller Erinnerung. Deutschland und Rußland befanden sich damals, wenn auch aus verschiedenen Gründen, in einer Art von Isolierung gegenüber fast allen den anderen großen Ländern. Es ist begreiflich, daß der Vertrag so als aus einer Art Schicksals⸗ gemeinschaft geboren erschien. Er war aber gleichwohl bein Bündnis und bein Abkommen mit aggressiven Zielen. Sein Zwech lag allein darin, die Gegensätze des Weltkrieges durch Ver⸗ ständigung für immer zu beseitigen und damit die Grundlage für ein freundschaftliches und vertrauensvolles Nebeneinanderleben der beiden Völker zu schaffen.

Seitdem ist die Entwicklung der internationalen Politik fort⸗ geschritten. Die deutsche Politik hat die Linie verfolgt und mußte die Linie verfolgen, auch mit den Mächten des Versailler Vertrags zu einem Nebeneinanderleben, zu einer Verständigung zu ge⸗ langen. So hat uns unser Weg vom Ruhreinbruch und der Sanktionspolitik zu der Londoner Dawes⸗Konferenz und von da nach Locavno und Genf geführt. Auch Rußland hat seine außen⸗ politische Stellung seit dem Jahre 1922 festigen können. Aber diese Entwicklung hat nichts an der Tatsache geändert, die den innersten Grund für den Rapallo⸗Vertrag bildete. Auch jetzt ist im deutschen wie im russischen Volke die Erkenntnis lebendig, daß sie in mannigfachster Hinsicht aufeinander angewiesen sind und daß sie durch keinerlei vitale Intevessengegensätze voneinander getvenmnt werden.

Auf dieser Erkenntnis beruht auch der Ihnen vorliegende Berliner Vertrag. Sein erster Artikel beginnt mit dem Satz, daß die Grundlage der Beziehungen zwischen Deutschland und der Sowjet⸗Union der Vertvag von Rapallo bleiben soll. Aber lediglich zur Bestätigung eines früheren, noch in Kraft befindlichen Ver⸗ trags bedarf es allerdings keines neuen Vertrags. Es ist die von mir angedeutete allgemeinpolitische Entwicklung gewesen, die die beiden Regierungen dazu geführt hat, den Vertrag von Rapallo durch neue konkrete Einzelbestimmungen zu ergänzen. Es ist be⸗ kannt genug, und ich kann es deshalb auch hier offen aussprechen, daß man in Rußland die letzte Phase der deutschen Außenpolitik zunächst mit Mißtrauen angesehen hat. Die Verträge von Locarno

und der angekündigte Eintritt Deutschlands in den Völkerbund

sind russischerseits anfänglich vielfach als eine radikale Schvenkung unserer Politik, als eine ausschließliche Orientierung nach dem Westen kritisiert worden, die die Aufrechterhaltung guter Be⸗