1926 / 229 p. 1 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 01 Oct 1926 18:00:01 GMT) scan diff

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endung des Betrages

8

Deutsches Reich. Ernennungen ꝛc. 1u“ 8 Bekanntgabe der amtlichen Großhandelsindexziffer vom 29. Sep⸗ tember 1926. Bekanntgabe der Reichsinderziffer für die Lebenshaltungskosten im September 1926.

Preußen.

Amtliches.

Deutsches Reich. ö.“

Der Kaufmann Wassil Karaghiosoff ist zum Vize⸗ konsul des Reichs in Gabrowo (Bulgarien) ernannt worden.

Die amtliche Großhandels indexziffer Ien

vom 29. September 1926.

Die auf den Stichtag des 29. September berechnete Groß⸗ handelsindexziffer des Statistischen Reichsamts ist gegenüber dem 22. September mit 126,7 unverändert geblieben. Von den Hauptgruppen haben die Industriestoffe geringfügig (auf 124,1) nachgegeben, während die Agrarerzeugnisse keine Veraͤnderung erfuhren. 1 Berlin, den 30. September 1926. 8

Statistisches Reichsamt.

8 8. 8

Die Reichs indexziffer für die Lebenshaltungskosten im September 1926.

Die ichsindexziffer für die Lebenshaltungskosten (Er⸗ nährung, ohnung, Heizung, Beleuchtung, Bekleidung und „Sonstiger Bedarf“) ist nach den Feststellungen des Statistischen Reichsamts für den Durchschnitt des Monats September mit 142,0 gegenüber dem Vormonat (142,5) um 0,4 vH zurück⸗ gegangen. 1

Die Ausgaben für die Ernährung haben sich trotz weiteren Anziehens der Preise für einzelne Nahrungsmittel infalge des starken Rückgangs der Kartoffel⸗ und Gemüsepreise ver indert. Die Bekleidungsausgaben haben gleichfalls nachgegeben. Die Heizungskosten hingegen sind durch den teilweisen Uebergang zu den Winterpreisen für Hausbrandkohle leicht gestiegen. Die Wohnungsausgaben sind unverändert geblieben.

Berlin, den 30. September 1926.

Statistisches Reichsamt.

8 1

Ministerium für Wissenschaft, Kun G und Volksbildung. Im preußischen Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung ist an Stelle des in den Ruhestand tretenden Ministerialdirigenten Wirklichen Geheimen Oberregierungsrats

Klotzsch der Kurator der Universität in Kiel, Geheime Regie⸗

rungsrat Dr. h. c. Wende, zum Ministerialdtrigenten ernannt

worden.

Deutsches Reich. u 56 Uebersicht über die Reichseinnahmen und ⸗ausgaben in den Monaten April bis August 1926.

1“ 11“ W“ CEA“ April Juli veef Zusammen 1926 1926 Beträge in Millionen Reichsmark

2163, 651,4 2814,7

A. Ordentlicher Haushalt. 8 I. Einnahmen: a) aus Steuern, Zöllen und Abgaben (bisher unter Steuereinna zusammengefaßt

b) Verwaltungseinnahmen 31,0

682,4

140,5 2955,2

109,5

2272,8

II. Ausgaben: a) Allgemeine Reichsverwaltung b) Reparationszahlungen.. c) Steuerüberweisungen..

Summe der Ausgaben.. Mithin kassenmäßiger Zuschuß.. Mithin kassenmäßiger Ueberschuß. Monatszwölftel der in den Haus⸗

halt eingestellten Ueberschüsse aus den Jahren 1924 und 1925..

Mithin etatsmäßiger Zuschuß.. Mithin etatsmäßiger Ueberschuß B. Außerordentlicher Haushalt. I. Einnahmen . . . .. II. Ausgaben:

a) Allgemeine Reichsverwaltung einschl. Kriegslastee... b) Reparationszahlungen.

Summe der Ausgaben.. Mithin aus Anleihe zu decken.. C. Nachträgliche Einnahmen und Ausgaben zu Lasten des Rechnungs⸗ jahres 1925. eeee; III11““ Stand der schwebenden Schuld am 31. 1. Zahlungsverpflichtungen aus der Begebung von Schatzanweisungen 2. Sicherheitsleistungen 3. Darlehen von der Post

Anmerkungen:

¹) Der Ueberschuß beruht in der Hauptsache hohen Ertrag aus der Einkommen⸗ und Körperschaftsteuer an die Länder und Gemeinden noch rd. 110 Mill. Re tember ausgezahlt worden sind. . ...

²) Die Ausgaben des außerordentlichen Haushalts sind bisher aus Kassenmitteln des Reichs gedeckt worden. Zur teilweisen Ent⸗ lastung der Kasse von diesen Ausgaben hat das Reich aus Postscheck⸗ geldern einen Betrag von 100 Mill. RM übernommen, der bisher anderweit angelegt war.

1420,8 69,0 757,7

2247,5 25,3

95,5 962,9

2793,8 161,4

26,5 205,2

546,3 136,1 ¹)

122,4 30,6 153,0

. .„ 2 272

uf dem besonders von dem im Sep⸗

Parlamentarische Nachrichten. In der gestrigen Sitzung nahm der Feme⸗Ausschuß des Breu hischen Landtags die Behandlung des Falles Pannier auf. Der Berichterstatter Abg. Kuttner (Soz.) gab dem Nachrichtenbüro des Vereins deutscher Zeitungsverleger zu⸗ folge zunächst in öffentlicher Sitzung einen Vorbericht über den Inhalt der Akten des Falles. Er wies darauf hin, daß die Gerichts⸗ verhandlung im Falle Pannier geheim geführt worden sei, soweit es sich um die Verhältnisse der Schwarzen Reichswehr handelte. Die Akten könnten aber ruhig öffentlich vorgetragen werden, denn in einer Kontroverse zwischen Staatsanwaltschaft und Gericht habe sich sogar der Generalstaatsanwalt auf den 18 gestellt, daß das Urteil nichts enthielte, weswegen man die Oeffentlichkeit hätte ausschließen müssen. Das Kammergericht habe den Beschluß auf Ausschluß der Oeffentlichkeit nur bestätigt aus der Erwägun heraus, daß es nun einmal geschehen sei, und durch den Widerru eines solchen Beschlusses die Situation nur verwirrt werden könnte. Der Fall Pannier spielte bei einem Arbeitskommando in Elsgrund bei Döberitz, dem sogenannten Bataillon von Senden. Leutnant Benn leitete das Bataillon, und erst kurz vor dem Morde wurde es vom Leutnant von Senden übernommen. Der eigentliche Gründer war ein Hauptmann Guttknecht, der früher am ober⸗ mMlesiscen Selbstschutz beteiligt war, und das Arbeitskommando urch Werbung der früher in Oberschlesien unter ihm dienenden Leute vergrößerte. 8 gehörten fast ausnahmslos rechtsradikalen Verbänden, Wiking, Ehrhardt, Nationalverband deutscher Sol⸗ daten und der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei an. War jemand geworben, so wurde er vom Werbeoffizier nach der be⸗ kannten Stelle in der Kurfürstenstraße geschickt, wo Stantien und Oberleutnant Schulz tätig waren. Diese schickten den Mann dann zur Zitadelle Spandau, wo er eingekleidet und dann über Döberitz nach Elsgrund geschickt wurde. Beim Bataillon von Senden diente ein Schütze Pannier, der nach dem Zeugnis seiner Vorgesetzten ein schlechter Soldat war und sich mehrfach unerlaubt von der Truppe entfernt hatte. In zwei aktenkundigen Fällen war er nach Berlin zu seinen Angehörigen gegangen. Er wurde dort durch den Sanitätsfeldwebel Schirmann wieder ergriffen und von Schutz⸗ polizisten festgenommen, weil Schirmann ihn als flüchtigen Reichs⸗ wehrsoldaten bezeichnete. Zum letzten Male wurde er am 2. Juni 1923, zwei Tage vor seiner Ermordung, zum Arbeitskommando zurückgebracht. Die Angehörigen der Truppe waren über Pannier sehr erregt, und er wurde verprügelt. Durch Zeugenaussagen ist erwiesen, daß Leutnant Benn den Befehl gegeben hat, Pannier zu beseitigen. Der Schütze Aschenkamp erhielt von Benn den dienst⸗ lichen Befehl, Pannier umzubringen. Der Sanitätsfeldwebel Schirmann wurde zum Schein beaustragt, Pannier zum Bahnhof 8 bringen. Die Truppenangehörigen Schmidt, Aschenkamp und tein hatten sich vorher im Franzer Busch verborgen und bereits eine Grube ausgeworfen, in der Panniers Leichnam verscharrt werden sollte. Als Schirmann mit Pannier an den Busch kam, versetzte Aschenkamp auf Aufforderung des Feldwebels Stein dem Pannier mit einem Beil einen heftigen Schlag auf den Kopf, so

daß er zusammenbrach. Er erhielt dann noch mehrere Schläge und wurde zur Grube geschleift. Den letzten Schlag versetzte ihm Schmidt, der aber nur wegen Mittäterschaft verurkeilt worden ist, weil das Gericht annahm, Pannier wäre schon tot gewesen, als er diesen Schlag erhielt. Die Leiche wurde dann zunächst vergraben, aber wahrscheinlich auf Befehl des Oberleutnants Benn später 100 Meter vom Tatort entfernt in einer anderen 2 ¼ Meter tiefen Grube verscharrt. Hierbei wirkte ein Absperrkommando mit um unbequeme Zuschauer fernzuhalten. Die Angehörigen des Kom⸗ mandos, die wegen Begünstigung angeklagt waren, sind vom Gericht freigesprochen worden mit der Begründung, sie ätten nur dem Befehl ihrer Vorgesetzten gehorcht. Ein Fähnrich Mäder ist freigesprochen, weil er damals nicht mehr zur Formation des Leutnants Benn gehörte und nach seiner Angabe nur als neugieriger Zuschauer dabei gewesen ist. Berichterstatter, Abg. Kuttner, bemerkte, daß irgend welche positive Anhaltspunkte dafür, daß Pannier einen Verrat an der Sache der Schwarzen Reichswehr verübt habe, von ihm nicht gefunden sei. Er berichtete sodann über die Einzelvernehmungen in der Sache Pannier. Schirmann hat zunächst zu leugnen versucht, hat aber sodann ein Geständnis abgelegt und erklärt, Leutnant Benn sei der Anstifter gewesen. Auf Grund seiner Aussagen konnte auch auf die Verbrecher gefahndet werden, zu⸗ nächst auf den Polizeiwachtmeister Stein. Der Versuch, die Leiche des Pannier zu finden, blieb erst vergeblich, weil Schir⸗ mann noch nicht mitgeteilt hatte, daß sie umgebettet sei. Ver⸗ haftet und vernommen wurde auch der Bataillonsfeldwebel Stetzelberg. Bezeichnend ist, daß er vom Hauptmann Guttknecht einen mündlichen „Befehl“ erhalten hat, am nächsten Tage zur Schwarzen Reichswehr zu kommen. Er hat Angaben über die Tat gemacht, die wenigstens seine Mittäterschaft außer Zweifel erscheinen ließen. Festgenommen wurde dann der Leutnant Benn. Er leugnete, die Tat angestiftet oder von ihr gewußt zu haben. Schirmann habe ihm lediglich gemeldet, daß der Ge⸗ fangene Pannier den Begleitern entrissen und dann tot⸗ geschlagen worden sei. Nach der Tat habe er dem Leuntnant von Senden die Meldung erstattet, daß Pannier tot sei. Dieser habe ihn groß angesehen und sei dann fortgegangen, ohne ein Wort zu sagen. Es folgte das Geständnis des Schirmanns über die zweite Vergrabung der Leiche, auf Grund dessen die Leiche ausgegraben wurde. Der Schütze Arnold Erwin Schmidt wurde dann auf Grund der Aussagen festgenommen. Er gab seine Täterschaft zu und berief sich sofort auf die Anstiftung von Benn. Er ist von Aschenkamp zur Teilnahme an der Tat aufgefordert worden. Zurzeit seiner Verhaftung war Pannier beim Mecklen⸗ burgischen Landbund angestellt. Schließlich hat auch der Polizei⸗ wachtmeister Stein, der zum Tode verurteilt worden ist, ein Ge⸗ ständnis abgelegt und Hauptmann Guttknecht, Frhr. von Senden und Oberleutnant Schulz schwer belastet. Er hat besonders die Schuld seiner Vorgesetzten hervorgehoben. Die Ermordung sei erfolgt auf Befehl des Leutnants Benn, der vorher mit Haupt⸗ mann Guttknecht gesprochen habe. Guttknecht habe zuvor mit Oberleutnant Schulz Rücksprache genommen. Benn und Gutt⸗ knecht hätten auch gewußt, wo die Tat begangen worden sei. Die Entscheidung sei von der Division gekommen, vom Ober⸗ leutnant Schulz. Mit Buchrucker sei darüber nicht verhandelt worden. Hauptmann Guttknecht sei dafür gewesen, daß Pannier zu töten sei. Ein weiteres Mitglied der Schwarzen Reichswehr namens Mäder, der Dienst tat als Adjutant beim Oberleutnant von Senden, leugnete die Tat, hat aber später zugegeben, als Zuschauer der Tat beigewohnt zu haben. Nach einer Mit⸗ teilung des Polizeipräsidiums, Abteilung IL a, ist, wie weiter be⸗ richtet wird, festgestellt worden, daß Schirmann, Stein, Schmidt, Stetzelberg und Mäder aus dem Gefängnis Briefe geschmuggelt und Besuche empfangen haben, ohne Beisein eines richterlichen Beamten oder eines Beamten der Abteilung Ia. Daraufhin wurden sie aus der Stadtvogtei in das Untersuchungsgefängnis übergeführt. Aschenkamp berief sich bei seiner Vernehmung sofort auf einen von Leutnant Benn erhaltenen Befehl. Er wie die anderen Angeschuldigten machten geltend, daß sie bei Nicht⸗ ausführung des Befehls das Schicksal des Pannier geteilt haben würden. Aschenkamp erging sich in den schärfsten Ausdrücken gegen Benn, daß er für seine Tat nicht eintrete. Auch Ober⸗ leutnant von Senden müsse von der geplanten Ermordung gewußt haben. Leutnant Benn müsse zum mindesten im stillen Einverständnis von von Senden gehandelt haben. Auch Haupt⸗ mann Guttknecht wurde festgenommen. Er bestritt alles und wollte von der Sache gar nichts wissen; von Senden bestritt gleichfalls alles. Er gab zu, daß die Leute wohl zurückgeholt und verprügelt worden seien, wenn sie ausgerissen wären. „Be⸗ seitigen“ habe bedeutet, eine größere Tracht Prügel austeilen. Die Leute seien ermahnt worden, bei der Formation zu bleiben, sonst hätten sie mit einer noch größeren exemplarischen Strafe zu rechnen. In einigen Fällen seien die Leute auch zu Ober⸗ leutnant Schulz, zur Division gebracht worden. Angeblich habe man ihnen da „Vorhaltungen“ machen wollen, sich zu bessern. von Senden kann sich auch nicht entsinnen, eine Meldung erhalten zu haben über die Beseitigung des Pannier. von Senden gibt weiter an, daß er mit Major Buchrucker im Landbund zu⸗ sammengetroffen und auf dessen Veranlassung zur Schwarzen Reichswehr gegangen sei. Mit Oberleutnant Schulz habe er sich nicht gut gestagceßt Er sagte dazu: „Durch Oberleutnant Schulz erfuhr ich, daß zu seiner Verfügung besondere Leute standen, die er „z. b. V.“ nannte. Dazu gehörten Klapproth, Büching und Feldwebel Mertens. Sie waren zum besonderen Schutz für Oberleutnant Schulz da. Schulz, der versuchte, dem Alten Fritz nachzuahmen, hatte sich eine sogenannte Leibgarde gebildet. Deren Angehörige schlugen Schulz gegenüber eine solchen Ton