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Mitteln auf die Reichsregierung dahin zu wirken, daß eine Einheitlichkeit der Erwerbslosenunterstützung auch in der Kurzarbeiterfrage erzielt, daß in einzelnen Bezirken ein⸗ getretene Härten bei Bemessung der Höhe der Erwerbslosen⸗ unterstützung ausgeglichen, daß die Unterstützungssätze für Erwerbslose erhöht, und daß die Unterstützung für Erwerbs⸗ lose verlängert werde. Ferner fand der Antrag des Handels⸗ ausschusses Annahme, der das Staatsministerium beauftragt, in Verbindung mit den Beteiligten nochmals zu prüfen, ob nicht die Wiederinbetriebnahme der Steinkohlenzeche „Ver⸗ einigte Margarethe“ in Sölde, Kr. Hörde, möglich sei. Eine Reihe anderer Anträge verschiedener Parteien, die sich mit der Erwerbslosenfrage beschäftigen, gingen zur Vorberatung an den Hauptausschuß.
Das Haus geht über zur Besprechung der Justizvor⸗ gänge in Magdeburg. 1“
In der von den Sozialdemokraten eingebrachten Großen Anfrage wird Auskunft verlangt, ob das Staatsministerium gegen den Untersuchungsrichter Kölling und den Kriminal⸗ kommissar ten Holt nicht nur die disziplinare, sondern auch die strafrechtliche Untersuchung wegen Amtsverbrechens einleiten wird, und ob es noch weiter den Preußischen Richterverein als Standesorganisation anerkennen will, der den Senats⸗ präsidenten Großmann, einen aufrechten Demokraten, aus⸗ geschlossen, den Untersuchungsrichter Kölling aber mit aller Kraft gedeckt habe. In der Interpellation der Kommunisten wird erklärt, der Justizskandal in Magdeburg habe erneut den Beweis für das Versagen der Polizei⸗ und Justizorgane
bei der Aufdeckung krimineller Verbrechen ergeben. Es wird gefordert, daß das Staatsministerium auf die Reichsregierung einwirke, daß diese dem Reichstag einen Gesetzentwurf vor⸗ lege, der die Unabsetzbarkeit der Richter aufheben und ihre Wählbarkeit durch die werktätigen Massen festlegen soll.
Weiter liegt der Besprechung der sozial⸗ demokratische Urantrag zugrunde, wonach bei der reichsgesetzlichen Neuregelung des Strafprozesses über die Haftbeschwerde eines in Untersuchungshaft genommenen An⸗ geschuldigten in mündlicher kontradiktorischer Verhandlung entschieden wird, daß ferner dem Angeschuldigten und seinem Verteidiger ein weitgehendes Recht auf Akteneinsicht zuerkannt wird. Durch ein neues preußisches Gesetz sollen die veralteten Disziplinarbestimmungen für richterliche Beamte neugestaltet und namentlich die Oeffentlichkeit für die entscheidende Ver⸗ handlung eingeführt werden. Des weiteren wird von den Sozialdemokraten gefordert, daß die Tätigkeit der mit der Mordsache Helling befaßten Richter und Staatsanwälte einer disziplinaren Nachprüfung auch unter dem Gesichtspunkt unter⸗ zogen wird, wieweit diese vorsätzlich oder fahrlässig die sachliche Aufklärun des Falles verzögert bezw. nicht genügend ge⸗ fördert haben.
In der Aussprache nimmt zunächst das Wort
Abg. Kuttner (Sc⸗z.): Er erinnert an das Wort, das Professor Dr. Kahl gesprochen hat, daß die Existenz einer Vertrauenskrise in der Justiz sich nicht mehr leugnen lasse. Der Magdeburger Fall bestätige das. Es sei kein Zufall, daß dieser Skandal gerade in Magdeburg sich ereignet habe. Man brauche nur an den Fall Bewersdorff zu erinnern. Der Magdeburger Fall sei eine Gesamtarbeit des Magdeburger Richterkollegiums gewesen.
8 Es sei unverständlich, wie es möglich gewesen sei, über unschuldige Menschen ein solches Lügengebäude aufzurichten. Nicht etwa Schröder, fährt Redner fort, hat die Justiz auf eine falsche 1,,α gelockt, die Organe der Justiz selbst sind vielmehr daran schuld, daß eine vorgefaßte Meinung weiter verfolgt wurde. Alles ging von einer Gesellschaft aus, die Haas einmal die „G. m. b. H. der ent⸗ lassenen Angestellten“ genannt hat. Ihr Haupt war ein gewisser ehemaliger Direktor Johannsen. Er war abgebaut, hatte die 20 000 Mark, die er als Entlassungsgeld erhielt, verspekuliert. Als sein Versuch, neues Geld zu bekommen, fehlschlug, suchte er auf andere Weise aus der Firma Haas⸗Geld herauszuschlagen. Zu diesem Zweck hat er sich mit anderen in Verbindung Felest auch mit dem Landtagsabgeordneten Arlt von der Deutschen Volks⸗
partei. Die Firma Haas wurde wegen Steuerhinterziehung an⸗ gezeigt. Es wurde darauf spekuliert, daß, wenn man eine Steuer⸗ hinterziehung von drei Millionen nachweise, man 10 %˖ Belohnung erhalte. Die „Angestellten⸗G. m. b. H.“ arbeitete zusammen mit dem Steueroberinspektor Liebing. Dem Abg. Arlt hatte Johannsen die Rolle zugedacht, daß er als Abgeordneter bei den Ministerien und im Landtag den nötigen Dampf dahintersetzen sollte, damit das
Steuerhinterziehungsverfahren nicht einschlafe. Ob er diese Rolle gespielt hat, weiß ich nicht. Johannsen gab an, nur die Firma
Haas habe ein Interesse daran gehabt, Helling zum Verschwinden
u bringen. Es wurde auch auf die Beziehungen zum sschecho⸗ vwarkischen Konsulat hingedeutet. Ehe Schröder des Konsulats Er⸗ wähnung tat, stand das schon alles in den Akten. Schröder muß die Akten gekannt haben. (Zurnf links zum deutschnationalen Ab⸗ geordneten Meyer: Herr Meyer, wie wird Ihnen?) Die Bausteine
u in den Akten schon bereit; Schörder brauchte sie nur zu nehmen, um sein Lügengebäude zu errichten. Gegen Schröder ge⸗ schah zunächst gar nichts. Wenn man die Akten einsähe, würde man finden, daß nach der Ergreifung des Schröder zwei Monate keine 11““ ist. Nur der Schröder suggerierte, Adolf hat sich gewandelt. Aus groß wurde er klein, aus schlank untersetzt, aus blond schwarz, aus schnurrbärtig bartlos, aus Adolf wurde Haas. Schröder wurde in diesen Monaten vielmals ver⸗ nommen, ohne daß darüber eine Eintragung in den Akten steht. Schröder selbst schildert bei einer Vernehmung, wie Beamte sich in seiner Nähe über Haas unterhielten, und ihn so beschrieben, daß Schröder ihn nennen konnte. Auch Fischer hat seinem Vater gegen⸗ über erklärt: „Man will nicht die Wahrheit von mir. Ich soll den Haas belasten, obwohl ich ihn gar nicht kenne!“ (Kufe links: Un⸗ erhört!) Als man nun aus Schröder den Namen Haas heraus⸗ gepreßt hatte, wurde überhaupt nur gegen Haas vorgegangen. Alles andere ruhte. Köllings Aktenführung grenzte haarscharf an Aktenfälschung. Schröder hatte den Adolf immer als mit einem goldenen Armband am linken Arm geschildert. Es war ten Holt leicht festzustellen, daß Haas nie ein solches Armband besaß. Das paßte ten Holt aber nicht in den Kram. Gegen Haas lag bei seiner Verhaftung gar nichts vor. Erst nachträglich hat man in seinen Verhältnissen nachgeschnüffelt. Die von Haas angebotenen Ent⸗ lastungsbeweise wurden nicht beachtet. Dagegen wurden die Zeugen beeinflußt, so daß der Vorsitzende in der Hauptverhandlung er⸗ klärte, er verstehe nicht, daß die Voruntersuchung in dieser Art geführt worden sei. ei Stunden müßte man darüber reden, was Kölling und ten Holt alles unterlassen haben. ten Holt scheidet aus, weil Kölling die Verantwortung allein tragen will. Es wurde u. a. versäumt, eine gründliche Durchsuchung bei Schröder. Er hat zugelassen, daß Schröder den bei der Tat getragenen Anzug aus dem Gefängnis heraus zu seiner Schwester zur Reinigung s ckte. Kölling bezeichnete den zur Tat benutzten Revolver als „für die Sache ohne Bedeutung“. Kölling hat nicht die Hilde Götze ver⸗ nommen, die zur Zeit des Verschwindens des Hellings allein in Großrottmersleben mit Schröder hauste, und deren nach vier Monaten durch Berliner Kriminalisten erfolgte Vernehmung zur Aufklärung der Tat in 24 Stunden führte. Für Kölling war alles, was Schröder sagte, wie ein Wort aus der Bibel. Dabei sind die Aussagen Schröders voll von Widersprüchen. Lem Beispiel hat Schröder seine Aussagen über den Ort der Tat immer dann geändert, wenn eine Angabe widerlegt war. Schließlich hat er erklärt, der Mord sei im Biederitzer Bus hafsiert, und es habe an dem Tage gereehes Ten Holt hat sofort erklärt, er erinnere 19, aß es an diesem eregnet habe. Der Berliner Kommissar Braschwitz stellte du Hefragung der Wetterwarte fest, dat tatsächlich an dem fraglichen
Tage der schönfte Sonnenschein herrschte. (Heiterkeit links.) Köllings
Tage
Verhalten, wenn es zunächst aus gutem Glauben entstand, ist später nicht mehr als gutgläubig zu bezeichnen. Er hat nur noch dafür gekämpft, daß er unter allen Umständen Recht behalten müsse. Es macht geradezu den Eindruck, als ob Kölling durch Benutzung seiner Machtbefugnis verhindern wollte, daß das Geständnis des Schröders protokolliert würde. (Sehr wahr! links.) Der Vorwurf gegen Hörsing, er hätte einen Eingriff in die Rechtspflege unternommen, ist vollkommen irrsinnig. Hörsing hat seine Stellung und sein An⸗ sehen riskiert, um einen Unschuldigen zu retten. Das ist ein Ver⸗ dienst. Kölling hätte konsequent den unschuldigen Haas zum Schaffott geführt. Der Eingriff in die Rechtspflege liegt darin, da gänzlich unbeteiligte Magdeburger Richter Kölling aufgeputs haben. Es ist fraglich, ob nicht das Justizministerium etwas früher die Pflicht gehabt hätte, die Staatsanwaltschaft anzuweisen, die Anklage auf Mord gegen Schröder zu erheben. Der Preußis Richterverein, der einen untadligen Mann wie Großmann nicht in seinen Reihen dulden wollte, hat Kölling den Nacken gesteift und ist sozusagen mit Hörnern und Trompeten für einen Justizmord eingetreten. (Sehr wahr! 1.8. Kölling und Hoffmann sind nahe an der Begünstigung der wirk⸗ lichen Mörder vorbeigegangen und follten sich hüten, gegen die Berliner Kriminalbeamten vorzugehen. Am schlimmsten ist für mich, daß Kölling und Hoffmann nicht selber den Mut hatten, schweigend den Richtertalar auszuziehen, der durch sie besudelt und bedreckt wurde. (Lebhafte Zustimmung links.) Die Ber⸗ liner Kommissare verdienen besonderen Dank, denn nur durch sie ist in diesem Falle das Ansehen der deutschen Rechtspflege wiederhergestellt. Es ist bedauerlich, daß das Disziplinar⸗ verfahren gegen die schuldigen Magdeburger Richter nicht öffent⸗ lich durchgeführt werden kann. Hier ist eine Aenderung des Ge⸗ setzes dringend am Platze. Zum Schluß dankt der Redner noch⸗ mals den charaktervollen Männern, die dem Magdeburger Mord aufklärten und nach dem Schillerwort handelten: Hilfe, wo die Unschuld leidet! Beifall und Händeklatschen bei den Sozial⸗ demokraten. — BVizepräsident von Kries erklärt, daß das Klatschen in der Geschäftsordnung des Landtags nicht vorgesehen sei. — Gelächter links.)
Abg. Grube (Komm.) begründet eine kommunistische Große Anfrage, die das Staatsministerium fragt, ob es bereit ist, sofort dem Ständigen Ausschuß des Landtags die Maßnahmen mitzuteilen, die gegen die in der Magdeburger Justizangelegen⸗ heit beteiligten und widerspenstigen Richter ergriffen worden sind, und auf die Reichsrgierung einzuwirken, einen Gesetz⸗ entwurf dem Reichstag vorzulegen, der die Unabsetzbarkeit der Richter aufhebt und deren Wählbarkeit durch die werktätigen Massen festlegt. Haas habe sich durch seine Forderung von fast einer Million als Entschädigung für die unschuldig erlittene Untersuchungshaft als Musterrepublikaner gezeigt, wie es der Thp der von Sozialdemokraten und Demokraten geschaffenen Republik sei. Um einen solchen Mann brauche man sich nicht aufzuregen, zumal Proletarier in Magdeburg jahrelang unschuldig in Untersuchungshaft sitzen müßten. Das Magde⸗ burger Gerichtsgebäude führe im Volksmund ja schon den bezeichnenden Namen „Bewersburg“.
Staatssekretär Fritz vom preußischen Justizministerium gibt zunächst eine eingehende dokumentarische Darstellung der Vorgänge in Magdeburg und bemerkte zu den gestellten Einzel⸗ fragen folgendes: Gegen den Landgerichtsrat Kölling und den Landgerichtsdirektor Hoffmann in Magdeburg ist durch den dafür zuständigen Disziplinarsenat des Oberlandesgerichts in Naumburg das förmliche Disziplinarverfahren eröffnet worden, und zwar gegen Kölling am 7. und 14. August, gegen Hoffmann am 14. und 26. August und 19. September. Kölling ist beschuldigt, in der Presse Erklärungen veröffentlicht zu haben, in denen er gegen andere Staatsbehörden und ihnen angehörende Beamte Vorwürfe erhoben hat, deren “ zu erweisen er nicht in der Lage sei, dadurch zugleich den Streit der an der Mordsache Helling beteiligten Behörden weiterhin an die Oeffentlichkeit gebracht, die Mitteilung eines an den Polizeipräsidenten in Magdeburg gerichteten Briefes an die Presse veranlaßt zu haben, bevor der Brief dem Empfänger, dem Polizeipräsidenten in Magdeburg, zugegangen war, seinen Namen unter diesen in Wahrheit von anderer Seite berfaßten Brief gesetzt, sich auch sonst bei seinen Maßnahmen nicht lediglich von seiner richter⸗ lichen Ueberzeugung leiten lassen, sondern anderen, an dem Verfahren nicht beteiligten Personen Einfluß auf seine Ent⸗ schlüsse gewährt zu haben, ferner die Pflicht zur Amts⸗ verschwiegenheit verletzt und den Behördenschriftwechsel, betr. die Gegenüberstellung der Hildegard Götze mit Schröder, nicht zutreffend wiedergegeben zu haben. Der Oberlandesgerichts⸗ präsident und der Generalstaatsanwalt in Naumburg sind ferner unter Hinweis auch auf den Inhalt dieser Großen Anfrage ersucht worden, zu prüfen, ob bei der Voruntersuchung in der Mordsache Helling Gesetzesverstöße oder sonstige Pflichtver⸗ letzungen von solcher Bedeutung vorgekommen sind, daß dieser⸗ halb eine Untersuchung im Disziplinarverfahren geboten erscheint! Die gegen den Landgerichtsdirektor Hoffmann erhobenen Be⸗ schuldigungen gehen dahin, er habe den Landgerichtsrat Köllin zu den von diesem begangenen Dienstvergehen durch Mißbrau des Ansehens oder durch andere Mittel vorsätzlich bestimmt, auch habe er den genannten Untersuchungsrichter in der Mordsache Helling beraten und maßgebend beeinflußt, obwohl er mit der Mordsache Helling dadurch dienstlich befaßt gewesen sei, daß er einmal bis zum 15. Juli und vom 18. bis 31. Juli d. J. Vor⸗ sitzender der Strafkammer gewesen sei, die über Beschwerden gegen Entscheidungen des Untersuchungsrichters zu befinden hatte, in dieser Eigenschaft auch an einem die Haftbeschwerde des Angeschuldigten Haas verwerfenden Beschlusse mitgewirkt habe, ferner als Vertreter des dienstlich abwesenden Landgerichts⸗ präsidenten am 17. Juli an einer Verhandlung mit leitenden Kriminalbeamten teilgenommen und am 30. Juli mit dem Untersuchungsrichter eine amtliche Unterredung über das an diesem Tage zur Ausführung gelangende Vorgehen des Unter⸗ suchungsrichters gegen die Polizei gehabt habe. Ferner wird Hoffmann beschuldigt, daß er in zwei Veröffentlichungen „Recht in Not“ in Nr. 187 und 194 der „Magdeburger Tageszeitung vom 12. und 20. August 1926 Vorwürfe gegen staatliche Behörden und ihnen angehörende Beamte erhoben habe, die zu erweisen er nicht in der Lage sei; weiterhin, daß er durch diese Veröffent⸗ lichungen den Streit der Behörden in der Mordsache Helling erneut in die Oeffentlichkeit gebracht, auch seine Pflicht zur Amtsverschwiegenheit verletzt habe. Endlich wird ihm zur Last gelegt, am 30. Juli der ausdrücklichen Anordnung des Ober⸗ landesgerichtspräsidenten, daß der Landgerichtspräsident der Fort⸗ setzung des Pressekampfes in bezug auf die Voruntersuchung in der Mordsache Helling entgegenwirken solle, als Vertreter und unter Mißbrauch einer klurzen Abwesenheit des Landgerichts⸗ präsidenten bewußt zuwidergehandelt, ferner am 1. August an dem Verfahren unbeteiligte Dritte, nämlich den Präsidenten und den stellertretenden Präsidenten der Industrie⸗ und Handels⸗ kammer in Magdeburg, unter Verletzung des Dienstgeheimnisses gegen den angeblichen Versuch der Justizverwaltung, einen ungesetzlichen Druck auf die Unabhängigkeit des Untersuchungs⸗ richters auszuüben, zu Hilfe gerufen und sie veranlaßt zu haben⸗ den Landgerichtsrat Kölling aufzusuchen und zu stützen und damit auf dessen Entschlüsse einzuwirken. Diese Beschuldigungen sind so ernst, daß der Justizminister den Generalstaatsanwalt angewiesen hat, gegen Hoffmann beim Disziplinarsenat die Ver⸗ hängung der Amtssuspension zu beantragen. Das Disziplinar⸗ gericht hat dem Antrag des Gmeralstaatsanwalts durch Besschluß vom 28. September stattgegeben. Schon vorher war durch Ver⸗ fügung des Justizministers die Vertretung des Landgerichts⸗ präsidenten in Magdeburg einem anderen Landgerichtsdirektor übertragen worden, und zwar sowohl mit Wirkung für die im err veigg nr dehsv. bezeichneten Geschäfte, als für die eigentlichen Verwaltungsgeschäfte des Landgerichtspräsidenten.
Die beiden Richter haben zu ihrer Verteidigung geltend gemacht:
Ihre Veröffentlichungen in der Presse seien erforderlich gewesen zum Schutze der Voruntersuchung higen weitere unzulässige Ein⸗ griffe der Verwaltungsbehörden, die dem Untersuchungsrichter, insbesondere wiederholt seine polizeilichen Hilfskräfte, entzogen und ihm andere hätten aufzwingen wollen, und gegen eine weitere das gerichtliche Untersuchungsverfahren beeinträchtigende Einflußnahme der Presse, die von der Landeskriminalpolizei und den von ihr abgeordneten Beamten fortgesetzt mit Nach⸗ richten über Ergebnisse und Führung der Voruntersuchung ver⸗ sehen worden sei, schließlich auch zum Schutz der Ehre des Untersuchungsrichters, über den unwahre und schwer beleidigende Behauptungen verbreitet worden seien. Das Disziplinarverfahren gegen die Richter befindet sich noch im Stadium der Untersuchung. Der Justizminister hat den Generalstaatsanwalt in Naumburg angewiesen, einerseits auf tunlichste Beschleunigung des Verfahrens, andererseits darauf hinzuwirken, daß die Zusam⸗ menhänge der Angelegenheit bis ins einzelne aufgeklärt werden, und zwar sowohl hinsichtlich des Kreises der Personen, die sich amtlich oder außeramtlich an der Angelegenheit beteiligt haben, als auch hinsichtlich der einzelnen Vorgänge. Um festzustellen, ob ten Holt sich im Sinne der in der Großen Anfrage gegen ihn erhobenen Vor⸗ würfe schuldig gemacht hat, ist ein Disziplinarverfahren gegen ihn geführt worden das folgendes Ergebnis gehabt hat: Es konnte nicht nachgewiesen werden, daß ten Holt während der von ihm in der Mordsache Helling geleiteten Ermittlungen die Verfolgung der Spur gegen den Kaufmann Rudolf Haas wider besseres Wissen betrieben, insbesondere daß er dem Schröder die Kenntnis der diesem un⸗ bekannten Personen und Oerklichkeiten vorsätzlich vermittelt hat, von deren vorheriger Kenntnis die Glaubwürdigkeiten der Ausseogen Schröders wesentlich abhing, endlich daß ten Holt dem Schröder de Beßzichtigung der Mordanstiftung gegen Haas suggeriert hat. Dae Akten des Landgerichts zu Magdeburg gegen Richard Schröder wegen Betrugs ergeben nämlich, daß die Beschreibung der Oertlichkeiten des tschechischen Konsulats zu Magdeburg und die Namen aller der⸗ jenigen Personen, die spater in der Mordsache Helling eine Rolle gespielt haben, besonders die Namen Haas, Adam, sowie eine genaue Beschreibung des Konsulatssekretärs Janda und ein Hinweis auf das Steuerstrasverfahren gegen die Firma Louis Haas A. G., sich bereits in den Feststellungen des Kriminalkommissars Rückrien vom 23. März 1926 vorfanden. Bei seiner Vernehmung am 8. Mai 1926 wurden von Schröder dem Untersuchungsrichter, Landgerichtsrat Kölling, weitere Einzelheiten bezüglich der Einrichtung des Konfulats und der Person des Konsuls Adam angegeben. Am 29. Mai. 1926 hatten die Geschwister Helling vor dem Untersuchungsrichter die an⸗ geblich von Schröder gestohlenen Uhren als die ihres vermißten Bruders Hermann anerkannt. Nunmehr kam Kölling der Verdalt daß der frühere Besitzer dieser Uhren, Hermann Helling, nicht mehr am Leben wäre. Er rechnete damit, daß ein zur Zeit noch ungeklärter Zusammenhang zwischen der Vermißtensache nHeling und der Betrugs⸗ und Diebstahlssache Schröder bestände. Auf seinen Wunsch wurde ihm durch das Magdeburger Polizeipräsidium am 8. Juns 1926 der Kriminalkommissar ten Holt zur Verfügung gestellt. ten Holt erhielt den Auftrag, den Zusammenhang der beiden Sachen aufzuklären und insbesondere festzustellen, wer der große Unbekannte „Aolf“ wäre. Schröder hatte dem ten Holt gegenüber zunächst jede Ausfage verweigert. ten Holt war daher genoötigt, auf dem bereits vorhandenen Material der Vermißtensache Helling und der Betrugs⸗ und Diebstahlssache Schröder aufzubauen. Dementsprechend arbeitete er fußend auf dem Bericht des Kriminalkommissars Rückrien vom 23. März 1926 und den Vernehmungen des Untersuchungsrichters vom 8. Mai 1926, weiter und stellte entsprechende Fragen an Schröder. Die Namen Janda, Adam, Haas und die Oertlichkeiten des tschechoslowakischen Konsulats waren also in die Sache bereits zu einer Zeit hineingezogen worden, als ten Holt die Sache noch gar nicht kannte. Auf Grund der von ten Holt aus diesem Zusammen⸗ hang heraus gestellten Fragen stellte sich Schröder, der eine außer⸗ ordentlich gute Kombinationsgabe besitzt, für seine Verteidigung ein entsprechendes Gesamibild zusammen. Es konnte dem ien Holt auch nicht nachgewiesen werden, daß er den Namen des Rohprodukten⸗ händlers Ohle und die damit zusammenhängenden Aussagen über die Kraftwagenfahrt mit der Leiche zu dem Grundstück des Ohle dem Schröder suggeriert oder ihm die Kenntnis der Personen des Ohl⸗ und dessen Grundstücks vermittelt hätte. Diese Kenntnisse besaß Schröder wohl auf Grund eines anderen, in dem Strafverfahren nicht aufgeklärten Zusammenhanges. Die Annahme ten Holts, daß Reuter den Kraftwagen gelenkt hätte, beruhte nicht auf bestimmten Angaben Schröders, sondern auf Schlüssen ten Holts aus dem eingangs wieder⸗ gegebenen Sachverhalt. Bestärkt wurde ten Holt in der Aufrecht⸗ erhaltung seines Irrtums dadurch, daß auch der Untersuchungsrichter noch nach der Auffindung der Leiche Hellings den Gedanken eines Anstiftungsmordes nicht aufgab. Daß unter diesen Umständen auch ten Holt, so nahe für einen erfahrenen Kriminalbeamten jetzt die Schlußfolgerung auf einen gewöhnlichen Raubmord lag, die Spur des Anstiftungsmordes weiter verfolgte, ist um so mehr erklärlich, als die neuen Angaben Schröders sich in Einzelheiten zu bestätigen schienen. Ein Geständnis seiner alleinigen Täterschaft hat Schröder gegenüber ten Holt nicht abgelegt. Aus seiner Aeußerung bei einer Vernehmung, er wolle alles auf sich nehmen, brauchte ein Geständnis nicht geschlossen zu werden. Im Laufe des Ermittlungsverfahrens gegen ten Holt hat sich nur ergeben, daß ten Holt sich mehrfach disziplinarisch vergangen hat. Diese Verfehlungen stehen jedoch mi dem Thema der Großen Anfrage in keinem Zusammenhang. Sie werden disziplinarisch geahndet werden. Bisher sind keine Tatsacken bekannt geworden, die Maßnahmen des Justizministers zur Ei⸗ leitung eines Verfahrens wegen kriminell strafbarer Handlungen des Landgerichtsrats Kölling oder eines anderen der beteiligten Justiz⸗ beamten erforderten. Gegen Kölling ist am 1. August 1926 bon Karl Fischer Anzeige wegen Freiheitsberaubung erstattet wordene der Oberstaatsanwalt in Magdeburg hat nach Prüfung des Sach⸗ verhalts mit Bescheid vom 7. August ein Einschreiten abgelehnt. Am 13. August ist eine vom Republik⸗Rechtsbund in Dresden er⸗ stattete Strafanzeige gegen Kölling wegen Rechtsbeugung eingegangen. Diese Sache wird entsprechend einer ge⸗ meinen Weisung des Justizministers, wonach der General⸗ staatsanwalt in Naumburg mit den staatsanwaltschaftlichen Verrichtungen in den Strafsachen, die mit der Sache Helling im Zusammenhang stehen, auf Grund des § 145 G.⸗V.⸗G. an Stelle der Staatsanwaltschaft in Magdeburg den Obe⸗ staatsamwalt in Halberstadt betrauen soll, in Halberstadt bearbeite Auch das gegen ten Holt durchgeführte disziplinare Vorver ahren hatte nichts dafür ergeben, daß ten Holt sich strafbare Handlungen bei der Durchführung der Untersuchung in der Mordsache Helling hätte zuschulden kommen lassen. Am 1. August hatte der ster vertretende Vorsitzende des Bezirksverbandes Magdeburg de Preußischen. Richtervereins in der Presse eine Erklärung per⸗ öffentlicht, in der er den Landgerichtsrat Kölling gegen die wider ihn erhobenen Vorwürfe in Schutz nahm und daxauf hinwies, da⸗ dem genannten Untersuchungsrichter die Bearbeitung der Vor⸗ untersuchung Helling nach dem Gesetz nicht entzogen werden dürfe Der Preußische Richterverein selbst als Standesorganisation der Richterschaft hat in der ganzen Angelegenheit Zurückhaltung beobachtet; sie kommt insbesondere in einer Erklärung des Vot⸗ stands des Preußischen Richtervereins vom 12. August zum Aus druck, in der hervorgehoben ist, daß die Leitung des Preußischen Richtervereins sich jeder öffentlichen Stellungnahme zu der Au gelegenheit enthalten habe, wie das seiner ständigen Einstellung während schwebender Gerichtsverfahren entspreche, und daß die 5 klärungen des stellvertretenden Vorsitzenden des Magdeburger Be⸗ zirksvorstands ohne vorherige Fühlungnahme mit der Leitung 4 Preußischen Richtervereins abgegeben seien, auch mit dem ga⸗ nannten Bezirksverband S dahin bestehe, sich bis lmme Beendigung des gerichtlichen Verfahrens jeglicher Stellungna
im öffentlichen einungsstreit zu enthalten. Hieran ha An⸗ Preußische Richterverein festgehalten. Es besteht daher L als laß, an der Anerkennung des Preußischen Richtervereins ing Standesorganisation etwas zu ändern. Die Annahme, daß Kö B2. in seinem Verhalten vurc das Magdeburger Ri zerkolleghn n stärkt worden sei, trifft nicht zu. Zu den Einzelfragen ist ergä
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1. Die Frage einer Angehung des „Ständigen Aus⸗ schusses“ ist gegenstandslos geworden. 2. Irgendwelche Anhalts⸗ punkte dafür, 8* Kölling Weifungen von deutschnationalen Ab⸗ Lordneten und Stahlhelmführern entgegengenommen hätte, sind nicht hervorgetreten. 3. Es besteht kein Anlaß, auf die Reichs⸗ ijerung dahin einzuwirken, daß sie dem Reichstag einen Gesetz⸗ regierung 2 — 1 8 encwur vorlegt, der die Unabsetzbarkeit der Richter aufhebt und deren Wählbarkeit durch die werktätigen Massen festlegt. Der Staatssekretär bemerkt noch, daß kein Anlaß dazu vorhanden sei, anzunehmen, daß das Taschenbuch des Haas mit den bekannten Ein⸗ tragungen irgendeine besondere Rolle gespielt habe. Alle ver⸗ nommenen Personen haben das als Erfindung bezeichnet. Was die Beteiligung des Landgerichtsdirektors Hoffmann angehe, so werde das Disziplinarverfahren bald eine Aufflärung bringen. deß gar eine Art Richterverschwörung stattgefunden habe oder da ein Kollegium zusammengetreten sei, um auf die Entschließungen des Untersuchungsrichters einen Einfluß auszuüben, sei nach den bisher vorliegenden eidlichen Aussagen als widerlegt anzusehen.
Abg. Seelmann (D. Nat.) erklärt, daß seine Fraktion nicht daran denke, Verfehlungen, die in der Justiz vorkämen, zu decken. Das Disziplinarverfahren sei zu billigen, damit festgestellt wird, was an den Beschuldigungen war sei. Vorher könne ein Urteil nicht abgegeben werden. Im ersten Stadium habe ein Antrag wegen Mordes noch nicht vorgelegen, der sei erst später hinzu⸗
ekommen. In diesem ersten Stadium könne gegen den Unter⸗ juchungsrichter Kölling ein erheblicher Vorwurf nicht erhoben werden. Nicht das geringste sei für die Behauptung erbracht, daß Kölling aus politischen Gründen gehandelt habe. Das müsse man auch von ten Holt sagen. Es wäre zu wünschen gewesen, daß die beteiligten Persönlichkeiten mehr Ruhe bewahrt hätten. Starke Vorwürfe seien gegen Herrn Hörsing zu erheben. Er hätte sich vor seinem Eingreifen zunächst mit den zuständigen Stellen in Ver⸗ bindung setzen müssen. Er hat als Oberpräsident es nicht ver⸗ standen, den richtigen Wes zu gehen. Ob Haas schuldig war oder nicht, konnte er nicht wissen. Er hatte gar keine genaue Kenntnis. Wir kennen ja die Art des Herrn Hörsing auch in anderen Fällen. (Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Was hat Herr Hörsing durch seine unglückselige Art nicht auch seinem Vorgesetzten, dem Minister Severing, für Schwierigkeiten gemacht. Diese Art hat sich auch in dem bekannten Schreiben gezeigt, in dem er gegen Juristen den Vorwurf erhob, sie stellten sich schützend vor einen Mörder. (Er⸗ neute Zurufe links.) Sie (nach links) messen mit zweierlei Maß. Wie hat sich Herr Hörsing auch in diesem Falle wieder völlig in der Form vergriffen. Hätte er nicht eingegriffen, so wäre die Sache viel schneller vorwärts gekommen! (Lachen und Widerspruch bei den b Wie stellt sich das Innenministerium zu diesem Schreiben? Auch wir bedauern diesen Fall. Wenn Fehler vorgekommen sind, so ist das bedauerlich. Das begründet aber nicht die Berechtigung, gegen den Preußischen Richterverein so chwere Vorwürfe zu erheben, wie es Herr Kuttner wieder getan at. Es ist sestgestellt, daß der Preußische Richterverein sich korrekt verhalten hat. (Widerspruch links.) Wenn ein Richter seine Nerven verliert, so ist das kein Wunder bei den andauernden An⸗ feindungen. Gegen dieses ganze Anfeindungssystem müssen wir die schwersten Vorwürfe erheben.
Staatssekretär Fritze erwidert auf die Frage nach dem Vor⸗ gehen gegen Hörsing, daß durch gemeinsamen Erlaß des Minister⸗ präsidenten und des Innenministers das Vorgehen Hörsings nach⸗ drücklichst gemißbilligt worden ist. (Zurufe rechts: Daraus wird der sich was machen!)
Abg. Dr. Schmidt⸗Lichtenberg (Zentr.) erklärt, daß das Zentrum das Magdeburger Justiztrauerspiel so sehe, daß zwar das Endurteil noch nicht gesprochen werden dürfe. Dennoch ließe sich schon jetzt sagen, daß Unfähigkeit, verletzte Eitelkeit und dünkelhafte Ueverhebung sowie die mit binreichendem Verdacht anzunehmende ewisse politische Voreingenommenheit und Verantwortungslosigkeit n Magdeburg einen Justizwirrwarr hervorgerufen haben (sehr richtig Unks und im Zentrum). Dieser Justizwirrwarr hätte in der Tat hald zu einem Justizmord führen können. Wenn ein hoher politischer Beamter wie Hörsing an diesem Wirrwarr Anstoß nahm und mit einem recht guten Erfolge eingriff, kann man das nicht tadeln (sehr gut! im Zentrum). Unterlassungssünden wiegen, wie beim Militäri⸗ schen, so auch überall oft viel schwerer als verfehlte Unternebmungen. Was den Vorwurf des Angriffs auf die richterliche Unabhängigkeit anlangt, so ist doch Voraussetzung das Vorhandensein der Unabhängig⸗ keit. Bei Kölling aber eine innere Unabhängigkeit zu behaupten, wird wohl hier niemand mehr wagen. Autorität des Richters ist notwendig und gut. Sie darf aber nicht mißbräuchlich angewendet werden. Denn schließlich sind richterliche Autorität und Unabhängig⸗ keit nicht allein Schmuck für den Richter, sondern eine Pflicht gegenüber dem Volke. (Sehr richtig! im Zentrum und links.) Was die Angriffe auf die Haltung der Polizei angeht, so sind die Vor⸗ schriften der Strafprozeßordnung veraltet, während die Polizei über⸗ aus modern ist. (Sehr richtig! bei den Kommunisten. — Heiterkeit.) Ich arbeite aber lieber mit einer modernen Polizei als mit einer ver⸗ alteten Gesetzgebung. Die sozialdemokratische Forderung nach Oeffent⸗ lichkeit der richterlichen Disziplinarverfahren erscheint beachtenswert. Dem in Cassel jetzt tagenden Preußischen Richterverein müßte ich aber zurufen: Der Kampf um die nh äa herie wird unendlich er⸗ “ durch Vorkommnisse wie die Magdeburger; es kann kein
ensch dafür garantieren, wie der Kampf einmal ausgeht, wenn sich solche Vorkommnisse wiederholen. (Beifall im Zentrum.)
Die Debatte wird unterbrochen.
Abg. Arlt (D. Vyv.) gibt folgende Erklärung ab: Der Abg. Kuttner hat mich in seiner heutigen Rede fälschlich als abgebauten Beamten der Firma Haas bezeichnet und im Zusammenhang mit dem Steuerverfahren gegen diese Firma und mit der Magdeburger Justizaffäre gebracht. Derartige Behauptungen sind bereits wiederholt in offener oder versteckter Form in der Presse hervorgetreten. Ich begrüße es deshalb, daß mir die Rede des Abg. Kuttner Gelegenheit gibt, hier vor aller Oeffentlichkeit zu erklären, daß ich weder direkt noch indirekt an der Steuerstrafanzeige gegen Haas mitgewirkt habe, und daß ich auch in keiner Weise an der Magdeburger Justizaffäre beteiligt bin.
nachzutragen:
Ich bin lediglich in beiden Angelegenheiten als Zeuge vernommen
woorden, da ich Direttor von mehreren Zuckerfabriken war, deren
Bei meiner
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eschäftsanteile sich in Händen der Familie Haas befunden haben. ner Vernehmung in der Magdeburger Affäre konnte ich zur Sache nichts bekunden. Ich habe aber auf Befragen betont, daß ich Haas weder eines Mordes noch der Anstiftung dazu für fähig halte. ch nehme an, daß dem Abg. Kuttner diese meine Aussage unbekannt war. Aber selbst unter dieser Annahme bleiben seine Behauptungen unverständlich, und ich hätte bei seiner von ihm betonten Objektiwität und Gerechtigkeitsliebe erwarten dürfen, daß er de rartige unbegründete kerdächtigungen gegen ein Mitglied dieses Hauses nicht erheben würde, ohne den Versuch zu machen, die Tatsachen wahrheitsgemäß festzustellen. b Bei Festsetzung der Tagesordnung für die nächste Sitzung beantragt Abg. Pieck (Komm.), am Montag zuerst den kom⸗ munistischen Antrag auf Einstellung der Renovierungsarbeiten der Siegesallee zu verhandeln. Als dieser Antrag gegen die Stimmen der Kommunisten abgelehnt wird, beantragt Abg. Pieck (Komm.), am Montag zunächst die Magdeburger Vussprache fortzusetzen. Als er dabei wiederholt von der Ver⸗ brecherbande der Hohenzollern spricht, deren Verbrechen zum
Himmel stinken, klatschen die Kommunisten Beifall; bei den
Deutschnationalen ertönen Pfui⸗Rufe, und Präsident Bartels mahnt den Redner, parlamentarische Ausdrücke zu Auch dieser F Antrag wird unter großem Lärm der Antragsteller abgelehnt, ebenso wie das Haus, mit den Stimmen der Sozialdemokraten die dann noch vom Abgeordneten Pieck vorgebrachten geschäftsordnungs⸗ mäßigen Bedenken gegen die Behandlung der Hohenzollern⸗ vorlage am Montag verneint. (Anhaltender Lärm bei den Kommunisten und Kuße Auch die Sozialdemokraten gehören zu den Fürstenknechten!
Um 5 Uhr vertagt sich das Haus auf Montag 1 Uhr: Erste Beratung des Gesetzentwurfes über die Vermögensaus⸗ einanderfetzung mit dem vormals regierenden Königshause, in Verbindung damit kommunistische Anträge auf entschäbiglegs⸗ lose Enteignung und dauernde Landesverweisung der Hohen⸗ zollern; hierauf: Fortsetzung der Magdeburger Debatte und kommunistischer Antrag auf Einstellung der Erneuerungs⸗
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arbeiten an der Berliner Siegesallee. 8 —
Parlamentarische Nachrichten.
In der vorgestrigen Sitzung des Femeuntersuchungs⸗ auzschufses des Reichtags wurde als erster Zeuge Land⸗ gerichtsrat Ehard vernommen, der als Staatsanwalt im Jahre 1925 die Anklage gegen Neunzert und Bally vor dem Schwur⸗ gericht München vertreten hat. Der Vorsitzende fragte den Zeugen, laut Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungs⸗ verleger, ob in diesem Verfahren auch die ähnlich gelagerten Fälle Sandmair und Dobner mitberücksichtigt worden seien. Der Zeuge Ehard erklärte, diese Zusammenhänge seien bei der Untersuchung durchaus berücksichtigt worden. Die Staatsanwaltschaft sei aber dabei auf Kombinationen angewiesen gewesen und habe keine tatsächlichen Beweise über die Verbindung der Tätergruppen beschaffen können. Berichterstatter Dr. Levi: Warum ist in der damaligen Ver⸗ handlung kein Zeugniszwang gegen Dr. Gademann durchgeführt worden? Warum sind auch nicht die Minister Gürtner und Roth vernommen worden, obwohl das bei dessen schlechtem Gedächtnis angezeigt gewesen wäre. (Zuruf des Abg. Stöhr: Woher wissen Sie, daß Dr. Roth ein schlechtes Gedächtnis hat?) Dr. Levi: Das habe ich gestern gesehen. Zeuge Ehard: Es handelt sich nicht um ein Verfahren, das nach dieser Richtung ging, sondern das war ja eigentlich eine Nebenfrage. Für den Untersuchungsrichter und den Staatsanwalt war die Aufgabe, zunächst festzustellen, welche Be⸗ deutung die Affäre Gademann im Rahmen dieser Untersuchung hatte. In dem Augenblick, in dem der Zeuge unter Eid so aussagte, daß eine Begünstigung nicht mehr in Frage kommen konnte, war es kaum möglich, im Rahmen dieser Untersuchung weiter zu gehen, als man damals gegangen war. Hätten sich im Verlauf der weiteren Unter⸗ suchung irgendwelche Anhaltspunkte ergeben nach der einen oder anderen Richtung, so hätte ich selbstverständlich ohne Rücksicht auf die Person die entsprechenden weiteren Schritte unternommen. — Hiermit war die Vernehmung des Zeugen beendet. — Der Polizei⸗ inspektor Ott hat unter Regierungsrat von Merz in der Ab⸗ teilung I der Polizeidirektion mit dem Fall Hartung zu tun gehabt. Er sagte als nächster Zeuge aus: Mir war die Aufgabe nicht an⸗ genehm. Damals war die Volksstimmung anders als heute. Man
sagte, um so einen Lump sei es nicht schade, Es ist möglich, daß
auch ich mich so geäußert habe. Ich war Einwohnerwehrmann und stand politisch auf der rechten Seite. Selbstverständlich habe ich trotzdem den Fall Hartung mit derselben Energie bearbeitet wie jeden anderen. Der Zeuge betonte, das Gutachten des Waffensachver⸗ ständigen, in dem erklärt wurde, die Pistolen seien zur Tat nicht benutzt worden, sei höchst oberflächlich und mangelhaft gewesen. Die Aufhebung der am Tage vorher erlassenen Haftbefehle sei ihm auf⸗ gefallen, und er habe sich gesagt, hier sei offenbar ein Wink von besonderer Stelle gekommen. Als sich der Zeuge über diese besondere Stelle auslassen soll, äußerte er Zweifel daran, ob die Entbindung von der Amtsverschwiegenheit sich auch auf diesen Punkt erstreckte. Die Sitzung wurde auf kurze Zeit unterbrochen, damit die Aussage⸗ genehmigung entsprechend ergänzt werden könne.
Nach Wiedereröffnung der Sitzung teilte der Vorsitzende mit, daß er den bayerischen Innenminister um Aufhebung der Schweigepflicht der Beamten in allen Fragen ersucht habe, die Hemmungen der Justiz⸗ und Polizeitätigkeit betreffen. Inzwischen wurde als Zeuge Oberlandesgerichtsrat Brunner vernommen, der im Prozeß gegen die Münchener „Neue Zeitung“ wegen Beleidigung des Justiz⸗ ministers Gürtner als Untersuchungsrichter wirkte. Er hat Dr. Gade⸗ mann vernommen und gibt an, dieser habe zunächst zu Unrecht sein Zeugnis verweigert unter Hinweis auf seine berufliche Schweigepflicht, die gar nicht bestand. Schließlich habe Dr. Gademann gesagt, Dr. Roth hätte eine Interwention wegen der Waffentransporte ab⸗ gelehnt und gesagt, er möge sich an seinen Referenten wenden. Daraufhin habe er, Gademann, wohl eine Unterredung mit Dr. Gürtner besprochen und dann die Augsburger Staatsamvälte nach München gefahren. Ueber die Haftbefehle und ihre Aufhebung sei bei keiner Gelegenheit gesprochen worden. Dr. Gademann habe schließlich erklärt, er habe den Eindruck gewonnen, daß Dr. Roth über der Sache stehe und nicht persönlich eingreifen wollte. Die Verweisung an den Referenten habe bei ihm nicht das Gefühl er⸗ weckt, daß Dr. Roth etwa die Verantwortung für etwas, was ihm nicht einwandfrei erschien, von sich abwälzen wollte. Der Zeuge wurde darauf entlassen. — Der Vorsitzende teilte mit, daß der bayerische Innenminister nunmehr alle die ihm unterstellten Beamten von der Schweigepflicht entbunden habe über alle Fragen, die die Hemmungen durch irgendwelche Behörden betreffen. Darauf wurde die vorher abgebrochene Vernehmung des Zeugen K. riminaloberinspektors Ott fortgesetzt. Vorsitzender: Sie sagten vorher, bei der Auf⸗ hebung der Haftbefehle hätten Sie den Eindruck gehabt, daß sie auf einen Wink von besonderer Seite zurückzuführen war. Wen meinten Sie mit der besonderen Seite. Ott: Mir scheint, es ist ein rechter Wink ergangen. Vorsitzender: Diese Wendung ist mir noch unverständlich. Meinen Sie, daß der Wink von rechts gekommen, daß also von politisch rechtsstehender Seite ein Einfluß ausgeübt worden ist. Zeuge Ott: Ja, das habe ich damit gemeint. Auf weitere Fragen erklärte der Zeuge: Die Ueberleitung des Falles Hartung von der Abteilung 6 auf die Abteilung 1 war mir auf⸗ fällig, weil es doch ein politischer Mord war und die Abteilung 6 die politischen Dinge zu bearbeiten hatte. Ich hatte zwar vorher in der Zeitung von dem Fall Hartung gelesen, aber mich dienstlich nicht darum gekümmert. Ich dachte mir nur: Gott sei Dank, den hat's nicht erwischt! (Heiterkeit.) Um so weniger war ich erfreut, als mir dann die Sache plötzlich auf den Schreibtisch gelegt wurde. Vorsitzender: Nun war aber in der Abteilung 6 der eigent⸗ liche Mordfall kaum bearbeitet worden. Man hatte sich dort nur mit der politischen Tätigkeit des lebenden Hartung beschäftigt. Als festgestellt wurde, daß es sich bei dem Ermordeten um Hartung handelte, kam die Sache sofort an Fie Mordabteilung 1. Abg. Gräf (D. Nat.): Der Polizeidirektor Ramer war nach Ihrer Meinng doch politisch links eingestellt, da kann ich mir nicht erklären, weshalb Sie die Verlegung der Sache nach Abteilung 1 auf Einflüsse von politisch rechtsstehender Seite zurückführen. Zeuge Ott: Ich habe freilich bemerkt, daß sich bei der Revolution Direktor Ramer damals als Oberregierungsrat auf die linke Seite 256 hat. Ich weiß aber nicht, ob er wirklich links ist. In solchen bewegten Zeiten muß man doch schon mal mit den Wölfen heulen und sich ruhig verhalten. Das wissen wir doch alle. Heiterkeit.) Abg. Gräf (D. Nat.): Haben Sie heute auch noch den Eindruck, daß die Ueberweisung an Abteilung 1 nicht richtig. war? Zeuge Ott: Ich kann mir heute keine andere Meinung bilden, als ich sie damals gehabt habe. Abg. Gräf: Sie meinen also, daß die Ueberleitung nicht sachlich gerechtfertigt war, sondern eine politische Schiebung von rechts her. Zeuge Ott: Darüber kann ich sehr schwer etwas sagen. Wir kleinen Beamten werden doch nicht informiert und erfahren nichts. Wenn etwas schief geht, dann werden wir zwar zur Verantwortung ge „aber sonst informiert man uns sehr wenig. (Seiterkeit.) Lch Pas⸗ auch den Vater des Hartung vernommen, und er hat schon früher zu seinem Sohn gesagt: Bub, Du fällst noch mal, entweder von der rechten oder von der linken Seite. Abg. Gräf: Dann hätten Sie doch auch mit der Möglichkeit rechnen können, daß der Wink von links kam. Zeuge Ott: Gewiß, aber ich hatte damals die Meinung, 8 von rechts gekommen sei. Abg. Dr. Schaeffer (D. Nat.): Sie sind als einer der beften Kriminalpollzisten be⸗
zeichnet worden, und man hatte Ihnen früher volle Selbständigkei Da mußte es Ihnen doch auffallen, daß in diesem Fall egierungsrat von Merz, der sich selbst als Laien bezeichnete, die Sache bekam und Sie nur séin Helfer waren. Zeuge Ott: Ja, das fiel mir auch auf! Vors.: Waren Sie denn anderer Meinung als Regierungsrat von Merz? Zeuge Ott: Es ist natürlich eine bedenkliche Sache, wenn man nicht selbst verant⸗ wortlich alle Vernehmungen vornimmt und nur als Zuhörer dabei ist und von manchen Vernehmungen erst nachträglich hört. Da⸗ durch fühlte ich mich vor den — gestoßen. In der Frage der Haftbefehle war ich aber ganz der keinung des Herrn von Merz, daß sie hätten aufrechterhalten werden müssen. Es lagen ja ge⸗ nügend Gründe vor. Aber auf einmal war nichts mehr da! Da⸗ mit war die Vernehmung des Zeugen Ott beendet. — Es wurde dann vernommen der Zeuge Oberinspektor Eduard Seubert, der früher Kriminaloberkommissar bei der Abteilung 6 der Polizei⸗ direktion München war. Aus seinen Aussagen geht u, a. hervor, daß zwischen der Polizei und der Landesleitung der Einwohner⸗ —5 eine Verbindung een bestand, daß die — rleitung die Polizei über Waffenschiebungen informierte. Als der Mord an Hartung bekaunt wurde, hatte Seubert sosort Braun in Verdacht. Aus welchen Gründen die Angelegenheit von der Abteilung 6 an die Abteilung 1 übergeleitet wurde, ist dem Zeugen nicht bekannt. Regierungsrat Bernreuter von der Fengen direktion München bekundete, die Beziehungen zwischen Einwohner⸗ wehr und Polizeidirektion seien naturgemäß 1-r⸗ gewesen, weil es sich bei der Einwohnerwehr um eine staatlich geförderte Organi⸗ sation handelte. Er selbst sei damals Hilfsarbeiter in der poli⸗ tischen Abteilung gewesen und habe an den Besprechungen nicht teilgenommen. — Der nächste Zeuge Kriminalinspektor Glaser sagte aus, die Einwohnerwehr habe damals als Organisation des Staates mit der Regierung in enger Verbindung gestanden, und so sei es nicht auffällig gewesen, daß die Ferten von der Leitung der Einwohnerwehr Fühlung mit dem Polizeipräsidenten Pöhner unterhielten. Der Zeuge fuhr fort: Einmal kam Präsident Pöhner mit Böhm aus seinem Arbeitszimmer und sagte mir, ich könnte mich in allen Entwaffnungsfragen einfach an Böhm wenden. Ueber die Ausstellung eines falschen Passes für Schweikhardt sagte der Zeuge: Die Weisung des Polizeipräsidenten Pöhner ging dahin, daß man die Ersuchen von fämtlichen Organen der Reichs⸗ wehr bezw. der Einwohnerwehr zu berücksichtigen habe. Es ist sehr häufig vorgekommen, daß Ersuchen um beschleunigte Paß⸗ ausstellung an die Leiter der Abteilung herankamen. Von denen wurden die Sachen dann an mich zur Erledigung überwiesen. Auch im Falle Schweikhardt, dessen ich mich allerdings nicht erinnere, würde ich nur ausführendes Organ gewesen sein. Vors.: Sind auch Pässe auf falsche Namen ausgestellt worden Zeuge Glaser: Das ist auf Veranlassung des Polizeipräsidenten Pohner in etwa zwanzig bis fünfundzwanzig Fällen in der Zeit von 1919 bis Ende 1921 geschehen, besonders während der Zeit der Auslieferungs⸗ begehren der Entente wurden falsche Pässe an prominente Per⸗ sönlichkeiten, Parlamentarier und 1beg gegeben. Abg, Stöhr (völk.): Können Sie einzelne Namen nennen: Zeuge Glafer: Ich erinnere mich nur, daß auch Dr. Müller⸗Meiningen einen falschen Paß erhalten hat. Eine Einflußnahme auf die Paßausstellung ist von uns nicht genommen worden. Die Ausstellung der Inkognitopässe fiel in der Hauptsache in die Zeit des Auslieferungsbegehrens der Entente. Listen über diese Pässe sind nicht geführt worden. Die Frage des Berichterstatters Dr. Levi, warum bei Pässen für Reichswehr und Einwohnerwehr der Umweg über die politische Abteilung der Polizeidirektion und nicht der direkte Weg an die Paßabteilung gewählt wurde, beantwortete der Zeuge Glaser damit, daß in der damaligen erregten Zeit engster Kontakt zwischen politischer Abteilung des Polizeipräsidiums, dem Gruppenkommando der Reichswehr und den leitenden Persön⸗ lichkeiten der Einwohnerwehr bestanden habe, und daß darum dieser Weg der ganz natürliche gewesen sei. — Die Vernehmung Glasers wandte sich dann dem Fall Dobner zu. Der Vor⸗ sitzende hielt dem Zeugen vor, daß es sich hierbei um ein etwas mysteriöses Telephongespräch handle, das im Oktober 1920 zwischen ihm und dem bekannten Pracher geführt worden ist. Glaser bekundete darüber folgendes: Dieser Pracher wurde seinerzeit unter dem Namen Brachere festgenommen, später aber wieder auf freien Fuß gesetzt. Damals hat er der Polizei angeboten, Nachrichten aus der Ententekommission zu bermehe. Er sollte besonders über Waffenlager berichten, die dort ver⸗ raten worden sind. In der damaligen Zeit spielte auch schon der Fall Sandmair, und es war davon die Rede, daß ein Reichs⸗ wehrsoldat als Täter in Frage komme. Pracher hat damals den Namen des Dobner im Zusammenhang mit einem Waffenvorrat genannt. Später machte Pracher die Mitteilung, daß ein neues Waffenlager verraten worden sei bei Freifing, und er bezeichnete wieder den Dobner als Verräter. Ich habe auf Grund der Weisung des Polizeipräsidenten die Angelegenheit an einen Oberleutnant weitergegeben, der die Waffenbeseitigung vor⸗ nehmen sollte. Am 20. Oktober sollte durch eine Autofahrt dieses Waffenlager geborgen werden. Wir haben uns gesagt: Wir lassen den Dobner an diesem Tage noch mitfahren und nehmen ihn dann am nächsten Tage fest. Diese Fahrt nahm dann einen Ausgang, der nicht unseren Intentionen entsprach. Es ist klar, daß, wenn wir es auf eine Beseitigung des Dobner abgesehen hätten, nicht die ganze Angelegenheit im Beisein mehrerer Beamter besprochen und nicht die Fahrt auf offener Straße angetreten worden wäre. Am nächsten Tage kam Pracher, um seine Belohnung zu holen. Später rief er mich noch einmal an und teilte mir mit, daß neues Material da sei von einem Waffenvorrat. Auch in diesem Zusammenhang hat er den Namen Dobner genannt. Pracher hatte außerordentliche Angst vor Dobner. Er lebte in der ständigen Angst, daß ihm envwas passieren könnte. Deshalb habe ich ihm bei diesem Telephon⸗ gespräch gesagt, ich hätte ihm bewiesen, daß er unseren Schutz genieße. Irgendein anderer Gedanke lag mir vollkommen fern. Vors.: Das Gespräch hat sich also auf den persönlichen Schutz des Pracher bezogen? Zeuge Glaser: Das ist richtig. Vors.: Es wird aber so dargestellt, als ob damals schon von der Bei⸗ seiteschaffung Dobners die Rede gewesen wäre. Pracher soll in dem Telephongespräch, dem ja drei Zeugen beiwohnten. gesagt haben: Sie wissen, ich habe ihn beiseiteschaffen lassen, worauf Sie erwiderten: Sie können ganz beruhigt sein, Sie haben unseren Schutz! Zeuge Glaser: Ich habe schon erwähnt, daß Pracher in einer ständigen Furcht vor einem Ueberfall oder An⸗ greffen lebte, und deshalb hade ich ihm gesagt, daß er volle Sicherheit habe. Pracher hat übrigens nur schlecht deutsch gesprochen, so daß die Verständigung mit ihm sehr schever war. Berichterstatter Abg. Dr. Levi fragte nun wiederholt, wieso denn Pracher dazu gekommen sei, in Gegenwart dreier Zeugen, nämlich der Landtagsabgeordneten Timm und Gareis und des Rechtsanwalts Werner, ihn, den Glaser, anzurufen und ein ver⸗ fängliches Gespräch zu führen, obwohl er doch damit rechnen mußte, fofort desavouiert zu werden. Glaser ermiderte, er könne sich das nur so erklären, daß es Pracher darauf ankam, cin Geschäft daraus zu machen. Auf eine weitere Frage Dr. Ledis de⸗ kundete der Zeuge, daß damals schon dekannt gewesen seh, daß Sandmair in einem Auto ermordet worden war. Im Verlauf des weiteren Verhörs wurde auf Antrag des Abg. Mittelmann D. Vp.) beschlossen, den Rechtsanwalt Werner als Zeugen zu laden. Er soll darüder aussagen, wie der Ausdruck „Beiseitemachen fassen war. Die Vernehmung des Zeugen war damtt veorerst schlossen. — Vorsitzender Dr. Schetter gad nunmehr dekannt, daß Reibe von Ladungen nicht zugestellt werden konnte, darunter dae Neunzert und des Kanzler. Weiter derlas der WVeorfehende Schreiben des Schriftstellers Stempfle, in dem zunãchst darauf ban⸗ gewiesen ist, daß der Vorsitzende ¼. der Muͤnchener bandlungen des Aneschusses den politischen der verhandlungen bdetont habe. In dem — deicht es daß in Konsequenz seiner daterlönde und peliteichen Einstellung der Zeuge nicht die Hand modieier derd