Prenßen. Ministerium des Innern.
Das Preußische Staatsministerium hat mittels Ertasses vom 21. September 1926 dem Mechanifker Bruno Daniel in Gleiwiß, O. S., und dem Polizeioberwachtmeister Paul Klein i. Pr. die Rettungsmedaille am Bande
rliehen.
Deuntsches Reich.
Der Reichsrat hält Donnerstag, den 14. Oktober 14 5 Uhr nachmittags, im Reichstagsgebäude eine Vollsitzung.
Breußischer Landtag.
206. Sitzung vom 11. Oktober 1926, nachmittags 1 Uhr (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.*)
Am Ministertisch hat Finanzminister Dr. Höpker⸗ Aschoff Platz genommen.
Auf der Tagesordnung steht die erste Beratung des Ge⸗ setzentwurfs über die Vermögens auseinander⸗ setzung mit den Hohenzollern. Vor Eintritt in die Tagesordnung fordert Abg. Pieck (Komm. die Absetzung der Hohenzollern⸗Vorlage, weil sie den Abgeo rdneten zu spät zugegangen sei, so daß sie diese nicht mehr hätten nachprüfen können. Würde diesem Bedenken nicht stattgegeben, so würde der Landtag nur dokumentleren, mit welcher Eile er den DPohenzollern das Milliardengeschenk in den Rachen werfen wolle. Da verfassungsmäßig vorher dem Landtag vorzulegende Gutachten des Staatsrats sei erst heute früh verteilt. Man könne daher die Vorlage jetzt nicht behandeln, weil man ein so wichtiges Gesetz nicht durchpeitschen könne. (Zustimmung bei den Kommnnisten.)
Der kommunistische Antrag wird gegen die Stimmen der Antragsteller abgelehnt. (Große Unruhe bei den Kommnnisten ind Zurufe.) 1
8 Abg. Pieck (Komm.) begründet dann einen neuen Antrag, auf Grund des § 23 der Geschäftsordnung die Beratung der Hohenzollern⸗Vorlage auf vier Wochen auszusetzen, damit erst der Reichstag in erster Linie seine Entscheidung treffen köune. Man könne dann eine günstigere Regelung für den Staat erhoffen. bürde auch dieser Antrag abgelehnt, so müßte man die Anklage gegen das Staatsmintsterium erheben, daß es in unverantwortlicher 8 veise nicht nur Milliardenwerte an die Hohenzollern verschlendert habe, sondern auch den Hohenzollern die Möglichkeit verschaffen wolle, wieder in Dentschland ihren Wohnfitz zu nehmen. Lebhafte Zustimmung bei den Kommunnisten.) 3 Präsident Bar tels macht darauf aufmerksam, daß diese Be⸗ stimmung der Geschäftsordnung nur angewandt werden könne⸗ wenn der Antrag dazu gedruckt vorliege. (Lärm bei den Kom⸗ munisten.)
Abg. Pieck (Komm.) meint, wenn es gelte, dem Staate Mil⸗ lionen zu retten, müsse man vom Buchstaben der Geschäftsordnung absehen. Er beantragt, sofort über den von den Kommunisten gegen das Staatsministerium eingebrachten Mißtrauensantrag ab⸗ zustimmen.
Dieser Antrag scheitert geschäftsordnungsmäßig am Widerspruch des Abg. Heilmann (Soz.). (Großer Lärm bei den Kommunisten und rnfs. — Präsident Bartels ruft einen kommunistischen Abgeordneten zur Ordnung.)⸗ 8 Abg. Pieck (Komm.) beantragt dann, die Hohenzollern⸗ Vorlage an den Schluß der Tagesordnung zu setzen. Dieser Antrag scheitert am Widerspruch der Deutsch⸗ nationalen und Sozialdemokraten. (Großer Lärm bei den Kommunisten.)
Dann tritt das Haus in die Tagesordnung ein. Als
Finanzminister Dr. Höpker⸗Aschoff das Wort erhält, bricht bei den Kommunisten ein ungeheurer Lärm los. Laute Rufe wie: Hohenzollernschieber, Hohenzollernhurer, Hohen⸗ zollernzuhälter! werden dem Finanzminister zugeschrieen. Präsident Bartels gelingt es nicht, die Ruhe herzustellen. Der Finanzminister versucht wiederholt, seine Ausführungen
zu beginnen, wird aber immer von neuem Lärm und Zurufen
der Kommunisten daran gehindert. Präsident Bartels ruft einige Kommunisten zur Ordnung. Er ermahnt die Kom⸗ munisten, ihn nicht zur Anwendung der schärfsten geschäfts⸗ ordnungsmäßigen Maßnahmen zu zwingen. Die Kom⸗ munisten lärmen 8 im Chor fort. Abgeordnete aller Parteien haben sich inzwischen in einer dichten Mauer um das Rednerpult aufgestellt. Da der Lärm nicht zu besänftigen ist, unterbricht Präsident Bartels die Sitzung auf 5 Minuten.
Nach etwa 10 Minuten wird die Sitzung durch Präsident Bartels wieder eröffnet. Der Präsident gibt der Hoffnung Ausdruck, daß nunmehr der Lärm der Kommunisten nicht mehr einsetzen möge, weil er sich sonst im Interesse einer ge⸗ ordneten Verhandlungsführung zu den schärfsten geschäfts⸗ Maßnahmen gezwungen sehen würde. (Gelächter bei den Kommunisten.)
Als der Finanzminister Dr. Höpker⸗Aschoff das Wort erhält, setzt der tumultuarische Lärm bei den Kom⸗ munisten ernent ein. Die Rede des Ministers wird nach Ein⸗ gang des Stenogramms veröffentlicht werden.
Abg. Pieck (Komm.) beantragt zu beschließen: Der Landtag entzieht dem ... das Vertrauen. Die Vorlage sei keine Finanzvorlage, sondern eine politische Vorlage.
Präsident Bartels stellt fest, daß der Antrag mit 90 Unter⸗ schriften versehen — also Züüarh sen. 3 8 g
Abg. Pieck (Komm.) bemerkt, der Antrag gehe geschäfts⸗ ordnungsmäßig allen übrigen Gegenständen der Tagesordnung vor. Die Verbindung eines solchen Mißtrauensantrages mit jedem Gegenstand der Tagesordnung sei zulässig. Zur Begründung müsse auf Grund des 8§ 50 der Geschäftsordnung das Wort vorweg erteilt werden.
Präsident Bartels widerspricht dieser Ansicht.
Abg. Pieck (Komm.) bemerkt, das Haus habe sehr wenig Respekt vor seiner eigenen Geschäftsordnung und vor seinen Ministern, wenn es die Behandlung eines Mißtrauensantrages
ganz ans Ende setzen wolle. Es betätige sich nicht als
arlament, sondern als eine Geschäftsstübe, in der man neben der politischen cht auch die wirtschaftliche Macht erringen wolle. BPräsident Bartels: Sollten Zweifel über die Be⸗ V1-nehnn der Geschäftsordnung bestehen, so kann der Landtag über entscheiden. (Aha⸗Rufe bei den Komm.) Abg. Heilmann (Soz.) stimmt dem Präsidenten zu.
2*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.
Präsident Bartels erklärt sich bereit, den Antrag mit dem
vorliegenden Gegenstand der Tagesordnung zu verbinden und ihn innerhalb der festgesetzten Redezeit begründen zu lassen. . Pieck (Komm.) ist mit der Begründung des Antrages in der Reihenfolge der Redner nunmehr einverstanden, protestiert aber dagegen, daß keine besondere Redezeit dafür fest esetzt werden solle. Gegebenenfalls werde die Kommunistische rtei Mittel und Wege finden, gegen diese Vergewaltigung der Geschäftsordnung vorzugehen
Bei der Abstimmung wird der kommunistische Antrag auf Gewährung einer besonderen Redezeit für die Begründung des Mißtrauensantrages abgelehnt.
Abg. Bartels⸗Crefeld (Komm.) führt aus, daß der Hohenzollernschacher nur mit den zweifellos bestochenen lks⸗ vertretern durchgeführt werden konnte. (Lebhafte Zustimmung bei den Komm. — Präsident Bartels ruft den Redner zur Ordnung.) Wenn diese sogenanme Republik noch Anstandsgefühl besäße, müßte sie sämtliche Hohenzollern des Landes verweisen und sie entschädigungslos enteignen, wie dies ein kommunistischer Antrag wünsche. (Sehr wahr! bei den Komm.) Sie (zur Rechten und den Soz.) glauben f hier in diesem Stall sicher vor Proletarierfäusten. (Präsident Bartels weist diese Ausdrucks⸗ weise zurück — Zuruf bei den Komm.: Was ist es denn anders?) Die Kommunisten würden den Massen draußen aber diesen Schandvertrag auseinandersetzen, und die Proletarier würden eine Abrechnung verlangen. Außer dem Wohnvecht für den sogenannten ehemaligen König habe man diesem Verbrecher auch noch eine „Arbeitslosenunterstützung“ von 50 000 ℳ monallich zugestanden. (Lärm und Zurufe bei den Komm.) Nicht genug damit, hätten die Hohenzollern noch vor Zustandekommen des Vertrages aus dem nunmehr dem Staate übergebenen Schlössern und Bauten geklaut, was sie nur konnten. (Präsident Bartels ermahnt den Redner wiederholt, sich in seinen Ausdrücken zu mäßigen; lärmender Widerspruch bei den Komm. und Zurufe: Schieber⸗ Landtag!) Der ehemalige Kronprinz habe die verschwundenen Bilder auf dem Markt auftanchen lassen. (Hört, hört! bei den Komm.) Die Sevres⸗Vasen der Kronprinzessin seien auch nicht dem Staat zurückgegeben, sondern an einem neutralen Ort unter⸗ gebracht worden. Die Kommunisten seien der Auffassung, daß das Geschmeiß, der Karnickelstall der Hohenzollern, schon ohne den Schandvertrag viel zu viel erhalte. (Präsident Bartels er⸗ sucht den Redner wiederholt, sich zu mäßigen. — Lärm bei den Komm.) Kein republikanisches Gericht habe jemals die Hohen⸗ zollern aufgefordert, den Nachweis zu bringen, wie sie ihr ogenanntes Privatvermögen eigentlich erworben haben. Man müsse auch fragen, wie es mit den Steuerrückständen der Hohen⸗ zollern stände. Es sei selbst den Demokraten zu viel, was Höpker⸗Aschoff vertrete. Er hätte deshalb seine Fraktion irre⸗ führen müssen. (Zuruf bei den Komm.: Schwindelminister; Söpker⸗Aschoff ist nur dazu da, die Leute zu belügen! — Präsident Bartels ruft den komm. Abg. Kollwitz zur Ordnung.) Der Redner zählt eine Reihe von Einzelfällen auf und erinnert daran, wie der Exkronprins Fülxg mit Reichswehroffizieren aufgenommen, alles zu dem Zweck, die Monarchie wieder herzustellen. Dazr wolle nun die Republik das Geld geben. Diese Republik, deren oberstes Haupt beim Volksentscheid eine verfassungs⸗ und volks⸗ feindliche Einstellung ungestraft zeigen konnte, sei der Schritt⸗ macher der Monarchie. Die Verdienste der Hohenzollern hätten darin bestanden, daß sie auf Kosten des Volkes in ihre Tasche ver⸗ dient haben. Der Landtag sei zu feige, das preußische Volk in der wichtigen Frage der Auseinandersetzung mit den Hohenzollern selbst- reden zu lassen. (Beifall bei den Komm.)
Abg. Pieck (Komm.) beantragt, daß wegen der Wichtig⸗ keit der zur Verhandlung stehenden Materie der Minister⸗ präsident sofort herbeigerufen werde, um die Vorlage zu ver⸗ antworten. Zugleich beantragt er Besprechung dieses Antrags.
Mit den Stimmen der Kommunisten wird die Be⸗ sprechung des Antrages vom Vizepräsidenten Dr. Porsch zugelassen.
Abg. Pieck (Komm.) formuliert eine Reihe von Fragen an den Ministerpräsidenten und erklärt: Würden wir hundert Abgeordnete haben, so würden wir den Antrag auf Anklage⸗ erhebung gegen den Ministenpräsidenten stellen, weil wir in seinem Verhalten das hochverräterische Unternehmen sehen, die Republik den Hohenzollern wieder auszuliefern.
Abg. Eberlein (Komm.) wirft dem Finanzminister vor, er habe wie ein Beauftragter der Hohenzollern gesprochen. Auch die Richter, die Entscheidungen gefällt hätten, seien nicht Diener des Volkes, sondern Fürstendiener gewesen. Die Tauentzien⸗ räuber hätten nicht anders gehandelt als die Fürsten, die seiner⸗ zeit durch Kabinettorders Staatseigentum in Privateigentum verwandekt hätten.
Ein Schlußantrag wird gegen die Rommunisten an⸗ genommen. Der Antrag der Kommunisten, den Minister⸗ präsidenten herbeizurufen, wird gegen die Antragsteller abgelehnt. . Abg. Pieck (Komm.) stellt hierauf einen Mißtrauens⸗ antrag gegen den Finanzminister und beantragt Verbindung des Antrages mit der Aussprache.
Abg. Heilmann (Soz.) erklärt namens seiner Partei, daß sie beim Volksentscheid ihre Stellung klar habe erkennen lassen.
Aussichten dafür, daß im Winter im Reichstage eine befriedigende
Lösung kommen werde, seien nicht vorhanden. Ende des Jahres laufe das Sperrgesetz ab, das den ehemaligen Fürsten verwehrt, ihre vermeintlichen Rechtsansprüche im Rechtswege zur Geltung zu bringen. Die Sozialdemokraten treffe kein Vorwurf, wenn sie auf den Boden des Vergleiches treten, der sich im Rahmen des letzten Reichstagskompromisses halte. Unbefriedigend sei aller⸗ dings, daß die drei Palais im Privatvermögen der Hohenzollern verblieben, ebenso daß dem 1 und seinen Angehörigen in Homburg ein Wohnrecht zugebil igt sei. Es handele sich dabei aber lediglich um eine Privatverpflichtung des preußischen Staates als Vermieter. Die Landesverweisung durch das Gesetz der Republik werde dadurch nicht berührt. Weil größere Schädigungen zu befürchten seien, werde die Seeeeeehen
ei der Verabschiedung der Vorlage keine Hindernisse in den
g legen. (Lebhaftes Aha und lärmende Unterbrechung bei den Kommunisten.) Die Zustimmung zu dem Vergleich vermögen sie jedoch nicht in Aussicht zu stellen und das um so weniger, als die jüngsten Vorgänge in der Reichswehr Pezeigt hätten, daß die Hohenzollern an ihrer politischen Zurückhaltung nicht festhielten. Seine Partei bedauere, daß die in der Abstimmung der 15 Millionen zum Ausdruck gebrachte Willensmeinung nicht besfere Berücksichtigung finde. Sie erkenne aber bedeutende Ver⸗ besserungen an. (Lebhaftes Hört! hört! bei den Kommunisten.) Gvundsätzlich aber sei der Vergleich für die Interessen der Republik und der Staatskasse unbefriedigend und untragbar. (Erneuter Lärm bei den Kommunisten. — Zurufe: Schieber!)
Abg. D. Winckler (D. Nat.): Vachdem die Frage der Aus⸗ einandersetzung, die Seela⸗ eine reine Rechtsfrage war und es hätte bleiben sollen, durch parteipolitische Ausnutzung zu einer schweren Beunruhigung im Lande geführt st, be⸗ Füßen wir es, daß dur weites Entgegenkommen des Königshauses die gegenwärtige Vorlage ermöglicht ist. Wir erwarten von diesem Vergleiche eine Entgiftung des politi⸗ — Lebens und sind deshalb bereit, am Zustandekommen der
rlage mitzuwirken. Ich beantrage ihre Ueberweisung an den Hauptausschuß und beschränke mich auf diese kurze Erklärung, da der Ton der heutigen Verhandlung in diesem Hause nicht viel weitere Worte, sondern Handlungen erheischt.
Abg. Eberlein (Komm.) bringt hierauf gegen den Innen⸗ minister einen Mißtrauensantrag ein. Minister Severing habe mit seiner letzten Handlung den Hohenzollern noch einen Dienst geleistet; das setze der neue Se. en. fort.
e9hn en 82 81, B) erllt, es wesse ein be. wiedigendes Resultat für beide Teile erreicht; seine Partei sti⸗ 28 für den Vergleich. ““ Abg. Sobottka (Komm.) fordert, daß der Handelsminister 8.— * b-. 82 Gründe darlege, die ihn zu seiner Ler immu eranlaßt hätten. Unter heftigen Angriffen gegen die Hohenzollern begründet er diese Forderung. s
Abg. Casper (Komm.) tut sich besonders in beschimpfenden
Hurufe hervor und schüttet schließlich auf dem deutschnationalen Abgeorbneten Wiedemann unter heftigen Beschimpfungen ein Glas Wasser aus. Es entsteht wiederum grwoßer Tumult. — Abgeordneter Casper wird von der weiteren Sitzung ausgeschlossen.
Die Besprechung wird unter großem Lärm der Kom⸗ munisten geschlossen. Die kommunistischen Anträge werden abgelehnt. Die Kommunisten setzen ihre Obstruktion fort und beantragen, daß der Justizminister erscheine. Er hätte die Auseinandersetzung mit den Fürsten ganz anders vorbereiten müssen.
Abg. Pieck (Komnm.) fordert, daß sich der Justizminister ver⸗ antworte, zumal durch dieses Gesetz den Hohenzollern der h ver⸗ einzug in Deutschland ermöglicht werden solle. Die Hohenzollern ins Land — die revolutionären Arbeiter in die Gefängnisse: das sei die Parole dieser Republik! Für das Verlangen nach Amnestie freilich hätten die Hohenzollern kein Verständnis. Der heutige Reichspräsident sei nichts als der Platzhalter der Hohenzollern. — Auch dieser Antrag wird abgelehnt. .
Abg. Dr. Falk (Dem.) beantragt hierauf, daß diejenigen Staatsminister, deren Herbeirufung noch aas. abgelehnt sen herheigeholt würden. (Stürmische Heiterkeit.)
Abg. Pieck (Komm.) bezeichnet die Ministerbank als eine Bank von Verbrechern, die des Diebstahls von Staatseigentum schuldie seien. Seine Partei würde sich durch diesen Trick des Herrn Falk nicht beirren lassen. Die Volksmassen würden sich von dieser Re⸗ gierung und diesen Parteien nicht betrügen lassen. Eines Tages würden sie für eine wirkliche Revolution sorgen. (Der Abg. Eber⸗ 1— H omm.] wird wegen beleidigender Zurufe zur Ordnung ge⸗ rpufen.
Abg. Obuch (Komm.) wirft dem Abg. Falk vor, er wolle mit seinem Antrag die Rechte der Opposition verkürzen. Der Antrag sei eine Diskreditierung der Geschäftsordnung. Die Opposition habe das Recht, die Minister einzeln herbeizurufen.
Bei der Abstimmung über den Antrag Falk erhebt sich unter großer Heiterkeit des Hauses kein einziger Abgeordneter,
Abg. Eberlein (Komm.) hält eine weitere Obstrukkions⸗ vede und greift die Sozialdemokraten wegen ihrer Haltung zu der Vorlage an. Es sei kläglich, wenn Herr Heilmann auf das Ab⸗ laufen der Sperrfrist sich zurückziehe. Die Großindustrie bestimme, daß der Hohenzollernvergleich jetzt abgeschlossen werde, und die Sozial⸗ demokraten machten mit. Auch den Standesherren von dazumal werfe ein Staat viele Millionen nach, der für die Erwerbslosen kein Geld habe.
Abg. Pieck (Komm.) beantragt unter allgemeiner Heiterkeit die sofortige Herbeirufung des Landwirtschaftsministers, der sich für die in der Vorlage zum Ausdruck kommende Landverschleuderung verantworten solle.
Präsident Bartels erklärt, daß dieser Antvag erledigt sei durch die Behandlung des Antrags Falk (Dem.), alle noch met ge⸗ nannten Minister herbeizurufen.
Abg. Pieck (Komm.) meint, „noch nicht genannte Minister“ gebe es in Preußen nicht. Deshalb sei der Antrag Falk hinfällig.
Präsident Bartels bleibt bei seiner Ansicht und hält demn kommunistischen Antrag für erledigt. —
Abg. Hexold (Zentr.) beantragt mit Unterstützung der Rechten und der Sozialdemokraten Schluß der ganzen Be⸗ sprechung.
Abg. Pieck (Komm.) protestiert gegen diesen Antrag, den er als Vergewaltigung und Bruch der Geschäftsordnung bezeichnet. (Zu⸗
stimmung bei den Kommunisten und lärmende Zurufe.) Die Kom⸗
munisten würden die Massen auffordern, Schluß zu machen mit den
ene ungen und den Fürstenknechtsparteien. (Präsident Bartels weist diese Ausdrucksrveise zurück. — Anhaltender Lärm bei den Kommunisten.) Die Kommunisten würden den Kreuzzug nach Potsdam organisieren und dafür sorgen. daß der Vergleichsvertrag zerrissen werde. (Beifall bei den Kommunisten.) Nachdem der Redner der wiederholten Aufforderung des Präsidenten, zum Schlu zu kommen, nicht nachgekommen ist, entzieht Präsident Bartel ihm das Wort. (Großer Lärm bei den Kommunisten.)
Der Schlußantrag des Abgeordneten Herold wird mit Zustimmung aller Parteien gegen die Kommunisten ange⸗ nommen, ebenso ein Antrag auf Schluß der Geschäfts⸗ ordnungsdebatte. (Lärmende Zurufe bei den Kommunisten: Lumpenbande! Hohenzollernknechte! Räuberbande!)
In seinem Schlußwort zu den kommunistischen Ent⸗ eignungs⸗ und Landesverweisungsanträgen bezeichnet
Abg. Bartels⸗Crefeld (Komm.), den Abg. Heilmann Soz.) als geschickten politischen Schieber und spricht von einer Hurenmehrheit der Hohenzollern. Er wird dafür vom Präsidenten Bartels zur Ordnung gerufen. 8 8
Abg. Obuch (Komm.) beantragt die Wiedereröffnung der Debatte über die Hohenzollernvorlage. (Gelächter rechts.) Der Präsident habe zugesagt, daß die Kommunisten zur Begründung der Mißtrauensanträge gegen die Minister das Wort erhalten sollten. Es sei dem Zentrum vorbehalten geblieben, die sachliche Debatte über die Hohenzollernvorlage zu verhindern. Sollte dies aufrechterhalten bleiben, so wäre es ein neuer Beweis für die Heuchelei des Landtages, die nur die tatsächlich herrschende Diktatur des Geldsacks verberge.
Abg. Pieck [Komm.) spricht von einem Wortbruch des Hauses und einer Begünstigung des Präsidenten, weil den Fraktionen eine einstündige Redezeit zugesagt war. 8
Passdems Bartels weist diese Aeußerungen zurück und beruß sich auf den vom Hause angenommenen Debatteschlußantrag. 1G
Hierauf gelangt ein demokratischer Antrag auf Schluß
der Geschäftsordnungsdebatte zur Annahme. Unter Ablehnung
aller anderen kommunistischen Anträge beschließt das Haus, die Hohenzollernvorlage und die dazu gestellten Anträge dem Hauptausschuß zu überweisen. Damit ist die erste Beratung der Vorlage beendet. Präsident Bartels schlägt vor, die zweite Beratung am Dienstag vorzunehmen.
Abg. Schwenk, Berlin (Komm.), begründet einen Antrag, morgen zuerst die schon seit einigen Tagen vom Seeetasehuß be⸗ handelten Erwerbslosenanträge zu beraten. (Lebhafte Zustimmung bei den Kommunisten.)
Während der Redner spricht, entsteht ein Streit zwischen kom⸗ munistischen und sozialdemokratischen Abgeordneken. Der Ab⸗ geordnete Hoffmann (Komm.) stößt mit dem Fuß nach dem
g. Klodt (Soz.). Eine Schlägerei wird nur durch das Dazwischentreten der Abgg. Pieck (Komm.) und Heilmann (Soz.) vermieden. Im Hause herrscht große Erregung.
Der kommunistische Antrag auf Vorwegbehandlung der Erwerbslosenanträge wird gegen die Antragsteller abgelehnt.
uruf bei den Kommunisten: Die Hohenzollern gehen über die Erwerbslosen!)
Nach 6 Uhr vertagt sich das Haus auf Dienstag 12 Uhr: Zweite Beratung der Hohenzollern⸗Vorlage; Fortsetzung der Magdeburger Aussprache. 11“
zum Deutsch
Vorsitzender: J von Epp behält seine Hände in der Tasche.
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Berlin, Dienstag, den 12. ktober
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Nichtamtliches. (Fortsetzung aus der Ersten Beilage.)
Parlamentarische Nachrichten. 1
Die erste Sitzung der zweiten Verhandlungswoche des Femeausschusses des Reichstags in München eröffnete r. Schetter mit der Bekanntgabe des Schreibens, daß Re⸗ ierungsrat von Merz Aufhebung der Haftbefehle in der Mordsache Hartung an den Polizeidirektor Ramer gerichtet hat. In diesem Schreiben heißt es, dem Nachrichtenbüro des Vereins deutscher Zeitungsverleger zufolge, er (Merz) sei weit mtfernt on die Schuld der in Betracht Kommenden als eine festgestellte Tatsache zu glauben. Bei der Dringlichkeit der Verdachtsmomente müsse aber erst ihre Schuldlosigkeit festgestellt sein, bevor die Vollziehung der Haftbefehle sistiert werden Hltt. Der Auftrag der Staatsanwaltschaft erscheine strafverfolgungstechnisch nicht durchführbar. Er bringe ihn (Merz) in einen Pflichtenkonflikt, weshalb er an seine Vorgesetzten die Bitte richte, ihn von der Weiterführung der Untersuchung zu befreien oder aber zu befehlen, daß er die weiterzuführen habe. Weiter teilt der Vorsitzende mit, daß an den Ausschuß nunmehr der von kommunistischer Seite angekündigte Brief des Zuchthausgefangenen Guido Kopp gelangt ist, der sich als Zeuge zu dem Fall Zwengauer anbietet. Auf Vorschlag des Vorsitzenden wurde beschlossen, Kopp vor dem Amtsgericht in Straubing vernehmen zu lassen. Der als Zeuge vorgeladene Professor Stempfle, gegen den Vorführuüngs⸗ befehl erlassen worden war, konnte nach einer Mitteilung der Polizeidirektion bisher nicht ermittelt werden. Der Ausschuß hatte schon in seiner nichtöffentlichen Sitzung, die vor dem Beginn der öffentlichen abgehalten worden war, beschlossen, daß das Zeugniszwangsverfahren gegen Stempfle fortzusetzen ist. Als erster Zeuge wurde hierauf General von Epp aufgerufen, der mit beiden Händen in den ö“ seinen Platz einnimmt. Vorsitzender: Nehmen Sie doch bitte die Hände aus der Tasche. General von Epp: J meiß selbst, wie man sich benimmt. wiederhole meine Bitte. General 4 Ich bin nicht ge⸗ wohnt, Belehrungen über “ htgegengune men. Vorsitzender: Ich Sie noch einmal, die Hände aus der Tasche zu nehmen und weise Sie darauf hin, daß Sie vor einer staatlichen Behörde General von Epp behält weiter 8 Hände in den Taschen und erklärt, er sei nicht gewohnt, elehrungen über seine Umgangsformen anzunehmen. Schließlich setzt der Vorsitzende die börnehiung des Zeugen aus und der Ausschuß zieht sich zu einer geheimen Sitzung seraa⸗ woran sich die Abgeordneten der deutschnationalen und völkischen Mitglieder nicht beteiligen. Nach Beendigung der geheimen Sitzung wurde General von Epp. “ vorgerufen und erschien, ohne die Hände in den Lasgen zu behalten. Der Vorsitzende teilte mit, daß in der nüchtüffemg ichen Sitzung folgender Beschluß gefaßt ist: Der Ausschuß mißbilligt mit Stimmenthaltung der Ab⸗ geordneten Troßmann (Bayer. Vp.) und Dr. Schaeffer (D. Nat.) mit aller Schärfe das ungebührliche Verhalten des Zeugen und billigt ebenso Finsäimmig ohne jede Stimmenthaltung das Ver⸗ fahren seines Vorsitzenden “ dem Zeugen. Abg. Stöhr (Völk.) stellt fest, daß er 8 ewußt an dieser Beratung des Aus⸗ schusses nicht beteiligt habe. Vorsitzender: Diese Feststellung ist überflüssig, denn es ist uns natürlich nicht entgangen, daß si einige Herren der Beratung in der geheimen Sitzung n zu sollen glaubten. (Zuruf von links: Er ist genau so lege haft! Gegenruf: Lümmel!) Abg. Gräf⸗Thüringen (D. Nat.): Auch wir legen Wert auf die Feststellung, aß wir an der Be⸗ ratung nicht teilgenommen haben. orsitzender: Wir treten jetzt in die Vernehmung des Zeugen ein und ich bitte ihn, den vorgeschriebenen Eid zu leisten. General von Epp: Ich bitte, mir vorher zu sagen, worüber ich vernommen werden soll. Ich kann Ihnen dann vielleicht erklären, daß ich über die Sache, über die ich vernommen werden sone. überhaupt nichts weiß. Ich kann doch den Eid nicht auf Vorschuß leisten! Vorsitzender: Wir müssen uns nach der Strafprozeßordnung richten, die vorschreibt, daß der Zeuge vor seiner Vernehmung den Eid zu leisten hat. General von Epp: Ich bitte, teiristgus vor der Vereidigung etwas sagen zu dürfen. Vorsitzender: Die Vernehmung des Zeugen beginnt mit seiner Vereidigung. Wir möchten von Ihnen etwas wissen über die Einstellung der vaterländischen Kreise zu Mordtaten an Waffenverrätern, worüber Sie schon in der Vor⸗ untersuchung Aussagen gemacht haben. Der Ausschuß möchte erner hören, aus welchem Anlaß Sie den Leutnant Schweick⸗ ardt, nachdem er aus der Haft entlassen worden war, zunächst der Gräfin Törring und weiter dem Herzog Ludwig von Bayern Farsfohh haben. General von Epp: 8c. möchte zunächst eine ersönliche Bemerkung machen, nachdem mir der Ausschuß seine eißbilligung ausgesprochen hat: Ich freue mich, daß einzelne nicht auf dem Standpunkt des Ausschusses stehen, und mir mmt es mehr darauf an, wer mich mißbilligt und wer mich billigt. 111“ r: Ich nehme Ihre Erklärung entgegen, bemerke aber, daß Ihnen eine Kritik an dem Verhakten einzelner Mit⸗ glieder des Ausschusses nicht zusteht. Abg. Mittelmann (D. Vp.) springt in größter Erregung von seinem Sitze auf und schreit den Zeugen von 8 an: In welcher Schule haben Sie gentlich gelernt, sich so flegelhaft zu benehmen? Abg. Stöhr 2 1 en, gegen den Abgeordneten Mittel⸗ mann einzuschreiten. 28 EEET Wenn wir nicht ruhig verhandeln, kommen wir nicht weiter, Herr Abgeordneter Mittel⸗
mann, ich glaube nicht, daß Ihre Bemerkung in dieser Schärfe
notwendig war. Abg. Mittelmann: Wenn der Zeuge hier erklärt, es komme ihm darauf an, wer ihn mißbillige, 18 ist das eine Unverschämtheit! Es ist unerhört, sich derart zu enehmen. Vorsitzender: Wir kommen nicht weiter, wenn wir auf
solcher Verhandlungsgrundlage fortfahren. Darauf konnte in die
Zeugenvernehmung des Generals eingetreten werden. Zeuge von Epp: In der BE1ö 16 gefragt worden, ob der Fememord in Einwohnerwehrkreisen als erlaubt gegolten hat. Jetzt ist die Frage dahin gestellt worden, ob der Mord für erlaubt in vaterländischen Kreisen gehalten wurde. Ueber die Meinung, die darüber in Einwohnerwehrkreisen bestand, kann ich keine maß⸗ gebende Auskunft geben, denn ich war nicht bei der Einwohner⸗ wehr. Was die Stellungnahme der vaterländischen Kreise zu den Fememorden betrifft, so S. ich mich darüber geäußert bei meiner veeiesah wegen des Oberleutnants Neunzert. Diese Aeußerung war eigentlich keine zeugenschaftliche, sondern eine gutachtliche. Was ich bekunden kann, sind nur Eindrücke. Vorsitzender: Es sind doch Eindrücke auch tatsächlicher Art. Zeuge: Nein, es sind Meinungen, die ich gewonnen habe. Solche Vorstellungen ind ein schwankendes Bild. Es ist secder, sich auf etwas, was so schwierig zu greifen ist, eidlich festzulegen. Vorsitzender: Sie haben damals gesagt, Sie hielten es für einen Akt der Not⸗ wehr und für ein sittliches Recht, daß von seiten der vater⸗ ländischen Verbände gegen die Waffenverräter vorgegangen würde, schon um abschreckend zu wirken. Es sei kein Unterschied zu machen zwischen Verrätern, die Waffen an die Entente, oder solchen, die sie an die Entwaffnungskommissionen ausliefern wollen. Das ist das, was damals im Protokoll bei Ihrer Ver⸗ nehmung als Ihre Aeffafsung niedergeschrieben wurde. Ist das auch heute noch Ihre Meinung? Zeuge General von Epp: Ich habe keine Gelegenheit gehabt, meine Meinung zu revidieren. J
önnte das heute wiederholen. Soviel ich weiß, hat eine Feme
Frage
überhaupt nicht bestanden, zu jenen Zeiten wenigstens nicht. Vor⸗ sitzender: Was verstehen Sie unter Feme? bl e: Ich würde darunter I“ einen Gerichtshof, der si seüin ig henc auftut unter Beachtung eines gewissen prozessualen Ver⸗ ahrens. Vorsitzender: Wenn also zwei oder drei Leute einen Beschluß fassen würden, so würden Sie darunter einen solchen Gerichts 2 nicht verstehen? Zeuge: Ich kann darunter keinen Gerichtshof verstehen. Die ve ] von solchen Fällen ist mir nicht bekannt. Ich glaube auch nicht daran. Nach⸗ dem gegen die Waffenverräter nichts geschehen ist, haben eben einzelne Leute zur Selbsthilfe gegriffen. Vorsitzender: Würden Sie es billigen, daß Leute, die ihrer Pflicht genügten und dem Aufruf zur Ablieferung der Waffen an die Kommission nachkamen, als Landesverräter angesehen und von diesen Leuten getötet wurden? Zeuge: Sie sind jedenfalls nicht auf die gleiche Stufe zu setzen. Vorsitzender: Nach Ihrer Aussage von damals sollte man das nicht annehmen. enn z. B. das Dienstmädchen Sandmeier eine 85. Anzeige zur Ablieferung der Waffen las und es dieser amtlichen Aufforderung nachkam, in⸗ zwischen aber von den Gegnern der Waffenablieferung ermordet wurde, ist das dann erlaubte Selbsthilfes Zeuge: Das könnte ich nur beurteilen, wenn ich Richter wäre. Vorsitzender: Also Ihre Aussage von damals ging wohl dhehe⸗ daß Sie diese ejahen würden? Zeuge: Ich glau be, daß die Frs e damals bejaht wurde. Vorsitzender: Ich nehme an, da Ae über diese Frage keine weitere Auskunft mehr geben wollen. Wir kommen nun zum Fall Schweickhardt. Woher kennen Sie Schweickhardt und wie kamen Sie dazu, ihm beim Herzag Ludwig zu einer Stellung zu verhelfen auf dem Wege über die Gräfin Törring? Zeuge: Ich kann mich nicht enfsinnen, daß ich mit der Gräfin Törring gesprochen habe. Man hat sich wohl von anderer Seite an die Gräfin gewandt. Als Schweickhardt zum erstenmal aus der Untersuchung entlassen wurde, hat sich jemand an mich gewendet. Es 8” eine Sammlung veranstaltet worden, um Schweickhardt sein Fortkommen zu erleichtern. In seiner weiteren Aussage erklärt der Zeuge, daß er Schweick⸗ hardt, als dieser in Notlage war, wiederholt unterstützt habe, daß er aber über die Tätigkeit des Schweickhardt nichts wisse benewenig darüber, wer die jungen Leute animiert habe. Auf die Frage Dr. Levis, was den Zeugen veranlaßte, den Schweick⸗ hir. der doch seinerzeit in eine Mordsache verwickelt gewesen ei, zu unterstützen, erklärte Exp. Mord sei nicht Mord, er erinnere daran, daß die Tat Dr. Adlers, der einen Mord an dem Ministerpräsidenten begangen habe, von den “] als eine hervorragende Tat gepriesen würde. In nationalen Kreisen betrachte man einen gewöhnlichen Mord ohne eine Justifizierung aus oder patriotischen Beweg⸗ gründen als zwei verschiedene Dinge. Auf die Frage des Vor⸗ sitzenden, ob der geuge die Tat des Schweickhardt, der der Mörder des Dienstmädchens Sandmeier sei, billigen würde, lehnt General Epp es ab, hierüber eine Erklärung abzugeben, weil ihm dadurch eine Richterstelle zugesprochen werde. Er habe auch seine persön⸗ lichen Gründe, kein Urteil abzugeben, weil Dr. Levi, der seinerzeit Femmunig war, einer seiner politischen Gegner sei. Damit war die Vernehmung des Zeugen, der “ vor seiner Aussage vereidigt worden war, beendet. — Es folgte die Vernehmung des Zeugen Hauptmann Ernst Röhm. Als der Zeuge vereidigt werden sollte, fragte er, auf welchex gesetzlichen seine Eidespflicht beruhe. In den Auseinandersetzungen hierüber mit dem Vorsitzenden erklärte der Zeuge, er sei bereit, den Eid vor dem ordentlichen Gericht zu leisten, auch vor diesem Forum. .. Vorsitzender: Ich weise diesen Ausdruck zurück. Die Eides⸗ leistung stützt sich auf die Strafprozeßordnung und auf § 38 der Verfassung. Der Zeuge wird hierauf vereidigt. In dem Verhör des Zeugen spielt zunächst die Frage eine Rolle, welche Ansicht in den Kreisen der Einwohnerwehr über die Waffenverrätereien bestand. Da der Zeuge hierbei zwischen seiner Ansicht und der der Einwohnerwehr unterscheidet, fragte ihn der Vorsitzende, ob seine Meinung eine weitverbreitete war. Röhm: Ich glaube, leider nicht. Meine Auffassung ist, daß ich vor diesen Männern die allergrößte Hochachtung habe⸗ weil ihre Tat aus Vaterlandsliebe 94 ehen ist. Wenn ich die Handlungen trotzdem bedauere, so geschieht es nicht, weil ich an eine Verurteilung politischer Morde denke. Politische Morde hat es immer gegeben und wird es immer geben. Ich bedauere die Taten lediglich deshalb, weil die einzelnen Leute im Stiche gelassen wurden. Wenn ich eine Aufforderung zu einem politischen Morde geben würde, würde i 8 einen Täter mit meiner ganzen Person, mit allem, was i abe, einstehen. 8½ bedauere diese Handlung auch deshalb, wei ie Falschen erwischt werden, da die Kriegs⸗ und
ja doch immer d . e herumlaufen dürfen. Vor⸗
Landesverräter offen und frei sitzender: War diese Einstellung, die Sie hier vortragen, eine weit verbreitete. RNKöhm: Wenn ich die Ausfagen, die vor Gericht gemacht wurden, verfolge, komme ich zu dem Ein⸗ druck, daß diese Auffassung in weiten Kreisen bestand. Abg. Landsberg (Soz.): Sie haben bedauert, daß man die Leute, die gewisse Laten begangen haben, nachdem man gr dazu angeregt hatte, im Stiche Fölasjen habe. Was wollen Sie mit dem Wort „Anregung“ sagen? Zeuge Röhm: Tatsächliches nicht, aber wer die verschiedenen Gerichtsverhandlungen verfolgt hat, konnte aus den Berichten eine solche Anschauung gewinnen. Abg. Landsberg (Soz.): Sie nehmen also an, daß diejenigen, die Landesverräter umgebracht haben, dies auf Anregung anderer getan haben? Zeu 1. Das kann so gewesen sein. ch möchte as aber nicht verallgemeinern. Abg. Dr. Levi (Soz.): In welchem Fall glaubten Sie einen Anhalt dafür zu haben, daß eine Anregung zur Begehung der Tat vorlag? 8 uge: Darf ich feststellen, daß das der Dr. Levi ist? Ich bin nicht bereit, mich mit Dr. Levi in eine Unterhaltung einzulassen. Vorsitzender: Hier findet keine Unterhaltung statt. Zeuge: Dann bitte ich, einen Beschluß des Ausschusses herbeizuführen, ob mir als deut⸗ schem Fronto sizier zugemutet werden kann, Levi eine Antwort zu geben, nachdem diesem seit Jahren vorgeworfen wird, Landes⸗ verrat begangen zu haben. orsitzender: Das geht nicht. Das ist ein ganz überflüssiges Verlangen. Die Frage ist durch Gesetz entschieden und es gibt keine E1111 darüber. Ihr Wunsch ist also gegenstandslos. Zeuge: nehme das zur Kenntnis, aber ich bin nicht bereit, Herrn Levi u antworten. Vorsitzender: Sie erklären also, daß Sie r. Levi auf keine Frage antworten werden? Zeuge: Jawohl, das halte ich aufrecht. — Der Ausschuß zieht sich hierauf zu Fefeiner Beratung zurück. Nach Wiederaufnahme der Sitzung eilt der Vorsitzende mit, daß der Ausschuß beschlossen habe, den Zeugen Röhm in eine ldstrafe von 300 ℳ zu nehmen, weil der Zeug⸗ generell erklärt habe, Fragen des Ausschußmitgliedes Dr. Levi nicht beantworten zu wollen. Der Zeuge Röhm wird hierauf für heute entlassen. — — Als nächster Zeuge erscheint Major a. D. Obermaier, der damals Generalstabsoffizier beim Wehrkreiskommando 7 in München war. Er soll darüber aussagen, wie er mit Schweickhardt in Ver⸗ bindung gekommen ist und zu welchen Verrichtungen er ihn angestellt habe. Der Zeuge sagte aus, daß er nur ein einziges Mal mit Schweickhardt dienstlich zusammen⸗ gekommen sei. Ich habe Schweickhardt aus dem Felde gekannt. Es handelte sich damals bei dem Besuche Schweickhardts um die Mitteilung, daß Waffen denunziert werden und daß diese Denunziationen abgebogen werden könnten. Abg. Lands⸗
berg;
biegen“. Wie meinen Sie das? Zeuge: n damals ein Denunziant zu der encscen Ententekommission kam, bestand die Möglichkeit, durch Geldzahlungen zu erreichen, daß untergeordnete Organe die Denunziationen nicht weitergaben. Auf die Fra Dr. Levis, ob der Zeuge derjenige gewesen sei, mit dem Schweick⸗ hardt unter der Nummer 207 beim Wehrkreiskommando korrespondiert habe, erklärte der Fzuge Obermaijer: Daran erinnere ich mich nicht. Die weitere Vernehmung des Zeugen Obermaier wurde zurück⸗ Pftent. da der Vorsitzende bei dem Wehrkreiskommando eine generelle Genehmigung für die Aussagepflicht Obermaiers einholen will. — Der nächste 8 e ist Major a, D. Fuchs, der darüber Angaben machen soll, ob ihm die Weiterleitung der Angaben der Sandmeier an Kern und Braun und weiter an Fischer und Graf Treuber 8 Die Aussagen dieses Feugen ergeben aber nichts Besonderes. eer nächste Zeuge ist 88 Rembold. Dieser Zeuge hat seiner⸗ 8 erumerzählt, er 4 Fertung ermordet und habe dann Bally er Mittäterschaft beschuldigt. Später sagte der Zeuge aus, er habe ich seinerzeit aus Großmannssucht der Täterschaft beschuldigt und sei shalb vom Bund „Oberland“ ausgeschlossen worden. Er wurde ver⸗ haftet, konnte aber sein Alibi nachweisen. Er sagte jetzt aus er habe damals Bally getroffen, den er vom Militär her kannte. Auf seine Frage, warum er (Bally) verhaftet gewesen sei, habe dieser ihm zur Antwort gegeben: Weil ich Hartung erschossen haben soll. — Als nächster Ieuge wurde aufgerufen: Der ehemalige Leutnant Schweickhardt, der sich wiederholt wegen der Mordfälle an der Sandmeier, an Hartung und Gareis in Untersuchungshaft befand Der Zeuge stellte vor Beginn des Verhörs an den Vorsitzenden die rage, ob er hier vor dem Ausschuß als Zeuge oder als Angeklagter tehe. Er wünschte ferner Aufklärung, ob der Femeausschuß Gerichts⸗ barkeit hesibe oder nicht. Der Vorsitzende erklärte ihm, 7 der Femeauss ℳs ein Seg Ausschuß zur Feststellung von Tatsachen mit den efugnissen der Strafprozeßordnung ausgestattet sei. Schweickhardt stehe hier als freigesprochener Angeklagter. Zeuge Schweickhardt: Weshalb werde ich dann von Dr. Levi immer als Mörder bezeichne? Vorsitzender: Wir sollen ein Urteil darüber bekommen, ob Sie bei dieser oder jener Sache beteiligt ge⸗ wesen sind. Sie sind hier als Zeuge, Sie können Ihre Aussage nicht verweigern. Nur insofern Sie sich selbst durch Ihre Aussagen be⸗ lasten würden, können Sie diese verweigern. Der Vorsitzende verlas aus dem Untersuchungsverfahren die Schweickhardt belastenden und entlastenden Momente. Der Zeuge erklärte, er könne nichts anderes sägen, als was er schon vor dem Untersuchungsrichter angegeben habe: Er sei niemals in Odelshausen, dem Heimatort der ermordeten Auf die Frage des L wo er in der Nacht, in der die Sandmeier erdrosselt wurde, sei, bleibt Schweickhardt bei seiner schon früher gemachten Aussage, daß er an einem Herrenabend bei einem gewissen Schneider teilgenommen habe, eine Angabe, die in dem Untersuchungsverfahren von einer Reihe von geugen bestritten wurde. Weitere Fragen des Vorsitzenden drehen ich um die Flucht des Schweickhardt, die Beschefns eines Passes und eine x Schweickhardts zu Berchtold. Auf die Frage des Vorsitzenden, ob Schweickhardt erklären könne, warum der Berchtold, mit dem er doch befreundet war, zuerst gesagt habe, er kenne den Schweick⸗ hardt überhaupt nicht, und warum Berchtold krankhaft versucht habe, den Schweickhardt den Behörden fernzuhalten, erklärte der Zeuge, das müsse wohl Berchtold aufklären können. Aus dem weiteren Ver⸗ 8 des Zeugen ist zu ersehen, daß in dem ungarischen Paß, den er von Berchtold erhalten hatte, so ziemlich alles, was darin stand, ein⸗- säüllezüch der 1 gefälscht war. Ueber den Grund seiner jahre⸗ angen Irrfahrten durch fast ganz Deutschland und Oesterreich und die dabei etwa notwendig gewordenen Paßfälschungen gab Zeuge Schweickhardt an, daß für diesen Vorgang ausschließlich seine Zusammenhänge mit der ffensicherung und mit der Einwohner⸗ wehr Veranlassung waren. Damit war Verhör des Zeugen ab⸗ geschlossen, soweit seine Täterschaft im Falle Sandmeier in Frage kommt. Vom Fall der Ermordung des Gareis erklärte der Zeuge, daß er am Tage des Mordes b⸗ in Graz aufgehalten habe. Er sei dor
Sie sprachen eben von jucg⸗ Gefecht setzen“ und „Ab⸗
Sandmeier, gewesen.
erst am 11. Juni abgereist. Da weiter keine Fragen gestellt wurden, o wurde der Zeuge entlassen. — Feß sollen unter anderem der Vor⸗ itzende der Sozialdemokratischen Landtagsfraktion Abg. Timm und 8. hends a u vig in Bayern vernommen werden. Der Vorsitzende gibt am Schluß der Sitzung der Hoffnung Ausdruck, daß er am Mittwoch dem Ausschuß bestimmte Richtlinien für die Würdi⸗ gung der Beratung in Mänchen werde vorlegen können, so daß am Mittwoch nachmittag die Tätigkeit des Femeausschusses in Münch werde beendet werden können. 1““ “
Der Hauptausschuß des Preu 8 a9 9 beriet gestern abend das Gesetz über die Vermögens⸗ öCE1ö““ mit den 8de Saegt.. Uranträge der Kommunisten auf entschädigungslose Ent⸗ eignung und Landesverweisung der Mitglieder des Hohenzollernhauses. Berichterstatter 58 Dr. Falck (Dem.) hob laut Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger die politische und wirtschaftliche Be⸗ deutung des Gesetzentwurfes hervor. Die Staatsregierung habe den Vergleich nur abgeschlossen, weil er den Grundgedanken des seiner⸗ eitigen Feichstnbsee harne entspreche, das allerdings nicht zu⸗ 6 gekommen sei. Er stellte folgende Fragen an die Staats⸗ regierung: 1. Wie stellt sich nunmehr nach dem neuen Vergleich das Besitzverhältnis zwischen Staat und Krone? 2. Sind aus der Zwischenzeit seit 1918 Verpflichtungen des Staates vorhanden, die nach 889 des Vertrags den Staat belasten? 3. Wie hoch ist die Last des Staates, die sich aus der übernommenen Versorgung der
hemaligen Hofbeamten ergibt? 4. Ist der dem Gesetz beigefügte
ertrag unabänderlich? — Aus der Antwort des ö Dr. Höpker⸗Aschoff ergibt sich zur Frage 1; Der neue Ver⸗ trag ist hinsichtlich sowohl der mobilen wie der immobilen Werte für den Staat erheblich günstiger als der Vergleich vom Oktober 1925. Die Frage 2 ist zu verneinen. Zu Frage 3 ist zu sagen diß der Staat insgesamt 1700 Hofbeamte übernommen hat. avon i ein erheblicher Teil in die Staatsverwaltung übernommen, der Rest ist auf Wartegeld gesetzt oder pensioniert. Die Pensionslast beträgt insgesamt 2,3 Millionen Mark, die sich allmählich vermindern. Zu Frage 4: Der Vergleich vom 6. Oktober 1926 ist von den Kon⸗ trahenten bereits unterschriftlich vollzogen und bildet die Grund⸗ lage des Gesetzes. — Weitere Anfragen der Abgg. Rosenfeld (Soz.). E Fulda (Gentr.), Bartels⸗Crefeld (Komm.), Kollwitz (Komm.) wurden vom Minister be⸗ antwortet. Abgeordneter Ebersbach (D. Nat.) begründete Anträge auf Verbesserung derjenigen Bestimmungen, die sich auf die Regelung der Verhältnisse der ehemaligen Hofbeamten beziehen. Insbesondere beantragte er eine Nach⸗ prüfung der Eingruppierung der Hofbeamten in die Besoldungs⸗ ordnung und gegebenenfalls ihre Höherstufung. Abg. Heilmann (Soz.) wies darauf hin, daß die Kommunisten bei aller Kritik keinen Weg für eine andere Lösung vorschlagen konnten, als ihn der vor⸗ liegende Gesetzentwurf weist. — Schließlich wird der grundlegende § 1 mit 18 Stimmen der bürgerlichen Parteien gegen 3 kom⸗ munistische Stimmen bei Stimmenthaltungen der Sozigl⸗ demokraten angenommen. Der Reihe nach werden darauf die ein⸗ zelnen Paragraphen mit derselben Mehrheit unter immer stärkeren Beschimpfungen der Mehrbeit durch die Kommunisten (zahlreiche Kommunisten hatten sich als Zuhörer eingefunden) angenommen. Angenommen wurden auch die deutschnationalen Anträge auf Ver⸗ besserung der Verhältnisse der Hofbeamten.