1926 / 262 p. 1 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 09 Nov 1926 18:00:01 GMT) scan diff

venn dadurch die Löhne fast erreicht oder gar überschritten verden. Wenn gesagt werde, daß dies nur den Tiefstand der Löhne beweise, so könne doch dieser Zustand nicht durch Mehr⸗ heitsbeschluß im Reichstage geändert werden. Das beste wäre die Unterstützung nach Lohnklassen, aber mit diesem Antrag sei seine Partei leider allein geblieben. Es sei aber durchaus gerechtfertigt, daß die Unterstützung in ein Verhältnis zu dem früher verdienten Lohn gebracht werde. Die Ausschußbeschlüsse könnten nicht genügen. Redner empfiehlt die Anträge seiner Partei, wonach die Unterstützung für alle verheirateten Erwerbs⸗ losen über 21 Jahre um 20 Prozent, die Familienzuschläge um 30 Prozent erhöht werden sollen, und zwar auf Kosten des Reiches, und ferner bei Prüfung der Bedürftigkeit die bisherige soziale Stellung der Erwerbslosen zu berücksichtigen. In einer Entschließung verlangt die völkische Partei die Vorlegung einer Denkschrift über die Möglichkeit der Einführung der Arbeits⸗ dienstpflicht, die alle ledigen Personen männlichen Geschlechts im Alter von 20 bis 21 Jahren zur turnusweisen Ableistung eines Arbeitsjahres im Interesse der Allgemeinheit verpflichtet. Redner erklärt zum Schluß, daß seine Partei das kommunistische Mißtrauensvotum gegen den Reichsarbeitsminister ablehne; sie habe kein Vertrauen zu dem jetzigen Reichskabinett und würde einem Mißtrauensvotum gegen das ganze Kabinett zustimmen, meine aber nicht, daß der Arbeitsminister allein herausgegriffen werden könne. (Beifall bei den Völkischen.)

Reichsarbeitsminister Dr. Brauns: Meine Damen und Herren! Ich habe nicht vor, die Debatte wieder aufzunehmen und weiterzuführen, auch nicht, für die Freundlichkeiten des Herrn Vor⸗ redners besonderen Dank zu sagen (Heiterkeit), sondern ich möchte lediglich eine Auskunft auf eine Anfrage erteilen. Der Herr Abg. Holzamer hat nämlich beanstandet, daß unterstützte Erwerbslose so⸗ genannte Schwarzarbeit leisten, die das Handwerk beeinträchtige. Ich habe dazu zu erklären, daß das Reichsarbeitsm inisterium und die Reichsregierung grundsätzlich gegen solche Arbeit sind, soweit es sich nicht um kurze, vorübergehende Gelegenheitsarbeiten ungelernter Art handelt. Aber selbst diese Nebenverdienste, die gelegentlich von den Erwerbslosen gemacht werden, müssen, rechtlich gesehen, angezeigt werden und würden dann auch, wenigstens zum Teil, auf die Erwerbslosenunterstützung angerechnet werden. Aber der Herrn Abgeordnete Holzamer denkt offenbar weniger an solche Gelegenheitsarbeiten, als vielmehr an ordentliche, dauernde, gewerb⸗ liche Beschäftigung, die dem Gewerbe merklich Konkurrenz machen würde. Ich kann Sie versichern, daß wir solchem Mißbrauch unserer⸗ seits entgegentreten. (Bravo! bei der Wirtschaftlichen Vereinigung.)

Nach der finanziellen Seite es ist ja auch gefragt worden, woher die Deckung für die Mehrausgaben, die jetzt zugunsten der Erwerbslosen in Frage stehen, genommen würde kann ich mich auf das berufen, was der Herr Reichsfinanzminister bereits im Budget⸗ ausschuß erklärt hat, nämlich darauf, daß die Kosten, die durch die neuen Bewilligungen entstehen, nach seiner Ueberzeugung durch erhöhte Zolleinnahmen gedeckt werden.

Was nun die Frage anlangt, inwieweit die produktive Erwerbs⸗ losenfürsorge speziell dem Handwerk zugute komme, so möchte ich dies⸗ bezüglich darauf hinweisen, daß wir natürlich so weit wie irgend mög⸗ lich bereit sind, uns bei Vergebung öffentlicher Aufträge zugunsten des Handwerks einzusetzen. Wir glauben aber auch, daß schon jetzt die Arbeiten, welche auf Grund des Arbeitsbeschaffungsprogramms übernommen werden, ihre indirekten Wirkungen auf das Handwerk haben. Das glauben wir ganz besonders von den beträchtlichen Mehr⸗ aufwendungen, die zugunsten einer größeren Bautätigkeit gegenwärtig Tatsache geworden sind. Wir haben ja gegenüber dem Frühjahr eine bedeutend erhöhte Bautätigkeit zu verzeichnen, die wir den Maß⸗ nahmen verdanken, die im Rahmen des Arbeitsbeschaffungsprogramms vorgenommen worden sind.

Damit schließt die allgemeine Aussprache.

Abg. Wolf⸗Stettin (D. Nat.) weist in einer persönlichen Be⸗ merkung die Angriffe des Abg. Heckert zurück. Im Kreise Pyritz beständen seit Jahren Tarifverträge für die Landarbeiter⸗ schaft. Der Tagesstundenlohn von sieben Pfennig könne stimmen. Hinzu komme aber, daß die Deputanten jährlich 30 Zentner Ge⸗ treide, 80 Zentner Kartoffeln, freie Wohnung mit Stallung, freie Kuhhaltung oder täglich 3 Liter Vollmilch, dreißig Zentner Bri⸗ ketts und 6 Meter Holz im Jahre erhalten. Der Redner fragt, was wohl die städtischen Arbeiter zahlen müßten, um die Lebens⸗ mittel zu kaufen, die in diesem Deputat stecken. Nach den Fest⸗ stellungen des statistischen Reichsamts marschiere Pommern an der Spitze der Landarbeiterlöhne. 1“

Die Spezialdebatte wird auf Montag vertagt. 8

Bei der Festsetzung der Tagesordnung beantragt Abg. Stoecker (Komm.), am Montag die Anträge über die Fürsten⸗ abfindung zu behandeln.

Abg. Müller⸗Franken (Soz.) erklärt, der Aeltestenrat werde sich erst mit dieser Frage beschäftigen müssen.

Präsident Löbe weist darauf hin, daß der Aeltestenrat am Montagnachmittag zusammentrete. Es werde dann zu prüfen sein, welche Anträge mit der Beratung des Nachtragsetats, die am Dienstag erfolge, zu verbinden seien.

„Das Haus vertagt sich. Montag 3 Uhr: Erwerbslosen⸗ fürsorge⸗ Handelsverträge mit Frankreich, der Schweiz, Finn⸗ land und Estland; Nachtragsetat

Schluß gegen 4 Uhr.

Preußischer Landtag. 215. Sitzung vom 6. November 1926, vormittags 11 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.*)

Ohne Aussprache werden Anträge der Kommunisten und der Sozialdemokraten über eine Hilfsaktion für die Gemeinde Südlengern (Kreis Herford), Bereitstellung von Staatsmitteln zur Behebung der Sturmschäden an der Westküste Schleswig⸗Holsteins im Niede⸗ rungsgebiet der Eider und ein deutschnationaler Antrag, die Eiderabstauung als Notstandsarbeit vorzunehmen, der Ausschußberatung überwiesen.

Hierauf wird die am Freitag abgebrochene Beratung über die Anträge wegen Ausschreitungen des Rot⸗ frontkämpferbundes, Ueberfälle von Rechts⸗ verbändenusgw. fortgesetzt.

b“ emann (Komm.) —5 daß die Protokolle über den in Mansfeld geübten weißen Terror bekanntgegeben würden.

600 schwerbewaffnete Stahlhelmleute seien angerückt. Kommunisten überfallen und mißhandelt worden. Ebenso hätten am Tage des Volksentscheids die bewaffneten Orhn der Rechts⸗ verbände Wahlbeeinflussungen verübt und proletarische Kreise über⸗

*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.

fallen. Bei der Abwehr seien 46 Revolver, Gummiknüppel und Eisenspitzen gefunden worden. Der Oberstleutnant Düsterberg sei mit sechs Autos, die mit Stahlhelmleuten beladen waren, vor⸗ gefahren. Die Merseburger Schutzpolizei sei von den Stahlhelmern beschossen worden. Sechs Einwohner von Ammendorf, darunter ein 66 jähriger alter Arbeiter, seien schwer verwundet worden. Die wahren Tatsachen würden aber verschleiert. Man spreche nicht von einem weißen Terror, sondern von einem roten, wie auch die Rede des deutschnationalen Abgeordneten Maretzky bewiesen habe. Man errege sich über Haussuchungen bei Industriellen; dabei habe sich die Regierung doch nachträglich noch entschuldigt. Wenn Arbeiter niedergeschossen würden, wenn Kommunisten unschuldig in den Gefängnissen säßen, krähe kein Hahn danach. Hoffent⸗ lich komme recht bald die zweite, die proletarische Revolution, die die kommunistische Sowjetrepublik aufrichte.

Abg. Riedel (Dem.) schließt sich dem Danke des Ministers Severing an. Er sei seinen Beamten ein guter Chef gewesen; as bestätige auch jeder deutschnationale Geheimrat. (Hört, hört! links.) Die Rede des Abg. Maretzky sei völlig unangebracht ge⸗ wesen. Es könne keine Rede von einer Einheitsfront der Sozial⸗ demokraten und der Kommunisten sein. Das könne man kaum in Hinterpommern den Leuten erzählen. Gerade Herr Maretzky, der sich über Gewalttaten beschwerte, habe in verschiedenen Reden elbst Gewaltpolitik gepredigt. Wir danken der Regierung, der

olizei und ihren Organen dafür, daß sie für Ruhe und Ordnung sorgen. Selbsthilfe ist vige etecn. Am besten würde es sein, wenn es überhaupt keine Wehrverbände gäbe, auch keinen Rot⸗ frontbund und kein Reichsbanner. Das Reichsbanner war, fährt Redner fort, zunächst nichts als eine Organiation republi⸗ kanischer Kriegsteilnehmer. Wenn sie zu einer Schutz⸗ truppe der Republik wurde, so war das nötig wegen der Rechtsverbände und des Rotfrontkämpferbundes. Immer wieder appelliert die Rechte an die Angst des Bürgertums und malt die kommunistische Gefahr an die Wand. Trotzdem stimmen die Deutschnationalen für Mißtrauensanträge der Kommunisten gegen Minister. Man sollte endlich mit dem Unfug der ewigen Demonstrationen aufräumen. Die Rechtsorganisationen haben ja bekanntlich „Z. b. V.⸗Kommandos“ gehabt zur Erledigung von Ministern. Dabei beschweren sich die Rechtsparteien über Gewalttaten gegen Rechtsorganisationen. Sie sollten schamrot werden, wenn sie sich den Landsberger Prozeß vor Augen halten. Dabei redet man auf der Rechten von Wehrlosigkeit, während in Wahrheit, z. B. in Charlottenburg, Hakenkreuzler auf öffentlichen Plätzen die Leute anfallen. In Charlottenburg besteht ein Klein⸗ kaliberschießverein. Wer ihm nicht beitritt, wird geächtet. Sehr hübsch ist ja auch die Entschuldigung des Prinzen Oskar, der einem Stresemann⸗Attentäter Zigaretten ins Gefängnis schickte und dann erklärte, er habe geglaubt, daß es sich um eine Schlägerei handle, die eine nationale Tat sei. Wer hat denn dem Ober⸗ leutnant Schulz usw. die Mittel gegeben? Der Stinneskonzern und rechtsstehende Wirtschaftskreise. (Lebhafter Widerspruch rechts.) Ich halte daran fest. Bei den Haussuchungen lag ein Verdacht vor; das genügte völlig. Herr Borck wirft der Regierung politische Motive vor. Dabei war doch der verantwortliche Mann nicht Herr Friedensburg, sondern der damalige Vertreter des Ministers, der Staatssekretär Meister. Herr Friedensburg hat eine rein sachliche Darstellung gegeben. Das nennt Herr Borck eine maßlose Beschimpfung des Oberreichsanwalts. (Zurufe des Abg. Borck.) Gestern wurde hier von der Rechten der Vers zitiert: „Nicht Ross'’ nicht Reisige ...“ Dabei wurde doch gerade der Vers in der Schule verboten, weil von der Liebe des freien Mannes in ihm die Rede war. (Seiterkeit links.) Die Rechte macht mit den Kommunisten Obstruktion, um die Gesetzesmaschine in Un⸗ ordnung zu bringen, und dann stellen sich ihre Vertreter hier hin und beschweren sich. Sehr eigenartig ist es auch, wenn die nationalen ihre Nachbarpartei eine Partei der Feigheit und des Verrats nennen können, wie wir es soeben in den Zeitungen gelesen haben. Meine Partei ist der Ansicht, daß die bisherige Koalitionspolitik gut war und daß sie sich durchaus mit dem sehen lassen kann, was sie geleistet hat. . 1

Abg. Ladendorff (Wirtschaftl. Vereinig.) erklärt, die Folge davon, daß die Anträge seiner Partei im Interesse des Mittelstandes und gegen die rote Gefahr abgelehnt seien, werde sich schon bei den nächsten Wahlen zeigen. Mit der freundlichen Haltung des Ministers gegen den Roten Frontbund sei zweifellos der größte Teil des Volkes nicht einverstanden. Es sei Pflicht der Staats⸗ regierung, Schutz gegen den Rotfrontbund zu eisten. Wenn sie nicht jede Autorität verlieren wolle, müßte sie Wandel schaffen. Sonst werde sie eines Tages von den „politischen Kindern“ des Herrn Severing hinweggefegt werden! Hoffentlich versuche es die Regierung, sich endlich der organisierten Hetze der Links⸗ radikalen gegenüber durchzusetzen.

Abg. Voß (Völk.) polemisiert gegen die „widerliche“ Haltung der bei der Beratung des Hohenzollern⸗Vergleichs. Außer Friede und Brot habe die Revolution auch Freiheit bringen wollen. Sie habe das Gegenteil gebracht. Während die nationalen Revolutionen wirklich die Völker zur Freiheit führten, sei alles, was in der Weimarer Verfassung über Freiheit steht, zur Phrase geworden. Der Redner verlangt politische Meinungs⸗ freiheit für die vaterländischen Verbände und erklärt: Für die Bewertung des neuen Innenministeriums ist für uns bezeichnend, daß er sagte, für das Verbot des „Wicking“ und der „Olympia“ seien Verdachtsgründe ausreichend gewesen, bn er aber für das Verbot des „Roten Frontkämpferbundes“ eweise verlangte. (Lebhaftes Hört, hört! rechts.) Einer solchen Regierung, die für die Ideale der Völkischen auch nicht das geringste Verständnis habe (Lachen links und Rufe: Fememorde sind Euer Ideall), könne man nur in hürsseee Opposition entgegentreten. Die vaterländischen Verbände seien unumgänglich notwendig, um Propaganda für das Loskommen von internationalen Illufionen zu ermöglichen. (Zurufe links: Stresemann!) Es werde auch Stresemann nicht gelingen, den Geist der vaterländischen Ver⸗ bände zu zerstören.

Inzwischen ist folgender deutschnationaler Antrag ein⸗ gegangen: „Der Minister des Innern besitzt nicht das Ver⸗ trauen des Landtags“.

Minister des Innern Grzesinski: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist eigentlich in meiner verhältnismäßig kurzen Amtsführung mit dem zweiten soeben eingebrachten Mißtrauens⸗ antrag etwas viel. Trotzdem habe ich aber nicht die Absicht, zu diesem Antrag Stellung zu nehmen; meine Wortmeldung lag bereits seit längerer Zeit vor.

Der Grund, weshalb ich das Wort in dieser Debatte nochmals ergreife, liegt in dem Umstand, daß in den gestrigen Ausführungen, die nach meiner Rede hier im Hause erfolgt sind und heute Morgen in der Presse die Stellung so sehr angefochten worden ist, die das Staatsministerium zu den Durchsuchungen genommen hat und die auch in meinen Ausführungen zum Ausdruck kam. Es bezieht sich das auf die Anfrage des Abg. D. Winckler, Nr. 134 Drucksachen Nr. 3910. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hatte eigentlich zunächst nicht die Absicht, zu dem, was ich gestern bereits gesagt hatte, noch etwas hinzuzufügen, und zwar auch um deswillen nicht, weil es sich doch auch hier um ein schwebendes Verfahren handelt. Wenn auch, wie hier bemängelt worden ist und der Staats⸗ regierung gewissermaßen zum Vorwurf gemacht wurde und als Beweis für die Gegner der Auffassung der Staatsregierung herangezogen wurde, eine Anklage bisher noch nicht erhoben worden ist, so kann ich doch auch sagen, daß auch noch keine Entscheidung seitens des Oberreichsanwalts über den weiteren Fortgang des Verfahrens

gefällt worden ist. Also es handelt sich noch um ein schwebendes

Verfahren. Inwieweit dieses Verfahren im Verlauf der Vorunter⸗ suchung ausgedehnt wird, unterliegt ja der Entscheidung des Ober⸗ reichsanwalts. Die Staatsregierung hat darauf keinerlei Einfluß. Aber es ist der Vorwurf erhoben worden, daß seitens der Organe des Staates angeblich trotz mangelnden Verdachts überhaupt in dieser Sache eingegriffen wurde, und daß in der Art, wie geschehen, ein⸗ gegriffen worden ist. Ich darf dazu kurz noch sagen, daß doch ein Verdacht einer schweren strafbaren Handlung, nämlich des Hoch⸗ verrats, auf Grund des Materials, das vorliegt, begründet erschien. (Zurufe rechts: Erschien!) Aber, meine Damen und Herren, ich bitte Sie, geben Sie sich doch nicht anders, wie Sie selbst sind. Es ist doch das wirklich in jedem einzelnen Falle seitens der Staats⸗ regierung wie auch seitens der einfachen Kriminalbeamten eine Er⸗ messenssache, was er für begründet hält und was nicht. (Sehr richtig! links.) Das ist eine Sache, die in sein eigenes persönliches Ermessen ge⸗ stellt ist und entspricht durchaus den Bestimmungen der Strafprozeß⸗ ordnung. Bei der Inangriffnahme dieser ganzen Aktion war es doch so, daß eine Reihe hoher und zum Teil auch Ihnen nahestehender Beamten der festen Ueberzeugung gewesen sind: jawohl, hier liegt ein schwerer Verdacht einer strafbaren Handlung vor und infolge⸗ dessen ist das Erforderliche von der Polizei und auch von der Staatsanwaltschaft erfolgt. (Zurufe rechts.) Ich würde Ihnen empfehlen, die Stenogramme, in denen Namen genannt sind, anzusehen! Es war, wie ich sagte, einfach die Pflicht der Staats⸗ regierung, ihre Verfolgungsorgane einzusetzen. Wenn dabei hervor⸗ ragende Wirtschaftsführer bei diesen Durchsuchungen betroffen worden sind, so bedaure ich das persönlich ganz außerordentlich. Aber ihre Namen standen doch auf einer Liste, die bei Herrn Justizrat Claß, einem der Herren, die durchsucht worden sind, vorher ge⸗ funden worden war, und zwar unter verdächtigen Umständen gefunden worden war. Es mußte infolgedessen bei allen, die dort namentlich festgestellt waren, durchsucht werden. (Zurufe rechts.) Meine Damen und Herren, ich sagte: unter verdächtigen Umständen wurden diese Namen gefunden. Eine Auswahl unter den namentlich aufgeführten Herren konnte nicht erfolgen, durfte nicht erfolgen. Die Staats⸗ regierung hätte sich dann vielleicht einer schweren Pflicht⸗ verletzung schuldig gemacht. (Zuruf rechts.) Nun rufen Sie mir zu: Dann sind alle vogelfrei! Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist doch nicht so lange her, daß, als von einer anderen Seite, nicht in diesem Hause, aber außerhalb des Hauses darauf hingewiesen wurde, daß ein Staatsbürger unter Um⸗ ständen vogelfrei ist, Sie in diesen Ruf nicht eingestimmt haben. Es handelt sich um den Fall Haas in Magdeburg. (Sehr richtig! b. d. Soz.⸗Dem.⸗P.) Es ist allerdings außerordentlich bedauerlich, daß unter gewissen Umständen im Falle eines auch unbegründeten aber doch immerhin vorliegenden Verdachts ein Staatsbürger in eine Strafverfolgung hineingezogen werden kann. In dieser Gefahr be⸗ findet sich schließlich jeder, und wenn, wie ich wiederhole, hier unter besonders erschwerenden und nicht ganz klaren Umständen eine Liste von Namen gefunden wird, die in Verbindung mit Beschuldigung von Hochverrat genannt werden, so ist die Strafverfolgungsbehörde verpflichtet, einzugreifen. Das Recht und die Pflicht zum Einschreiten geht doch praktisch so weit, daß z. B. ein Vorgesetzter seinen Kriminal⸗ beamten, der ja zugleich Hilfsbeamter der Staatsanwaltschaft ist, nicht von der Verfolgung und u. U. von der Verhaftung eines einzelnen, der unter dem Verdacht steht, ein Verbrechen begangen zu haben, ab⸗ halten kann. Der Vorgesetzte würde sich sonst der Gefahr aus⸗ setzen, wegen Amtsverbrechen unter Anklage gestellt zu wer⸗ den. Das wissen Sie doch alle miteinander ebensogut wie ich. Wozu also alle die Angriffe, statt ruhig den Ausgang des Verfahrens abzuwarten? Letzten Endes sind doch die Durchsuchungen mit solcher Rücksicht und so großem Takt vorgenommen, daß ein Anlaß zu Klagen selbst bei den betroffenen Herren nicht bestanden hat. (Zuruf rechts: Sie haben Strafantrag gestellt!) Dieser Strafantrag ist aus ganz anderen Gründen gestellt. Die Herren selbst haben eine Beschwerde über unangemessene Behandlung nicht erhoben, mit Ausnahme im Falle Mann, über den ich schon gesprochen habe. Aber ich bitte Sie: Sie machen der Polizei und der Staatsregierung einen Vorwurf, daß sie seinerzeit die Befürchtung gehabt hat, daß der in Vorbereitung befindliche Hochverrat ernster Natur war und unter Umständen die Grundlagen des Staates er⸗ schüttern könnte. Ich darf darauf aufmerksam machen, daß nicht nur in den Kreisen der Staatsregierung und der ihr unmittelbar nahestehenden Kreise, sondern auch in rechtsgerichteten, einem gewalt⸗ samen Umsturze abgeneigten Kreisen diese Besorgnis bestand. Ich mache darauf aufmerksam, daß aus dieser Sorge heraus der Führer des Jungdeutschen Ordens H. Mahraun eine Denkschrift (Rufe rechts: Aha!) an den Reichswehrminister gerichtet hat, in dem er seiner Sorge Ausdruck gab und auf die schweren Hochverratsabsichten hinwies, die in den Rechtsorganisationen, die in den vereinigten vaterländischen Verbänden zusammengefaßt waren, bestanden. Wenn solche Besorg⸗ nisse auf dieser Seite bestanden, warum durften sie dann nicht auch bei der Staatsregierung vorhanden sein? Dann müßte doch der Staatsregierung, der doch anderes Material vorlag, ein Hoch⸗ verratsverdacht besonders begründet erscheinen. Sie haben also kein Recht, der Siaatsregierung wegen ihres Vorgehens seinerzeit einen Vorwurf zu machen. Die Vorwürfe, die gegen die mit der Durch⸗ suchung betrauten Beamten, insbesondere gestern von Herrn Kollegen Bork, erhoben worden sind, die Durchsuchungen seien von den Be⸗ amten in besonders kränkender Weise durchgeführt worden, muß ich zurückweisen. Ich sagte schon: es sind befonders gut quali⸗ fizierte, hervorragende, ordentliche und erfahrene Beamte heran⸗ gezogen worden.

In der heutigen Presse hat dann die Entscheidung des Staats⸗

gerichtshofs in Sachen Wiking und Olympia eine Rolle gespielt.

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Nichtamtliches. Deeutsches Reich.

Der Reichsrat tritt Donnerstag, den 18 November 1926, 5 Uhr nachmittags, im Reiec ztagsgebäude u ei Sitzung zusammen.

Nachstehend wird der deutsche Text der Verein⸗ barung zwischen Deutschland und Frankreich vom 6. November 1926 über den Austausch von Erzeugnissen einiger deutscher und saar⸗ ländischer Industrien vorläufig veröffentlicht. Die Feihgen gesetzgebenden Körperschaften. Sie soll am 1. Dezember d. J. in Kraft treten.

Vereinbarung zwischen Deutschland und Frankreich vom 6. November 1926 über den Austausch von Erzeugnissen einiger deutscher und saar⸗ ländischer Industrien. Die Deutsche und die Französische Regierung haben, aus⸗ gehend von der Zusatzerklärung zum vorläufigen Handels⸗ bkommen vom 5. August 1926 und der Abrede in dem Zeich⸗ nungsprotokoll zu der zwischen ihnen am selben Tage über den Warenaustausch zwischen Deutschland und dem Saarbecken⸗ gebiet abgeschlossenen Vereinbarung, in dem Wunsch, sowohl die ndustrielle Tätigkeit des genannten Gebietes weiter zu er⸗

leichtern, als den Austausch der für ihre Wirtschaft besonders

wesentlichen Erzeugnisse zu begünstigen, folgende Verein⸗

Artikel 1. Die Französische Regierung wird die Einfuhr der in Liste A

aufgeführten Erzeugnisse deutschen Ursprungs und deutscher

Herkunft in das Saargebiet unter den in dieser Liste genannten Zollvergünstigungen und im Rahmen der darin festgesetzten Be⸗ ingungen und Kontingente zulassen.

Artikel 2.

Die Deutsche Regierung wird die Einfuhr der in den Listen B 1, B2 und B3 aufgeführten Erzeugnisse saarländischen Ursprungs und saarländischer Herkunft zollfrei und im Rahmen der darin festgesetzten Kontingente zulassen.

Artikel 3.

Maschinen, mechanische Vorrichtungen, Apparate nebst ihren Ersatzteilen deutschen Ursprungs und deutscher Herkunft, die unter die in beiliegender Liste C1 aufgezählten Positionen des französischen Zolltarifs fallen, genießen bei ihrer Einfuhr in das Saargebiet die in dieser Liste bezeichneten Vergünstigungen unter folgenden Bedingungen und Vorbehalten:

I. Einfuhrbedingungen. 2a) Die Einführenden haben bei der Deklaration für den freien Verkehr einen besonderen Berechtigungsschein vorzulegen, der nur an industrielle oder landwirtschaftliche Unternehmungen, industrielle oder andere Laboratorien, öffentliche Betriebe und Kleingewerbetreibende ausgestellt werden darf, die am 10. Januar 1925 seit mindestens zwei Jahren im Saargebiet bestanden haben, und nur, wenn es sich um ihren eigenen Ge⸗ brauch handelt. b) Maschinen, mechanische Vorrichtungen und Apparate müssen zur Einreihung in eine Einheit oder Gruppe von Maschinen, mechanischen Vorrichtungen oder Apparaten deutschen Ursprungs und derselben Verwendung bestimmt und, abgesehen

voon nebensächlichen Konstruktionseinzelheiten, des gleichen Thps

8 1 8 . 8 wie die Einheit oder Gruppe, in die sie eingereiht werden sollen. b c) Für Maschinen, mechanische Vorrichtungen oder Apparate die nicht dazu bestimmt sind, in eine Einhein oder vrrhhe der vorerwähnten Art eingereiht zu werden, darf der Berechtigungs⸗ chein nur erteilt werden, wenn ihre Einfuhr als wesentliche kotwendigkeit für die Aufrechterhaltung des Betriebs des Unter⸗ nehmers erscheint. 8 d) Ersatzteile müssen zur Ausbesserung von Maschinen, mechanischen Vorrichtungen oder Apparaten deutschen Ursprungs bestimmt sein; sie können entweder für den unmittelbaren Ge⸗ brauch oder auf Vorrat eingeführt werden, wenn eine Vorrats⸗ haltung wirtschaftlichen oder technischen Erfordernissen des Unter⸗ nehmens, für das sie bestimmt sind, entspricht. —e) Um einen Berechtigungsschein zu erhalten, müssen sich die Einführenden verpflichten, die in b, c und d genannten Maschinen, mechanischen Vorrichtungen, Apparate und Ersatzteile mindestens zwei Jahre lang vom Tage der Einfuhr ab in ihrem Unternehmen zu behalten, außer wenn sie eine besondere Er⸗ aub. . Zollsätze zu⸗ züglich der gesetzlichen Verzugszinsen sofort fällig.

II. Prüfungsverfahren. Die in la genannten Berechtigungss eine sind beim Zoll⸗ direktor in Saarbrücken zu beantragen, der sie erteilen wird, wenn die in I unter b oder c oder d sowie e aufgeführten Voraus⸗ setzungen und die in III bezeichneten Nachweise vorliegen. Besitzt er nicht die für eine Entscheidung nötigen Unterlagen, so hat er einen Ausschuß mit der Prüfung zu befassen, der sich aus vier Sachverständigen zusammensetzt, von denen 1. der eine vom Einführenden, 2. ein zweiter von dem Präsidenten des Landgerichts Saar⸗ brücken aus der Liste der bei diesem Gericht vereidigten Sachverständigen, 1“

1“

benannt wird.

3. ein dritter vom Zolldirektor in Saarbrücken, 4. der vierte vom französischen Handelsminister

ieser letzte Sachverständige ist gleichzeitig Vorsitzender des Ausschusses.

Das Gutachten des Aus chusses ist scrisgnch und mit Be⸗ ründung zu erteilen. Wenn der Ausschuß nicht zu einem Mehr⸗ heitsbeschluß gelangt, ist über die sich einander gegenüberstehenden Gutachten gleichfalls Bericht zu erstatten.

Der Wortlaut dieser Gutachten oder Berichte ist Shütr. bewahren, damit er von dem Sachverständigenausschuß für spätere Entscheidungen zu Rate gezogen werden kann, wenn der Ausschuß dies für angezeigt hält. Der Ausschuß kann auch, wenn er dies für angezeigt hält, den I über die Gründe befragen, die seine Entscheidungen bei der Gewährung von Berechtigungs⸗ scheinen in ähnlichen Fällen veranlaßt haben. 1”

Ein mit Stimmenmehrheit getroffenes Gutachten ist verbindlich. Bei mit Stimmengleichheit abgegebenen Gutachten entscheidet der Zolldirektor in Saarbrücken. 8

III. Belegee.

A. Soweit es sich um die Einfuhr von Maschinen, mechanischen Vorrichtungen und Apparaten, die zur Einreihung in eine Einheit oder Gruppe gleicher Verwendung und gleichen Typs bestimmt sind, wie sie in 1 genannt sind, handelt, muß zur Einleitung einer Prüfung und zur Gewährung des Berechtigungsscheines nachgewiesen werden:

1. daß die einzuführenden Esss. mechanischen Vor⸗

richtungen oder Apparate dazu bestimmt sind, in eine bereits

bestehende Einheit oder Gruppe von Maschinen, mechanischen

orrichtungen oder Apparaten deutschen Ursprungs und deutscher Herkunft eingereiht zu werden;

2, daß sie für denselben Gebrauch bestimmt und, abgesehen von nebensächlichen Konstruktionseinzelheiten, gleichen Typs sind wie die Maschinen der Einheit oder Gruppe, in die sie ein⸗

kereiht werden sollen. b 1G uö6 oweit es sich um die Einfuhr von Ersatzteilen handelt, die in I8 genannt sind, muß nachgewiesen werden: 1

1. wenn sie für den unmittelbaren Gebrauch eingeführt werden,

da sie zur ö von Maschinen, mechanischen Vor⸗

g tungen oder Apparaten deutschen Ursprungs bestimmt ind;

2. wenn sie auf Vorrat eingeführt werden, daß die Art und

Menge der eingeführten Stücke den wirtschaftlichen oder tech⸗ zischen Erfordernissen des Unternehmens des Einführenden entsprechen.

C. Was die in 1e genannten Maschinen, mechanischen Vor⸗ richtungen und Apparate betrifft, so ist das Gutachten des Sach⸗ verständigenausschusses und die des Zolldirektors in Saarbrücken, ob sie mit oder ohne Gutachten der Sa hverständigen ge⸗ troffen ist, zu stützen auf die Berücksichtigung schwerer wirtschaftlicher Schäden, die bei einem Ersatz durch Maschinen, mechanische Vor⸗ richtungen oder Apparate saarländischer oder Seöger 16 in bezug auf die Wirtschaftlichkeit und den guten Gan es Unter⸗ nehmens, auf die Sicherheit der Arbeiterschaft, auf die urchführung der Gesetze und der Verordnungen, zum Schutz der Arbeiterschaft, be⸗ sonders auf dem Gebiet des Versicherungswesens, oder auf die Aus⸗ der für die Arbeiter geltenden Tarifverträge sich ergeben würden.

„Zwecks Beibringung der obengenannten Nachweise und zur Klärung der obengenannten Voraussetzungen haben die Einführenden alle Belegstücke vorzulegen und sich allen Untersuchungen zu unter⸗ werfen, die der Zolldirektor in Saarbrücken oder der Sachverständigen⸗ ausschuß für nötig halten.

IV. Entscheidungen.

Die Entscheidungen des Zolldirektors und die Gutachten des Sachverständigenauss husses, an den er sich gegebenenfalls wendet, müssen schriftlich und unter Angabe der Gründe abgegeben werden. Die Entscheidung des Zolldirektors muß innerhalb eines Zeit⸗ raums von zwei Wochen oder, falls die Sachverständigen zugezogen werden, von drei Wochen erfolgen.

V. Sofortige Einfuhr.

Waren, die den Gegenstand eines Gutachtens der Sachver⸗ ständigen bilden, können unter den in der beiliegenden Liste C 1 aufgeführten Vergünstigungen sofort eingeführt werden, jedoch vor⸗ behaltlich der Maßnahmen, die erforderlich sind, um die Zahlung des gegebenenfalls bei ablehnender Entscheidung der Sachver⸗ ständigen fällig werdenden Zusatzzolles sicherzustellen.

VI. Vorübergehende Ausfuhr.

Frankreich gestattet die zollfreie vorübergehende Ausfuhr und Wiedereinfuhr von Maschinen, mechanischen Vorrichtungen und Apparaten deutschen Ursprungs, deren Ausbesserung in Deutsch⸗ land notwendig erscheint. Die zu diesem Zweck notwendigen Be⸗ willigungen werden vom Zolldirektor in Saarbrücken erteilt, der sie nur bei Verdacht mißbräuchlicher Benutzung verweigern darf.

VII. Kosten. Die Kosten für das in diesem Artikel vorgesehene Verfahren einschließlich des Sachverständigengutachtens werden von der Re⸗ ierungskommission getragen, die sie von den Importeuren des aargebiets bis zur Höhe von 1 vT des Wertes der Erzeugnisse, deren Einfuhr sie beantragen, wieder einziehen kann.

Artikel 4.

Die in beiligender Liste C2 aufgeführten Erzeugnisse genießen bei ihrer Einfuhr in das Saargebiet die in dieser Liste bezeichneten Vergünstigungen unter folgenden Bedingungen:

a) Die Einführenden oder die Personen, die in deren Auftrag die Waren zur Verzollung stellen, haben bei der Deklaration für den freien Verkehr einen besonderen Berechtigungsschein vor⸗

übernehmen, die eingeführten Maschinen, nechgecscten Vor⸗ richtungen und Teile von solchen mindestens zwei Jahre lang in ihrem Unternehmen zu behalten, außer wenn sie eine besondere Erlaubnis des Zolldirektors in Saarbrücken erhalten. 8

Außerdem haben die Einführenden oder die von ihnen gehörig bevollmächtigten Vertreter bei der Eingangszollstelle im Augen⸗ blicke der Abgabe der Deklaration für den freien Verkehr ohne Sicherheitsleistung die Verpflichtung zu übernehmen, die Zölle des Generaltarifs einschließlich der gesetzlichen Verzugszinsen zu be⸗ zahlen, falls sie die eingeführten Maschinen, mechanischen Vor⸗ richtungen und Teile von solchen vor Ablauf der zweijährigen Frist ohne Erlaubnis in dem französischen Zollgebiet oder nach den französischen Kolonien, Besitzungen und Protektoraten oder dem Auskande weiterverkaufen.

b) Wenn die Einfuhr durch einen Händler zwecks Wieder⸗ verkaufs erfolgt, so hat dieser nachzuweisen, daß er am 10. Januar 1925 seit mindestens zwei Jahren im Saargebiet ansässig war. Wenn es sich um Erzeugnisse handelt, deren Einfuhr kontingen⸗ tiert ist, so hat er nachzuweisen, daß er Anrecht auf einen Teil des Kontingents besitzt. Außerdem hat er oder die Person, die in seinem Auftrag die Ware zur Verzollung stellt, bei der Dekla⸗ ration für den freien Verkehr eine schriftliche eidesstattliche Ver pflichtung zu übernehmen, unter Beachtung der nachstehend auf⸗ geführten Verkaufs⸗ und Abrechnungsbedingungen die ein⸗ geführten Maschinen, mechanischen Vorrichtungen oder Ersatzteile nur an Personen weiterzuverkaufen, die im Saargebiet ansässig sind, außer wenn er eine Erlaubnis des Zolldirektors in Saar⸗ brücken besitzt. Er verpflichtet sich, andernfalls die Sätze des Generaltarifs nebst den gesetzlichen Zinsen zu zahlen. Um einen Wiederverkauf oder eine Wiederausfuhr außerhalb des Saar⸗ gebiets zu verhindern, haben die Käufer von Waren, die bei der Einfuhr der in diesem Absatz vorgesehenen Behandlung unter⸗ worfen sind, ihm eine schriftliche Verpflichtung zu übergeben, die genannten Maschinen, mechanischen Vorrichtungen oder Ersatz⸗ keile während eines Zeitraums von mindestens zwei Jahren vom Kauf ab gerechnet in ihren Betrieben zu behalten. Andern⸗ falls zahlen sie den Generaltarif sowie alle Zinsen von Zollsätzen und alle Strafen, die nach französischen Zollgesetzen und ⸗vor⸗ schriften für ihre Uebertretung in Frage kommen.

Die einführenden Händler haben über die Einfuhren und Verkäufe Buch zu führen und müssen dem Zolldirektor in Saar⸗ brücken auf dessen Verlangen in diese Buchführung Einblick gewähren. Dieser kann sich im ubrigen die von den Käufern persönlich ausgestellten Verpflichtungsscheine vorlegen oder aus⸗ händigen lassen.

Artikel b.

Die in den vorstehenden Artikeln 3 und 4 genannten Be⸗ rechtigungsscheine ziehen außer den in den genannten Artikeln besonders angegebenen Verpflichtungen noch die weitere Ver⸗ pflichtung nach sich, sich allen Kontrollmaßnahmen, die die Zoll⸗ verwaltung für nötig hält, zu unterwerfen.

Artikel 6.

Bezüglich der Verteilung der in den vorstehenden Artikeln vorgesehenen Kontingente verpflichten sich die beiden Rey⸗ gierungen, dabei nach den nachfolgenden Bestimmungen zu ver⸗ fahren, zu denen die Regierungskommission des Saargebiets, soweit es sie betrifft, durch einen Schriftwechsel vom 4. November 1926 ihre Zustimmung erklärt hat.

Die Verteilung der in den Listen B1 und B2 vorgesehenen

Kontingente erfolgt durch die Regierungskommission. Die Verteilung der in den Listen A, B 3, 01 und C2 vor⸗ gesehenen Kontingente wird gemäß den Bestimmungen des Artikel IV Abschnitt I der zwischen Deutschland und Frankreich geschlossenen Vereinbarung über den Warenaustausch zwischen Deutschland und dem Saarbeckengebiet vom 5. August 1926 vor⸗ genommen.

Bezüglich der Kontrolle der in den Listen A, B1, B 2, B 3, 01 und 602 vorgesehenen Kontingente finden die Bestimmungen des Abschnitts II des Artikel IV derselben Vereinbarung An⸗

wendung. Artikel 7.

Die in den vorhergehenden Artikeln vorgesehenen Kontingente ein Jahr festgesetzt. Die Kontingentsperiode beträgt vier Monate.

Die Hohen Vertragschließenden Teile verpflichten sich, die Tarif⸗ vergünstigungen, die in 88 vorhergehenden Artikeln genannt sind und für welche die beigefügten Listen gelten, streng auf die in den genannten Artikeln und Visten vorgesehenen Kontingente zu begrenzen; auf die diese Kontingente überschreitenden Mengen soll das allgemeine Regime angewendet werden.

Artikel 8.

Jeder der Hohen Vertragschließenden Teile verpflichtet sich, die Sonderregelung für den Warenaustausch zwischen dem Saar⸗ gebiet und Deutschland, wie sie durch die vorliegende Vereinbarung getroffen wird, nicht durch die Anwendung von Gesetzen und Verord⸗

nungen, namentlich durch Ein⸗ und Ausfuhrverbote, zu behindern. Artikel 9.

Die vorliegende Vereinbarung soll Fati iert und die Ratifi⸗ kationsurkunden sollen in Berlin ausgetauscht werden. Die er⸗ forderliche Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften soll so bald als möglich herbeigeführt werden. 18

Die vorliegende Vereinbaruffg tritt mit dem 1. Dezember 1926 in Kraft und endet mit Ablauf des 31. März 1927. Geschehen zu Berlin in doppelter Ausfertigung, in Deutsch und in Französisch, am 6. November 1926. (gez.) Stresemann 8 (gez.) Posse (gez.) P. de Margerie

zulegen. Dieser ist vom Zolldirektor in Saarbrücken auszustellen, wenn die Einführenden die schritliche eidesstattliche Verpflichnung

h

(gez.) D. Serruys