Vizepräsidenten Ende 1916: 35 vollausgebildet; 32 Pro⸗ testanten, 3 Katholiken. Ende 1926: 32 vollvorgebildet, davon 23 Protestanten und 9 Katholiken. Zum Fall Dr. Badt erklärte Staatssekretär Dr. Abegg, die Angriffe seien offenbar nicht aus persönlichen Gründen, sondern aus Gründen seiner grund⸗ sätzlichen Einstellung heraus erhoben. Seine Stellungnahme werde wie bisher nur von sachlichen Erwägungen leiten lassen. genn Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und dem Staatsrat vorgelegen hätten, so sei dazu zu bedenken, inwieweit Dr. Badt an besondere Weisungen gebunden war. Der preußische Innenminister werde es an Entgegenkommen gegenüber dem Staatsrat nicht fehlen lassen; hoffentlich werde auch die Arbeit Dr. Badts in Zukunft Anerkennung finden.
Damit ist die Beratung des Innenministeriums erledigt. 8 Hierauf berichtete Freiherr von Gayl (A.⸗G.) über Domänen, Forsten und Gestüte.
Er bezeichnete dabei Abstriche bei der Landespferdezucht als unerträglich und bemerkte, daß 83 vH der Pferde in der Land⸗ wirtschaft beschäftigt seien, davon 70 vH in mittleren und kleinen Betrieben, 13 vH in Großbetrieben. Bei den Forsten hätte es sich notwendig erwiesen, die Einnahmen niedriger einzusetzen.
Graf zu Rantzau⸗Rastorff (A.⸗G.) behandelte als Berichterstatter in der Hauptsache landwirtschaftliche Fragen.
Redner hob als Ansicht des Ausschusses hervor, daß bei Meliorationen nicht übermäßig gespart werden könne, da es sich um werbende Ausgaben handle. Die Wasserstraßenverwaltung müsse wieder an die Länder kommen. Im übrigen sei im Aus⸗ schuß insbesondere die Frage der Entbehrlichkeit der Landeskultur⸗ ämter behandelt worden. Außerdem sei auf die Notwendigkeit der Siedlung hingewiesen worden. Bei der Bekämpfung der Rinder⸗ tuberkulose und beim Schutz vor Ueberflutungen müsse der Staat kräftiger eingreifen.
Hierauf wurden die Verhandlungen durch eine Mittags⸗ pause unterbrochen.
In der Aussprache erörterte Graf Keyserlingk (A.⸗G.) die Krise in der Landwirtschaft. Von einer Rentabilität könne keine Rede sein. Die Verschuldung der Landwirtschaft betrage 3,8 Millionen, wovon 2 Millionen auf Personal⸗, 1,8 Millionen auf Realkredite entfallen. Dazu kommen 4 Millionen Auf⸗ wertungsschulden. Auch die Schulden der Rentenbank kämen in Frage. Die Schädigung der Produktionskraft der Landwirtschaft sei auf ungeeignete Maßnahmen der Staatsregierung zurück⸗ zuführen. Preußen unterstütze die handelspolitischen Belange nicht genügend beim Reich. Besonders notwendig sei Schutz des Gemüse⸗ und Obstbaues und der Ausbau der Pferdezölle. Eine Grund⸗ und Vermögenssteuer, die keine Rücksicht nehme auf den Ertrag, lasse sich nicht aufrechterhalten. Die Siedlung könne nicht durchgeführt werden, weil die Siedler bankrott gehen
Herr Seibolt (Soz.) verlangte eine Statistik darüber, wieviele Arbeiterwohnungen auf den staatlichen Domänen gebaut seien und wo. Solange dieses Problem nicht gelöst sei, werde auch die Frage der Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte keine Lösung finden. Er forderte elektrische Einrichtungen für Domänen, die teilweise noch mit Petroleum arbeiten müßten, bessere Aus⸗ nützung der Wasserkräfte und vorbengende Maßnahmen gegen Hochwasserschäden.
Freiherr von Oer (Zentr.) führte aus, daß ac bei der Domänenverwaltung die schwierige Lage der Landwirtschaft zum Ausdruck komme. Zu begrüßen sei, daß man auch im Westen jetzt Domänen kaufe. Bei den künftigen Handelsverträgen müsse die Forstwirtschaft mehr geschützt werden.
Herr Frisch (Komm.) meinte, man solle den polnischen Arbeitern die Tariflöhne zahlen, dann würde schon Beschäftigung von Ausländern aufhören. Die Rationalisierung erhöhe noch die
rwerbslosenziffer.
Ein Regierungsvertreter äußerte sich zur Frage der Landarbeikerwohnungen und hob hervor, daß im Jahre 1926 in der Domänenverwaltung 1 600 000 Mark für Zwecke zur Verfügung gestellt worden sind, eine Summe, die bis auf einen
einen Rest auch verbraucht worden sei. Für 1927 sei ein neuer Kredit von 3 Millionen Mark beantragt worden. Der Gesetz⸗ entwurf liege augenblicklich dem Staatsministerium vor. Dazu würden noch 2,5 Millionen Mark aus Mitteln der produktiven rwerbslosenfürsorge des Reichs und des Staates hinzukommen.
Beim Justizhaushalt erstattete 3
Herr Reinhard (Zentr.) den Bericht des Ausschusses und hob hervor, daß man Fehlurteile von Richtern nicht verall⸗ gemeinern dürfe. Es seien auch in dieser Beziehung schon An⸗ zeichen einer Besserung vorhanden. Die Zahl der Beanstandungen abe sich verringert. b
Dr. Weinberg (Soz.) wandte sich gegen die Klassenjustiz. Das Vertrauen der Bevölkerung zur Justiz sei immer mehr im Schwinden. Der Fall Kölling in Magdeburg habe noch besonders dazu beigetragen. Unerhört sei es, daß man jetzt den Assessor Kußmann, der sich gerühmt habe, Richter angelogen zu haben, hea zum Richter gemacht habe. Im Falle des Landgerichts⸗ irektors Marschner wegen behaupteter Fälschung des Ge⸗ glaube er, daß man Marschner Unrecht getan habe. Die Zustände in den Strafanstalten in Ostpreußen müßten endlich gebessert werden. Wenn die Tätigkeit der Gerichtsorgane vom Kostenvorschuß abhängig gemacht werde, so müsse wenigstens
. 7- Ꝙ „ 9 gefordert werden, daß daraus nicht geradezu eine Justizverweige⸗ rung werde; das sei eines Kulturvolks nicht würdig. 1
Staatssekretär Fritze erklärte, daß die preußische Justizver⸗ waltung bereit sei, beim Reich dahin zu wirken, daß wenigstens bei Einlegung von Rechtsmitteln die Bestimmungen über den Kostenvorschuß abgeändert werden. Die Beschaldihungzn⸗ gegen den Landgerichtsdirektor Marschner hätten si als völlig un⸗ begründet erwiesen; das eingeleitete Beleidigungsverfahren werde ja weitere Aufklärung bringen. Herrn Kußmann sei die von ihm nachgesuchte Entlassung versagt worden, um nicht die Durch⸗ ührung des Disziplinarverfahrens zu verhindern. Es sei ihm auf orstellungen eine entgeltliche Beschäftigung zugewiesen, die keinen politischen Charakter hat. Bis das Disziplinarverfahren durchgeführt sei, sei er vom Amt suspendiert. Jedenfalls könne keine Rede davon sein, daß das Disziplinarverfahren einschlafe, wie eine Zeitung geäußert habe. Im Falle Siebens habe Dr. Weinberg unkängst im Staatsrat behauptet, der Oberstaats⸗ anwalt in Aurich habe einen erlogenen Bericht erstattet; das sei nicht der Fall. Man könne nur sagen, der Staatsanwalt habe sich nicht präzise ausgedrückt. Man sollte doch bei der Kritik an Zustizbeamten auch Objektivität üben. 8
Herr Bender (Komm.) kritisierte die Landsberger Feme⸗ prozesse, die die Organisierung der Konterrevolution gedeckt hätten.
Justizrat Hallensleben (A.⸗G.) bedauerte, daß die Mehr⸗ kosten bei den Personalausgaben nicht den festangestellten Richtern zugute kommen, sondern den Hilfsabeitern. Der große Personal⸗ bedarf führe zu grotesken Verhältnissen, so, wenn ein Beamter abgebaut und nachher wieder auf Privatdienstvertrag angestellt werde. Wenn die Sozialdemokraten für die Absetzbarkeit der Richter eintreten wollten, wie Herr Weinberg es tue so erschütterten 8 damit die festesten Grundlagen des Staates. Der Redner trat
besett.
ür die Herabsetzung der Gerichtsgebühren ein trotz gewisser Be⸗ enken wegen der Auswirkung auf den Stand der Notare, der vielfach schon kaum noch seine Lebensbedürfnisse decken könne. Herr Reinhard (Zentr.) trat gleichfalls für Herabsetzung der Gerichtskosten ein und wandte sich gegen Verallgemeinerungen bei der Kritik der Justiz. Verstöße müßten selbstverständlich streng geahndet werden. Im übrigen müßte der Richter sich vor Augen halten, daß wir jetzt eine republikanische Verfassung haben. Oberbürgermeister Boeß (Dem.) unterstrich diese Bemerkung und forderte entschiedene Republikaner für die führenden Stellen der Verwaltung. “ Der Justizhaushalt war damit beendetet. 2 02 2 11— ;„ 5, 8 — „. 1 Der Forderung der Arbeitsgemeinschaft auf Vertagung wurde vom Präsidenten
Adenauer widersprochen; man
solle wenigstens noch den Wohlfahrtsetat erledigen. Auch der Finanzminister bet, nicht zu vertagen, um nicht Gefahr zu laufen, daß der Landtag den Etat nicht mehr vor Weih⸗ nachten in erster Lesung beraten könne. Dadurch werde auch das Ziel gefährdet, den Etat bis zum 31. März zu verab⸗ schieden.
Der Antrag auf sofortige Vertagung wurde abgelehnt.
Es folgte die Beratung des Wohlfahrts⸗ haushalts.
Stadtrat Gilsing (Zentr.) berichtete als Ansicht der Mehr⸗ heit, daß das Wohlfahrtsminifterium erhalten bleiben solle zur zweckmäßigen Behandlung der sozialen Fragen, und hob die großen Leistungen der Gemeinden auf dem Gebiete der Gesund⸗ heitspflege hervor. geschehen. Bezeichnend sei, daß das Reich für das Jahr 1927 mit einer Einnahme von 210 Millionen aus dem Spiritusmonopol rechne. Der Ausgleichsfonds aus der Hauszinssteuer könne herabgesetzt werden.
Herr Reimann (Soz.) war für Erhaltung des Wohlfahrts⸗ ministeriums, wenn auch seine Partei nicht mit allen Maßnahmen des Wohlfahrtsministers einverstanden sei. Die Mieten würden gesteigert, die Löhne aber niedrig gehalten. Große Kämpfe im Wirtschaftsleben seien die Folge. Der allzustarke Abbau der Kreisärzte sei Sparsamkeit am falschen Ort. Sie seien zur Ueber⸗ wachung der gesundheitlichen Maßnahmen unentbehrlich. In den Provinzen Sachsen, Schleswig und Grenzmark fehle es noch immer an Landeswohlfahrtsämtern; hier müsse die Regierung ein Macht⸗ wort sprechen.
Herr Bender (Komm.) rügte die Bestrebungen auf Abbau des Wohlfahrtsministeriums. Zur Bekämpfung der Tuberkulose und anderer Krankheiten müßten energischer Wohnungen gebaut werden. 40 vH der Schulkinder seien tuberkulös. Zur Ueber⸗ wachung der Fürsorgetätigkeit müsse im Landtag ein Kontroll⸗ ausschuß eingesetzt werden.
Damit war der Wohlfahrtshaushalt erledigt.
Sonnabend 9 % Uhr: Schluß der Etatsberatung
Sitzung vom 11. Dezember 1926.
Der Staatsrat beschäftigte sich zunächst mit dem Denkmalsschutzgesetz. Dazu lag ein Ausschußantrag vor, in dem bedauert wird, daß der Staatsrat sein Gutachten abgeben müsse, ohne daß seinem Wunsche Folge gegeben worden sei, die Gesinnung bestimmter Körperschaften kennen⸗ zulernen. Die Bestrebungen, die Denkmals⸗ und Heimats⸗ schutzgesetzgebung zu erweitern und zusammenzufassen, hält der Staatsrat für begrüßenswert. Der vorliegende Entwurf aber biete keine geeignete Lösung. Der Regierung wird emp⸗ fohlen, den Entwurf zurückzuziehen und einen neuen unter Berücksichtigung einer Reihe weiterer näher vom Staatsrat bezeichneter Einwände vorzulegen. Der Antrag wurde an⸗ genommen.
Gegen die Novelle zum Wohnungsgesetz vom 28. März 1918, die ohne materielle Aenderungen eine Verlängerung des Gesetzes bis zum 31. 12. 1928 bringt, wurden Einwendungen nicht erhoben. Es handelt sich bei diesem Entwurf lediglich um eine Uebergangsmaßnahme, da zu erwarten ist, daß mit dem Erlaß des Städtebaugesetzes das gesamte Wohnungsgesetz außer Kraft gesetzt werden wird. Die Verlängerung ist nötig, um noch schwebende Verfahren durchzuführen.
Sierauf setzte der Staatsrat die Etatsberatung fort.
Beim Berghaushalt wurde ein Ausschußantrag angenommen, die Einnahmen durch Erhöhung bei Hibernia und Recklinghausen auf 8 Millionen zu steigern und die Staatsregierung zu ersuchen, bei der Reichsregierung sich für die sofortige Durchführung der Vertiefung der Fahrrinne Elbing —Pillau einzusetzen.
Ueber den Kultushaushalt erstattete den Bericht Ausschusses Regierungspräsident Dr. Belzer (Zentr.). Das Staatsministerium wird ersucht, ausreichende Mittel für Lehrmittel, Lehrer⸗ und Schülerbüchereien usw. zur Verfügung zu hech und an der Universität Kiel eine Professur für nieder⸗
des
eutsche Sprache und Kultur zu errichten. Die geisteswissenschaft⸗ lichen Seminare in Königsberg und Breslau sollen stärker aus⸗ gestaltet werden. Im Ausschuß wurde auch angeregt, Schulgeld⸗ ermäßigungen nur auf Antrag eintreten zu lassen, damit nur Familien Erleichterungen erfahren, bei denen es notwendig ist. Der Abbau der Provinzialschulkollegien wurde von der Mehrheit nicht für richtig erachtet. Der Dortmunder Schulstreik ist im Ausschuß gleichfalls eingehend besprochen worden, ohne daß ein Nshnh der divergierenden Ansichten möglich gewesen ist.
Dr. Schmitz (Zentr.) rügte in der Aussprache, da Assessoren, 89 ben 40 alt sind, noch immer auf Anstellung warten müssen.
Gymnasialdirektor Trittel, (Dem.) schloß sich dem an und orderte außerdem, daß die Pflichtstundenzahl und die Klassen⸗ feaaem herabgesetzt würden. In den Schulen müsse die Be⸗ deutung der verfassüngsmähisgen Reichsfarben mehr betont werden. Unerhört sei die gesellscha tliche Boykottierung von Lehrern, die sich als Republikaner in den Dienst des Staates stellten.
Herr Buermann (Soz.) äußerte sich in ähnlichem Sinne. Der Geschichtsunterricht sei unter aller Kritik. Parität müsse geübt werden.
Herr Meibom (A.⸗G.) widersprach der Ansicht der Vor⸗ redner. Die Eltern der Kinder seien anderer Ansicht. Bei der körperlichen Ertüchtigung seien Rekordleistungen nicht die Haupt⸗ füche. In den Volksschullasten müsse für die Gemeinden eine Er⸗ leichterung eintreten.
Herr Koenen (Komm.) griff die Religionsgesellschaften heftig an und erhielt vom Präsidenten Dr. Adenauer einen Ordnungsruf.
Dr. Belzer (Zentr.) forderte, daß für die katholischen höheren Mädchenschulen mehr Mittel in den Etat eingestellt würden; sie seien den anderen gegenüber nur mit einem Sechstel bedacht.
Damit schloß die Aussprache. Der Antrag des Haupt⸗ ausschusses, der das allgemeine Gutachten des Staatsrats fest⸗ legt, wurde vom Plenum angenommen. In dem Gutachten wurde mit Befriedigung festgestellt, daß der Haushalt erheblich früher festgestellt ist als im Vorjahr, und daß er an Durch⸗ sichtigkeit gewonnen hat. Empfohlen wurden noch eine Reihe weiterer Wünsche für Umgestaltung der Einzelpläne, so die Trennung der Hoheitsverwaltungen von den Betriebsver⸗ waltungen, möglichst gleichartiger Aufbau aller Betriebs⸗ haushalte, weitere Zusammenfassung gleichartiger Ver⸗ waltungen, Beifügung von Nachweisungen über staatliche Vermögensmassen, einschließlich der Darlehen, und über Be⸗ teiligungen an nicht reinstaatlichen Unternehmungen sowie Einführung eines Extraordinariums zur Aufnahme der auf Anleihe zu nehmenden außerordentlichen Einnahmen und Ausgaben. 1
Mit Bedauern wurde festgestellt, daß den wiederholten Anregungen des Staatsrats, die Personalkosten durch Ver⸗ “ zugunsten der zurückgedrängten Sachaus⸗
)
gaben herabzusetzen, wiederum nicht Rechnung getragen sei.
Der Staatsrat sprach ferner die Erwartung aus, daß sich das
“
In der Bekämpfung des Alkohols müsse mehr
18
Staatsministerium im Interesse des Staates wie auch ganz besonders im Interesse der schwerbelasteten Gemeinden und Gemeindeverbände mit allem Nachdruck für die Aufrecht⸗ erhaltung der sogenannten „kleinen Garantie“ einsetzen werde. Es wurde ferner die Erwartung ausgesprochen, daß die Kosten der Krisenfürsorge in erster Linie vom Reich übernommen und die Gemeinden und Gemeindeverbände nicht 8 belastet würden als bisher. Auch ein Zusatzantrag der Arbeits⸗ gemeinschaft auf Einsparung von 10 vH von Hilfsarbeitern fand die Billigung des Staatsrats.
Der Präsident teilte noch mit, daß die Besichtigungsreise des Gemeindeausschusses nach Altona vom 10. bis 12. Ja⸗ nuar stattfinden solle.
Für die nächste Sitzung des Staatsrats ist der 25. Januar in Aussicht genommen.
Prreußischer Landtag. 230. Sitzung vom 11. Dezember 1926, vormittags 11 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger*)
Vor Eintritt in die Tagesordnung gibt Abg. Pieck (Komm.) folgende Erklärung zu den sozialdemokratischen Be⸗ hauptungen über Munitionslieferungen Ruß⸗
ands für die deutsche Reichswehr ab: 8
Ich bin auf Grund von eingezogenen Erkundigungen in der Lage, festzustellen, daß es eine haltlose Behauptung ist, daß bei deutschen oder ausländischen Banken vom Reichswehrministerium oder Reichswehroffizieren jemals Gelder für Waffen oder Munition eingezahlt wurden, die angeblich von Rußland .“ worden seien. (Hört, hört! bei den Kommunisten.) Ob der von dem Abg. Kuttner in der gestrigen Sitzung des Landtags verlesene Brief existiert oder ob er dem Arsenal der bekannten Dokumenten⸗ fälscher entstammt, kann erst nach Durchsicht der Korrespondenz festgestellt werden. Die Behauptung von der angeblichen Waffen⸗ und Munitionslieferung aus der Sowjetunion an die deutsche Reichswehr bleibt nach wie vor eine Behauptung, die nur zu dem Zweck aufgestellt worden ist, die deutschen Arbeiter über ihre wahren Feinde und ihre Helfershelfer irre zu führen. Die russi⸗ schen Arbeiter und Bauern und ihre Staatsmacht werden stets an der Seite der vom Kaxitalismus unterdrückten Arbeiter und Bauern stehen und niemals an der Seite ihrer Klassenfeinde.
Abg. Sobottka (Komm.) beantragt, die Tagesordnung so umzustellen, daß die Große Anfrage der Kommunisten über die Vermehrung der Unfälle im Bergbau zuerst beraten wird. 8
Abg. Leinert (Soz.) verweist darauf, daß der Kommunist Bartels⸗Crefeld im Aeltestenrat sich damit einverstanden erklärt habe, diese Sache am Montag zu verhandeln. Der jetzige Antrag der Kommunisten sei daher illegal.
Abg. Sobottka (Komm.) bezweifelt die Richt Darstellung Leinerts. Es sei versprochen worden, diese schon am vergangenen Montag zu behandeln.
Mit den Stimmen der Sozialdemokraten und Demokraten wird die Umstellung der Tagesordnung abgelehnt. 1
Das Haus tritt in die Tagesordnung ein und erledigt zunächst kleine Vorlagen. Ohne „Ausschußberatung wird dabei der Gesetzentwurf in allen drei Lesungen und in der Schlußabstimmung verabschiedet, der die Industrie⸗ und Handelskammern ermächtigt, bei Berechnung der festgesetzten Amtsdauer ihrer Mitglieder das Kalender⸗ jahr 1926 nicht in Anrechnung zu bringen.
Die Uebersicht über das Ergebnis des Personal⸗ abbaus in Preußen, wonach durch den Personal⸗ abbau 15 612 Personen abgebaut und hierdurch 30. 374 584 Reichsmark erspart sind, wird durch Kenntnisnahme für erledigt erklärt. 8
Annahme findet ein Entschließungsantrag des Rechts⸗ ausschusses, der das Staatsministerium ersucht, dem Landtag eine Nachweisung vorzulegen über die seit dem 1. Mai 1925 auf preußischem Gebiet begangenen kriminellen Schwerverbrechen. Hierbei sind die Fälle, die zu keiner Feststellung der Täter geführt haben, gesondert aufzuführen.
Es folgt die dritte Beratung des Gesetzentwurfs über die Aerztekammern und einen Aerztekammer⸗ Ausschuß, der bekanntlich Aerztekammern den Charakter öffentlich⸗rechtlicher Einrichtungen verleiht und einen Aerzte⸗ kammerausschuß zur Vermittlung unter den einzelnen Aerzte⸗ kammern sene zwischen Aerztekammern und Regierung einsetzt.
In der allgemeinen Besprechung wird das Wort gewünscht. 9 8
In der Einzelbesprechung tritt 8
Abg. Goebel (Zentr.) nochmals dafür ein, aß anstelle der e für Ober⸗ und Niederschlesien besondeve Kommern für jede der beiden Provinzen gebildet werden und verlangt namentliche Abstimmung über diesen Teil des Gesetzes.
Die Besprechung zur dritten Beratung des Gesetzes ist damit beendet; die Abstimmungen werden auf Antrag Wester (Zentr.) bis nächsten Dienstag verschoben.
Dann steht die Novelle zum Gesetz über die ärzt⸗ lichen Ehrengerichte, das Umlagerecht und die Kassen der Aerztekammern vom 25. November 1899 zur dritten Beratung.
In der allgemeinen Besprechung betont
Abg. Dr. Wester (Zentr.) die Notwendigkeit einer besonderen Stbandesgerichtsbarkeit für Aerzte. Der Arzt müsse Geheimnisse der Familie ebenso wahren wie er die Schamhaftigkeit der Frau und das Seelenleben jedes einzelnen Patienten zu berücksichtigen habe. Im Ausschuß haͤtten die Sozialdemokraten die verletzende Fest⸗ stellung gemacht, daß der größte Teil der Aerzte heute bereits prole⸗ tarisiert sei. Die Linksparteien sollten sich darüber klar sein, welche Gefahr sei die Volksgesundheit in der Proletarisierung der Aerzte
u sehen sei. Die ärztlichen Chrengerichte verhüteten eine Unmenge Verfehlungen: deshalb müsse man dem Gesetz zustimmen.
Richtigkeit der Anfrage
*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden
der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.
(Fortsetzung in der Ersten Beilage)
Verantwortlicher Schriftleiter: J. V.: Weber in Berlin. Verantwortlich für den Anzeigenteil: 1ue“] Mengering in Berlin. 3 Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin. Druck der Preußischen Druckerei⸗ und Verlags⸗Aktiengesellschaft⸗ Berlin Wilhelmstr 232. 3 Vier Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage) und Erste und Zweite Zentral⸗Handelsregi
nicht
8. 8 8 Nr. 291 „ Neichsbankgirokonto.
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Berlin, Dienstag, den 14. Dezember, abends.
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88
Einzelnummern oder einzelne Beilagen
einschließlich des Portos abgegeben.
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Inhalt des amtlichen Teiles: Deutsches Reich.
gesetzblatts Teil 1 und der Nummer 48 Teil II.
Preußen.
Bekanntmachung betreffend Diplomprüfung für den mittleren Bibliotheksdienst usw.
Amtliches. Deutsches Reich. Bekanntmachung.
Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 64 des Reichsgesetzblatts Teil I enthält:
das Gesetz zur Aenderung der Verordnung über Erwerbslosen⸗ fürsorge, vom 10. Dezember 1926,
die Veroronung über den Fachausschuß für das Konfektions⸗
gewerbe sowie die Herstellung von Phantasie⸗
und Wirkwaren in
Erfurt, vom 6. Dezember 1926, und ddie Dritte Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Ablölung öffentlicher Anleihen, vom 4. Dezember 1926.
Berlin, den 11. Dezember 1926. . 8 Gefetzsammlungsamt. Dr. Kaisenberg.
Umfang 1 Bogen Verkaufspreis 15 Pf.
—
Bekanntmachung.
Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 48 des Reichsgesetzblatts Teil II enthält: das Gesetz über den Handelsvertrag zwischen dem Deutschen
Reiche
und der Schwerz, vom 27. November 1926,
die Bekanntmachung über die Ratifikation des Handelsvertrags zwischen dem Deutschen Reiche und der Schweiz, vom 1. Dezember 1926,
die Bekanntmachung über die Rattfikatton des deutsch⸗finnischen vorläufigen Handelsabkommens, vom 30. November 1926
die Bekanntmachung über die Ratifikation des Vertrags zwischen dem Deutschen Reiche und der Lettländischen Republik zur Regelung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Lettland,
vom l
.Dezember 1926, und
die Bekanntmachung über die deutsch⸗dänische Vereinbarung vom
28. Oktober 1926
wegen Befreiung der Angehörigen des anderen
Staates von der militärischen Dienstpflicht im eigenen Staate, vom 8. Dezember 1926
Umsang 6 Bogen. Verkaufspreis 90 Pf.
Berlin, den 14. Dezember 1926. 8
Gesetzsammlungsamt. Dr. Kaisenberg.
Preußen.
Bekanntmachung, betreffend Diplomprüfung für den mittleren Bibliotheksdienst usw. Die nächste Prüfung findet Donnerstag, den 17. März
1927,
bibliothek zu Berlin statt.
lingen
und an den folgenden Tagen in der Preußischen Staats⸗ Da eine große Zahl von Prüf⸗ zu erwarten ist, wird es wieder nötig werden, die
Prüfung in zwei — unmittelbar aufeinanderfolgende — Teile zu zerlegen; Beginn der zweiten Prüfung etwa am 28. März. Gesuche um Zulassung zu einem der beiden Termine sind
nebst
den erforderlichen Papieren (Prüfungsordnung vom
24. März 1916 § 5) spätestens am 17. Februar 1927 dem unterzeichneten Vorsitzenden, Berlin NW. 7, Unter den Linden 38,
einzureichen.
Die Verteilung der Prüflinge auf die beiden
Termine bleibt vorbehalten. In den Gesuchen ist auch anzugeben, auf welche Art von
Schreibmaschinen der Bewerber eingeübt ist.
Von hier aus
können nur Adler⸗Maschinen (Universaltastatur) see Verfügung
gestellt
wollen,
werden; Bewerber, die eine andere Maschine benutzen haben sich diese auf ihre Kosten selbst zu beschaffen.
Berlin, den 17. Dezember 1926.
1926, sitzung.
Der Vorsitzende der Prüfungskommission.
Nichtamtliches.
Deutsches Reich.
Der Reichsrat hält Donnerstag,. den 16. Dezember
gen, betreffend die Ausgabe der Nummer 64 des Reichs⸗
Deutscher Reichstag. 249. Sitzung vom 13. Dezember 1926, nachmittags 3 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.*)
Präsident Löbe eröffnet die Sitzung um 3 Uhr.
Ein Antrag des Abg. Seiffert (Völk.), den Rechts⸗ ausschuß zu beauftragen, die ihm überwiesenen Aufwertungs⸗ anträge möglichst rasch zu erledigen, wird dem Aeltestenrat überwiesen.
Ohne Aussprache in allen drei Lesungen angenommen wird ein Gesetzentwurf zur Aenderung des Gesetzes über das Verfahren in Versorgungssachen, der die Auf⸗ hebung der zeitlichen Beschränkung für die beim Reichs⸗ versorgungsgericht eingesetzten Hilfssenate vorsieht.
Die zweite Beratung des Arbeitsgerichts⸗ gesetzes wird dann fortgesetzt, und zwar bei der Einzel⸗ besprechung der §§ 11 bis 43. Darin wird u. a. die Prozeß⸗ vertretung geregelt und bestimmt, daß bei den Arbeitsgerichten Rechtsanwälte nicht zugelassen sind, dagegen Mitglieder und Angestellte wirtschaftlicher Vereinigungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Nur vor den Landesarbeitsgerichten und dem Reichsarbeitsgericht müssen sich die Parteien durch Rechtsanwälte vertreten lassen. Weiter wird der Aufbau der Arbeitsgerichtsbehörden, der Landesarbeitsgerichte und des Reichsarbeitsgerichtes geregelt. Es wird bestimmt, daß die Arbeitsgerichte als selbständige Gerichte regelmäßig für den Bezirk eines Amtsgerichtes zu errichten sind. Der Vorsitzende und die stellvertretenden Porsttzenden sollen in der Regel ordentliche Richter sein.
Abg. Lambach (D. Nat.) sieht in der Zusammensetzung der Arbeitsgerichte nach den e eine wesentliche Verschlechterung. An die Stelle der Wahl der Beisitzer, wie sie bisher bei den Gewerbe⸗ und erichten üblich gewesen, sei jetzt die Bestellung auf Grund von Listen der wirt⸗ schaftlichen Verbände getreten. Das würde zur Ausschaltung mancher Gruppen führen, die bei Wahlen noch Besisitzer stellen könnten, während die nichtgewerkschaftlichen Minderheiten jetzt nicht einmal mehr Vorschläge machen könnten. Die Wahlen würden keine Belastung der Behörden mit sich bringen, denn sie könnten gleichzeitig mit den doch notwendigen Wahlen zur Ver⸗ waltung der Sozialversicherungen vorgenommen werden. Der Redner beantragt deshalb die Wahl der Beisitzer. Wenn das abgelehnt werde, so müsse man zum mindesten feststellen, welche Organisationen Beisitzer vorschlagen können. r Redner be⸗ antragt deshalb, von der Regierung eine Liste dieser Organi⸗ sationen und eine Angabe darüber zu verlangen, nach welchen Gesichtspunkten die Organisationen ausgewählt werden sollen.
Abg. Giebel (Soz.) lehnt den deutschnationalen Antra ab, besondere Kaufmannskammern zu bilden und wendet 8 noch einmal gegen die Zulassung von Rechtsanwälten. ie enormen Rechtsanwaltskosten würden häufig selbst bei einem obsiegenden Urteil das auffressen, was der Arbeitnehmer erhalte. Die Sozialdemokratische Partei müsse zu dem ganzen Gesetz er⸗ neut Stellung nehmen, wenn die Zulassung der Rechtsanwälte bescheesen Fene
Abg. Gerig (Zentr.) macht darauf aufmerksam, daß das Gesetz ja nicht dne Fectr. n der veraust; zufme na; 8 2gs Kosten könnten also den Arbeitnehmern nicht entstehen. Immer⸗ Fin 1' der Redner gegen den Anwaltszwang. In der Frage der
ulassung der Anwälte sei seine Fraktion nicht einheitlicher Auf⸗
fassung; ein Teil werde 8 ihre Zulassung stimmen. Die zwangsweise Bildung von Fachkammern außer denen für das Handwerk lehne das Zentrum ab.
Abg. Dr. Pfeffer (D. Vp.) erklärt, daß die Mehrheit enes Fraktion die von den Deutschnationalen beantragte Wahl
r eeg ablehne, weil sie zu den Justizbehörden bas Ver⸗ daß sie die Auswahl der Beisitzer gerecht vor⸗ nehmen.
Abg. Höllein (Komm.) beschwert sich über die Beschrän⸗ kung der Redezeit und nennt den Reichstag eine ,Schnellbesohl⸗ anstalt“. Er tritt für die Zulassung der Kriegsbeschädigten⸗ organisationen als Prozeßvertreter und für die Wahl der Bei⸗ siger ein. Die Vorsitzenden sollten dann von der Gesamtheit er gewählten Arbeitsrichter gewählt werden. Der Redner be⸗
antragt ferner die Besetzung der Kammern mit mehr als zwei Beisitzern.
hätte,
5 Uhr nachmittags, im Reichstagsgebäude eine Voll⸗
Ministerialdirektor Dr. Fittesn teilt mit, daß im Jahre 1925 vor Fünf Kaufmannsgerichten überhaupt keine Streitig⸗ keiten entschieden worden seien. 87,5 Prozent dieser Gerichte hätten je höchstens 150 Streitfälle erledigt, während man von einer vollbeschäftigten Kammer erst bei etwa 1000 Streitigkeiten
sprechen könne. Deshalb sei die zwangsweise Bildung von Kauf⸗ mannskammern ganz unzweckmäßig.
Abg. Stöhr (Völk.) bekämpft energisch die H Rechtsanwälte, hat sich aber andererseits nachträglich zur Wahl der Beisitzer bekehrt und stimmt dem deutschnationalen Antrag
u, ebenso der deutschnationalen Entschließung, die eine Liste er Organisationen verlangt.
Zulassung der
*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehohenen Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben ind.
werden nur gegen Barbezahlung oder vorherige Einsendung des Betrages
Abg. Dr. Rademacher (D. Nat.) begründet nochmals seinen Antrag, die Rechtsanwälte und die gemeinnützigen Arbeiter⸗ sekretariate als Prozeßvertreter zuzulassen.
Abg. Dr. Schetter (Zentr.) lehnt die von der Deutschen Volkspartei beantragten Fachkammern für Hausangestellte ab. Namens einer Minderheit seiner Fraktion tritt der Redner für die Zulassung der Rechtsanwälte wenigstens in berufungsfähigen Fällen ein.
Abg. Dr. Wunderlich (D. Vp.) begründet den Antra seiner Fraktion auf Zulassung der Rechtsanwälte. Das Vereaun unwesen bei den ordentlichen Gerichten habe schon längst auf⸗ ehört. Für die Berufungsinstanz beantragt der Redner den Anwaltszwang.
Es folgen die Abstimmungen über die erste Hälfte des Gesetzes. Die von den Deutschnationalen beantragte Verbindung der Arbeitsgerichte mit den ordentlichen Gerichten wird in namentlicher Abstimmung mit 227 gegen 140 Stim⸗ men bei 2 Enthaltungen abgelehnt. Der grundlegende § 1 wird in der Ausschußfassung gegen die Stimmen der Deut . nationalen, eines Teils der Deutschen Volkspartei und der Wirtschaftlichen Vereinigung angenommen.
Im § 2 (Zuständigkeit) will der Ausschuß den Arbeits⸗ gerichten u. a. auch die Entscheidung von Streitigkeiten über Ansprüche auf eine Vergütung oder Entschädigung für die Erfindung eines Angestellten zuweisen. Deutschnationale und volksparteiliche Anträge auf Streichung dieser Be⸗ heeemhn werden abgelehnt. Die Demokraten haben beantragt, ie Zuständigkeit der Arbeitsgerichte zu beschränken auf die Höhe der Entschädigung, so daß die sachliche Grundlage des Anspruches vor den ordentlichen Gerichten entschieden werden soll. Das Ergebnis dieser Abstimmung bleibt zweifelhaft. Die Auszählung ergibt die Ablehnung des Antrages mit 196 gegen 122 Stimmen bei einer Enthaltung. 8ün2 bleibt unverändert, ebenso die §§ 3 und 4 (erweiterte Zuständigkeit und Ausschluß durch Schiedsverträge).
§ 5 GBegriff des Arbeitnehmers) wird ein deutsch⸗ nationaler Antrag, die Handwerkslehrlinge nicht unter das Gesetz fallen zu lassen, abgelehnt. Auf Grund eines Antrages der Regierungsparteien werden „Zwischenmeister, die den überwiegenden Teil ihres Verdienstes aus ihrer eigenen Arbeit am Stücke beziehen“, unter die Arbeitnehmer auf⸗ genommen.
Die folgenden Paragraphen bleiben unverändert.
Zum § 11 (Prozeßvertretung) beantragen Demokraten und Deutsche Volkspartei, die Rechtsanwälte auch in der ersten Instanz bei berufungsfaähigen Gegenständen hreea Dieser Antrag wird durch Auszählung mit 187 gegen 152 Stimmen abgelehnt. Ein gemeinsamer Antrag Schulte (Zentr., Wunderlich (D. Vp.) und Dr. Raschig (Dem.) will die Zulassung der Rechtsanwälte für Streitigkeiten auf Grund des Betriebsrätegesetzes und für solche bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, in denen der Streitwert 300 Mark übersteigt. Der Antrag wird durch Auszählung mit 179 gegen 169 Stimmen abgelehnt. Der Arbeitszwang vor den Landesarbeitsgerichten und vor dem Reichsarbeits⸗ gericht, wobei von den Landesarbeitsgerichten an Stelle der Rechtsanwälte auch Vertreter von Organisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer treten können, wird an⸗ enommen. Gestrichen wird die Bestimmung, daß Personen es öffentlichen Rechts sich durch ihre Beamten vertreten lassen können. In der so gestalteten Fassung wird § 11 durch Auszählung mit 182 gegen 158 Stimmen bei einer Stimm⸗ enthaltung angenommen.
Die Gebühren und Auslagen in §§ 12 und 13 werden nach den Ausschußbeschlüssen angenommen.
Unverändert bleiben auch die §§ 14 bis 16 über Er⸗ richtung, Verwaltung, Dienstaufsicht und Zusammensetzung der Arbeitsgerichte.
Die von den Deutschnationalen zu § 17 beantragte zwangsweise Bildung von Kaufmannskammern und die von der Deutschen Volkspartei beantragte Bildung von Haus⸗ angestelltenkammern wird abgelehnt. Unverändert bleibt demnach § 17 über die fakultative Bildung von Fachkammern, ebenso auch § 18 über die Bestellung der Vorsitzenden, die in der Regel ordentliche Richter sein sollen.
§ 20 bestimmt, daß die Beisitzer auf Grund von Listen berufen werden, die die wirtschaftlichen Vereinigungen ein⸗ reichen; ein deutschnationaler Antrag, die Beisitzer von den Arbeitnehmern und Arbeitgebern wählen zu lüißer wird in namentlicher Abstimmung mit 231 gegen 138 Stimmen ab⸗ gelehnt. Auch ein ähnlicher Antrag der Kommunisten wird abgelehnt. Es bleibt bei der Ausschußfassung. Die nächsten Paragraphen über die Persönlichkeit der Bei⸗
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sitzer, Ablehnungsgründe für das Amt usw. bleiben unver⸗
ändert.