Nachtragsetats des Reichsfinanzminister !ums. Angenommen wurde ein Antrag, worin die Reichsregierung er⸗ sucht wird, die beim Reichsentschädigungsamt entbehrlich werdenden ehemaligen Postbeamten zu ihrer Stammverwaltung urück zu überführen. Weiter wurde ein Antrag angenommen,
er in — Personalien des Reichsfinanzministeriums infolge der Rücküberführung von 82 Beamten der Gruppe VIII, 96 Beamten der Gruppe VII, 126 Beamten der Gruppe VI, 57 Beamten der Gruppe V, 12 Beamten der Gruppe IV und zwei Beamten der Gruppe III zur Post entsprechende Abstriche macht. Angenommen wurde auch ein Antrag Dr. Frick (Völk.) und von Graefe (Völk.), worin die Reichsregierung ersucht wird, für anderweitige Unterbringung der zum 31. Dezember 1926 in größerer Zahl ge⸗ kündigten Angestellten des Reichsentschädigungsamts und anderer Abbaubehörden Sorge zu tragen. Im weiteren Verlauf der Sitzung beschloß der Ausschuß die Reichsregierung zu ersuchen, ihm eine Nachweisung aller im Reichsbesitz in Berlin befindlichen Gebäude und der angemieteten Räume vorzulegen, welche die Art der Be⸗ legung oder Verpachtung, die Zahl der Zimmer und die Zahl der untergebrachten Reichsbediensteten usw. enthält. Auch wurde die Reichsregierung um eine Nachweisung ersucht, wieviel und in welchen Gruppen Planstellen in der Zeit vom 1. April 1926 bis 30. September 1926 besetzt und wieviel davon in den einzelnen Gruppen den Wartestandsbeamten zugefallen sind. Schließlich wurde ein Antrag Dr. Cremer (D. Vp.) und Morath D. Vp.) angenommen, worin die Reichsregierung ersucht wird, mit aller Energie dahin zu wirken, daß 1. im Reiche, den Ländern und den Gemeinden die Haushaltspläne, soweit irgend möglich, nach übereinstimmenden Richtlinien aufgestellt und dabei die Ein⸗ nahmen und Ausgaben mit einer einen genauen Ueberblick er⸗ möglichenden Spezifikation angegeben werden, und zwar ins⸗ besondere sowohl hinsichtlich der Verwaltungs⸗, Pensions⸗ und sozialen Ausgaben wie hinsichtlich der persönlichen Einnahmen und Ausgaben, 2. mit den Haushaltsplänen Tabellen über Zahl und Einstufung der Beamten, Angestellten und Arbeiter, auch in den vom Reiche, den Ländern und Gemeinden oder unter deren Be⸗ teiligung betriebenen werbenden Unternehmungen dem Reichstag vorgelegt werden. Nachdem der Etat des Reichsfinanzministeriums vom Ausschuß genehmigt war, bat Abg. Steinkopf (Soz.) die Reichsregierung, bezüglich der Auszahlung der Weihnachts⸗ gratifikationen nicht erst die Verhandlungen im Plenum des Reichstags abzuwarten, sondern sofort alle Anweisungen in die Wege zu leiten, damit die Auszahlungen auch ganz bestimmt vor Weihnachten den Berechtigten zugeleitet werden könnten. — Hierauf vertragte sich der Ausschuß.
Der Haushaltsausschuß des Reichstags trat nach Beendigung der Plenarsitzung noch zu einer Abendsitzung zu⸗ sammen, um im Rahmen der Nachtragsetatsberatung die An⸗ leiheablösungsfragen zu behandeln. Da der Reichstag den Nachtragsetat noch vor Weihnachten erledigen will, so ist vor⸗ gesehen, daß der Haushaltsausschuß neben seinen Vormittags⸗ siaungen auch noch regelmäßige Abendsitzungen abhalten wird. Dem Ausschuß lagen verschiedene Anträge vor, die den Zweck haben, den alten bedürftigen Gläubigern der Anleiheablösungs⸗ schuld zu helten. Der gesamte Ausschuß war sich in diesem Ziele durchaus einig, so daß die Bedenken finanzieller Natur, die von den Regierungsvertretern in reichlichem Maße dem Haushalts⸗ ausschuß entgegengehalten wurden, ohne Wirkung blieben. Zu den Gerüchten über die Auflegung einer Alblösungsanleihe erklärte im Verlauf der Debatte Staatssekretär Dr. Popitz, daß die Idee einer Ablösungsanleihe sich noch nicht einmal zu einem festen Plan entwickelt habe. Gegenwärtig schwebten lediglich Er⸗ wäagnneon darüber. Eine Vorlage existierte überhaupt nicht. Die ganze Sache sei jedenfalls nicht von amtlicher Seite der Oeffent⸗ lichkeit unterbreitet worden. — In der Abstimmung wurden alle Anträge zur Erleichterung der Lage der bedürftigen Anleihe⸗ gläubioer vom Ausschuß angenommen. Der eine Antrag, der vom Abg. Emminger (Bayer. Vp.) stammt, ermächtigt den Reichs⸗ finanzminister, alten bedürftigen Gläubigern der Anleihe⸗ ablötunasschuld ihre Auslosungsrechte zum Einlösungsbetrag des Auslosunesrechts abzukaufen, und zwar in dem Umfange. wie es in der Bekanntmachung vom 11. September 1926 angeführt ist. Der zweite Antrag, für den die Wirtschaftliche Vereinigung zeichnet, verlangt eine Abänderung desjenigen Paragraphen in der ersten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Ablösung öffentlicher Anleihen vom 8 Sevtember 1925, der die Zusommensetzung des Ausschusses für Vorzugsrenten betrifft, nämlich des § 41. Der erste Absatz dieses Paragraphen soll fol⸗ genden Wortlaut erhalten: Der Ausschuß für Vorzugsrenten be⸗ stebt aus einem Beamten der Bezirksfürsovgestelle, einem Beamten desienigen Versorgungsamts, in dessen Bezirk die Bezirksfürsorge⸗ stelle ihren Sitz hat, sowie einem vom Selbstverwaltungskörper des Bezirks (Bezirkstages Reichsverband, Gemeinde) gewählten Vertreter, der nicht Beamter sein darf, und einem Vertreter des Sparerbundes (Orts⸗, Kreis⸗ oder Bezirksgruppe). Dieser letzte Zusatz geschah auf Antrag der Abgg. Seiffert und Dr. Best (Völk.). Alle diese Anträge wurden einstimmig oder mit großer Mehrheit angenommen. Ferner wurde der Härtefonds für Not⸗ opferobfindunagen, der im Nachtragsetat mit 20 Mil⸗ lionen Mark aufgeführt ist, auf Antrag des Aba Philipp (D Nat.) um 10 Millionen Reichsmark, also auf 30 Millionen Reichsmark erböht. Die Mittel dieses Fonds sollen zu Barabfin⸗ dungen an bedürftige Steuerpflichtige verwendet werden die Not⸗ opfer in Kriegsanleihe gezahlt haben, denen aber nach den gesetz⸗ lichen Bestimmungen das Notopfer nicht erstattet werden kann. Die Annahme dieser Erhöhung geschah einstimmig, trotzdem von Staatssekretär Dr. Popitz schwerwiegende finanzielle Bedenken in eindrinalichster Weise geltend gemacht wurden. Hierauf ver⸗ tagte sich der Ausschuß.
Der Haushaltsausschuß des Reichstags setzte am 11. d. M. unter dem Vorsitz des Abg. Heimann (Soz.) die Beratung des zweiten Nachtragsetats 1926 beim „Reichs⸗ wirtschaftsministerium“ fort. Den Bericht erstattete Abg. Raumer (D. Vv.) mon erfuhr dabei vom Leiter des Statistischen Reichsamts, daß die Reichsergebnisse der gewerblichen Betriebs⸗ zählung bis Anfang nächsten Jahres vorliegen würden, desgleichen
ie der landwirtschaftlichen Betriebszählung. Die Berufszählung hofft Preußen — die Aufbereitung liegt in der Hauptsache den Löndern ob — bis zum Februar fertigstellen zu können. Das Reich würde dann sofort die Reichsergebnisse veröffentlichen können. Teilergebnisse würden dauernd veröffentlicht Auf eine Anfrage des Abg. Ersina (Zentr.) wurde seitens der Regierung mitgeteilt, daß der Reichskoblenkommissar im Etat 1927 nicht mehr erscheinen werde. Seine Arbeit habe sich gerade in den lenten Monaten wäbrend des englischen Kohlenstreiks recht nütz⸗ lich exwiesen. Das Minsterium werde neue Vorschläge machen. Abg. Wissell (Soz.) wies darauf hin, daß, wenn der Kohlen⸗ kommissar falle, das Reichswirtschaftsministerium diese Aufgabe übernehmen müsse. Abg. Dr. Raumer (D. Vp.) bemerkte, die Kohlenlace sei durchaus labil und ändere sich von Vierteliahr zu Vierteliahr. Deshalb müsse dafür immer ein geeigneter Apparat vorhanden sein. Abg. Schlack (Zentr.) betonte, seiner Partei liege nur an einem Abbau des aroßen Apparats des Kohlen⸗ kommissars. Das Ministerium müsse diese Aufgaben selbst lösen können. — Es entspann sich dann eine Aussprache über Möglich⸗ keiten der Aus fuhrförderung, an der sich neben Ver⸗ tretern der Regierung beteiligen die Abgeordneten Schlack (Zentr.), Keinath (D. Vp.) und Dr. von Raumer (D. Vp.). Angenommen wurden schließlich mit großer Mehrheit Anträge: 1. dem Artikel 2 des Nachtragshaushaltsgesetzes folgenden Zusatz anzufügen: „d) Garantien zur Förderung des deutschen Außen⸗ handels bis zum Betrag von 175 Millionen Reichsmark zu über⸗ nehmen, 2. die Reichsregierung zu ermächtigen, mit der Handels⸗ vertretung der Sowietregierung in abschließende Verhandlungen wegen etwaiger Verlängerung der Bestellfristen zu treten.“ Abg. Keinath (D. Vp.) lenkte die Aufmerksamkeit der Regierung auf die Notwendiakeit, eine technische Vereinheitlichung der für die Ancchlußanlagen der Elektrizitätswerke geltenden Be⸗ stimmungen durchzusetzen. Diese Vereinheitlichung sei nicht nur
im Interesse der Vereinheitlichung der Fabrikation elektrotech⸗ nischer Apparate, sondern auch zur Vermeidung von Material⸗ monopolen erforderlich. Diese Materialmonopole, die parallel gingen mit dem Streben nach Installationsmonopolen, seien im Interesse des gewerblichen Mittelstandes unbedingt zu unter⸗ binden. Er hoffe, daß diese Ziele durch Zusammenarbeit der interessierten Kreise im Verband deutscher Elektrotechniker erreicht werden würden Sei dies nicht erreichbar, so müsse die Gesetz⸗ gebung eingreifen. Abg. Vieland (Dem.) uneerstützte diese Anregung. Staatssekretär Trendelenburg sagte die Ver⸗ folgung der Angelegenheit durch das Reichswirtschafts⸗ ministerium zu. Der Etat des Reichswirtschafts⸗ ministeriums wurde genehmigt. — Es folgte die Beratung des Haushalts des Reichsarbeits⸗ ministeriums. Den Bericht erstattete Abgeordneter Hoch (Soz) Eine Aussprache entspann sich um die Planstellen der⸗ jenigen Beamten, die am 1. Januar für das Internationale Arbeitsamt nach Genf delegiert werden, und um die Sicherung ihrer Pensionsansprüche. Nach längerer Debatte wurden die angeforderten Stellen aus dem vorliegenden zweiten Nachtrags⸗ etat zurückgezogen, die Sache soll später Sn.un. im Hauptetat für 1927 geregelt werden. Angenommen wurde ein Antrag Hoch (Soz) und Ersing (Zentr.), die Etatsposition, die die Arbeits⸗ vermittlung und Erwerbslosenfürsorge betrifft, um 40 Millionen Reichsmark, also auf insgesamt 300 Millionen Reichsmark, zu erhöhen. Von den Mitteln der unterstützenden Erwerbslosen⸗ fürsorge sind den Ländern bis zum 2. Angust 1926 insgesamt 109 Millionen Reichsmark überwiesen worden. Der Rest von 91 Millionen Reichsmark reicht zur Deckung des auf die Reichs⸗ beihilfen entfallenden Aufwandes voraussichtlich nur bis ein⸗ schließlich November dieses Jahres aus. Deshalb waren bei un⸗ veränderter Arbeitsmarktlage in den vier Wintermonaten (De⸗ zember bis März) Nachforderungen nötig, die den ganzen Betrag auf 300 Millionen Reichsmark erhöhten. — Bewilligt wurden ferner 1 Million Reichsmark als Beihilfen für saarlän⸗ dische Sozialversicherte außerhalb des Saargebiets. Die Abtrennung der Sozialversicherung des Saargebiets von der Reichsversicherung und die Entwertung des Franken haben dazu geführt, daß die Leistungen der Saarversicherung wesentlich ge⸗ ringer sind als die entsprechenden Leistungen im übrigen Dent⸗ schen Reich Die außerhalb des Saargebiets wohnenden Be⸗ rechtigten sind hierdurch in besondere Not geraten, da die Franken⸗ rente zur Bestreitung der notwendigen Markausgaben nicht aus⸗ reicht. Nach der Bekanntmachung des Reichsarbeitsministers über Reichsbeihilfen für saarländische Versicherte außerhalb des Saar⸗ gebiets vom 28. September 1926 werden deshalb auf dem Ge⸗ biete der Kranken⸗, Unfall⸗, Invaliden⸗, Angestellten⸗ und knapp⸗ schaftlichen Versicherungen Beihilfen zu den Leistungen der Saar⸗ versicherung gewährt. Die Beihilfen werden auf dem Gebiete der Angestelltenversicherung von der Reichsversicherungs⸗Anstalt für Angestellte., im übrigen zu Lasten des Reichs von der für den Wohnort des Berechtigten zuständigen Landesversicherungsanstalt gezahlt. Der sich zu Lasten des Reichs ergebende Geldbedarf wird auf etwa ein bis zwei Millionen Reichsmark jährlich geschätzt. Zwischen der Reichsregierung und der Regierungskommission des Saargebiets schweben Verhandlungen über die Regelung agrund⸗ sätzlicher Fragen im Verhältnis der Saarversicherung zur Reichs⸗ versichernung mit dem Ziele, für die Zukunft die Lage der Saar⸗ rentenempfänger zu verbessern. — Wegen des Beainns der Plenar⸗ sitzung mußte alsdann der Haushaltsausschuß seine Beratung ab⸗ brechen, die er nach Schluß des Plenums am Abend fortsetzte.
In seiner Abendsitzung beendigte der Haushalts⸗ ausschuß die Beratung des Nachtragsetats des Reichsarbeits⸗ ministeriums. Zunächst wurde ein Antrag der Abg. Dr. Marie Lüders (Dem.) einstimmig angenommen, daß von den im Nachtragsetat vorgesehenen 200 Millionen für Klein⸗ wohnungsbauten 10 Millionen verwendet werden dürfen für bautechnische Versuche, insbesondere für die Errichtung von Versuchsbauten und Versuchssiedlungen. Damit soll der Weg gebahnt werden, um planmäßig an Hand großer Versuche in Stadt und Land Baumethoden und Materialien auf ihre Wirt⸗ schaftlichkeit hin zu prüfen und zu beobachten und dadurch zu der so dringend notwendigen Vermehrung, Verbesserung und vor allen Dingen Verbilligung des enee für die minder⸗ bemittelte Bevölkerung beizutragen. eiter bewilligte der Aus⸗ schuß 130 Millionen Reichsmark zur Beschaffung von Arbeitsgelegenheit für Erwerbslose durch Förderung wirtschaftlich wertvoller Arbeiten. ur Besserung der Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt ist im Rahmen des Arbeits⸗ beschaffungsprogramms beabsichtigt, in Anlehnung an die Be⸗ stimmungen über die Verwendung der Mittel der produktiven Erwerbslosenfürsorge wirtschaftlich wertvolle Arbeiten zu fördern. Hierfür sind von dem bewilligten Betrage von 130 Millionen Reichsmark 100 Millionen Reichsmark in Aussicht genommen. Die weiteren 30 Millionen Reichsmark sind als erster Teilbetrag von insgesamt rund 75 Millionen Reichsmark zur Förderung des Baues von Fada; ats in en gg vorgesehen, die bisher aus Mitteln der produktiven Erwerbslosenfürsorge nur in beschränktem Umfange erfolgen konnte. Zum Schluß nahm der Ausschuß einen Antrag der Regierungsparteien an, der bei den einmaligen Aus⸗ gaben des Reichsarbeitsministeriums einen Betrag von 25 Mil⸗ lionen Reichsmark zu einmaligen IE“ nahmen für langfristige Erwerbslose, Sozial⸗ und Kleinrentner in den Etat neu einstellt. Die Ver⸗ teilung dieser 25 Millionen Reichsmark soll so erfolgen, daß alsbald als Weihnachtsbeihilfe gezahlt werden: 1. An die Hauptunter⸗ stützungsempfänger aus der Erwerbslosenfürsorge, soweit sie über 26 Wochen erwerbslos sind, einschließlich der Zuschlagsempfänger, soweit an die Empfänger von Unterstützungen, die auf Grund der Krisenfürsorge gewährt werden, einen Betrag in Höhe einer halben Wochenunterstützung, 2. an die Empfänger von Renten aus der Invalidenversicherung einen Betrag von je sechs Reichsmark auf jede Invaliden⸗, Witwen⸗ und Witwerrente und von je drei Reichs⸗ mark auf jede Waisenrente, 3. an die zum Empfang von Klein⸗ 111“ berechtigten Personen einen Betrag von je einem Drittel der Feenetsng e h eng Die Sozialdemokraten verlangt, daß nicht 25 Millionen Reichsmark, sondern 60 Millionen Reichsmark für diese Zwecke bereitgestellt werden. Um aber den Antrag der Regierungsparteien, nachdem der E11““ e Antrag abgelehnt war, nicht auch noch zu Fall zu bringen und da⸗ durch auf die ganze Notstandsmaßnahme zu verzichten, enthielten sich bei der Abstimmung über den Antrag der Regierungsparteien ie Sozialdemokraten der Stimme. Der Ausschuß genehmigte dann noch die weniger wesentlichen P des Etats des Reichsarbeits⸗ ministeriums, womit die Ausschußlesung dieses Etats erledigt war. — Fortsetzung der Beratung des Nachtragsetats am Montag.
— Der Sozialpolitische Ausschuß des Reichs⸗ tags beschäftigte sich am 11. d. M. vormittags mit dem sozial⸗ öö Antrag auf Erhöhung der Erwerbslosen⸗ unterstützung, der schon seit längerer Zeit vorliegt, und mit einem von den Regierungsparteien neu eingebrachten Antrag über die Weihnachtsbeihilfe für die Erwerbslosen usw. Nach diesem Antrag sollen erhalten die über 26 Wochen Erwerbs⸗ losen eine halbe Wochenunterstützung, die Invalidenrentner 6 Mark, die Waisen 3 Mark und die Kleinrentner ein Drittel der Monatsrente als einmalige Beihilfe. Die Sozialdemokraten be⸗ antragten im Ausschuß, den über 26 Wochen Erwerbslosen eine doppelte Wochenunterstützung und den übrigen Erwerbslosen eine volle Wochenunterstützung zu zahlen. Auch den Demokraten und den Zentrumsmitgliedern des Ausschusses erschien die gemeinsam beantragte Beihilfe zu gering, während von seiten der Deutschen Volkspartet grundsätzliche Bedenken gegen eine Beihilfe an die Erwerbslosen geltend gemacht wurden. Man solle lieber eine all⸗ gemeine Erhöhung der Unterstützungen eintreten lassen, wenn sie nötig sei. — Da die Vollversammlung des Reichstags bereits um 12 Uhr begann, so konnte die Debatte nicht zu Ende geführt werden, “ mußte ohne Beschlüsse abgebrochen werden, so da er Haushaltsausschuß des Reichstags, der sich am Sonnaben abend mit dieser Frage zu beschäftigen hatte, ohne ein Gut⸗ achten des Sozialpolltischen Ausschusses darüber entscheiden mußte
2 “ ꝙ½
11“ des Preußischen Land⸗ tags setzte am 11. d M. die Verhadlungen über die Be⸗ bo ldungsanträge fort. Finanzminister Dr. Höpker⸗ Aschoff erklärte laut Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger zucleich im Namen und im Auftrage des Ministerpräsidenten, daß das Staatsministerium beschlossen habe, in der Frgge der Weihnachtsbeihilfe dieselbe Regelung zu treffen wie im Reiche. Das Staatsministerium habe weiter beschlossen. die Mittel für diese Aufwendungen vom Reich zu verlangen. Der preußische Ministerpräsident habe sich mit einem sozialdemokratischen Antrag einverstanden erklärt, wonach das Reich den Ländern die Mittel für eine Besoldungsaufbesserung überweisen solle, Der Fmanzminister wies weiter darauf hin, daß Brußen von sich aus die mit den einzelnen Anträgen der verschiedenen Fraktionen ge⸗ forderten Mittel nicht aufbringen könne. Das Reich habe das Verlangen der Länder auf Erstattung der Ausgaben für die Weih⸗ b abgelehnt. Es erscheine zum mindesten säbr zweifelhaft, ob das Reich angesichts seiner Finanzlage bereit sei, für eine Dauer⸗ maßnahme Summen zur Verfügung zu stellen. m teresse der Beamten dürften keine Anträge gestellt werden, deren Erfüllbarkeit nicht gesichert sei. Aus staatspolitischen Gründen dürften die höheren Beamten bei einer Besoldungsaufbesserung nicht ausgeschlossen werden. Die Fragçe der Besoldungsneuregelung werde nach der Er⸗ klärung des Reichsfinanzministers jetzt in Fluß kommen. Man müsse sich darüber klar sein, daß man bei einer Besoldungsneuregelung auf die Lage der Beamten und auf die finanzielle Möglichkeit und auf die Tragfähickeit der deutschen Wirtschaft Rücksicht nehmen müsse. — Der Ausschuß nahm schließlich nach längerer Aussprache einen Antrag an, das Staatsministerium zu ersuchen, eine laufende Erhöhung des Zuschlags auf die Grundgehälter in den Besoldungs⸗ gruppen 1 bis VI auf 25 %, in den Gruppen VII bis IX auf 20 %, in den Gehaltsgruppen X bis XII auf 18 % und in der Gehalts⸗ gruppe XIII auf 15 % vorzunehmen. Der Wohnungsgeldzuschuß oll auf 120 % bemessen werden, der Frauenzuschlag soll um 100 *%, ie Kinderzuschläce um 50 % erhöht werden. Finanzminister Dr. Höpker⸗Aschoff machte darauf aufmerksam daß der Haupt⸗ ausschuß des Landtags sich nunmehr mit der Deckungsfrage beschäftigen müsse. — Ministerialdirektor Weyhe erklärte, daß die Regelung der Weihnachsbeihilfe wie im Vorjahre erfolgen werde. Er habe die Absicht, die Bezüge für die Staatsbeamten einstweilen anzuweisen.
Handel und Gewerbe. Berlin, den 14. Dezember 1926. Telegraphische Auszahlung.
— — — —— —,
1.
14. Dezember Geld Brief 1,717 1,721 4,193 4,203 1 Yen 2,0500 2,054 ägypt. Pf. 20,884 20,936 ürk. £ 2,11 2,12 20 347 20,397 4,195 4205 0,494 0,496 4,245 4,255
167,81 168,23 5,34 5,36
58,35 58,49 81,42 81,62 10.555 10,595 19,08 19,12 7,402 7,422 111,79 112,07
21,525 21,575 106,17 106,43
16,745 16,785
12,424 12,464 81,06 81 26 3,03 3,04 100 Peseten 64,35 64,51
100 Kr. 112,12 112,40 100 Schilling] 59,17. 59,31 100 000 Kr. 5,865 5,885
13. Dezember Geld Brief 1,715 1,719 4,194 4.204 2,048 2,052
20,889 20,941. 2,112 2,122
20,353 20,403 4,196 4,206 0,479 0,481 4,225 4,235
167,77 168,19 5,34 5,36
58,49 81,65 10,595 19,34 7,42 112 04
21,575 106,20 16,86 12,464 81,265 3,043 63,97
112.12 112,40 59,17 59,31 5,87 5,89
Buenos⸗Aires. Canada Jäapban. Kairo 1 Konstantinopel 1 London 1 New York...
1
1 Pap.⸗Pes. 1 kanad. 8
Milreis
Rio de Janeiro Goldpeso
Uruguav . .. Amsterdam⸗ Rotterdam . NII Brüssel u. Ant⸗ werpen ... Doni . . .. Helsingfors.. Stalten. . Jugoslawien.. Kopenhagen .. Lissabon und Oporto... E“ ee e SIö Schweiz ... Z“ Spanien.. Stockholm und Gothenburg. Wien . ..... Budapest..
100 Gulden 100 Drachm.
100 Belga 100 Gulden 100 finnl. ℳ 100 Lire
100 Dinar 100 Kr.
100 Escudo 100 Kr. 100 Frcs. 100 Kr. 100 Fres. 100 Leva
58,35 81,45
10,555 19,30 7,40 111,76
21,525 105,94 16,82 12,424 81,065 3,033 63,81
— —
Ausländische Geldsorten und Banknoten.
13. Dezember Geld Brief
1
14. Dezember Geld Brief
Sovereigns.. — 20 Fres.⸗Stüͤcke 16,205 8— Gold⸗Dollars. 8 4,198 Amerikanische:
1000 — 5 Doll. 4,205 4,186 2 und 1 Doll. 4,179 4,199 4,18 Argentinische. 9 es. 1,696 1,716 1,695 Brasilianische. 1 Milreis 0,485 0,505 0,47 Canadische.. 1 kanad. 8½ — — 4,17 20,32 20,317
Englische: gfoße .. . 18 20,322 1 Lu. darunter 1 £ 20,318 Türkische... 1 türk. Pfd. 2,08 2,085 Belgische 100 Belga 58,28 58,30 Bulgarische .. 100 Leva — — Dänische 100 Kr. 111,57 111,47 Danziger. 100 Gulden 81,20 81,20 Finnische.. . 100 finnl. ℳ 10,51 10,51 Französische . 100 Frcs. 16,735 16,81 167,45 167,40 168,24 19,07 19,25 19,35 7,36 7,40 105 73 106,27
16,125
4,185
20,422 20,418 2,12
58,58
112,13 81,60 10,57 16,815
168,29
19,17 7,395 106,52
112,03 81,60 10,57 16,89
olländische. 100 Gulden
7,355
talienische: über 10 Lire] 100 Lire Jugoslawische. 100 Dinar Norwegische 100 Kr. 105,98 Rumänische: 1000 Lei und neue 500 Lei unter 500 Lei Schwedische.. Schweizer... Spanische ... Tschecho⸗slow. 5000 Kr... 1000 Kr. u. dar. Oesterreichische Ungarische ...
100 Lei
100 vei
100 Kr. 100 Fres. 100 Peseten
100 Kr.
100 Kr.
100 Schilling 100 000 Kr.
2,17
111,84 80,96 64,19
12,41
12,41
59,05 5,835
2,21 2,15 2,19
11240 111,82 112 38 81,36 81,00 81,40 64,51 63,54 63,86
12,47
12,47
59,35 5,875
12,472
12,412 59,39
59,09
(Weitere Nachrichten über „Handel u. Gewerbe“ s. i. d. Ersten Beilage.)
Verantwortlicher Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenburg.
Verantwortlich für den Anzeigenteil: Rechnungsdirektor Mengering in Berlin.
Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin. Druck der Preußischen Druckerei⸗ und Verlags⸗Aktiengesellschaft. — Berlin Wilhelmstr 23. “
Vier Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage und Erste und Zweite Zentral⸗Handelsregister⸗Beilage.
Der Bezugspreis beträgt vierteljährlich , — Neichsmark. Alle Postanstalten nehmen Bestellung an. für Berlin außer den Postanstalten und Zeitungsvertrieben für Selbstabholer auch die
Geschäftsstele SW. 48, Wilhelmstraße Nr. 32. Einzeine Nummern hosten 0,30 Reichsmark.
Fernsprecher: Zenrum 1573
Nr. 29 2 „ Reichsbankgirokonto. Berlin
Anzeigenpreis sfüär den Raum
einer 5 gespaltenen Einheitszeile (Petit) 1,05 Neichsmark, einer 3 gespaltenen Einheitszeile 1,75 Neichsmark.
Anzeigen nimmt an
die Geschäftsstelle des Reichs⸗ und Staatsanzeigers Berlin SW. 48, Wilhelmstraße Nr. 32.
82 ——
Mittwoch, den 15. Dezember, abends.
8g
Einzelnummern oder einzelne Beilage
—
n werden nur gegen Barbezahlung oder vorherige Einsendung des Be einschließlich des Portos abgegeben.
Postscheckkonto: Berlin 41821. 1 926
—
trages
86
8 Deutsches Reich.
Bekanntmachung, betreffend die Erledigung beim Reichsta eingegangener Petitionen. 3“ Bekanntmachung über den Londoner Goldpreis.
3eanhimachung. Der Reichstag hat in seiner heutigen Plenarsitzung be⸗ schlossen, die zum Entwurf eines Arbeitsgerichtsgesetzes ein⸗ gegangenen Petitionen für erledigt zu ertlären. Eine weitere Benachrichtigung erfolgt nicht. Berlin, den 13. Dezember 1926.
Bekanntmachung .
über n Londoner Goldpreis gemäß § 2 der Ver⸗
ordnung zur Durchführung des Gesetzes
beständige Hypotheken vom 29. Juni 1923. 1 (RGBl. 1 S. 482.)
Der Londoner Goldpreis beträggtt.— für eine Unze Feingold .. .84 gh 11 ½ d, für ein Gramm Feingold demnach . 32,7777 pence.
Vorstehender Preis gilt für den Tag, an dem diese Bekannt⸗ machung im Reichsanzeiger in Berlin erscheint, bis einschließlich des
Tages, der einer im Reichsanzeiger erfolgten Neuveröffentlichung
vorausgeht
Berlin, den 14. Dezember 1926.
Devisenbeschaffungsstelle, Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Seckel. ppa. Goldschmidt.
Richtamtliches. Deutsches Reich.
„Der Reichsrat beschäftigte sich gestern in einer öffentlichen Vollsitzung nochmals mit der Verlängerung des sogenannten Sperrgesetzes, wonach die Aussetzung von Gerichtsverfahren in Prozessen der Länder mit den ehemals regierenden Fürstenhäusern bis zum 30. Juni 1927 verlängert werden soll. Dazu war ein Antrag Thüringens gestellt worden, einen zweiten Artikel einzufügen, wonach bis zum Ablauf der Geltungs⸗ dauer des Sperrgesetzes Gegenstände, die zur Vermögensmasse der ehemals regierenden Fürstenhäuser gehören, über deren Verteilung zwischen Land und Fürstenhaus Streit besteht, nur mit Zustimmung des Landes an Dritte veräußert werden können. Die Reichsregierung hatte Bedenken geäußert, gegen die Belastung eines Gesetzentwurfs rein prozessualen Inhalts mit diesem Artikel II, weil zu befürchten sei, daß der Reichs⸗ tag das Gesetz nicht mehr verabschieden würde, bevor er in die Ferien geht. Gleichwohl haben die Ausschüsse des Reichs⸗ rats für Rechtspflege und für innere Verwaltung dem Antrage Thüringens zugestimmt.
In der Vollversammlung erklärte ein Vertreter der Reichsregierung laut Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger: Für die Verabschiedung des Sperrgesetzes ist der Gesichtspunkt Bestimmung gewesen, es müsse verhindert werden, daß durch Erlaß weiterer auf Grund des geltenden Rechts ergehender Gerichtsurteile der Verteilung von Vermögensmassen vorgegriffen und die Auseinandersetzung zwischen Ländern und den vormals regierenden Fürstenhäusern erschwert würde. Die Reichsregierung hat im verflossenen Sommer ihre Vorlage zurückgezogen in der Erwartung, daß es in absehbarer Zeit gelingen werde, die schwebenden Streitfälle im Wege güt⸗ lichen Ausgleichs aus der Welt zu schaffen. In dem bedeut⸗ samsten Fall, in Preußen, ist das auch gelungen. Wenn sie eine Verlängerung der Sperre vorschlägt, so will sie damit verhindern, daß gegebene Vergleichsmöglichkeiten in noch nicht erledigten Fällen durch Wiederaufnahme von Prozessen zerstört werden. Die Regierung hat geglaubt, mit einer auf kurze Zeit bemessenen Ver⸗ längerung der Sperre vergleichsfördernd zu wirken. Ueber diesen Rahmen hinaus hat Thüringen beantragt, den Fürstenhäusern ein Faterentes Veräußerungsverbot der zu den strittigen Vermögens⸗ e Gegenstände aufzuerlegen. Die Reichs⸗ reg rung glaubt dazu im Augenblick keine sachliche Stellung nehmen zu sollen, ist aber der Ansicht, daß, wenn diese Be⸗ chränkung in das Gesetz einbezogen wird, dies im Reichstag voraussichtlich zu nicht unerhebllchen Schwierigkeiten bei der
über wert⸗
Verabschiedung führen würde. Sie befürchtet, daß in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit die Vorlage nicht mehr erledigt werden wird. Die Verantwortung hierfür glaubt die Reichs⸗ regierung nicht übernehmen zu können und bittet daher, den Antrag Thüringens abzulehnen. Im übrigen glaubt die Re⸗ gierung sich einig mit den Ländern darin, daß alles geschehen müsse, um innerhalb der neuen Frist im Wege des Ausgleichs die 19 bestehenden Schwierigkeiten endgültig aus der Welt zu chaffen. — Der Vertreter von Thüringen erklärte gegenüber der Reichsregierung, das starke Interesse Thüringens betonen zu müssen, daß es unmöglich gemacht werde, strittige Vermögens⸗ stücke aus dem Lande zu bringen. Die bisherigen Erfahrungen zeigten, daß das Sperrgesetz nicht genüge. Die Vorlage wurde mit dem Antrage Thüringens von der Vollversammlung ohne besondere Abstimmung an⸗ genommen. 8
“
88
Der tschechoslowakische Gesandte Dr. Kxrofta hat Berlin verlassen. Während seiner Abwesenheit führt Legationsrat Dr. Blahoz die Geschäfte der Gesandtschaft.
Der litauische Gesandte Sidzikauskas hat Berlin lassen. Während seiner Abwesenheit führt Legationsse Lozoraitis die Geschäfte der Gesandtschaft.
Deutscher Reichstag. 249. Sitzung vom 13. Dezember 1926.
“ Nachtrag. 8 Ddie Reden, die der Reichsarbeitsminister Dr. Brauns im Laufe der Beratung des Arbeitsgerichtsgesetzes außer der bereits veröffentlichten Rede gehalten hat, S nach den vorliegenden Stenogrammen folgenden Wortlaut:
Die erste Rede:
Meine Damen und Herren! Unter Nr. 2816 schlagen die Abgeordneten Lambach und Genossen eine Entschließung vor, die Reichsregierung zu ersuchen, eine öffentliche Liste derjenigen Organisationen anzulegen, die im Sinne dieses Gesetzes wirtschaft⸗ liche Vereinigungen der Arbeitnehmer oder wirtschaftliche Ver⸗ einigungen der Arbeitgeber sind. Sachlich habe ich zu dieser Frage bereits in einer Regierungserklärung am vorigen Samstag Stellung genommen. Ich kann nicht erkennen, wie durch diese Entschließung und eine eventuelle Annahme dieser Entschließung die Klärung der Frage irgendeinen Fortschritt erfahren könnte. Die gegenwärtige Praxis in der Frage ist bekannt. Es fehlt jegliche Rechtsgrundlage, um eine solche Liste herzustellen. Ein solches Verzeichnis würde sich auch jeden Augenblick wieder ändern können. Im übrigen würden wir, wenn wir jetzt diese Frage, nach welchen Gesichtspunkten das Verzeichnis in Zukunft fest⸗ gestellt werden sollte, lösen wollten, dem künftigen Gesetz über Tarisverträge und Berufsvereine vorgreifen. Es ist unmöglich, auf diese Weise eine so schwierige Frage rechtlich zu klären. Ich möchte deshalb bitten, diese Entschließung abzulehnen. “
Die zweite Rede: 1“
Meine Damen und Herren! Die Reichsregierung hat sich während der Ausschußverhandlungen zur Frage der Kennzeichen der wirtschaftlichen Vereinigungen bereits geäußert. Ich habe es in meiner Erklärung am vorigen Samstag auch wieder getan und dabei den Hauptnachdruck auf die tatsächliche Selbständigkeit gegen⸗ über dem anderen Partner auf dem Gebiete des Arbeitsvertrags gelegt. Mehr kann ich hier in der gegenwärtigen Situation nicht sagen. Mehr können Sie, Herr Lambach, auch mit Hilfe Ihrer Liste nicht erreichen. Denn an eine solche Liste wären die Gerichte ja doch nicht gebunden, und bei diesen liegt — das habe ich auch am Samstag erklärt — die Entscheidung. Die Schlichtungsaus⸗ schüsse, die Gerichte, die Reichsarbeitsverwaltung haben die Ent⸗ scheidung von Fall zu Fall. Mit einer solchen Liste werden diese Instanzen nicht gebunden. Deshalb ist Ihr Antrag nicht praktisch, und ich kann nur empfehlen, ihn abzulehnen. ““
250. Sitzung vom 14. Dezember 1926, nachmittags 3 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.*)
Präsident Löbe eröffnet die Sitzung um 3 Uhr.
Ein deutschnationaler Antrag, die Reichsregierung zu ersuchen, für das Jahr 1927 den Bienenzüchtern für jedes Bienenvolk 10 Kilogramm Zucker von der Zuckersteuer frei⸗ zustellen, wird dem Steuerausschuß überwiesen.
*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden der Herren Minister, die im Wortlaute wiedergegeben sind.
Die zweite Lesung des Nachtragshaushal wird dann fortgesetzt beim ngbeichenesaheshehnan⸗ Den Ausschuß hat u. a. die für die unterstützende Erwerbslosen⸗ fürsorge ausgesetzte Summe in Höhe von 60 Millionen Mark auf 100 Millionen erhöht. Zu einmaligen Notstands⸗ maßnahmen für langfristig Erwerbslose, Sozial⸗ und Klein⸗ rentner sind neu 25 Millionen eingestellt worden.
Der Abg. och (Soz.) beantragt, den Betra 5 25 Millionen 8 Heistncn0 zu erhshen. 8 “
Reichsarbeitsminister Dr. Brauns: Meine Damen und Herren! Der Herr Berichterstatter hat sich soeben beklagt, daß die Leerstellen für die nach Genf zu beurlaubenden Beamten des Arbeitsministeriums, die im jetzigen zweiten Nachtragshaushaltsplan ursprünglich vorgesehen waren, zunächst gestrichen worden sind. Der Grund dafür liegt in der Stellungnahme des Haushaltsausschusses zu der Forderung neuer Stellen für das Reichsverkehrsministerium. Man hat den Grundsatz aufgestellt, daß im Nachtragshaushalt keine neuen Stellen gefordert werden sollten. Ich gebe zu, daß der Begriff „neue Stellen“ nicht in beiden Fällen in gleicher Weise angewandt werden könnte, aber er ist nun tatsächlich doch in gleicher Weise angewandt worden. Inzwischen hat sich allerdings die Notwendigkeit ergeben, daß für die vom Auswärtigen Amt zum Dienst im Völker⸗ bundssekretariat zu beurlaubenden Herren Stellen ohne Gehalt ge⸗ fordert werden, die unbedingt zum 1. Januar besetzt werden müssen. Da es sich bei den für das Reichsarbeitsministerium geforderten Stellen um genau das gleiche Bedürfnis handelt, wird, wie mir vom Reichsfinanzministerium mitgeteilt worden ist, geplant, beide Arten von Stellen in einem dritten Nachtragshaushalt anzufordern, der noch dieser Tage dem Kabinett zugehen soll. In diesem Falle würde, auch wenn die Verabschiedung dieses dritten Nachtragshaushalts vor Weih⸗ nachten nicht erfolgen würde, doch mit rückwirkender Kraft zum 1. Januar über diese Stellen verfügt werden können.
Wenn nun im Haushaltsausschuß die Frage aufgeworfen worden ist, ob es denn nötig sei, auf die beim Internationalen Arbeitsamt mit Deutschen zu besetzenden Stellen Reichebeamte zu setzen, so ist zunächst darauf zu erwidern, daß durchaus nicht alle deutschen Be⸗ amten, die dort eingestellt werden, Beamte sind. Auf der anderen Seite müssen wir aber den allergrößten Wert darauf legen, daß im Genfer Arbeitsamt wenigstens einige Herren tätig sind, die die deutschen sozialen Gesetze, die deutsche Sozialverwaltung und insbesondere auch die Belange des Arbeitsministeriums genau kennen.
Wenn wir nun hiernach unter keinen Umständen auf Beamte ganz verzichten könnern, so müssen wir ihnen aber auch die Anwart⸗ schaften erhalten, die sie sich in ihrem bisherigen Beamtenverhältnis erdient haben. Anders vorzugehen, würde dem deutschen Interesse widersprechen. Auch das höhere Gehalt der Genfer Stellen könnte ihnen den Verlust dieser Sicherheit hier im Heimatlande nicht ersetzen.
Bei Beratung des dritten Nachtragshaushalts wird Gelegenheit sein, die Frage der Stellung dieser Beamten noch im einzelnen zu erörtern. Bis zur Verabschiedung des dritten Nachtragshaushalts muß ich mir für die sehlenden Arbeitskräfte im Ministerium einen Ersatz durch Hilfsarbeiter beschaffen.
Abg. Luise Schroeder⸗Schleswig⸗Holstein (Soz.): Wir beantragen, die im Ausschuß beschlossene Summe von 25 Mil⸗ lionen 8 die Nolstandsmaßnahme sür die Empfänger der Er⸗ werbslo enunterstützung und für die Sozialrentner und Klein⸗ rentner auf 60 Millionen Mark zu erhöhen. Eine Notmaßnahme muß da einsetzen, wo die Not am größten ist. Die Beamten be⸗ kommen bis zur Gehaltsgruppe XII eine Weihnachtsbeihilfe bis zu 60 Mark. Die Erwerbslosen, die völlig abgerissen 8 sollen nur eine Beihilfe in Höhe der Unterstützung für eine halbe Woche erhalten, und zwar nur, wenn sie mehr als 26 Wochen erwerbs⸗ los sind. Wir beantragen für die Erwerbslosen, die unter 26 Wochen erwerbslos sind, eine Beihilfe in Höhe einer Wochen⸗ unterstützung, für die mehr als 26 Wochen erwerbslosen Unter⸗ Fügunggembfänger in Höhe einer zweiwöchigen Unterstützung. die finanziellen Nöte des Reiches sind dem Finanzminister ersg eingefallen, als es sich um die Notstandsmaßnahmen für die Er⸗ werbslosen handelte. Die Kleinrentner sollen in den schlecht finanzierten Gemeinden schlechter gestellt sein als in den Ge⸗ meinden mit besseren Finanzen. Wir wollen keinen Unterschied zwischen Sozialrentnern und Kleinrentnern und beantragen für beide Gruppen für Alleinstehende 10 Mark Beihilfe, für ein Ehepaar 15 Mark und für die Bezieher von Waisenrenten 7,50 Mark. Diese Anträge sind keineswegs agitatorisch, aber die Etatssumme reicht dafür nicht aus und muß erhöht werden. Die Rednerin weist ferner auf die Notlage der Künstler und Schau⸗ spieler hin und spricht den Wunsch aus, daß von den 1138 Mil⸗ lionen für die produktive Erwerbslosenfürsorge drei bis fünf Millionen im Benehmen mit der Bühnengenossenschaft verteilt werden. Die Kommunisten beantragen, daß die noch nicht unter das Unfallversicherungsgesetz fallenden Berufe, wie das Gastwirts⸗ personal, Krankenpfleger, Feuerwehrleute, Theaterangestellte ein⸗ bezogen werden. as entspreche einer Entschließung des Reichs⸗