weitesten Sinne und in allen Formen ist, die deutschem ländlichen Leben und heimischer Kultur sich anpassen. Unser ganzes in seinen Fundamenten gesundes und strebsames, treues und fleißiges Volk muß über die schweren Sorgen des Alltags hinaus von diesem nationalen Ziele erfüllt werden und an seiner Verwirk⸗ lichung inneren Anteil nehmen. Hier liegt die Sicherung unserer Zukunft als Staat und Volk. (Zuruf von den Sozialdemokraten: Wer hat Ihnen denn das alles aufgeschrieben? Die deutsche Land⸗ wirtschaft wird sich — des bin ich gewiß — mit allen Kräften in den Dienst dieser Aufgabe stellen. Schon mehren sich allent⸗ halben die Zeichen, daß das Verständnis wächst und der Wille zur Tat lebendig wird.
Unser Land ist nicht das reichste, und es ist nicht das fruchtbarste der Erde. Aber es ist reich und fruchtbar genug, um treue und ausdauernde Arbeit zu lohnen. Die Aufgabe heißt auch nicht: Wie können wir unser Volk reich oder wohlhabend machen?, son⸗ dern unser Ziel ist dieses: unser Volk wieder gesund und lebens⸗ froh zu machen und ihm wieder die unlösliche sittliche Bildung zu geben an Wirtschaft, Staat und Volkstum. An einer solchen Sozialpolitik der Familie und des Eigentums mitzuarbeiten, rufe ich die deutsche Landwirtschaft auf. Sie wird sich diesem Rufe nicht versagen und in überlieferter Treue zu Volk und Vater⸗ land mitarbeiten an dem großen Ziele: Mehr deutsche Arbeit, mehr deutsches Brot! (Lebhafter Beifall bei den Deutschnationalen und der Deutschen Volkspartei.)
Abg. Schmidt⸗Cöpenick (Soz.) bezeichnet es als gewisser⸗ maßen selbstverständlich, daß in der Rechtsregierung die 8 nationalen das Reichslandwirtschaftsministerium beanspruchen, das auch bisher schon immer die deutschnationale Traditionskompagnie in der Regievung der Mitte war. Nun ist auch der Kapitän deutsch⸗ national. Der Redner erinnert daran, daß in der Zeit der Inflation, als es der Landwirtschaft glänzend ging, Schiele prophezeit habe, daß nur die freie Wirtschaft helfen könne. Man muß erwarten daß er auch jetzt, entsprechend seiner früheren “ gegen jede Staatsunterstützung und Subvention auftritt Die Landwirtschaft und ihre Vertretungen haben immer stürmisch nach Krediten verlangt, als die Stabilisierung erfolgt war Sie bezeichneten sie als alleiniges Heilmittel. Die Landwirte waren aber schlecht beraten von ihren Führern. Man braucht nur an die Roggenanleihen zu denken. Der Reichslandbund ist in erster Linie verantwortlich für den Hundert⸗ millionenkredit aus Amerika. Kein Wort hört man mehr über die S; Sie hat sich zugunsten der Landwirtschaft geschlossen. rotz wechselnden Ernteertrages betrug z. B. der Wert der Roggen⸗ ernte im Durchschnitt 1908 1 573 000 000, 1924/1925 1 247 000 000 und 1925/1926 1 358 000 000 Mark. Aehnlich steht es bei Weizen und anderen Produkten. Aber auch Hackfrüchte und Viehwirtschaft Fenben berechnet werden. Der Körnerbau umfaßt nur ein Drittel der landwirtschaftlichen Produktion. Die ostpreußische Landwirtschafts⸗ kammer hat behauptet, daß 1924 in Ostpreußen in den landwirtschaft⸗ lichen Betrieben ein Defizit von 200 Millionen zu verzeichnen sei. Man muß diefe Notschilderungen als Bluff bezeichnen. Die Anhänger der Privatwirtschaft werden sich doch nicht beschämen lassen von den Betrieben der öffentlichen Hand, die angeblich schlechter wirtschaften. In den monatlichen Veröffentlichungen der preußischen Hauptland⸗ wirtschaftskammer wird das Lohnkonto geflissentlich verschwiegen, obwohl dies im Durchschnitt 30 bis 40 vH der Produktionskosten beträgt. Trotz wiederholter öffentlicher Auforderungen ist diese un⸗ verantwortliche Unterlassung nicht berichtigt worden. Eine derartig bewußte Täuschung der Oeffentlichkeit kann man nur als unverfroren bezeichnen. Auch die Entschließung der Hauptlandwirtschaftskammer gegen die Erhöhung der Kalipreise ist nur Heuchelei, da die land⸗ wirtschaftlichen Vertreter für die Erhöhung gestimmt haben. Das ist echt deutschnationale Landbundpolitik. Die vog uns festgestellte Verschuldung der Landwirtschaft mit etwa pier Milliarden ist durch die Feststellungen des Instituts für Konjunkturforschung bestätigt worden. Trotdem spricht man weiter von einer Schuldbelastung von 9 bis 10 Milliarden. In anderen Entschließungen verlangt man Herabsetzung des Zinsfußes, während sich Hypothekenbanken und auch die landwirtschaftlichen Genossenschaften einer allzu schnellen Zins⸗ verbilligung entschieden entgegenstellen. Man muß bei dieser Gelegen⸗ heit darauf hinweisen, daß bei den Genossenschaften des Reichs⸗ landbundes, soweit feststellbar, seit der Stabilisierung in 14 sb nicht weniger als 3 543 000 Mark Verluste, darunter direkte 1 uter⸗ schlagungen, zu verzeichnen sind. Wo ist da die moralische Entrüstung bei den deutschnationalen Sittenwächtern? Nach den Ergebnissen der Berufszählung ist auch die Behauptung widerlegt, daß die Arbeits⸗ leistung in der Nachkriegszeit erheblich zurückgegangen sei. Die Zahl der beschaftigten Personen auf 100 Hektar der landwirtschaftlich ge⸗ nutzten Fläche hat nicht zu⸗, sondern sogar abgenommen. Daher ist auch der Lohnanteil bei den Produktionskosten trotz geringer Er⸗ höhung der Nominallöhne nicht gestiegen. Dem Reichstag ist dieser Tage eine Eingabe des Zentralverbandes der Landarbeiter, dessen Vorfitzender der deutschnationgle Abg. Behrens ist, zugegangen, in der die überaus niedrigen Löhne und die Notlage der Landarbeiter zutreffend geschildert werden. Sein Fraktionskollege Schiele sollte sich diese Eingabe einmal etwas näher ansehen, um zu begreifen, warum die Landbevölkerung das Land verläßt. Besonders traurig sind die Wohnverhältnisse auf dem Lande. Im Kreise Angermünde bestehen in 23 Gutsbezirken 133 Arbeiterwohnungen aus einer einzigen Stube, 419 aus Stube und Küche, 175 aus zwei Stuben und Küche. In einer einzigen Stube hausen vier bis acht Personen zusammen, darunter noch fremde Arbeitskräfte. Laut Berechnug der Endergebnisse in einer großen Zahl von Be⸗ trieben ergibt sich bei der Landwirtschaft eine erhebliche Mehr⸗ einnahme durch die etwa 80 prozentige Preissteigerung. der wichtigsten Getreideforten. Wenn in diesen Betrieben die Landarbeiterlöhne auch nur um 5 Pfennig pro Stunde erhöht würden, dann blieben den Unternehmern immer noch rund 80 bis 85 vH Mehreinnahmen allein infolge der Preissteigerung beim Getreide. Die Landwirte klagen über ihre Not. Sie leben angeblich seit Jahren von der Substanz. Zusammenbruch und Bankrott sollen bevorsteben. Das hört man, aber man sucht vergeblich nach Tatsachen. Die „Deutsche Tages⸗ eitung“ schrieb kürzlich, daß die Arbeiterschaft zuletzt das Recht habe, ” zu entrüsten über angebliche Sonderansprüche anderer Stände. Jenn irgendwo, dann werde zu ihren Gunsten das freie Spiel der Kräfte durch Eingreifen der öffentlichen Gewalten abgebremst. Wir sind damit einverstanden, wenn die Landwirte und besonders der Landbund mit den Arbeitern tauschen wollen, aber auch bis zur letzten Konsequenz. Beim Zusammenbruch der Betriebe soll man diese dann in andere Hände übergeben und die Besiver Arbeitslosen⸗ unterstützung beziehen und in dieses freie Spiel der Kräfte eintreten lassen. (Beifall bei den Sozialdemokraten.)
Abg. Thomsen (D. Nat.) dankt dem früheren Minister Haslinde für die der Landwirtschaft’ geleisteten Dienste. Er habe sich nicht einseitig von Vertretern des reinen Konsumentenstand⸗ punktes beeinflussen lassen, sondern die Bedeutung der Landwirt⸗ schaft als der Grundlage für die Erhaltung der Volkskraft ge⸗
ürdigt. Wenn es gelungen zu sein scheint, in Volkskreisen, die rüher der Landwirtschaft verständnislos, ja⸗ vielleicht feindselig egenüberstanden, das zerständnis für die Bedeutung einer eigenen bodenständigen und leistungsfähigen 11“ zu wecken, so ist diese innere Wandlung zum Teil den bedeutsamen programmatischen Feuseruhgen des Ministers Haslinde zu ver⸗ danken. Leider haben sich die Hoffnungen, die die Feedwertschaft auf diese Kundgebungen setzte, nur zum kleinen Teile verwir licht. Manches was in dieser Zeit von seiten der Reichsregierung ge⸗ schehen ist, hat die Sorge der Landwirtschaft um ihre Zukunft er⸗ öht. Manches ist versäumt worden. Die zoll⸗ und handels⸗ vokltischen Bindungen sind von der letzten Mehrheit des Reichs⸗ ags auf dem Rücken der Landwirtschaft abgeschlossen worden. Vom Standpunkt der Landwirtschaft aus begrüßen wir es daher, daß durch den Eintritt deutschnationaler Minister in das Reichs⸗ kabinett diejenige politische Richtung zu aktiver Einflußnahme auf
“
die Vorbereitung von Gesetzesvorlagen gelangt ist, deren Gefolg⸗
chaft in der Erhaltung und Steigerung der Erzeugungsmöglichkeit er deutschen Landwirtschaft geradezu die Kernfrage der derzeitigen Regierung erblickt, die Grundlage, die allein imstande ist, den Untergang des deutschen Volkes und der deutschen Kultur und damit vielleicht im Werden, Leben und Vergehen der Völker den Untergang des Abendlandes aufzuhalten. Mit besonderer Genug⸗ tuung begrüßen wir, daß zur Lösung dieser großen Aufgabe eine Persönlichkeit aus den Reihen der Deutschnationalen berufen worden ist. Wir billigen die programmatischen Erklärungen des Ministers und sind mit ihm der Meinung, daß eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Rentabilität der Landwirtschaft eine auf ihre Bedürfnisse Rücksicht nehmende Zoll⸗ und Handelspolitik ist. Die Landwirtschaft knüpft an die 88 der neuen Regierung die Hoffnung, daß von jetzt ab Wege bes hritten werden, die die deutsche landwirtschaftliche Erzeugung gegen übermächtige Kon⸗ kurrenz des Auslandes wirksam schützen. Der Redner erklärt, daß seine Partei aber Wert darauf lege, über gewisse Einzelheiten ihre besonderen Forderungen zu betonen. Nach den Mitteilungen des een en Finanzministers soll bei den Verhandlungen über en deutsch⸗französischen Handelsvertrag vereinbart worden sein, daß schon für die Dauer des Provisoriums dem französischen Weinbau ein Einfuhrkontingent zu den Sätzen des Vertrages mit Spanien und Italien konzediert sei. Angesichts der bis jetzt festen Haltung der Regierung in der Weinzollfrage ist es unverständlich, daß sich die Regierung dieses wichtige Verhandlungsobjekt vor⸗ seitig hat aus der Hand nehmen lassen. Man muß erwarten daß ei dem endgültigen Tarif noch etwas für den verstärkten Schutz unseres Obst⸗ und Gemüsebaues herausgeholt wird. Bei den Ver⸗ handlungen mit Frankreich wird auch der Mehlzoll eine Rolle spielen. Der Redner erinnert an eine Entschließung des handels⸗ politischen Ausschusses, in der höhere Mehlzölle gefordert werden, und erwartet, daß den deutschen Unterhändlern entsprechende Weisungen mitgegeben worden sind. Mit großter Sorge haben wir, so erklärt der Redner weiter, aus einer Aeußerung des Staatssekretärs Lewald entnommen, daß bei den Handelsvertrags⸗ verhandlungen mit Polen von deutscher Seite Angebote gemacht worden sein sollen, die für den wichtigsten Teil unserer landwirt⸗ schaftlichen Veredelungsindustrie von geradezu katastrophalen Folgen werden müßten. Die erleichterte Zulassung eines Kon⸗ tingents lebender Schweine nach Oberschlesien und darüber hinaus von geschlachteten Schweinen in ungeheuren Mengen würde die deutsche Schweinezucht und damit insbesondere die bäuerliche Landwirtschaft einfach zum Erliegen bringen. Bei etwaiger Wiederaufnahme der Verhandlungen muß von ganz neuen Grund⸗ lagen ausgegangen werden. Der Redner fordert weiter be⸗ schleunigte Regelung der Zuckerzollerhöhung. Er begrüßt die an⸗ gekündigten Maßnahmen zur Durchführung landwirtschaftlicher Meliorationen. In der Kreditfrage wird es zunächst darauf an⸗ kommen, die hohen Verschuldungen und Zinsbelastungen, die in der ersten Zeit nach der Währungsstabilisterung entstanden sind, aus der Welt zu schaffen oder zu erleichtern. Von einer paritäti⸗ schen Behandlung von Landwirtschaft und Industrie hinsichtlich er Reichshilfe kann schon lange keine Rede mehr sein. Was in den letzten Jahren für die Industrie geschehen ist, übersteigt um ein ““ die Maßnahmen für die Landwirtschaft. Es ist nicht mehr als recht und billig, daß unserer Landwirtschaft, deren Ge⸗ samtproduktion an Wert die der Industrie übersteigt, entsprechende Hilfe gewährt wird. Daher rechtfertigt sich auch die Bewilligung von Mitteln zur direkten Förderung der Landwirtschaft. Alle Maßnahmen zur Förderung der Landwirtschaft haben aber nur dann einen Wert, wenn sie auch von der großen Zahl der land⸗ wirtschaftlich Berufstätigen aller Berufsklassen verständnisvoll aufgenommen werden. Es ist daher eine beträchtliche Vermehrung der technischen und landwirtschaftlichen Unterrichtsanstalten er⸗ forderlich. Es wäre ein dankbares Feld der Betätigung des Reiches, wenn es den Ländern für die Einrichtung neuer land⸗ wirtschaftlicher Fachschulen bis zur Verabschiedung des endgültigen Finanzausgleichs Mittel zur Verfügung stellen würde. Der freie Bauer auf der freien Scholle ist die einzig mögliche Grundlage für die Entfaltung zur höchsten Leistung. Diese Freiheit zu gewähr⸗ leisten, ist die Aufgabe von Reichsregierung und Reichstag. Die Ausführungen des Ministers berechtigen zu der Hoffnung, daß er in Gemeinschaft mit dem Reichsarbeitsminister auch die be⸗ sonders wichtige Frage der ländlichen Siedlung einer zweck⸗ mäßigen Lösung entgegenführen wird. (Beifall bei den Deutsch⸗ nationalen.)
Abg. Dr. Perlitius (Zentr.) betont, der Uebergang von der Inflation zur Deflation habe für die Landwirtschaft einen schweren Schritt bedeutet. Es sei außerordentlich bedauerlich, daß für 3 Milliarden Mark Nahrungsmittel eingeführt werden müßten, davon allein für 2 Milliarden rein landwirtschaftliche Erzeugnisse. Bei ihren großen Aufgaben bedürfe die Landwirt⸗ schaft dringend eines Schutzes. Die Behandlung der Landwirt⸗ schaft bei 2 bschluß der internationalen Handelsverträge sei viel⸗ fach bemängelt worden, andererseits habe aber die Landwirtschaft erkannt, in wie schwieriger Lage sich die deutschen Unterhändler zumeist befinden. Das sei nicht die Schuld des Kabinetts ge⸗ wesen, sondern eine Folge der allgemeinen weltwirtschaftlichen Lage. Der Gemüse⸗ und Obstbau bedürfe besonderer Hilfe. Be⸗ sonders gefährlich sei die Lage im Osten. Auf Grund der Fleisch⸗ zölle sei es im verflossenen Jahre möglich geworden, die Vieh⸗ bestände fast wieder auf den Vorkriegsstand zu bringen. (Hört, hört! rechts.) Gerade bei den Verhandlungen mit Polen möge der Landwirtschaftsminister die Interessen der Landwirtschaft wahr⸗ nehmen. Wenig bekannt sei es, in wie schwieriger Lage sich der Osten befinde. Die Schwierigkeiten, besonders für Schlesien, lägen zum Teil auch an den Verkehrsverhältnissen. Es müßten pro⸗ grammatisch Maßnahmen getroffen werden, die die gesamte Land⸗ wirtschaft erfassen und in absehbarer Zeit zu einer erheblichen Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion führen. Die Leistung der bäuerlichen Betriebe bleibe etwa um ein Fünftel hinter der der größeren Betriebe zurück; das sei auch darauf zu⸗ rückzuführen, daß die Bauernschaft nur zu einem kleinen Teil Reichs⸗ und Staatshilfe gefunden habe. Die Förderung und Unter⸗ stützung des bäuerlichen Besitzes werde zu erheblichem Teil dazu beitragen können, die Einfuhr ausländischer Landwirtschafts⸗ erzeugnisse fast zu verhindern. Der gute Wille des bäuerlichen Besitzes sei häufig genug zum Fehlschlag verdammt, weil die Vorbedingungen zum Teil fehlten. Die für Meliorationszwecke zur Verfügung gestellten Mittel müßten Erheglsch vermehrt wer⸗ den. Gerade der unkultivierte Boden befinde sich in bäuerlichem Be⸗ sitz. Außerordentlich zu begrüßen seien die Mittel für die Fort⸗ bildung und Schulung der landwirtschaftlichen Arbeiter. Der Redner fordert in diesem Zusammenhang den Ausbau der land⸗ wirtschaftlichen Schulen, wo noch vieles zu verbessern sei. Die deutsche Landwirtschaft bringe dem sozialen Gedanken der Gegen⸗ wart volles Verständnis entgegen. Es sei dringend notwendig, den Bauernstand in das große Werk der deutschen Intensivierung mit einzubeziehen. (Beifall im Zentrum.)
Abg. Hepp (D. Vp.) weist auf die wesentlichen Fortschritte im Landwirtschaftsetat gegenüber den vergangenen Jahren hin und stellte fest, daß sich im Ausschuß die Einigkeit in der Er⸗ reichung des Zieles, die Lage der Landwirtschaft zu bessern, ge⸗ zeigt habe. Das, was jetzt erreicht sei, bedeute ein Minimum dessen, was erforderlich sei; auch in anbetracht der Leistungen, die von der Landwirtschaft zu erwarten seien. Es handele sich dabei keinesfalls um eine Bereicherung der Landwirtschaft. Die Bedeu⸗ tung des Bauernstandes sei von jeher von der Deutschen Volks⸗ partei anerkannt worden. Auch die Landwirtschaft befinde sich in einem Rationalisierungsprozeß. Besondere Bedeutung kommt dem ländlichen Schulwesen zu. Jede Verbesserung des Schulwesens müsse natürlich mit entsprechenden Kosten verbunden sein, da die ländlichen Schulen schon in außerordentlichem Maße finanziell belastet seien. Die Rationalisierung komme vor allem auch in der Verwertung der Produkte zum Ausdruck. Die Landwirtschaft sei bestrebt, die technischen Errungenschaften der Neuzeit in steigen⸗ dem Maße sich nutzbar zu machen. Eine gewisse Standardisierung der Produkte müsse Platz greifen. Wir müssen uns mehr und
8
dder landwirtschaftlichen Produkte
Dr fung lität einstellen. Wir mü⸗ blehnen, die besonderen hol⸗ ländischen und dänischen Verhältnisse ohne weiteres auf Deutsch⸗ land zu übertragen. Die gesamte deutsche Landwirtschaft bekenne sich durchaus zu einer fühlbaren Sozialpolitik. Durch den Schutz gegenüber der ausländischen Konkurrenz müßten wir die Landwirtschaft stärken für die 2 sonderen sozialpolitischen Leistungen. Wie gerechtfertigt die Schutzzoll⸗ und Handelspolitik der letzten Jahre gewesen sei, zeige sich bereits auf dem Gebiete der Viehzucht, wo erfreuliche Fort⸗ schritte zu verzeichnen seien. Eine Gefährdung der Versorgung Deutschlands, insbesondere mit Schweinefleisch, sei nicht zu be⸗ fürchten. Im Jahre 1913 hätten wir 22 .½ Millionen Schweine gehabt, im Jahre 1925 16 Millionen, im Jahre 1926 19 .½ Mil⸗ lionen. Es sei damit zu rechnen, daß wir 1927 die Zahl des Jahres 1913 wieder erreichten. Der Redner äußert schwere Be⸗ denken gegen die polnische Schweine⸗ und Kartoffeleinfuhr. Die Konkurrenz der polnischen Kartoffel werde in der nächsten Zeit noch erheblich größer werden. Der Zollschutz, wie er heute bestehe, werde für die nächste Zeit nicht ausreichen. Die Frage der länd⸗ lichen Siedlung müsse nach großen Plänen und Gesichtspunkten gelöst werden; in erster Linie die Ostsiedlung. Wenn man Sied⸗ lungspolitik treiben wolle, dann müsse man vor allem dafür sor⸗ gen, daß auch die wirtschaftlichen Grundlagen, die Voraussetzung für die Siedlung sind, geschaffen werden. Es könne niemand die Absicht haben, ein neues Proletariat im Osten zu schaffen. Der Siedler müsse vielmehr die Möglichkeit haben, auf seiner Scholle sein Auskommen zu haben. Die Frage der Landabgabe sei im Osten reichlich gelöst. Niemals habe es so viel Land gegeben wie heute. Auch die Frage der Siedler sei gelöst. Es komme nur dar⸗ auf an, sie zu wirtschaftlich selbständigen Existenzen zu machen. Die Erhöhung des Zuckerzolls dürfe nicht hinausgeschoben wer⸗ den, wenn nicht ungeheurer Schaden eintreten solle. Besonderer Aufmerksamkeit bedürfe auch der Gemüse⸗ und Obstbau, für den entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt werden müßten, um ihn konkurrenzfähig zu machen. Die Kanalbauten sollte man in Einklang bringen mit den Erfordernissen der Landwirtschaft. Ein wichtiges Gebiet sei auch die Reaulierung und Entwässerung des Bodens. Die Lage der Landwirtschaft sei durchaus nicht rosig an⸗ zusehen. Die 10 Milliarden betragende Verschuldung der Land⸗ wirtschaft könne nicht bestritten werden. Darunter befänden sich anderthalb Milliarden kurzfristige Kredite, die in Kürze zurück⸗ gezahlt werden müßten. Im Jahre 1925/26 sei eine Neuverschul⸗ dung von 800 Millionen eingetreten. Der Redner tritt besonders für die Zinsverbilligung ein. (Beifall bei der Deutschen Volksp.)
Abg. Hoernle (Komm.) meint, der Reichsernährungsminister habe im wesentlichen das Programm des Reichslandbundes verlesen; es fehle nur noch die Verschlechterung des Wahlrechts, die Er⸗ weiterung der Rechte des Reichspräsidenten u. a. Die Erhöhung der verschiedenen Zölle drücke den Lebensstandard der breiten Massen immer mehr herab. Der Weg des sogenannten Reichsernährungs⸗ ministers sei der steigender Ausplünderung und Bewucherung der breiten Massen durch Hochschutzzollpolitik. Die dick und fett auf ihren Schlössern sitzenden Großagrarier beuteten die Bevölkerung schamlos aus; daran sei auch der Ernährungsminister auf seinem Gute be⸗ teiligt. Nachdem man unter dem Schutz der Zölle die ersten Pläne verwirklicht habe, wolle man nun auch der werktätigen Bevölkerung des Südens und Westens die Viehhaltung wegnehmen und die Fleisch⸗, Milch⸗, Butter⸗ und Käseproduktion nach dem Osten ver⸗ legen und sie für sich monopolisieren. Der Bauer habe von der Schutzzollpolitik nicht den geringsten Vorteil. Die Absatzschwierig⸗ keiten der kleinen Bauern nähmen besonders im Süden bedrohlich zu. Durch die Weizenausfubr, die für Deutschland eine Unmöglichkeit sei, habe man eine Weizenknappheit hervorgerufen, um die Preise in die Höhe treiben zu können. Die staatlichen Domänen hätten nach Abzug aller Unkosten einen durchschnittlichen Reingewinn von 15 Mark je Hektar zu verzeichnen. Die Herren Rittergutsbesitzer hätten dann, wenn es sich darum handele, Einkommensteuer zu zahlen, plötzlich kein Einkommen, während sie sich, wie der Redner an einigen Beispielen nachweisen zu können glaubt, einen luxuriösen Haushalt und zahlreiche Bedienstete leisten könnten. Ein Beweis für die drückende Notlage der Kleinbauern sei es auch, daß nach der Volkszählung von 1925 die Zahl der in bäuerlichen Betrieben mit⸗ arbeitenden Familienangehörigen ständig gestiegen sei. Die Ernährung, besonders der Jugendlichen, biete ein erschreckendes Bild. Wachsender Wohlstand auf der einen, steigendes Elend auf der anderen Seite seien die Folgen der Bürgerblockregierung. Die Sozialdemokratie treibe mit den Kleinbauern ein betrügerisches Doppelspiel. (Beifall bei den Kommunisten.)
Abg. Diedrich⸗Baden (Dem.) erklärt, die drei bis vier Milliarden neuen Schulden der Landwirtschaft seien ein Beweis für ihre Notlage. Die Produktion der Landwirtschaft sei durchaus nicht so schlecht wie sie hingestellt werde. Die Bedingungen, unter denen die Golddiskontbank der Landwirtschaft Kredite gewähre, seien außerordentlich hart und könnten dem Geldsucher keinen Nutzen bringen. Man könnte meinen, die Golddiskontbank glaube, es mit lauter unsoliden Existenzen zu tun zu haben. Diese Bedingungen seien von superklugen Syndici und Geheimräten aufgestellt. Wie denke man sich den Fortgang dieser Entwicklung? Sehr bedeutsam sei die Frage des Absatzes der kleinen landwirtschaftlichen Produkte. Auf diesem Gebiete geschehe viel zu wenig. Seine Freunde wollten die Abschaffung der Futtermittelzölle. So wie die Dinge heute in Europa lägen, werde es nicht zu vermeiden sein, daß wir uns mit Frankreich und auch mit Polen verständigen; es sei nicht möglich, alles durchzusetzen. Die Steuern der Landwirtschaft und besonders der Bauern, seien viel zu kompliziert. Es müsse eine Vereinheit⸗ lichung des Steuerwesens gefordert werden. Der Redner wünscht, daß die Rentenbankkreditanstalt die Hypotheken direkt den Bauern oder ihren Genossenschaften gebe. Ein Skandal seien die Roggen⸗ rentenbriefe. Der damit belastete Schuldner werde auf die Dauer mit Sicherheit muiniert. Wenn nicht rechtzeitig eingegriffen werde, werde man die Gerichte eines Tages vor sehr schwierige Fragen stellen und einen Sturm in der Oeffentlichkeit hervorvüufen. Den Hauptanteil an der Lebensmitteleinfuhr hätten die bäuerlichen Hrodukte. Die demokratische Fraktion sei deshalb für Zölle gegen g. Einfuhren stets eingetreten. Allerdings müsse man auch die Marktfahigkeit der bäuerlichen Produkte Deutschlands steigern. Der Redner beantragt, Mittel bereit zu stellen für langfristige Kredite zu billigem Zinssatz für Einrichtung von Glashauskulturen für Obst und Gemüse. Er wünscht ferner eine Statistik darüber, wieviel Steuern die Großgrundbesitzer bezahlen und wieviel die Bauern. Wir seien nicht dazu berufen, eine Politik des Großgrundbesitzes zu machen, so sehr die Demokraten auch für diesen einträten, sondern notwendig sei vor allem eine Bauernpolitik. (Beifall bei den Demokraten.)
Abg. Kerschbaum (Bayr. Bauernbund) betont, daß die Bauernschaft besonders schwer zu leiden habe. Der Bauernstand sei in seinen berechtigten Hoffnungen schwer enttäuscht worden, besonders durch die Handelsvertragspolitik. Die ausländische Konkurrenz sei außerordentlich hoch. Nicht der Bauer sei es, der dem Verbraucher in der Stadt seine tägliche Nahrung verteuere. Der Wert der land⸗ wirtschaftlichen Produktion übersteige den Wert der wichtigsten Industrieprodukte, auch der Kohle. (Hört, hört!) Die ganze Milch⸗ einfuhr im Werte von 400 Millionen könnte erspart werden, wenn jede Bauernwirtschaft mit 12 Kühen pro Kuh und Tag einen halben iter Milch mehr erzeuge. Ebenso stehe es mit der Fleischproduktion. Das eingeführte Gefrierfleisch werde nicht won den kleinen Leuten, sondern von Restaurateuren und guten Bürgersleuten gekauft. Wenn gute Zervelatwurst heute den doppelten Friedenspreis habe, so seien das unhaltbare Zustände. Der Großgrundbesitzer kehre der Viehzucht immer mehr den Rücken, aus Mangel an Leuten zum Füttern. Am meisten litten der kleine und der mittlere Bauer unter diesen Zu⸗ ständen. Die im Haushaltsausschuß und im Plenum gegebenen Zahlen über die Verschuldung der Landwirtschaft bezeichnet der Redner als erschreckend; es seien über 10 Milliarden. Heute müsse der Bauer und der kleine Mann noch 10 6 Zinsen zahlen. Ein Pfennig Steuersteigerung habe in Berlin gleich 10 Pfennig Milch⸗ verteuerung veranlaßt. Das Volk lasse sich das alles gefallen. Die Mauersteine, die im Frieden 20 Mark das Tausend Psteten, seien
ner ganz bestimmten Qua⸗
Religion
111““
zum Deutschen Reichsanzeiger und Preußischen Staatsanzeiger
Nr. 64.
1927
—
— — — een.
(Fortsetzung aus der Ersten Beilage.)
die Wohlfahrtspflege viel eher übernommen als der Staat. Die 1925 erhobene Kirchensteuer in Höhe von 18 Prozent Zuschlag sur Reichseinkommensteuer sei aber zu hoch. Bei der wirtschaftlich schlechten Lage des Volkes folgten naturgemäß aus so hohen Kirchensteuern zahlreiche Austritte. Durchaus zu verurteilen wäre
es, wenn wohlhabende Leute aus der Kirche austräten, nur um
die Kirchensteuer zu sparen. Sie gäben damit Tausenden ein schlechtes Beispiel. Die Vorwürfe gegen den Staat wegen der Unterstützung der Kirche seien abwegig, denn der Staat werde ja durch den Landtag repräsentiert, der eine Mehrheit für die Kirche umfasse. In Zukunft müßten nun endlich einmal auch Mittel für neue Pfarrstellen bewilligt werden. (Beifall rechts.) 3
Abg. Linneborn (Zentr.) hebt hervor, daß der katholische Volksteil unter der bestehenden Imparität leide. Diese Im⸗ parität sei hinreichend im Hauptausschuß durch Zahlen belegt. Ueber 54 000 katholische Kinder müßten evangelische Schulen be⸗ suchen, denen nur etwa 10 000 evangelische, katholische Schulen be⸗ suchende Kinder gegenüberständen. Ein Mangael an katholischen Kräften liege nicht vor, denn 31,62 vH der Studierenden seien katholisch, was durchaus dem Bevölkerungsanteil der Katholiken
von etwa 31,7 vH entspreche. Daß nicht genügend katholische Lehr⸗
kräfte angestellt würden, liege eben an der unduldsamen Haltung der Verwaltung, die sich auch durch viel stärkeren Abban der katholischen Beamten dokumentiert habe. Sozialdemokraten, Demo⸗ kraten und Deutsche Volkspartei ließen sich gründlich täuschen über die Stellung des Volkes zur konfessionellen Schule. Die durchaus überwiegende Mehrheit der Bevölkerung wünsche die
konfessionelle Schule; das habe die Abstimmung über diese Frage 18. ℳ echt nd im Zentrum.) Den grundsätzlichen Ausführungen des Ministers in dieser Richtung könne
durchaus ergeben. (Zustimmuna brechts und das Zentrum zustimmen. Es wolle den Schutz der Gewissensfrei⸗ heit. Wie aber mit einer gehässigen Politik gegen den Konkordats⸗ abschluß dem Volke gedient werden solle, könne man nicht ein⸗ sehen. Der Abschluß des Konkordats sei auch vom Standpunkt des Staates aus notwendig. Auf Zentrumsantrag sei seinerzeit, 5 — Gesetze für die evangelische Kirche, die Pfarrerbesol⸗ ung u
worden, das Verhältnis der katholischen Kirche genau so zu regeln, wie das der evangelischen. Wenn das Staatsministerium daher mit dem Apostolischen Stuhl Verhandlungen führe, erfülle es durchaus den Willen des Landtags. Der bisherige Schwebezustand,
daß einerseits die Verfassung der Kirche neue Rechte gebe, wäh⸗
rend andererseits noch der alte konkordatmäßige Zustand besteht, könne nicht aufrechterhalten werden. Diese Unzuträglichkeiten zeigten sich bei jeder Vakanz. Es muß der katholischen Kirche zugestanden werden. was die evangelische Kirche bereits durch Gesetz erhalten hat. Der Kultusminister habe durch seine Ausführungen über das Konkordat durchaus zur Beruhigung beigetragen. Das Zen⸗ trum bitte ihn erneut, die Verhandlungen in ruhiger Sachlichkeit weiterzuführen. Es wünsche kein Vorrecht vor den Evangelischen; es bedauere aber, daß nicht, wie der Abgeordnete Korff mit Stolz verkündet habe, die Kommunisten sich an die Spitze des Kampfes P das Konkordat gestellt hätten, sondern gewisse evangelische
Abg. Dr. Kriege . Lp.) gibt seiner Befriedigung darüber
Ausdruck, daß diesmal Angriffe auf die evangelische Kirche im wesentlichen unterblieben sind. Die Vorwürfe des Abg. Klein⸗ hea wegen, der Steuerveranlagung gegen die Kirchenbehörden eien nichk gerechtfertigt, da die Kirchensteuer sich hekanntlich nach der Einkommensteuer⸗ richte also etwaige Vorwürfe nicht den Kirchenbehörden, sondern den Einkommensteuerbehörden zu machen wären. Ebensowenig stichhaltig sei der Vorwurf, daß die Staats⸗ behörden zu Unrecht die Kirchenstener vollstreckten, da ihnen nach der Reichsverfassung in Verbindung mit der preußischen Landes⸗ gesetzgebung eine solche Verpflichtung obliege. Seine volitischen Freunde begrüßten es, daß den Kirchen eine entsprechende finan⸗ ielte Beihilfe durch den Staatshaushalt gewährt sei, und zwar chon aus dem Grunde, weil die Aufgaben der Kirche niemals so wichtig gewesen wären als im gegenwärtigen Zeitpunkt. Einzelne Wünsche, die bereits im Hauptausschuß besprochen wären, sollten nicht wiederholt werden. Nur möchte er die Staatsregierung
itten, bei der Neuschaffung von Pfarrstellen größeres Entgegen⸗
kommen zu beweisen.
Abg. Kilian (Komm.) erklärt, der heutige Feudalstaat habe kein Interesse an der Schulbildung. Die deutsche Republik gebe eeute für den Reichswehretat in einem Jahre mehr aus als für Kulturaufgaben. Es werde keiner Gemeinde mangels nötiger Mittel möglich sein, einen Etat aufzustellen, sie müßten deshalb beim Sozial⸗ und Kultusetat sparen. In der Stadt Köln seien die Volksschulklassen durchweg mit 48 Schulkindern besetzt, in manchen sogar mit 60: in den Landschulen seien die Werhältnisse noch schlimmer. (Hört, hört! bei den Kommnnisten.) Viele fächische Gemeinden mit Braunkoblenindustrie müßten die Volks⸗ chulen verkümmern lassen. Der Redner bespricht einen Fall in Probstweida, wo ein kapitalistischer Industrieller einen geplanten Schülneubau mit den gewissenlosesten Mitteln verhindere. In Merseburg sei der Schularzt von seinen Aufgaben entbunden worden, die dem Chefarzt des Merseburger Krankenhauses über⸗ tragen worden seien, der aber wegen Ueberlastung nichts für die Schulkinder tun könne. Tuberkulose und Rachitis unter den Kindern nähmen immer mehr zu. Die Prügelstrafe müsse ab⸗ geschafft werden. Nur in den Volksschulen werde noch geprügelt. Die Junglehrer müßten ihre Forderungen auch trotz der heute ausqesprochenen Warnung des Ministers politisch durchzusetzen versüchen. Eine wirklich freie Schule werde es nur im proletarischen Staate geben.
Abg. Graue (Dem.) betont, daß nach der Erklärung des Ministers von heute, daß Erwägungen über das Konkordat noch im Stadium der Prüfung seien, die Demokraten bernhigt seien. In welcher Form das Konkordat geschaffen werden solle, diese Frage bleibe noch offen. Die Demokraten lehnten aber ebenso wie die Sozialdemokraten jedes Hineinziehen von Schulfragen in ein Konkordat ab. Der Staat müsse Schulherr bleiben. Die Auf⸗ fassung des Ministers, daß die konfessionelle Schule entgegen der Reichsverfassung in Zukunft die Regelschule sein werde, sei be⸗ denklich. (Minister Becker erwidert, er habe nur gesagt, daß die konfessionelle Schule in Zukunft praktisch überwiegen werde.) Der Redner erklärt, seine Fraktion lehne die konfessionelle Schule ab. Die Entspannung, die durch die Entlassung Döhrings aus dem Evangelischen Bund entstanden sei, sei an sich zu begrüßen. Dieser Vorgang beweise aber, daß die evangelische Kirche immerhin an sich starke Persönlichkeiten hervorbringe. Die Demokraten wünschten den konfessionellen Frieden. Beim Religionsunterricht in der Schule könne unter Umständen die innere Fröhlichkeit der verloren gehen. Redner lehnt eine Förderung der kleineren. Religionsgesellschaften ab, da diese dadurch zu sogenannten Kirchen gemacht und so ihre Eigenart verlieren
würden. .
Abg. Prelle (Wirtschaftl. Vereinig.) betont die Notwendig⸗ beit, die deutsche Kultur wieder zu heben. An Stelle des Wortes Staat“, das die Regiernng umfasse, müsse man das Wort „Vater“ etzen. Dieser Vater müsse wohlwollend die kulturellen Belange ördern. Der Minister babe es als große Errungenschaft der
evolution bingestellt, daß die geistliche Schulanfsicht verschwunden sei. Tatsächlich seien aber doch früher die Geistlichen vom Staat
meinen Regelung des Minderheitenschulwesens,
w. Annahme gefunden hätten, vom Landtag beschlossen
Berlin, Donnerstag, den 17. März
angestellt worden. Und wenn es als „große Errungenschaft“ be⸗ zeichnet werde, daß die Bestellung von Geistlichen zu Schukräten aufgehört habe, dann sei es nicht weit her mit den Ergebnissen der Revolution. (Sehr wahr! rechts.) Fetzt aber müsse der Zu⸗ stand aufhören, daß religionsfeindlie Schulräte in Gegenden
angestellt werden, wo die ganze Bevölkerung konfessionell eingestellt
sei. (Lebhafte Zustimmung rechts und in der Wirtschaftlichen Ver⸗ einigung.) Die Reichsverfassung wünsche den Einfluß der Eltern in der Schule. Die Mehrheit der Eltern aber wolle die Konfessions⸗ schule und es sei erfreulich, daß der Minister, wenn auch mit einem Unterton des Bedauerns, dies anerkannt und die Konfessionsschule als Regelschule in praxi angezeigt habe. Höchste Zeit sei es gewesen, den Junglehrern zu helfen und bedauerlich, daß im Etat
nicht mehr Mittel für die freie Volksbildung, die Volkshochschulen,
bereitgestellt werden könnten. Der Staat habe die moralische Pflicht, der Kirche, die ihm die besten Bürger schaffe und die an seinen entwerteten Anleihen fast alles verloren hahe, noch über die Zuschüsse hinaus bei Einrichtung neuer Pfarrstellen usw. zu helfen. (Beifall rechts und bei der Wirtschaftlichen Vereinigung.)
Ein Regierungsvertreter änußert sich dahin, daß das
Provisorium zur Pfarrerbesoldung nochmals verlängert werden
solle, daß aber die endgültige Regelung in absehbarer Zeit durch⸗ geführt würde. Dabei würde auch die Frage geprüft, inwieweit besondere Staatsbeihilfen bei Gründung neuer Pfarrerstellen gegeben werden sollen. Bisher seien solche Gründungen namentlich an der Ostgrenze in vielen Fällen erfolgt. Weiter kündigt der Redner eine Vorlage über die Rechtsstellung kleiner Religions⸗
gesellschaften an und teilt mit, daß die Staatsregierung es nicht an
Sinne einer Die erhöhten
Einwirkungen auf die Religionsgesellschaften im Herabsetzung der Kirchensteuer habe fehlen lassen.
Zuwendungen für die Kirche seien nur für Bauten, z. B. am
Die Frage, wie man zu einer allge⸗ insbesondere des polnischen, gelangen könne, werde erörtert. Von 56 Minderheiten⸗ schulen seien 20 zurzeit nicht besucht, würden aber trotzdem auf⸗ rechterhalten. Die preußische Regierung komme allen berechtigten Wünschen der Minderheiten loyal entgegen und habe z. B. be⸗ sondere Mittel für die Ausbildung polnischer Lehrer und für ein
Kölner Dom, vorgesehen.
polnisches Lesebuch bereitgestellt.
Nach 5 Uhr wird die Weiterberatung auf Donnerstag, 12 Uhr, vertagt. Außerdem kleine Vorlagen, u. a. Ausschuß⸗ überweisung des kommunistischen Antrags gegen Landgerichts⸗ direktor Dr. Jürgens und Abstimmungen über den Landwirt⸗ schaftsetat,.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Reichstag beabsichtigt am 8. April in die Osterferien zu gehen und am 2. oder 3. Mai die Beratungen wieder aufzunehmen. Da am 22. Mai. die Sozialdemokfratische Partei ihren Parteitag in Kiel beginnt, wird der Reichstag zu diesem Zeitpunkt seine Beratungen abbrechen müssen. Meldungen, daß der Reichstag dann schon bis zum November in die Sommerferien geht, sind nach Auskunft parlamentarischer Kreise verfrüht, da wegen der noch schwebenden Verhandlungen über verschiedene komplizierte Gesetzesmaterien nicht
abzuseben ist, welche Gesetze noch vor den Sommerferien erledigt
werden müssen. Wenn auch eine längere Sommervpause für nicht unwahrscheinlich gehalten wird, so wird doch in maßgebenden Kreisen mit einer Junitagung von ungefähr drei Wochen gerechnet.
Der Ausschuß für Siedlungs⸗ und Wohnungs. wesen des Vorläufigen Reichswirtschaftspats stimmte in seiner gestrigen Sitzung den nachstehenden Leitsätzen über die “ des Wohnungsbaues laut Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungs⸗ verleger, mit großer Mehrheit zu: 1. Der Wohnungsbau ist mit allem Nachdruck zu fördern, weil er nicht nur das einzige Mittel zur Beseitigung der Wohnungsnot und die Voraussetzung für den allmählichen Abbau der Wohnungszwangswirtschaft bildet, sondern
auch in besonderem Maße geeignet ist, die Erwerbslosigkeit zu ver⸗
mindern. Der Abbau der Wohnungszwangswirtschaft kann aber nur schrittweise vorgenommen werden. Voraussetzung der Auf⸗
ven ist, daß der vorhandene Bedarf an Wohnungen, ins⸗
esondere an Kleinwohnungen, durch ein über mehrere Fahre sich erstregendes stetiges Vorgehen gedeckt ist. 2. Die Mieten müssen in Altwohnungen und Neubauten möglichst bald einander an⸗ geglichen werden. Zu diesem Zweck sind in erster Linie die Mieten in den Neubauten möglichst niedrig zu halten, damit die Miete wirtschaftlich tragbar ist. Die aus der Erhöhung der gesetzlichen
Mieten fließenden Geldbeträge dürfen nur verwendet werden:
a) an erster Stelle zur Förderung des Wohnungsbaues, b) für den Hausbesitzer zur Deckung des erhöhten Zinsendienstes und der erhöhten Betriebskosten, c) für die den Gemeinden aus dex Für⸗ orge für unbemittelte Mieter entstehenden Lasten. 3. Der Wohnungsbau ist derart zu fördern, daß mit den vorhandenen Mitteln möglichst viel Wohnungen erstellt werden können, und zwar in erster Linie Kleinwohnungen, aber auch zu einem dem örtlichen Bedürfnis entsprechenden Teil mittelgroße Wohnungen, insbesondere unter Berücksichtigung der kinderreichen Familien. 4. Zur Erstellung von Neubauten foll in weitestem Umfange Privatkapital aus allen zur Verfügung stehenden Quellen heran⸗ gezogen werden. Die Beleihung durch Privatkapital kann normal chon jetzt bis zu 40 Prozent des Bau⸗ und Bodenwertes statt⸗ inden. Eine Beleihung um weitere 20 Prozent wird aus Mitteln er Sparkassen und aus Mitteln der enlicerechehen Kredit⸗ anstalten und Hypothekenbanken notfalls unter Bürgschaft der Gemeinden möglich sein. Soweit Geld aus 4 %¾ oder 5 prozentigen Pfandbriefen beschafft werden kann, soll ein einmaliger Zuschuß aus Hauszinssteuermitteln zum Ausgleich des Disagios gegeben werden. Bei höher verzinslichem Kapital können auch Zins⸗ zuschüfse aus Hauszinssteuermitteln auf längere Jahre gegeben werden. Zur Deckung des Risikos aus der Bürgschaft und der Zusicherung von Zinszuschüssen für längere Jahre seitens der Ge⸗
meinden können diese einen Sicherheitsfonds aus Mitteln der
Feessbassfaen bilden. Die Errichtung eines Sicherheitsfonds für Zinszuschüsse ist entbehrlich, wenn durch das Reichsgesetz für eine größere Zahl von Jahren den Gemeinden zu diesem Zwecke eine Einnahmequelle sichergestellt ist. Für die Frage langfristigen Finanzierung des Wohnungsbaues ist die reichsgesetzliche Neu⸗ regelung der Hauszinssteuer Voraussetzung. Diese Neuregelung muß deshalb so bald als irgendmöglich erfolgen. Andere inan⸗ “ welche sich praktisch ans dem Wirtschafts⸗ eben ergeben, werden dadurch nicht ausgeschlossen. 5. Der Bau⸗ herr soll in der Regel 10 bis 20 Prozent des Bau⸗ und Boden⸗ wertes eines erstellten Neubaues als Eigenkapital nachweisen, und sunen einschließlich des Bauplatzes. Ausnahmen unter Berück⸗
ichtigung der sozialen Verhältnisse des Bauherrn sind örtlich zu⸗
lässig. Um möglichst viel Eigenkapital für Neubauten heran⸗ zuziehen, ist es erforderlich, daß das Eigenkapital des Bauherrn a) eine angemessene Verzinsung erhält und b) in gleicher Weise wie das Privatkapital aus anderen Quellen im. Rahmen des dauernden Bau⸗ und Bodenwertes sichergestellt wird, und zwar:
“ 18 1166“ 7
15 “ . 1S..
—
waltung und
bauten und öffentliche
— —
1. durch teilweisen oder vollen Vorrang vor der Hauszinssteuer⸗ hypothek oder 2. zum mindesten durch s Meass eines Ranges im Rahmen des später festzustellenden Dauerwertes. 7. Nach obigem Finanzplan werden aus Hauszinssteuermitteln in der Regel nur 20 bis 30 Prozent des Bau⸗ und Bodenwertes benötigt. Der Zinssatz der Hauszinssteuerhypothek ist, um die Neubaumfete möglichst niedrig zu halten, auf ein Mindestmaß zu beschränken. Auch bleibt zu erwägen, ob nicht die Zinsverpflichtung durch Til⸗ gung der ersten oder zweiten H pothek zu ersetzen ist. 8. Voraus⸗ setzung für die Erzielung tragbarer Neubaumieten ist, daß alle Länder und Gemeinden den Neubauten auf 10 Jahre Steuer⸗ sreiten gewähren. 9 Bei der Finanzierung von Neubauten mit em Endziel einer tragbaren Neubaumiete müssen die Auf⸗ wendungen des Bauherrn für ortsübliche Leistungen, für städtische Gebühren (Wasser, Licht, Straßenreinigung usw.), ferner für Ver⸗ Mietsausfälle und für Instandhaltung (große und kleine Reparaturen) in angemessener Weise berücksichtigt werden. 10. Eine Verbilligung der Neubauten durch mangelhafte Bau⸗ weisen ist möglichst zu verhindern, dagegen müssen alle Mittel und Wege, welche eine Senkung des Baupreises ermöglichen, ausgenutzt werden. 11. Es ist anzustreben, daß alle Neaubauten — Wohnungs⸗ auten — sowie die Arbeiten der mit dem Baumarkt verbundenen Industrie möglichst gleichmäßig auf das ganze Jahr und nicht nur auf die Sommermonate verteilt werden, um eine möglichst durchlaufende Beschäftigung herbeizuführen. 12. Der landesgesetzliche Nachlaß der Hauszinssteuer für Woh⸗ nungen Unbemittelter F in der seitherigen Praxis zu großen Mißständen geführt. Es wird daher vorgeschlagen, einen be⸗ stimmten Prszentsatz der Steuer den Gemeinden zu überweisen, aus denen den Bedürftigen Mietbeihilfen zu gewähren ₰ 13. Um ein rasches und billiges Bauen überhaupt zu ermöglichen, müssen alle unnötigen Hemmungen im behördlichen Verwaltungs⸗ apparat vermieden werden. 14. Wenn die beteiligten Kreise be⸗ müht sind, 8 mehrere Jahre ein großzügiges Bauprogramm durchzuführen, darf dasselbe nicht von einzelnen Interessenten zur Preissteigerung ausgenutzt werden. — Außerdem wurden folgende Entschließungen angenommen: 1. „Der Ausschuß für Sied⸗ lungs⸗ und Wohnungswesen ist der Auffassung, daß die geplante Erhöhung der gesetzlichen Miete eine entsprechende ö Löhne und Gehälter zur Folge hat.“ 2. „Der Ausschuß für Sied⸗ lungs⸗ und Wohnungswesen des Vorl. Rei A““ der Ansicht Ausdruck, daß vor endgültiger Aufhebung der h⸗ nungszwangswirtschaft ein soziales Bohnungsrecht, insbesondere für unbemittelte kinderreiche Familien und Sozialrentner ge⸗ chaffen werden muß.“
— Der Femeuntersuchungsausschuß de2 Reichstags hatte zum Komplex „Münchener Einwohnerwehr“ in seiner letzten Sitzung den Vermittlungsantrag Schulte⸗Breslau (Zentr.) und Kempkes (D. Vy.) angenommen. Die Annahme des Antrags in seinen einzelnen Teilen war mit wechselnden Mehrheiten erfolgt. Hierauf kaͤm es zu einer Debatte über die Frage, ob nun eine Gesamtabstimmung vorgenommen werden müsse. Die Debatte war noch nicht zum Abschluß gekommen und wurde gestern fortgesetzt. Abg. Dr. Schaefer⸗Breslau (D. Nat.) führte laut Bericht des Nach⸗ richtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger aus, die Ent⸗ scheidung über die Frage hänge von dem Verfahren im Plenum ab. Reduer hat die Akten früherer Fälle eingesehen, ebenso hat er die Protokolle des Plenums durcharbeiten lassen. Die Ermittlungen verliefen negativ. Nach § 65 der Geschäftsordnung könne der Aus⸗ schuß Besprechung im Plenum beantragen. Seine Entlassung erfolge mit dem Beschluß des Plenums, das souverän verfahren könne. Selbst nene Thesen könnten dort aufgestellt werden, aber
das werde wohl kaum erfolgen, denn das Plenum sei doch in der
Sache vom Ausschuß abhängig. Nach dem Vorbild der Fälle Hermes und Oppau müsse im Ausschuß eine Gesamtabstimmung erfolgen, damit der Ausschuß ein geschlossenes Ganzes dem Plenum übergeben könne Abg. Landsberg (Soz.) meinte demgegen⸗ über, der Ausschuß bereite nur Gesetze vor, bas Plenum stelle sie fest. Die Entscheidung hänge davon ab, ob der Untersuchungs⸗ ausschuß im Gegensatz zu anderen Ausschüssen selbständig oder nur ein Hilfsorgan des Plenums sei. Nach Ansicht des Redners ist ein Untersuchungsausschuß jedem anderen Ausschuß gleich, sonst hätte die Verfassung anderes bestimmen müssen. Die Ver⸗ fassungsmaterialien ließen in dieser Frage gänzlich im Stichz damals habe niemand an solche Fragen gedacht. Falsch sei die Auffassung, als ob das Plenum nichts an Beschlüssen der Untersuchungsausschüsse ändern dürfe. Redner bezog sich auf Kommentare, z. B. von Anschütz. In diesem würden Untersuchungsausschüsse den übrigen Ausschüssen gleichgestellt. Ebenso urteilt Professor Kaufmann: Ausschüsse könnten nur dazu dienen, Beschlüsse des Plenums vorzubereiten. In den Unter⸗ sech gsans cs übern die Kriegsursachen sei immer nur über inzelheiten abgestimme worden. Im Preußischen Landtag seien zum Ausschußbeschluß über die Barmat⸗Sache Abänderungs⸗ anträge gestellt worden, über die abgestimmt worden sei. Wissenschaft, Praxis und Logik sprächen dafür, daß Untersuchungsausschüsse durchaus den anderen gleichständen. Abg. Gräf⸗Thüringen (D. Nat.) erklärte diese letzten Ausführungen nur 18 Teil für richtig. Die Untersuchungsausschüsse unterschieden sich dadurch von den anderen, daß sie mit vielmehr ge Hüene ⸗ ausgestattet seien, rößeren Befugnissen, als selbst das Plenum sie hätte. Zuzugeben 8 daß im Plenum Abänderungsanträge gestellt werden könnten. raktisch werde das nicht häufig geschehen, wenn es auch theoretisch zulässig sei. Wenn das Plenum die Beschlüsse des Ausschusses ein⸗ fach zur Kenntnis nehmen solle, so werde damrit nicht erreicht, daß ie Ansicht der Mehrheit im Plenum zur Geltung komme. Ein Mehrheitsvotum des Ausschusses komme oft nur mit wenig Stim⸗ men zur Annahme. Nach seinen Ausschußerfahrungen, die nicht gering seien, hätten in Ausschüssen oft Gesamtabstimmungen statt⸗ gefunden. Erst diese gäben ein wahres Bild. Könne denn der Ausschuß dem Plenum etwas zur Annahme empfehlen, das nur im einzelnen zustande gekommen sei? Die Herren von links wollten ich von der Gesamtabstimmung drücken, weil ihnen einzelue Thesen unbequem wären. Abg. Dr. S chaeffer⸗Breslau (D. Nat.) erinnerte an die Beschlüsse des Reichstags in den Fällen Hermes und Oppau, die genau das ergeben hätten, was er und Abg. Gräf geltend machten. Abg. 8 ulte⸗Breslau (Zentr.) üses aus, daß die Komentare ihn nicht sonderlich beeindruckten, enn diese könnten nur aus der konkreten Tätigkeit der Ausschüsse urteilen. Redner ist der Meinung, daß eine Gesamtabstimmung notwendig sei. Verfassung und Praxis bildeten kein Hindernis. Die Parteien hätten bei der Einzelabstimmung sicher auch mit einer Gesamtabstimmung gerechnet. Es komme darauf an, was für ein Ausschuß es sei, und was er zu unter * habe. Habe ein Ausschuß nur die Aufgabe, Tatsachen festzustellen, dann sei er in der Tat nur vorbereitend für das Plenum. Hier aber liege ein ganz konkreter Auftrag vor, der den Ausschuß ungefähr in die Stellung eines Strafgerichts versetze. Der Ausschuß müsse ein Endurteil fällen, das sich — wie jedes Strafgerichtsurteil — Kor⸗ rektur durch eine übergeordnete Instanz und Kritik durch die Oeffentlichkeit gefallen lassen müsse. Käme der Ausschuß nicht zu einem Seeeeen dann läge eben ein non liquet vor. Die vom Abg. Landsberg herangezogenen Fälle seien anderer Art. Abg. Baecker (D. Nat.) meinte auch, daß man auf die Urteile von Staatslehrern nicht allzuviel geben dürfe. Die Literatur über die Weimarer Verfassung sei auch sehr
I