versäumnis abzuweisen seien. Seine Partei sei bereit, an der Schlußgesetzgebung mitzuarbeiten. Die Mittel ließen sich durch schärfere Ersassung der Besitzsteuern und der Erbschaftssteuer auf⸗ bringen. Gegen eine Heraussetzung der Umsatzsteuer würde seine Partei allerdings die schärfste Opposition machen müssen.
Der Etat für die Kriegslasten wird gemäß dem Ausschuß⸗ antrag unverändert nach dem Regierungsentwurf bewilligt.
Gegen 1 Uhr wird die Sitzung bis 3 Uhr unterbrochen. die Nachmittags⸗
Vizepräsident Dr. Rießer eröffnet
sitzung um 3 Uhr.
Auf der Tagesordnung steht die zweite Lesung des Haus⸗ halts des Reichsfinanzministeriums und des Haushaltsgesetzes.
Abg. Simon⸗Schwaben (Soz.) erhebt Protest dagegen, daß die Regierungsparteien, um das Defizit von 94 Milliarden zu decken, eine Reihe wichtiger sozialpolitischer Ausgaben gestrichen haben. Dabei sei noch ein Rückgang der Umsatz⸗ und Lohnsteuer zu verzeichnen, denen ein sprunghaftes Anwachsen der Zollein nahmen und der Verbrauchssteuern gegenüberstehe. Die Massen⸗ steuern seien also gestiegen und belasteten besonders die kinder⸗ reichen Familien sehr stark. Die Steuerleistungen der Besitzenden müßten durch Ausbau der Besitzsteuern entsprechend erhöht wer⸗ den, so durch Erhöhung der Börsenumsatzsteuer, der Erbschafts⸗ steuer und durch Aufhebung der Steuerfreiheit der Spekulations⸗ gewinne. Das Mißverhältnis zwischen der Besteuerung von Stadt und Land sei nachgerade ein öffentlicher Skandal geworden. Die Steuersabotage vollziehe sich unter Führung der landwirtschaft⸗ lichen Organisationen, sogar solcher mit Behördencharakter, wie der Bayerischen Bauernkammern. (Hört, hört!) Das Reichs⸗ bewertungsgesetz könne nur bei tatsächlicher Durchführung seiner Richtlinien wirksam werden. Was gedenke das Finanzministerium gegen diesen Totschlag jeder Steuermoral zu tun? Die klein⸗ bäuerlichen Betriebe seien dabei aber nach Möglichkeit zu schonen. Diese Finanzämter ständen nicht erst vor dem Zusammenbruch, sondern ein Teil sei schon zusammengebrochen, weil gar keine systematische Arbeit geleistet werden könne. Mit der Arbeitskraft der durch Abbau verringerten Beamten sei Raubbau getrieben worden. Durch die passive Resistenz des Publikums und sogar absichtliche Sabotage sei die Arbeit der Steuerbeamten zu einem Martyrium geworden. Preußische Beamte seien in Bayern sogar gesellschaftlich sabotiert worden, unter dem Motto: Bayern den Bayern! Bayern habe mit seinen 58 Steuerarten die teuerste und komplizierteste Steuerverwaltung. Die Rückstände an Reichs⸗ steuern seien auf 700 Millionen Mark angewachsen; das berge die Gefahr eines großen Verlustes der Reichskasse. Daher sei die Eintreibung dieser Rückstände und die endliche Durchführung der Veranlagung zu fordern. Der Redner bringt dann Wünsche be⸗ züglich einzelner Beamtenkategorien vor. Das Ueberstunden⸗ wesen in der Finanzverwaltung sei ein Verbrechen am Volke und an den Erwerbslosen. Jetzt dürfe nicht mehr bloß geredet und wieder geredet werden, sondern der Finanzminister müsse endlich Taten sehen lassen. Der Redner fordert eine fortlaufende Steuerstatistik. Die Steuerlasten müßten endlich nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verteilt werden. Eine Aus⸗ höhlung und Antastung der Steuerhoheit des Reiches zugunsten der Länder dürfe nicht erfolgen.
Abg. Dr. Gereke (D. Nat.): Der Etat ist sparsam auf⸗ gestellt; die sächlichen Ausgaben sind etwas erhöht, dies ist aber durch Beschränkung der personellen Ausgaben ausgeglichen. Die Finanzämter sind aber überlastet, und darunter leiden die Steuer⸗ pflichtigen selbst. Bei den Finanzämtern ist ein Personalabbau nicht mehr möglich, und die Arbeitsfreundigkeit der Beamten muß leiden, wenn sie trotz aller Ueberstunden die Arbeit nicht auf⸗ arbeiten können. Die Ramscharbeit der Finanzämter, von der
esprochen wird, muß durch eine Reorganisation beseitigt werden.
ei den schlechten Beförderungsverhältnissen wandern die besten Köpfe in Privatstellungen ab. Es kann nicht auf die Dauer bestehen bleiben, daß ein Prokurist besser besoldet ist als ein leitender Beamter in der Finanzverwaltung. Die Ueberlastung der Landesfinanzämter und Finanzämter muß nicht nur durch Personalvermehrung, sondeen auch durch eine Rationalisierung überwunden werden. Ich bitte auch um eine baldige Vorlegung des Rahmengesetzes für die Realsteuern. Die Steuerzahler haben ein Interesse daran, daß sie alle ihre Steuern möglichst an eine einzige Stelle abführen können; deshalb muß eine Zusammen⸗ legung der Annahmestellen stattfinden. Auf den Vorwurf der Stenersabotage gegen die Landwirtschaft war ich gefaßt; aus der Denkschrift des Finanzministers geht aber hervor, daß bei 13 Landesfinanzämtern überhaupt keinerlei Anstände vorliegen, und bei den übrigen 13 nur ganz geringe Mängel entstanden sind. Der Vorwurf ist also ganz unbegründet. Daß die land⸗ wirtschaftlichen Organisationen ihre Mitglieder objektiv über ihre Steuerpflicht aufklären, ist doch kein Vorwurf; aber es besteht nicht der geringste Versuch, eine bewußte Steuersabotage anzu⸗ regen. Wenn zuviel Steuern veranlagt sind, ist es doch eine Pflicht, die Steuerzahler darüber au zuklären. In manchen Finanzbezirken ist einfach bestimmt worden, daß die oder die Steuersumme aufgebracht werden müsse, und die Ausschüsse sollten dann sehen, wie sie sie herausbekommen. Einzelne Fälle von Hinterziehungen darf man nicht verallgemeinern. Wir haben selbst einmal, in einer Entschließung ein entschiedenes Vorgehen gegen wirkliche Steuersaboteure verlangt, denn wir wollen durchaus eine gerechte Steuerveranlagung. (Beifall rechts.)
Abg. Schetter (Zentr.): Die Reichsfinanzverwaltung muß
o organisiert sein, daß sie die Steuern gerecht verteilen und daß ie sie voll hereinbekommen kann. Der Steuerbeamte ist allerdings im Volke der bestgehaßte Mann, und eine verantwortungslose Presse macht noch Stimmung gegen die Steuerbehörde. Da ist es Pflicht des Parlaments, zwar Kritik zu üben, aber gerecht zu sein. Andererseits kann der Steuerzahler verlangen, daß er nicht durch Steuen ruiniert und nicht unnütz belästigt wird. Die fortgesetzten Aenderungen der Steuergesetze haben im Volk I und Mißstimmung verursacht, aber in letzter Zeit ist die Tätigkeit mehr gerecht anerkannt worden. Es muß Ruhe und Stetigkeit in die Steuerverwaltung gebracht werden, es darf nicht so viel eändert werden, damit sich die Bevölkerung in die Steuern Zeinteten kann. Ebenso notwendig ist die ungestörte Arbeit der Beamten in Anbetracht des Reiches. Die Beamten müssen Ruhe haben, sich in die neuen Gesetze einzuarbeiten. Die Veranlagungs⸗ he müssen vereinfacht und vereinheitlicht werden, damit dem Volke unnütze, saure Arbeit erspart wird. Die Verringerung der Zahlungstermine haben wir mit Freude begrüßt. Die uneinbringlichen Steuerrückstände aus früheren Jahren bis 192 sollten niedergeschlagen werden; 2 schleppen sich von einem Jahr zum andern durch. Der ungleichen Steuerverteilung auf Kosten der Lohnsteuerpflichtigen setzt die Finanzverwaltung nicht genügenden Widerstand entgegen. Der Steuerrückgang bei der Einkommensteuer der Landwirtschaft ist auf die gesunkene Ren⸗ tabilität zurückzuführen, und läßt nicht auf die Steuerdrückerei schließen. Wo solche Fälle vorkommen, muß streng eingegriffen werden Die Neubewertung nach dem Bewertungsgesetz hat zu manchem Rückgang geführt, aber sie ist zumeist mit Hilfe der Berufsorganisationen korrekt durchgeführt worden. Die Durch⸗ führung der Einheitsbewertung war eine Riesenaufgabe, zumal ie geeigneren Grundlagen fehlten Aber nicht richtig ist die Auf⸗ sessung, daß das Bewertungsgesetz ein Messer ohne Klinge sei. Vir halten es nicht für richtig, das Jahr 1927 wieder mit einer Neubewertung zu belasten. Für den Vorschlag, die Einkommen⸗ steuer wieder nach dem dreijährigen Durchschnitt zu veranlagen, können wir in diesem Augenblick uns nicht erwärmen, da die Einkommensverhältnisse 88 nicht wieder stabil genug geworden 8. Ob eine einzige Steuer für die Landwirischaft nach der odenfläche, Ertrasssühigkeit⸗ Bodenqualität und Absatzmöglich⸗ keit zu einer Vereinfachung des Systems führen würde, müssen wir sehr bezweifeln; denn die Verhältnisse des einzelnen sind doch individuell. Wenn auch die Bauern nicht zur Buchführung zu
bestimmen sind, können sie doch eine gerechte Veranlagung ver⸗ langen. Dem Ausbau der Steuer nach dem Verbrauch muß volle Aufmerksamkeit geschenkt werden. Die Verschwiegenheit der Steuerbeamten muß vollkommen gewahrt bleiben, deshalb ist die Zahl von vierhundert Privatangestellten zu hoch. Die Beamten müssen vermehrt werden, damit der drohende Zusammenbruch der Steuerverwaltung vermieden wird. Für diesen Zweck könnten schon einige Millionen aufgewendet werden. Die Steuerbeamten überlastet. Im übrigen muß allerdings die f inanzverwaltung en anderen Verwaltungen in sparsamer Wirtschaft vorangehen. (Beifall im Zentrum.) Abg. Dr. Cremer
1 (D., Vp.) bezeichnet den freudigen Optimismus des früheren Reichsft
nanzministers Dr. Reinhold seinerzeit als durchaus berechtigt. Er habe aber seinem Nach⸗ v,S. das schwere Stück der Ausgabendechung hinterlassen. Mit großem Bedauern sei zu sehen, daß die Gedanken einer groß⸗ zügigen Zusammenfassung der in den verschiedensten Ressorts ver⸗ streuten Stellen der Bauverwaltung einstweilen sich als nicht realisierbar erwiesen hätten. Es sei nicht richtig, die unteren Instanzen der Reichsbauverwaltung den. Ländern zu überlassen. Der Redner bitlet, auf die Lösung dieser Aufgabe hinzuarbeiten. Der Abbau der Beamten der Reichsfinanzverwaltung sei etwas übereilt vorgenommen worden; erfreulicherweise seien inzwischen manche Beamte wieder eingestellt worden. Die reichseigenen Betriebe seien teilweise abgestoßen bezw. zusammengelegt. Das sei zu begrüßen. Die Gewinnzahlen dieser reichseigenen Betriebe eien erfreulich angewachsen. Brauche der Minister tatsächlich eine Vermehrung der Veamtenschaft, so könne man sich nicht dagegen stemmen. Grundsätzlich müsse man aber mit einer mög⸗ lichst geringen Anzahl auskommen, allerdings ohne daß die sach⸗ gemäße Erledigung der Geschäfte — insonderheit in der wichtigen Reichsfinanzverwaltung — darunter leide. Bei der notwendigen Vermehrung der Beamtenstellen handle es sich u. a. auch um eine Auffrischung des Nachwuchses. Die Forderung der Einstellung weiblicher Beamten in geeignete Stellen, wie sie in der Ent⸗ schließung des Ausschusses aufgestellr sei, solle sich nicht nur auf die Ministerium beziehen. Die Finanz⸗ und Steuerbehörden hätten sich allmählich in ihre Arbeit immer mehr hineingefühlt. Auch die Klagen über barsches Auftreten der Beamten hätten erfreulicherweise nachgelassen. Immerhin beklage sich in den kleineren Städten inmitten agrarischer Bevölkerung gerade der gewerbliche Mittelstand über eine Ueberschätzung seiner Ein⸗ nahmen. Die Buch⸗ und Betriebsprüfung sei eine durchaus not⸗ wendige Ergänzung der Tätigkeit der Steuerbehörden. Die Steuerstatistiken sollten möglichst bald der Presse, mindestens aber dem Parlament zur Kenntnis gebracht werden. Es sei nicht auf eine Vergrößerung der Finanzämter, sondern auf eine stärkere Dezentralisierung hinzuarbeiten. Darüber müsse schon bald Klarheit geschaffen werden. Die Kassen mehrever Finanzämter sollten vereinigt werden, ebenso seien andere Reichs⸗ und Staats⸗ kassen den Finanzamtslkassen anzugliedern. Die Zollverwaltung befinde sich heute gegenüber anderen Beamtenkategorien etwas im Hintertreffen Da sollte man dieser Karriere wieder etwas mehr Aufmerksamkeit zuwenden. Mit Rücksicht auf den sehr an⸗ strengenden Grenzzolldienst müsse ihre Dienstzeit entsprechend abgekürzt werden. In bezug auf die Unterbringung der eigenen Betriebe der Fmanzverwaltung scheine diese etwas großzügiger vorzugehen. Die Bauten müßten aber auch mit der gebotenen Sparsamkeit ausgeführt werden. 8* hoffen sei, daß der jetzt begonnene Kurs der Ersparnispolitik sich im Laufe dieses Sommers derart befestige, daß die Erfordernisse des nächsten Etats ohne besondere Fonds, die dann nicht mehr vorhanden seien, gedeckt werden könnten. Die Beamtenschaft aber müsse nun endlich zu einer gerechten Neuordnung ihrer Bezüge kommen, die ihr in Aussicht gestellt worden sei. Zum Schluß erörtert der Redner die Frage, ob dieser Etat in der vorgefehenen Weise überhaupt ausgeführt werden könne. Bedenten aber müsse der deutsche Urwähler, daß für das deutsche Volk die Zeit der ee Feste noch nicht gekommen sei, sondern daß es sich immer noch mühsam durch die sauren Wochen hindurcharbeiten müsse.
Abg. Höllein (Komm.): Der Massenbetrug scheint die einzige Staatsmaxime der Deutschen Republik zu sein. Als man den Bürgerblock zusammengeschoben hatte, bekam der Finanz⸗ minister von den Deutschnationalen den Auftrag, die Finanz⸗ politik seines Amtsvorgängers herunterzureißen. Herr Köhler hat uns gesagt, daß alle Etatsreserven erschöpft seien, es hat sich aber gezeigt, daß Herr Köhler ebenso flunkern kann wie sein Vor⸗ gänger oder ihn sogar noch übertrifft. Vizepräsident Dr. Rießer rügt diesen Ausdruck.) Um den Etat balanzieren zu können, entdeckte man, daß die Einkommenstener und andere Steuern viel zu niedrig im Etat angesetzt seien und daß die Regierung noch über alle möglichen Kassen und Käßchen verfüge. Für die Fürstendotationen, fuhr Redner fort, ist immer Geld da, aber die Herren, die den Namen Gottes im Munde führen und ihn stets miß⸗ brauchen, haben nichts übrig für die Aermsten der Armen, auch nicht für die Kinder, die ohne Frühstück in die Schule gehen müssen. Auch das christliche Zentrum macht das mit. Wir werden diese Schandpolitik immer an den Pranger stellen. Die Bürgerparteien treiben eine Finanzpolitik, die zur Täuschung der breiten Massen dienen soll. Das geschieht in der demokratischsten Republik, die in Weimar auf dem Papier verankert worden ist. Der Minister sagte, eine Steuererhöhung käme nicht in Frage. So las man's vor Tisch, aber er hatte noch nicht seinen Käse aufgegessen, da präsentierte er die Rechnung dem deutschen Volke, allerdings nicht den Vollgefressenen, ondern denn armen Massen durch die Mieterhöhungen. An die besitzende Klasse macht der Bürgerblock Geschenke. Auf Verlangen der bayerischen Partikularisten soll die Biersteuer bestehen bleiben. Die Finanzverwaltung verfügt über ein ungeheures Heer von Beamten, auf je 900 Einwohner entfällt ein Steuer⸗ oder Zoll⸗ beamter. Ein so ungeheurer Beamtenapparat ist notwendig durch die komplizierte Steuermacherei des Reichstags. Die Steuer⸗ gesetze sind so kompliziert, daß sich niemand mehr auskennt und der Besitzende immer ein Hintertürchen findet, durch das er sich von der Steuer drücken kann. Es schreit doch nach Abhilfe, da 700 Millionen Steuerrückstände vorhanden sind. Um diese schleunigst einzutreiben, müssen genügend Beamte zur Verfügun gestellt werden. Die Steuern werden jetzt noch viel mehr 8 die Schultern der Besitzlosen abgewälzt, als es unter der Monarchie der Fall war. (Hört, hört! rechts.) Die großen Betriebe müßten durch die Buchprüfer aufs schärfste kontrolliert werden. Aber nur die kleinen Betriebe werden rücksichtslos an⸗ gefaßt. Ein Gewerbetreibender in Berlin war nach seinen An⸗ gaben auf 4000 Mark Einkommen eingeschätzt, die Buchprüfung ergab die Richtigkeit, aber trotzdem bA ihn das Finanzamt um mehrere 1000 Mark höher ein. Wenn man bei den großen Betrieben ebenso vorginge, würde man Geld genug haben. Dieser Regierung sagen wir den schärfsten Kampf an. Werft dieses Scheusal in die Wolfsschlucht. (Heiterkeit.)
Abg. Dietrich⸗Baden (Dem.): Durch die Zahl der Steuerrückstände darf man sich nicht so sehr schrecken lassen, wir nehmen ja in jedem Monat 600 Millionen ein. Es muß auch Rücksicht auf die Steuerzahler geübt werden. Der Wiederaufbau der Steuerverwaltung war eine Riesenaufgabe. Der große Beamtenapparat war nötig durch die fortwährenden neuen Ver⸗ ordnungen. Ich möchte dem Finanzmnnister den Rat geben, einmal ein Jahr lang so wenig wie möglich an die nachgeord⸗ neten Stellen zu schreiben. (Heiterkeit.) Den nachgeordneten Stellen muß ein größeres Maß von Selbständigkeit und Selbst⸗ verantwortung eingeflößt werden. Wir beantragen eine Aen⸗ derung der Besteuerung der Landwirtschaft, bei der die Leistungsfähigkeit nicht danach bemessen wird, was der Mann herauswirtschaftet, sondern, was er herauswirtschaften könnte. Bei uns in Baden und überhaupt in Süddeutschland wird darüber geklagt, daß wir viel stärker zu den Steuern heran⸗ gezogen werden, als es in anderen Teilen des Reiches geschieht. In den großen Industriezentren gibt es immer Leute, die sich um die Steuern herumzudrücken verstehen. Diese Dinge, auch die Besteuerung der Landwirtschaft, müssen einmal zahlenmäßig
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genau klargestellt werden. In der Bewertung nach dem Wehr⸗ beitrag bestehen große Ungerechtigkerten; wenn 8— die Be⸗ wertung auch noch für 1927 gelten soll, so vermehrt sich die Ungerechtigkeit. Steuerbeamter zu sein, ist heute kein angenehmes Geschäft, um so mehr muß eine ungerechte Behandlung der Beamten vermieden werden. In Baden wird über ungerechte Zuteilung der Beamtenstellen geklagt. Wir haben schließlich den Wunsch, daß die Veranlagung zur Einkommensteuer wieder nach Jahresdurchschnitten erfolgen möge, zunächst nach einem zwei⸗ jährigen und dann nach dem dreijährigen Durchschnitt.
Abg. Mollath (Wirtschaftl. Vereinig.) führt Klage über das heutige System der Steuereinschätzung und über die steuer⸗ liche Behandlung des erwerbstätigen Mittelstandes. Es werde durchaus nicht verkannt, daß ein großer Teil der deutschen Finanzbeamtenschaft das Bestreben zeigt, ihrer Aufgabe in objektiver Weise gerecht zu werden. Was nütze aber dieser ernste Wille, wenn er sabotiert werde, oft genug von mittleren Ver⸗ waltungsbehörden. Der Redner verweist auf die Tätigkeit des Referenten für Grundbewertungssteuern vom Landesfinanzamt München, dessen Maßnahmen ber der Bevölkerung berechtigte Erbitterung hervorgerufen haben. Allmonatlich würden in einer Betriebsstatistik die durch Steuerstrafverfahren von den einzelnen Finanzämtern erreichten Nachzahlungen und Steuer⸗ strafen einzeln aufgeführt, wobei das Finanzamt an der Spitze marschiere, welches die höchsten Beträge herausgeholt habe. Hier liege ein außerordentlich gefährliches System vor, welches sicher nicht dazu beitrage, eine sachgemäße und objektive Prüfung der Angaben der Zensiten zu fördern. Es ergebe sich ganz klar, daß das ganze Steuersenkungsprogramm des ver⸗ gangenen Jahres durch übermäßige Steuereinschätzungen wieder hereingebracht werden solle. Da könne man sich über bedauer⸗ liche Zwischenfälle, wie die Winzerunruhen an der Mosel und den verhängnisvollen Vorfall im Finanzamt Neukölln, nicht wundern. Der Redner fragt den Minister, ob es zutreffe, daß durch das Landesfinanzamt die ursprüngliche Richtigkeit der An⸗ gaben des Betreffenden festgestellt worden seien. und daß die Feststellungen des Finanzamts Neukölln falsch gewesen wären. Was gedenke der Minister zu tun, um die Schuldigen zur straf⸗ rechtlichen Verantwortung zu ziehen? Der Minister habe auch noch keine Stellung genommen zu dem vom Abg. Kling vor⸗ getragenen Vorfall in der Oberpfalz, wo man vor der Vor⸗ nahme einer Vollstreckung einen Bauern buchstäblich gefesselt habe. Bei dem Hereinholen der gestundeten 600 Millionen Steuern müsse auf die besonderen Verhältnisse der Steuerzahler Rücksicht genommen und rücksichtsloses Vorgehen der unter⸗ geordneten Stellen, insbesondere dem gewerblichen Mittelstand gegenüber, verhindert werden. Es wäre ““ zu erfahren, wieweit die Großbanken, die jetzt ihre glänzenden Bilanzen ver⸗ öffentlicht hätten, an den gestundeten Millionenbeträgen beteiligt eien. Der Redner bringt weiter noch Beschwerden gegen einzelne Finanzämter zum Vortrag. So sei festgestellt worden, daß in Altdamm ein früherer Steuersekretär erhebliche Steuerbeträge unterschlagen habe und hierauf sämtliche Zahlungen der Zen⸗ siten als ungültig erklärt und diese selbst zu nochmaliger Zahlung der gesamten Steuerbeträge aufgefordert worden seien, Es habe erst des Eingreifens des Reichsfinanzministers bedurft, um diese unerhörte Maßnahme zurückzuziehen. Hier scheine doch im ganzen System etwas faul zu sein, und die Zensiten würden anscheinend als „Freiwild“ betrachtet. Wir brauchten ein neues Finanzausgleichscesetz, das alle Teile des deutschen Volkes unmittelbar an den Aufgaben des Staates interessiere.
Abg. Dr. Horlacher (Bayr. Vp.) verlangt Vereinfachung der Steuerverwaltung. Mißgriffe bei der Steuereinziehung, die die Bevölkerung erregten, müßten vermieden werden. Redner wendet sich gegen den vom Abg. Dr. Cremer empfohlenen Zentralismus in der Finanzverwaltung. Bei Eintreibung der Steuerrückstände müsse schonend vorgegangen werden Mit den Behauptungen über die ungeheure Höhe der indirekten Abgaben zuungunsten der Besitzlosen treibe die Linke eine Hetze; sie be⸗ rücksichtige nicht, was an Steuern in den Gemeinden zu zahlen sei. Steuersabotage würden von seinen Freunden durchaus miß⸗ billigt. Es sei allerdings keinesfalls verwunderlich, wenn bei der Bewertung von Grundbesitz das Gutachten der Landwirte anders ausfalle als das der Behörden. Es seien aber auch ungesetzliche Handlungen der Steuerbehörden vorgekommen.
Abg. Kube (Völk.) beantragt Vertagung. Die Unterstützung dieses Antrags reicht nicht aus. 1
Reichsminister Dr. Köhler nimmt hierauf das Wort. Seine Rede wird nach Eingang des Stenogramms veröffent⸗ licht werden.
Abg. Meier⸗Baden (Soz.) verlangt vor allem Gerechtig⸗ keit in der Verteilung der Steuern auf die verschiedenen Volks⸗ kreise. Wenn die Lohnsteuerpflichtigen bis zum letzten Pfennig besteuert werden, müssen Kontrollmaßnahmen geschaffen werden, die die Steuerhinterziehungen der veranlagten Steuerzahler un⸗ möglich machen. Durch strenge Buchführung muß die gerechte Lastenverteilung kontrolliert werden. Auch die Offenlegung der Steuerlisten würde das Gewissen der Steuerzahler gegenüber dem Staate und dem Volke stärken.
Ministerialdirektor Zarden erklärt, die Einrichtung der Buch⸗ und Betriebsführer werde unter allen Umständen bei⸗ behalten werden. 8
Abg. Dorsch (D. Nat.) führt die einzelnen Steuerlasten an, die die Landwirtschaft zu tragen habe. Die Landwirtschaft zahle heute noch Rentenbanksteuer, damit alle Leute in Deutschland eine feste Währung hätten. (Lachen links.) Dazu kämen die sozialen Lasten. Die Finanzämter hatten sich in Hessen nicht gerade gut
eingeführt; man sei gewaltsam in die Häuser eingedrungen, um .
nach Geld zu suchen.
Abg. Diez (Zentr.) kritisiert die Organisation des Brannt⸗ weinmonopols, wobei der Staat noch zulegen müsse. Die Ver⸗ hältnisse seien unhaltbar und eine gründliche Umkehr notwendig. Das heutige System begünstige den Schmuggel und die Steuer⸗ hinterziehung. 8
Minssteraldirektor .“ geht auf einen Einzelfall ein, den der Abg. Diez vorgebracht hat. Die Monopolverwaltung habe den Schwarzbrennern in Baden nicht auf andere Weise bei⸗ kommen können als dadurch, daß sie sich eines Verräters bediente. Da sich herausstellte, daß dieser selbst Hinterziehungen begangen habe, so hätte er die versprochene Belohnung nicht bekommen. Den kleinen Brennern, die wegen geringfügiger Vergehen in Baden ihr Brennrecht verloren hätten, wolle das Finanzministerium das Brennrecht wiedergeben, nachdem der Kampf mit den Schwarz⸗ brennern jetzt zu Ende geführt sei.
Abg. Putz (Komm.) bespricht die Steuerhinterziehungen der Großbauern in der Rhön. 8
Abg. Bülow (Soz.) weist an Hand der Denkschrift der Reichsregierung nach, daß in großem Umfange bei der Durch⸗ führung der Bewertung Steuersabotage getrieben worden sei.
Abg. Marie Arning (Soz.) kritisiert, daß die von der eng lischen Regierung für die deutschen Kriegsgefangenen bereits aus⸗ gezahlten vier Millionen Mark noch nicht verteilt worden sind. 1
Hierauf vertagte sich das Haus auf Freitag, 10 Uhr.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
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Exequaturerteilung. Bekanntmachung, betreffend die Umsatzsteuerumrechnungssätze auf Reichsmark für den Monat März 1927. Bekanntmachung, betrefsend die Festsetzung des Börsenpreises von Wertpapieren. Verordnung über die Geschäftsbedingungen Hamburg für den Zeithandel in Getreide. Anzeige, betrefsend die Ausgabe de gesetzblatts Teil II.
Preußen.
Bekanntgabe der vom 5. bis 26. März d. J. zu Wohlfahrts⸗ zwecken genehmigten öffentlichen Sammlungen. Bescheid über die Zulassung von Zündmitteln.
der Börse in
Amtliches. Deutsches Reich. Dem Königlich schwedischen Konsul in Dresden Dr. Herbert
Klippgen ist namens des Reichs das Erequatur erteilt worden. ““
8
Bekanntmachung.
Die Umsatzsteuerumrechnungssätze auf Reichs⸗ mark für den Monat März 1927 werden auf Grund von § 8 Abs. 8 des Umsatzsteuergesetzes in der Fassung der Be⸗ kanntmachung vom 8. Mai 1926 (7GBl. 1 S 218) in Ver⸗ bindung mit § 45 der Durchführungsbestimmungen zum E11““ vom 25. Juni 1926 (RGBl. I S. 323) wie folgt festgesetzt:
Lrd. Nr Staat Einheit RM
Belga 58,61 Lewa 3,05 Kronen 112,40 Gulden 81,77 Prund Sterling 20,47 finnische Mark 10,62 “ 16,50 Griechenland Drachmen 5,46 Holland — Gulden 168,73 Italien Lire 19,01 Jugoslawien Dinar 7,41 Norwegen Kronen 109,80 Deutsch Oesterreich Schilling 59,33 Portugal Escudo 21,58 Rumänien Lei (Noten) 2,61 Schweden Kronen — 112,77 Schweiz Francs 81,10 Spanien Peseta 73,36 Tschecho⸗Slowakei Kronen 12,49 Türkei türkisches Pfund 3 Ungarn Pengö 73,61 Argentinien Papierpeso 178,11 Brasilien Milreis 49,85 24 Kanada Kan. Dollar 4,21 25 Uruguay Goldpeso 4,24 26 Vereinigte Staaten
Dollar 4,22
von Amerika Yen 207,17 28 Aegypten agyptisches Pfund Berliner Börse notierten ausländischen Zahlungsmittel erfolgt
Belgien Bulgarien Dänemark Danzig England Finnland Frankreich
002ᷣUCSESnde
27 Japan 20,99
Die “ der Umrechnungssätze für die nicht an der
spätestens in der Mitte dieses Monats. Berrlin, den 1. April 1927. 1 Der Reichsminister der Finanze J. A.: Zarden.
Bekanntmachungg. 1 Auf Grund des § 9 der Bekanntmachung, betreffend die
Feststellung des Börsenpreises von Werwapieren vom 21. No⸗
vember 1912 (RGBl. S. 537) in der Fassung der Perordnung vom 22. Mai 1925 (RGBl. I S. 73) wird hiermit folgendes bekanntgemacht:
Der Börsenvorstand in Berlin hat beschlossen, die Preise der Teltower Kanalterrain Aktiengesellschaft in Liquidation vom 1. April 1927 ab in Ausnahme von § 1 Abs. 2
werden nur gegen Barbezahlung oder vorherige Einsendung des Betrages
Nummer 13 des Reichs⸗
Berlin, Sonnabend. den 2. April. abends.
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einschließlich des Portos abgegeben.
der erwähnten Bekanntmachung statt nach Prozenten des Nennwerts in Reichsmark für jedes Stück festzustellen.
Berlin, den 31. März 1927. Der Reichswirtschaftsminister. J. A.: Dr. Reichardt.
Verordnung über die Geschäftsbedingungen der Börse in Hamburg für den Zeithandel in Getreide. Vom 22. März 1927.*)
g Grund des § 67 des Börsengesetzes vom 27. Mai 1908 (RGBl. S. 215) wird nach Zustimmung des Reichsrats hiermit verordnet:
Die nachstehenden Geschäftsbedingungen der Börse in Hamburg für den Kauf und die sonstige Anschaffung von Gerste, Mais, Weizen und Roggen werden mit der Maßgabe genehmigt, daß es den Ver⸗ tragschließenden gestattet ist. Vereinbarungen über die in diesen Be⸗ stimmungen nicht geregelten Punkte zu tieffen.
Berlin, den 22. März 1927. Der Reichswirtschaftsminister. Curtius.
1“ Geschäftsbedingungen der Börse in Hamburg für den Kauf und die sonstige Anschaffung von Gerste, Mais,
Weizen und Roggen.
Zu liefern ist: 8
1. bei Gerste: gute, gesunde Futtergerste — harte glasige Gersten, wie 3z. B. nordafrikannsche, ausgeschlossen;
2. bei Mais: guter, gesunder Mais;
3. bei Weizen: gesunder, tockener und für Müllereizwecke gut verwendbarer Weizen mit einem Normalgewichte von 76,5 Kilogramm je Hektoliter. Von der Lieferung aus⸗ geschlossen sind: Rauhweizen, Kubanka⸗ und anderer aus⸗ ländischer Hart.(Grieß⸗ Weizen, ferner künstliche Mischungen verschiedenartiger Sorten;
4. bei Roggen: guter, gesunder, trockener Roggen, frei von Darrgeruch, mit einem Normalgewichte von 71 Kilogramm je
“ II.
Die Lieferung hat innerhalb der von den Parteien vereinbarten Zeit nach Wahl des Verkäufers zu erfolgen.
III.
Der Preis ist für je 1000 Kilogramm in Reichsmark lose transito frei Groß Hamburg festzusetzen.
Erfüllungsort für die Zahlung ist Hamburg, für die Lieferung der Lagerort, Gerichtsstand ist Hamburg.
Den Geschäften sind die vom Vorstand des Vereins der Getreide⸗ händler der Hamburger Börse erlassenen Bestimmungen effend Einschuß⸗ und Nachschußpflicht, zugrunde zu legen.
V. § 1. Die zu liefernde Ware ist anzudienen:
a) in zugelassenen Lagerhäusern, welche sich in Hamburg, Altona, Harburg oder Wilhelmeburg befinden.
b) in Schiffen, welche sich im Hafengebiet Hamburg, Altona, Harburg oder Wilhelmsburg befinden und aus denen auf den Kat oder in Flußfahrzeuge gelöscht werden kann oder welche an einem zugelassenen Lagerhaus liegen. — Die Namen der
Lagerhäuser, aus denen geliesert werden kann sind durch
Beschluß des Vorstands des Vereins der Getreidehändler der Hamburger Börse festzustellen und bekanntzumachen.
§ 2. Es darf nur eine Wate geliefert werden, welche vor der Andienung, frühestens aber an den drei der Andienung vorhergehenden Werktagen, von drei vom Vorstand des Vereins der Getreidehändler der Hamburger Börse für die in Frage tommenden Getreidearten er⸗ nannten und von der Deputation für Handel Schiffahrt und Ge⸗ werbe beeidigten Sachverständigen untersucht und als lieferbar be⸗ funden worden ist. Bei der Untersuchung der Ware und Feststellung eines Mehr⸗ oder Minderwerts sind bei Mais Qualität und Be⸗ schaffenheit, bei Weizen und Roggen Qualität, Beschaffenheit und Naturalgewicht, bei Gerste Beschaffenheit. Naturalgewicht und Besatz zu berücksichtigen. Ergibt sich auf Grund dieser Untersuchung bei Gerste und Mais ein Mehr⸗ oder Minderwert bis zu drei vom Hundert, bei Roggen bis zu zwei vom Hundert und bei Weizen ein Mehrwert bis zu drei vom Hundert oder ein Minderwert bis zu zwei vom Hundert des Wertes gezunder Durchschnittsqualität, so ist der Käufer zur Abnahme unter Vergütung des Mehrwerts beziehungs⸗ weise Abzug des Minderwerts verpflichtet. Ein Mehrwert bei Gerste, Mais und Wetzen über drer vom Hundert und ber Roggen über zwei vom Hundent ist nicht zu vergüten.
Ber einem Minderwerte bei Gerste und Mais von mehr als drei vom Hundert, bei Weizen und Roggen von mehr als zwei vom Hundert ist die Ware nicht liefervar.
§ 3. Die Andienung und Lieferung hat in Posten von je 30 t schriftlich unter Beifügung einer Bescheinigung über die Lieserbarkeit zu errolgen vnd muß dem Käufer an einem Werktag bis 11 ½ Uhr mittags zugestellt sein. Endigt die Lieferzeit an einem Sonn⸗ oder
*) Veröffentlicht im RGBl. Teil I Nr. 14 Seite 79.
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Feiertage, so muß die Andienung spätestens am vorhergehenden Werktag erkolgen. Die Andienung kann an Dritte weitergegeben werden. Die Weitergabe muß unverzüglich erfolgen. Die Umlaufszeit der An⸗ dienung endigt nachmittags 3 Uhr am Andienungstage.
§ 4. Der Verkäufer ist verpflichter, jeden einzelnen Posten oder Kavelig von einer Stelle zu liefern. Die Ware ist innerhalb von drei Werktagen, einschließlich des Tages der Andienung, Zug um Zug gegen Zahlung abzunehmen
§ 5. Das Andienungsschreiben und die Bescheinigung der Sach⸗ verständigen müssen enthalten: ö“
a) bei Lieferungen vom Schiffe:
8 1. das Datum, 8 v“ 8 2. den Namen des Schiffes und des Schiffers beziebungs⸗ weise die Kabnnummer sowie der Räume, in denen die Ware sich befindet, 3. den Standort des Schiffes vorbehaltlich einer Aenderung seitens der Hafenbehörden; “ b) bei Lieserungen vom Lagerhausfe: G 1. das Datum, “““ 2, die genaue Bezeichnung des Postens nach Lagerhaus, Lagerraum und Menge. § 6. Der Emwränger hat die Kosten der Uebergabe und Ab⸗ nahme der Ware zu tragen, soweit sie die ortsüblichen Sätze nicht überschreiten. Etwaige Mehrkosten fallen dem Verkäufer zur Last. Ueber die Angemessenheit der Kosten entscheidet im Streitfall der Vorstand des Vereins der Getreidehändler der Hamburger Börse.
§ 7. Der Verkäufer hat das Recht, fünf vom Hundert mehr oder weniger zu liefern. Ergibt sich bei einem Posten ein Fehlgewicht von mehr als fünf vom Hundert, so kann die Abnahme abgelehnt werden. Die Ablehnung muß innerhalb der vertragsmäßigen Ab⸗ nahmefrift erklärt werden. Das Mehr⸗ oder Mindergewicht wird zum Preise des Abnahmetaas, falls jedoch die Abnahme nach Ablauf der vertragsmäßigen Frist erfolgt, zum Preise des letzten Tages der Abnahmefrist berechnet
§ 8. Im Falle des Verzugs darf der nichtsäumige Teil die An⸗ nahme der Leistung ablehnen, nachdem er dem säumigen Teile eine angemessene Frist zur Bewirkung der Leistung gestellt hat und diese Frist fruchtlos verlaufen ist. Der Tag des Eingangs der Nachfrist⸗ stellung wird bei der Berechnung der Nachfrist nicht mitgerechnet.
§ 9. Stellt eine Partei ihre Zahlungen ein, so hat der andere Teil unabhängig von der bedungenen Lieferzeit unverzüglich, spätestens aber einen Tag, nachdem er von der Zahlungseinstellung Kenntnis erhalten hat oder Kenntnis haben mußte, ohne vorherige Androhung die Glattstellung des Vertrags vorzunehmen. Die Glattstellung erfolgt nach Wahl der nichtsäumigen Partei im ganzen oder in Teilen, entweder durch Eindeckungskauf beziehungsweise ⸗verkauf oder durch Verrechnung. Der Eindeckungskauf beziehungsweise ⸗verkauf hat an der Hamburger Börse für die bedungene Lieferzeit durch einen vom Vorstand des Vereins der Getreidehändler der Hamburger Börse ernannten, zu Zwangskäufen und ⸗verkäufen berechtigten Makler zu erfolgen. Die Verrechnung erfolgt auf Grund des am Tage der Glattstellung für die bedungene Lieferzeit an der Ham⸗ burger Börse amtlich festgestellten Preise oder, wenn mehrere Preise festgestellt sind, des Durchschnittspreises. Der bei der Glatt⸗ stellung sich ergebende Preisunterschied ist sofort föällig. An Zinsen sind vom Tage der Glattstellung bis zum eisten Tage der vertrags⸗ mäßigen Lieferzeit zwei vom Hundert über Reichsbankdiskont zu ver⸗ güten. Die üblichen Matlergebühren und sonstigen Unkosten, welche bei dem Eindeckungskauf beziehungsweise ⸗verkauf entstehen, sind so⸗ wohl in diesem Falle als auch im Falle der Verrechnung vom Säumigen zu vergüten.
§ 10. Als Feiertage gelten die in Hamburg staatlich aner⸗ kannten allgemeinen Feiertage.
§ 11. Alle Streitigkeiten aus dem Vertrage zwischen Parteien, auf welche die Voraussetzungen des § 53 des Börsengesetzes zutreffen, find durch ein Schiedsgericht unter Ausschluß der ordentlichen Gerichte endgültig zu entscheiden. Die Schiedsrichter werden vom Vorstand des Vereins der Getreidehändler der Hamburger Börse auf ein Jahr gewählt und ihie Namen öffentlich bekanntgegeben. Jede Pariei wählt aus der Liste der Schiedsrichter einen Schiedsrichter. Die beiden Schiedsrichter erwählen einen Obmann, ebenfalls aus der Liste der Schiedsrichter.
Im übrigen finden die Bestimmungen der Schiedsgerichtsordnung für das Schiedsgericht des Vereins der Getreidehändler der Ham⸗ burger Börse sinngemäße Anwendung.
§ 12. Für gerichtliche Entscheidungen und die Anordnung richter⸗ licher Handlungen im Sinne der §§ 1045 und 1046 der Zivilprozeß⸗ ordnung ist je nach dem Werte des Streitgegenstandes das Amts⸗ gericht oder Landgericht in Hamburg zuständig.
Bekanntmachung.
Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 13 des Reichsgesetzblatts Teil II enthält:
das Gesetz über die vorläufige Regelung des Reichshaushalts für das Rechnungsjahr 1927, vom 31. Marz 1927,
die Betanntmachung über den Schutz von Erfindungen, Mustern und Warenzeichen auf emmer Auesstellung, vom 18. März 1927.
die Bekanntmachung über den Schutz von Erfindungen. Mustern und Warenzeichen auf einer Ausstellung, vom 25. März 1927,
die Bekanntmachung über das weitere Hinausschieben des Zeit⸗ punkts, an dem der Freundschafts⸗, Handels⸗ und Schiffahrtsvertrag zwischen dem Deutschen Reich und den Vereinigten Staaten von Mexiko außer Kraft tritt, vom 28. März 1927.
Umfang ¼ Bogen Verkaufspreis 15 Rpf
Berlin, den 2. April 1927.
Gesetzsammlungsamt. Dr. Kaisenberg.