1927 / 281 p. 1 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 01 Dec 1927 18:00:01 GMT) scan diff

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Ernennungen ꝛc. ekanntmachung über die Versicherungspflicht von T ohne maschinellen Betrieb.

Bekanntgabe der Reichsinderziffer f im November 1927. 3 mverbot.

Preußen.

Ernennungen und sonstige Personalveränderungen.

5 8

5 An Stelle des wegen Erreichung der Altersgrenze in

den dauernden Ruhestand getretenen Präsidenten Scharmer st der Ministeriatrat im Reichswirtschaftsministerium, Geheime Regierungsrat Kissel zum Präsidenten des Reichsaufsichtsamts

ür Privatversicherung ernannt worden.

Bekanntmachung

r die Versicherungspflicht von Wasserwerken

ohne maschinellen Betrieb.

Auf Grund des § 538 Nr. 4 der Reichsversicherungs⸗ ordnung werden Wasserwerke ohne maschinellen Betrieb ohne Rücksicht auf die Zahl der beschäftigten Arbeiter vom 1. Januar 1928 ab den Fabriken im Sinne des § 537 Abs. 1 Nr. 2 der Neichsversicherungsordnung gleichgestellt, wenn in ihnen jährlich

indestens 50 volle Arbeitstage für die Wartung, Instand⸗ altung und für sonst ge mit dem Betrieb im Zusammenhang sehende Arbeiten geleistet werden. ““ 8

Berlin, den 28. November 1927. Das Reichsversicherungsamt, Abteilung für Unfallversicherung. Schäffer. .

Die Retchsindexziffer für die Lebenshaltungskosten im November 1927.

Die Reichsindexziffer für die Lebenshaltungskosten (Er⸗ nährung. Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Bekleidung und „Sonstiger Bedarf“) beläuft sich nach den Feststellungen des Statistischen Reichsamts für den Durchschnitt des Monats November auf 150,6 gegen 150,2 im Vormonat. Sie ist sonach um 0,3 vH gestiegen.

Die Indexziffern für die einzelnen Gruppen betragen (1913/14 = 100): für Ernährung 152,0, für Wohnung 125,4 für Hei ung und Beleuchtung 146,1, für Bekleidung 164,2, für en „Sonstigen Bedarf“ einschließlich Verkehr 185,83.

Berlin, den 30. November 1927. Statistisches Reichsamt. J. V.: Dr. Platzer.

FFilmverbot.

Die öffentliche Vorführung des Bildstreifens Sacco und Banzetti“, 7 Akte, 2170 m, Antragsteller: Veritas⸗Film G m. b. H., Berlin, Ursprungsfirma: Gans⸗Film, Wien, ist am 30. November 1927 unter Prüfnummer 1155 verboten

Berlin, den 30. November 1927. Der Leiter der Filmoberprüfstelle. Dr. Seeger.

Preußen.

Ministerium des Innern.

Der Landrat Dr. Schencking aus Arnsberg ist in gleicher Amtseigenschaft in den Landkreis Recklinghausen versetzt worden.

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Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Das Reichsverkehrsministerium hat unterm 11. d. M. einige Aenderungen und Ergänzungen der Anlage C zur Eisenbahnvertehrsordnung verfügt. Das Nähere geht aus der Verordnung in Nr. 48 des Reichsgesetzblatts, Teil II, hervor.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Aeltestenrat des Reichstags bestimmte in seiner gestrigen Sitzung über die Erledigung der Aufgaben des lenums in der nächsten Zeit. Von heute bis Sonnabend sollen die Interpellationen über die F htschaesitee behandelt werden, worüber zunächst der Reichswirtschaftsminister und der Reichs⸗ arbeitsminister das Wort ergreifen werden. In der Aussprache wird voraussichtlich auch der Reichsfinanzminister sprechen. Vom Montag ab wird das Plenum sich mit den Interpellationen über die Aussperrung der Zigarrenarbeiter, mit dem jugoslawischen Vertrag und mit der zweiten Lesung über die Krankenversicherung der Seeleute beschäftigen und endlich den Bericht des Ausschusses ür die Untersuchungen der Ruhrentschädigungen besprechen. Danach soll die zweite Beratung der Besorun. gg. in An⸗ griff genommen werden; ob es schon am Ende der nächsten Woche dazu kommen kann, steht noch dahin. Die Besoldungsvorlage soll auf jeden Fall so gefördert werden, daß die Auszahlung der erhöhten Gehälter noch vor Weihnachten erfolgen kann. Wann die erste Lesung des Haushaltsplans für 1928 santtgnden kann, darüber ist gestern im Aeltestenrat noch nicht gesprochen worden, da diese Angelegenheit zunächst von der Erledigung des Etats im Reichsrat abhängt. Ferner beschäftigte sich der Aeltestenrat mit der Anregung, die der Reichstagspräsident Löbe gelegentlich des Städtetags in Magdeburg dahin gegeben hat, daß ein kommunalpolitischer Ausschuß des Reichstags eingesetzt werden möge. Es waren jedoch die Meinungen sehr geteilt darüber, ob die Interessen der Städte in einem besonderen Ausschuß des Reichstags besser gewahrt erscheinen als wenn die Organisa⸗ tionen der Kommunen in freier Aussprache mit den bestehenden Ausschüssen Gesetzentwürfe beraten, die die Kommunen betreffen. Um diese Frage zu klären, soll eine Besprechung des Reichstags⸗ präsidenten mit den Vorsitzenden der vier großen kommunalen Organisationen Deutschlands stattfinden. Endlich beschloß der Aeltestenrat die weitere Beteiligung des Reichstags an den internationalen parlamentarischen Handelskonferenzen, von denen die nächste in Paris und die übernächste in Berlin statt⸗ finden soll. As Delegierte des Reichstags bei diesen Konferenzen wurden einstweilen die Abgg. Dr. Hilferding geee Lejeune⸗Jung (D. Nat.), Dr. Brüning (Zentr.), von Raumer (D. Vp.) und Meier⸗Berlin (Dem.) bestätigt.

Im Reichstagsausschuß für die Straf⸗ rechtsreform stand gestern zunächst die prinzipielle Frage dur Ent t. ob die „Bekämpfung des Landstreichens,

ttelns, der Ar eitsscheu und der Gewerbsunzucht“ ausschließlich im Wege der sozialen Fürsorge zu erfolgen habe oder ob daneben auch strafrechtliche Mittel angewandt werden sollen. Von seiten der Reichsregierung wurde laut Bexicht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Bethengaverlegee die Ansicht vertreten, daß das gemeinschädliche Verhalten in den engen Grenzen, die in der Vorlage gezogen seien, auch weiterhin strafrechtlich erfaßt werden müße. Ein Bewahrungsgesetz sei auch vom Standpunkt des Reichsjustizministeriums erwünscht, aber nicht die notwendige Voraussetzung für den Erlaß der nötigen srkee Vorschriften über das gemeinschädliche Verhalten. Die Frage der finanziellen Auswirkungen eines Be⸗ wahrungsgesetzes mit den Landesregierungen zu erörtern, sei eine selbstverständliche P der Reichsregicrung. Der Vorsitzende Abg. D. Dr. Kahl (D. Vp.) formulierte die der Abstimmung zugrunde liegende Frage folgendermaßen: „Sind grundsätzlich die im 36. Abschnitt des Strafgesetzentwurfs enthaltenen Tatbestände unter Kriminalstrafen zu stellen?“ Die Abstimmung ergab die Bejahung dieser Frage durch die Mehrheit des Ausschusses. Nunmehr konnte die Beratung des § 58 folgen, der die „Unter⸗ bringung in einem Arbeitshaus“ betrifft. Verschiedene Meinungen wurden darüber geäußert, ob ein Minderjähriger in einem Arbeitshaus untergebracht werden dürfe. Die Sozialde mo⸗ kraten verlangten, daß ein Minderjähriger nur in einer Er⸗ ziehungs⸗ oder Besserungsanstalt untergebracht werden dürfe; denn er solle gebessert und erzogen werden, aber das Zusammen⸗ sein mit den in einem Arbeitshaus untergebrachten Personen ei nicht geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Die Referenten des Ausschusses, Vertreter des Zentrums und der Deutschen Volkspartei waren dagegen der Ansicht, daß es auch möglich sein müsse, einen sittlich vollkommen verwahrlosten Minderjährigen, der kurz vor der Vollendung des 21. Lebensjahres stehe, sogleich einem Arbeitshaus zu überweisen. Das sei schon deshalb not⸗ wendig, um die anderen S in der Erziehungs⸗ oder Besserungsanstalt vor dem schlechten Einfluß solcher Personen zu schützen. Der Entwurf eröffne diese Möglichkeit richtiger Weise dadurch, daß die Unterbringung straffälliger Minderjähriger in

1 einer Erziehungs⸗ oder Besserungsanstalt nicht schlechthin, sondern 1

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nur für die Regel vorgeschrieben wird, also berechtigte Ausnahmen zugelassen werden. In der Abstimmung wurden verschiedene An⸗ träge der Berichterstatter, Abgg. Wegmann (Zentr.) und Dr. Wunderlich (D. Vp.) sowie des Vorsitzenden nbge D. Dr. Kahl (D. Vp.) und des Abg. Dr. Rosenfeld (Soz.) an⸗ genommen. Dadurch bekam der § 58 eine von der Regierungs⸗ vorlage wesentlich unterschiedliche Fassung. Er lautet jetzt: „Wird jemand nach den §8§ 370 bis 373 zu einer Freiheitsstrafe ver⸗ urteilt, so ordnet das Gericht zugleich seine Unterbringung in einem Arbeitshaus an, wenn sie erforderlich ist, um ihn zur Arbeit anzuhalten und an ein geordnetes Leben zu gewöhnen. Dasselbe gilt, wenn jemand, der gewohnheitsmäßig zum Gewerbe Unzucht treibt, nach § 374 zu Freiheitsstrafe verurteilt wird. Bei einem Minderfjährigen ordnet das Gericht statt der Unter⸗ bringung im Arbeitshaus die Unterbringung in einer Erziehungs⸗ anstalt an. Würde der Minderjährige nach seinen versönlichen Eigenschaften eine Gefahr für die in der Erzhepungsanstalt Unter⸗ gebrachten bilden, so ist seine Unterbringung im Arbeitshaus an⸗ zuordnen. Hält das Gericht die Unterbringung eines Minder⸗ jährigen in der ET“ für ausreichend, so kann es von Strafe absehen. Ar itsunfähige sind statt einem Arbeitshaus einem Asyl zu überweisen.“ Weiterberatung heute.

Der Bildungsausschuß des Reichstags be⸗ schäftigte sich gestern unter dem Vorsitz des Abg. D. Mumm (D. Nat.) weiter mit den Erfordernissen des 1 rechts und des geordneten Schulbetriebs. Abg. Biester (Soz.) führte nach dem Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins ö Zeitungsverleger aus, für den Begriff „geordneter Schulbetrieb’ sei das wichtigste Kriterium die böö“ Durch die Schaffung von Zwergschulen würden vielfach die Schulverbände und die Zweckverbände zerschlagen werden. Außerdem versteckten sich hinter dem Bestreben, Zwerg⸗ schulen zu ganz andere Bestrebungen, nämlich klassen⸗ mäßige Ab Bede ünssbeseehungve. Es würde auch der Zu⸗ emeeeche der höheren Schule mit der Volksschule gefährdet werden. Abg. Philipp (D. Nat.) erklärte, für die großen Städte entstehe in keinem Falle eine Gefahr, da dort immer die Möglichkeit bestehen werde, mehrklassige Schulen zu schaffen. Deshalb müsse vor allem die Lage der kleinen Städte und Doörfer ins Auge gefaßt werden. Graf von Podewils (Aus⸗ wärtiges Amt) gab darauf die vorgestern abend vom Ausschuß verlangten Angaben über die Lage der Minderheiten in Deutsch⸗ land bekannt. Abg. Dr. Schreiber (Zentr.) richtete an die Vertreter des Auswärtigen Amts eine Reihe von Fragen über die polnischen Privatschulen in Deutschland. Abg. Dr. Löwen⸗ tein (Soz.) wünschte, daß das Privatschulwesen überhaupt nicht im Reichsschulgesetz geregelt werde. Abg. Fleißner (Soz. fragte die Regierung nach der Bedeutung des Ausdeucks „rechtli zulässig“ im § 9 Abs. 2 Zisser B, wo von der Höhe der Schul⸗ organisation der Gemeinde die Rede ist. Abg. Rheinländer (Zentr.) bemerkte, die Bestimmung der S ung über den ge⸗ ordneten Schulbetrieb sei zweifellos eine Beschränkung des Eltern⸗ rechts. Diese Be⸗ aesern ta dürfe aber nicht weitergehen, als es dem Sinn und Wortlaut der Verfassung entspreche. Der Aus⸗ druck „geordneter Schulbetrieb“ dürfe nicht gepreßt werden. Die einklassige Schule habe keine geringeren Erfolge aufzuweisen als die mehrklassige. Es komme auch nicht nur auf die Ver⸗ mittlung von Kenntnissen an, ondern das Wichtigste sei die Er⸗ iehung zu Charakteren und Persönlichkeiten. Abg. Dr. Gertrud

ä umer (Dem.) erklärte die Propagandamethoden der evange⸗ lischen Kirchenbehörden ö den Elternkreisen, wie 1 aus dem Westen berichtet würden, für sehr bedenklich. Der Begriff „geordneter Schulbetrieb“ sei eine Bezugnahme der einzurichten⸗ den Schule und ihrer Einrichtungen auf das gesamte Schulwesen. Um dies im Gesetz zum Ausdruck zu bringen, würde ihre Fraktion einen ste Antrag stellen, der eine Festzahl nicht bringe und der das Nähere den Ländern überlasse. Sie habe große Be⸗ denken, das Recht auf Privatschulen für Minderheiten in das Gesetz hineinzubringen. Abg. (D. Nat.) fragte zum zweiten Male an, was aus den en werden solle, wenn die Untragsschule den S eren Teil der Schüler der bisherigen Schule umfasse. Nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 Ziffer B würde die kleinere 1uf die bisherige Gliederung behalten und die neue Schule unter Umständen eine geringere Gliederung Andererseits sage die Begründung, die Länder würden in solchen Fällen das Nähere regeln. Darin liege ein Widerspruch; er bitte um Aufklärung. Abg. Dr. Elsa a tz (D. Vp.) wies darauf hin, daß das durch die Verfassung gewähr⸗ leistete Elternrecht in der Verfassung selbst seine Grenze finden müsse, nämlich in den Notwendigkeiten des geordneten Schul⸗ betriebs. Die Regierungsvorlage reiche nicht aus, um die Ab⸗ splitterung leistungsunfähiger Zwergschulen zu vechindern. Der volksparteiliche Antrag sichere die Aufrechterhaltung der Höhe der Schulentwicklung in der betreffenden Gemeinde. In einer Zeit, da ohnehin für Kulturzwecke nur unzureichende Mittel zur Verfügung ständen, sei die Aufwendung von Mitteln für die Gründung von Zwergschulen eine unproduktive Ausgabe, die nicht bu verantworten sei. Die Leistungsfähigkeit unseres Volkes hänge ab von det Bildungsbreite, die zu 95 Prozent durch die deutsche Volksschule führe. Darauf vertagte der Ausschuß die Weiterberatung.

Der Ausschuß für Kriegsbeschädigten⸗ fürsorge setzte gestern die zweite 8 der Novelle zu m Versorgungsgesetz sort. Nach dem Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger wurde beschlossen, die Einkommensgrenze für solche Renten⸗ em e Lohn⸗ und Gehaltsbezüge aus öffentli

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bekommen.