1928 / 18 p. 1 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 21 Jan 1928 18:00:01 GMT) scan diff

Bekleidung, Ausrüstung, Unterbringung und Ausbildung bewilligt werden. Dann sind die weitaus meisten sächlichen Kosten zwangs⸗ läufig. Dann muß man konsequent sem und kann nicht einen Abstrich von 10 Prozent bei allen sächlichen Kosten verlangen.

In der Summe von 893 Millionen sind ferner die Ausgaben für Wasserstraßen und Luftfahrt, die allgemernen Bewilligungen für das Auswärtige Amt, auf dem Gebiete der Kulturpolitik, für landwirtschaftliche Produktionsförderung usw. enthalten. Der eigentliche Verwaltungsaufwand des Reichs ist mithin zum Ver⸗ gleich zum Gesamtetat sehr gering. Er ist das Ergebnis sehr eingehender Beratungen und ist so sparsam aufgestellt, wie ich es ohne Gefährdung der Dienstgeschäfte irgend verantworten kann

Wenn es gelungen ist, das Gesetz des steigenden Ausgabe⸗ bedarfs, das in den Etats aller Länder und zu allen Zeiten in Erscheinung getreten ist, für den Etat 1928 an allen Stellen, an denen mir die Hände nicht gebunden waren, außer Kraft zu setzen, so darf ich das als einen gewissen Erfolg buchen. Im Rahmen der gegenwärtigen verfassungs⸗ und verwaltungsrechtlichen Organisation läßt sich nach meiner festen Ueberzeugung kaum mehr erreichen. Aber freilich ist damit den dringlichen Erforder⸗ nissen der Wirtschaft nicht Genüge getan. In der Lage, in der sich Deutschland befindet, muß das Gesetz des steigenden Ausgabe⸗ bedarfs für die gesamte öffentliche Hand seine Wirksamkeit ver⸗ lieren. An seine Stelle muß in Deutschland das eherne Notgesetz ds fallenden Ausgabebedarfs treten. Das Steigen der Reparationslasten zum Höchstbetrag verlangt eine Verminderung der sonst bestehenden innerdeutschen Gesamtlasten, soll unsere deutsche Wirtschaft diese schwere Last tragen können.

Unter den von mir als zwangläufig bezeichneten Ausgaben befindet sich auch der gegen das Vorjahr um 396 Millionen erhöhte Posten für Reparationszahlungen im Betrage von 1227 Millionen, wozu noch die Verzinsung und Tilgung der deutschen Industrieschuldverschreibungen mit 300 Millionen und der Reichs⸗ bahnschuldverschreibungen mit 660 Millionen kommen.

Enger als je zuvor ist unsere Haushaltsführung, deren wesentliche Entwickelungslinien ich mir gestattet habe Ihnen auf⸗ zuzeigen, mit unseren Reparationsverpflichtungen und den daran anknüpfenden Zukunftsfragen verbunden. In diesem Jahre endet, wie schon ausgeführt, die Uebergangszeit, die der Sachver⸗ ständigenplan für das Erstarken der deutschen Wirtschaft vorsah. Das erste Normaljahr beginnt, in dem die deutsche Gesamtwirt⸗ schaft noch im Wiederaufbau begriffen den vollen Betrag von 2,5 Milliarden aufbringen soll. Wenn die Uebergangszeit des Sachverständigenplanes abgelaufen ist, wird man die Wirkung der bestehenden Regelung abschließend übersehen können und ihre Ergebnisse feststellen müssen.

Wie Deutschland zu der Notwendigkeit steht, das Seine zu tun, um den Verpflichtungen aus dem Sachverständigenplan gerecht zu werden, brauche ich nicht zu wiederholen noch zu be⸗ kräftigen. Die Vorschläge der Reichsregierung für den Haushalt 1928 legen vom Ernst unseres Willens praktisches Zeugnis ab.

Produktivität der Wirtschaft zur Erzielung echter Ueberschüsse und echter Kapitalbildung ist notwendige Grundlage der Auf⸗ rechterhaltung unserer öffentlichen Wirtschaft, der Haushalte nicht nur des Reichs, sondern auch der Länder und Gemeinden. Die Gesamtpolitik des Reichs hat diesem Ziele stets zugestrebt. In eine Zeit schwierigster wirtschaftlicher Allgemeinbedingungen nicht nur im Inlande, sondern auch in der Weltwirtschaft mußten unter den Wegen, de hier zur Verfügung standen, die gesucht werden, die am ehesten den Erfolg versprachen. Meinungsver⸗ schiedenheiten über den zu wählenden Weg haben hier und da be⸗ standen. Die langsame, aber stetige Entwicklung großer Teile der Wirtschaft in der letzten Zeit darf uns als Beweis gelten, daß die eingeschlagenen Wege im allgemeinen die richtigen gewesen sind. Welche Anstrengungen wir aber auf diesem Gebiet auch immer machen mögen, der Erfolg hängt nicht zum geringsten davon ab, daß das Ausland auch seinerseits die Wege öffnet, die unserer Ausfuhr bisher noch verschlossen sind. Noch bestehen in weitem Umfange Handelshemmnisse, noch gilt es, der richtigen Erkenntnis, die auch der Generalagent in seinen letzten Berichten sich zu eigen gemacht hat, bei denen zum Durchbruch zu verhelfen, die Gläubiger der Reparationsgleistungen sind und, wenn sie diese empfangen wollen, nach zwingenden Wirtschaftsgesetzen schließlich in irgendeiner Weise Käufer unserer Waren sein müssen.

Auf dem Gebiet der Auslandsanleihen hat die Reichs⸗ regierung ihr praktisches Ziel, nur Anleihen zu begünstigen, die als unaufschiebbar anzusehen sind und unmittelbar produktiven Zwecken zugeführt werden, wiederholt klar ausgesprochen. Aus⸗ landsanleihen für die Wirtschaft waren in der Vergangenheit notwendig: sie werden es auch noch in Zukunft sein. Auslands⸗ kredite der öffentlichen Stellen müssen mit größter Sorgfalt im einzelnen Falle geprüft werden. Was in diesem Punkt geschehen ist, um die Beratungsstelle für Auslandskredite in ihren Prüfungsrechten zu stärken und die Erkenntnisgrundlagen ihres Spruches zu sichern, ist bekannt. (Zurufe links.) Die Enquete über den maßgeblichen Anleihebedarf, insbesondere der großen Kommunen, wird es in ihrem Ergebnis erleichtern, den einzelnen Anleiheantrag in den Bahnen der Gesamtheit der wesentlichen Anleihebedürfnisse zu prüfen. (Zuruf von den Kommunisten.) Sie ist soeben erst zum Abschluß gekommen: das Material wird zurzeit noch gesichtet. Es muß versucht werden, das für Deutsch⸗ land so bedeutsame Problem der öffentlichen Kreditfinanzierung in einem Sinne zu lösen, der den wahren Interessen des Reichs entspricht und auch die Erörterungen über dieses Problem praktisch gegenstandslos macht. (Zuruf von den Kommunisten.)

Um weitere Klarheit über die Finanzwirtschaft der Länder und Gemeinden zu gewinnen, wird die Reichsregierung die statistischen Arbeiten so schnell wie möglich fördern und der Oeffentlichkeit zugänglich machen. Sie wird die statistischen Er⸗ hebungen ausbauen und so die Grundlage nicht nur für eine ver⸗ tiefte Erkenntnis der Finanzwirtschaft in Léändern und Gemeinden, sondern auch für eine auf dieser Erkenntnis aufbauende Hand⸗ habung der öffentlichen Finanzen überhaupt schaffen. Dabei ist insbesondere ein fortlaufender Ueberblick über die Einnahme⸗ und Ausgabewirtschaft nicht nur der Länder sondern auch der Ge⸗

einen bedeutsamen Faktor der Wirtschaftsbelastung und damit der

Gesamtwirtschaft darstellen. Die aus der Statistik zu beant⸗ wortenden Fragen stehen in untrennbarem Zusammenhang mit der Durchführung der Verwaltungsreform, die es gestatten soll, Gliederung und Aufbau der Verwaltung im Reich, in den Ländern und in den Gemeinden wirksam zu vereinfachen. Die Ver⸗ waltungsreform, über die ich noch Grundsätzliches zu sagen habe, wird gefordert und getragen von einem einmütigen Willen des gesamten Volkes. Wirtschaft, Währung und Finanzen hängen von dem Gelingen der hier gestellten Aufgaben in weitem Um⸗ fange ab. Dieses Bewußtsein wird es hindern, daß der Impuls, von dem die Reformbewegung heute getragen wird, erlahmt. Die Länderkonferenz, die gestern geschlossen worden ist, hat uns auf dem Wege zur sparsamsten Gestaltung des Apparates der öffent⸗ lichen Körperschaften einer auf größten Wirkungsgrad bei knappsten Mitteln gestellten Verwaltung ein gutes Stück vor⸗ wärtsgebracht. In Gemeinschaft mit den Ländern wird die Reichsregierung nicht aufhören, die Fragen praktisch zu fördern und zu erfüllen, was auf diesem Gebiet die Stunde von uns fordert. Wir stehen damit an einem Anfang, der, wenn Sie mit der Reichsregierung in diesen Punkten mitzugehen gewillt sind, nicht ohne Nachfolge bleiben wird.

Wie die Klärung der inneren Finanzfrage ist auch die unserer äußeren Finanzbeziehungen eine Zukunftsfrage erster Ordnung für unser Volk. Der Generalagent hat im Schlußkapital seines letzten Berichtes angedeutet, daß erwogen werden müsse, die deutschen Reparationsverpflichtungen endgültig zu regeln, auf absoluter Basis und ohne Kontrolle von außen. Nach ihm soll aber mit dieser Regelung auch die Aufgabe des Transferschutzes verbunden sein, der im Dawes⸗Plan vorgesehen ist und eine ent⸗ scheidende Voraussetzung für unsere Leistungen und deren Höhe bildet.

Der Sachverständigenplan zeichnet selbst die Notwendigkett vor, eine endgültige Lösung zu suchen, und es heißt nicht ihn ab⸗ ändern, sondern ihn erfüllen, wenn nach hinreichender praktischer Erfahrung die abschließende Regelung gefunden wird. Eine un⸗ gelöste Reparationsfrage ist das Grundübel, an dem nicht nur, wenn auch in erster Lingie, das deutsche Volk, sondern auch die andern in die Weltwirtschaft eingeordneten Völker leiden. Der Sachverständigenplan hat zum erstenmal die Reparationen als internationales Wirtschaftsproblem in seiner ganzen Tragweite erfaßt. Er hat die Gemeinsamkeit der Interessen aller Wirt⸗ schaftsvölker an weltwirtschaftlicher Ordnung scharf und klar herausgestellt. Auf diesem Wege, der zur Gesundung durch wirt⸗ schaftliche Vernunft führt, die an die Stelle einer die Weltwirt⸗ schaft erschwerenden Ungewißheit Klarheit, an Stelle schwankender Grundlagen Sicherheit setzt, müssen wir fortschreiten; dabei wird die Welt sich der Führung von Männern anvertrauen müssen, deren weltwirtschaftliche Sachkunde und Erfahrung die Ver⸗ meidung von Irrungen gewährleistet. Ein Aufgeben der wirt⸗ schaftlichen Erkenntnisse, auf denen der Sachverständigenplan be⸗ ruht, darf es, das ist wohl die Meinung der ganzen Welt, im Interesse der Völkergemeinschaft nicht mehr geben. Jede Lösung der Reparationsfrage, die sich mit den wirtschaftlichen Gesetzen in Widerspruch setzt, ist zum Mißlingen verurteilt. Die Ueber⸗ zeugung der Sachverständigen, daß auf die Dauer Zahlungen, die ohne Gegenwert aus einer Volkswirtschaft erfolgen, nur aus echten und übertragbaren Ueberschüssen der Wirtschaft stammen können, setzt sich durch. Das Maß der deutschen Verpflichtung wird durch diese Erkenntnis bestimmt. Eine Erfüllung des Sach⸗ verständigenplans wird nur auf dieser Grundlage aufbauen können. Klarheit über diese Voraussetzungen ist das erste Er⸗ fordernis!

Unter den von mir als zwangläufig bezeichneten Ausgaben habe ich weiter die Ausgaben für Sozialversicherung und Er⸗ werbslosenfürsorge aufgeführt. Dazu ein Wort über die Sozial⸗ politik im allgemeinen. Es wird keinerlei Widerspruch begegnen, wenn ich sage, daß die Sozialpolitik sich auf der Wirtschafts⸗ politik und inerhalb ihres Rahmens aufbauen muß; die eine ohne Rücksichtnahme auf die andere ist undenkbar. Achtunggebietend sind die Leistungen der deutschen Sozialpolitik in den Nachkriegs⸗ jahren. Das Gesamtaufkommen an Beiträgen und Zuschüssen in der Sozialversicherung hat 1927 den Betrag von 3 ½¼ Milliarden erreicht gegen annähernd 1,4 Milliarden im Jahre 1913. Der Reichszuschuß ist gegenüber der Vorkriegszeit von 59 Millionen auf 300 Millionen gestiegen. Die monatliche Invalidenrente ist auf durchschnittlich 30 bis 35 Mark gehoben worden gegen den tatsächlichen Gesamtdurchschnitt der Vorkriegszeit mit rund 16 Mark und für die gewerblichen Arbeiter mit 19 bis 20 Mark. Auch bei der Angestellten⸗ und der Knappschaftsversicherung sind die Fortschritte geschaffen worden wie auf dem ausgedehnten Gebiete der öffentlichen Fürsorge. Und doch, wieviel bleibt noch zu tun!

Die Schwächung der Volksgesundheit und der Widerstands⸗ kraft, die Zunahme der Versicherten und der Sozialrentner durch die Wirkungen des Krieges, der Vermögensverlust der Ver⸗ sicherungsträger durch die Inflation erfordern ftark erhöhte Auf⸗ wendungen in der sozialen Versicherung wie in der sozialen Fürsorge. Die auch im Sachverständigenplan anerkannte Notwendigkeit, die Lebenshalrung der deutschen Bevölkerung nicht unter den Stand der anderen Nationen sinken zu lassen, verlangt von uns ein Fort⸗ schreiten auf dem Wege. Ein Fortschreiten, das selbstverständlich volle Rücksicht zu nehmen hat auf die wirkliche Tragfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft kein Verantwortungsbewußter kann etwas anderes wollen —, das aber andererseits nicht gehemmt werden dorf durch die verhetzende und verletzende Deklaration, es handele sich bei den Auswirkungen dieser Sozialpolitik im Grunde schließlich nur um überflüssige und unproduktive Ausgaben. Wer die große materielle Not viele unserer Volksgenossen auch nur annähernd kennt zwar sowohl solcher, die noch im Produktions⸗ prozeß stehen, wie der vielen, die aus ihm ausgestoßen sind und bitterste Not leiden; wer weiß, welches Maß von innerer Ver⸗ bitterung sich in den Kreisen dieser Volksgenossen ansammelt, der muß es als eine große und verpflichtende Aufgabe auch des Staates ansehen, im Staatsinteresse hier helfend einzugreifen. (Sehr richtig!) Und erst recht in einem Staate, der als sozialer Volks⸗

Soviel zum Etat 1928. Es wäre kurzsichtig, wenn meine

Betrach ung sich lediglich auf den Haushalt des eben genannien Jahres beschränken wollte, um so mehr, als das Jahr 1929 bereits seine Schatten vorauswirft. Im Jahre 1929 steigt die Reparationslast um weitere 300 Millionen; die einmaligen Ein⸗ nahmen, die im Jahre 1928 zur Deckung des Haushalts verwendet werden können also der Rest des ⸗Milliarde⸗Ueberschusses aus 1924 und der Münzgewinn fallen für 1929 fort. Ob als Ersatz dafür eine Erhöhung der laufenden Einnahmen etwa durch eine verstärkte Mobilisierung der Steuerrückstände möglich wäre, hängt neben anderen Erwägungen doch sehr stark von der allgemeinen Wirtschaftslage ab. Die da und dort empfohlene Aenderung der Einziehungstermine für verschiedene indirekte Steuern würde, wenn man ihr entsprechen wollte, auch nur eine einmalige Entlastung bringen. Der Haushalt 1929 wird sich also wahrscheinlich von vornherein verschlechtern. Ob dies etwa dadurch vermieden wird, daß die Einnahmen automatisch steigen eine Erhöhung der Steuersätze kann natürlich in keiner Weise in Frage kommen —, und ob ein weiterer Teil des Aus⸗ falles sich durch starke Ausgabeeinsparung aufbringen läßt, steht heute noch nicht fest. So viel aber ist sicher, daß es wieder starker Anstrengungen bedürfen wird, das Gleichgewicht im Haushalte herzustellen. Dabei wird von besonderer Bedeutung sein, ob es gelingt, durch eine umfassende Umorganisation der Verwaltung des Reichs ins Gewicht fallende Ersparnisse zu erzielen. Diese Lage des Reichs wird zutreffend in dem Bericht dargelegt, den der General⸗ etatsreferent des Reichsrats, Ministerialdirektor Dr. Brecht, bei den Haushaltsberatungen im Reichsrat erstattet hat und der zusammen mit den von ihm aufgestellten interessanten Zahlen⸗ übersichten dem Etatsüberblick als Anlage beigefügt ist. Wie berechtigt die Darlegungen Dr. Brechts über die beschränkten Wirkungsmöglichkeiten im Rahmen des jetzigen Rechtszustandes sind, erhellt am besten daraus, daß es und das scheint mir eine nach mehreren Richtungen hin recht bedeutsame Tatsache auch dem Reichsrat nicht gelungen ist, für die von ihm im Etat 1928 beschlossenen Ausgabeerhöhungen die Deckung in voller Höhe durch entsprechende Ausgabekürzungen zu erreichen. Der Reichsrat hat sich vielmehr zu einem Teil die Deckung einfach durch Erhöhung des geschätzten Ueberschusses des Jahre 1927 verschafft, ein Ver⸗ fahren, mit dem ich mich nach dem über die Notwendigkeit der Senkung des Anleihebedarfs Gesagten nicht einverstanden erklären kann. (Sehr richtig! rechts.)

Sie sehen, daß nicht nur die Rücksicht auf die notwendige Entlastung der Wirtschaft, sondern auch die Verhältnisse des Reiches selbst mit unerbitrlichem Zwang dazu führen muüssen, in der Frage der großen Reform auf dem Gebiet des Verhältnisses zwischen Reich und Ländern, einer sparsamen Finanzwirtschaft und einer Reform der öffentlichen Verwaltung das Stadium der Ent⸗ schließungen und Beratungen alsbald zu verlassen und zur Tat zu kommen. Die Reichsregierung ist in klarer Erkenntnis der ihr auf diesem Gebiete obliegenden Pflichten und der Führerrolle, die ihr bei der Lösung dieser Probleme zukommt, denn auch zum Handeln übergegangen. Sie ist davon überzeugt, daß möglichst bald praktische Ergebnisse erzielt werden müssen, soll das deutsche Volk nicht an den Lasten ersticken, die ihm jetzt auferlegt sind. Diesem großen Ziele diente auch die Konferenz der Reichs⸗ regierung mit den Ministerpräsidenten der deutschen Länder, die in den letzten Tagen stattgefunden hat und die getragen war von dem Gedanken, den Kampf durch Verständigung zu ersetzen. Die in der veröffentlichten Entschließung niedergelegten Ergebnisse der Konferenz sind in der Oeffentlichkeit verschiedenartig beurteilt worden. Ich möchte meinen, daß die Ergebnisse, im ganzen ge⸗ sehen, nicht unbefriedigend sind. Die Anerkennung der Notwendig⸗ keit einer neuen Regelung des Verhältnisses zwischen Reich und Ländern, die Uebereinstimmung, daß Maßnahmen zur Sicher⸗ stellung sparsamster Finanzgebarung in Reich, Ländern und Ge⸗ meinden getroffen werden müssen und daß die Fragen der Ver⸗ waltungsreform beschleunigt durchzuführen sind, scheinen mir doch Aktivposten zu sein. Es wird wesentlich an den zur Weiter⸗ führung dieser Aufgaben eingesetzten beiden Ausschüssen liegen, daß in der nächsten Zeit sich schon praktische Ergebnisse aus dieser Zusammenarbeit zwischen dem Reich und den Ländern ergeben. Gewiß, über die Frage, ob die Aenderungen des Verhältnisses zwischen Reich und Ländern die unitarischen oder die föderativen Kräfte stärken sollen oder welche Vereinigung beider Kräfte in neuer Form möglich ist, ist eine Uebereinstimmung nicht erzielt worden. Wer hat sie erwartet? Wesentlich scheint mir aber doch zu sein, daß darüber Einstimmigkeit bestand, daß eine starke

Reichsgewalt notwendig ist. Daraus ergeben sich ohne weiteres

bestimmte Folgerungen. Auch die Ablehnung des mehrfach empfohlenen Gedankens der Einrichtung von Reichsländern scheint mir ein weiterer Schritt auf dem Wege zu einer gesunden organi⸗ schen Gliederung des Reiches zu sein. Sowohl in der Frage der Vereinigung kleinerer Länder mit Nachbarländern wie in der⸗ jenigen bet der Auflösung der bestehenden zahlreichen kleinen Enklaven und Exklaven ist ein Fortschritt erzielt worden. Dies⸗ bezügliche Verhandlungen zwischen Sachsen und Thüringen stehen vor dem Abschluß. Die Reichsregierung hat ihrerseits erklärt, daß sie bereit sei, zur Beseitigung finanzieller Notstände von Ländern, die durch die Entwicklung der Verhältnisse eintreten, über die geltende verfassungsmäßige Zuständigkeit hinaus geeignete Ver⸗ waltungsbezirke solcher leistungsschwach gewordener Länder auf das Reich zu übernehmen. Daß dabei beispielsweise auch an die Justizverwaltung gedacht wird, sei nur erwähnt. Die Reichs⸗ regierung hat ferner ihre guten Dienste zur Herbeiführung von Vereinbarungen über das Aufgehen kleinerer Länder in Nachbar⸗ länder sowie für die Auflösung von Enklaven und Exklaven zur

(Fortsetzung in der Ersten Beilage.)

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Inhalt des amtlichen Teiles:

Deutsches Reich. Verordnung über die Aufbringungssätze für 1926 bis 1928. Betrieb der Zucker⸗, Stärkezucker⸗ und Rübensaftfabriken im Dezember 1927. Versteuerte und steuerfreie Zuckermengen im Dezember 1927. Verarheitung von Zuckerrüben auf Zucker im Dezember 1927. Bek htmachung, betreffend das Preisausschreiben des Reichs⸗ kohlenrates für einen Kohlenstaubmengenmesser.

Preußen. Ernennungen und sonstige Personalveränderungen. M““ Bekanntmachung der nach Vorschrift des Gesetzes vom 10. April 1872 in den Regierungsamtsblättern veröffentlichten Er⸗ lasse Urfunden usm

———————

8 8

einschließlich des Portos abgegeben.

Verordnung über die Aufbringungssätze für 1926 bis 1928 (Achte Durchführungsverordnung zum Aufbringungsgesetz). 8 Vom 19. Januar 1928.

Auf Grund des 4 Abs. 3 des Ausbeingushsgeseßes vom 30. August 1924 (RGBl. II S. 269) und des § 8 der Zweiten Durchführungsverordnung zum Aufbringungsgesetz vom 4. No⸗ vember 1925 (RGBl. II S. 1135) wird hiermit verordnet: Der Hundertsatz des aufbringungspflichtigen Betriebsvermögens, dessen Verzinsung und Tilaung der einzelne Unternehmer autzubringen hat, beträgt für die endgültigen Jahresleistungen der Kalenderjahre:

8

1922727 12909 hoho; 1929 12,9 vom Hundert. Demgemäß beträgt der Tausendsatz des aufbringungspflichtigen Betriebsvermögens, der den Betrag der endgültigen Jahresleistungen mit Einschluß der nach § 10 Buchstabe b des Aufbringungsgesetzes zu leistenden Zuschläge ergibt, für die Kalenderjabre: 1926 . .35,5 vom Tausend, 192 .. 1928 .. ... 86 vom eic.

Berlin, den 19. Januar 1928. Der Reichswirtschaftsminister. J. A.: Dr. Schäffer.

Der Reichsminister der Finanzen.

8

Betrieb der Zucker⸗, Stärkezucker⸗ und Rübensastfabriken im Monat Dezember 1927.

A. Zuckerfabriken.

1. Es sind verarbeitet worden:

1I. Es sind gewonnen worden:

Rübenzuckerabläufe

Verbrauchszucker

Rübenzuckerabläufe mit einem Reinheits⸗

Hiervon wurden Ver⸗ entzuckert mittels/ Rohzucker

Rüben ¹) brauchs⸗ de

zucker Aus⸗ schei⸗

des

Stron⸗ Art tian⸗

dung verfahrens

2

Stücken⸗ und Krümelzucker

grade von

8

d z

30 424] 30 424 46 346 46 346

76 770] 76 770

Im Dez. 1927 20 705 059] ꝑ396 348 In d. Vormonat. ²) 85 586 301 528 566 Vom lI. Sept. 1927 b. 31. Dez. 1927 [106 291 360]% 924 914 Vom 1 Sept. 1926 b. 31. Dez. 1926 2²) [106 332 232 11 075 946 21 541

2 065 12 464

14 529 53 379 53 379

1 222 6657 15 346† 54 856 98 1 733 1741 84 798 170 708 140

2 955 839]% 100 144 225 564 238

Im Dez. 1927 8 In d. Vormonat. ²) Vom l. Sept 1927 b. 31. Dez 1927 Vom lI. Sept. 1926 b. 31. Dez. 1926

3 197 497]1 78 588] 234 3141 3 594

Im Dez. 1927 20 705 05911 619 013-¼ 17 411 85 280 30 522% In d. Vormonat. ²) 85 586 3012 261 7400% 97 262] 217 054 46 486 Vom I. Sept. 1927 b. 31 Dez. 1927 [106 291 360 3 880 753]⁄114 673] 302 334 77 008 Vom I. Sept. 1926 b. 31. Dez. 1926 2) [106 332 23214 273 443] 100 120% 287 693] 56 973.

Gesamte Herstellung in Rohzuckerwert berechnet im Dezember 1927: 16 117 814 dz. Bex dieser Berechnung sind die unter I ange

19262²):

170 568 225 326

230 720%

170 568] 9 083 221[2 709 352 542 473 225 3267111 538 638 3 759 074 909 149 230 72011 845 63713 839 432

gebenen Einwurfzucker in Abzug gebracht und die

Zucertabriten mit Rübenverarbettung. 1 036 189 430 1 480 390 687

2 516 580 117

1 677 5788 84 034 116 313

200 347

115 037 191 651 41³2 616

306 6888 5 809 1 194

2 455 417 ¹781 177 9 083 2212 310 654

11 538 638 3 091 831 241 960

II1 845 63713 108 237 133 3405 3 594

17 668 5 581 20 107 ꝑ2 223

37 775 7 804

251 639 350 822

602 461

268 545 398 698

667 243

54 758 100 014

731 1956 638 20 33 966 27 081 256 163 3. Zucker abriken berbhaupt (1 und 2).

54 78 2 455 41711 049 722/ y366 676¹⁄ ß19 3456 6 159/ 195 478 24 239 2839 216 327

43 584 8 998

771 547 33 966 30 775 408 123

B. Stärkezuckerfabriken.

2 369 515 728 *†

2. Rat finerien und Melasseentzuckerungsanstalten 111 444 ß45 778 61 449 211 458] 107 227

94 403

46 8141 392 264, 514 613 62 929 694 073

411 805 109 743 1 086 337 1 378 001

96 772 1 004 716 1 465 672 3705 846 dz, vom 1. Sevtember 1927 bis 31. Dezember 1927: 16 167 161 d.z, dagegen vom 1. September 1926 bis 31. Dezember Verbrauchszucker im Verhältnis von 9: 10 umgerechnet.

285 8811 5 558† 1 461 408 7 138 947 439 562 214 48 782 3 626 529 321] 1 359 336 845 095 54 340 5 087 937 7 459 2 307 275 10 709 1 858 594

851 525] 41 637] 4 898 496

231 732 3 280 1 138 501]) 4 30 558¹8 120 993 301 174 8 710] 1 546 583 2 1 382 114 491 532 906 11 990 2 685 084 1 940 235 484

8 547 2 892 60114 34 2 150

202 83 303 38.

506 220 488 988

614 147 77 106

8 838]⁄ 2 599 909]⁄ 7 126¹⁄ 7 696] 1 068 432 1 57 492 5 173 112⁄15 136 1 703] 1 474 327

66 330 7 773 02122 262 9 399 2 542 759

50 184 7 791 187117 940 12 8591 2 1357

863 388

1. Es sind verarbeitet worden:

11. Es sind gewonnen worden:

Kartoffelstärke Maisstärke

in den Betrieben erzeugte

feuchte trockene

angekaufte

t feuchte

trockene

trockene

Stärkezucker 8 Stärke⸗ und Stärke⸗ Zucker⸗

ucker⸗ Stärkezucker⸗ in fester zuckersirup farbe sirup Form abläufe

dz

Im Dezember 1927 u den Vormonaten 8 1 5 Yom 1. September 1927 bis 31. Dezember 1927.

Vom 1. September 1926 bis 31. Dezember 1926.

11 107 7 294 20 970 10 617 32 077 17911 47 120 45 298

Rübensfaftfabriken.

50 555 5 178 9 403 130 316 180 871 120 417

53 750 9 882 125 641 2 842 179 391 3 724 152 038 10 501

27 276 36 679 33 154

10 879 16 057 11 350

8

Verarbeitet

Gewonnen

Rohe Rüben Rohsaft Melasse

Rübensäfte mit einem Reinheitsgrade

von mehr als 95 vH 95 vH

von 70 bis von weniger

als 70 vH

dz

Im Dezember 1927 . .

288 798 1 148 516 115 2 540

62 649 110 857

In den Vormonaten 2) .. Vom 1. September 1927 bis 31. Dezember 1927 Vom 1. September 1926 bis 31. Dezember 1926 ²) 8 11) Die in den Zuckerfabriten nicht auf Zucker, sondern unmittelbar zu Rübensaft verarbeiteten Rüben sind unter C nachgewiesen. erlin, den 21. Januar 1928. (Sdtatistisches Reichsamt. J. V.: Wohlmanstetter.

staat die Pflicht hat, nicht nur einzelnen Klassen, sondern dem ganzen Volke menschenwürdige Lebensverhältnisse zu schaffen. (Sehr richtig!) Vergessen wir ob all der politischen Fragen und Diskussionen nicht die soziale Frage; sie erst läßt uns die Gegen⸗ wart richtig erkennen!

Druck der Preußischen Druckerei⸗ und Verlags⸗Aktiengesellschaft, erlin Wilhelmstraße 32.

Vier Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage)

und Erste und Zweite Zentral⸗Handelsregister⸗Beilage.

meinden beabsichtigt, die ebenso wie beim Reich in kürzeren Zeit⸗

abschnitten als bisher ein klares Bild von dem Stande der öffent⸗

lichen Finanzen vermittelt. Dabei soll in weiterem Ausmaß als

bisher die Haushaltsführung auch der kleineren Gemeinden er⸗

faßt werden, die i ihrer Einnahmen und Ausgaben *

173 506 153 911

nachträglich

804 913 3 688 728 182 2 279 2 604