1929 / 22 p. 1 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 26 Jan 1929 18:00:01 GMT) scan diff

Reichs⸗ und Staatsanzeiger Nr. 21 vom 25. Januar 1929. S. 4.

ziellen genossenschaftlichen Viehabsatzorganisationen. In den Provinzen Ober⸗ und Niederschlesien, in denen bisher provinzielle Organisationen nicht vorhanden waren, sind diese in der Bildung begriffen. Die Pommersche Viehverwertungsgenossenschaft ist zu der Norddeutschen Viehverwertungsgenossenschaft erweitert worden und hat ihren Geschäftsbezirk auf die Provinzen Grenz⸗ mark und Brandenburg sowie auf Mecklenburg ausgedehnt. Die

Geschäftstätigkeit der Hannoverschen Viehverwertungsgenossenschaft.

ist auf die Provinz Hessen⸗Nassau sowie die Länder Braunschweig und Thüringen erweitert worden. Die Tätigkeit der Viehverwer⸗ tungsgenossenschaft in der Provinz Sachsen wird neu belebt. Schließlich haben die Viehverwertungsgenossenschaften der Pro⸗ vinzen und der Länder ihren Zusammenschluß in der kürzlich ge⸗ gründeten genossenschaftlichen Reichsviehverwertung⸗G. m. b. H. gefunden.

Erhebliche Mittel sind für die Organisation des genossen⸗ schaftlichen Butterabsatzes bereitgestellt. Die Bildung von vier Absatzzentralen in Preußen, und zwar für den Osten in Berlin, für Schleswig⸗Holstein und Hannover in Hamburg, für Rheinland, Westfalen und Ostfriesland in Essen und für den Südwesten in Frankfurt a. M. oder in Darmstadt, sind in der Bildung begriffen.

Im engsten Zusammenhange mit diesen Absatzzentralen wird im Rahmen des Reichsnotprogramms die Einrichtung von Kühl⸗ häusern und Lagerhäusern für Käse betrieben.

Durch Beihilfen und Kredite foll der Eierabsatz gefördert werden.

In jeder Provinz werden drei bis fünf Bezirkszentralen gebildet, die die Eier prüfen und in den Handel bringen. Diese sollen in vier großen Absatzzentralen, die im Anschluß an die ge⸗ nannten vier Butterabsatzzentralen errichtet werden sollen, zu⸗ sammengefaßt werden und später an Stelle der Bezirkszentralen den Verkauf übernehmen.

Im Regierungsbezirk Osnabrück sind in jedem Kreise eine bis zwei Geflügelbeispielswirtschaften gegründet worden (typi⸗ sierter Stall, typisiertes Einheitsfuttermiktel Mischfutter —, eine Hühnerrasse). Dieses in Osnabrück durchgeführte und be⸗ währte Verfahren ist den übrigen Regierungsbezirken zur Nach⸗ ahmung empfohlen worden.

Erhebliche Mittel dienen auf dem Gebiete der Obst⸗ und Gemüseverwertung der genossenschaftlichen Einrichtung von Sammel⸗, Sortierungs⸗ und Packerstellen sowie von Ver⸗

genossenschaftliche

steigerungsmärkten (Veilings in Straelen, Kr. Geldern, an der

holländischen Grenze, in Münster i. W.), ferner zur Umveredlung von Obstbäumen (Sortenvereinfachung) sowie zur Beschaffung von Geräten zur Schädlingsbekämpfung (Motor⸗ und Karren⸗ spritzen).

Besondere Förderung erfahren die Einrichtungen zur Markt⸗ beobachtung sowie zur Erzielung einer Qualitäts⸗ und Standard⸗ ware (Markenwwvare). .

Es liegt die Frage nahe, in welchem Umfange sich die auf eine Verbesserung der Markt⸗ und Absatz⸗ verhältnisse abzielenden Bestrebungen bereits in die Wirk⸗ lichkeit haben umsetzen lassen. Es ist selbstverständlich, daß dies erst in einem recht geringen Umfange hat geschehen können. Das Ausland hat die Einrichtungen, die es jetzt in den Stand setzen, nicht nur unsere Märkte, sondern auch die englischen und nordischen zu beherrschen, in der Nachkriegs⸗ und Inflationszeit geschaffen, in der in Deutschland nur an die Befriedigung der allernächsten Bedürfnisse gedacht werden konnte; es hat zur Durchführung der in Frage stehenden Einrichtungen wohl 10 Jahre gebraucht. So dringend nötig die angestrebten Maßnahmen zur Wiederherstellung der Rentabilität der landwirtschaftlichen Produktion sind, so muß man sich besonders auf diesem Gebiet vor einer Uebereilung hüten. Immerhin kann schon auf erfreuliche und vielver⸗ sprechende Anfänge hingewiesen werden. Es sei hier nur auf die am deutlichsten in die Erscheinung tretenden Maßnahmen hin⸗ gewiesen: Einführung von Markenbutter in den Provinzen Schleswig⸗Holstein, Pommern, Ostpreußen, Hessen, Westfalen und Hannover; Schaffung einer Markenmilch in Schleswig⸗Holstein; Einführung einer Honigmarke; Schaffung der Marke: „Deutsches Frischei“; Einführung der hannoverschen Markenkartoffeln und der schleswig⸗holsteinischen Kohlmarke (Dithmarschen); Ein⸗ führung eines Markenschweines in Hannover; Schaffung einer Markenmilch in der Rheinprovinz; Vorbereitung einer Marken⸗ kartoffel in der Provinz Sachsen. Die Bestrebungen zur Schaffung von Käsemarken sind in Preußen an verschiedenen Stellen auf⸗ genommen (Schleswig⸗Holstein, Niederrhein, Ostpreußen); auf diesem Gebiete sind jedoch besondere Erfolge noch nicht auf⸗ zuweisen.

Das Ziel der auf eine Besserung der Markt⸗ und Absatz⸗ verhältnisse gerichteten Bestrebungen liegt aber nicht nur in der Besserung der landwirtschaftlichen Einkommensverhältnisse, sondern zugleich in der Zurückdrängung der Einfuhr landwirtschaftlicher Produkte. Hierbei darf jedoch nur an die Abwehr der Einfuhr von entbehrlichen landwirtschaftlichen Waren gedacht werden. Bringt Deutschland z. B. nicht genügend Getreide zur Sicherstellung seiner Volksernährung hervor, so ist es selbst⸗ verständlich, daß Getreide eingeführt werden muß. Aber bei den Molkereiprodukten, Obst, Gemüse, Fleisch usw. liegen die Verhältnisse anders. Hier könnte die deutsche Landwirtschaft vielleicht von den Südfrüchten abgesehen sehr wohl die zur Versorgung Deutschlands erforderlichen Mengen hervorbringen. Mit der Mehrerzeugung allein ist es aber nicht getan. Gerade bei der Rückdrängung der Einfuhr erscheint noch wichtiger die Qualitätsverbesserung. Produziert Deutschland z. B. bessere Butter, so wird die deutsche Butter gegenüber den gleichwertigen⸗ und geringeren Auslandssorten konkurrenzfähig. Die Güte der deutschen Waren wird dann wesentlich besser zur Abwehr der Auslandseinfuhr geeignet sein als der Zoll. Bei der Rück⸗ drängung der Auslandseinfuhr sind leider Erfolge erst in ganz geringem Umfange festzustellen; die auf Qualitätsverbesserung gerichteten Maßnahmen haben noch nicht soweit zur Durchführung gebracht werden können, daß sie sich in der Erzeugung aus⸗ reichender Mengen zum Ersatz der Einfuhr haben genügend aus⸗ wirken können. Immerhin kann auf erste geringe Anfangs⸗ erfolge schon hingewiesen werden. Vom Preußischen Staat haben

die Bestrebungen zum Bau von Treibhäusern für Frühgemüse besondere Unterstützung gefunden. Dies hat zu dem Ergebnisse

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geführt, daß die Einfuhr von Frühgurken in den Monaten

Sorten zu gelangen, die widerstandsfähig sind gegen den Anfall

Januar Juni 1926 von 119 000 dz auf 107 000 dz in den von Pflanzenkrankheiten, die aber auch gleichzeitig den Anforde

gleichen Monaten 1927 und auf 99 000 dz 1928 zurückgegangen ist; bei Frühtomaten sind Januar Juni 1926 101 000 dz ein⸗ geführt worden, während in den gleichen Monaten 1927 nur 75 000 dz und 1928 79 000 dz zur Einfuhr gelangten.

Die Abwehr der landwirtschaftlichen Einfuhr dient auch ganz besonders der Erleichterung des Absatzes unserer industriellen Produktion. Die Entwicklung unserer industriellen Ausfuhr zeigt, daß der Rückhalt unserer Produktion der inländische Markt ist und bleiben wird.

Neben der Unterstützung der Selbsthilfe durch Beihilfen werden Reich und Staaten auf eine die Selbsthilfe för⸗ dernde Gesetzgebung bedacht sein müssen. Diese wird, wie das Beispiel des Auslandes zeigt, unter anderm für die Durchführung des Markenwesens von besonderer Bedeutung werden können. In Deutschland sehen wir in dieser Beziehung nur die ersten Anfänge. Eine gesetzliche Regelung erscheint erst angängig, nachdem das Markenwesen, die Standardisierung, durch Selbsthilfemaßnahmen der Landwirtschaft bereits eine gewisse Ausbildung erfahren hat und für eine gesetzliche Regelung ge⸗ nügende Erfahrungen vorliegen. Immerhin sehen wir in Bayern und Württemberg bereits eine gesetzliche Regelung für Käse. Es ist ferner auf diesem Gebiet demnächst ein Gesetz von besonderer Bedeutung zu erwarten: das Reichsmilchgesetz, das nach den bis⸗ herigen Entwürfen die Einführung einer Markenmilch vorsehen wird. In diesem Zusammenhange sei auch noch auf die bereits eingeleitete Prüfung über die Zweckmäßigkeit und Notwendig⸗ keit eines Lagerhausgesetzes zur Erleichterung der landwirtschaft⸗ lichen Kreditgewährung gegen Warenunterlage hingewiesen.

Mit der Gewährung von Beihilfen und gesetzgeberischen Maß⸗ nahmen sind die Möglichkeiten einer staatlichen Förderung der Selbsthilße noch nicht erschöpft. Die mit der Besserung der Markt⸗ und Absatzverhältnisse zusammenhängenden⸗Fragen bedürfen der eingehendsten Durchprüfung. Die einfache Uebertragung der ausländischen Absatzverfahren auf deutsche Verhältnisse könnte mehr schaden als nützen. Während aber in den Vereinigten Staaten der Verbehr mit dem Markt von der Wissenschaft bevor⸗ zugt behandelt ward, gibt es in Deutschland noch keine wissen⸗ schaftliche Pflegestätte für die Erforschung des Absatzproblems. Die von den Verbänden und Organi⸗ sationen zu diesem Zweck geschaffenen Einrichtungen erscheinen nicht ausreichend, da sie einer praktischen Zielsetzung dienen und sich mit einem bestimmten Markt oder mit einer einzelnen Waren⸗ gatbung beschäftigen. So wertvoll auch die Arbeit dieser Ein⸗ richtungen einzuschätzen ist, so vermögen sie doch nicht die grund⸗ sätzliche und allgemeine Erforschung des Marktwesens zu ersetzen. Es erscheint vielmehr auch im Interesse der erforderlichen Ob⸗ jektivität ein staatliches Institut allein geeignet zur Erforschung der zweckmäßigen Organisationsformen und der Grundlagen der Preisbildung. Das Staatsministerium hat sich deshalb auf meimne Vorschläge hin entschlossen, die Versuchsanstalt für Ge⸗ treideverarbeitung und Futterveredlung in Berlin in eine Ver⸗ suchsanstalt für Getreideverarbeitung und landwirtschatliches Marktwesen umzuwandeln, und hat in dem dem Landtag vor⸗ liegenden Haushaltsvoranschlage die Bereitstellung der erforder⸗ lichen Mittel erbeten.

Ich habe bislang noch nicht vom Weinbau gesprochen. Land⸗ tag, Regierung und Oeffentlichkeit haben sich in den letzten Jahren wiederholt mit dem Winzerstande beschäftigen müssen. Während in der Vorkriegszeit er keine besondere Fürsorge des Staates benötigte, in der Kriegszeit der Jahrgang 1915 einen so guten Absatz fand, daß er allgemein den Namen „Hypotheken⸗

tilger“ erhielt, in der Nachkriegszeit die Jahrgänge 1920 und 1921

sich besonders auszeichneten, machte sich der Mangel genügenden Zollschutzes immer fühlbaver. Bereits im Sommer 1925 wunde die erste Winzerkreditaktion mit 6723 300 RM in Preußen durchgeführt, daran wurde eine neue Kreditaktion mit 3 380 500 RM im Frühjahr 1926 angeschlossen, eine dritte im Sommer 1026 mit 3 839 800 RM und endlich eine vierte im Sommer 1927 mit 689 000 RM.

Kredite können aber die Lage der Winzer auf die Dauer nicht sichern. Aus diesem Grunde sind verschiedene andere Maßnahmen in den letzten Jahren planmäßig zur Durchführung gekommen.

Die Vertilgung der Reblaus durch Ausrotten der Herde, der im Jahre 1928 wiederum 21,5 ha Rebgelände zum Opfer fiel, soll durch reblausfestes amerikanisches Unter⸗ holz entbehrlich gemacht werden. Bislang wurde dieses Unter⸗ lageholz aus dem Ausland bezogen. Wie im Winter 1927/28, so ist auch in diesem Winter wieder eine Menge von rund zwei Millionen Stück angekauft worden. Ihre Pfropfung und Ein⸗ schulung erfolgt in der im Jahre 1927 fertiggestellten Reben⸗ veredelungsanstalt in Oranienstein bei Dietz und in der dortigen Rebschule, 40 Morgen groß. Im Jahre 1927 ist auch der 24 Morgen große Schnittgarten in Fachbach a. Lahn fertiggestellt. Der Schnittgarten in Vallendar in Größe von 32 Morgen ist 1928 fertig geworden, in diesem Jahre wurde auch die neue Reben⸗ veredelungsstation der Lehr⸗ und Forschungsanstalt in Geisenheim in Betrieb genommen. Die Rebenveredelungsanstalt in Vallendar wurde gleichfalls im Vorjahr eingerichtet, um das in dem Amerikaner Schnittweingarten in Vallendar anfallende Unterholz an Ort und Stelle zu veredeln. In diesem Jahre werden die Baulichkeiten vollendet werden.

So wird planmäßig versucht, zunächst das reblausfeste Unter⸗ lageholz zu beschaffen.

Seit 1926 wird aber ein weiterer Weg eingeschlagen, indem nämlich eine ganze Weinbaugemarkung durch eine Reben⸗ aufbaungenossenschaft neu gebildet und planmäßig durch⸗ geführt wird. Das geschieht in Oberhaimhach. Im Haus⸗ halt 1928 sind zum ersten Male 250 000 RM für diesen Zweck zur Verfügung gestellt. An der unteren Nahe sind gleichfalls Rebenaufbaugenossenschaften, und zwar in Sarnsheim, Lauben⸗ heim, Langenlonsheim und im Trollbachtal gebildet.

Mit alledem ist aber nicht die Grundursache der Notlage des Weinbaues beseitigt, die Ertragsunsicherheit und Krankheits⸗ anfälligkeit. Zur Bekämpfung der Krankheiten sind alljährlich etwa 15 vH der Erzeugungskosten zu verwenden, Auf die Abkehr von der direkten Reblausbekämpfung habe ich bereits hingewiesen.

Nun handelt es sich darum, durch Rebenzüchtung anch zu

rungen an Qualität und Menge entsprechen. Dieses große Ziel wird in der im Jahre 1926 angelegten Rebenzüchtungsstation a⸗ der Lehr⸗ und Forschungsanstalt für Wein⸗, Obst⸗ und Garten⸗ bau in Geisenheim verfolgt. Im letzten Jahre ist ein Gewächs⸗ haus mit heizbaren Frühbeeten errichtet und ein Gelände für die züchterische Arbeit erworben worden. Ferner wird nach einem einheitlichen Plan an die Rebenzüchtung an etwa zehn Zuchtstellen, vor allem in den Weinbaudomänen und Rebenveredelungsanstalten durchgeführt. Die Einrichtung der Anstalt für Rebenzüchtung ist jedoch noch nicht in dem Maße, wie es notwendig ist, durchgeführt. Angesichts des Umfangs und der Dringlichkeit der zu lösenden wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Aufgaben kann sie keine Aufschub mehr erleiden.

Eine Hilfe für den Winzerstand bildete auch der Bau von

[Weinbergswegen, der den Winzern außerdem Arbeit in der

beschäftigungslosen Zeit gab. Seit 1927 ist eine Million Reichs⸗ mark an geschenkweisen Staatsbeihilfen für diesen Zweck zur Ver⸗ fügung gestellt worden. Diese Staatsbeihilfen stellen ein Drittel des Gesamtaufwandes dar. Ich bin bemüht, diesen Wegebau fortzusetzen.

Umlegungen von Gelände sind bereits auf dem Wege der

Freiwigkeit wiederholt durchgeführt. Ein Gesetzentwurf für diese Zwecke ist ausgearbeitet.

Als künftige Maßnahme zur Förderung des Wein baues sehe ich sodann die Förderung von Winzergenossenschaften. Hoffentlich wird der Herr Reichsernährungsminister die letzten

Mittel der Weinsteuer mit rund 500 000 RM für diesen Zweck

zur Verfügung stellen. Endlich weise ich auf die Forderung hin,

daß der Verschnitt einheimischer Weine mit ausländischem Weiß⸗

wein verboten wird.

In dem Hauptausschuß habe ich die Zunahme der Ver⸗ schuldung dargelegt, gezeigt, daß die Zinsenlast bereits eine Milliarde Reichsmark überstiegen hat, die Umschuldungs⸗ aktien, die Ostpreußenhilfe und den geplanten Eingriff in den Gütermarkt vornehmlich in Ostpreußen dargelegt und die Ergebnisse der Umschuldungsaktion für die heutige Verhand⸗ lung in Aussicht gestellt. Die Berichte der Umschuldungskredit⸗ institute sind aber so lückenhaft, daß ich diesen Bericht dem hohen Hause erst bei der dritten Lesung erstatten kann.

Ich komme zur Siedlung. Mit Recht wird darauf hin⸗ gewiesen, daß Rentabilität der Landwirtschaft die erste Voraus⸗ setzung für die Siedlung ist. Wenn es wahr wäre, daß auch bäuerliche Familienbetriebe völlig unrentabel sind, dann würden wir falsche Wege gehen, wenn wir der Siedlung weiter die Förderung zuteil werden lassen, wie es im letzten Jahre geschehen ist. Ich glaube gezeigt zu haben, daß man von einer allge meinen Unrentabilität aller Zweige nicht sprechen kann, wenn ich auf der anderen Seite auch nicht verschweigen will, daß trotz allem die größten Anforderungen an die Tüchtigkeit, Arbeit und Sparsam⸗ keit der Siedler gestellt werden müssen. 1

Im abgelaufenen Kalenderjahr wurde die Anzahl der Neu⸗ siedlungen von 2623 im Vorjahre auf 3959 erhöht und die Fläche von 32 444 auf 50 524 Hektar. Anliegersiedlung ist in 4770 Fällen und einer Gesamtfläche von 6330 Hektar durchgeführt.

Nach den Quellen der Mittel für die Siedlung unterschieden erhält bekanntlich die Grenzlandsiedlung G Reichsmittel, die Binnensiedlung preußische Mittel; dazu tritt dann noch die Siedlung mit Mitteln der Reichsgetreidestelle.

Mit 108,7 Millionen Reichsmitteln sind seit dem De⸗ zember 1926 insgesamt 101 755 Hektar erworben worden. 3 Davon entfallen etwa zwei Drittel auf die gemeinnützigen provinziellen Siedlungsgesellschaften, ein Drittel auf andere Unternehmer. Preußische Mittel sind in derselben Zeit 65,6 Millionen Reichsmark zur Verwendung gekommen. Hier sind die anderen Unternehmer etwas stärker beteiligt als die provinziellen Sied⸗ lungsgesellschaften. Der Preis je Morgen beziffert sich be⸗ dem mit Reichskredit angekauften Siedlungsland einschließlich Gebäuden und Inventar auf 215,5 NM. Diese Angabe will aber wenig sagen. Wir müssen dahin kommen, die Preise so zu evmitteln und festzulegen, daß wir damit auch einen Ein⸗ blick in den gesamten Gütermarkt gewinnen, und das muß für die Reichs⸗ und preußischen Mittel geschehen. Maßnahmen, um diese zu erreichen, sind eingeleitet. (Sehr gut!) 1

Die Kosten für die Gebäude der Siedler sind ein Problem, das uns angesichts der gerade im letzten Jahre ge⸗ stiegenen Preise besonders beschäftigen mußte, und das ich daher auch eingehender behandeln will. Die Baukosten stiegen gegen⸗ über der Vorkriegszeit um 60—70 vH, der Wert des Grund und Bodens ist aber gesunken. Während bei einer Stelle von 60 Morgen Größe in der Vorkriegszeit Wert des Grund und Bodens und der Gebäude sich wie 3:2 verhielt, findet jetzt das umgekehrte Verhältnis Platz. 8 b

Nach den Angaben des Jahresberichts der Ansiedlungs⸗ kommission aus 1911 stellten sich bei 150 staatlich gebauten Bauerngehöfter für 60 Morgen Größe die Gebäude einschließlich Nebenanlagen auf 10 000 11 000 ℳ, nach den neuesten Berichten der Siedlungsgesellschaften und Landeskulturbehörden aber auf 15 700 18 800 RM. (Zurufe: 20 000!)

Die Siedlungsunternehmer sind bemüht, durch Erprobung immer neuer Typen, durch praktische Raumanordnung und ⸗aus⸗ nutzung, durch neue Bauweisen, durch eigene Arbeiterkolonnen, durch möglichst zeitigen Einkauf der Baumaterialien, durch Aus⸗ nutzung vorhandener Wälder und Ziegeleien die Baukosten niedrig zu halten, der Verteuerung infolge Steigens der Materialpreise

(Fortsetzung in der Ersten Beilage.)

Verantwortl. Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenburg⸗ 1.“ Verantwortlich für den Anzeigenteil: Rechnungsdirektor Mengering in Berlin. 1

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Nr. 22.

Inhalt des amtlichen Teiles:

Deutsches Reich. Vierte Verordnung über die Entschädiaung der Mitglieder des Verwaltungsrats der Deutschen Reichspost. Liste der Schund⸗ und Schmutzschriften. .

Preußen. Ernennungen und sonstige ersonalveränderungen. Mitteilung über die Verleihung der Rettungsmedaille bzw. der Erinnerungsmedaille für Rettung aus Gefahr. Be anntmachung gemäß § 35 des Hausarbeitgesetzes.

AUAmntliches. Deutsches Reich. Vierte Verordnung über die Entschädigung der Mitglieder des waltungsrats der Deutschen Reichspost. Auf Grund des § 5 des Reichspostfinanzgesetzes vom 18. März 1924 (Reichsgesetzbl. I S. 287) verordnet die Reichs⸗

Ver⸗

regierung nach Anhörung des Verwaltungsrats der Deutschen Reichspost:

Die Verordnung über die Entschädigung der Mitglieder des Ver⸗ waltungsrats der Deutschen Reichspoft für ihre Geschäftstührung vom 19 Juni 1924 (Reichsministerialbl. S. 215), geändert durch die Verordnung vom 7. Mär 1925 (Reichsministerialbl. S. 130) und durch die Verordnung vom 31. März 1927 (Reichsministerialbl. S. 107) wird wie folgt geändert:

Im §1 unter ! und 2 ist an Stelle der jetzigen Fassung zu setzen

„1. als Aufwandsentschädigung 1 a) für jeden Tag ihrer Teilnahme an einer Sitzung des Ver⸗ waltungsrats oder des Arbeitsausschusses ein Tagegeld von 50 Reichsmark. b) wenn die Sitzung außerhalb der politischen Gemeinde ihres Wohnorts stattfindet, für jeden Tag der Hm⸗ und Rückreise 8 ein Tagegeld von 30 Reichsmark.

Fällt ein Reisetag mit einem Sitzungstag zusammen, so wird nur das Tagegeld zu a gezahlt.“ 8

Der bisherige Absatz 3 erhält die Nummer 2.

; Berlin, den 25. Januar 1929.

Der Reichskanzler. Der Reichspostminister. Müller. Dr. Schätzel.

Liste der Schund⸗

und Schmutzschriften. (Gesetz vom 18. Dezember 1926.)

92 Fo. Aktenzeichen V

Entscheidung

Bezeichnung der Schrift

Verleger Bemerkungen

50 Prüf⸗Nr. 48 O.⸗P⸗St Die Nichten der

Leipzig v. 25. 1. 1929

50 O.⸗P.⸗St. Leipzig v. 25. 1. 1929

den 25. Januar 1929.

Frau

Maupassant ? setzt von Egine Mahrsen.

Fürstenhauses.

d iu Oberst von Madame la Vicomtesse de Coeur Brulant (Guy de Aus dem Fianzösischen über⸗ Das Zigeunerkind oder die Geheimnisse eines

Lieferungsroman in 100 Heften.

Verlagshaus für Volksliteratur und Kunst G. m. b. H., Berlin SW. 61.

Der Leiter der Oberprüfstelle. Dr.

Preußen. Staatsministerium.

Bei der Messestelle des Preußischen Staatsministeriums ist der bisherige Mitarbeiter, Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter Dr. Karl Kern zum Regierungsrat ernannt worden.

Ministerium des Innern. Das Preußische Staatsministerium vom 31. Dezember 1928 verliehen: Die Rettungsmedaille am Bande an: Emil Broda., Arbeiter, Bochum. Die Erinnerungsmedaille für Rettung aus Gefahr an: fensetzer, Hirschberg i. Rfg.

RWetkannimeehengmn gemäß § 35 des Hausarbeitgesetzes.

Der Fachausschuß für Hausarbeit für das Konfektions⸗ gewerbe sowie die Herstellung von Phantasie⸗ und Wirkwaren in Erfurt, Abteilung D (wollene und seidene Phantasie⸗ und Wirkwaren), Unterabteilung b (Maschinenarbeit) hat in seiner Sitzung am 14. Januar d. J. gemäß § 31 des Hausarbeit⸗ gesetzes einstimmig folgenden Beschluß gefaßt:

1 „Die seitens der Parteien mit dem Antrage vom 17. De⸗ ember 1928 eingereichte Entgeltfestsetzung 1. Löhne für Flachstrichmaschmen, Löhne für Raschelwaren, Löhne für Kettenwaren, Konfektionslöhne, . vöhne für Rundstrickmaschinenwaren, Löhne für Gamaschen 9er bis 10 er M., 7. Löhne für Rundstuhlwaren vird mit Wirkung vom 15. Februar 1929 für den räumlichen Geltungsbereich des ganzen Fachausschusses für allgemem⸗ ver indlich genehmigt’”“

Der räumliche Geltungsbereich des Beschlusses erstreckt sich auf den Bezirk des Fachausschusses (Verordnung vom 6. Dezember 1926, Reichsgesetzblatt I S. 493), er gilt für alle Hausarbeiter em⸗ schließlich derjenigen Zwischenmeister, die auf Grund einer Ent⸗ scheidung der obersten Landesbehörde den Hausarbeitern gleichgestellt sind die mit der maschinellen Herstellung der genannten Waren beschäftigt sind.

Die Tariffätze können in den Geschäftsräumen der zuständigen Gewerbeaufsichtsaͤmter eingesehen werden.

Erfurt, den 18. Januar 1929.

Der Vorsitzende: Dr. Kroeker, Oberregierungs⸗ und Gewerberat.

Nichtamtliches. Deutscher Reichstag.

33. Sitzung vom 25. Januar 1929. 1 (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.*)

Präsident Löbe eröffnete die Sitzung um 2 Uhr und teilte mit, daß der Kriegsächtungspakt dem Reichs⸗ tag zugegangen ist.

Vor Eintritt in die Tagesordnung protestierte Abg. Torg⸗ ler (Komm.) dagegen, da der Prösident im Anschluß an die gestrige Erwerbslosendemonstration auf der Tribüne verfügt habe, daß weder der kommunistischen Fraktion, noch einzelnen Mit⸗ gliedern der Fraktion in Zukunft Tribünenkarten ausgehändigt werden. (Lebhaftes Hört, hört! bei den Kommunisten. Abg. Jadasch [Komm.)] erhielt einen Ordnungsruf.) Der Grund für diese Maßnahme sei angeblich die Feststellung, daß die Erwerbs⸗ losen die Karten von der kommunistischen Fraktion erhalten hätten. Wenn diese Verfügung einen Sinn habe, dann doch nur den, den Reichstag davor zu bewahren, daß auch Erwerbslose Ge⸗ legenheit erhielten, ihre Notlage dem Reichstag zu unterbreiten. (Dauernde lärmende Unterbrechungen der Kommunisten.) Seine Fraktion erhebe feeceh Einspruch dagegen, daß sie unter ein Ausnahmegesetz gestellt werde, und behalte sich alle weiteren Schritte vor.

Präsident Löbe wies darauf hin,

enae

daß die von ihm im e der Ordnung des Hauses getroffene Maßnahme nicht der Beschlußfassung des Reichstags unterliege. Es sei Fristaer. ftinee h, daß Erwerbslose, die auf den Tribünen die Verhand⸗ ungen des Reichstags anhören wollten, von niemandem darin gehindert würden. Es habe aber leider festgestellt werden müssen, haß die gestrigen Unruhestifter auf der Tribüne Karten der kom⸗ munistischen Fraktion gehabt und daß sie die Anordnung zum Veplahen der Tribüne mit groben Schimpfworten und tätlichen Bedrohungen gegen die Beamten des Reichstags beantwortet hätten (Lebhaftes Hört, hört! bei der Mehrheit, lärmende Zwischenrufe bei den Kommunisten.) Er habe seihe Maßnahme für erforderlich gehalten, um die Beamten des Reichstags vor der Wiederholung solcher Dinge zu schützen. (Zurufe bei den Kommunisten: Jetzt schieben Sie die Beamten vor! Abg. Hörnle [Komm.] erhielt einen Ordnungsruf.) Der Präsident teilte weiter mit, daß er den Reichstag noch um die Einwilligung bitten werde, gegen einen der kommunistischen Abgeordneten, der sich an diesen Beschimpfungen der Beamten besonders beteiligt habe, eine Strafanzeige zu erstatten.

Auf der Tagesordnung stand die erste Beratung des Steuervereinheitlichungsgesetzes. Es handelt sich neben dem Rahmengesetz um sün Einzelgesetze.

Reichsfinanzminister Dr. Hilferding begründete die Vorlage. Seine Ausführungen werden nach Eingang des Stenogramms veröffentlicht werden.

*) Mit Ausnahme der durch Sperrdruck hervorgehobenen Reden der Herren Minister, die im rilaute wiedergegeben sind.

Die heeassteneen

Abg. Keil (Soz.) betonte die Notwendigkeit, die eingehende Prüfung der um fangreichen Gesetzentwürfe dem vorzubehalten. Wenn er, der Redner, nicht im einzelnen Kriti übe, so sei daraus nicht zu schließen, daß die Sozialdemokraten mit der vorgeschlagenen Regelung in allem einverstanden seien. Von wesentlicher Bedeutun e es, daß die Gesetzentwürfe auf die Regierung einer Rechtsmehrheit zurückgingen. Das bekunde doch die allgemeine Ueberzeugung von der politischen, wirtschaftlichen und nationalen Notwendigkeit der Steuervereinheitlichung. Auf jeden Fall sei der Grundgedanke einer möglichsten Vereinheit⸗ ichung der Realsteuern zu begrüßen. Vereinfachung und Ver⸗ billigung der Verwaltung werde die Folge sein. Die Verein⸗ heitlichung und Angleichung der Steuerbelastung der einzelnen Teile des Reiches sei um 5 notwendiger, je höher die Steuer⸗ belastung an sich sei. Daß sie hoch sei, werde allerseits anerkannt.

eien heute noch unentbehrlich. Abzulehnen sei die technische Erleichterung eines Zuschlags zur Einkommensteuer durch Länder und Gemeinden, der den steuerfreien Teil des Ein⸗ kommens erfassen wolle. Einer der wichtigsten Gesichtspunkte für die Sozialdemokratie sei der, daß bei der Grundsteuer die kleinen und nüelloren Besitzer nicht zugunsten der großen Besitzer belastet würden. Der Redner besprach dann Einzelheiten der Entwürfe. Mit der Einheitsbewertung landwirtschaftlicher Grundstücke könne man einverstanden sein, wenn auch die Ausführung gewisse Mängel zeige. Der Redner wünschte eine andere Festsetzung der Steuermeßzahl bei der Grundsteuer wie bei der Gewerbesteuer und den Realsteuern. Für eine Staffelung der Realsteuern zu⸗ gunsten des Großgrundbesitzes sei die Sozialdemokratische Partei nicht zu haben. Bei der Einkommensteuerveranlagung werde der Großbesitz ungeheuer geschont zuungunsten des kleinen und des Mittelbesitzes. Mit den Grundsätzen bezüglich der Gewerbesteuer erklärte der Redner sich einverstanden. Die Begründung der Ge⸗ werbebestegerung der Konsumgenossenschaften sei äußerst dürftig und nicht stichhaltig. Eine Bestenerung der Betriebe der öffent⸗ lichen Hand werde doch wieder auf die Wirtschaft abgewälzt werden. Ein Verzicht auf die Gebäudeentschuldungssteuer er⸗ scheine auf absehbare Zeit hin noch nicht möglich. Die im Ent⸗ wurf enthaltenen Abbaubestimmungen erweckten daher ganz falsche Hoffnungen. Erwägenswert wäre daher der Vorschlag, die Gebäudeentschuldungssteuner in eine allgemeine Grundrentensteuer oder in eine Reallast mit Ablösungsmöglichkeit umzuwandeln. Leider sei es zurzeit nicht möglich, die gesamte Steuer zum Woh⸗ nungsbau zu verwenden, aber ein möglichst großer Teil, min⸗ destens die Hälfte, müsse dafür Verwendung finden. Eine ab⸗ schließende Regelung des ganzen Steuerrechts bringe dieses Gesetz⸗ gebungswerk nicht. Wenn es aber eine Verwirklichung des Haupt⸗ prinzips der Vereinheitlichung bringe, so sei es doch von größter Bedeutung. Erst nach einer erträglichen Gestaltung der Repara⸗ tionslasten und nach einer Erledigung der großen Reichsreform werde eine abschließende und gerechte Steuerform möglich sein. Abg. Dr. Rademacher (D. Nat.): Steuer⸗ und Sozial⸗ belastung haben sich gegenüber 1913 verdre facht. Die Steuern sind so buntscheckig geworden, daß kein Gewerbetreibender, kein Bauer, kein Arbeiter seinen Steuerzettel mehr versteht. Das schädigt die Steuerfreudigkeit. In meinem eigenen Betrieb sind 16 verschiedene Steuern an 168 verschiedenen Jahresterminen zu zahlen. Selbst ein umfangreiches Steuerbüro findet sich durch den Steuerwust nicht mehr durch. Unser Vorkriegssbeuersystem dagegen hatte sich bewährt. Leider hat man es überstürzt be⸗ seitigt, und zwar nicht aus sachlichen, sondern aus politischen Gründen, um die Länder auszuhöhlen, die nun heute in barter Abwehr sbehen. Darum werden die neuen großen Finanzamts⸗ bauten in Süd⸗ und Westdeutschland als Zwingburgen des Reiches betrachtet. (Lachen links.) Heute bewilligt der eine die Steuern, der andere aber muß sie bezahlen. (Sehr richtig! rechts.) Wenn der alte, vielfach geflickte Rock jetzt gewendet werden soll, bleibt er doch ein alter Rock (Widerspruch des Abg. Keil [Soz.].) Sie haben doch selbst gesagt, daß eine wirkliche Besserung nicht ohne endgültige Regelung des Finanzausgleichs möglich ist. Wir wünschen finanzielle Selbständigkeit der Länder und Gemeinden und eine Vereinfachung mit dem Ziel der Sbeuersenkung. Diese Gesetzentwürfe aber, die einen dickleibigen Band darstellen, müssen bei dem Steuerzahler ein Grauen vor diesem Wust erwecken und den Eindruck, daß sie absichtlich unübersichtlich gemacht sind, da⸗ mit er sich nicht E.“ Die Veranlagung soll zersplittert werden. Wo bleibt da die Vereinheitlichung? Unverständlich sind die vielen Doppelvorlagen der Reichsregierung und des Reichsrats. Nur die Gegensätze wegen der Hauszinssteuer sind schwerwiegend. Aber die anderen Streitpunkte erwecken den An⸗ schein, als ob eine Ehe hier in die Brüche gehen will. Wir lehnen diese Gesetze, die doch keine Vereinheitlichung bringen, ab. Wir lehnen sie ab, weil sie keine Erleichterung der Steuerlasten bringen. Wozu haben wir denn den Reichswirtschaftsrat, wenn man seine Wünsche gerade auf diesem wichtigen Gebiet doch nicht beachtet? (Hört, hört bei den Deutschnationalen.) Das Verhält⸗ nis der Realsteuern in der Einkommensteuer hat sich gewaltig zu⸗ ungunsten der Realsteuern verschoben, die nur den landwirtschaft⸗ lichen und gewerblichen Hausbesitz belasten. Die Landwirtschaft, namentlich im Osten, steht vor dem Zusammenbruch. Und jetzt

will man für die Landwirtschaft, die cinmal die Rentenmark ge⸗

schaffen und damit die deutsche Währung und Wirtschaft gerettet hat, aus Anlaß dieser „Vereinheitlichung“ die Realsteuern noch erhöhen. Wir verlangen Sicherheit gegen die Ueberspannung der Realsteuern. Die Soll⸗Vorschrift über die Anhörung der Wirt⸗ schaftsverbände muß zum mindesten in eine Muß⸗Vorschrift um⸗ gewandelt werden. Wir verlangen weiter den dreijährigen Durch⸗ chnitt für die Veranlagung. Die brutalste Steuer, die es über⸗ sün⸗ gibt, die Lohnsummensteuer, taucht hier wieder auf. Das lehnen wir ab. Ich vermisse die Offenlegung der Etats der Ge⸗ meinden und wirklich unabhängige Finanzgerichte. Die Besteue⸗ rung der Wirtschaftsbetriebe der öffentlichen Hand wird nicht ver⸗ bessert, sondern sogar verschlechtert. Die ö Betriebe sollen von allen Steuern befreit werden, selbst da, wo ihre Be⸗