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Reichs⸗ und Staatsanzeiger Nr. 92 vom 20. April 1929. S. 4.
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in der Lehrfreiheit liegt; und die Lehrfreiheit bedingt selbst⸗ verständlich auch eine Freiheit der Lehrmethode. Hier wird es also unmöglich sein, die Professoren etwa durch irgendein Statut zu dieser oder jener Methode zu zwingen, sondern sie können zu moderneren Methoden nur auf dem Wege gütlicher Ueberredung, der Aussprache, der Ueberzeugung hinübergeführt werden, daß es nicht anders geht. Wenn man die Kritik als Ganzes nimmt, die heute in diesem Hause an den Lehrmethoden der Universitäten geübt worden ist, so malt sie doch — das muß ich ehrlich sagen — vielleicht etwas zu schwarz. (Sehr wahr! rechts.) Tatsächlich ist in den letzten Jahren auch auf methodischem Gebiet ein großer Fortschritt erzielt worden, und auch in der juristischen und philologischen Fakultät ist alles mögliche geschehen. Aber, meine Damen und Herren, vergessen Sie nicht, daß in dem Augenblick, als man anfing, die Methoden zu verbessern, gleich⸗ zeitig eine gewaltige Ueberfülle von Studenten in die Universi⸗ täten hineinströmte, so daß alle Individualisierungsmethoden, die man vielleicht im Einzelfalle gern angewandt hätte, an diesem Massenproblem scheiterten. Es wird eine Aufgabe der Zukunft sein, den Professoren eine Erleichterung vor allem durch Mehr⸗ schaffung von Assistenten und duͤrch andere Hilfsmittel zu bringen, auch auf experimentellem Gebiete, wie Herr Abgeordneter Rhode es gefordert hat. Ich bin mit ihm durchaus der Meinung, daß man das graphische Verfahren und die kinematographische Vor⸗ führung auch in den Universitäten verwenden soll, und diese Einrichtungen bestehen ja auch schon in großem Umfange in den verschiedensten Fakultäten. Vielleicht noch nicht so allgemein, wie es wünschenswert wäre; aber da ist es immer wieder die leidige Finanzfrage, und wenn Sie wüßten, meine Damen und Herren, welche Schwierigkeiten der Kultusminister hat, im internen Kampf mit den Nöten der Finanz und mit den Bedürfnissen der anderen Ressorts die Mittel zusammenzuhalten, die unbedingt notwendig sind, um dieses Stromes der jungen Studenten, der jetzt in unsere Universitäten hineinflutet, unterrichtstechnisch. einigermaßen Herr zu werden, dann glaube ich, können Sie die Genugtuung verstehen, mit der ich nunmehr hoffen darf, daß der Etat schließlich so verabschiedet werden wird, wie er den Ausschuß passiert hat.
Die pädagogische Hochschulreform ist natürlich ein Problem, das mich, wenn ich hier auf alle Einzelheiten eingehen wollte, nötigen würde, die Erörterungen des Hauptausschusses zu wieder⸗ holen. Ich möchte nur auch hier in diesem größeren Kreise sagen, daß wir z. B. auf dem Gebiete der Jurisprudenz an ernster Arbeit sind, daß wir ja aber als Behörde hier nicht mit den Pro⸗ fessoren allein stehen, sondern daß auch noch andere Ressorts daran beteiligt sind. Das gilt auch für das weite Gebiet der Medizin. Nur auf dem Gebiete der Philologie stehen wir als Fachbehörde den Professoren allein gegenüber, und ich kann Ihnen verraten, daß wir schon sehr ernste Beratungen begonnen haben, daß wir auf dem Gebiete der Reform des Unterrichts in der klassischen Philologie sogar schon gewisse erfreuliche Resultate er⸗ reicht haben und daß die Reform des neusprachlichen Unterrichts in der allernächsten Zeit in Angriff genommen werden wird. Also es geschieht hier alles mögliche, und ich bin nur dankbar für die Unterstützung meiner Bestrebungen, die ich Zeute hier in diesem Hause gefunden habe.
Dann noch ein kurzes Wort über die Studenten. Der Herr Abgeordnete Dr. Rosenfeld hat mich gefragt, ob es richtig sei, daß ich den Vorstand der sogenannten Deutschen Studen⸗ tenschaft persönlich empfangen habe. Ich habe ihn empfangen. Meine Damen und Herren, ich halte es für durchaus notwendig, daß der Kultusminister die Studenten verschiedenster Art und verschiedenster Anschauung empfängt. (Sehr richtig!) Es ist die einzige Möglichkeit, diese Leute, auch wenn sie anderer Meinung sind, unter Umständen auch einmal eines Besseren zu belehren. Es muß hier ein Verhältnis des gegenseitigen Vertrauens be⸗ stehen, und es ist selbstverständlich, daß in einem solchen Falle von „Verhandlungen“ nicht die Rede sein kann, sondern daß der Kultusminister auf den Richtlinien bestehen bleibt, die hier der Ausschuß und das Plenum seinerzeit in der Studentenfrage ge⸗ billigt hat. Es war mir ein Bedürfnis, die Herren, als sie den Wunsch äußerten, von mir empfangen zu werden, zu empfangen und ihnen klar und deutlich zu sagen, daß irgendein Kom⸗ promisseln von seiten des Kultusministers nicht in Frage kommt, sondern daß ich unbedingt darauf bestehen müsse, daß es sich in diesen großen politischen Fragen, wenn eine eventuelle Neu⸗ ordnung eintreten sollte, nur darum handeln könnte, daß die Studentenschaft auf den Standpunkt treten müsse, wie ihn die Regierung hier vertreten hat. Also von irgendwelchen Verhand⸗ lungen kann nicht die Rede sein. Die Studentenschaft hatte allerdings die Hoffnung, daß es ihr gelingen könnte, vor allem durch Verhandlungen auch in Oesterreich eine Basis zu schaffen, auf der eine Wiederherstellung des Studentenrechts möglich sei. Ich persönlich habe mich in dieser Sache vollständig zurückgehalten und glaube auch, daß es das einzig richtige ist, daß man die Gemüter sich erst einmal beruhigen läßt. Wenn dann die Ver⸗ hältnisse einmal fortgeschritten sind und die Staatsautorität noch weiter gefestigt ist, dann mag es ganz selbstverständlich sein, daß die Anforderungen der Regierung, die sie im Einvernehmen mit diesem hohen Hause aufgestellt hat, auch von der Studentenschaft ohne weiteres akzeptiert werden. Die Regierung hat Zeit, auf diesen Zeitpunkt zu warten.
Ein anderer Punkt, den mein Herr Vorredner noch an⸗ geschnitten hat, betrifft die Frage, daß wir an die Kasse der Deutschen Studentenschaft noch etwas bezahlt hätten. Die Sach⸗ lage ist folgende. Der Verein Kasse der Deutschen Studenten⸗ schaft e. V. hat die Universität Berlin auf Zahlung von 2767 Mark nebst Zinsen verklagt mit der Begründung, daß der dem Verein als Kopfbeitrag von der Einzelstudentenschaft der Universität Berlin in dieser Höhe zuzuführende und seinerzeit vom Ministerium genehmigte Betrag nicht gezahlt worden sei. Da nun, wie aus verschiedenen Aeußerungen des Ministeriums ersichtlich sei, eine eigene Kasse der Einzelstudentenschaft nicht bestanden habe, sondern die von den Studenten auf Grund des Studentenrechts mit Ge⸗ nehmigung des Herrn Ministers erhobenen Beiträge in die Kasse der Universität geflossen seien, müßte die bisher nicht erfolgte Zahlung jetzt durch die Universität geleistet werden.
Dieser Klageantrag war richtig begründet und die erforderte Summe ist deshalb nach Rücksprache des Universitätsrats im Ministerium gezahlt worden. Wenn die Klage aber auch rechtlich einwandfrei erscheint, so ist die moralische Seite der Angelegenheit doch außerordentlich unerfreulich. Abgesehen davon nämlich, daß eine Klage der Deutschen Studentenschaft gegen die Universität überhaupt gegen Sinn und Wesen des Studentenrechts verstößt, handelt es sich in diesem Falle um Beträge, die von der Universi⸗ tätskasse deshalb nicht an den klagenden Verein abgeführt waren, weil der ehemalige Kassenwart der Studentenschaft der Universi⸗ tät Berlin ihm anvertraute Gelder unterschlagen hatte Obwohl den klagenden Studenten die Unerfreulichkeit ihres Verhaltens mit aller Deutlichkeit vor Augen geführt worden ist, haben sie sich nicht bewogen gefühlt, die Klage zurückzuziehen. Das formale Recht war leider auf ihrer Seite.
Abg. Hoffmann (Komm.)) erhebt über völlig ungenügende Wascheinrichtungen und Kleiderablagen für die Studentenschaft. In allen Universitätsstädten herrsche eine einzige Klage über die Zustände an den Frauenkliniken. Der Redner tritt für den Antrag seiner Fraktion ein, den Medizinal⸗ praktikanten an staatlichen Anstalten eine gleiche Vergütung von mindestens 50 ℳ sowie einen Wohnungszuschuß zu gewähren, wie die Praktikanten an den städtischen Krankenanstalten sier erhalten.
Beim vierten Abschnitt des Kultusetats „Kunst“ be⸗ richtet für den Hauptausschuß
Abg. Dr. Schwering (Zentr.). Er gedenkt zunächst des verstorbenen Leiters der Berliner Museen, von Bode, der in hervorragender Weise seine historische Mission erfüllt habe. Im Kultusetat seien für 1929 21 Millionen für Kunstzwecke ein⸗ gesetzt gegen 19 im Vorjahr. Im Mittelpunkt der Ausschuß⸗ verhandlungen hätten diesmal die Erörterungen über die Staats⸗ theater gestanden. Auch vom Landtag aus müßten die Leiter der Staatstheater ermahnt werden, die Ausgaben zu drosseln, damit unter allen Umständen das jetzige Defizit gemildert werde. Die Mittel für die Landesbühne seien auf 1,2 Millionen erhöht worden und müßten im Interesse der Pflege der staatlichen Kunst weiter gesteigert werden, sonst würden zahlreiche ihrer Bühnen zusammenbrechen, was besonders für die Grenztheater untragbar wäre. Der Ausschuß fordert in seinen Anträgen u. a. im nächsten Etat einen neuen Titel mit 50 000 ℳ zur Pflege des Chor⸗ gesangs sowie 50 000 ℳ zur Steuerung der Notlage der deutschen Musiker, stärkere Beteiligung der Schriftsteller und Musiker an den Rundfunkhonoraren und klarere Etatsgestaltung bei den Staatstheatern.
Abg. Frau Noack (D. Nat.) meint in der allgemeinen Debatte, wir hätten heute kein blühendes Kunstleben, denn es zeige sich überall ein großes Elend der Künstlerschaft, was die Künstler zwinge, allzusehr dem Geschmack der Masse entgegen⸗ zukommen. Außerordentlich bedauerlich sei, daß die Mittel für die Landesbühne, insbesondere für die Grenztheater nicht erhöht werden konnten. Heute werde auf den Bühnen leider allgemein dem Geistigen ausgewichen und das Stofkfliche, Fleischliche vor⸗ angestellt. Wenn man auch den Minister nicht für jede Revue verantwortlich machen könne, e man doch seinen Einfluß nicht so gering einschätzen, wie er selbst es täte, indem er behaupte, er könne in die künstlerische Leitung der Staatstheater nicht ein⸗ greifen. Das Defizit der Berliner Staatstheater betrage nach dem Etat schon über fünf Millionen. (Hört, hört! rechts.) Es sei aber nicht einmal genau Fdhss dnh ob das alles wäre. Ein Sne von 70 Personen bei zwei Opern sei wirklich etwas zuviel; freilich arbeite es auch, ebenso wie die Kapellmeister, viel auf Reisen. Daß trotz des großen Mitarbeiterstabes das Niveau der Staatstheater gesunken sei, stimme bedenklich.
Abg. Frau Oestreicher (Soz.) erklärt, daß wir auch in bezug auf die Pflege der Kunst unter dem Zwange des verlorenen Krieges ständen, der uns die Mittel leider beschnitten habe. Er habe uns aber die geistige Freiheit ebracht, die jetzt durch dier Bestrebungen auf Einführung einer Zensur gefährdet sei. Diese Zensur lehnten ihre Freunde ab. Zu erstreben sei eine Erziehung zur Reinheit, zur inneren Sauberkeit, abzulehnen dagegen das Muckertum. Zur Not der Künstler sei zu bemerken, daß durch einzelne Unterstützungen nichts getan sei. Man müsse den Schrift⸗
stellern helfen, an das Publikum heranzukommen, und die Werke
lebender Künstler in höherem Maße ankaufen. Für die Museen sei eine größere Popularisierung zu fordern. Die Konkurrenz, die die Stadt Berlin den staatlichen Museen machen wolle, sei als ganz unzweckmäßig abzulehnen. Besondere Füebperung verdiene die neue Volkskunst, die Sprechchöre und Laienspiele. Zum Schluß setzt sich die Rednerin gegen die Not der jungen Künstler ein, denen durch Steuererleichterungen entgegengekommen werden müsse.
Abg. Dr. Ausländer (Komm.) meint, die Staatstheater seien nichts als die schöne, goldgeränderte Visitenkarte, die die Republik an ein paar wohlhabende In⸗ und Ausländer abgäbe. Für die Massen tue die Kunst dagegen nichts. Wenn dieses Treiben so weiter gehe, werde sich die Revolte⸗ im Erziehungshaus auswachsen zu einer Revolution, die das ganze System über den Haufen wirft.
Abg. Dr. Schuster (D. Vp.) erklärt, es handle sich bei den Aufgaben der Landesbühnen um eine nationale Aufgabe. Die Kunst solle nicht nur aus dem Volk, sondern auch für das Volk sein. Daher sei eine Unterstützung der Kunst dringend erforder⸗ lich. Das Gesamtergebnis ist, daß an den Bühnen ein großes Talent an ein verhältnismäßig geringes geistiges Gut gewendet wird. Das Niveau der Stücke müsse also gehoben werden. Das könne durch Aufführung alter guter Stücke geschehen. Hier liege den Staatsbühnen die größte Verpflichtung ob. In der Be⸗ üurteilung der Zensur frage es sich, ob man dulden wolle, daß z. B. Kirche und Ehe auf der Bühne nicht nur lächerlich gemacht, 8g. dern in den Schmutz gezogen würden. Das müsse verhindert werden.
D. Dr. Dr.⸗Ing. Becker, Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung: Ich möchte zunächst die große Anfrage Nr. 48 beantworten. Die Regierung kann die Voraussetzungen der großen Anfrage Nr. 48 nicht für richtig erachten. Die anti⸗ semitische Tendenz der Anfrage geht sogar so weit, Leute wie unseren hochverehrten und verdienten Generalmusikdirektor Kleiber für einen Inden zu erklären, obwohl er weder der Kon⸗ fession noch der Abstammung nach Jude ist. Die deutsche Kunst kann heute in Deutschland frei wachsen und blühen. Jedenfalls wird sie durch antisemitische Tendenzanträge nicht geförder werden.
Ich möchte dann nur ganz wenige Worte noch dem hinzu⸗ fügen, was wir über die großen grundsätzlichen Fragen im Haupt⸗ ausschuß ausführlich gesprochen haben. Ich bemerke, daß ja von allen Seiten des Hauses bei der Aussprache hier im Plenum eine gewisse Zurückhaltung und Kürze gewünscht wird. Mir liegt nur daran, festzustellen, daß der kleine Unfall, der die Staatsoper mit der Besetzung des André Chénier be⸗ troffen hat, nicht als grundsätzliches Versagen aufgefaßt werden darf. Wir alle wissen, mit welchen Schwierigkeiten auf dem Gebiet der Sänger und Sängerinnen alle Opern heutigen Tages zu kämpfen haben. Ich habe auch schon im Ausschuß ausgeführt, nach welcher Richtung ich mir hier eine Besserung wünsche. Aber
ich möchte doch einmal ganz offen aussprechen, daß gerade die Staatsoper Unter den Linden deshalb in einer so großen Schwierigkeit war, weil jede Neuaufführung, die jetzt dort heraus⸗ gebracht worden ist, sozusagen eine Premiere ist, d. h. vollkommen neu inszeniert werden muß. Trotzdem ist es dem General⸗ intendanten Tietjen in bewundernswerter Weise gelungen, daß bisher eigentlich noch niemals die Verschiebung einer Premiere hat stattfinden müssen, ja, es ist ihm gelungen, seinen Plan, den er auf Monate hinaus für bestimmte Stücke ganz genau auf den Tag festgesetzt hatte, auch tatsächlich in der Praxis durch⸗ zuführen. Wenn auch hier einmal durch gewisse äußere Um⸗
stände, an denen er völlig unschuldig war, die Aufführung von
André Chénier verschoben werden mußte, so trifft die General⸗ intendanz keinerlei Schuld. Man kann hier direkt nur sagen: es ist die Ausnahme, die die Regel bestätigt.
Ueber die schwebenden Theaterfragen, nameutlich über die finanzielle Seite, möchte ich mich hier nicht weiter äußern. Der Hauptausschuß hat einen Unterausschuß eingesetzt, und in dem Unterausschuß haben wir begonnen, die außerordent⸗ lich schwierige finanzielle Lage, die ich nicht verkenne, gründlich zu studieren und auf neue Mittel zur Behebung der finanziellen Not der Theater zu sinnen. Ich glaube, daß es nicht richtig wäre, hier dem Unterausschuß in dieser Hinsicht vorzugreifen.
Ein letztes Wort endlich noch über die Landesbühnen⸗ organisation. Die Landesbühne liegt dem Ministerium außerordentlich am Herzen. Ich kann Ihnen nur sagen, daß wir es bitter empfinden, daß es uns nicht möglich ist, hier höhere Mittel in den Etat einzusetzen. Wenn Sie aber wüßten, welche Schwierigkeiten wir schon gerade in den letzten Tagen gehabt haben, den Etat nur überhaupt zu balancieren — der Köpfungs⸗ ausschuß und der Hauptausschuß werden sich ja mit den Fragen noch zu beschäftigen haben —, daß wir genötigt sind, im Kultus⸗ ministerium noch nachträglich über zwei Millionen zu streichen, dann weiß ich allerdings nicht, woher noch Mittel herbeigeschafft werden sollen, um den Landesbühnenfonds zu erhöhen. Man kann ja sagen: das Kultusministerinm mit seinem 700⸗Millionen⸗Etat muß es doch furchtbar leicht haben, ein paar Millionen noch irgendwo herauszubekommen. Dem ist aber nicht so. Wenn Sie einmal die Personallasten, die ja feststehen, von diesen 700 Mil⸗ lionen abziehen, so bleiben für Sachausgaben auf dem ganzen Gebiet meiner Verwaltung, die doch unendlich in die Breite geht, noch 43 Millionen. Und wenn da schon zwei Millionen vorweg, das heißt also fast 5 vH gestrichen worden sind, außerdem von allen Dispositionsfonds durch den Etat 10 vH nur mit Bewilli⸗ gung des Finanzministers ausgegeben werden sollen, ja, meine Damen und Herren, dann sind meine Hände schon so gebunden, daß es völlig unmöglich ist, hier noch weiteres herauszuwirt⸗ schaften. Ich möchte das ausdrücklich ausführen. Ich bedauere es außerordentlich, aber in dieser Zeit der finanziellen Not, wo überall gespart werden muß, wird es unmöglich sein, auf diesem Gebiet neue Fonds in den Etat einzusetzen.
Abg. Dr. Bohner (Dem.) beleuchtet in Erwiderung auf die Rechtsäußerung im Falle Grosz das Vorgehen des hanno⸗ verschen Pastors Garbe gegen den Lehrer Mandel in A endorf und die Billigung dieses Vorgehens durch das Landeskirchenamt Hannover. Er spricht seine Verwunderung aus, daß die Staats⸗ Ctn c in Lüneburg hier nicht jedes Verfahren wegen Gotteslästerung sofort ablehnt und noch mehr, daß auch der zu⸗ ständige Schulrat nichts zum Schutz des Lehrers getan habe. Im Gegensatz dazu zeigten gerade in solchen Dingen die zentralen preußischen Behörden eine gewisse geistige Freiheit. Zum Beweis verliest er ein Urteil der Bevliner Prüfstelle wider Schmutz und Schund, das in scharfen Worten törichte Angriffe auf Tillergirls und Mannequins zurückweist. Gegenüber dem Zentrumsantrag auf Heranziehung der Städte zu den Kosten der Staatstheater verweist er auf die besondere Notlage Kassels und gibt im einzelnen die Aufwendungen Berlins für die Kunst an. Er spricht dann über die Forderung von Ehrenruhegehältern für Künstler und die Wirtschaftsforderung der bildenden Künstler. Bedauerlich sei es, wenn im Kultusministerium keine Mittel für Musikpflege zur Verfügung ständen, wo doch gerade das Musik⸗ wesen das Beste der Jugendbewegung sei.
Sonnabend 10 Uhr: Fortsetzung. Außerdem Gewerbe⸗ steuer. Schluß 19 ³¾ Uhr
Nr. 16 des Reichs⸗Gesundheitsblatts vom 17. April 1929 hat folgenden Inhalt: A. Amtlicher Teil I. Personal⸗ nachrichten. — Fortlaufende Meldungen über die gemeingefährlichen Krankheiten im In⸗ und Auslande. — Zeitweilige Maßregeln gegen gemeingefährliche Krankheiten. — Gesetzgebung usw. (Deutsches Reich.) Verkehr mit Milch. — (Preußen, Reg.⸗Bez. Potsdam.) Ablieferung von Tiersörpern an die Abdeckereien. — (Sachsen.) Oeffentliche An⸗ kündigung und Anpreisung von Geheimmitteln zur Verhütung, Linderung oder Hetilung tierischer Krankheiten. — (Hamburg.) Zu⸗ lassung von Mianin als Desinfektionsmittel. — (Italien.) Belgrader Tierseuchenübereinkommen zwischen Italien und Jugoslawien. — (Schweiz.) Bundesbeiträge zur Bekämpfung der Tuberkulose. — Einfuhr von Pelztieren. — Tierseuchen im Auslande. — Vermischtes. (Deutsches Reich.) Fleckfiebererkrankungen 1928. — Fortbildungslehr⸗ gang für Jugendrichter. — Erste Milchwirtschaftliche Woche. — B. Nichtamtlicher Teil. — C. Amtlicher Teil II. Wochentabelle über Eheschließungen, Geburten und Sterbefälle in den deutschen Großstädten mit 100 000 und mehr Einwohnern. — Geburts⸗ und Sterblichkeitsverhältnisse in einigen größeren Städten des Auslandes. — Erkrankungen und Sterbefälle an übertragbaren Krankheiten in deutschen Ländern. — Erkrankungen an übertragbaren Krankheiten in außerdeutschen Léändern. — Witterung. — Statistische Sonderbeila ge: Vierteljährliche Uebersicht über die Bewegung der Bevölkerung und über die Todesursachen in deutschen und außer⸗ deutschen Ländern IV. Vierteljahr 1927 und Jahresübersicht 1927
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(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
Verantwortl. Schriftleiter: Direktor Dr. Tyrol, Charlottenburg. Verantwortlich für den Anzgeigenteil: Rechnungsdirektor Mengering in Berlin.
Verlag der Geschäftsstelle (Mengering) in Berlin. —2
Druck der Preußischen Druckerei⸗ und Verlags⸗Aktiengesellschaft, Berlin, Wilhelmstraße 32. Acht Beilagen (einschließl. Börsenbeilage und drei Zentralhandelsregisterbeilagen).
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den
Erscheint an jedem Wochentag abends. SW 48, Wilhelmstraße 32.
einschließlich des Portos abgegeben. Fernsprecher: F 5 Bergmann 7573.
Bezugspreis vierteljährlich 9 ℛℳ Alle Postanstalt B Bestellungen an, in Berlin für Selbstabholer 8 die Geschäftsstelle
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Reichsbankgirokonto.
8
Anzeigenpreis für den Raum einer fünfgespaltenen Petitzeile 1,05 2 ¼ einer dreigespaltenen Einheitszeile 1,75 ℛℳ Anzeigen nimmt an die Geschäftsstelle Berlin SW. 48, Wilhelmstraße 32. Alle Druckaufträge sind auf einseitig beschriebenem Papier völlig druckreif einzusenden, insbesondere ist darin auch anzugeben, welche Worte etwa durch Sperr⸗ druck (einmal unterstrichen) oder durch Fettdruck (zweimal unter⸗ strichen) hervorgehoben werden sollen. Befristete Anzeigen müssen 3 Tage vor dem Einrückungstermin bei der Geschäftsstelle eingegangen sein.
Berlin, Montag, den 22. April, abends.
Inhalt des amtlichen Teiles:
6 Deutsches Reich. G“
Bekanntmachung über die Festsetzung des Jahresbeitrags für die Zweiganstalt der See⸗Berufsgenossenschaft.
öe der amtlichen Großhandelsinderziffer vom 17. April
Bekanntmachung der Filmprüfstelle Berlin,
b 8 8 8 lassungskarten. etreffend Zu
Preußen.
Bekanntmachung, betreffend Stipendien der Felix⸗Mendelssohn⸗ Bartholdy⸗Stiftung. Felix⸗M ssoh
Bekanntmachung
über die Festsetzung des Jahresbeitrags für die
Zweiganstalt der See⸗Berufsgenossenschaft. Vom 18. April 1929.
Auf Grund des § 1195 Absatz 1 der Reichsversicherungs⸗ ordnung wird der Jahresbeitrag, der an die Zweiganstalt der See⸗Berufsgenossenschaft für jede im Kleinbetriebe der See⸗
b schiffahrt sowie in der See⸗ und Küstenfischerei beschäftigte Person (zu vergl. §§ 1186, 1187 der Reichsversicherungs⸗ ordnung) zu entrichten ist, von dem Beitragsjahre 1928 ab
bis auf. weiteres auf 25 RM — fünfundzwanzig Reichsmark — festgesetzt. 8
Berlin, den 18. April 19229.
Das Reichsversicherungsamt, Abteilm
Die amtliche Großhandelsindexziffer vom 17. Mpril 1929. Die auf den Stichtag des 17. April berechnete Groß⸗
handelsindexziffer des Statistischen Reichsamts beträgt:
1913 = 1⁰0 Ver⸗ Indergruppen 1929 änderung 10. April 17. April] in vH
. I. Agrarstoffe. 1. Pflanzliche Nahrungsmittel .. 130,5 130,5 1616“ 122,8 121,6 Vieherzeugnise.. 125,9 126,7 Gttet11 141,4 140,3 Agrarstoffe zusammen... 128,6 128,3 II. Kolonialwaren.. 125,7 126,4 III. Industrielle Rohstoffe und Halbwaren. Kohle 1 “ 135,7 135,6 . Eisenrohstoffe und Eisen 127,9 127,9 . Metalle (außer Eisen). 132,6 118,9 Textilien v1““ 148,4 147,7 Haäute und Leder... 130,5 129,3 Chemikalien ) 126,6 126,6 2. Künstliche Düngemittel. 87,5 87,5 3. Technische Oele und Fette 125,9 126,0 P 30,7 28,9 . Papierstoffe und Papier. 151,2 151,2 Baustoffe “ 157,0 156,9 Industrielle Rohstoffe und Halbwaren zusammen .. 133,7 132,6 IV. Industrielle Fertigwaren. 17 P 187,5 137,7 18. Konsumngaeeee 172,9 172,9 Industrielle Fertigwaren zu⸗ . “ 157,7 157,8 I Gelatea 137,4 136,9
*) Monatsdurchschnitt März. Hiernach ist die Gesamtindexziffer gegenüber der Vorwoche
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1Iim SS.S.S8.S b0 0 SS
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um 0,4 vH gesunken. Von den Hauptgruppen hat die Index⸗ sfiffe für Agrarstoffe um 0,2 vH nachgegeben.
für A 1 Die Inderziffer er industriellen Rohstoffe und Halbwaren ist um 0,8 vH zurückgegangen, während diejenige für industrielle Fertigwaren
nahezu unverändert war.
3 Unter den Agrarstoffen wurde in der Gruppe pflanzliche Nahrungsmittel eine Erhöhung der Preise für Brotgetreide und Mehl durch einen Rückgang der Kartoffelpreise ausgeglichen.
In der Inderziffer für Vieh sind die Preise für Rinder und
Schweine auf der Mehrzahl der Märkte zurückgegangen. Innerhalb der Gruppe Vieherzeugnisse wurden Preiserhöhungen
für Milch und Käse durch einen Preisrückgang für Eier nur zum Teil ausgeglichen. Der Rückgang der Inderziffer für Futtermittel ist hauptsächlich auf niedrigere Preise für Kar⸗ toffeln, Mais und Oelkuchen zurückzuführen. In der Inder⸗ ziffer für Kolonialwaren wirkte sich eine Erhöhung der Preise für Tabak und für Erdnußöl aus. 3
. Von den Einzelgruppen der industriellen Rohstoffe und Halbwaren hat die Inderziffer für Kohle infolge eines Preis⸗ rückgangs für englische Steinkohle leicht nachgegeben. Der beträchtliche Rückgang der Indexziffer für Nichteisenmetalle ist vor allem durch die Herabsetzung der Kupferpreise bedingt. Daneben ist auch der Preis für Zinn zurückgegangen, während der Bleipreis angezogen hat. Unter den Textilien sind die Preise für Baumwolle, Baumwollgarn, Flachs und Hanf gegenüber der Vorwoche zurückgegangen; der Preis für Jute ist leicht gestiegen. Der Rückgang der Inderziffer für Häute und Leder wurde durch niedrigere Preise für Großviehhäute sowie für Kalb⸗ und Ziegenfelle herbeigeführt.
1 Von den Einzelgruppen der industriellen Fertigwaren hat sich die Indexziffer für Produktionsmittel unter dem Einfluß “ Steigerung des Kupferpreises leicht
hoht. Berlin, den 20. April 1929.
Statistisches Reichsamt. J. V.: Dr. Platzer.
Bekanntmachung, betreffend Zulassungskarten.
1. Die Zulassungskarten Prüfnummer 21 987 vom 18. März 1929 „Die eiserne Maske“ sind ab 18. April 1929 ungültig. Nur die durch erneute Zulassung des Bildstreisens vom 3. April 1929 unter Prüfnummer 22 107 mit gleichem Haupttitel erteilten Zulassungs⸗ karten sind gültig.
2. Die Zulassungskarten Prüfnummer 22 028 vom 22. März 1929 „Der Krieg im Dunkel“ sind ab 18. April 1929 ungültig, wenn sie nicht den Haupttitel „Der Krieg im Dunkel. Die Spionin’ tragen. 3. Die Zulassungskarten Prüfnummer 22 046 vom 23. März 1929 „Asphalt⸗Schmetterling⸗ sind ab 18. April 1929 ungültig, wenn sie den Haupttitel „Großstadtschmetterling. Ballade einer Liebe“ ragen.
4. Die Zulassungskarten Prüfnummer 426 vom 24. September 1920 „Falschspieler“ sind ab 20. April 1929 ungültig, wenn sie nicht das Ausfertigungsdatum „5. April 1929“ tragen.
5. Die Zulassungskarten Prüfnummer 21 297 vom 29. Dezember 1928 „Quartier Latin (Paris, Du Stadt der Liebe)“ sind ab 23. Aprtl 1929 ungültig. Nur die durch erneute Zulassung des Bildstreifens vom 8. April 1929 unter Prüfnummer 22 134 mit gleichem Haupttttel erteilten Zulassungskarten sind gültig.
6. Die Zulassungskarten Prüfnummer 21 298 vom 29. Dezember 1928 „Die Fahrt ins Glück“ sind ab 25. April 1929 ungültig. Nur die durch erneute Zulassung des Bildstreifens vom 10. April 1929 unter Prüfnummer 22 151 mit dem neuen Haupttitel „Priscillas Fahrt ins Glück“ erteilten Zulassungskarten sind gültig.
77. Die Zulassungskarten Prüfnummer 21 92y1 vom 13. März 1929 „Die Ehe“ sind ab 23. April 1929 ungültig, wenn sie nicht das Aus⸗ fertigungsdatum „S April 1929“ tragen.
8. Die Zulassungskarten Prüfnummer 20 584 vom 26. Oktober 1928 „Der Goldfischjäger“ sind ab 23. April 1929 ungültig, wenn sie nicht das Ausfertigungsdatum „S. April 1929“ tragen.
Berlin, den 20. April 1929.
Der Leiter der Filmprüfstelle. Mildner.
Preußen. G 1““ 8 88 14“ che akademische Hochschule für Musik. Am 1. Oktober d. J. kommen 2 Stipendien der Felix Mendelssohn⸗Bartholdy'schen Stiftung für be⸗ fähigte und strebsame Musiker zur Verleihung. Jedes derselben beträgt 1500 RM. Das eine ist für Komponisten, das andere für ausübende Tontünstler bestimmt. Die Verleihung geschieht an Schüler der in Deutschland vom Staate unterstützten Ausbildungs⸗ institute, ohne Unterschied des Alters, des Geschlechts, der Religion und der Nationalität. Bewerbungsfähig ist nur derjenige, welcher mindestens ein halbes Jahr an einem der genannten Institute studiert hat. Bewerbungen bis 1. Juli d. J. Näheres durch das Sekretariat Charlottenburg, Fasanenstraße 1. Berlin, den 18. April 1929. Der Vorsitzende: Schreker.
Deutsches Reich.
Der Reichsrat hält Donnerstag, den 25. April 1929, Uhr nachmittags, im Reichstagsgebäude eine Vollsitzung.
Preußischer Landtag. 71. Sitzung vom 20. April 1929, 10,20 Uhr. (Bericht des Nachrichtenbüros des Vereins deutscher Zeitungsverleger.)
Der Preußische Landtag erledigt heute zunächst kleine
Vorlagen. Dabei finden Ausschußanträge Annahme, die de soh gfssecen bzw. Entgegenkommen für die durch Hoch⸗ wasser Geschädigten im Kreise Insterburg und im Kreise Salzwedel verlangen. Weitere Einzelmaßnahmen werden für die Stadt Striegau gefordert. Auch soll das Staatsministerium den notleidenden Gemeinden in der Grafschaft Glatz einschl. des Kreises Reichenbach eine besondere Berücksichtigung bei den Zuweisungen der Mittel für den Wohnungsbau zugute kommen lassen. Auf Grund eines Antrages des Bevölkerungs⸗ politischen Ausschusses, der gleichfalls angenommen wurde, werden Maßnahmen zur Behebung der Not der Grenz⸗ gemeinden im Westen gefordert, insbesondere sollen auch aus⸗ reichende Mittel dafür in den folgenden Jahren zur Ver⸗ fügung gestellt werden. Weiter angenommene Ausschuß⸗ anträge verlangen Beihilfen gegen die Frostschäden im Wein⸗ bau, gegen die Notlage des Faststättensewerbes in Kur⸗ und Badeorten, gegen das Ueberhandnehmen des Hausierhandels usw. Wirtschaftsparteiliche und deutschnationale Anträge auf Außerkraftsetzung der Wohnungsmangelbestimmungen werden gemäß den Ausschußbeschlüssen abgelehnt. Es folgt die erste Beratung der neuen Vorlage der Ge⸗ werbesteuer für 1929 die im wesentlichen eine Ver⸗ längerung des geltenden Status bringt und nur eine neue Regelung für Filialbetriebe enthält.
Zunächst ergreift der Finanzminister Dr. Höpker Aschoff das Wort. Seine Rede wird nach Eingang des Stenogramms im Wortlaut mitgeteilt werden. “
— Abg. Hecken (D. Nat.) betont, man müsse sich fragen, welche Forderungen im Interesse des gewerblichen Mittelstandes an diese Vorlage zu stellen seien. (Abg. Kölges (Zentr.]: „Für den Mittel⸗ 8 zu reden, haben Sie verwirkt!“) Der Redner weist die Polemik dieses Zwischenrufs ab und beschäftigt sich dann aus⸗ führlich mit dem Srandpunkt der Regierung zur Anwendung des Art. 62 der Verfassung, wobei er zu der Auffassung kommt, daß der Art. 62 gänzlich unabhängig vom Einspruchsrecht des Staats⸗ rats zu werten sei und daß mithin die Regierung nicht berechtigt gewesen sei, das Gewerbesteuergesetz wieder vorzulegen, solle nicht die Verfassung zu einem Zerrbild parteipolitischer Auswertung werden. (Sehr wahr! rechts.) Die Einbeziehung der freien Be⸗ rufe in die Gewerbesteuer würde kein nennenswertes Ergebnis ge⸗ habt haben. (Lebhafter Widerspruch im Zentrum und bei der Wirtschaftspartei.) Sie selbst (zur Wirtschaftspartei) haben ja nicht einmal geschlossen dafür gestimmt. (Widerspruch bei der Wirt⸗ chaftspartei.) Ich habe selbst gehört, wie Ihr Fraktionsvor⸗ itzender Ladendorff seinen Fraktionsfreund, den Rechtsanwalt Rhode, von der Abstimmung entband. (Zurnfe bei der Wirtschaftspartei.) Die Deutschnationalen hätten gegen eine Neuregelung der Gewerbesteuer nichts einzuwenden, verfolgten aber dabei das Ziel, vor allen Dingen die öffentlichemn werbenden Betriebe steuerlich endlich den Privatbetrieben gleichzustellen, damit die unlautere Kon⸗ kurrenz für den Mtttelstand aufhöre. (Zustimmung rechts.) Weiter träten sie für eine umfassende Warenhausstener und eine stärkere Filialsteuer im Interesse des mittelständlerischen Handels und Gewerbes ein. (Zuruf bei der Wirtschaftspartei: „Sie haben ja lange genug im Reichskabinett gesessen und diese Forderungen ebensowenig erfüllt wie die Zwangswirtschaft aufgehoben!“ — Er⸗ regte Zwischenrufe bei den Deutschnationalen.) Ihr (zur Wirt⸗ schaftspartei) Finanzminister in Sachsen hat zum großen Er⸗ staunen der Mittelständler auf die ganz konkrete Frage, ob er nun nicht die Wohnungszwangswirtschaft beseitigen wolle, auch er⸗ widern müssen, eine sofortige Beseitigung der Wohnungszwangs⸗ wirtschaft könne nicht in Frage kommen, sondern nur ein Abbau Zug um Zug, wie Neuwohnungen erstellt werden. (Lebhaftes Hört, hört! rechts.) Wenn nicht eine tragbare Gestaltung der Ge⸗ werbesteuer erzielt werde, sei mit dem schärfsten Widerstande wahr⸗ scheinlich nicht nur der Deutschnationalen zu rechnen. (Beifall
Abg. Kölges (Zentr.) bedauert, daß der Einspruch des Staatsrats es ersordeckich mache, sich noch einmal mit der Ge⸗ werbesteuer zu beschäftigen. Er stelle ausdrücklich fest, ein großer Teil seiner Fraktion sei der Auffassung, daß der Staatsrat übereilt gehandelt habe, indem er vor allem die Gemeinden geschädigt 8 Die Erregung über den Antrag auf Einbeziehung der reien Berufe sei unverständlich, denn er sollte nur bezwecken, den Teil der Mitbürger, die ihrem Erwerbe frei nachgingen, mit zu den kommunalen Lasten heranzuziehen. Dieser Antrag hätte nur eine Etappe sein sollen auf dem Wege zu dem Endziel, die Gesamt⸗ heit der Bürgerschaft, soweit sie materiell dazu in der Lage ist, zu den Lasten der Gemeinden heranzuziehen; denn wer Nutznießer sei, habe auch Pflichten. (Zustimmung im Zentrum und bei den Demokraten.) Wenn der Abg. Hecken vorhin so entschieden gegen die Einbeziehung der freien Berufe aufgetreten sei, müsse man ihn daran erinnern, daß nicht weniger als 21 Deutschnationale für die Einbeziehung gestimmt hätten. Zu mir, so erklärt der Redner, sind sogar deutschnationale Abgeordnete gekommen, um mir ihre Anevkennung dafür auszusprechen, daß ich die Einbeziehung der freien Bevufe in die Gewerbesteuer beantragt habe (Lebhaftes Hört, hört!) Auch draußen im Lande haben Sie (zu den Deutsch⸗ nationalen) diese Einbeziehung als eine gerechte Forderung des Mittelstandes bezeichnet. Wo bleibt nun die Konsequenz? (Seh gut! im Zentrum. — Erregte Zurufe bei den Deutschnationalen:
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