Reichs⸗ und Staatsanzeiger Nr. 73 vom 27. März 1930. S. 2.
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hindern, den Beamten dem Staatsministerium zur Beförderung vorzuschlagen, wenn er sich nur sonst für die in Aussicht ge⸗ nommene Stelle eignet. Ebenso wie ich bestrebt bin und es als einen Gewinn für die Rechtspflege betrachte, daß die Beamten⸗ schaft der Justizverwaltung — auch im höheren Dienst — sich aus möglichst allen Schichten der Bevölkerung rekrutiert, halte ich es auch für einen Vorteil, wenn die verschiedenen Partei⸗ anschauungen innerhalb des Beamtenkörpers vertreten sind. Am wenigsten wird daher behauptet werden können, daß ich mich bei meiner Personalpolitik von einseitigen Anschauungen leiten ließe. Im übrigen habe ich den Eindruck, daß die Bevölkerung sich manchmal allzusehr mit einzelnen Beamten beschäftigt; auf diese Weise entstehen leicht Gerüchte, die sich allmählich zu einer be⸗ stimmten Behauptung verdichten, bei einer Nachprüfung aber sich als unzutreffend erweisen. So habe ich in der kurzen, seit den Beratungen unseres Haushaltsplans im Hauptausschuß ver⸗ gangenen Zeit feststellen können, daß manche gegen Beamte meiner Verwaltung erhobenen Vorwürfe unzutreffend waren. Ins⸗ besondere habe ich feststellen können, daß die Mitteilung, beim Land⸗ gericht Halberstadt hätten sich vom Landgerichtspräsidenten bis zum Heizer insgesamt 47 Beamte in die Listen für das Volks⸗ begehren eingetragen, nicht richtig ist. Endlich sei mit Rücksicht auf den schon erwähnten Aufsatz noch bemerkt, daß es in meiner Berwaltung offiziöse Verlautbarungen über die Parteizugehörigkeit beförderter Beamten nicht gibt; wenn gleichwohl in der Presse auf die Parteizugehörigkeit und auf sonstige persönliche Eigenschaften eines Beförderten hingewiesen worden ist, so stehe ich diesen Veröffentlichungen völlig fern und bedauere sie nach mancher Richtung hin.
Nun noch einige Worte über die Parität in der Justiz⸗ verwaltung. Man wird sich daran gewöhnen müssen, daß ich von dem Bestreben nicht ablasse, altes Unrecht, das in dieser Bezlehung früher begangen worden ist, wieder auszugleichen (bravo! im Zentrum); niemand aber braucht zu be⸗ fürchten, daß ich in den umgekehrten Fehler verfallen könnte, die früher bevorzugte Kon⸗ session jetzt in unbilliger Weise zurückzusetzen. (Bravo! im Zentrum. — Rufe bei der Deutschnationalen Volks⸗ partei: Siehe Rheinland!) Nun kommt wieder der Einwurf: Siehe Rheinland. Gemeint ist natürlich der Kölner Oberlandes⸗ gerichtsbezirk. Die Landgerichtspräsidenten dieses Bezirks habe ich nicht ernannt. Ich bitte abzuwarten, bis dort eine Vakanz eintritt. Ich habe im vorigen Jahre eine Konfessions⸗ statistik vorgelegt, die den schlüssigen Beweis dafür erbracht hat, daß ich die Grundsätze der Parität nach bestem Wissen und Gewissen gerecht anwende. Eine solche Statistik ist bisher von keinem anderen Ministerium vorgelegt worden. Diese Statistik ist auch im vorigen Jahre von niemandem bemängelt worden, sie steht jedem Kollegen, der meine Angaben nachprüfen will, zur Einsicht offen. Ich bedaure es, daß über die paritätische Zu⸗ sammensetzung meiner Beamtenschaft immer noch falsche Vor⸗ stellungen zu bestehen scheinen und immer wieder unrichtige An⸗ gaben gemacht werden. So taucht z. B. immer wieder die irrige Behauptung auf, der Kammergerichtspräsident sei katholisch. Nicht nur der Kammergerichtspräsident, sondern auch der Generalstaatsanwalt beim Kammergericht, der Präsident des Strafvollzugsamts in Berlin und die drei Berliner Landgerichts⸗ präsidenten sind evangelischen Glaubens und nur der Präsident des Amtsgerichts Berlin⸗Mitte ist katholisch. Wenn unter diesen Umständen im Kammergerichtsbezirk, der unter seinen Einwohnern weit über eine halbe Million, genau 542 000 Katho⸗ liken zählt, die freigewordene Stelle des Vizepräsidenten beim Kammergericht, deren jetziger Inhaber katholisch ist, mit einem — übrigens für seinen neuen Posten ganz besonders geeigneten — Katholiken besetzt wird, so glaube ich wirklich nicht, daß hierdurch der Grundsatz der Parität verletzt wird. (Ab⸗ geordneter Gehrmann [Harburg]!: Nehmen Sie Dissidenten; dann braucht keiner zu schimpfen! — Heiterkeit.)
Ich möchte ferner noch einmal die Behauptung richtigstellen, von den 19 Oberlandesgerichtspräsidenten seien neun katholisch und nur vier evangelisch; in Wirklichkeit ist es nämlich gerade umgekehrt, neun Chefpräsidenten sind evangelisch und nur vier katholisch, also fast genau der Parität entsprechend. Ebenso ist die Besetzung der Oberlandesgerichtspräsidentenstelle in Frankfurt g. M. als angebliche Verletzung der Parität kritisiert worden Ich habe bereits im Hauptausschuß darauf hingewiesen, daß die Bevölkerung des Oberlandesgerichtsbezirks entgegen anders lautenden Angaben zu 43,03 vH katholisch und zu 52,73. vH evangelisch ist und daß sämtliche leitenden Stellen der Justiz in Frankfurt, nämlich der Generalstaatsanwalt, der Vizepräsident des Oberlandesgerichts, der Landgerichtspräsident, der Ober⸗ staatsanwalt und der Amtsgerichtsdirektor evangelischen Glaubens sind. (Hört, hört! im Zentrum.)
In ähnlicher Weise würde ich auch sonstige Klagen über ver⸗ meintliche Verletzung der Parität richtigstellen können; soweit aber etwa an einzelnen Stellen tatsächlich noch Unebenheiten bestehen sollten, werde ich nach wie vor auf ihre Beseitigung bedacht sein.
Wenn ich meinen schon im Hauptausschuß ziemlich eingehend gemachten Ausführungen zu diesen Dingen hier nochmals aus⸗ führlichere Bemerkungen habe folgen lassen, so habe ich dies getan, weil ich die außerordentliche Bedeutung der erörterten Fragen nicht verkenne und weil es mein Bemühen ist, Beruhi⸗ gung und Vertrauen in der Beamtenschaft herbeizuführen. Wenn dieses Ziel erreicht werden soll, so gehört dazu aber auch, daß wir in der Erörterung der Ver⸗ hältnisse endlich einmal zur Ruhe kommen. Und darum möchte ich bitten.
Lassen Sie mich nun noch mit wenigen Worten auf einige sachliche Arbeiten eingehen, die im Augenblick im Vorder⸗ grund unseres Interesses stehen. Bei der besonderen Bedeutung, die der Strafrechtspflege in der heutigen Zeit in der Oeffent⸗ lichkeit zukommt, ist es nach wie vor Gegenstand unserer besonderen Sorge, gerade auf diesem Gebiete einen Zustand zu schaffen, der allen als berechtigt anzuerkennenden Anforderungen gerecht wird. Wie Sie wissen, lege ich seit jeher besonderes Gewicht darauf, daß die Schöffen und Geschworenen möglichst gleich⸗ mäßig aus allen Schichten der Bevölkerung herangezogen werden und daß insbesondere die werktätige Bevölkerung dabei
nicht zu kurz kommt. (Zurufe bei den Kommunisten.) Einen Augen⸗
blick! Ich nenne Ihnen gleich die Zahlen. Schon im vorigen Jahre konnte ich mitteilen, daß die Beteiligung der arbeitenden Bevölkerung an den Aemtern der Schöffen und Geschworenen durchweg eine angemessene sei. Die Statistik, die für das Ge⸗ schäftsjahr 1930 aufgestellt worden ist, läßt erkennen, daß die Beteiligung der werktätigen Bevölkerung etwa im gleichen Um⸗ fange erfolgt wie im Vorjahre. Der Durchschnittsanteil der Arbeiter an der Gesamtzahl der zum Laienrichteramt aus⸗ gewählten Personen beläuft sich bei den Geschworenen, Straf⸗ kammer⸗ und Schöffengerichtsschöffen auf etwa 30 vH, wobei der Prozentsatz bei den einzelnen Laienrichterämtern gelegentlich etwas nach unten und nach oben abweicht. Den größten Prozent⸗ satz weist auch in diesem Jahre wieder der Oberlandesgerichts⸗ bezirk Hamm auf, in dem eine Beteiligung der arbeitenden Be⸗ völkerung von etwa 40 vH errreicht wird. Dem Wunsche des Landtags, der eine Erhöhung der Entschädigungen für die Laienrichter herbeiführen wollte, konnte leider nicht in vollem Umfange Rechnung getragen werden. Die Vor⸗ schläge, die zur Erfüllung dieses Wunsches seitens der Justiz⸗ verwaltung der Finanzverwaltung gemacht worden sind, hätten einen jährlichen Mehraufwand von etwa 300 000 RNM erfordert; unter der Not der Zeit konnte die Bewilligung auch dieses Be⸗ trages nicht erfolgen. Dagegen ist seit September v. J. eine Regelung in Kraft, die vorsieht, daß allen Laienrichtern die Kosten für die Benutzung der 2. Klasse erstattet werden (Bravo! links); wie früher bereits darauf hingewiesen worden ist, daß bei der Frage der Entschädigung für einen etwaigen Verdienst⸗ ausfall der Laienrichter nicht kleinlich verfahren werden solle, so habe ich auch im November v. J. die mit der Festsetzung der Entschädigungen für die Laienrichter betrauten Beamten an⸗ gewiesen, bei der Gewährung von Fahrkosten nicht kleinlich zu verfahren und den Wünschen der Laienrichter auf Ersatz ihrer Fahrkosten zur Vermeidung von Härten im Rahmen der gesetz⸗ lichen Grenzen möglichst entgegenzukommen.
Bei der Frage, ob man den Weg des § 153 StpPO., der
das Legalitätsprinzip durchbricht und die Möglichkeit gibt, daß“⸗
geringfügige Delikte unter besonderen Umständen nicht verfolgt werden, weiter beschreiten soll, bin ich gelegentlich einer Be⸗ sprechung mit den Generalstaatsanwälten und in voller Ueber⸗ einstimmung mit ihnen zu dem Ergebnis gelangt, daß es sich empfiehlt, von der Vorschrift des 6 153 künftig in wesent⸗ lich weiterem Umfange als bisher Gebrauch zu machen.
(Beifall.) Generelle Richtlinien darüber, nach welchen Gesichtspunkten § 153 zu handhaben sei, lassen sich indessen bei der Vielgestaltig. keit der Fälle nicht treffen; auch wird bei bestimmten Gruppen von Straftaten, z. B. den politischen Strafsachen und Verstößen gegen soziale Gesetze Zurückhaltung zu üben sein. Erfreulicher⸗ weise kann auf Grund statistischer Erhebungen bereits festgestellt werden, daß im 3. Kalendervierteljahr 1929, welches auf die Besprechung mit den Generalstaatsanwälten folgte, eine Steige⸗ rung der Fälle eingetreten ist, in denen wegen Geringfügigkeit von der Strasverfolgung Abstand genommen wurde. Ich hoffe, daß diese Entwicklung anhalten wird.
Nach wie vor bin ich weiter bemüht gewesen, die Zahl der Anklagen wegen Verletzung der Eides⸗ pflicht zu vermindern und auf eine Einschränkung in der Abnahme von Eiden hinzuwirken. Durch eine Allgemeine Verfügung vom April 1929 ist den Staatsanwalt⸗ schaften zur besonderen Pflicht gemacht worden, in Strafsachen wegen Verletzung der Eidespflicht den Sachverhalt, namentlich nach der subjektiven Seite besonders eingehend aufzuklären und nach Abschluß der Ermittelungen sorgfältig zu prüfen, ob eine Verurteilung mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist und deshalb die Erhebung der Anklage gerechtfertigt erscheint. Ich habe an Hand einer Entscheidung des Reichsgerichts, die Ihnen ja be⸗ kannt ist, ferner darauf hingewiesen, daß es schon nach dem gel⸗ tenden Recht von besonderer Bedeutung sein könne, ob die beschworene Aussage nur einen unerheblichen Umstand betraf. Kann diese Frage bejaht werden, so wird regelmäßig besonders zu prüfen sein, ob der Täter überhaupt bei wissentlichem Mein⸗ eid den erforderlichen Vorsatz gehabt hat und ob es bei fahr⸗ lässigem Falscheid an der Voraussetzung der Fahrlässigkeit etwa fehlt. Bei der Bedeutung der Anklagen wegen Verletzung der Eidespflicht habe ich ferner angeordnet, daß die Oberstaats⸗ anwälte und Leiter der Amtsanwaltschaften persönlich die Gegen⸗ zeichnung der Anklagen zu übernehmen haben.
In Strafverfahren sind die Vorschriften, ob ein Zeuge oder Sachverständiger zu beeidigen ist, für den Richter zwingend. Eine Verminderung in der Abnahme von Eiden läßt sich daher in Strafsachen nur schwer erreichen. Dagegen kann in Zivilsachen die Beeidigung von Zeugen und Sachverständigen unterbleiben, wenn die Prozeßparteien auf die Beeidigung ver⸗ zichten. Da auf diesem Wege eine Herabsetzung der Zahl der Eidesleistungen erreicht werden kann, habe ich durch eine Ver⸗ fügung vom November v. J. auf die Möglichkeit des Verzichts seitens der Prozeßparteien besonders hingewiesen und die Richter darauf aufmerksam gemacht, daß sie durch Befragen der Parteien, ob diese auf die Beeidigung von Zeugen verzichten wollen, auf eine Vermeidung entbehrlicher Eidesleistungen hinwirken können. Endlich habe ich in dieser Verfügung die Richter daran erinnert, daß ein Verzicht auf die Eidesleistung für die Parteien erschwert wird, wenn die Beweisaufnahme nicht selbst vor dem Prozeß⸗ gericht oder dem beauftragten Richter erfolgt, sondern durch den ersuchten Richter eines anderen Gerichts vorgenommen wird. Bei der Frage, ob die Beweisaufnahme durch das Prozeßgericht selbst oder durch einen ersuchten Richter erfolgen soll, wird deshalb auch die Möglichkeit eines Verzichts auf die Eidesleistung künftig berücksichtigt werden.
Schon im September v. J., als in Versammlungen und durch Wanderredner vielfach Straftaten gegen den Staat durch Beschimpfungen schwerster Art begangen wurden, habe ich durch eine Rundverfügung mit Nachdruck an⸗ geordnet, daß in diesen Fällen die Strafverfolgung beschleunigt werden müsse, wenn anders die Durchführung eines Straf⸗ verfahrens gegen den Täter nicht vereitelt werden solle. Ich habe
bereits damals einige Mittel genannt, mit denen das Beschleunigung erreicht werden könne. In der Hauptsache in Betracht, daß Beschuldigte und Zeugen unter Ver
raubender Ersuchen möglichst durch den Sachbearbeiter der d
anwaltschaft selbst zielbewußt vernommen werden. (Sehr
Die Erfahrungen, die wir mit der erwähnten Verfügun
haben, werden mir Anlaß geben, schon in nächster Zeit
gemein auf eine beschleunigte Ddurchführung Strafsachen hinzuwirken. Das Ziel der Beschleunigun erreicht werden, wenn die Aufklärung des Sachverhalts voller Ausnutzung der zur Verfügung stehenden technischen mittel, aber unter Beschränkung auf das We liche (sehr richtigk) und unter Abtrennung Nebensächlichen, zielbewußt durchgeführt wird.
hier werde ich darauf hinweisen, daß, wenn nicht
hebliche räumliche Schwierigkeiten entgegenstehen, die pen Vernehmung der Beschuldigten, Zeugen und Sachverste zu einer Verminderung der Arbeitslast und zu eing schleunigung der Verfahren beitragen kann. In einfach
den Sachen wird es meiner Ansicht nach sogar möglich sen
förmliche Protokolle über das Ergebnis der Ermittlung verzichten, den Sachverhalt mit den Beteiligten nur münd besprechen und das Ergebnis dieser Besprechung in einen merk schriftlich niederzulegen; da dieses letztere Verfahre der bisherigen Uebung abweicht, wird es vielleicht zwe
sein, es zunächst nur versuchsweise und unter Ueberwas
durch den Oberstaatsanwalt einzuführen. Eine Beß⸗ gung der Strafsachen erwarte ich ferner davon, daß Ante Ersuchen, die von verschiedenen Behörden und Gerichten werden müssen, möglichst nicht nacheinander, sondern zeitig erlassen werden. Wenn dann z. B. von einen nehmungsprotokoll zugleich mehrere Purchschläge ül werden, so können diese bei etwas später zu stellend suchungsschreiben beigefügt werden, während die Akten se⸗ Verfügung der Staatsanwaltschaft bleiben und nicht hi
herwandern. Endlich haben die Wahrnehmungen in de
ledigung von Strafsachen gezeigt, daß besonders durch d holung von Sachverständigengutachten Verzögerungen ei (Sehr richtig!) Das ist ein sehr ernstes Kapitel. Ja
sichtige deshalb, nicht nur eine sorgfältigere Auswahl der 2
verständigen den Gerichten ans Herz zu legen, sonder darauf hinzuweisen, daß es sich in Fällen besonders starke zögerung empfiehlt, den Sachverständigen durch seine vorgesetzte Behörde oder eine für ihn etwa zuständige g⸗ Vertretung zur Abgabe des Gutachtens anhalten zu lassen richtig!') Ich hoffe, daß durch eine Verfügung der em Art eine Beschleunigung der Strafverfa insbesondere auch der sogen. Monstreprozesse, erreicht wie Strafsachen, in denen besonders umfangreiche und vi Straftaten zu bearbeiten sind, wird m. E. der § 154 S. mehr als bisher zu beachten sein. Wenn Hauptgegenstan Verfahrens eine Straftat bildet, wegen derer voraussicht. schwere Strafe zu erwarten ist, so kann unter Umständ der gleichzeitigen Verfolgung einer verhältnismäßig n lichen Rechtsverletzung abgesehen werden (sehr richtigte die wegen dieses Deliktes zu erwartende Strafe nes weiteren Bestrafung kaum oder gar nicht ins Gewich⸗ würde. (Sehr richtig!) Die sogenannten Monstre⸗ nehmen nicht nur in übermäßiger Weise die Kräfte
ihnen befaßten Beamten in Anspruch, sondern verursach dem Staate nicht unerhebliche Kosten. Wir haben eb darüber eine Enquête veranstaltet, und ich bin über die S. die ich in den Berichten gelesen habe, recht erstaunt. Die der großen Prozesse sind doch recht erheblich. Soweit: Beeinträchtigung des Rechtsschutzinteresses der Oeffentlich schehen kann, sollten daher Monstreprozesse auf einen md Umfang begrenzt werden.
Ich glaube mich keinem unberechtigten Optimismus geben, wenn ich zum Schluß dieser Ausführungen 8 Strafrechtspflege meine Ansicht dahin zum Ausdrutt ürir die Bemühungen der Justizverwaltung um eine rung der Strafrechtspflege schon von einem ni unterschätzenden Erfolg begleitet gewesen find. Dies n einmal dadurch, daß Urteile, die in politischen Str ergangen sind, längst nicht mehr in der gleichen Zahl wie Anlaß zu wenig erfreulichen Erörterungen im Parlament der Oeffentlichkeit geben. Einen weiteren Beweis für Auffassung glaube ich auch darin zu sehen, daß die Tüt der Gerichte in der Presse erfreulichermweise i mehr eine sachliche Kritik findet, und daß der un lichen, von innerer Unabhängigkeit getragenen Tärtigkeit Richter, besonders auf dem Gebiete der Strafrechtspflege als früher verdiente Anerkennung zuteil geworden ist. Obuch: Rosarote Brille! — Heiterkeit.) Es stellt sich imm heraus, daß die Presse, wenn sie sich bemüht, den schwierig gaben der Justiz Verständnis entgegenzubringen und ihr sachlich zu gestalten, von den Justizorganen am eheften wird und bei ihnen Nachdenken hervorruft. Daß vdiefe er Gestaltung der Beziehungen zwischen Justiz und Pref zuletzt auch als ein Erfolg der Justizpressestellens ist, begrüße ich mit besonderer Genugtuung, da ich hierms Hoffnung bestätigt finde, daß die Einrichtung unn Nur⸗ stellen zu einer befruchtenden Wechselwirkung zwischen vr Presse führen möge, 8
Nur kurz sei noch erwähnt, daß wir aller Vorausfir demnächst einen erheblichen Schritt auf dem Wege der Be heitlichung der Berliner Strafgerüichtsbe und der drei Herliner⸗Staatsanwaltschaft wärts tun können, Wir haben, um dieses Ziel auf de waltungswege erreichen zu können — sonst müae es an
—, beantragt, daß schon in de⸗
das jezt bem Reichsrat vortegt, enee.
die es ermöglicht, einem Lat
die Erlebigung von Strafsachen für den Besia nesheere gerichte zu Ubertzegen. Wird diese Bestimmung en erhebliche Bedenkten fort, die bisher der Vercinheitne in Berlin en “
vie jett von den Londgerichten 1, 11, 111 Berlin beutbe itete abch bei Anea Laugericht besammenfafser.
Reichs⸗ und TCtaatsauzeiger Nr. 73 vom 27. März 1930. S. 3.
ch daraus von selbst, daß auch nur bei diesem Landgericht eine einheitliche Staatsanwaltschaft zu bestehen braucht.
Daß der Gesetzentwurf über die Auflösung der äter in zweiter Lesung und eben in dritter Lesung ngenommen worden ist, hat mich mit besonderer erfüllt; ich bin sehr dankbar, wie ich es schon in der vorigen Woche ausgesprochen habe, für die große und starke Mit⸗ arbeit, die im Ausschuß geleistet worden ist.
Im Hauptausschuß haben der Berichterstatter und der Vor⸗ des Rechtsausschusses Anlaß genommen, mir und den s Ministeriums Dank und Anerkennung für die vertrauensvolle Zusammenarbeit im abgelaufenen Geschäftsjahr Auch mir ist es ein besonderes Bedürfnis, zum Ausdruck zu bringen, daß wir dem Herrn Vorsitzenden und den Mitgliedern des Rechtsausschusses zu herzlichem Dank ver⸗ lichtet sind für die von ihnen geleistete mühe⸗ und wertvolle Arbeit sowie für das rege Interesse und das große Verständnis, das sie unseren Aufgaben entgegengebracht haben. Mitgliedern des Hauptausschusses darf ich meinen Dank dafür aussprechen, daß sie uns bei der Beratung des Justizhaushalts in reichem Maße wertvolle Anregungen gegeben haben. Wenn ich bei meinen heutigen Ausführungen nicht auf alle im Haupt⸗ ausschuß zur Sprache gebrachten Angelegenheiten eingegangen bin, daß dies bei der Fülle des Materials nicht wohl möglich war; ich bitte aber andererseits überzeugt zu sein, daß wir jeder Anregung nachgehen werden. Soweit es gewünscht wird, bin ich auch gern bereit, im Laufe der Debatte noch zu einzelnen Punkten Stellung zu nehmen. hafter Beifall.)
Abg. Brückner (Soz.) erörtert in der Aussprache die Be⸗ insbesondere des Arbeitsgerichts
Famili engi⸗ fast einstimig a
derren meine
auszus prechen.
berücksichtigen,
deutung der Arbeitsgerichte, Die Räume seien völlig unzureichend. Berlin seien die Zustände unhaltbar. preußische Kriegsministerium zur Verfügung stellen. Der Redner fritisiert einen Prozeß vor dem Arbeits Hausangestellte klagte. Arbeitgeberin erhalten.
Besonders in Man solle das ehemalige
— richt Berlin. Sie hatte zwei e Das Gericht aber wies die Klage ab, weil der angeführte Grund der Mißhandlung als nicht e angesehen worden sei. (Hört, hört! links.) fort Gerichte müßten Mit den Vorschlägen zur
Redner fuhr dann endlich zusammengelegt Neuorganisation des Gerichts⸗ vwesens könne man im allgemeinen einverstanden sein, so mit der Erhöhung der Berufungsgrenze und mit der Betreuung mehrerer Beim Armenrecht müßten swüchse beseitigt und eine schärfere Prüfung der Voraus⸗ Das System der Bewährungs⸗ t habe dazu beigetragen, Straffällige vor weiterem Abstieg in Die bekanntgewordenen Fehl⸗ eile sollten doch endlich dazu führen, daß man die Todesstrafe Die Richter müßten vom Vertrauen des Volkes werden; sie müßten Menschlichkeit und soziales Emp⸗ Leider sei das nicht allgemein festzustellen. Juristentagung habe der Landgerichtspräsident Herr⸗ un jedenfalls ausgezeichnete Worte gefunden für die E aften, die einen Richter aus Grafen Christian zu Stolbverg sei Volksmeinung sei e Fahrlässigkeit angenommen habe. fängnis verurtei logem Tatbestan
einen Richter. tungen vorgenommen werden. Verbrechertum zu bewahren.
lich beseitige.
Der Prozeß gegen nicht völlig aufgeklärt; ine andere als das Urteil des Gerichts, Er wurde zu 9 Monaten anderem Falle mit eden seien. r erörtert
zeichnen sollen.
d 12 Jahre Zuchthaus verhängt wo srt, hört! bei den Sozialdemokraten.) 6 ter die noch immer grassierende Meineidsseuche und trägt eine in denen die schwersten Strafen wegen t worden seien. nicht kommen dürfen. des Land⸗
ihe von Fällen vor, 8 aupteter Verletzung des Eides verhäng Vereidigung überhaupt eine Reihe von Urteilen die an Objektivität viel zu kritisiert zum Schluß das Nationalsozialisten nahestehen.
auf die Beratung um die Beratung der Gewerbe⸗ Ausschuß⸗
te es zu einer sondere Kritik fordere ichtsdirektors Sperling heraus, uschen übrig ließen. rhalten von Richtern, die den Das Haus unterbricht hier bstimmungen zu uer vorzunehme asung Annahme. nbeziehung der freien Berufe auf sung für die Ausübung und Tä d der reinen Wissenschaft gewi ner wird nach dem Gewerbeer bital, bei den freien Vorgesehen is die freien Berufe. chnung des nachgewiese auf den Gewerbeertrag vor. Namentlich abgestimmt wird über die zutschnationalen und der eilassung der Konsumvere ctträge werden abgelehnt. nträge werden abgelehnt. Der deutschnationale erwaltungskostenbe „lung mit 187 gegen 175 b esen. Die Abstimmung über die Entschließ dritten Lesung statt. Damit ist die zweit Sewerbesteuervorlage beendet. Das Haus setzt die Aussprache zum
Der Redner
r zweiten Die Vorlage findet in der Bekanntlich hat der Hauptausschuß die genommen unter Frei⸗ die der reinen Kunst dmet sind. Die Gewerbe⸗ trag und dem Gewerbe⸗ Berufen jedoch nach dem reinen E t eine Freigrenze von 6000 RM Die Vorlage selbst sieht die An⸗ nen vorjährigen Gewerbeverlustes
e Anträge der Volkspartei, steuerliche ine zu streichen.
die übrigen Aenderungs⸗
Antrag auf Erhebung ei itrages wird durch 2 Stimmen dem Ausschuß über⸗ ungen findet in e Beratung der
Justizhaushalt daß der Richterstand in
Anerkennung ver⸗ in Fehlurteil vorkomme,
Abg. Lüdicke (D. Nat.) erklärt, ner Unparteilichkeit und ne. Wenn hier und da einmal e dem Gesamturteil Klage müsse die Rechte Beförderungen Redner trägt eine zu zeigen, wie einseitig in der stizverwaltung ver ügung eines Oberlandesge gegen einen Aufsatz des Freiherrn von rift der Deutschen Adelsgenossenschaft richte ersucht, ob er der Adelsgenossen rtikel mißbillige. rilkel persönliche Verunglimpfungen thalten habe, und rügt das Vorgehen gegen a nach der politi diene auch schar sichtlich ihrer politi irden, und wenn beispielsweis uner Zeitungen durch
flichttreue ho
dere das an aischen Richterstand nichts. Zurücksetzung deutschnationaler Beamten d Berufungen in leitende ihe von Fällen vor, um alpolitik auch in der Ju⸗ tisiert die Ver
sahren werde. E chtspräsidenten, die Medem in der Zeit⸗ t und einen Richter schaft angehöre und ekt, daß dieser der Staatsregierung nicht den Richter, in sschen Gesinnung geforscht werden e Kritik, wenn heute allgemein chen Haltung einer e die Benutzung be
Der Redner beme
Prüfung unterzogen stimmter Ber⸗ unterbunden werden ollzieher dienen dem igängig zu machen. lätter an polililsche i auch eine Verfügung erscheinenden
ie Gerichtsvollzie eröffentlichungen der Geri⸗ deck, An geigen den interessierten Kreisen lei völlig unzulässig, die Auswahl der etzungen zu knüpfen. 3 Justizministers, die im Ve atungen zu Veröffentlichn
enutzen. Wenn der Minister,
Unhaltbar se rlag August Scherl ugen der Juftizverwaltung nich wie es geschehen
Fünber habe, er vertraue darauf, . diese Anweisung berück⸗ tigt werde, dann komme das geradezu einer amtlichen An⸗ ordnung gleich; die Beamten könnten daraus schließen, daß bei Nichtbeachtung sie Zurücksetzungen erfahren würden. enn man im übrigen von Hetze spreche, o sfolle man sie doch den „Vorwärts“ und das „Berliner Tageblatt⸗ ansehen, die hierin erheblich mehr lessteten. Der Redner wendet sich hierauf der Erörterung des Haushaltes selbst zu. Angesichts der geplanten Neuerungen in der Rechtspflege ver⸗ weist er auf die Gefahren, die für die Justiz durch das Experi⸗ mentieren gegeben seien. Bedenken 2 er vor allem i die Erhöhung der Berusungssumme in dieser geldknappen Zeit und gogen die Erweiterung der anusgerichtlichen Zuständigkeit. Hierzu seien wohl nicht einmal die Anwaltskammern gehört worden. Er bitte den Minister, zur Vereinfachung des Bagatell⸗ verfahrens einfach bei den größeren Gerichten Bagatell⸗ abteilungen einzurichten, denen erfahrene ichter vorsitzen müßten. Die Aufhebung kleiner Amtsgerichte könne man in dieser schweren 82 weder den kleinen Städten selbst noch der Wirtschaft in diesen Gebieten zumuten. Zu bezweifeln sei auch, ob sich der Plan der Stärkung der ein Ficheefller Funktionen nach englischem Vorbilde bei uns bewähren könne. Durchaus ge⸗ rechtfertigt sei an sich, den hohen Betrag von 20 Millionen für Armenrechtsgebühren im Etat herabzusetzen, aber schon eine sorg⸗ fältige Prüsung der Armenrechtsankräge würde eine solche Ver⸗ minderung dieser Kosten bringen, daß allein dadurch die erwünschten 10 Millionen eingespart werden könnten. Der Redner wünscht auch im Fseresf sparsamerer Gestaltung der Justiz, daß, wie bei den rofessoren, auch für die Richter die Altersgrenze vom 65. auf das 68. Lebensjahr erhöht werde. Er müsse sich weiter gegen eine zu weitgehende und ungerechte Handhabung der Bewährungsfrist wenden. So habe man einem 12 mal Vorbestraften, der abermals wegen Unterschlagung vor Gericht stand, Bewährungsfrist gegeben gen einen jungen, unvorbestraften und besserungsfählgen Pien chen in Halle zu zwei Monaten Gefängnis ohne Gnadenerweis verurteilt. Das sei wohl nur geschehen, weil dieser junge Mensch den Staat be⸗ mpft habe. Er frage den *21 1 ob es zutreffe, daß auf zunsch des Justizministeriums die Verunglimpfung einer Fron⸗ leichnamsprozession in Königsberg d richterlichen Straf⸗ befehl mit nur 1000 Mark ndet worden sei, was das Ministerium noch auf 150 Mark euxmäßigte, obwohl hier Ge⸗ fängnis am Platz esen wäre. (Sehr wahr! bei den Deutsch⸗ nationalen.) Der Redner verlangt weiter u. ga. Reform des Aktienrechts im Interesse des Schutzes der Minderheit, Bei⸗ behaltung der Todesstrafe und Freigabe der Schlägermensuren. Abg. Rhiel⸗Fulda (Zentr.) weist darauf hin, daß im Ausschuß anerkannt sei, in wie vorbildlich sparsamer Weise der Haushalt der Zustisverwaltung aufgestellt sei. Der Zuschuß⸗ —2 sai 1918 habe sich durchaus normal entwickelt, zumal jetzt Positionen im Justizetat sich fänden, die früher woanders gestanden hätten, so die Armenrechts⸗ und Stxraspollstreckungskosten. Nun sei man aber mit der Sparsamkbeit in der Justiz an der 5 Grenze angelangt, über die man ohne Schaden für die Rechts⸗ pflege nicht mehr vhinanegen könne. Schon jetzt würden kleine lmtsgerichte manchmal jahrelang nur von Assessoren verwaltet, die so oft wechelten, daß kein rechtes Vertrauensverhältnis zu den Gerichtseingesessenen sich bilden könne. Auch die technische Aus⸗ stattung der kleinen Gerichte lasse viel zu wünschen übrig. Man müsse gerade dort u. a. . eine ausreichende Bibliothek sorgen, denn der Einzelrichter habe nicht die Möglichkeit, sich mit Kollegen zu besprechen. Bedenken habe er, der Redner, gegen den Vorschlag, daß Amtsrichter für mehrere Amtsgerichtsbezirke als zuständig erklärt werden sollen; was eventl. dadurch an Ersparnis zu erzielen sei, würde den Gerichtseingesessenen in zu hohem Maße als 2 ela tung auferlegt. Er hoffe, daß die Reformvorschläge aus der Reichsberatung in einer etwas gemilderteren Form hervor⸗ ehen werden. Es werde sich allerdings wohl nicht umgehen assen, die Armengebühren herabzusetzen, wenn natürlich auch die Anträge auf Armenrecht, besbee geprüft werden müßten. erforderlich sei die Beschleunigung der Bereinigung des Grundbuchs. Es sei eher so toll, daß der Realkredit darunter leide. Er würde die Einführung des Lose⸗Grundbuchblatts be⸗ Feüßen, allerdings erst nach Bereini ng des Grundbuchs. Eine eform des Aktienrechts im Interesse der Minorität sei nötig. Auch —2 er es für notwendig, die Möglichkeiten für das Wieder⸗ aufnahmeverfahren freier zu gestalten. Zu den vom Vorredner aufgezählten Einzelfällen, . dem Königsberger, wolle er sich nicht äußern, da man im Landtag unmöglich solche Einzelfälle vacbersen könne. Der Justizminister werde 89 diesen Fall nachprüfen lassen. Er freue sich jedenfalls, daß man immer weniger von der Vertrauenskrise in der Justiz höre, und begrüße das als Ergebnis der Wirksamkeit des Fre fil en Frftss nin steüs und seiner Mitarbeiter. Hoffentlich werde bald die Brücke zwischen Volk und Justiz so stark geschlagen, daß die Bevölkerung klar erkenne, daß die Justiz nur zum Wohl der Allgemeinheit da sei. eifall im Zentrum.) Abg. Obuch (Komm.) glaubt, daß Doung⸗Plan und Republik⸗ Schutzgesetz die Grundlagen bestimmen würden, auf denen im nächsten Jahr die Justiz ausgeübt werde. Alle chönen Reden der Parteien würden es nicht hindern, daß die Justiz gezwungen werde, immer schärfer gegen die werktätige Bevölkerung und gegen die Aermsten der Armen, die Erwerbslosen, vorzugehen. Delsch⸗ land würde heute nicht vor solchem Wirtschaftselend stehen, wenn es den Weg angen wäre, den jener Staat ginge, der in der Rechten das Fehwet in der Linken den Hammer re. Scharf Fütee sei der Plan, sogar unter Usge hung der geltenden schlechten Gesetze das Armenrecht durch Kürzung der Gebühren beschneiden. Denn es sei doch wohl eins der am meisten berech⸗ tigten Volksworte, daß der Arme, auch wenn er noch so sehr in snegs Recht sei, kein Recht erhalte. Unter lebhafter Zustimmung er Kommunisten polemisiert der Redner Gbag egen die einzelnen Bestimmungen des Republik⸗Schutzgesetzes. Mehr als 20 kommu⸗
„nistische Redakteure 8 en schon jetzt abgeurteilt in der —
Gollnow. (Rufe bei den Kommunisten: „Das nennt man resse⸗ Wie die Polizei durch Niederknüppelung von Arbeiter⸗ emonstrationen das gesprochene Wort unmöglich mache, so solle die Justiz auch die gedruckte Verbreitung der Worte verbieten. Charakteristisch für die verworrenen Zustände in der Justiz sei, daß noch heute das Rotfrontkämpfer⸗Verbot ohne richterliche Nachprüfung bestehen könne. Der Redner zählt Einzelbeispiele der Verurteilung von Mitgliedern des verbotenen Rotfront⸗ kämpfer⸗Bundes auf, wobei er von einer niederträchtigen klein⸗ lichen Handhabung der politischen FNustis spricht. Ein Kom⸗ munist sei z. B. verurteilt worden, weil er das Abzeichen des auf⸗ gelösten Roten Frontkämpfer⸗Bundes im Portemonnaie bei sich ge⸗ kragen hätte. (Lebhaftes Hört, hört! bei den Kommunisten.) Während man in dieser gehässigen Weise gegen die Kommunisten vorgehe, sei einer der Brüder Sklarek schon aus der Haft entlassen. (Hört, hört! bei den Kommunisten.) Ter Versicherungsbetrug der rau Regierungspräsident Momm dürfte auch kaum zur Anklage kommen. Auch sei der Fememörder Fahlbusch, der die Morde nicht leugne, schon heute in Freiheit gesetzt, bevor das Verfahren erledigt sei. Angesichts einer solchen Handhabung der Justiz und angesichts der Perspektiven, die das neue Strafgesetzbuch wider für die Füllung der Zuchthäufer biete, sorderten die Kom⸗ munisten Amnestie für die noch immer hinter Kerkermauern sitzenden Proletarier, die wegen göe Ausdrucks ihrer Ueber⸗ zeugung in politisch verwirrten Zeiten verurteilt worden seien. (Beifall bei den Kommnnisten.)
Nach 17 Uhr wird die Weiterberatung auf Donnerstag 11 Uhr vertagt; außerdem Anträge auf Strafverfolgung von Abgeordneten. “
Parlamentarische Nachrichten.
Der Haushaltsausschuß des Reichstags behandelte am 24. d. M. den Nachtragsetat für 1929 des Reichs⸗ finanzministeriums. Vor Eintritt in die Tagesordnung gab r;eee Dr. Moldenhauer nach dem Be⸗ 1-9 des Nachrichtenbüros deutscher Zeitungsverleger folgende Erklärung ab: Vor einiger Zeit sind wiederholt Angriffe gegen das Reichsfinanzministerkum es Inhalts erhoben worden, daß es in Zigarettensteuerangelegenheiten die — von Groß⸗ konzernen gefördert habe, wobei sogar das Wort Korruption ge⸗ fallen ist. Ich habe daraufhin an Hand der gesamten Akten⸗ vorgänge eine genaue Prüfung in allen Einzelheiten vor⸗ genommen, dabei aber nichts gefunden, was geeignet wäre, die erhobenen Vorwürfe irgendwie zu rechtfertigen; ich habe viel⸗ mehr festgestellt, daß alle diese —17 unter meinen Herren Amtsvorgängern nach deren isung in jeder Beziehun völlig einwandfrei beantwortet worden sind. Das trifft auch au den Batschari⸗Komplex zu. Allerdings liegt hier eine gewisse Inkonsequenz insoweit vor, als die Firma Reemtsma schließli aus der Haftung nach § 96 A. O. für die Steuerschulden des Batschari⸗Betriebes entlassen worden ft Mir ist aber keineswegs zweifelhaft, daß mein Herr Amtsvorgänger mit Rücksicht auf die Zuspitzung der politischen Lage im Lande Baden und lediglich deswegen sich zu dieser Ausnahmebehandlung notwendigerweise hat entschließen müssen. Im übrigen ist der Firma Reemtsma in ihren 55 eiten keinerlei Ausnahmebehandlung zuteil geworden, insbesondere hat auch eine ihr zur Last fallende teuerliche Verfehlung, wie ich mich überzeugt habe, eine durch⸗ aus angemessene Abgeltung erfahren; auf keinen Fall ist die Firma in dieser Angelegenheit zu milde behandelt worden. Was die allgemeinen Vorwürfe anlangt, es sei durch die langen Fristen für Zahlung des Steuerwertes bei der Zigarette und durch Begünstigung der Konzentrationsbewegung in diesem Ge⸗ werbe vom Hcinanzminssterium den Interessen der Groß⸗ industrie absichtlich Vorschub geleistet worden, so kann ich dem⸗ gegenüber auf Grund meiner Prüfung der einschlägigen Vor⸗ gänge nur feststellen, daß es nicht auf die Maßnahmen des Reichs⸗ finanzministeriums zurückzuführen ist, wenn die Konzentration in der Zigarettenindustrie soweit fortgeschritten ist. Richtig ist viel⸗ mehr, daß das Reichsfinanzministerium versucht hat, die Fällig⸗ keitsfristen niedrig zu halten und auch durch andere Vor⸗ scchrngen die lebensfähige Klein⸗ und Mittelindustrie n erhalten sich bemüht hat. Bei den Einnahmen wurde festgestellt, daß die vermischten Einnahmen der Landesfinanzämter den Voranschlag um 2,3 Mill. Mark übersteigen. Die Ausgaben für Besoldungen der Landesfinanzämter liegen um 3,4 Mill. Mark unter dem Voranschlag, während für durch nichtbeamtete Kräfte ein Mehrbedarf von 1,3 Millionen Mark entstanden ist. Abg. Dr. Köhler (Zentr.) verlangte dringend die Reform der ganzen Abgabeverwaltung, und zwar nicht nur wegen der Feßr der jetzigen Kosten dieser Verwaltung mit einer halben Milliarde, sondern vor allem angesichts der Tatsache, daß der jetzige Apparat doch nur nach außen hin noch reibungslos funktioniere. Eine durchgreifende Vereinfachung der ll⸗ und Steuergesetze unter Beachtung auch technischer Gesichtspunkte (Vereinfachung der Steuerformulare usw.) sei unerläßlich. Statt dessen lege man dieser nur unter schweren Hemmungen arbeiten⸗ den Verwaltung fortgesetzt neue Lasten auf mit Steuergesetzen, die, oft in größter Eile hergestellt, bei der Ausführung die größten Schwierigkeiten hervorriefen. Die Ueberweisung unaus- gebildeten Personals von abzubauenden Reichsstellen an die Finanzämter schaffe dort zwar eine gewisse Uebersetzung, aber nur an Menschen, nicht aber an Arbeitskräften. Technischer Foll⸗ und Steuerbeamter werde man eben nicht durch ein Pekret der Behörde, sondern nur durch Kenntnisse und Er ahrung. Wer wirtschaftlich sparen wolle, dürfe an diesen Tatsachen nicht vorübergehen, denn ihre Auswirkung sei von größerer Bedeutung für die Allgemeinheit als so manche eifrig propagierte Fortführung der vo⸗ Jahren begonnenen Reform der Verwaltungsorganisation Hand in Hand mit der Reformierung der Gesetze sei unerläßlich. Das Erste ohne das Zweite bleibe Stückwert. Beides zusammen aber müsse sich finanziell sehr gut auswirken. Die Regierung solle Wum Etat 1930 217 Vorschläge unterbreiten. Abg. Norath (D. Vp.) hielt den Ersatz von ausgebildeten Beamten durch vorübergehend eingestellte Hilfskräfte ebenfalls nicht auf die Dauer für tragbar. Abg. Torgler (Komm.) stellte ein Ueberlastung der Beamten in den Finangämtern fest. Die Folge davon sei, 88 eine ordnungsgemäße Bearbeitung der Steuer erklärungen überhaupt nicht möglich sei. Abg. Dr. Schreiber (Zentr.): Der innere Ausgleich der Beamten innerhalb der Landesfinanzämter ist 8 nicht erfolgt. Westfalen ist angesichts seiner großen Arbeitsaufgaben benachteiligt. Wir wollen keine Verteilung der Zahl, aber eine gerechte Ver⸗ teilung. Erträgliche Grenzablösungsverhältnisse müssen ge⸗ schaffen werden. Bei der Einberufung der bayerischer Anwärter könne das Punktesystem nicht allein maß bend sein. Abg. Torgler (Komm.) wiederholte seine ereits im Plenum des Reichstags aufgestellte Behauptung, wonach auf Veranlassung des früheren Präsidenten des Landes⸗ inanzamts Magdeburg, von Schlieben, kurz vor dessen ebertritt in den ‚Reichsverband der Zuckerindustrie“ ver⸗ schiedenen Zuckerindustriellen Steuerrückerstattungen im Ge⸗ SH.ee. von 400 000 Reichsmark gewährt worden seien. eichsfinanzminister Dr. Moldenhauer erklärte, daß sowohl beim Reichsfinanzministerium selbst wie beim Landesfinanzamt ö nachgeforscht wurde, ob irgendwelche Unterlagen für derartige Behauptungen vorhanden sind. Die sorgfältige Nach⸗ beüfund hat ergeben, 229 die Behauptungen jeder Grundlage ent⸗ ren. Herr von Schlieben konnte als Landesfinanzamts räsident überhaupt den Erlaß von Steuern nicht gewähren. Die annn nur das Reichsfinanzministerium selbst. Ueberdies hat die Prüfung ergeben, daß Zuckersteuern in genannter Höhe und in der vom Abgeordneten Torgler bezeichneten Zeit im Bereich des Landes⸗ finanzamts Magdeburg überhaupt nicht zurückerstattet morden sind. Abg. Dr. Hertz (So½¼) betonte, daß er und seine Freunde sich selbstverständlich die Folgerungen nicht zu eigen machten, die von den Kommunisten in bezug auf die Person des früheren Landesfinanzamtspräsidenten von Schlieben gezogen worden seien. Aber ganz abgesehen von der Person des Herr von Schlieben müßse des Eiats der allgemeinen Finanzverwaltung Auskunft gegeben werden, warum bei einer Verbrauchssteuer, wie es die Zuckersteuer sei, ein Steuererlaß in einem ein⸗ zigen Falle in Höhe von 1 ¾% Millionen Reichsmark notwendig gewesen sei. Hierauf genehmigte der Ausschuß den Etatsposten für die Besoldungen der ndesfinanzäm er. Nach kurzer weiterer Aussprache wurde dann der gesamte Nachtragsetat zum Haushalt des Reichs⸗ finanzministeriums vom Ausschuß gene hmiget. — Ueber den Etat der allgemeinen Finanz verwaltung referierte Abg. Keil (Soz.) als Bericht⸗ erstatter. Ministerialdirektor Dr. Zarden (Reichsfinanzmin
sterium) erklärte, daß man im allgemeinen nicht die Einnahmen
einzelner — . — Lren veeen. Schätzungen zugrunde legen müsse. m inanzministerium würden schon aus esn, üseen Grüben interne Monats⸗ sch ungen aufgestellt. Nach diesen habe eine Reihe von Steuerg
— ergeben. So z. B. die Einkommensteuer, die Vermögens⸗ und die Körperschaftssteuer; bei anderen Steuern hätten sich Mindereinnahmen gezeigt, so bei der Umsabzsteuer, den Beförderungssteuern und den Steuern aus dem Spiritus⸗ monopol. Aber es könne ser wohl ein Ausgleich im März er⸗ — Es könnten also für das Rechnungsjahr 1929 die bis⸗
rigen Ansätze belassen werden. Hierauf genehmigte der Aus⸗
darüber doch sachlich bei der Beratung